E r i c Adam Ruchle Submitted in partial f u l f i l h e a t of the requirements for the degree of Master: of Arts Dalhousie University Halifax, N o v a Scotia Septamber 1998 8 Copyright by Eric a Xuchle, 1998 Nationai tibtary BiMiithèque nationale du Canada Acquisitions and BiMiographic SeMces Acquisitions et setvices bibiiographiques 395 W e ü i i Street 395, rue Wellington OrtawaON K l A W OttawaON K 1 A W Canada canada The author has granted a nonexclusive licence allowing the National Library of Canada to reproduce, loan, dislniie or seU copies of this thesis in microform, paper or electronic formats. L'auteur a accordé une licence non exclusive permettant à la Bibliothèque nationale du Canada de reproduire, prêter, distriiuer ou vendre des copies de cette thèse sous la forme de microfiche/nlm, de reproduction sur papier ou sur format électronique. The author retains ownership of the copyright in this thesis. 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O3 1 The following traces the historical development conception of of the light and darkness as represented in the philosophy, mysticisrn, and literature of western culture, The ultimate purpose of such an examination, as wiI1 be apparent, is to demonstrate the essential relation of imagery to the dialectic of intellectual history, namely as to the logically developing context in which it is placed. The images of light and darkness, in particular, play a seminal role in giving expression to the changing orientation of the western mind to being and knowing. A small number of examples, chosen from the point of view ot their respective light-dark imagery, function sufficiently to trace the developrnent of this orientation from ancient to modern times. Among the illustrative material chosen here, those which corne principally under consideration are Meister Eckhart's concept of the Seelenfunke, Novalis' H y m n e n an die Nacht, and Georg Büchner's Lenz. I w o u l d like to express my gratitude to Prof. Dr. Hans- Gunther Schwarz for considerable help continually extended to me throughout my studies at Dalhousie University, and, in particular, for essential support in the production of this thesis, to Prof. Dr. Friedrich Gaede. In addition, bountiful thanks are extended to Christine Payrhuber, Aaron Kuchle, and above al1 Kelli Meagher for constant intellectual consultation and friendship during the writing process. Unforgotten remain, of course, rny dear parents, without whose spiritual nourishment and guidance nothing could ever have been brought to fruition. Schon frühgriechischen irn rnytholugischen Weltbild entsteht eine Vorstellung von Licht und Finsternis, die sinnbildlich auf Entfaltung die Geistesgeschichte hindeutet. und Finsternis Widerspiels in den zugrundeliegen. Hesiods Theogonie stellt Licht Zusammenhang eines selbstaridiger N a c h dem europaischen der Wechsel- und Daseinsrnachte, die dm Kosmos Erbe vor allem Hesiods liefert Karl Philipp Moritz in seiner Gotterlehre eine pragnante Beschreibung des kosmischen Urzustands: Zuerst ist das Chaos, dann die weite Erde, der finstere Tartarus - und Amor, der schonste unter den unsterblichen Gottern [ . . . ] Das Gebildete und Schone entwickelt sich aus dem Unfonnlichen und Ungebildeten. - Das Licht steigt aus der Finsternis empor. - Die Nacht v e m h l t sich m i t d m Erebus, dem alten Sitze der Finsternis, und gebiert den ~ t h e rund den Tag. Die Nacht ist r e i c h an mannigfaltigen Geburten, denn sie hüllt a l l e die Gestalten in sich e h , welche das Licht des Tages vor unserm Blick entfa1tet.l Die Gottin der Nacht (Nyx) und der Gott der Finsternis (Erebus) sind beide dem Chaos entsprungen. Die von dm ~ t h e rund der Cottin des Tages vertretene Lichtseite des Kosmos wird erst durch d i e schopferische Kraft des Dunklen hervorgebracht, das heiIZt aus der Liebesverbindung zwischen Karl Philipp Moritz, 1967) 14. Gotterlehre (Berlin: F . A. Herbig, Nacht und ~insternis. Dunklen - wie Hier begimt ~ o r i t z deutlich eine Vorstellung vom - hervorhebt als dern Ungesonderten, dem auch absolute Fruchtbarkeit imewohnt - ein immer wiederkehrendes Motiv, das unter anderem noch ganz konkret i r n Humanismus in Form zum Beispiel der Naturlehre von Paracelsus Kontinuitat auftaucht imerhalb der - ein markantes westlichen Beispiel der Geistesgeschichte. Paracelsus beschreibt an einer Stelle die Erschaffung der Erde durch die prima materia bzw. den "Urstoff": Also hat [ . . . ] Gott aus einer Masse und Materie alle Geschopfe entnommen, herausgezogen und geschieden, ohne daE S p a e dabei entstanden sind, und E r hat alles i n seine 'letzte Materie' gebracht, was Er sich vorgenormen hatte in sechs Tagen zu erschaffen. Er hat herausgezogen, was zu den S t e m e n gehort und es zu Sternen gemacht , der Finsternis entnommen, was zum L i c h t gehort und es zu Licht gemacht und so ein jegliches nach seiner eigenen Art und an seine besondere Statte [ . . . ] Wie nun aus einer solchen schwarzen, schmutzigen Erde die edelsten und feinsten Farben hervorgehen, so sind auch mancherlei Geschopfe aus dern 'Urstoff' hervorgegangen, der zuerst in seiner Ungeschiedenheit nur Unflat gewesen ist. Schaut das Element des Wassers an, wenn es ungeschieden ist! Und dann sehet hin, wie daraus Metalle, alle Steine, alle glazenden Rubine, leuchtenden Karfunkel, Kristalle, Gold und Silber ents tehen [ . . . ] .* Die mythologische Entstehungsgechichte von Finsternis und Licht setzt sich irn Mythos fort, in dm die erst spater geborenen, von Jupiter geführten Kinder Rheas und Saturnus' das Reich des Vaters und seiner Titanen erobern. 2 Moritz Paracelsus, ~ebendigesErbe (Zürich: Rascher Verlag, 1942) beschreibt Eroberung folgende auf im Sime Unmefibaren unter das die Weise einer Notwendigkeit Unterorünung des dieser Unformlich- liedle MalSi', das von den olympischen Gottern reprasentiert werde und den Geist der griechischen Kunst ausmache: Gerade die Vermeidung des Ungeheueren, das edle Ma&, wodurch allen Bildungen ihre Grenzen vorgeschrieben wurden, ist e i n Hauptzug in der schonen Kunst der Alten; und nicht umsonst drehet sich ihre Phantasie in den altesten Dichtungen imer um die Vorstellung, dai3 das Unformliche, Ungebildete, Uribegrenzte erst vertilgt und besiegt werden mus, ehe der Lauf der Dinge in sein G l e i s kommt - 3 Die Einkerkerung Vergessenheit des der Titanen Tartans ist in der unterirdischen Vorahnung des weiteren Verlaufs der europaischen Geistesgeschichte - oder genauer ausgedrückt, ihr Ungesonderte wird B e g i ~ : das abgewertet ~rkenntnisbereich verdrangt. Dunkle, und aus das dem UrsprünglichSeins- und Es taucht doch immer wieder auf als Gegenposition zu der des Lichts als Bereich des Gesonderten, das heiBt des ordnenden, urteilenden Prinzips des menschlichen BewuBtseins. Platon Übergang vom vorplatonischen Hell-Dunkel-Dualismus Dem Lichtmetaphysik, die zur mit Platon ihren eigentlichen Anfang findet, spürt Dieter Bremer einsichtsvoll nach': Das Verlangen der wachsenden Ratio, den Seinsgrund aller Dinge gedanklich zu fixieren, hebt anfangs die mythologische HellDunkel-Zusammengehorigkeit nicht auf; das Heraklitsche Alifeuer fast seinem Wesen nach Licht und Finsternis in ein dynamisches , nie zu Ruhe gelangendes ~erhaltnis , das das eigentliche Wesen des Kosmos ausmacht. Alle Dinge bewegen sich dementsprechend stadig zwischen Gegenpolen; die Sonne geht auf und ab, der Mensch befindet sich immer irgendwo zwischen Schlafen und Wachen, Leben und Todt Erkemtnis und usw. Wahn, Dieser von Heraklit aufgefaste, dynamische Seinsgrund gehort aber noch keiner Metaphysik; er ist noch in der Immanenz der sich stadig wandelnden Natur befangen , Der Aufgang der Metaphysik zeichnet sich laut Bremer so aus, daB sie einer Denktendenz entspricht, "den Seinsgrund in die absolute Position eines Bestaridigen zu bringen, das allern Wechsel und Gegensatz enthoben i ~ t . " ~Diese Denktendenz selbst entspringe p gleichsam einem "Daseinswillen zum p Dieter Bremer,"Hinweise zuni griechischen Ursprung und zur europaischen Geschichte der Lichtmetaphysik," Archiv für Begriffsgeschichte 17.1(1973): 8-24. Bremer 14-15. sestandigen1'6. Für ~aseinswille so Philosophen den auBern, daB es würde sich Menschen dem dieser ontisch notwendig sei, sich aus der Finsternis der Unkenntnis und Licht der Erkemtnis per ration- ins zu bewegen. Das philosophische Denken überschreitet alsdann die Schranken der sirinlichen Welt, und damit muf3 die Naturgegenstand, der vom Dualismus des Auf- wird, bes timmt ihre Sonne als und Abgehens Erkemtnisfunktion etwa als Manifestation des Eferaklitschen Allfeuers verlieren und zum bloB auf etwas Andersartiges verweisenden Sinnbild werden, zum Verweis auf die Quelle eines übersimlichen Lichts. beginnt mit Idee, Es Platon die Spaltung zwischen Erscheinung und wobei das erste das bloi3e Abbild des zweiten wird. Das simliche Licht ist dementsprechend bloBes Abbild des eigentlichen Lichtes, das noetische Gewigheit der Welt dem erkemenden agathon, gewahrt. Das Gute "Leuchtendste des Seienden", Geist das " intelligible Helle" keine notwendige ist unter von oder aletheia ausstrahlt . Befangenheit des anderem dern das Es gibt erkenntnissuchenden Geistes i n diesem Idealismus zwischen Licht und Finsternis, sondern der Geist vermag sich der Simenwelt zu entheben und das reine Licht der E r k e m t n i s eidetischen Formen, ihren erhellen festlegbarerz lassen, um Sinngehalt ihre zu Bremer 30. Hier ist eine Konzeption, die übrigens vom Standpunkt der Geistesgeschichte hilfreich ist, dem s i e stellt den Versuch dar, die Tendenz anthropologisch zu begründen . Resp. 518 cg. und 5 4 0 a8. erfassen. Die platonische Sonne ist sowohl Erkenntnis- als Seinsgrund; der Eidos eines sinnlichen Gegenstandes ist das, was an ihm unveraderlich und unendlich ist . Somit hat die stets im Wandeln befangene Materie keine Realitat - eine Erinnerung an die Einkerkerung der Titanen im Tartarus. Plotin Die negative Auslegung der Dunkelheit, der Klarheit und Deutlichkeit der Erkemtnis zuliebe, fuhrt zu einer ganz konsequenten Abneigung gegen die simliche Welt und irn allgemeinen gegen die Materie, die dem unwandelbare Wahrheit verlangenden Geist feindlich gegenübersteht. Dies wird klar schon bei Platon, aber steigert sich und nimmt zugleich eine andere Richtung bei seinem Nachfolger Plotin, dessen Ernanationslehre die Materie ganz unbeleuchtet vom Einen und Guten laBt . Die materielle Wel t der steten Wandelbarkei t ist an sich nichtig und menschenfeindlich, denn der Mensch gelangt zur Selbstverwirklichung, indem er die sinrilichen und dem tranzendenten, einheitsspendenden Einen zu gewinnen sucht . D a m i t ist ein Augen schlieBt weiterer Schritt in Einheit der mit westlichen Metaphysik und im besonderen der Lichtmetaphysik gemacht : Die einzelne Seele ist ein Licht, das das Wesen des Menschen ausmacht, indem es VI. iii. 9 , Ennead VI. ix. 10-11. a Ennead ist und das sich nur anschauen laBt, vom Einem emaniert indem die AuBenwelt ausgeçchaltet wird- Die unendliche Ideenwelt Platons wird zwar neugestaltet in Form vom Nous bzw. der zweiten Hypostasis, aber diese ist nur zweitranging und deshalb von begrenztem Wert; Gott oder die erste Hypostasis ist der Ratio enthoben, denn er ist als hochste Einheit ohne alle Merhaie, die ihn von anderen EEtitaten underscheiden würden, und jenseits der Trennung von Subjekt und Objekt, Daher die das bewuf3te Denken auf gewinnt der Übersteigerung bzw. Geist Vereinigung Negation der angewiesen mit Ratio bis kt. Gott durch zur reinen Kontemplation und endlich Ekstase - Selbstnegation in der Elirninierung begimt also mystischen, der die Subjekt-Objekt-Trennung. Mit contemplatio-Tradition anschaulichen der die Denkweise, Plotin westlichen der Ratio- Bezogenheit des sich in Begriffen bewegenden, analytischen westlichen D e n k e n s gegenübersteht. Vorstellungen von Licht und Finsternis nach der Antike Im griechischen Denken sind zwei ganz unterschiedliche Richtungen in der Ausbildung der europaischen Lichtvorstellung potentiel1 vorhanden, die s i c h im Lauf der Zeit i m m e r starker voneinander differenzieren. Sie finden beide ihren gemeinsamen Ursprung im griechischen Geist, wie ex im D e n k e n Platons und auch i r n Neuplatonismus zum Ausdruck komt Das Erkenntnistheoretische und das Ontologische fallen hier noch untrennbar zusammen. Die platonische S o m e des Guten als das "Leuchtendste des Seienden" (agathon) ist das absolute Einheitsmoment und als solches dem Verstadnis entrückt, zugleich aber gewahrt es durch die "intelligible Hellen (aletheia) dem Verstand Erkemtnisgewigheit. ganz allgemein resultiert verursachten ausgedrilckt: allmahlich Absondenmg Ontologischen. Unterordnung der aus Die des Die des zweite Lichtvorstellung erste von Zuerst der Philosophie Erkenntnistheoretischen vom ist dagegen Resultat Erkenntnistheoretischen Ontologische, die diese in Versohnung unter bringen soll. diese Begriffe jeweils zu begründen, gehen wir einer das Um au£ den geschichtlichen Hintergrund, der ihnen zugrundeliegt, tiefer ein : 1) Mit der von Platon eingeführten totalen Scheidung von sinnlicher und geistiger Welt ist ein Natur-Geist-Dualismuç geboren, der vor allem über die Stoiker bis in die Neuzeit wirkt und zur Voraussetzung der materialistisch- mechanistischen Stromung der Neuzeit wird.1° Die radikale Konsequenz des philosophischen Dualismus besteht darin, daB der Geist endgtiltig aus der Natur ausgeschlossen und diese dadurch des Si~gehaltes beraubt werden einander unverwandt. wird: Geist und Natur Auffallend ist dabei, daB irn selben Moment, in dem sich das dualistische Weltbild mit Platon entwickelt, eine Lichtrnetaphysik beginnt, die als 10 Vgl. La Mettrie: L'home machine. Folge die ontisch negative Bewertung der ~insternishat, mit der ihre Exklusion aus dem ~rkenntnisf eld zusammenharigt , Dies hat dominiert. zur das westliche Denken bis auch Aufklarung Die Frage ist d m , wie diese zwei Phanornene, das heiBt der Geist-Materie-Dualismus und die platonische Lichtmetaphysik, zusammenhagen. Zwischen den beiden ist ein unverkennbarer Widerspruch zu sehen, der von der Geistesgeschichte aufgelost werden muB: Da das "Dunkle" hi los op hie Philosophie als abgelehnt das wird, Nicht-Festlegbare kann auch von die Lichtvorstellung vertretene von kaum der dieser ihre metaphysische Signifikanz als absolutes Einheitsmoment, das heiBt als agathon behalten. Die partikularen Erkenntnisgegenstande der wirklichen Welt lassen sich von keinem Einheitsprinzip umfassen, zu dem die Erkemtnis keinen Zugang hat . Weil das Licht von den Philosophen allmahlich auf bloB eine analytische Erkemtnisfunktion begrenzt wird, verliert es deshalb immer mehr die Merkmale einer religiosen bzw. metaphysischen Menschheit"". "Grundkategorie der Den Philosophen erimert die Sonne von dem J. Ratzinger, "Licht und Erleuchtung: Erwagungen zu Stellung und Entwicklung des Themas in der abenlandischen Geistesgeschichte," Studium Generale 13 (1960): 368. Man wird erinnert an ein paralleles Phaornen in der Malerei: Im Mittelalter wird die Maierei vom Goldgrund dominiert, der das Signal der Transzendenz und der Ailgegenwart G o t t e s ist. Aber, wie Hermann Pongs feststellt, dieser wird im 15. und 16. Jahrhundert - d.h. nach der Renaissance - allmahlich sakularisiert: "Neben das 'sakrale Leuchtlicht' tritt das 'natürliche Licht' (Sonne, Moment nicht an mehr an Gott: Diese erste, letztlich diesseits-gebundene, rationalistische Vorstellung des Lichts führt in der menschlichen Aufklarung Verstandes, zur wie Konzeption es etwa vom von Licht John des Locke definiert wird: Light, true light, in the mind is or can be nothing else but the evidence or truth of any proposition; and if it be not a self-evident proposition, al1 the light it has, or cari have, is from the clearness and validity of those proofs upon which it is received. To talk of any other light of the understanding, is to put ourselves in the dark, or in the power of the Prince of Darkness, and by our own consent to give ourselves up to delusion [ . . . ] .12 Das, was Locke als " t ~ light e in the mind" beschreibt, ist nichts anderes als eine sakularisierte aletheia, die ihren Ursprung nicht mehr kemt. 2) Dort, wo es sich mit der rationalistischen Tradition auseinandersetzt, Licht betont. wird das Metaphysisch-Tranzendente am Das geschieht vor allem in der auf Plotin zurückgehenden mystischen Tradition, aus der eine zweite Lichtvorstellung entsteht: das Offenbarungslicht. tragt das transzendente Moment der Dieses platonischen (Fackeln, Kerzen) . " H e X m a ~ Pongs, "Die Lichtsyrnbolik in der Dichtung seit der Renaissancen (Teil 1), Studium Generale l3(196O): 631. l2 John Locke, The Works of John Locke in ten volumes (reprint of London 1823 edition, Aalen: Scientia Verlag, 1963), Vol 3 , 155. M o n d ) und das ' künstliche Licht ' Lichtvorstellung weiter. Lndem die zweite Lichtvorstellung von der rationalistischen Tradition angegriffen wird und sich mit ihr auseinandersetzt, wird letztere zum Ausdruck der Hinfalligkeit des menschlichen Verstandes. die ~ahrheit zum Dieser macht Gegenstand des Urteils, das heiBt er analysiert, und schafft damit das, was gerade i r n unio- Erlebnis des Mystikers bzw. in der absoluten Einheit des Seinsgrundes, aufgehoben ist. Auf diese Weise tritt im religiosen Bereich und mys tischen übermenschliche, trandzendente Offenbarung an die Stelle menschlichen Denkens als ~rkenntnisrnedium. Von der dem Offenbarungsbegriff inharenten mystischen Verstandeskritik nicht zu abstrahieren ist die Kritik an dem der westlichen philosophie typischen Dualismus, dem die von der Mystik angegriffene Erkemtnis- und Seinsvorstellung entspringt. auf Die europaische Mystik ist allerdings zum Teil platonisch-neuplatonischem Boden gewachsen und setzt sich deshalb dualistischen Tendenzen aus, die zur Ablehnung des Dunklen geführt hat. Aber schon bei Dionysus Areopagita und insbesondere seit der Begegnung der Mystik mit der Scholastik - also ungefahr von Meister Eckhart an13 - wird die Finsternis ausdrücklich positiv von den Mystikern mit Gott identifiziert als daç, was über alles Wahrnehmbare bzw. das Wirkliche Mogliche. 13 hinausragt, das heigt als das Absolut- Die Finsternis ist für den mystischen Monismus siehe unten, 22-31. gleichsam die Rückseite des Lichts, die Voraussetzung aller Of fenbarung . In der Neuzeit kommt die uralte, wesentlich europaische Auseinandersetzung zwischen Ratio und Offenbarung nicht zu Ende, sondern n i m r n t allmahlich neue Gestalt an: Nach der Aufklarung geht es mehr um eine Auseinandersetzung zwischen dem Verstandes- und dem Anschauungsvermogen des Menschen- Indem das imaginative Anschauungsvermogen die Offenbarung sakularisiert und diese dadurch dem Menschen zueigen macht - und damit auch einen dem Menschen unmittelbaren, ihm selbst innewohnenden Zugang zum Unendlichen schafft - verwandelt çich gleichsam der Theologe bzw. Mystiker in den Dichter; die religiose Rolle übernimmt jetzt die Dichtung. Au£ diese paradoxe Weise kommt die Finsternis immer mehr zur Geltung - n a l i c h als Gegenteil des rationalen Lichts des Bewugtseins bzw. als die ursprünglich-undifferenzierte, alles potentiel1 beinhaltende Dunkelseite des Kosmos - einbezüglich des Mikrokosmos, um den Terminus Paracelsi zu benutzen, das heiBt des Menschen. Der Sprung zur Entdeckung des UnbewuBten hat also hier eine Begründung, und in der Tat wird in der Moderne letztendlich - zuerst als philosophisches Thema bei Eduard von Hartmann14, aber bald auch noch als ein der empirischen Wissenschaft zugewiesenes, das heii3t psychologisches Thema (vgl. C.G. Jung) - die 14 Eduard von Hartmann, Philosophie des UnbewuBten (Berlin: C. Duncker, 1882). Hartmann behandelt das UnbewuBte hier noch unter anderem als metaphysisches Thema. ~ifferenzierung zwischen dem dunklen Unbewugten und lichten BewuBtsein konkret behandelt. dem Mit der Entwicklung insbesondere der Tiefenpsychologie bei S. Freud und C. G. Jung erreicht die Lichtmetaphysik itir vorfaufiges Ende; Licht und Finsternis sind jetzt ausschliei3lich subjektive Entitaten, von denen es nunmehr gilt, sie als Komponente des menschlichen Geistes anthropologisch bzw. psychologisch zu erforschen. In den folgenden Kapiteln verfolgen wir die Entfaltung der vom europaischen Geist demonstierten Hell-Dunkel- Bildlichkeit mit Hilfe von hauptsachlich drei Textquelien: 1) den des Aussagen Mystikers Meister Eckhart zum Seelenfunken, 2) den H y m n e n an d i e Nacht von Friedrich von Hardenberg (Novalis) und 3) Georg Büchners Lenz. Diese drei Kapitel werden eine konsequente Entwicklung der Hell-DunkelBildlichkeit offenbaren, die - wie oben in skizzierter Form vorgestellt wurde - einer geschichtlich sich konsequent wandelnden Seins- und Erke~tnisvorsteiiung entspricht: Der Übergang von der westlichen Mystik, wie sie vor allem von Meister Eckhart vertreten wurde, zur modernen westlichen Dichtung bedeutet anfangs, bei Novalis, die Weiterführung der Monismus-Tradition, in der der wesentliche Zusammenhang von Licht (als ~irklichkeit,Manifestation, Offenbarung) und Finsternis (als Moglichkeit, Potenz) au£ den unendlichen Zusammenhang der Dinge im Sinne absoluter Vernunf t hinweist - und folglich Welt. auf die Wesensverbindung zwischen Ich und Allerdings ist die moderne Dichtung nur insofern modem und deshalb von der Mystik unterschieden, a l s die Verbindungs- und Gestaltungspotenz der Finsternis b l o B in der Suhjektivitat gesucht wird, was letztendlich eine Reaktion auf die Verwandlung des europaischen Weltbildes durch den wissenschaftlichen, cartesianischen Dualismus ist: dieser s t e l l t dem Subjekt eine blof3 kausal-quantitative bestimmte Wirklichkeit und Objektivitat gegeniiber. Man wird sich folglich in der Moderne einer Ich-Welt-Spaltung bewuBt, die zu dem modernen SelbstbewuBtsein des Autors wesentlich beitragt. Die der Moderne inharente Problematik und Krise bringt Büchner anschaulich zutage, indem in seinem Lenz die Finsternis nicht m e h r ontisch positiv dargestellt wird, sondern als bloi3e Privation und daher Lebensbedrohung, als Selbstbedrohung einer Subjektivitat, die keine Objektivitatsverankerung mehr kennt und darum haltlos wird. Kapitel 1 DIE H E L L - m L - B I L D L I C R K E X T DER EUROPAISCHEN MYSTIK Um das Wesentliche der europaischen Lichtmetaphysik und ihre geschichtlichen Erkenntnisvorgang, Folgen dem au£ kurz die zusamrnenzufassen: europaische Der Philosophie basiert, hat, der Gewigheit zuliebe, die Bestadigkeit und Bestimmtheit ihrer Erkenntnisobjekte zur Voraussetzung. Licht wird im Akt zwischen Ich und unterbricht die der Welt, Das Sinneswahrnehrnung zum Vermittler Sein Mangel, Wahrnehmungsvermittlung, die Finsternis, indem sie die Qualitaten, durch die ein Gegenstand erkaruit wird, verhüllt bzw. negiert. Der Beginn der westlichen Philosophie mit ihrem Erkenntnisdrang deutet sich in dem Moment an, in dern Platon und seine Nachfolger das Licht, unbewuBt verabsolutieren und ihm den hochstmoglichen ontischen Wert schenken, der im platonischen Denken mit dem agathon-Begriff (das "Leuchtendste des Seienden" ) zum Vorschein kommt . Wie die GewiBheitsneigung in der Entwicklung des europaischen Geistes allniahlich zu einer Unterordnung der phaomenalen Welt unter Abstraktionen führt und deshalb die originelle metaphysische Basis der Lichtmetaphysik verlorengeht, ist in der Einleitung bereits erklart worden.L5 Die Tatsache, d a B das Licht der Erkenntnis çeinen tranzendenten Ursprung als agathon verliert und immanent zurn Licht des menschlichen Verstandes wird, kommt, zum Beispiel, in den fur das 18. Jahrhundert typischen Begriffen "Aufklarung" und "aufgeklarte Menschheit" zum Ausdruck. Wie schon gesagt, wird der Finsternis vorn Standpunkt der rationalistischen Licht-Ideologie kein positiver ontischer Gehalt zugeschrieben. Vorstellung vorn Es ist unschwer zu erkennen, welche Sein dahintersteckt: "Sein" heiBt letztendlich Erkennbarkei t irn Sinne von Intelligibili tat . Deshalb heiBt "das Dunkle" in der Sprache, zum Beispiel, das "Unklare", "Vagen oder "Zweideutige" - also das, was per se der Eindeutigkeit eines Begriffes entzieht. sich Ohne Weiteres ist an dieser Stelle zu sagen, dalS die Vertreter der mystischen Tradition das "Dunkle", wie es in diesem Kontext Bedeutung findet, über das Klare fast ausnahmslos bevorzugen, was ihre Ausdrucksfom betrifft. Um V e r s t a d n i s für diesen wichtigen Ansatzpunkt zu gewinnen - das heigt, 15 ES ist kaum zu übersehen, dal3 es hier um eine Verallgemeinerung geht, indem bloB eine Tendenz in der Geschichte der Philosophie unter die Lupe genommen wird. Man k a m in dieser Hinsicht einwenden, da& die westliche Philosophie auch mystischen Tendenzen ausgesetzt sei, wie diese sich zum Beispiel bei Fichte und auch dem gesamten deutschen Idealismus unbestreitbar manifestieren. Die formelmai3ige Beschrakung ist aber insofern notig, als es zur Illustrierung einer d i a 1 ektischen Bewegungsweise insbesondere der europaischen Geschichte dient, ohne die die geschichtliche Notwendigkeit der Mystik (oder überhaupt) vollig unbesehen bleiben würde. warum die Mystiker sich gezwungen begriffliche Sprache zu vermeiden -, sehen, eindeutige, ist es dem modernen Verstand hilfreich, ein sprachpsychologisches Argument Erich Fromms zu berücksichtigen, der seine position in diesern Zusammenhang ganz konsequent als zu einem "nontheistic mysticismWl6 gehorend erklart: If (a) concept becomes alienated - that is, separated from the experience to which it refers - it loses its reality and is transformed into an artifact of man's mind. The fiction is thereby created that anyone who uses the concept is referring to the substratum of experience underlying it. Once this happens - and this process of the alienation of concepts is the rule rather than the exception - the idea expressing an experience has been transformed into an ideology that usurps the place of the underlying reality within the living human being.l7 und weiter, das "Nichttheistische",das ihm dies logisch zur Folge hat: 'God' is one of many different poetic expressions of the highest value in humanism, not a reality in itself .la 1st also die Vorstellung einer "nichttheistischen Mystik" an sich widersprüchlich? Nein, denn die westliche Mystik birgt ganz im Gegenteil einen gewissen ~ t h e i s m u spotentiel1 in sich, der, sich spater entfaltend, Erich Fromm, You shall be as Gods Rinehart and Winston, 1969) 19. l7 Fromm 18. 1"romm 19. l6 letztendlich im (New York: Holt, modernen humanis tischen Denken geschichtlichen zur Manifestation gelangen wird - w i e Fromm selbst Beweis dafür leistet. Das, was Fromm - modern formuliert - den "highest value in humanism'~nennt, ist gerade die "underlying reality within the living human being" - das, was sich nur individuel1 erleben und erfassen M B t , was allen Begrif f en Potenz und Voraussetzung ist. Der Unterschied zwischen dem die Tradition des Neuplationismus s i c h aneignenden Mystiker einerseits und dem humanis tischen Psychologen wie etwa Car1 Jung oder Erich Fromm andererseits ist folgender: Wo das "Erlebnissubstratw im einen Fa11 uberpersonlicher Gott verstanden wird, transzendent a h zu dem man Zugang d u r c h die Seele hat, gehort es im anderen Fail der Seele oder der Psyche selbst, ohne daa eine Objektivitat augerhalb der Menschheit zu suchen ware - das heiBt, ohne VermittlungDas sogenannte " Substrat" als menschliche Pçyche wird j e t z t die Objektivitat transzendenten. dieses eine immanente statt Die westliche Mystik ist aber wesentlichen Vemittlungsmoment mittelalterlicher - Unterschieds zwischen - ein einer - ungeachtet geschichtliches antiindividualistischer, Go t teshingebung und dem Selbsthdigkeitsgefühl des modernen Individualismus. das die moderne Sensibilitat gleichsam als Geburtsrecht anerkennt. Dort. wo man versucht, das Unaussprechliche i r n Gegensatz zum Eindeutigen auszusprechen, nimmt man eine geistige Haltung ein, die im westlichen Kulturraum vor allem in der Mystik traditionelle Verankerung gefunden hat.19 Plotin, ~ionysiusAreopagita und Augustinus sind u n t e r anderen die Wegbereiter, denen diese Verankerung zu verdanken ist. Naturlich gibt es in anderen Kulturen jeweilige Traditionen, die Erlebnisse ahnliche Ausdruck bringen.20 des Geistes traditionellen zum Aber die westliche mystische Tradition zeich.net sich insofern aus, als die Problematik des Wortes und des Urteils als Resultat der Begegnung rationalen Tradition bewuBtes Thema wird. mit der Wahrend der von der Lichtmetaphysik ausgehende philosophische Dualismus, der der analytischen Denkweise der europaischen Philosophie innewohnt, die Kluft zwischen Sein und Erkennen geoffnet hat, verweilt der Mystiker lieber irn existentiellen Bereich, wo Sein und Erkemen noch, vor aller gedanklichen Fixierung des zu erkennenden Objekts, verbunden sind. Ganz in der neuplatonischen Tradition wird dieses uber alle Bestimmheit hinausragende, absolut-fruchtbare Etwas von den Mystikern mit Gott , also identifiziert. einer Irn uberpersonlichen Sinne der Transzendenz alttestamentarischen Vorstellung ist dieser Gott der Namenlose, über den man nur Wie die D i c h t u n g u. a. den Faden dieser Tradition nach deren Untergang in der Moderne aufnimmt, wird am ~eispiel von Novalis demonstriert werden. 2 0 Die wichtigste unter diesen vom europaischen Standpunkt ist die hebraisch-alttestamentarische Tradition, die die Problematik der Mystik auffallend antizipiert. Die biblische Leitvorstellung n-lich eines namenlosen, unsichtbaren Gottes sol1 die Hebraer von der Abgotterei und ihrer Neigung zu den ~artikularitaten der sichtbaren Welt befreien. 19 sagen kann, dal3 Er s t , aber nicht, w i e Er ist, das heiBt, er exiçtiert jenseits aller Differenzierung des Wesens. Naturlich impliziert eine solche Gottesvorstellung, dag das Sein Gottes rein potentiel1 ist, was als Denkrichtung in der Mystik zwar vorhanden ist und sie deshalb von der Theologie und auch der Philosophie radikal unterscheidet. Aber dies schlieBt Gott von der gezeugten, pluralen Welt wesensmagig nicht aus - ein Paradoxon, das die Vorstellungsweise und das Themenfeld der Mystik au£ einmal andeutend vor Augen führt . Wo in der Philosophie die Seinsbereiche des Moglichen und des Wirklichen sich ausschliegen, wie die der westlichen Philosophie inharente Lichtideologie demonstriert, geh6ren s i e im Monismus der westlichen Mystik wesentlich zusammen Diese sucht die Einheit zwischen dem Wirklichen und dem - in Fromms "substrate of Moglichen im gottlichen Sein experience" - anschaulich zu machen, wobei Licht Finsternis eine zentrale bildliche Rolle spielen, Vorgang zu untersuchen, werden die und Um diesen schriftlichen Überlieferungen zweier Autoren in diesem Kapitel eingeführt, die der Blütenzeit erstens die von der europaischen Mystik Meister Eckhart (um entspringen: 1260-13271, dem einflugreichen deutschen Prediger der Scholastik-Zeit; und zweitens von dessen fl&nischem Nachfolger Jan van Ruusbroec (1293-1381)- Eckharts un das "Seelenfünkleinw zentrierte Lehre liefert ein Beispiel dafür, w a s irn ersten Kapitel unter den Begriff vom antirationalistischen wurde, das von man der immanent an Aufklarung reduziert . anschaul iches Denken eingeführt ~ffenbarungslicht auf Weil dieser Begrif f von Wichtigkeit ist, nicht nur zum theoretischen Verstaànis des sondern Seelenfünklein-Begriffs, urn auch seine weitere Entfaltung als Thema in der Dichtung und insbesondere bei der Licht-Dunkel-Symbolik in der dichterischen Gestaltung Novalis' zu begreifen, sol1 hier vermittelt werden . rnoglichst knapp Man so konnte eine Erklarung davon "anschauliches Denken" formulieren: Im Gegensatz zum vermittelten Erfassen des begrifflichen Denkenç, das ein empirisches auch und subjektives Erlebnissubstrat voraussetzt - und, wie Fromm meint, dazu tendiert, sich von diesem sozusagen zu "entfrernden" -, basiert das anschauliche Denken unmittelbar auf diesem Substrat selbst. "Erfassen ohne Abs trahieren" impïiziert, Wie ein ist diesern sinnlich-konkreten "Denken" ein Gefühl für das Ganze bzw. für das Wesen eines Gegenstandes als einer Seinseinheit eigen - eine Seinseinheit, die nicht durch Selektion eines partikularen Seinsrnomentes vereinfacht und damit vielleicht auch verkarint wird. Diese Begriffserlauterung reicht als theoretische Ausrüstung aus, sich Eckharts Geist anzunahern. Im Gegensatz zum platonischen ~rkemtnislicht,das die Permanenz der Ideenwelt, die allem Wechsel der ph-omenalen WeIt enthoben ist, der Ratio offenbart, besteht die ewig sich wiederholende Wiedergeburt Christi als arca mentis gerade darin, da8 sie die Ratio übersteigt. Im ersten Fail findet die Offenbarung auBerhalb des Individuuns statt ; im zweiten hingegen gerade wesentlicher Gegensatz: in ihm selbst- wo bei Platon Und noch ein der eine Ratio zugarigliche, f ixierte Welt entdeckt wird, finden wir bei Eckhart nichts Offenbarung Fixiertes erfahrt vernunft " verlaBt . nur Diese oder Intel1igibles, denri derjenige, der seine die "würkende wird nmlich durch die gottliche Vernunft bzw. den Seelenfunken erlost, und zwar auf folgende Weise : Diu würkende vernunft enmac niht geben daz si niht enhât, noch si enmac niht zwei bilde miteinander gehaben: si hât wol einz vor unde daz ander nâch. Der luft und das lieht zeigent wol vil bilde unde vil werme miteinander: doch eniïaht da niht gesehen d e m e Alsô tuot diu wirkende einz nâch d m andern. vernunft, wan si ouch alsô ist. Aber sô got wirket an der stat der wirkenden vernunft, s ô gebirt er rnanic bilde miteinander in eime purite ( . . . ) Entriuwen, daz offenbâret unde bewêret, daz ez der vernunfte werc niht enist, wan si enhât des adels noch der rîcheit niht; mêr: ez ist des werc unde des geburt, der alliu bilde miteinander in ime selber hât.*= Gott wird bei Eckhart also das absolute Erkenntnisubstrat, das alles potentiel1 enthalt, was zum partikularen Gegenstand der Wahrnehmung und Erkemtnis werden k a m . als Seelenfunke und (intellectus agens) tatige werden als oder endliche absolutes Gott Vernunft Gegensatzpaar Deustche Mystiker des 14. Jahrhunderts, Band 2: Meister Eckhart. Hrsg. von Franz Pfeiffer. Aalen: Scientia Verlag, *l erfaBt: Der eine ist für die Synthesis der einheitlichen Substanz zustadig, die alle Partikularitat der Welt in sich fagt, die andere fur ihre zergliedernde Vereinzelung und Auflosung der substanziellen Einheit. se auf Mensch per weltIiche Erkenntnis das zu Natürlich ist der endliche Denken angewiesen, urn erwerben, menschliche Notwendigkeit bejaht. was Eckhart als Nur geht es in diesem Kontext um den Geist, der seinen Ursprung in Gott vergiBt; der Intellekt mufi sich seiner Abharigigkeit und Begrenztheit bewuBt sein. Als absolutes Gegensatzpaar gefaBt wird der Unterschied zwischen gottlicher und tatiger Vemunft zu d m zwischen Sein und Nichtsein, Leben und Tod, dem wer nur Einzelheiten kennt, die in keiner Notwendigkeitsbeziehung zueinander stehen, verliert die Beziehung zur Weltsubstanz, also zu Gott. Das beschreibt Eckhart selbst: (Christus sagte:) 'Ich eribin niht kornen ûf ertrîche friden ze machende, sunder daz swert, umbe daz ich alliu dinc abe gesnîde und abescheide den bruoder, daz kint, die muoter, den friunt, die gewêrliche dîn vîande sint. ' Wan swaz dix heimelich ist, daz ist gewêrliche dîn vîant. Wil dîn ouge alliu dinc sehen und dîn ôre alliu dinc hoeren unde dîn herze alliu dinc gedenken, in der wârheit, in allen disen dingen muoz dîn sêle zerstrouwet werden.22 Um Gott auf die Seele wirken zu lassen, mu% diese çich in die "verborgene stille dunstemisse" zurückziehen; "Dar umbe sprach der prophête ' i c h wil sitzen und wil swîgen unde wil 22 Eckhart 14. hoeren, waz got in mir spreche . ' Wan ez s ô verborgen i s t , dar umbe kom diz wort in der naht in deme dünsternüsse. "23 sieht Man schon hier, daB Erke~tniswert zuschreibt . Eckhart Finsternis einen der Erinnert man sich zum Beispiel , das letzte Zitat lesend, an die Vorstellung vom Dunklen als dem sprachlich Vielschichtigen, dem Zwei- oder ~ehrdeutigen, dann enthüllt sich ein analoger Sprung zur ~ckhart'schen Was im Kleinen der Fa11 ist, so auch - nach dem Finsternis. monistischen Weltbild der Mystik - im Grogen: Wenn etwas der Erkemtnis eines Gegenstandes zugrunde liegt, was auch das empirische "Substratn eines Wortes ist, so muB es auch fur Gott als dem "Ail-Wortm odex der Logos gelten. Und ferner: Dies betrifft das gottliche Wesen, das in der zweiten Person der im Dreieinigkeit, ewige Wiedergeburt in der Fiinklein gleichsetzt. Eckhart - Gottessohn auch wenn verkorpert ist, dessen Eckhart mit Menschenseele dem Es ist dabei nicht zu übersehen, dag man explizit herauslesen kann es - aus seinen Schriften nicht Licht und Finsternis nicht b l o B symbolisch oder metaphorisch meint, sondern im eigentlichen Sinne. Bewuût figürliche Sprache ware in diesem Fa11 ein unzulassiger Widerspruch zum weltanschaulichen Kontext des Eckhartschen Wortgebrauchs, denn das sprachliche Verwenden eines Konkretums Dualismus voraus, 23 Eckhart 9. im den übertragenen Eckhart Sinn setzt gerade den und die Mystik naturgemaB müssen. bek-pfen In diesem Sime stimmen wir mit dem Urteil Josef Kochs uberein, der dasselbe betont . Die Finsternis Wesensdifferenzierung Gottes als absolute ist das , liegt. Potenz; was Sie partizipiert aus ihr aller hinter wird am der Sein Logos hervorgebracht, nach i h r sehnt sich die Seele wie nach dem Hochsten : Wenn der Mensch sich abwendet von sich selber und allen geschaffenen Dingen, - soweit du das tust, soweit wirst du in Einheit und Seligkeit versetzt in dem ~ünkleinder Seele, das mit Zeit und Raum noch nie Berührung hatte. Dieser Funke widersetzt sich allen Kreaturen und will nichts, denn bloi3 Gott, wie er in sich selber ist, Ihm genügt nicht am Vater noch am Sohne noch am heiligen Geiste, überhaupt nicht an den drei Personen, sofern eine jegliche in ihrem Eigenwesen beharrt. Ja ich behaupte, dafi dieses Licht auch kein Genügen findet an der Vereinigung mit dem Zeugungsvermogen der gottlichen Natur. Ich will noch mehr behaupten, was noch wunderbarer lautet: Ich sage in vollem Ernst, dai3 dieses Licht sich nicht einmal zufrieden gibt mit dem einfaltigen, in volliger Stille verharrenden gottlichen Wesen, das weder gibt noch ernpfagt; sondern es will wissen, von wo dieses Wesen herkomme, es will in den einfaltigen Grund, in die stille Wüste, in die nie etwas Unterschiedliches hineinlugte, weder Vater noch Sohn noch heiliger Geist. Erst in dem Imersten, wo niemand heimisch ist, da gibt sich dieses Licht zufrieden, und in ihm ist es imiger zu Hause als in sich selber; denn dieser Grund ist eine reine Stille, die in sich selber unbeweglich bleibt, und von dieser ~nbeweglichkeit werden alle Dinge bewegt. Von i h r ernpfangen alle die ihr Leben, die unter Leitung der Vernunft leben und sich in sich selbst zurückgezogen haben.25 Josef Koch, "Über die Lichtsymbolik im Bereich der Philosophie und der Mystik des Mittelalters," Studium Generale 11 (1960): 667. 2 5 Meister Eckhart, Predigten und Traktate (Leipzig: InselVerlag, 1927) 381-38224 Mit diesem Zitat erreichen wir einen wichtigen Punkt in der Erklarung dessen, woraus mystische Finsternis besteht. Das Sein der Welt faBt Licht und Finsternis zusammen; sie sind zwei Momente des Seins, die voneinander untrennbar sind: Das Moment des Lichtes ist Differenzierung und Akt, und das der Finsternis Einfachheit und Potenz. folgt notwendig d m Zweiten logisch und metaphysisch. Das Erste - nicht zeitlich, sondern Die Einsicht Eckharts in dieser Hinsicht lost das klassische, existentielle Problem, das Plotin früher mit dem manationsbegriff zu losen versucht hat: W a r u r n gibt es eine Welt des Werdens - oder, anders ausgedrückt : Warum gebiert die Finsternis das Licht , damit aus einer in sich geschlossenen Einheit eine Plurali tat entstehe? Die durch Eckharts Bildlichkeit vermittelte Antwort lautet so: Die Finsternis oder undifferenzierte Einheit kann allein nicht bestehen; ihr positiver Gehalt als Potenz setzt die Moglichkeit des Lichtes Man voraus. Problematik genauer erklaren: Eckbarts " stille kann die Finsternis " 26 hat zwei mogliche Aspekte in Beziehung zur wirklichen Welt. Erstens angesehen kann sie werden, transzendiert alle Negierung aller 26 ontisch denn negativ ihre als absolute Differenzierung. Eckhart, Predigten 381. Wesensnegierung Bestimmtheit, Sie Einfachheit ist die, also die als der ~rkenntnisvoraussetzung, verbindlich ist. Menschheit existentiell Nur von diesem Standpunkt aus kann sie auch moralisch als negativ angesehen werden. Grundhaltung der westlichen Philosophie. aber ihre wesentliche Begrenztheit - Das ist die Hier findet man die Einseitigkeit der Licht-1deologie des philosophischen Dualismus - denn es gibt auch eine ontisch positive Seite der Finsternis: Sie ist die Voraussetzung des Seins, denn die Pluralitat der Wesensdifferenzierung ist von einer Einheit unabhagig, die die Pluralitat in sich fai3t und auch transzendiert - ein Gottes, Aspekt indem Er traditionsgemai3 eben absolute Einheit der Welt angesehen wird. gabe als die Aber ohne L i c h t es diese zweite, positive Rolle nicht; ohne nkt keine Potenz. Dann Die Finsternis mügte sich alsdann selbst negieren. ist sie, wie Aristoteles "Beraubung des Lichts" .27 Hier komen wir formuliert, die blof3e "E'insternis" hieBe soviel w i e an Ruusbroec anknüpfen. Seine Begrifflichkeit weicht einigermagen von der Eckhartschen ab, aber die hinter ihr steckende Bildlichkeit haben die zwei Geister vollig gemein. beiden - - Fallen - die Es geht nalich letztendlich in insofern als ~eispieie einer p p 27 erimert man sich ganz natürlich am Beginn von Hegels Wissenschaft der Logik, d.h. der "Lehre vom Sein". Georg Wilhelm Friedrich Hegel, Gesartaelte Werke in 21 Bailden (Hamburg: Felix Meiner Verlag, 1978), Bd. 11, 43-44. Eckhart lost das Werdensproblem paradox-bildlich, Hegel rein theore tisch . 28 Hier Gemeintendenz der westlichen Mystik zu verstehen sind - um das paradoxe Verhal tnis von Licht und ~insternis, das das Wesen Gottes veranschaulichen soll. Das gottlichen ~icht-Dunkel-Verhaltnisses Paradoxe des erreicht mit claritudo29 dem seine Ruusbroecschen Spitze. Begriff Der von Begriff caliginosa scheint so widersprüchlich zu sein, da& man darüber nicht reden kann. Das ist Absicht, und Kontext: im so verwendet Ruusbroec das Bild "Sie sind von M i m e trunken und in einer dunkelen Klarheit in Gott entschlafen. " 3 0 In der "Trurikenheit", von der Ruusbroec spricht, findet man Beispiel geistigen des in der Tat ein gutes Zwischenzustandes, in man dem zwischen Wort und Gefuhl schwebt, wo sie eins sind - das heiBt wo Gott der V a t e r und Gott der Sohn eins sind: I . . . ] a l l e s , was im Vater unausgesprochen in der Einheit lebt, [ist] auch im Sohne lebendig ausgeflossen in der Offenbarheit: und der einfache Grund unseres ewigen Bildes bleibt allzeit in Dunkelheit und ohne Weise. Aber die unbegrenzte Klarheit, die hier ausstrahlt, die offenbart und bringt die Verborgenheit Gottes hervor in Art und Weise . 3 1 Lateinische Übersetzung vom ~ittelniederladischen "doncker claern, oder "dunkler Klarheit". J a n van Ruusbroec, Opera omnia (Brepols: Tielt; Lannoo; Turnhout, 19881, Vol. CI, 152. Aus d a Buch von der hochsten Wahrheit. In: D r e i Schriften des Mystikers Johann van ~uysbroeck (Leipzig: Th. Grieben's Verlag, 1901) 223. 3 1 Ruusbroec, Drei Schrif ten 157. 29 Bei Eckhart ist das, was der gottlichen Dreifaltigkeit zugrundeliegt, auch jenseits der if ferenzierung Personen; bei Ruusbroec ist Gott der Vater Strudel der EinheitlichkeitW32- ihrer - der "grundlose Potenz, Gott der Sohn Akt. Hier liegt zwischen den beiden Mystikern eine Diskrepanz, die bloB begrif f lich und deshalb in der Interpretation unerheblich ist, denn die Anschauungsweise ist ihnen dennoch gemein. Die theoretische Differenzierung zwischen den Mystikern wird kornpensiert durch Ruusbroecs Schlüsselbegriff der Überwesenheit. Das Wesen von Gott dem Vater besteht gerade darin, daB er von einer überwesen tlichen Einhei t 3 3 bes timmt wird . Uberwesentlich, aber nicht wesenslos: da ergibt sich dieselbe paradoxe Losung des Werdensproblems, die wir bei der Eckhartschen Vorstellung des Seelenfunkens gesehen haben . DaB die Begriffe, die der Mystiker verwendet , sich nicht systernatisieren lassen, wird nach der Aufklarung nicht mehr akzeptiert. Auch Goethe nennt die Mystik "eine unreife Philosophie,"34 was die eigentümliche Ausdrucksform der ~ y s t i kvollig aui3er Betracht laBt . Jede mystische Aussage ist Produkt eines Individualerlebnisses, und ist insofern diesem subordiniert. Das Wort hat einen relativen Wert; das wird nicht nur von dem Mystiker erkannt, sondexn auch indirekt diskutiert; das Philosophische an der Ruusbroec, Drei Schriften 160. Ruusbreoc, Drei Schriften 155. 34 Joham Wolfgang Goethe: Goethes Werke in 14 Banden (Hamburg: Christian Wegner Verlag, 1963). XII, 493 (Maximen und Reflexionen 905.). 32 33 Mystik ist die Kritik am Philosophieren. So spricht Eckhart : Swie ez doch ein unwizzen heize und e i n unbekantheit, sô h ê t ez doch mê inne dan allez wizzen unde bekennen ûzewendic disem: w a n d l z ûzewendic unwizzen daz reizet unde ziuhet dich von allen wizzenden dingen und ouch von dir selben.35 35 E c k h a r t 10. Schon der Tite1 sagt Grundsatzliches aus über die dichterische Haltung von Novalis in seinem Werk: "Hymnen" deutet auf seine religiose Geistesherkunft hin, die dam weitere Bestimmung in dem deutlichen Bezug auf die mystische Tradition findet, in der die Finsternis, die Nacht, als Gegenstand der Religiositat hervorgehoben wird. Vom bereits Gesagten her ist klar, daB Gottesvorstellung und -erlebnis der Mystik das Licht auch faBt, und zwar als etwas, das nicht von der Finsternis zu abstrahieren ist. Es ist ohne Weiteres anzunehmen, daB d i e Betonung der Nacht in diesem Zusammenhang auf eine Wirklichkeitsflucht hinweist - einen Ruckzug zum Moglichen, das eine Negierung des Wirklichen mit sich tragt, was als der Moderne charakteristisch anzusehen ist. Gerhard Schulz hat jedoch Recht in seiner Analyse des Werkes,35 wenn er behauptet, die ausschlieglich "als Preisgesang auf Hymnen [...] seien nicht alles Nachtige, Dunkle zu verstehen,"36 was in d e r Tat d i e Flucht in den Tod Gerhard Schulz, Kommentar zu H y m n e n an d i e Nacht. Novalis Werke (München: Verlag C. H. Beck, 1969) 620-640. 3 6 Schulz 623. 3s bedeutete. Wie Schulz auch bemerkt, gehoren in der in dem manifestierten Werk Weltvorstellung Finsternis untrennbar zusammen. das Licht und die So impliziert es die Konig- Konigin-Symbolik: Der "Konig der irdischen ~ a t u "37 r paart sich mit der "~eltkonigin"~~ bzw. der Hinter symbolischen Zusammengehorigkeit liegt der Konigin der Nacht. der Gestaltmg eine Tag-Nacht- uralte Bildlichkeit, die Novalis geschichtlich mit der griechischen Mythologie in Verbindung bringt .39 Obwohl es der Forschwlg unabdingbar ist, kann man die dichterischen Aussagen der H'en nicht nur vom Standpunkt der geistesgeschichtlichen Kontinuitat dadurch werden das analysieren, Individualit~tsbewuBtsein insbesondere die Sehnsuchtsthematik des Werkes Kürze: das, was Novalis als modernen de= und - in aller Dichter in Zusammenhang seiner Zeit stellt - vollig ignoriert. den Wenn man jedoch die Hymnen von diesem Standpunkt aus betrachtet, hebt sich Symbolischen vieles Wichtige deutlich ab: sogleich Erstens vom erkennt Universal- man eine unverkennbare, w e n n auch symbolisch-verkleidete Kritik an die aufklarerische Ideologie seiner Zeit. Es wird nalich über "des irdischen Gewalt" geklagt: 37 Friedrich, Freiherr von Hardenberg (Novalis), Novalis Werke (München: Verlag C. W. Beck, 1969) 41, Von hier an ais "Novalis" zitiert. 3e Novalis 4 2 . 39 siehe oben 1-3. MuB immer der Morgen wiederkommen? Endet nie des Irdischen Gewalt? unselige Geschaftigkeit verzehrt den himmlischen Anflug der Nacht. Wird nie der Liebe geheimes Opfer brennen? Zugemessen ward dem Lichte seine Zeit; aber zeitlos und raumlos ist der Nacht Herrschaf t .40 Au£ welche Zeit bezieht sich hier das "ward"? Bestimmt nicht auf den Uxzustand der Menschheit; hier offenbart sich von Novalis, das sich bemüht , das geschichtliche Be-tsein der dialektischen Notwendigkeit der historischen Entwicklung des Geistes nachzuspüren, sie intuitiv dichterisch anschaulich zu machen: Erde eine als erfassen und Es gab erstens auf die "Vorzeitn,41 die Zeit der Gotter, als die Erde "unendlich",42 " war, zu der Gotter Aufenthalt, und ihre ~ e i m a t " ~ ~ "Flüsse, Baume, sinnU44 hatten. Blumen In diesem und Tiere menschlichen Zustand standen die Menschen harmonisch in einem Wesenszusammenhang mit der Welt, in dern sich Welt Simplifiziert und gesagt: Mensch Keine wechselseitig Trennung spiegelten. bestand zwischen Subj ekt und Ob jekt . Novalis veranschaulicht den Übergang von der Vorzeit der Gotter zur Neuzeit, in der jene Trennung entsteht, die durch die Todesangçt hervorgerufen wird: Hier wui3ten selbst die Gotter keinen Rat Der die beklommene Brust mit Trost erfuilteDes Wut kein Flehn und keine G a b e stillte; *O 41 42 43 44 Novalis Novalis Novalis Novalis Novalis 42. 52. 46. 46. 46. Es war der Todt der dieses Lustgelag Mit Angst und Schmerz und T r a e n unterbrach.4s Die Gotter werden, weil muf3ten dem sie entgegenstanden, deswegen der dus Natur der Erkenntnisdrang zur objektiven der getrieben Menschheit Wahrheit und der Bestandigkeit der Erkemtnisgegenstbde tendiert - Bremers lsDaseinswiile zum ~est&digenl*46. Der menschliche Geist gelangt zu einem Grad der Selbsterkenntnis, in der er sich und seine Begriffe von der wandelnden Welt unabhagig sieht, was zugleich diese aber von ihm trennt, Das Liebesverhaltnis zwischen Subjekt und Objekt lost sich auf und hinterlaBt eine dem Subjekt gleichgültige Welt der blogen durch Quantitat und Kausaiitat bestimmte Materie: Zu Ende neigte d i e alte Welt sich. Des jungen Geschlechts Lustgarten verwelkte - hinauf in den freieren, wüsten Raum strebten die unkindlichen, wachsenden Menschen. Die Gotter verschwanden mit ihrem Gefolge - Einsam und leblos stand die Natur. Mit eiserner Kette band sie die düxre Zahl und das strenge MaB. 4 7 Geboren ist Sachverhalt der also in diesern von Novalis beschxiebenen Duaiismus der westlichen Weltvorstellung von Tag und Nacht, worin einfach und pragnant formuliert und die Liebe scheucht."48 Vorzeit 45 46 47 48 die materielle Welt Novalis 4 6 - 4 7 . siehe oben, 4 . Novalis 4 7 . Novalis 4 3 . - wie - "das Licht Daher wird mit philosophischen [...] es Novalis die Nacht das, was in der dem kindlichen Menschen harmonisch verband, nun von dem erwachsenen Menschen bewuBt als Phantasie erkannt, die in der unbewuBt beim Wahrnehmen tatig war: zerfiel in le ben^."^^ dunkle Worte die Subjektivitat einst "Wie in Staub und Lüf te unermegliche Blüte des Durch den Dualismus von Wort und Ding geht die Objektivitat des Urteils verloren, und in das "tiefere Heiligtum, in des Gemüts hohern Raum" zieht "mit ihren Machten die Seele der Weltn[ . . .1 . Sobald die Gotter, die in den Hymnen als Symbol der Urverbindung zwischen Mensch und Welt fungieren, ihre Wirklichkeit verlieren, wird ihre Heimat nicht mehr die Lichtwelt, sondem die Finsternis: den Schleier der Nacht warfen sie über sich. Die Nacht ward der Offenbarungen machtiger SchoB - in ihn kehrten die Gotter zuruck - schlummerten ein, um in neuen herrlichen Gestalten auszugehen über die veranderte Welt [...] Die originelle Unendlichkeit der Erde verwandelt sich durch die Ratio in die des Geistes, das heiBt der "Phantasie",s2 der absolute Gestaltungspotenz imewohnt , die aber insofern "schlummert", als sie von der Lichtwelt bzw. der Wirklichkeit verwirklichen abgelehnt wird und deshalb kam - ein Vorgang, der sich nicht das für die Offenbarung zustaridige Licht voraussetzt. GemaB dem Novalischen Tag-Nacht-Gegensatzverhaltnis, das das Gedicht motivlich strukturiert, darf man die Nacht 49 50 51 52 Novalis Novalis Novalis Novalis 47. 48. 48. 47. - im Vergleich zur Tagewelt der objektiven Wirklichkeit - nur als subjektiven Erfahrungsbereich ansehen; es um "die zentriert sich geht unendlichen Augen, die die Nacht in uns" 0ffnet.~3 Die Sehnsuchtsthematik der Hymnen symbolisch un den Tod der Geliebten in der 3. Hymne, in der sich die Ich-~ezogenheitder Beschreibung des personlichen Erlebnisses deutlich von den anderen H y m n e n absetzt. findet die Überwindung des Todes statt Geliebten, sondern Hier - nicht bloB der - übertragen - der endlichen, materiellen Welt - das heiBt, die Überwindung der Ich-Welt-Spaltung, die das Ich in Isolation treibt. Insofern stellt die Geliebte die Welt schlechthin dar: Einst da ich bittre Traen vergo&, da in Schmerz aufgelost rneine Hoffnung zerrann, und ich einsam stand am dürren Hügel, der in engen, dunkeln Raum die Gestalt meines Lebens barg [ . . . ] Wie ich da nach Hulfe umherschaute, v o m r t s nicht konnte und ruckwarts nicht, und am fliehenden, verloschten Leben mit unendlicher Sehnsucht hing: - da k m aus blauen Fernen - von den Hohen meiner alten Seligkeit ein D&rnerungsschauer - und mit einemmale riB das Band der Geburt - des Lichtes Fessei. Hin floh die irdische Herrlichkeit und meine Trauer mit ihr - zusammen floB die Wehrnut in eine neue, unergrüridliche Welt - du Nachtbegeisterung, Schlummer des Himmels kamst über mich - die Gegend hob sich sacht empor; über der Gegend schwebte mein entbundner, neugeborner Geist. Zur Staubwolke wurde der Hügel - durch die Wolke sah ich die verklarten Züge der Geliebten. In ihren Augen ruhte die Ewigkeit - ich fai3te ihre H a n d e , und die Tranen wurden ein funkelndes, unzerreiBliches Band [ . . . ] Es war der erste, einzige T r a m - und erst seitdem fühl ich ewigen, unwandelbaren Glauben an den Himmel der Nacht und sein Licht, die Geliebte.54 s3 s4 Novalis 42. Novalis 4 3 . Durch bewuBt subjektiv projizierte Wiedergestaltung der wirklichen Welt, der toten Geliebten, wird diese wiederbelebt. Das Liebesverhaltnis zwischen Ich und Welt, das in der Gotterzeit bestand, wird hier vom Subjekt aus wiederhergestellt; das Licht, die Wirklichkeit, ist "die Geliebte", die die "Nachtbegeisterung" verklart. Die personliche Erlosung ist Folge der Wiedervereinigung des Lichts mit der Finsternis. Der Autor erkennt offensichtlich die Subjektivitat dieser Erlosung, aber gleichwohl bedeutet sie ihm die Moglichkeit einer universell-menschlichen Erlosung: - wenn das Licht nicht mehr die Nacht und die Liebe scheucht - wenn der Schlummer ewig und nur Ein unerschopflicher Txaum sein wird.55 Nun weiB ich, wenn der letzte Morgen sein wird Diese Erloçungsutopie, Geschichtsvorstellung die der H sich ~ M von selbst ~ ergibt, R la% aus der sich so de£inieren: Die Erlosung von der d m Ich fremd gewordenen, endlichen Welt verlangt die Flucht des Ich in die Nacht die Negierung der ~irklichkeit, die personlichen Tod versteht. gaz nach Novalis als einen Ihm folgt eine Wiedergeburt - ~ckhart'schen Wortgebrauch. In diesem Sinn betrachtet Novalis die erlosende Rolle des Todes und der Auferstehung Christi: Der Jüngling [Christus] bist du, der seit langer Zeit auf unsern Grabern steht in tiefen Sinnen; Ein trostlich Zeichen in der Dunkelheit 55 Novalis 43-44. Der hohern Menschheit freudiges Beginnen. Was uns gesenkt in t i e f e Traurigkeit Zieht uns mit süBer Sehnsucht nun von h i m e n . Im Tode ward das ewge Leben kund, Du bist der Tod und macht uns erst gesund.56 Damit wird das Licht wiedergeboren von i m e n , das heif3t als subjektive Verwandlung Verwandlung versohnt das der Wirklichkeit . Subjekt wieder Die mit der Wirklichkeit: Getrost, das Leben schreitet Zum ewgen Leben hin; Von innrer Glut geweitet Verklart sich unser Sinn. Die Sternwelt wird zerflieBen Zum goldnen Lebenswein, w i r werden sie genieBen Und lichte Sterne sein. Die Lieb ist frei gegeben, Und keine T r e m u n g mehr. Es wogt das volle Leben Wie ein unendlich Meer. Nur Eine Nacht der W o m e Ein ewiges Gedicht Und unser aller Sonne 1st Gottes Arigesi~ht.5~ Die Sonne oder die Quelle der Offenbarung liegt in der Subjektivitat; jeder Stern" f ü r sich sein sol1 dementsprechend " ein lichter - das Individuum wird verabsolutiert, schlechthin mit Gott identifiziert. Die Sprache, die Novalis in den Hym2.2en an die N a c h t verwendet, ist unverkennbar die eines Mystikers. letztendlich auch in diesem Fall, wie wir vorher 56 57 Novalis 48-49. Novalis 51. Es geht in der Diskussion der gesehen Mystik haben, ein um Anschauungsvemogen, das die individuelle Erfahrung der Welt ermoglicht - nur erscheint hier das subjektive Moment in erhohter Form. muB man Erwagung d e Das hat eine wesentliche Begründung: erstens Geschichtsvorstellung des ziehen . Werkes dieser rnacht die Nach wieder Erkemtnis in das unmittelbase Gotteserlebnis, das sich auf etwas auBerhalb des Subjekts Bestehendes bezieht, unmoglich: "[ . . .1 ins tiefere Heiligtum, in des Gemüts hohern Raum zog mit ihren Machten die Seele der Welt. " % Konfrontation von I c h und Welt . bewirkt Das die Wahrend also die absolute Lebenspotenz, die ~insternis, bei den Mystikern auBerhalb der Subjektivitat gesehen wird, liegt sie bei Novalis in der - "dieser Welt entfliehendW59 - Subjektivitat selbst, die den Zugang zur ~nendlichkeitpotentiel1 in sich selber hat. Diese Vorstellung Ich vom hagt wesentlich mit der Reaktion gegen den cartesianischen Geist-Materie-~ualismus zusammen, den Novalis in der Entwicklung der Ratio darstellt . den cartesianischen Dunkel-Symbolik, Ausdruck Duaîismus indem verleiht: Da& s ie als Folge der Mit dem Widerspruch gegen vertieft einem Licht Hymne 5. sich modernen und die Licht- Daseinsproblern Finsternis überhaupt voneinander unterschieden werden, ist fur Novalis Resultat der menschlichen Urteilsanlage, deren Entstehen die Genesis 58 59 Novalis 4 8 Novalis 50. beschreibt und zum Grund der Austreibung der Menschen aus dan Paradies macht; das Essen vorn Erkenntnisbaum führt zur Ich-Welt- und Tag-Nacht-Unterscheidunçi. Von d a Augenblick an, in dem die Ratio die Kluft zwischen Licht und ~insternis offnet, steht auch nur der Ratio die Moglichkeit offen, sie durch Selbsterkenntnis zu überbrücken. Die Nacht, die jedem Menschen zugarigliche Durikelseite, rnuB entratselt werden, um den Zusmenhang zwischen ihm und der Welt zu verstehen oder wiederherzustellen. Es ist oft richtig behauptet worden, d a B es bei Büchners Lenz nicht bloB um eine psychologische Krankheitsgeschichte geht, sondern auch um eine wichtige poetische Leistung, die in der Forschung als solche behandelt werden x n ~ I 3 . ~ Der ~ dichterischen Einheit des Werkes haben sich demzufolge viele Interpreten auf jeweils unterschiedliche Weise anzunahern versucht, mit der Folge ganz unterschiedlicher Ergebnisse. Hermann Pongs liefext zum Beispiel eine Gesamtinterpretation, die die Geisteszerrüttung von Lenz aus dem Leiden des Individuums an der kosmischen Polaritat von Licht und Finsternis bzw. dem Ringen miteinander von "hellen und dunklen Machten des Daseins"61 abableitet. die psychologische Spannung der Damit findet Lenz-Figur zwischen "Triebnatur und Geistnatur" 6 2 kosmische Widerspiegelung und 60 zum Beispiel Ludwig Büttner: "Die Erzaehlung Lenz ist weit mehr als ein Krankheitsprotokoll oder 'eine klinische Sie ist ein Studiet, wie Robert Muhler annimmt. dichterisches Meisterwerk, das uns im Innersten aufrührt und die geistige Krise eines jungen intelligenten, zerrissenen und empfindlichen Menschen darstellt." Büchners Bild vom Menschen (Nürnberg: Verlag Hans Carl, 1967) 4 3 61 H e r m a n n Pongs " Büchners Lenz," Georg Büchner ( D a m stadt : Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 1965) 138. 62 Pongs, "Biichners Lenzn 1 4 2 . folglich eine rnetaphysische Dimension- Damit hat Pongs einen entscheidenden Ansatzpunkt zur Interpretation von Lenz entdeckt, indem er auf die Rolle der Hell-Dunkel-~olari tat im Lenz-Fragment hinweist. Leider aber ist seine Auffassung dieser Motivik allzu forrnelhaft und oberflachlich, um deren strukturelle Rolle bei Darstellung der sich der Vermittlung einer bildlichen letztendlich als Geisteszerruttung manifestierenden Ich-Welt-Problematik zu erfassen. Eine tiefere Untersuchung der Natur von Licht und Finsternis wird zeigen, daB s i e in Lenz auBerst vielschichtig und durchaus nicht statisch Verhal tnis Fragments ist, vielmehr zeigt, das als sich als ein wandelndes Hauptgliederungsmoment den psychologischen Verfall des des Protagonisten nicht nur dichterisch konkretisiert, sondern metaphysisch und erkenntistheoretisch interpretatorische deutbar Anriahenmg ist macht. Eine notwendig, solche um die kulturhistorische Signifikanz der Büchnerschen Darstellung des Falles Lenz' aufhellen zu konnen. Die folgende Untersuchung wird zeigen, daB sich der im Dorf abspielende Haupttext des Lenz-Fragments in drei Teile strukturiert, die sich alle voneineinder durch Selbstprojektionen Lenz ' in verschiedenen Stufen seines von der Lichtsymbolik bildlich absetzen. implizierten Weltverhaltnisses Diese Selbstprojektionen sind: 1) das Kind, das am Tiscn i m Pfarrhaus s i t z t ; 2) das kranke Maedchen i n der Hütte; und 3) das tote Kind, das Lenz zu erwecken versucht. Es ist offensichtlich, dass mit der Licht-Dunkel-Motivik ein ~indesmotiv verknuepft wird.63 Die Assoziation dieser beiden Motivsphaeren erhellt ihren jeweiligen symbolischen Darüber hinaus fungiert d i e Exposi tionsszene des GehaI t , Werkes - das heiBt, die Szene i r n Gebirge vor der Ankunft in Waldbach - Figur. In dieser Szene entfaltet sich auch erstrnals die a l s Einführung in d i e Gesamtproblematik der Lenz- ~icht-~unkel-Symbolik. D i e gxpositionsszeae Gleich B e g i ~ der zu Geschichte wird ein Mensch vorgestellt, dessen Verhaltnis zur W e l t prekar k t ; Lenz ist ein Gebirgswanderer - ein Mensch also, der keine f e s t e in Verankerung der Welt geniesst, Alltagsweit entfernt und isoliert k t . und der von der Der G r u n d dafür offenbart sich durch die Natursymbolik der Szene: "Anfangs d r a g t e es ihm in der Brust, wenn das Gestein so wegsprang, der graue Wald sich unter ihm schüttelte, und der Nebel die Formen bald verschlang, bald d i e gewaltigen Glieder halb enthüllte [ .. Lichtsymbolik ] n64 des Hier Werkes wird schon das erste sichtbar: Moment der Licht als In den H y m n e n an die Nacht von Novalis geht, wie wir gesehen haben, der Kindheitszustand der ~enschheitder durch Erkenntnis verursachten Tag-Nacht-Spaltung voran. 64 Georg Buechner, Gesammel te Werke (Augsburg: Wilhelm Goldmann Verlag, 1978) 101. 63 Erkenntnis. Der Nebel droht stadig, die konkrete Welt, die Lenz umfasst, ins Nichts aufzulosen, und damit den Wanderer au£ seine Isolation hinzuweisen. Alle Bestimmtheit einer messbaren und insofern dem Menschen leicht beherrschbaren Gegenstandswelt ist aufgehoben. Und weiter: es "[,..] dragte in ihm, er suchte nach etwas, wie nach verlorenen Traumen, aber er fand nichts . " 65 Verlust der Es ist insgesamt der Selbstverst~dlichkeit des einst erlebten Verhaltnisses zur objektiven Welt, deren Verkorperung die von Lenz innerlich und auBerlich weit entfernte Alltagswelt ist - der Zustand, zu dem die ehemaligen Kinder verlorenen Paradieses einmal verdammt wurden. des Daraus ist es konçequent zu schliegen, da& Buechner durch die Lenz-Figur eine Darstellung der an Geschichtsentfaltung stehenden, vermittelt, wenn hinter man der allem Schwelle gesamten ihrer Menschheit menschlichen Handeln letztendlich den Trieb nach Erkenntnis bzw. Gott zu sehen vermag . Der erkenntnissuchende Wanderer hort ab und zu mit dem Wandern auf, wenn er glaubt, endlich die Welt zu erfassen: Nur m a n c h m a l , wenn der Sturm das Gewolk in die Taler warf, [ . . . ] und die Wolken wie wilde, wiehernde Rose heraussprengten, und der Sonnenschein dazwischen Schwert an den durchging und sein blitzendes Schneeflachen zog, so dal ein helles, blendendes Licht über die Gipfei in die Taler schnitt [ . . .] rif3 es ihm 65 Büchner 101. in der Brust, er stand, keuchend, den L e i b vorwarts gebogen, Augen und Mund weit offen, er meinte, er musse den Sturm in sich ziehen, A i l e s in sich fassen, er dehnte, sich aus und iag über die Erde, er wühlte sich in das Al1 hinein [ . . . 1 .6 6 Aber das "belle, blendende Lichtn der Erkemtnis erweist sich ihm sofort wieder als ein irreales "Schattenspiel",und er wandert weiter: "Aber es waren nur Augeriblicke, und dann erhob er sich nüchtern, £est, ruhig, als ware ein Schattenspiel vor ihm vorübergezogen, er wugte von nichts rnehrnG7 - das mystische unio-~rlebnis ist bloB ein auf nichts auf3erhalb des Subjekts verweisender T r a m . Der nachste logische Schritt wird dann unerbittlich gemacht: bei Eintritt der Nacht verselbststdndigt sich das Fehlen von Licht - und zwar nicht nur in der Natur selbst als bloBe Finsternis, in der sich die konkrete Welt vollig auflost ( "Himmel und Erde verschmolzen in Eins . " 6 8 ] , sondern auch im eigenen BewuBtsein von Lenz als die noch konkretere Bedrohung des Wahnsinns: "Es faste ihn eine namenlose Angst in diesem Nichts, er war im Leeren ihm was Entsetzliches nach Rossen hinter ihn. " 6 9 [. .. ] [ . . .] Es war als ginge als jage der Wahnsinn auf W i r wollen mit Aristoteles in dies- Kontext die Finsternis aïs die bose, menschenfeindliche "Beraubung des Lichts' bezeichnen, die das Subjekt in die 66 67 6a 69 Büchner Büchner Büchner Büchner 101-102. 102. 102. 102. Leere der Isolation von der WeIt Menschen nicht ertragen komen [. .. ] - wirft "etwas, das ES ware an dieser ."'O S t e l l e nicht voreilig das zweite wesentliche, dem ersten eng verwandte Moment der Lichtsymbolik - nalich L i c h t als Sein - vorzustellen, denn es ist eben mittels der paradoxen Vexselbstst&ndigung einer Nullitat, das heiBt des Nichts als ~ahnsinn, dass die existentielle Angst Lenz', die seinen Erke~tnisverlustbeim Schwinden des Lichts beiwohnt, in den Vordergrund tritt. Denn verlorenen Verhaltnisses die Angst nicht nur ist zum Produkt seines Erkenntnisgrund, sondern wichtiger zum Seinsgrund, der das erkemende Ich und die erkannte Welt umfaBt, Hier wird letzten Endes nicht nur das endgültige ~rgebnis der Geschichte von Lenz, sondern damit die wesentliche moderne Problematik von Erkenntnis und Sein antizipiert. D u s erhellte Kindergesicht Die Expositionsszene ist insofern von grogem Belang, ais sie die Problematik der Lenz-Figur anhand der Lichtsymbolik in ihrem ganzen Umf ang au£reif3t. Angedeutet wird dadurch, wie schon gesagt, der weitere Verlauf der Geschichte, der sehr simpflifiziert ausgedrückt - der Versuch und letztendlich das Scheitern von Lenz k t , eine unmittelbare - -- -- - . 70 Büchner 102. Umahe zur Welt wiederherzustellen - zugleich das Scheitern des Regressionsversuchs, zum unreflektierten Geisteszustand Bei der nachtlichen Ankunft von Lenz zeichnet sich das Dorf Waldbach so aus, daB durch dessen Hauser Licht ausstrahlt, was auf Lenz wohltuend einwirkt: Er ging durch das Dorf, die Lichter schienen durch die Fenster, er sah hinein im Vorbeigehen, Kinder am Tische, alte Weiber, Madchen, Alles rubige, stille Gesichter, es w a r ihm, als müsse das Licht von ihnen ausstrahlen, es ward ihm leicht [ . . .] .1' Den einfachen Dorfieuten ist das Licht wesensverwandt; sie sind noch naturnah, ungespalten, l i c h t h a f t . Ihre wesensbedingte Ferne zum gespaltenen Lenz findet dadurch Ausdruck, daB dieser, noch der Wanderer , die Iichthaften Leute durch deren Fenster betrachtet. Er ist drauBen, aus der Idylle ausgeschlossen, auf die Betrachter-Haltung des reflektierenden Menschen angewiesen. Als Lenz aber das Haus des Pfarrers Oberlin endlich erreicht, fühlt er sich nicht sofort "leicht", denn er mus sich den um den Tisch sitzenden Leuten vorstellen. fragt ihn, ob " ( . . . ] er nicht gedruckt [ . . .] " 7 2 Oberlin sei, und Lenz ist sofort begierig, sich von seiner Vergangenheit zu distanzieren: "Ja, aber belieben Sie, mich nicht darnach zu 71 7* Büchner 102 . Büchner 102. beurteilen. " 7 3 Dann begimt er, sich durch Unterhaltung in den Kreis der Dorfleute zu integrieren, wodurch er ruhig wird. So betrachtet er die Leute in dieser Szene: [ . . . 1 nach und nach wurde' er ruhiger , daç heimliche Zimmer und die stillen Gesichter, die aus d m Schatten hervortraten, das helle Kindergesicht, auf dem alles Licht zu ruhen schien und das neugierig, vertraulich aufschaute, bis zur Mutter, die hinten im Schatten engelgleich stille sas [ . . . ] es war i h als traten alte Gestalten, vergessene Gesichter wieder aus dem Dunkeln. alte Lieder wachten auf, er war weg, weit weg .7 4 Das beleuchtete Kind ist eine Projektion des eigenen Ich von Lenz in seinen Kindheitszustand, in den er noch ein Vertrauensverhaltnis zur Mutter bzw. zur Welt batte. Er fühlt sich wieder "zu Hausw7s - aber nicht im nomalen Sinn von allgemeinem Sich-wohl-Fühlen, sondern eben weil die Situation des "heimlichen Zimmers" Lenz regressiv in die Sphare - ferner durch die alten Lieder und vergessenen Gesichter evoziert - Lichtsymbolik des Werkes der Kindesvergangenheit rückt. wird hier durch Die ihre weitere Verknüpfung mit den Dorfleuten und noch entscheidender, mit d m Kind noch differenzierter: das Licht ist Symbol der E r k e m t n i s und d e s Seins. wie sie noch in unproblematischer Versohnung miteinander prasent sind im ungespaltenen Wesen 73 74 75 Büchner 103. Biichner 103 . Büchner 103 . Das Licht signalisiert bei Lenz das Verlangen, des Kindes. das bedrückende, isolierende SelbstbewuBtsein loszuwerden, um die kindliche, paradiesische Nahe der Menschheit zur Natur wiederherzustellen . Insofern gründet die christliche Religiositaet 2er Lenz-Figur ausschliei3lich au£ den Worten Jesu: "Lasset die Kindlein, und wehret ihnen nicht, zu mir zu kommen; dem solcher ist das Hi1~nelreich,"~5 Weil das Kind eine Selbstprojektion von Lenz ist und dieser noch die Betrachterdistanz bewahren muB, k a m er sich mit der ~rojektionnicht konkret identifizieren. Er kann also das heimliche Gefühl ins ihm zugewiesenen Schlafzimmer nicht rnitbringen; er ist erneut isoliert, de= das Erlebnis des Zimmers irn Pfarrhaus, "mit seinen Lichtern und lieben Gesichtern [ ..- 1 , w77 wird zu "Schatten" und "Tram" .'8 Sogleich behauptet sich wieder die existentielle Gefahr der Finsternis: " [ . verschlang ..] das Licht war erloschen, die Finsternis Alles; eine unnennbare Angst erfaBte ihn Es gelingt Lenz aber allrnahlich, sich ins Dorfleben zu integrieren, indem er Marrer Oberlin standig begleitet und dabei an den Geschaften des Dorfes teilnimmt. hin 76 77 78 79 zu einer Episode, in der sich Mattaeus 19 :1 4 . Luther ' sche Übersetzung . Büchner 103. Büchner 103. Büchner 103. Dies leitet die fruhere Selbstprojektion zur eigentlichen ~elbstidentifikation entwickelt: Eines Morgens ging er hinaus, die Nacht war Schnee gefallen, im Ta1 lag heller Sonnenschein [ . - . ] Er kam bald vom Weg ab und eine sanfte Hohe hinauf, keine Spur von FuBtritten mehr, neben einem Tannenwalde hin, die Sonne schnitt mistalle, der Schnee war leicht und f lockig, [ . . - ] Alles so still, [ . , , ] es wurde ihm heimlich nach und nach, [. ..] ein heimliches Weihnachtsgefühl beschlich ihri, er meinte manchmal, seine Muttex müBe hinter einem Baume hervortreten, grog, und ihm sagen, sie hatte ihm dies Alles beschert; wie er hinunterging, sah er, daB um seinen Schatten sich ein Regenbogen von Strahlen legte, als hatte ihn was an der Stirn berührt, das Wesen sprach ihn an.80 Das in der vorangehenden Szene erschienene symbolische Schema von Licht-Kind- utt ter kommt hier erneut vor. Die Mutter tritt als Vertreterin der Welt hervor, und diese prasentiert sie Lenz als ein ihm Geschenktes. Deshalb fühlt er sich in der natürlichen Umgebung "heimlich"; er ist mit ihr in der Vereinigung eines Mutter-Kind- Vertrauensverhaltnisses. Endlich weist die ~ichtsymbolikder Szene au£ das metaphysiche Moment der Ich-Welt-Vereinigung als eiries mystisch-ekstatischen Sonnenstrahlen bilden unio-Erlebnisses: sich zun Regenbogen Symbol der Versohnung der Menschheit mit Gott. eo Büchner 105-6. - Die das uralte Diese Szene leitet den Teil der Erzahlung ein, in d m sich Lenz unter den Dorfleuten geheilt bzw. mit der Welt versohnt sieht. Die Erzahlung spielt sich weiter ab, indem er sich eine Beschaftigung such und damit eine kurstfristige raison d'etre findet. folgenden Sonntag dieser ihm gern glücklich, wobei Er anstelle gestattet. die beschliegt, die Predigt des Oberlins Er ist Finsternis übernehmen, w a s zu in dieser seiner Periode Existenz, die "Seine Nachte wurden existentielle Angst aufgehoben wird: rUhig."81 Die Predigt führt Lenz wiederum in e i n e mystische Berührung m i t Gott und dem Univers- ("Jetzt ein anderes sich Sein, gottliche, zuckende Lippen bückten nieder und sogen sich an seine Lippen . [. .] ."82) über ihm Aber die Geschichte kann nicht mit einer solchen Harmonie enden; es muB die bedrohende Finsternis zu ihrer Expositionsszene versprochenen Geltung kommen Tat, schlagt der Zustand Geschichte vollig um. Büchner 10 6. e2 Büchner 115. Lenz' im in der - und, in der nachsten Teil der Das kranke Madchea Kaufmann kommt und Faden der führt der über das Kunstgesprach mit Geschichte gerichteten Ermahnung K a u f m a m s , bis " [ . . .] zu der diesem an Lenz er s o l l e sich ein Ziel stecken."83 Lenz reagiert heftig dagegen: Hier weg, weg! nach mich doch in Ruhe! mir ein wenig wohl nicht, mit den zwei Haus? T o l l werden dort? [ . . . ] LaBt ein bischen Ruhe jetzt, wo es wird. Hier weg? Ich verstehe das Worten ist die Welt verhunzt.84 Nur Lenz sieht in den Worten Kaufmanns die Gefahrdung seiner noch labilen Hei~sverfassung durch die Ansprüche der von Kaufmann vertretenen, feindlichen AuBenwelt. Damit deutet sich an, was in der Hütte-Szene vollbracht wird. Unmittelbar nach diesem unglucklichen Geprach geht Oberlin in der Begleitung Kaufmanris auf eine Reise in die Schweiz. Weil es Lenz "~nheirnlich"~~ i s t , chne Oberlin im Haus zu bleiben, beschlief3t er, die anderen bis ins Gebirg zu begleiten. Auf dem Ruckweg nach Waldbach gerat der jetzt allein reitende Lenz in einen traumhaften Geisteszustand. wird Es AuBenwelt "[. 83 84 .. ] alsdann finster, wobei die Bestimmtheiten der - wie in der Expositionsszene - aufgehoben werden: es verschmolz Büchner 111. Buchner 111. Buchner I l S . ihm Alles in eine Linie, wie eine steigende und sinkende Welle, es war ihm als lage er an einem unendlichen Meer, das leise au£ und ab wogte. Das darauf Folgende bildet die vollige Umkehr der initialen Erlosungsszene, in der Lenz nach seiner Ankunft in Waldbach dem Dunklen, das ihm jetzt wieder droht, entzogen wird. Er kommt zu einer Hütte, in der ein krankes Madchen liegt und eine alte Frau "mit schnarrender Stimme aus einem singt. Gesangbuchn Die Dichte der Hell-Dunkel-Motivik dieser Szene ist eindringlich: Die mechanisch schnarrende ist Frau im Dunkeln; de= fehlt ihr die aus einer unmittelbaren Nahe zur Natur hervorgehende Lebendigkeit der Religiositat, die Lenz vorher als dem einfachen Volk zueigen gesehen hat : . . .] dieser Glaube, dieser ewige Himmel im Leben: j e t z t erst ging ihm die heilige Schrift auf. Wie den Leuten die Natur so nah trat, alles in himmlischen Mysterien; aber nicht gewaltsam majestatisch, sondern noch vertraut.e8 [ Als Mutter des Madchens führt die alte Frau die symbolische Mutter-Natur-Assoziation weiter: Jetzt entlarvt sich die AuBenwelt als nichtig, ja als der Tod selbst. Licht der Lampe dagegen fallt ausschliel3lich auf Das das "bleiche ~ e s i c h t " 8 9 des Madchens , dessen physische Krankheit O6 87 Büchner 112. Büchner 112. se Biichner 89 105. Büchner 112. au£ die wachsende imere Krankheit von Lenz verweist und nunmehr der Selbstprojektion von Lenz im verschlimmerten Geisteszustand dient. içt Das Kind- utt ter-~ertrauensverhaltnis hier offensichtlich gefahrdet; es scheint, als ob d i e Mutter, bald ihr Lied schnarrend, bald mit den Nachbarn plaudernd - wenig Interesse an ihrem kranken Kind h a t . AuBerdem kann hier vom Topos "Licht in der Finsternisa im Zusammenhang mit der Dorfexistenz kaum die Rede sein, denn wie kann das Licht weiterfungieren, als Seinssymbol die Wesensverwandtheit und -verbindung zwischen Mensch und Welt bzw. Subjekt und Objekt darzustellen, wenn das Madchen krank ist? Weiter entwickelt sich also die Lichtsymbolik der Szene: Durch das leise Singen des Madchens und die Stimme der Alten zugleich tonte das Sausen des Windes bald naher, bald ferner, und der bald helle, bald verhüllte Mond warf sein wechselndes Licht traumartig in die Stube [...] Lenz sah auf, -d der Mond warf sein stilles Licht auf ihre [des Madchens] Züge, von denen ein unheimlicher Glanz zu strahlen schien; zugleich schnarrte die Alte und über diesem Wechseln und Sinken des Lichts, den Tonen und Stimmen schlief endlich Lenz tief ein.90 Lenzens Zuflucht in die Sphkire der einfachen Dorfleute bietet keine Erlosung mehr vom gespaltenen Selbst, denn die au£ Irrealitat hinweisende Unbestimmtheit der ins Vage der Lichtschwankung suspendierten Augenwelt bricht mit diesem Büchner 113. Das v o m Mond "wechselnden Licht" in die Hütte hinein. erhellte Angesicht des Madchens ist ihm in (iiesern Moment gariz im Gegensatz zu dem des am Tisch sitzenden Kindes - Das unheimlich. Weltverhaltnisses heimliche erweist sich des Licht also als gesunden Fiktion, die sogemante objektive, auger dem Subjekt bestehende R e a l i tat als irrealer T r a m . Lenz gerat nach diesem Erlebnis in einen allgemeinen Zustand der ~erzweifelung:"Die Welt war ihm helle gewesen, und er spürte in sich ein Regen und W i r n m e l n nach einem Abgrund, Nachdem zu d m ihn eine unerbittliche Gewalt hinriB."91 die Ausenwelt, mit der Lenz eine Verbindung wiederherzustellen sich sehnte, sich als bedeutungslos und nichtig entlarvt, rnuf3 die existentielle Angst wieder in sein BewuBtsein als konkrete Lebensbedrohung ziehen, die das Licht beraubt, denn hier, wie bei Eintritt der Nacht in der Expositionsszene, existiert nichts mehr auBer dem einzelnen Geist und der Finsternis, das heiBt der absoluten Negation seiner Erke~tnismoglichkeit. vollzieht sich diese Bedrohung. 91 Büchner 114. In der nachsten Szene Das t o t e Kind Die eng mit dem Kindesmotiv verbundene Lichtsymbolik von Lenz - und damit die Geschichte selbst - erreicht mit der Szene, in der Lenz ein totes Kind zu erwecken versucht, die Es handelt s i c h hier um endgültige Phase. Selbstprojektion von Wiederbelebung der Lenz; die Bitte Kindesleiche lauft an eine dritte Gott parallel urn die mit dern stadigen verzweifelten Versuch von Lenz, die innere Leere das Gefiihl des Erstorbenseins - die seiner Existenz b z w . Folge der in der letzten Szene stattfindenden Entdeckung der Sinnlosigkeit der Welt sich zu wecken gerichtet, den Ekstase als . [. .] - zu entkommen, " [ . . .] eine Glut in ."92 Lenz vorher letztendlichen Universum wahrnahm. nicht mehr, de= Es ist eine in Momenten Bitte der mystischen zwischen Sinnbezug an Gott Ich und Bei den Dorfleuten gibt es diesen Gott sie haben jetzt überhaupt kein Interesse mehr an dem Kind. Mit dem Tod des Kindes hort also das Vertrauensverhaltnis zwischen Subjekt (Kind/Ich) und Objekt (Dorfieute/Welt) vollig auf, und die Leute gehen blof3 "gleichgiltig ihrem Geschaefte nach"93, als ob das Kind nie gelebt hatte. Das Kind - wie Lenz verstoien, von Gott selbst abgewiesen. 92 93 Büchner 115. Büchner 115. - ist aus der Welt Der schonen Leiche bleibt deshalb nur der Verfall; sie ist blosse Materie, ohne ein hoheres, sinn- und lebenschenkendes Prinzip: Lenz schauderte, wie er die kalten Glieder berührte und die halbgeoffneten glasernen Augen sah- Das Kind k m ihm so verlassen vor, und er sich so allein und einsam; er warf sich über die Leiche nieder; der Tod erschreckte ihn, ein heftiger Schmerz faBte ihn an, diese Züge, dieses stille Gesicht sollten verwesen, er warf sich nieder, er betete mit allem Jammer der Verzweiflung, daB Gott ein Zeichen an ihm tue, und das Kind beleben moge [ . . . ] D a m erhob er sich und sprach laut und fest: 'Stehe auf und.wandle!' Aber die W a d e hallten ihm nüchtern den Ton nach, dal3 es zu spotten schien, und die Leiche blieb kalt.94 Die in der Expositionsszene antizipierte Bedrohung der b6sen Finsternis realisiert sich jetzt: Lenz wird sofort vorn Wahnsinn gepackt und wird von ihm ins Gebirge "gejagtN95. Damit wird die Welt selbst von Lenz als gottverlassene Leiche erlebt, wie es die Lichtsymbolik génz entscheidend zeigt : So k m er auf s i e Hohe des Gebirges, und das ungewisse Licht dehnte sich hinuriter, wo die weiBen Steinmassen lagen, und der Hirnmel war ein dummes blaues Auge, und der Mond stand ganz lacherlich drin, einfaltig. Lenz muBte laut lachen, und mit dem Lachen griff der Atheismus in ihn und faf5te ihn gariz sicher und ruhig und fest. Er wuf3te nicht mehr, w a s ihn vorhin so bewegt hatte, [ . . . ] er ging kalt und unerschütterlich durch das unheimliche Dunkel - es war i h r n Alles leer und hohl [ . . . ] . 9 6 94 95 96 Büchner 115-16. Büchner 116. Buchner 116. Das, was vorher S m 0 1 des Seins- und Erkenntnisgrundes der Dinge war, enthüllt sich hier bloB als der Schein vom toten, dummen Auge; insofern, als das Licht in den Kontext einer simlosen Welt gestellt wird, besteht sein Wesen jetzt darin, daB es bloB dem offenbart oder vermittelt. Subjekt diese feindliche Welt Endlich wird das Licht also, wie vorausgesagt, seines eigentlichen Wesens als Erkenntnis- und Seinsgrund beraubt. Dass Lenzens Seele mit dem ~ i n dstirbt, zeigt sich irn Rest der Geschichte durch die vollkommene Gleichgültigkeit, Ex bemüht sich mit der er sich und die Welt betrachtet. nicht weiter, eliminieren, die um Spaltung zum zwischen Ich und Welt zu kindlich-ungespaltenen Zustand zu gelangen, sondern gibt der Spa1tung nach, j a vergroBert sie bewuBt ; er bek&npft "wahnwitzigsten Possen Langeweile, indem er a~szusinnen"9~sucht, also die seine Vergangenheit als Wahrheitssucher vergif3t und stattdessen nihilistisch die welt als Spielball seines willkürlichen Geistes betrachtet: "Es war, [ . . .] als komte ex die Welt mit den Zahnen zermalmen und sie dem Schopfer ins Gesicht speien. "98 Die innere Leere Lenz' steigert sich ganz konsequent bis zurn Selbstentleibungsversuch. Das Scheitern 97 g8 Büchner 121. Büchner 116. der Absicht, in Waldbach ein gesundes Verhaltnis zur Welt wiederherzustellen, ist jetzt vollig realisiert : Er mul3 wegen des Selbstmordversuchs auf Befehl Oberlins Waldbach Lenz ' personliche Idylle des gottgesegneten Kindesreiches verlassen. - Im Wagen sieht er, als er zurück nach Waldbach schaut, wie '' [ . . .] die Gegenst-de sich in der ~insternis [...Iw99verlieren. Die Finsternis verschlingt die Idylle. Wie schon gesagt, bietet die von Buchner dargestellte geistige ~erfallsgeschichte von Lenz kulturhistorische - Einsicht in die Entwicklung des modernen Bewatseins zugleich in die mit Erkenntnisproblematik. vermittelt Büchner Lichtsymbolik; wenn ihm Den mittels verbundene Seins- kulturhistorischen seiner und und Rahmen Verwendung der man das Licht in Lenz als Symbol einerseits des Seins und andererseits der Erkenntnis sieht, erkennt man als das endgiiltige Ergebnis der Geschichte den Untergang der europaischen Lichtmetaphorik. Ausdruck der misensituation der Dieser ist europaischen Geistesgeschichte, in der der traditionell mit d e m Licht identifizierte absolute Seins- und ~rkemtnisgrundschwindet bzw. d m Subjekt unzuganglich wird. g9 Büchner 123 . Das macht Büchner allein schon mit seinem Lenz-Fragment - also ohne Rücksicht au£ seine anderen Werke und direkte Aussagen, die sonst zu derselben Deutung zumindest Nihilismus, führen Verkünder der konnten des in der Tat - zum spater die Wegbereiter sich spatere Geschichte des Abendlandes bes timmen wird, oder verbreitenden Entfaltung der In seiner Diskussion der Lichtsymbolik der deutschen Romantik zitiert August Langen eine wichtige Stelle aus J. H. Mercks Aufsatz "Über die Landschafts-Mahlereyff: Der echte Maler, so sagt Merck, muB 'in ewigen Traumen von Hell-dunkel' leben: alle 'Gespenstererscheinungen von Streiflichtern und Schlagschatten anstaunen' oder die D W e r u r i g beobachten, 'die so alles, was von L i c h t und Schatten zerstreuet war, in einen Buridel bindet , ' IOo In den vorausgegangenen Kapiteln haben wir mit dem Urzustand des europaischen Geistes angefangen, in dem der T r a m von Hell-Dunkel als vom Zusammenspiel existentieller Grundmachte das Grunderlebnis der Welt - "in ein Bündel" gebunden und perzipiert - ausrnachte. Das Merck-Zitat signalisiert den Endpunkt der geschichtlichen Verwandlung dieses Hell-Dunkel-Trames, die dahin gelangt, daB dieser von der Menschheit als T r a m erkannt wird; das Traumen von Hell-Dunkel wird nunmehr dem Künstler vorgeschrieben, es wird ein bewuBt durchgeführter Geistesvorgang, der sich insoweit von der objektiven Welt unterscheidet. Das ist die - -- - - - IO0 August Langen, "Zur Lichtsymbolik der deutçchen Romantik" Marchen, Mythos, Dichtung: Festschrift zum 90. Geburtstag Friedrich von der Leyens (München: Verlag C.H. Beck, 1963) 457. logische Entwicklung zur Moderne, auf eine e i n f ache Formel gebracht . Grundvoraussetzung einer Untersuchung wie diese, die die Manifestationen des europaischen Geistes - in vom Standpunkt der Hell-Dunkel-Bildlichkeit - diesem Fail geschichtlich zu erfassen sucht, ist die Moglichkeit, sie uberhaupt unter eine Formel zu bringen. Man kann zwar kaum in Zweifel ziehen, daB Licht und Finsternis fundamentale Symbole sind, die als solche jeweils einen unendlichen Gehalt umfassen. Aber die EinbuBen an Mannigfaltigkeit, an der diese Untersuchung allerdings leiden mub, darf auf keine Anmassung einer allzu beschrakten Perspektive hindeuten: ein Symbol, ais Archetypus im Jung3schen Sinn ist an sich oder potentiel1 unendlich, aber die Art und Weise, wie es sich in der Sprache eines bestimten bestimmten Kulturraums verwirklicht, ist und jedoch Individuums und ferner eines zu einer endlich, Interpretation vollkommen geeignet. bestimmten und daher Zeit zur BüchEer, Georg. Gesammelte Werke. Augsburg: Wilhelm Goldmann Verlag, 1978. Eckhart, Meister. Predigten und Traktate- Krsg- und übzt. von Friedrich Schulze-Maizier, Leipzig: Insel-Verlag, Fromm, Erich. You shall be as Gods. New York: Holt, Rinehart and Winston, 1969. Goethe, Johann Wolfgang. Goethes Werke (Hamburger Ausgabe) . 14 B a d e . Hrsg. von Werner Weber und Hans Joachim Schrimpf. Hamburg: Christian Wegner Verlag, 1963. von Hardenberg, Friedrich, Freiherr (Novalis). Novalis Werke. Hrsg. von Gerhard Schulz. 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