8.4 Alveolärer Gasaustausch

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239
8.4 Alveolärer Gasaustausch
Obstruktive und restriktive Ventilationsstörungen
Form
Problematik
mögliche Ursachen
Diagnostik
relative Einsekundenkapazität
Vitalkapazität
Atemgrenzwert
obstruktive Ventilationsstörung
Reduktion des Durchmessers der Atemwege
→ Atemwegswiderstand ↑
→ Atemstromstärke ↓
→ deutlich verminderte Belüftung des betroffenen
Lungensegments
Verlegung durch Sekret (z. B. bei Mukoviszidose oder Bronchitis)
Schwellung der Bronchialschleimhaut
(z. B. bei Asthma bronchiale)
Zerstörung des peribronchialen Halteapparats (z. B. bei Emphysem)
↓ auf < 70 %
der Norm
normal
↓
restriktive Ventilationsstörung
Einschränkung der aktiven
Entfaltung der Lunge während der Inspiration
Insuffizienz der Atemmuskulatur
(z. B. Atemmuskellähmung bei GuillainBarré-Syndrom)
Einschränkung der Thoraxbeweglichkeit
(z. B. Rippenserienfraktur, Ankylose)
verminderte Dehnbarkeit der Lunge
(z. B. Lungenfibrose)
normal
↓ auf
< 80 % der
Norm
↓
8.4
Alveolärer Gasaustausch
8.4
Alveolärer Gasaustausch
8.4.1 Grundlagen der Diffusion
8.4.1 Grundlagen der Diffusion
Die pro Zeiteinheit per Diffusion transportierte Stoffmenge V̇ Gas ist von zahlreichen
Faktoren abhängig, die im Fick’schen Diffusionsgesetz entsprechend berücksichtigt
werden:
Die pro Zeiteinheit per Diffusion transportierte Stoffmenge VGas ist von zahlreichen Faktoren abhängig, die im Fick’schen Diffusionsgesetz entsprechend berücksichtigt werden:
V̇ Gas ¼ ðP1 P2 Þ A D
d
Dabei entspricht P1 dem Partialdruck des Gases im Alveolarraum, P2 dem
Gaspartialdruck in der Kapillare, A der Durchtrittsfläche, d der Membrandicke
und D dem Diffusionskoeffizienten, in den die Löslichkeit sowie das Molekulargewicht des Gases eingehen.
Diese Gesetzmäßigkeit gilt für alle Gase, die über die Lunge aufgenommen bzw.
abgegeben werden.
Da unter physiologischen Bedingungen lediglich die Partialdruckwerte variieren,
fasst man den Term
AD
d
auch zu einem Proportionalitätsfaktor, der Diffusionskapazität DL der Lunge,
zusammen. Die Diffusionskapazität hängt also von der Diffusionsfläche und der
Dicke der alveolären Membran ab.
▶ Klinik. Klinisch wird die Diffusionskapazität durch einmaliges Einatmen eines
mit Kohlenmonoxid angereicherten Gasgemisches bestimmt (Einatemzug-Kohlenmonoxid-Diffusionskapazität). Dabei atmet die untersuchte Person zunächst maximal aus und unmittelbar darauf mit einer maximalen Inspiration ein Gasgemisch
ein, das sich aus Kohlenmonoxid (0,3 %) und einem weiteren inerten Gas (meist
Helium), das nur extrem langsam ins Blut aufgenommen wird, zusammensetzt.
Dann hält sie für 10 s den Atem an und atmet schließlich wieder maximal aus.
Nach dem Fick’schen Diffusionsgesetz (s. S. 8) lässt sich aus dem Verhältnis von
pro Zeiteinheit aufgenommener Kohlenmonoxidmenge und Änderung des alveolären Partialdrucks von Kohlenmonoxid die mittlere Diffusionskapazität berechnen.
Mithilfe des inerten Gases kann das alveoläre Volumen berechnet werden, in dem
sich das Gasgemisch verteilt (vgl. S. 237). Die Einatemzug-Kohlenmonoxid-Diffusionskapazität ist vor allem für die Verlaufskontrolle interstitieller Lungenerkrankungen, bei denen es zu starken Einschränkungen der Diffusionskapazität kommen
kann, von großer Bedeutung.
V̇ Gas ¼ ðP1 P2 Þ A D
d
Die Diffusionskapazität (DL) der Lunge wird
von der gesamten Diffusionsfläche und der
Dicke der alveolären Membran bestimmt:
DL ¼ A D.
d
▶
Klinik.
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8.2
240
8 Atmung
8.4.2 Physik der Gase
8.4.2 Physik der Gase
Die ideale Gasgleichung beschreibt den Zusammenhang der Größen Druck P, Volumen
V, Menge M und Temperatur T eines Gases:
MRT
P¼
V
Gasförmig vorliegende Moleküle erzeugen einen bestimmten Druck. Wenn es sich
dabei um ideale Gase handelt, lässt sich dieser Druck anhand der idealen
Gasgleichung berechnen. Diese beschreibt die Abhängigkeit des vom Gas erzeugten
Druckes P von den Größen Gasmenge M, Gasvolumen V und Temperatur T, wobei R
der allgemeinen Gaskonstante entspricht:
MRT
P¼
V
Alle physiologisch bedeutsamen Gase, mit Ausnahme des Wasserdampfes (s. u.),
verhalten sich als ideale Gase. Da sich unter physiologischen Bedingungen die
Temperatur und das Gasvolumen nicht ändern, ist der Gasdruck proportional der
Gasmenge.
Hierbei spielt die chemische Zusammensetzung des Gasgemisches keine Rolle –
lediglich die Anzahl der Moleküle bestimmt den Gasdruck.
Alle physiologisch bedeutsamen Gase mit
Ausnahme des Wasserdampfes (s. u.) verhalten sich als ideale Gase.
Der Gasdruck wird ausschließlich durch die
Anzahl der Moleküle bestimmt.
▶ Merke.
Der Gesamtdruck eines Gases entspricht der Summe aller Partialdruckwerte der im Gasgemisch enthaltenen Gase (Dalton-Gesetz, s. auch S. 4).
Wasserdampf erreicht unter physiologischen
Bedingungen seinen Sättigungsdruck. Er beträgt 47 mm Hg.
Wichtige Standardbedingungen für die Berechnung von Partialdruckwerten in Gasgemischen s. Tab. 8.3.
Eine wichtige Ausnahme ist der Partialdruck des Wasserdampfes. Unter Wasserdampf versteht man den unsichtbaren Anteil des Wassers, der sich in der Gasphase
befindet. Dieser beträgt bei 37 °C im Alveolarraum und in den Atemwegen
unabhängig vom Gesamtdruck des Gasgemisches 47 mm Hg, da unter physiologischen Bedingungen der Wasserdampfpartialdruck seinen oberen Grenzwert, bei
dem der Wasserdampf im Gleichgewicht mit flüssigem Wasser steht (Sättigungsdruck), erreicht.
Aus der idealen Gasgleichung und dem Verhalten des Wasserdampfes ergibt sich,
dass für die Berechnung von Partialdruckwerten in Gasgemischen standardisierte
Messbedingungen erforderlich sind. In Tab. 8.3 sind verschiedene Standardbedingungen beschrieben.
8.4.3 Typische Partialdruckwerte
8.4.3 Typische Partialdruckwerte
In der Atmosphärenluft auf Meereshöhe
beträgt der O2-Partialdruck 158,8 mm Hg, der
CO2-Partialdruck liegt bei 0,3 mm Hg.
Die Atmosphärenluft setzt sich fast ausschließlich aus den Gasen Stickstoff (N2;
79,1 %) und Sauerstoff (O2; 20,9 %) zusammen. Der Anteil an CO2 ist dagegen
verschwindend gering (< 0,04 %). Gemäß dem Dalton-Gesetz ergibt sich also für
einen normalen Luftdruck von 760 mm Hg (auf Meereshöhe) in der eingeatmeten
Luft
ein Sauerstoffpartialdruck PIO2 von 20,9 / 100 760 mm Hg =158,8 mm Hg,
eine Stickstoffpartialdruck PIN2 von 79,1 / 100 760 mm Hg = 601 mm Hg und
ein Kohlendioxidpartialdruck PICO2 von 0,04 / 100 760 mm Hg = 0,3 mm Hg.
In den oberen Luftwegen wird die Einatemluft vollständig mit Wasserdampf gesättigt
(Tab. 8.4).
In den oberen Luftwegen wird die eingeatmete Luft vollständig mit Wasserdampf
gesättigt. Entsprechend sinken hier die Partialdruckwerte für O2 und CO2 leicht ab
(Tab. 8.4).
Der Partialdruck im Alveolarraum ist von folgenden zwei Faktoren abhängig:
Größe der Frischluftzufuhr (Ventilation)
Höhe der Lungendurchblutung (Perfusion).
In der Alveolarluft beträgt auf Meereshöhe
beim Gesunden der O2-Partialdruck
100 mm Hg und der CO2-Partialdruck
40 mm Hg.
8.3
Standardisierte Messbedingungen zur Partialdruckbestimmung
Bezeichnung
Temperatur
Luftdruck
Wasserdampfdruck
Anwendung
STPD (standard temperature pressure dry)
0 °C
760 mm Hg
0 mm Hg
Standardbedingung für
physikalische Messungen
BTPS (body temperature
pressure saturated)
37 °C
Umgebungsluftdruck
47 mm Hg
Messungen bei Körperbedingungen
ATPS (ambient temperature pressure saturated)
Spirometertemperatur
Umgebungsluftdruck
Sättigungsdruck bei Spirometertemperatur
Spirometermessungen
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▶ Merke.
241
8.4 Alveolärer Gasaustausch
8.4
O2- und CO2-Partialdruckwerte in den verschiedenen Bereichen der Atemwege
Lokalisation
O2-Partialdruck
CO2-Partialdruck
Atmosphärenluft
158,8 mm Hg (ca. 21,1 kPa)
0,3 mm Hg (ca. 0,04 kPa)
obere Luftwege
149,0 mm Hg (ca. 19,8 kPa)
0,3 mm Hg (ca. 0,04 kPa) bis ~ 40 mm Hg
(ca. 5,3 kPa), atmungsabhängig
Alveolarraum
ca. 100 mm Hg (ca. 13,3 kPa)
ca. 40 mm Hg (ca. 5,3 kPa)
Arteria pulmonalis (gemischtvenöses Blut)
ca. 40 mm Hg (ca. 5,3 kPa)
ca. 46 mm Hg (ca. 6,1 kPa)
Vena pulmonalis (arterialisiertes Blut)
ca. 90 mm Hg (ca. 12 kPa)
ca. 40 mm Hg (ca. 5,3 kPa)
Sämtliche Angaben gelten bei Aufenthalt auf Meereshöhe.
8.4.4 Gasaustausch über die Alveolarmembran
Nach den Diffusionsgesetzen kann ein signifikanter Gasaustausch nur in Lungenabschnitten erfolgen, in denen es zu einem engen Kontakt zwischen Blut und
Alveolarraum kommt. Im Durchschnitt bildet jede Lungenkapillare über die
Alveolarmembran zu etwa drei Alveolen einen solch engen Kontakt. Im Verlauf
dieser gemeinsamen Kontaktstrecke zwischen Kapillare und Alveolarraum gleichen
sich beim Gesunden die kapillären und alveolären Partialdruckwerte vollständig an.
Die Änderungen der kapillären Partialdruckwerte sind dabei weitaus größer als die
Änderungen in der Alveolarluft, da das Gesamtvolumen des pulmonalen Kapillarbetts mit 70 ml viel kleiner als das des Alveolarraums ist.
Der typische Verlauf der Sauerstoffaufnahme aus der Alveolarluft in das Lungenkapillarblut ist in der Abb. 8.13 dargestellt. Zu Beginn der Kontaktstrecke besteht
eine große O2-Partialdruckdifferenz zwischen dem Alveolarraum und der Kapillare.
Sauerstoff strömt entlang dieses Gradienten in die Kapillare ein, wodurch sich der
O2-Partialdruck in der Kapillare kontinuierlich erhöht und die O2-Partialdruckdifferenz zwischen Alveolarraum und Kapillarblut immer kleiner wird, bis sich beide
Werte angeglichen haben (= Diffusionsgleichgewicht). Beim Gesunden wird das
Diffusionsgleichgewicht bei körperlicher Ruhe nach etwa einem Drittel der
Kontaktstrecke erreicht.
▶ Merke.
Die O2-Aufnahme kann nicht durch eine verbesserte Diffusion, sondern
nur durch eine erhöhte Durchblutung gesteigert werden. Gleiches gilt für die Abgabe von CO2. Der Gasaustausch ist also aufgrund der hohen Diffusionskapazität der
Lunge beim Gesunden perfusionslimitiert.
Mit zunehmendem Sauerstoffbedarf des Körpers (z. B. bei schwerer körperlicher
Arbeit) erhöht sich auch das Herzzeitvolumen. Dadurch steigt die Lungendurchblutung an und es kann mehr CO2 abgegeben und O2 aufgenommen werden.
Gleichzeitig verkürzt sich wegen der höheren Strömungsgeschwindigkeit des Blutes
die Kontaktzeit von Blut und Alveolarraum, die unter Ruhebedingungen etwa 0,75
Sekunden beträgt. Allerdings sinkt die Kontaktzeit beim Gesunden fast nie unter
0,25 Sekunden, da bei gesteigerter Lungendurchblutung ein leicht erhöhter
Wegen der relativ großen funktionellen Residualkapazität ändern sich diese Werte während eines Atemzyklus nur wenig.
In der Pumonalarterie beträgt der PvO2 ca.
40 mm Hg, der PvCO2 etwa 46 mm Hg.
In der Pulmonalvene liegt der PaO2 bei
90 mm Hg, der PaCO2 bei 40 mm Hg.
8.4.4 Gasaustausch über die
Alveolarmembran
Im Durchschnitt bildet jede Lungenkapillare
mit etwa 3 Alveolen einen engen Kontakt.
Entlang dieser Kontaktstrecke erfolgt der
Gasaustausch bis zum Ausgleich der kapillären und alveolären Partialdruckwerte. Da das
Gesamtvolumen des pulmonalen Kapillarbetts mit 70 ml viel kleiner als das des Alveolarraums ist, ändern sich die kapillären Partialdruckwerte weitaus stärker als die in der
Alveolarluft.
Nach etwa einem Drittel der Kontaktstrecke
wird im Normalfall bei körperlicher Ruhe das
Diffusionsgleichgewicht erreicht
(Abb. 8.13).
▶ Merke.
Bei Erhöhungen des Herzzeitvolumens steigt
die Strömungsgeschwindigkeit in den Lungenkapillaren und die Kontaktzeit sinkt.
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Ein gesunder junger Erwachsener hat bei Ruheatmung auf Meereshöhe einen
alveolären O2-Partialdruck PAO2 von etwa 100 mm Hg und einen alveolären CO2Partialdruck PACO2 von etwa 40 mm Hg. Da bei Ruheatmung mit jedem Atemzug nur
etwa 10 % der Alveolarluft ausgetauscht werden (vgl. Atemminutenvolumen mit
Gesamtvolumen des Alveolarraums, s. S. 233), kommt es lediglich zu geringfügigen
Schwankungen der Partialdruckwerte der alveolären Gase. Diese Schwankungen
können allerdings bei verstärkter Atmung (z. B. während schwerer körperlicher
Arbeit) deutlich zunehmen.
Der O2-Partialdruck im gemischtvenösen Blut der Pulmonalarterie (PvO2) beträgt
etwa 40 mm Hg, der CO2-Partialdruck (PvCO2) etwa 46 mm Hg.
Im arterialisierten Blut der Pulmonalvene schließlich betragen die Partialdruckwerte
für O2 (PaO2) 90 mm Hg und für CO2 (PaCO2) 40 mm Hg. Diese Partialdruckwerte
gelten ebenfalls für gesunde junge Erwachsene, die sich auf Meereshöhe befinden.
242
8 Atmung
PO2
100 mmHg
Kapillare
PO2
40 mmHg
A
Kontaktstrecke
Klinik.
Die Lungenstrombahn zeigt keine myogene
Antwort, sondern weitet sich bei steigendem
Druck passiv auf (Abb. 8.14).
Ein übermäßiges Wachstum der Gefäßmuskelzellen führt zur sog. pulmonalen Hypertonie (s. S. 132).
8.14
erhöhtes HMV
(z.B. schwere körperliche Arbeit)
40
A
0s
B
Nur bei extremen Steigerungen des Herzzeitvolumens tritt beim Gesunden eine Diffusionslimitierung des Gasaustauschs ein.
▶
100
B
0,75 s
Kontaktzeit
1/ der Kontaktstrecke = 0,25 s
3
Schematische Darstellung der O2-Aufnahme
aus einer Alveole in das Kapillarblut. Die
O2-Aufnahme erfolgt nur, wenn Alveole und
Lungenkapillare in einen engen Kontakt treten
(zwischen A und B = Kontaktsstrecke).
Beim Lungengesunden erreicht bei einem
normalen Herzminutenvolumen (HMV) der
PO2 im Kapillarblut bereits nach etwa einem
Drittel der Kontaktstrecke den alveolären PO2Wert und es erfolgt im weiteren Verlauf der
Kontaktstrecke keine Nettoaufnahme von O2
mehr (Diffusionsgleichgewicht).
Steigt das HMV an (z. B. bei schwerer körperlicher Arbeit), nimmt die Strömungsgeschwindigkeit in den Lungenkapillaren zu, und
das Diffusionsgleichgewicht wird erst später
erreicht. Da unter diesen Bedingungen pro
Zeiteinheit mehr Blut an den Alveolen vorbeiströmt, ist die O2-Aufnahme direkt proportional zur Lungendurchblutung erhöht.
Pulmonalarteriendruck herrscht (s. Abb. 8.14), wodurch zusätzliche Lungenkapillaren eröffnet werden (kapilläres Recruitment). Deshalb wird selbst bei starker
körperlicher Belastung mit Steigerung des Herzzeitvolumens um mehr als das 3fache bis zum Ende der Kontaktstrecke das Diffusionsgleichgewicht zwischen
Alveolargas und Kapillarblut erreicht.
▶ Klinik. Eine Ausnahme hiervon bilden sehr gut trainierte Hochleistungssportler.
Diese können unter sehr intensiver Muskelarbeit ihr Herzzeitvolumen so weit steigern, dass die Diffusionskapazität der Lunge überschritten wird und als Folge davon
der O2-Partialdruck und die O2-Sättigung im arterialisierten Blut abnehmen. Unter
diesen Bedingungen ist der Gasaustausch in der Lunge diffusionslimitiert.
Eine effektive Erhöhung der Lungendurchblutung bei Arbeit wird durch das
Dehnungsverhalten der Lungengefäße bei Steigerungen des Pulmonalarteriendrucks unterstützt (Abb. 8.14). Im Gegensatz zu vielen anderen Gefäßgebieten
(z. B. Niere, Gehirn) zeigt die Lungenstrombahn keine myogene Antwort auf
Drucksteigerungen, sondern verringert durch eine druckpassive Aufdehnung sogar
ihren Widerstand. Eine Einschränkung dieser hohen passiven Dehnbarkeit durch
ein übermäßiges Wachstum von Gefäßmuskelzellen führt zur sog. pulmonalen
Hypertonie (s. S. 132).
Die starke Abhängigkeit des Gasaustauschs von der Lungendurchblutung bedeutet
auch, dass die Sauerstoffaufnahme bei einer Einschränkung des Herzzeitvolumens
8.14
Abhängigkeit der Lungendurchblutung vom Pulmonalarteriendruck
25
gesund
20
15
Normwert
10
pulmonale
Hypertonie
5
0
0
5
10
15
20
25
mittlerer Pulmonalarteriendruck
[mmHg]
Bei Erhöhung des Pulmonalarteriendrucks (z. B. bei körperlicher Arbeit) reagiert die
Lungenstrombahn mit einer
Widerstandsverringerung
(druckpassive Aufdehnung)
und konsekutiver effektiver
Steigerung der Lungendurchblutung (blaue Kurve). Bei
der pulmonalen Hypertonie
(rote Kurve) ist diese passive
Dehnbarkeit eingeschränkt.
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PO2 100 mmHg
normales HMV
(körperliche Ruhe)
Lungendurchblutung
[l/min]
Alveole
PO2 in Kapillare [mmHg]
Verlauf der Sauerstoffaufnahme aus der Alveolarluft
Luft
8.13
243
8.4 Alveolärer Gasaustausch
(Herzinsuffizienz) reduziert ist. Je nach Ausprägung der Herzinsuffizienz kann es
dabei zu schweren Atemnotzuständen (Dyspnoe) kommen.
Lunge und Herz-Kreislauf-System bilden beim Gasaustausch eine enge
funktionelle Einheit.
▶ Merke.
Die für den Austausch von CO2 erforderliche Partialdruckdifferenz ist wegen der
wesentlich besseren Löslichkeit von CO2 in der Alveolarmembran viel kleiner als für
O2. Deshalb ist bei mäßigen Diffusionsstörungen nur der arterielle O2-Partialdruck
erniedrigt, während der arterielle CO2-Partialdruck noch im Normbereich bleibt.
Die Diffusionskapazität der Lunge für CO2 ist
wegen seiner besseren Gewebelöslichkeit
viel größer. Deshalb ist die CO2-Abgabe nur
sehr selten diffusionslimitiert.
8.4.5 Ventilations-Perfusions-Verhältnis
8.4.5 Ventilations-Perfusions-Verhältnis
Ein effektiver Gasaustausch kann nur erfolgen, wenn die Belüftung und die
Durchblutung aufeinander abgestimmt sind. Wird eine Alveole sehr gut belüftet
aber kaum durchblutet, kann wegen der geringen Durchblutung (geringer Antransport von CO2 und geringe O2-Aufnahmekapazität) insgesamt nur wenig CO2 in die
Alveole abgegeben und wenig O2 in das Blut aufgenommen werden. In dieser
Alveole liegen die Partialdruckwerte von O2 und CO2 dementsprechend näher an
denen der eingeatmeten Luft.
Der umgekehrte Fall tritt ein, wenn eine Alveole sehr gut durchblutet aber kaum
belüftet wird: In einer solchen Alveole nähern sich die Partialdruckwerte der
Atemgase den gemischtvenösen Partialdruckwerten.
Diese Überlegung verdeutlicht, dass die alveolären Partialdruckwerte und somit
aufgrund des Diffusionsgleichgewichts (s. S. 241) auch die Partialdruckwerte im
arterialisierten Blut der die Alveole umströmenden Lungenkapillaren keine fixen
Größen darstellen, sondern aus einem dynamischen Verhältnis von Ventilation und
Perfusion resultieren. Ventilations-Perfusions-Störungen sind die bei weitem
häufigste Ursache für Einschränkungen des Gasaustauschs (s. S. 246).
Die Partialdruckwerte in der Alveole und im
arterialisierten Blut resultieren aus einem dynamischen Gleichgewicht von Ventilation
und Perfusion.
▶ Merke.
Für einen effektiven Gasaustausch ist eine enge Abstimmung von Belüftung und Durchblutung notwendig.
Tatsächlich lässt sich eine, wenn auch relativ geringfügige, Ventilations-PerfusionsInhomogenität sogar unter physiologischen Bedingungen nachweisen. Messungen
im arterialisierten Blut aus unterschiedlichen Segmenten der Lunge haben gezeigt,
dass beim aufrecht stehenden Menschen der O2-Partialdruck in den apikalen
Abschnitten der Lunge sehr viel höher ist als in den basalen Abschnitten. Ursächlich
hierfür ist, dass die Durchblutung der Lunge im Stehen einen außerordentlich
großen Gradienten von der Lungenspitze zur Lungenbasis aufweist (Abb. 8.15 b).
Wegen der orthostatischen Druckdifferenz und des relativ niedrigen Pulmonalarteriendrucks wird die Lungenspitze nur intermittierend während der systolischen
Druckspitzen (s. S. 126) durchblutet. In den übrigen Phasen ist der hydrostatische
Druck in den Kapillaren niedriger als der Alveolardruck. Die Lungenbasis dagegen
wird während des gesamten Herzzyklus kontinuierlich durchblutet, weil hier der
hydrostatische Druck in den Lungenkapillaren immer größer ist als derjenige in den
Alveolen.
Da die Lunge wegen ihres Eigengewichts im Stehen apikal stärker vorgedehnt ist als
basal, werden die basalen Lungenabschnitte entsprechend ihrer größeren Compliance (s. Abb. 8.11, S. 236) besser belüftet, d. h. für die Ventilation existiert
ebenfalls ein Gradient von der Lungenspitze zur Lungenbasis (Abb. 8.15 c). Dieser
ist allerdings weitaus weniger ausgeprägt als der Gradient der Durchblutung. In der
Summe bedeutet dies, dass die Lungenspitze zwar absolut schlechter belüftet wird
als die Lungenbasis, die Belüftung aber relativ zur Durchblutung sehr hoch ist
(Abb. 8.15 d). An der Lungenbasis ist es genau umgekehrt: Dort ist die Durchblutung
relativ zur Belüftung höher. Entsprechend ist in den Alveolen der Lungenspitze der
O2-Partialdruck deutlich größer als 100 mm Hg, während er an der Lungenbasis
darunter liegt. Beim stehenden Menschen sinkt das Ventilations-PerfusionsVerhältnis von etwa 3,3 an der Lungenspitze bis auf 0,6 an der Lungenbasis.
Ventilations-Perfusions-Störungen sind die
häufigste Ursache für Einschränkungen des
Gasaustauschs.
▶ Merke.
Auch beim Gesunden existiert eine leichte
Ventilations-Perfusions-Inhomogenität.
Perfusion und Ventilation haben nämlich
unterschiedlich stark ausgebildete Gradienten von der Lungenspitze zur -basis
(Abb. 8.15 b, c).
Dadurch ist die Lungenspitze zwar absolut
schlechter belüftet als die Lungenbasis, relativ
zur Durchblutung ist die Belüftung aber sehr
hoch (Abb. 8.15 d). Genau umgekehrt verhält
es sich an der Lungenbasis.
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▶ Merke.
244
8 Atmung
8.15
Ventilation und Perfusion in den verschiedenen Lungenabschnitten
apikal
apikal
apikal
basal
basal
a Schematischer Lungenflügel (Topografie).
·
basal
apikal
·
basal
·
V
· >1
Q
·
V
· 1
Q~
·
V
· <1
Q
·
·
Perfusion Q [l/min]
Ventilation V [l/min]
Q bzw. V [l/min]
b Gradient der Perfusion.
c Gradient der Ventilation.
d Ventilations-PerfusionsGleichgewicht.
▶
Klinik.
▶ Klinik.
Die Partialdruckunterschiede zwischen Lungenspitze und Lungenbasis
spielen bei der Pathogenese der Tuberkulose eine wesentliche Rolle: Da die Tuberkelbakterien für ihr Wachstum auf einen hohen O2-Partialdruck angewiesen sind,
finden sich Erstinfektionen (Primäraffekt) fast ausschließlich in den Lungenspitzen
(Abb. 8.16). Erst wenn durch die Infektion die Körperabwehr geschwächt ist, greift
die Tuberkulose auch auf andere Regionen über. Die große Abhängigkeit der Tuberkelbakterien von einem hohen O2-Partialdruck ist auch die Grundlage für die Höhentherapie der Tuberkulose (z. B. Davos – der Ort, von dem sich Thomas Mann zu
seinem Roman „Der Zauberberg“ inspirieren ließ).
8.16
Tuberkuloseherd (Pfeile) im Bereich
der linken Lungenspitze
Da die hohe Durchblutung der Lungenbasis
wesentlich stärker zum gesamten Gasaustausch beiträgt als die sehr niedrige Durchblutung der Lungenspitze, gibt es eine physiologische alveolär-arterielle PO2- und PCO2Differenz.
Aus der physiologischen Ventilations-Perfusions-Inhomogenität resultieren – auch
wenn in allen einzelnen Alveolen das Diffusionsgleichgewicht erreicht wurde –
leichte Differenzen zwischen den Partialdruckwerten von O2 und CO2 im
gemischten (arterialisierten) Pulmonalvenenblut und in der Alveolarluft (alveolärarterielle PO2-Differenz bzw. alveolär-arterielle PCO2-Differenz). Das liegt daran, dass
die hohe Durchblutung der Lungenbasis wesentlich stärker zum gesamten
Gasaustausch beiträgt als die sehr niedrige Durchblutung der Lungenspitze.
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Dargestellt sind die Gradienten der Perfusion (b) und der Ventilation (c) bei stehenden Menschen. Nur in einem relativ schmalen
Lungenabschnitt .etwa auf Herzhöhe sind die Belüftung und die Durchblutung der Lunge annähernd gleich groß (Ventilations-PerfusionsV
Gleichgewicht, . e 1, siehe mittlerer Bereich in d).
Q
245
8.4 Alveolärer Gasaustausch
▶ Merke.
▶ Merke.
▶ Klinik.
▶
Eine starke Zunahme der alveolär-arteriellen PO -Differenz ist ein
2
charakteristisches Zeichen einer ausgeprägten Ventilations-Perfusions-Störung
(s. S. 246). Wegen des niedrigen arteriellen O2-Partialdrucks sinkt auch die O2-Sättigung des Hämoglobins im arteriellen Blut deutlich unter den Normalwert von
97 %. Da die Farbe des Blutes vom Grad der O2-Sättigung des Hämoglobins abhängt
– bei einer geringen Sättigung ist es bläulich (venös), bei einer hohen Sättigung
(hell)rot (arteriell) –, nimmt bei den Betroffenen das arterielle Blut eine bläuliche
Farbe an. Eine solche Verfärbung wird auch als Zyanose bezeichnet. Je nach Ursache
unterscheidet man zentrale und periphere Zyanosen:
Von einer zentralen Zyanose spricht man bei einer primär verminderten Sättigung
des arteriellen Blutes. Hier sind sowohl die Haut als auch die Zunge zyanotisch
(Abb. 8.17 a). Zu den möglichen Ursachen gehören u. a. Ventilations-PerfusionsStörungen oder die Beimengung von venösem zu arteriellem Blut aufgrund einer
arteriovenösen Anastomose (= Shunt).
Periphere Zyanosen entstehen bei vermehrter peripherer Ausschöpfung von primär normal O2-gesättigtem Blut. Aufgrund von Vasokonstriktion und vermindertem Blutfluss zeigen die Betroffenen eine zyanotische Haut (bläuliche Lippen,
Zunge normal! Abb. 8.17 b). Mögliche Ursachen sind Schock (s. S. 157), Herzinsuffizienz (s. S. 98) oder auch Kälteexposition.
a
Klinik.
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Die physiologische alveolär-arterielle PO2-Differenz beträgt etwa
10 mm Hg und ist damit wesentlich größer als die physiologische alveolär-arterielle
PCO2-Differenz mit 1 mm Hg.
b
8.17
Zentrale (a) und periphere (b) Zyanose
8.4.6 Hypoxische Vasokonstriktion
8.4.6 Hypoxische Vasokonstriktion
Fällt in einer Alveole aufgrund einer Ventilationsstörung der O2-Partialdruck ab,
steigt in dem die Alveole versorgenden Gefäßbett der Tonus der glatten
Gefäßmuskulatur (= hypoxische Vasokonstriktion) und die Durchblutung fällt
ebenfalls ab (Euler-Liljestrand-Mechanismus, benannt nach seinen schwedischen
Erstbeschreibern Ulf von Euler und Göran Liljestrand). Dadurch wird die lokale
Durchblutung der Lunge eng auf die jeweils regionale Ventilation abgestimmt und
der Entstehung von Ventilations-Perfusions-Inhomogenitäten wird entgegengewirkt.
Der hypoxischen Vasokonstriktion liegt auf zellulärer Ebene eine durch das
Schließen O2-sensitiver Kaliumkanäle verursachte Abnahme der Kaliumleitfähigkeit
in glatten Gefäßmuskelzellen zugrunde. Diese Kaliumkanäle sind nur bei Vorliegen
eines hohen PO geöffnet. Schließen sie, depolarisiert das Membranpotenzial der
2
glatten Gefäßmuskelzellen von ca. – 50 mV auf ca. – 40 mV. Dadurch werden
spannungsgesteuerte Ca2+-Kanäle geöffnet, es kommt zu einem vermehrten Ca2+Einstrom und damit zu einer Erhöhung des Gefäßmuskeltonus (s. S. 66).
Fällt in einer Alveole der PO ab, kommt es im
2
zugehörigen Gefäßbett zu einer Erhöhung
des glatten Gefäßmuskeltonus (= hypoxische
Vasokonstriktion) und damit zu einer Verminderung der Durchblutung (Euler-Liljestrand-Mechanismus).
Dieser Mechanismus wird über O2-sensitive
Kaliumkanäle in glatten Gefäßmuskelzellen
ausgelöst, die bei einem Abfall des PO
2
schließen.
246
8 Atmung
▶ Merke.
Die Anpassung der lokalen Durchblutung der Lunge an die regionale
Ventilation erfolgt über die hypoxische Vasokonstriktion.
▶ Klinik.
Klinik.
Die hypoxische Vasokonstriktion kann auch negative Auswirkungen
haben. Bei einem Aufenthalt in großer Höhe beispielsweise sinkt aufgrund des
erniedrigten Luftdrucks der O2-Partialdruck in der Atemluft und damit auch im
Alveolarraum. Da dies die gesamte Lunge betrifft, steigt in der Lungenstrombahn
infolge der hypoxischen Vasokonstriktion der Gefäßwiderstand an. Je nach Ausprägung kann dies bis zur Ausbildung eines Höhenlungenödems führen, bei dem vermehrt Flüssigkeit aus den Lungengefäßen in das Lungengewebe und in den Alveolarraum übertritt. Typische Symptome des Höhenlungenödems sind Kurzatmigkeit,
Atemnot und Hypoxämie. Hinzu kommt eine starke Rechtsherzbelastung, die insbesondere bei gleichzeitiger Polyzythämie mit erhöhter Blutviskosität in ein akutes
Rechtsherzversagen übergehen kann. Bei Vorliegen eines Höhenlungenödems muss
die Hypoxie so schnell wie möglich beseitigt werden, zunächst durch Gabe von O2
und dann durch den Abtransport auf tiefere Lagen.
8.4.7 Störung des Gasaustauschs
8.4.7 Störung des Gasaustauschs
Störungen des Gasaustauschs verzögern die
Sauerstoffaufnahme in die Lungenkapillaren
(Abb. 8.18):
Eine Vielzahl von Störungen kann den normalen Verlauf der Sauerstoffaufnahme aus
der Alveolarluft in das Lungenkapillarblut beeinträchtigen. In allen diesen Fällen
wird die Kurve in Abb. 8.18 nach rechts verschoben und verläuft damit flacher. Die
Symptome sind vom Ausmaß der Störung abhängig (Abb. 8.18):
Bei einer mäßigen Störung (Abb. 8.18, Kurve 2) reicht die Diffusionskapazität der
Lunge noch aus, um in Ruhe eine vollständige Angleichung der alveolären und
kapillären Partialdruckwerte zu gewährleisten. Die Betroffenen haben unter Ruhebedingungen keine Einschränkung des Gasaustauschs. Jede Steigerung des
Herzzeitvolumens führt aber zu einer Überschreitung der Diffusionskapazität
der Lunge und ist daher mit einer Einschränkung des Gasaustauschs verbunden.
Aufgrund der besseren Gewebelöslichkeit von CO2 macht sich diese Einschränkung zunächst nur als Reduktion des arteriellen O2-Partialdrucks bei körperlicher
Belastung (z. B. am Fahrradergometer) bemerkbar.
Bei stärkeren Störungen (Abb. 8.18, Kurve 3) reicht selbst unter Ruhebedingungen
die Kontaktzeit zwischen Kapillarblut und Alveolarraum nicht mehr aus, um
einen vollständigen Gasaustausch zu gewährleisten. Folglich haben die Patienten
bereits in Ruhe einen reduzierten arteriellen O2-Partialdruck. Außerdem ist hier
der arterielle CO2-Partialdruck erhöht.
Mäßige Störungen des Gasaustauschs
sind durch eine Abnahme des O2-Partialdrucks bei körperlicher Belastung gekennzeichnet. In Ruhe ist die vollständige Angleichung der alveolären und kapillären
Partialdruckwerte noch gewährleistet.
Schwere Störungen des Gasaustauschs
führen bereits unter Ruhebedingungen zu
einer Abnahme des O2-Partialdrucks und
einer Erhöhung des CO2-Partialdrucks im
arteriellen Blut.
Unterschiedliche Schweregrade von Störungen der Sauerstoffaufnahme aus den Alveolen ins Blut
PO2 in Kapillare
[mmHg]
1 normal
2 mäßige Störung
1
100
2
3
40
0 0,25
0,75
Kontaktzeit [s]
a Körperliche Ruhe.
PO2 in Kapillare
[mmHg]
8.18
3 schwere Störung
100
1
2
3
40
0
0,75
Kontaktzeit [s]
b Belastung (z. B. Fahrradergometer).
In Abhängigkeit vom Ausmaß der Störung
wird das Diffusionsgleichgewicht in körperlicher Ruhe verzögert (2 = mäßige Störung; kein
Abfall des PO2 in körperlicher Ruhe) oder gar
nicht (3 = schwere Störung; Abfall des PO2 bereits in körperlicher Ruhe) erreicht (a).
Bei zusätzlicher Steigerung des HMV, z. B.
durch Treten auf einem Fahrradergometer,
fällt bereits bei einer mäßigen Störung der PO2
ab (b).
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▶
▶ Merke.
247
8.5 Atemgastransport im Blut und Gewebeatmung
Nach dem Fick’schen Diffusionsgesetz (s. S. 8) können eine Zunahme der
Diffusionsstrecke, eine Abnahme der Diffusionsfläche und eine Abnahme der
Druckdifferenz zwischen Alveolarraum und Kapillarblut zu einer Störung des Gasaustauschs führen.
Wichtige Beispiele für eine Zunahme der Diffusionsstrecke sind das interstitielle
Lungenödem, bei dem die Alveolarmembran aufgeweitet wird, und die Lungenentzündung (Pneumonie).
Die klinisch bedeutsamste Ursache eines gestörten Gasaustauschs ist die Abnahme der Diffusionsfläche als Folge einer Ventilations-Perfusions-Störung (s. S. 246).
Ursächlich für eine Abnahme der treibenden Partialdruckdifferenz ist eine Reduktion des alveolären O2-Partialdrucks, z. B. aufgrund einer verminderten Atemtätigkeit (Hypoventilation) oder einer Abnahme des O2-Partialdrucks in der Atemluft (Aufenthalt in großer Höhe, s. S. 246).
Atemgastransport im Blut und
Gewebeatmung
8.5
8.5.1 Sauerstofftransport im Blut
MO2 = PO2 αO2 V
Der Löslichkeitskoeffizient beträgt für Sauerstoff bei 37 °C im Blut 0,03 ml/mm Hg/l.
Bei einem arteriellen Sauerstoffpartialdruck von 90 mm Hg enthält ein Liter Blut also
2,7 ml Sauerstoff in physikalisch gelöster Form. Der Sauerstoffbedarf in Ruhe beträgt
etwa 250 ml pro Minute. Würde also der gesamte Sauerstofftransport im Blut
ausschließlich in physikalisch gelöster Form erfolgen, müsste das Herzminutenvolumen in Ruhe fast 100 l betragen.
▶ Merke.
Die geringe physikalische Löslichkeit von Sauerstoff im Blut macht sauerstoffbindende Moleküle (Sauerstofftransporter) notwendig, die Sauerstoff in chemisch gebundener Form transportieren (Abb. 8.19).
Darstellung von Sauerstoffgehalt und -sättigung im Blut in Abhängigkeit
vom Sauerstoffpartialdruck
chemisch
gebunden
50
0
20
total
physikalisch
gelöst
0
20
metabolisch
aktives Gewebe
40
60
10
Sauerstoffgehalt
[ml O2/100 ml Blut]
Sauerstoffsättigung
des Hämoglobins [%]
100
0
100 120
Sauerstoffpartialdruck
Lunge
[mmHg]
80
8.5
Klinik.
Atemgastransport im Blut und
Gewebeatmung
8.5.1 Sauerstofftransport im Blut
Prinzipiell wäre es am einfachsten, Sauerstoff im Blut in physikalisch gelöster Form
zu transportieren. Warum dies quantitativ aber bei Weitem nicht ausreicht, zeigt die
nachfolgende Rechnung:
Grundsätzlich gilt, dass die Menge eines Gases, die sich pro Volumeneinheit (V) in
physikalisch gelöster Form in einer Flüssigkeit befindet, abhängig vom Partialdruck
des Gases (PGas) und dem Löslichkeitskoeffizienten des Gases (α) in der Flüssigkeit
ist (Henry-Gesetz, s. S. 4). Für die Menge an physikalisch gelöstem Sauerstoff im Blut
(MO2) gilt also
8.19
▶
Bei physiologischen PO -Wer2
ten ist der größte Teil des O2
im Blut chemisch an Hämoglobin gebunden. Daher wird
der gesamte O2-Gehalt des
Blutes (rechte Ordinate)
maßgeblich von der O2-Sättigung des Hämoglobins bestimmt (linke Ordinate).
Der O2-Gehalt des Blutes und
die O2-Sättigung des Hämoglobins sind niedrig in metabolisch aktiven Geweben und
hoch in der Lunge. Schraffierte Fläche = physiologischer Bereich.
Das Henry-Gesetz beschreibt die Menge
eines Gases, die in einer Flüssigkeit pro Volumeneinheit physikalisch gelöst werden
kann. Sie ist vom Partialdruck des Gases und
von seinem Löslichkeitskoeffizienten in der
Flüssigkeit abhängig.
MO2 = PO2 αO2 V
Ein Liter Blut enthält bei 37 °C lediglich 2,7 ml
Sauerstoff in physikalisch gelöster Form. Der
Sauerstoffbedarf in Ruhe beträgt aber ca.
250 ml/min.
▶ Merke.
8.19
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▶ Klinik.
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