Design kann gar nicht genug gefördert werden

Werbung
BZGA V1
Seite 24
Schwarz
24
www.espace.ch / ZEITUNG IM ESPACE MITTELLAND / MITTWOCH, 7. MAI 2003
KULTUR
BIEL SOLOTHURN
Ein mutig
gemischtes
Programm
Der Spielplan für die
kommende Saison des
Theaters Biel Solothurn
enthält einen mutigen
Mix von PublikumsHits und wenig Gespieltem. Es gibt zehn Schauspiel- und fünf Opernpremieren.
Gotthold Ephraim Lessings
Lustspiel-Klassiker «Minna von
Barnhelm», inszeniert von Direktor Hans J. Ammann selber,
eröffnet die Schauspielsaison.
Mit Friedrich Dürrenmatts «Totentanz»- Bearbeitung «Play
Strindberg» und Albert Camus'
«Die Gerechten» stehen zwei
moderne Klassiker auf dem Plan.
Die Bezeichnung gilt auch für
die Bühnenfassung von Woody
Allens Filmkomödie «Spiel's
nochmal, Sam» (1972). Mit dem
Vielschreiber Alan Ayckbourne
steht ein weiterer bekannter
Komödienautor auf dem Programm, allerdings mit dem noch
wenig bekannten Lustspiel «Ab
jetzt» über ein Roboter-Kindermädchen.
Ebenfalls eher eine Rarität ist
«Die Überquerung des Niagara»
(1967) des in den USA ausgebildeten peruanischen Dramatikers
Alonso Alegria.
Ein Drittel für Kinder
Das Theater Biel Solothurn tut
wieder einiges für den Nachwuchs. Die einzige Uraufführung der Spielzeit gilt dem
Waschsalon-Stück
«Fluchtpunkt» der jungen Schweizer
«Masterclass 6»-Autorin Renata
Burckhardt.
Für Jugendliche gibt es Kai
Hensels Erfolgsstück «Klamms
Krieg», den Verteidigungsmonolog eines Lehrers gegen den Vorwurf, einen Schüler-Selbstmord
verschuldet zu haben. Die vielgelobte «Tristan und Isolde»Fassung des Karikaturisten und
Satirikers Friedrich Karl Waechter führt Jugendliche in den mittelalterlichen Wagner-Stoff ein.
Den ganz Kleinen wird das
Weihnachtsmärchen «Brüderchen und Schwesterchen» der
Gebrüder Grimm, inszeniert von
der bekannten Walliser Schauspielerin Annelore Sarbach, erzählt.
Renner und Risiko
Emmerich Kalmans «Die Csardasfürstin» und Gioachino
Rossinis «La Cenerentola» sind
die Publikums-Hits der Saison,
während Giuseppe Verdis «Giovanna d'Arco» nach Schillers
«Johanna von Orléans» und Mozarts fragmentarische Türkenoper «Zaide» nur selten gespielt
werden.
Ein Wagnis dürfte gerade die
lyrische Tragödie «Didon» des
Mozart-Zeitgenossen Niccolo
Piccinni sein, die bisher in der
Schweiz noch gar nie aufgeführt
wurde.
sda
DESIGN PREIS SCHWEIZ 2003
GESEHEN
«Design kann gar nicht
genug gefördert werden»
Fremde
Bildwelten
◆
Gutes Design gesehen?
Sofort melden! Jedermann ist aufgefordert,
noch bis 31. Mai nach
potentiellen Gewinnern
des Design Preises zu
fahnden. WettbewerbsKuratorin Heidi Wegener gibt Auskunft.
◆
Interview:
Margarete von Lupin
Heidi Wegener, der Design
Preis Schweiz gilt zur Zeit als
Geheimtipp bei Unternehmern
und Designern. Was geht da
im Verborgenen vor sich?
Nichts ist geheim, wir agieren
transparent und offen für alle.
Der Preis wurde vom Design
Center Langenthal ins Leben gerufen, um das Thema Design allgemein anzuregen. Das ist geglückt. Ab diesem Jahr wollen
wir uns international zeigen und
dem Export über das Schweizer
Design mehr Kraft verleihen. Oft
erfüllen die gleichen Erzeugnisse
unterschiedlicher
Hersteller
technisch dieselben hohen Standards. Das Design macht dann
den Unterschied, Lust aufs Produkt, weckt Freude für den Kauf.
Sind schweizerische Produkte
denn so schön?
Das ist es doch: Wäre Design
nichts als «schöne» Form, wäre
die Freude am Produkt sehr
kurzlebig. Jeder Industrie-, Pro-
Kuratorin Heidi Wegener BILD ZVG
schafft neue Schwerpunkte.
dukt- oder Möbel-Designer wird
Ihnen erklären, dass er das Aussehen von Produkten, Geräten,
Maschinen oder Anlagen erst
festlegen kann, nachdem er technische Aufgaben gelöst und
Marketingfragen
beantwortet
hat: Wie muss der Gegenstand
konzipiert, gebaut, beschaffen
sein, damit er auch wirklich
taugt?
Was kann ein Wettbewerb wie
der Ihre zur Beantwortung
dieser Fragen beitragen?
Hier können Designer zeigen,
wie tief sie in das Produktkonzept einzugreifen bereit und
fähig sind. Zu oft werden sie ausgebremst, wenn Hersteller den
Wirtschaftsfaktor Design unterschätzen, aus Unkenntnis oder
Furcht, es verteuere ihre Erzeugnisse. Bei uns können Designer
zeigen, wann Produkte wegen
Design im Alltag: Nicht nur nach ergonomischen Gesichtspunkten, sondern auch nach
ästhetischen hat Designer Dirk Kuntz den «Dual Drive Fahrradantrieb» entwickelt.
des Designs marktfähig und unter Umständen sogar günstiger
im Verkauf werden.
Wie kommen Sie zu aussagekräftigen Projekten?
Jedermann kann uns auf interessante Designprojekte hinweisen
oder ein eigenes Projekt online
eingeben. Unsere Nominatoren
und Nominatorinnen suchen zudem die gesamte Szene nach den
«High Potentials» ab und
spornen diese zur Teilnahme an.
Sie fassen den Begriff Design
sehr breit auf?
Ja. Was im entferntesten mit einer reproduzierbaren, visuellen
Gestaltung von Kommunikation
und Kommunikationsmitteln zu
tun hat, kommt ins Rennen. Des
weiteren interessieren uns Produkt- und Industriedesign von
Verbrauchsartikeln wie Kugelschreibern und Zahnbürsten.
Besonders spannend ist das Industriedesign von Investitionsgütern wie Präzisionsinstrumenten aus der Medizinaltechnik,
oder dem Maschinen- und Anlagenbau. Freilich wenden wir uns
auch an Gestalter und Hersteller
von Möbeln und dem gesamten
Inneneinrichtungsbereich, welcher den meisten Menschen unter dem Stichwort «Design»
geläufig sein dürften.
Spielen Sie auf die liebgewonnenen «Designer»-Stücke an?
Ja, die sind mittlerweile fast Allgemeingut. Noch unbekannt, bei
uns aber mit von der Partie, sind
dagegen die Retail- und Exhibition-Designer: Diese klügeln die
psychologisch, logistisch und
medial komplexe Gestaltung von
Verkaufsräumen und Ausstellungen aus. Sie sollen uns durch
die Anordnung, Position, Verpackung von Waren im Supermarkt zum Kauf verführen.
Damit sich der Einkaufskorb
wie von selbst füllt?
Die Exhibition-Designer inszenieren ihre Ausstellungen theatralisch nach allen Regeln der
Bühnenkunst, wie wir das zuweilen sehr eindrücklich auf der
Expo vorgeführt bekamen.
Ist der Bereich Mode auch
vertreten?
Im Fashion- und Textildesign,
aber auch im hochwertigen Modebereich und experimentellen
Textil-Umfeld warten viele darauf, uns ihre Ideen mitzuteilen.
Schliesslich haben Sie eine
neue Kategorie eingeführt…
… genau. Erstmals können auch
Event-Designer mitmachen. Wir
mussten jedoch einsehen, dass
sich die Veranstaltungen nicht
nach der Zeitlogik unseres Preises richten, so dass wir diese Projekte erst 2005 jurieren können.
Es gibt also sechs DesignBereiche. Diese haben aber
nichts zu tun mit den sechs
Preiskategorien. Das tönt
verwirrend…
… ist aber ganz einfach: Sie haben Ihr Projekt in Ihrem angestammten Design-Bereich und
wählen hierfür eine oder mehrere passende Preiskategorien:
«concept», «experiment», «market» oder «team». Im Bereich
BILD ZVG
«concept» benötigen wir die
Angabe eines künftigen Produktionspartners und den Ideenschutz vom eidgenössischen
Institut für geistiges Eigentum.
Unter «experiment» fragen wir
nach Visionen, Spinnereien,
neuartigen Denkmodellen und
einer noch nicht existierenden
oder produzierbaren Welt.
Das klingt nach Selbstverwirklichung.
Fantasie ist ein wertvolles Gut,
welches mehr denn je zu fördern
ist. Ohne sie gäbe es keine wirklich neuen Produkte. Nach dem
krassen Gegenteil fragen wir in
der Kategorie «market», wo wir
nur Produkte gelten lassen, die
seit Ende der letzten Eingabefrist
im Frühjahr 2001 erfolgreich
nach Business-Plan im Markt
eingeführt wurden. In der transdisziplinären Kategorie «team»
sollen schliesslich Projekte
durch Kombinationen beteiligter
Fachpersonen gelöst werden.
Mit Patrizia Crivelli, Leiterin
des Dienstes Design im Bundesamt für Kultur, wurde das
Budget des eidgenössischen
Wettbewerbs für Design
aufgestockt. Braucht es in der
Schweiz zwei Design-Preise?
Unbedingt. Wir ergänzen uns, arbeiten zusammen. Patrizia Crivelli richtet sich nur an die jungen Designer. Wir sprechen alle
Designer an, ob noch auf der
Schulbank oder arriviert, vor allem aber die Industrie. Schweizer Design kann gar nicht intensiv genug gefördert werden. ◆
INFOTHEK
Ein neues Konzept
REKLAME
Der Schweizer Design Preis
wurde erstmals 1991 vergeben,
seither findet er alle zwei Jahre
statt. Für die diesjährige Ausgabe wurde der Wettbewerb
modifiziert. Neu müssen Produkte und Projekte einen Bezug zur Schweiz haben. Ebenfalls neu ist das Auswahlverfahren: Im Internet können alle
interessierten Personen, also
nicht nur Fachleute, bis am 31.
Mai eigene Projekte eingeben
oder auf interessante Projekte
aufmerksam machen.
Eine Expertengruppe nominiert
auf Grund dieser Eingaben
rund 40 Projekte, die dann von
einer internationalen, transdisziplinären Jury bewertet werden. Der Design Preis Schweiz
2003 wird am 7. November im
Kunstmuseum Solothurn vergeben, wo die nominierten Projekte danach auch zu sehen
sein werden. Anschliessend
wird der Preis auf internationalen Plattformen gezeigt.
azu
Internet: www.designpreis.ch
Marcel Henry
Bäume fliegen wie Kulissen in
den Bildraum, Menschen eilen im Vordergrund vorüber
und der Lorraine-Bus schiebt
sich von links vor eine vertraute Berner Fassade, die bereits Sekunden später rechts
den Bildraum verlässt. Autos
halten und beschleunigen,
Flugzeuge fliegen durch den
Himmel und dieser wechselt
von blau zu grau.
Es ist ein pulsierender Ort,
den Peter Aerschmann in
seinem wandfüllenden Videopanorama im Pavillon der
Stadtgalerie dekomponiert,
um ihn digital neu zusammenzusetzen. Dafür verwendet der letztjährige Gewinner
des Eidgenössischen Stipendiums Elemente, die er um die
Stadtgalerie am Kopf der Lorraine-Brücke gefilmt hat. Diese Sequenzen lässt der als Anwärter des Aeschlimann-Corti-Stipendiums
gehandelte
Aerschmann vom Betrachter
zu neuen vertraut-fremden
Bildwelten zusammenstellen.
Fusstaste am Boden stehen
für bestimmte Objekte, die
auf Befehl die Bildbühne betreten, verweilen und wieder
verlassen. Als Landschaftsregisseur am Steuerpult setzt
der Betrachter Bänke, Menschen oder Plakatwände vor
die Drogenabgabestelle, oder
schafft vom Klee-Platz aus gesehen eine freie Sicht auf die
Lorraine, indem er mit einem
Knopfdruck die Häuser vom
Aarehang verschwinden lässt.
Die neu formierten computeranimierten Landschaften
schaffen Irritation. Sie stimmen nicht mit den vertrauten
Bildern aus dem Alltag überein, so bekannt die einzelnen
Teile daraus sind.
Nur etwas ist schade: dass
dieses technisch gekonnte
Werk den Menschen in den
zahlreichen vorbeifahrenden
Autos verborgen bleibt. Bereits plant die Stadtgalerie eine Ausstellung mit Dominik
Stauch, die sich nicht hinter
dunkeln Vorhängen abspielen wird. Eine Arbeit, die
nicht eine neue Umgebung
baut, sondern die bestehende
Umgebung der Stadtgalerie
künstlerisch bereichern will.
Ein unterstützenswerter Ansatz, mit der Kunst dorthin zu
gehen, wo sie auch von vielen
Menschen gesehen wird. ◆
Ausstellung: Stadtgalerie Bern,
Mi bis Fr 16-18:30, Do 16-20 Uhr
Sa bis So 13-16 Uhr.
K U LT O U R
Diebesbanden haben
Museen geplündert
Die irakischen Museen sind
nach Angaben des amerikanischen Justizministers John
Ashcroft von «organisierten
Diebesbanden» geplündert
worden. Diese Diebe würden
der Justiz nicht entkommen,
sagte Ashcroft gestern auf einer Interpol-Konferenz in Lyon. Die internationale Polizeiorganisation will nach den
Plünderungen vor allem im
irakischen Nationalmuseum
von Bagdad dabei helfen, verschwundene
Kunstwerke
wiederzufinden. Seit Montag
tagen dort Experten von Interpol, der UNESCO und vom internationalen Museumsverband, um ihre Anstrengungen
zu koordinieren.
dpa
Herunterladen