Grundlagen der Morphologie

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Aus: Hubert Truckenbrodt und Kathrin Eichler: Einführung in die moderne Sprachwissenschaft.
Ms., ZAS Berlin und DFKI Saarbrücken, 2010.
Syntax 1 (vorbereitend zur Syntax)
Grundlagen der Morphologie
Lerninhalte dieses Kapitels:
• Wichtige Terminologie in der Morphologie
• Die Bedeutung der Kategorien Nomen, Verb, etc. in der Morphologie
• Die wichtigsten morphologischen Prozesse
• Die Bedeutung von Flexionsmorphemen für die Syntax
• Die hierarchischen Strukturen der Morpheme bei der Wortbildung
Morphologie ist der Teilbereich der Grammatik, der sich mit der Bildung von Wörter aus
Morphemen beschäftigt. Das Wort Dummheiten zum Beispiel setzt sich aus drei Morphemen
zusammen: Dumm-heit-en. Das erste Morphem ist das Adjektiv dumm, das zweite Morphem -heit
verwandelt dieses Adjektiv in ein Nomen und das dritte Morphem -en bildet den Plural dieses
Nomens.
Syntax ist der Teilbereich der Grammatik, der untersucht, wie Wörter und Morpheme
sich zu größeren Einheiten, bis hin zu Sätzen, zusammenschließen. Die beiden Wörter
irgendwelche und Dummheiten zum Beispiel bilden zusammen die Einheit irgendwelche
Dummheiten, die wiederum Teil des Satzes Wir machen alle mal irgendwelche Dummheiten ist.
Dieses Kapitel macht Sie mit den wichtigsten Begriffen sowie zentralen Phänomenen in
der Morphologie vertraut und bereitet Sie so auf die folgenden Kapitel zur Syntax vor.
DEFINITIONEN
Morphologie [E. morphology]: Teilbereich der Grammatik, der untersucht, wie Wörter aus
Morphemen gebildet werden
Syntax [E. syntax]: Teilbereich der Grammatik, der untersucht, wie größere Einheiten (Phrasen und
Sätze) aus Wörtern und Morphemen gebildet werden.
1 Morpheme und Wörter
Das Morphem wurde ursprünglich als die kleinste bedeutungstragende Spracheinheit definiert. Das
Wort Hemden zum Beispiel lässt sich zerlegen in zwei Morpheme: Hemd und das Pluralmorphem
-en. Das Wort Aktivitäten lässt sich sogar in vier Morpheme zerlegen: Akt-iv-ität-en. Auch heute
spielt der Begriff Morphem in der Morphologie eine wichtige Rolle, wird allerdings meist mit
einer allgemeineren Definition belegt: Das Morphem ist die kleinste für morphologische und
syntaktische Analyse relevante Einheit.
Diese Lockerung der ursprünglichen Definition lässt sich zurückführen auf einige
Grenzfälle, in denen nicht klar ist, ob ein Wortteil tatsächlich bedeutungstragend ist. Zur
Veranschaulichung zwei Beispiele: Das Wort Blaubeere lässt sich problemlos zerlegen in zwei
bedeutungstragende Einheiten: blau und Beere. Zerlegen wir das Wort Preiselbeere auf dieselbe
Weise, so erhalten wir ebenfalls zwei Morpheme: Preisel und Beere. Im Gegensatz zu blau taucht
Preisel aber weder als eigenständiges Wort auf, noch lässt es sich in irgendeinem anderen
S. 1, Syntax 1: Einführung in die Morphologie
deutschen Wort finden, scheint also keine eigene Bedeutung mitzubringen. Dies ist ein Beispiel für
ein nicht bedeutungstragendes Morphem. Ein weiteres Beispiel, diesmal aus dem Englischen, ist
das Morphem -ceive, das Bestandteil der Wörter re-ceive, de-ceive und con-ceive ist. Auch bei
diesem Morphem lässt sich keine eigenständige Bedeutung feststellen, die die Bedeutung der
Wörter, die es bildet, bestimmt.
Üblicherweise bringen Morpheme allerdings schon eine Bedeutung mit sich und so ist es
durchaus sinnvoll Morpheme als kleinste bedeutungstragende Einheiten zu sehen, sofern man sich
der Grenzfälle bewusst ist.
Der Begriff Wort beschreibt die kleinste Einheit in der Grammatik, die selbständig stehen
kann. So ist beispielweise Hemd ein Wort, Hemden ebenfalls, aber -en nicht. Akt, aktiv, Aktivität
und Aktivitäten sind Wörter, -ive, -ität und -en (wie oben) nicht.
Morpheme, die selbständig stehen und ein Wort bilden, heißen auch freie Morpheme
(z.B. Hemd, Akt, blau, Beere). Morpheme, die nur in Verbindung mit anderen Morphemen
Wörter bilden, heißen gebundene Morpheme (z.B. -iv, -ität, -en, Preisel-).
DEFINITIONEN
Morphem [E. morpheme]:
Traditionelle annähernde Definition: kleinste bedeutungstragende Spracheinheit.
Wort [E. word]: kleinste grammatische Einheit, die selbständig stehen kann
gebundenes Morphem [E. bound morpheme]: Morphem, das mit einem anderen Morphem
kombiniert werden muss, um ein Wort zu bilden (Gegenteil: freies Morphem)
freies Morphem [E. free morpheme] Morphem, das selbständig ein Wort bildet (Gegenteil:
gebundenes Morphem)
2 Bedeutungswörter/Inhaltswörter und Funktionswörter
Eine Unterscheidung, die in allen Bereichen der Grammatik, insbesondere aber in der Morphologie
und in der Syntax, eine Rolle spielt, ist die zwischen lexikalischen und funktionalen Elementen.
Zunächst werden wir diese Unterschied auf der Wortebene veranschaulichen und dann werden wir
eine ähnliche Unterscheidung auf der Ebene der Morpheme sehen.
Ein Inhaltswort oder lexikalisches Wort [E. content word, lexical word] ist ein Wort,
das mit einem inhaltlichen Konzept verknüpft ist. In Wörtern wie Baum, Tiger oder Buch kann
man sich dieses Konzept beispielsweise als ein Bild von einem typischen Baum, Tiger oder Buch
vorstellen. Auch für Wörter wie laufen, schlafen oder denken haben wir eine inhaltliche
Vorstellung, eventuell ein Bild, was diese Tätigkeiten sind. Ähnlich stellen wir uns bei Wörtern wie
grün und gelb die jeweilige Farbe vor und auch Wörter wie nett, groß und schnell können wir mit
einem – wenn auch abstrakteren – Konzept verknüpfen.
Ein Funktionswort [E. function word] und ist ein Wort, das mit keinem inhaltlichen
Konzept verbunden ist, sondern stattdessen eine grammatische Funktion erfüllt. Beispiele sind
Wörter wie der/die/das, einige, dass und und. Welche Funktionen diese Elemente erfüllen, werden
wir uns später im Detail anschauen. Auch werden wir die Unterscheidung zwischen lexikalischen
und funktionalen Elementen ausführlicher behandeln.
S. 2, Syntax 1: Einführung in die Morphologie
(INFORMELLE) DEFINITIONEN
Inhaltswort, lexikalisches Wort [E. content word, lexical word]: Wort mit einer lexikalischen
Bedeutung (Gegenteil: Funktionswort)
Funktionswort [E. function word]: Wort mit einer grammatischen Funktion, ohne lexikalische
Bedeutung (Gegenteil: Inhaltswort.)
3 Grammatische Kategorien
Sie werden vermutlich vertraut sein mit Begriffen wie Verb und Adjektiv. Diese spielen eine
wichtige Rolle bei der linguistischen Analyse in Morphologie und Syntax und werden
grammatische Kategorieren (der hier verwendete Begriff), syntaktische Kategorien,
morphosyntaktische Kategorien oder manchmal einfach Kategorien genannt. Diese Kategorien
lassen sich unterteilen in lexikalische Kategorien, überwiegend für Bedeutungswörter, und
funktionale Kategorien, die hauptsächlich Funktionswörter umfassen. Die drei wichtigsten
lexikalischen Kategorien sind Verb, Nomen und Adjektiv, oft abgekürzt mit den Buchstaben V, N
bzw. A.
(1)
Die drei wichtigsten lexikalischen Kategorien
V
N
A
Verb:
Nomen:
Adjektiv:
gehen, laufen, essen, ...
Frau, Baum, Computer, ...
schlau, groß, gelb, ...
Im folgenden sind einige wichtige funktionale Kategorien aufgeführt.
(2)
Wichtige funktionale Kategorien
D
Determinator
C
(B)
Komplementierer
Konjunktion
der/die/das, ein/eine, ...
einige, alle, ...
dass, wenn, ...
und, oder
(Artikel)
(Quantor)
Wir haben gesehen, dass lexikalische Wörter mit einem inhaltlichen Konzept verknüpft
sind. Betrachten wir nun, welche Funktionen Funktionswörter erfüllen können.
Nehmen wir zunächst Determinatoren wie der/die/das, ein/eine, einige, alle. Diese treten
üblicherweise zusammen mit Nomen auf, wie in der Baum, ein Baum, einige Bäume, alle Bäume.
In diesen Ausdrücken wird das Nomen Baum jeweils verwendet, um über eine unterschiedliche
Auswahl von Bäumen in der realen Welt zu sprechen: über einen bestimmten Baum (der Baum),
einen nicht-spezifizierten einzelnen Baum (ein Baum), eine nicht-spezifierte Gruppe von Bäumen
(einige Bäume) oder die Gesamtheit aller Bäume (alle Bäume). Die Funktion von Determinatoren
ist also zunächst die, ein Nomen wie Baum unterschiedlich auf die in der Welt existierenden
Bäume zu beziehen. Diese Funktion ist letztlich komplexer als ein bloßer Verweis auf einen oder
mehrere reale Bäume. Ein Beispiel hierfür ist Ich werde morgen einen Baum in meinem Garten
pflanzen zeigt, wo (noch) kein Baum existiert, auf den verwiesen werden könnte. Ein weiteres
Beispiel ist die Tatsache, dass wir den Ausdruck kein Baum von kein Haus unterscheiden können.
Würde man diese Ausdrücke als bloße Verweise auf Objekte in der realen Welt verstehen, würden
beide dasselbe bedeuten, weil kein Baum und kein Haus beide auf dasselbe, nämlich nichts,
S. 3, Syntax 1: Einführung in die Morphologie
verweisen. Die exakte Funktion von Determinatoren ist also komplexer, aber sie ist von der hier
beschriebenen Art.
Betrachten wir nun Komplementierer (C wie im englischen Wort Complementizer) wie
dass und wenn. Diese haben die Funktion einen Satz mit einem anderen Satz zu verknüpfen.
Nehmen wir beispielsweise den Satz Hans schläft (3a.). Dieser Satz ist Teil der beiden
längeren Sätze in 3b. und 3c. Wie genau der Satz als Teil dieser Sätze verstanden wird, wird
bestimmt durch die Komplementierer dass (3b.) bzw. wenn (3c.).
(3)
a.
b.
c.
[Hans schläft]
Maria glaubt, dass [Hans schläft]
Maria wird gehen, wenn [Hans schläft]
Die dritte funktionale Kategorie, die wir uns anschauen, sind Konjunktionen wie und und
oder. Diese werden manchmal mit B für Boole'sche Konjunktionen abgekürzt. Das und im Satz
Hans und Maria schlafen gibt an, dass sich schlafen auf sowohl Hans als auch Maria bezieht. Im
Gegensatz dazu gibt das oder in Hans oder Maria schläft an, dass sich schlafen (etwas vereinfacht)
nur auf einen der beiden bezieht. Die Funktion der Konjunktionen und und oder ist in diesem Fall
also zu bestimmen, auf welche Art der Rest des Satzes mit den beiden Individuen in Verbindung
steht.
Im folgenden schauen wir uns zwei Kriterien an, die Linguisten anwenden, um zu
entscheiden, ob eine Kategorie lexikal oder funktional ist. Zunächst einmal gibt es einen
zahlenmäßigen Unterschied. Sprachen verfügen üblicherweise über eine sehr große Anzahl von
Wörtern der lexikalischen Kategorien und fügen ihnen sogar regelmäßig neue Wörter hinzu. Man
denke hier im Deutschen etwa an Job, E-Mail, Blogs, managen, etc. Die Zahl der Wörter der
funktionalen Kategorien hingegen ist normalerweise sehr beschränkt. Im Englischen spricht man
daher auch von open-class elements im Gegensatz zu closed-class elements.
Ein zweites Kriterium ist, dass lexikalische Wörtern Wortbetonung tragen, während
Funktionswörter unbetont sind (wenn sie nicht extra hervorgehoben werden). In einigen Sprachen
lässt sich die Wortbetonung leicht ermitteln durch Phänomene, die die Betonung hörbar machen.
In Tohono O'odham, einer Sprache amerikanischer Indianer, lässt sich die Wortbetonung zum
Beispiel leicht anhand der Satzmelodie erkennen. Auch im Deutschen scheinen lexikalische und
funktionale Elemente über die Wortbetonung unterscheidbar zu sein, jedoch gibt es keinen
eigenständigen Indikator und die Intuition ist nicht immer zuverlässig. Dennoch, schauen wir uns
das Beispiel ein Student der Linguistik (4a) an, mit den beiden lexikalischen Nomen Student und
Linguistik und den beiden Funktionswörtern ein und der (Artikel, Kategorie D). (4b) zeigt eine
natürlich klingende Art diesen Ausdruck auszusprechen, mit Betonungen auf den beiden
lexikalischen Wörtern (der zweiten Silbe von Student und der dritten von Linguistik). Die Wörter
ein und der sind hier unbetont. Würden wir stattdessen, wie in 4c. angegeben, nicht die
lexikalischen Wörter sondern stattdessen die Funktionswörter betonen, würde der Ausdruck
seltsam unnatürlich klingen. Diese Unnatürlichkeit wird durch das #-Zeichen gekennzeichnet.
(4)
a.
ein Student der Linguistik
D N
D
N
b.
c.
ein StuDENT der LinguIStik
# EIN Student DER Linguistik
Lexikalische Wörter wie Student oder Linguistik sind also von Natur aus
betonungstragend, Funktionswerter wie ein und der sind im Normalfall unbetont.
S. 4, Syntax 1: Einführung in die Morphologie
Die Unterscheidung ist allerdings nicht in allen Fällen klar. Präpositionen etwa sind ein
Grenzfall. So finden wir unbetonte Präpositionen wie in im Beispiel (5a), aber auch lange, eher
betonte Präpositionen wie oberhalb in (5b).
(5)
a.
Die REIse in die TürKEI
D
N P D N
b.
Oberhalb der BIEgung
P
D N
In der gerade erwähnten Sprache Tohono O'odham gibt es entsprechend zwei Klassen von PElementen: solche, die Wortbetonung tragen, und solche, die keine Wortbetonung tragen. Dort
unterscheiden sich die beiden Klassen allerdings auch in ihrer Wortstellung.
Die Unterscheidung zwischen Bedeutungs- und Funktionswörtern ist nicht immer einfach,
sie ist aber dennoch wichtig. Ausgestattet mit genügend Wissen über diese Unterscheidung und über
die wichtigsten grammatischen Kategorien, werden wir nun die Morphologie näher betrachten.
4 Wurzel und Affix
Man kann in der Morphologie eine Parallele zu der Unterscheidung zwischen Inhaltswörtern und
Funktionswörtern finden. Wie in Tabelle (6) gezeigt ist die morphologische Unterscheidung
zwischen Wurzeln und Affixen dieser Unterscheidung ähnlich. Auf Morphemebene unterscheiden
wir zwischen Wurzeln (lexikalischen Morphemen), die einer lexikalischen Kategorie (meist V, N
oder A) angehören, und Affixen (funktionalen, gebundenen Morphemen), die normalerweise
relativ kurz sind und eher eine funktionale Bedeutung haben.
(6)
a. Wort
b. Morphem
eher inhaltliche Bedeutung eher funktionale Bedeutung
Inhaltswort: V, N, A, ...
Funktionswort: D, C, ...
Wurzel
Affix
In unseren Anfangsbeispielen Hemden, Blaubeere und Aktivitäten sind die Wurzeln Hemd, blau,
Beere und Akt, die Affixe -en (in Hemd-en und Aktivität-en) und -iv und -ität (in Akt-iv-ität-en).
Das Wort Blaubeere enthält kein Affix.
Innerhalb der Affixe unterscheiden Linguisten zwischen sogenannten Suffixen, die an das
Element, mit dem sie sich verbinden, angehängt werden, und Präfixen, die diesem Element
vorangehen. Das Pluralmorphem -en in Hemden ist also ein Suffix. Ein Beispiel für ein Präfix ist
un- in unsicher. Zwei seltenere Affixtypen sind Zirkumfix und Infix. Zirkumfixe bestehen aus
zwei Teilen, die gemeinsam das Element, mit dem sie sich verbinden, umschließen. Das Deutsche
hat solche Zirkumfixe. Das Verb legen zum Beispiel, das aus der Wurzel leg- und der
Infinitivmarkierung -en besteht, bildet das Partizip Perfekt, ge-leg-t, mit Hilfe des Zirkumfixes
ge-_-t.
Infixe sind Affixe, die in die Elemente, mit denen sie sich verbinden, eingefügt werden.
Ein Beispiel hierfür ist das Affix -um- in der Sprache Tagalog. Beispiel (7) zeigt, dass dieses Affix
manchmal am Anfang des Wortes vorkommt, manchmal aber auch innerhalb des Elements, mit
dem es sich verbindet, beispielsweise in s-um-ulat. Wenn Sie den Unterschied zwischen Vokal und
Konsonant kennen, können Sie vielleicht selbst die Regel erkennen, die der Platzierung von –um–
zugrundeliegt.
S. 5, Syntax 1: Einführung in die Morphologie
(7)
um-Infigierung (Tagalog)
um + aral
um + alis
um + sulat
um + tawag
um + gradwet
->
->
->
->
->
um - aral
um - alis
s - um - ulat
t - um - awag
gr - um - adwet
'lehren'
'verlassen'
'schreiben'
'rufen'
'graduieren'
Sehen Sie die Regel? Die Lösung ist folgende: -um- steht vor dem ersten Vokal des Elementes, mit
dem es sich verbindet. Bei aral, was mit einem Vokal beginnt, wird -um- vor dem Wort eingefügt.
Bei Wörtern, die mit einem oder mehreren Konsonanten beginnen, z.B. sulat and gradwet,
überspringt -um- diese Konsonanten und schiebt sich vor den ersten Vokal.
DEFINITIONEN
Wurzel [E. root] Morphem einer lexikalischen Kategorie, typischerweise V, N, A, aus dem (durch
Anhängen von Affixen) ein lexikalischen Wort gebildet werden kann.
Affix [E. affix] funktionales gebundenes Morphem, meistens kurz und verbunden mit einer
funktionalen Bedeutung.
AFFIXTYPEN:
Präfix [E. prefix]: Affix, das dem Element, mit dem es sich verbindet, vorangeht.
Suffix [E. suffix]: Affix, das sich an das Element, mit dem es sich verbindet, hinten anhängt.
Zirkumfix [E. cirkumfix] zweiteiliges Affix, das das Element, mit dem es sich verbindet,
umschließt.
Infix [E. infix]: Affix, das in das Element, mit es sich verbindet, eingefügt wird.
5 Derivation, Flexion, Komposition: verschiedene morphologische Prozesse
Derivation, Flexion und Komposition sind die drei wichtigsten morphologischen Prozesse. Wie
bei vielen anderen Phänomenen in der Morphologie ist es auch hier nicht immer einfach, diese
Prozesse voneinander abzugrenzen. Für viele Zwecke sind die Unterscheidungen allerdings
ausreichend klar und es ist wichtig, ein Verständnis für diese Prozesse zu entwickeln.
Beispiele für Derivation, Flexion und Komposition finden Sie in (8). Derivation ist die Bildung
von neuen Wörtern durch das Hinzufügen von Affixen wie in (8a). Auch bei der Flexion werden
Affixe angefügt, allerdings entstehen hierdurch keine wirklich neuen Wörtern sondern lediglich
Varianten des Ursprungswortes. Durch anhängen von -e an den Stamm des Verbes gehen zum
Beispiel wird die erste Person Singular gebildet, die eine andere Form desselben Verbs gehen
darstellt. Komposition (E. compounding, composition) beschreibt die Bildung neuer Wörter
durch Zusammensetzung mehrerer Wurzeln oder Wörter. Das Ergebnis der Komposition heißt
Kompositum (E. compound). Beispiele für Komposita finden Sie in (8c).
(8)
a. Derivation:
schön Schön-heit
faul
Faul-heit
frei
Frei-heit
b. Flexion:
geh-en
bau-en
schreib-en
geh-e
bau-e
schreib-e
c. Komposition:
Wind-mühle
Kaffee-haus
Stuhl-bein
S. 6, Syntax 1: Einführung in die Morphologie
DEFINITIONEN
Derivation [E. derivation]: Bildung neuer Wörter durch Hinzufügen von Affixen
Flexion [E. inflection]: Bildung von grammatikalischen Varianten eines Wortes
Komposition [E. composition, compounding]: Bildung neuer Wörter durch Zusammensetzen
mehrerer Wurzeln, Stämme oder Wörter. Ein auf diese Weise gebildetes Wort ist ein
Kompositum (Pl. Komposita, E. compound)
5.1 Grammatische Kategorien und Affixe; Flexion vs. Derivation
Um den Unterschied zwischen Derivation und Flexion besser zu verstehen, werden wir uns
zunächst mit einem verwandten Thema beschäftigen, was sowohl für die Derivation als auch für
die Flexion relevant ist.
In Bezug auf Affixe sind grammatische Kategorien auf zwei Arten wichtig: Erstens, jedes
Affix ist wählerisch in Bezug auf die Kategorie oder Kategorien, mit denen es sich kombiniert.
Das Affix –ung zum Beispiel ist ein Suffix, das sich an Verbstämme wie bearbeit-, verschöner-,
ausbild- anhängt (Bearbeit-ung, Verschöner-ung, Ausbild-ung), nicht aber an Nomen oder
Adjektive (*Arbeit-ung, *Schön-ung). Einige Affixe verbinden sich mit Wörtern mehrerer
Kategorien, z.B. hängt sich das Suffix –heit sowohl an Adjektive wie schön, faul und frei (Schönheit, Faul-heit, Frei-heit) an als auch an (belebte) Nomen wie Mensch, Kind und Gott (Menschheit, Kind-heit, Gott-heit). Allerdings ist auch bei diesem Suffix die Kategorie des Wortes nicht
beliebig, denn es kombiniert sich nicht mit einfachen Verbstämmen (*Bearbeit-heit, *Ausbildheit).
Grammatische Kategorien spielen aber in Bezug auf Affixe noch eine weitere Rolle: Jedes
Affix bildet nämlich nur Wörter einer ganz bestimmten Kategorie. Wird das Suffix –heit an ein
Wort angehängt, so entsteht zum Beispiel immer ein Nomen, wie bei Schön-heit, Faul-heit und
Frei-heit in (8a). Diese Beobachtung lässt sich auch auf die Flexionsmorphologie übertragen. Das
Infinitiv-Suffix –en sowie das Suffix –e für die erste Person Singular eines Verbs hängen sich beide
nur an Verbstämme an, z.B. geh-, bau-, schreib- (8b), und bilden so unterschiedliche Verbformen
(geh-en, geh-e, bau-en, bau-e, schreib-en, schreib-e).
Wichtige linguistische Notation
* markiert ungrammatische, nicht wohlgeformte Ausdrücke
(√ wird manchmal für „grammatisch” verwendet, aber meistens
weggelassen)
# wird manchmal für Ausdrücke verwendet, die zwar nicht
ungrammatisch sind, die aber anderweitig inadäquat klingen.
Grammatische Kategorien können helfen, Derivations- von Flexionssuffixen zu
unterscheiden. Wie wir bereits gesehen haben, bilden Flexionssuffixe Varianten eines Wortes.
Diese Varianten haben immer dieselbe Kategorie wie das Ursprungswort. Anders ausgedrückt
ändert Flexion nie die grammatische Kategorie eines Wortes. Das kann man an den Beispielen für
Flexionsmorphologie im Deutschen in (9) sehen. Wenn wir beispielsweise von dem Nomen Tisch
den Plural Tisch-e bilden, ändert sich die Kategorie des Wortes nicht. Tisch ist ein Nomen, Tisch-e
ebenfalls. Das gilt ähnlich für alle Flexionsformen in (9): Sie ändern nicht die Kategorie des
Wortes. (9) ist ein kurzer Überblick über wichtige Arten der Flexionsmorphologie im Deutschen.
S. 7, Syntax 1: Einführung in die Morphologie
(9)
Beispiele von Flexionsmorphologie im Deutschen1
a. am Nomen ('Deklination')
• Singular/Plural (Numerus): Tisch, Tisch-e
• Nominativ/Genitiv/Dativ/Akkusativ (Kasus):
der Tisch, des Tisch-es, dem Tisch-(e), den Tisch
die Tisch-e, der Tisch-e, den Tisch-en, die Tisch-e
• Einige wenige Nomen flektieren auch entsprechend der Definitheit
(ein: indefinit; der: definit): der Beamte, ein Beamte-r
b. am Artikel
• Numerus: d-er (Tisch), d-ie (Tische)
• Kasus: d-er (Tisch), d-es, d-em, d-en
d-ie (Tische), d-er, d-en, d-en
• Maskulin/Feminin/Neutrum (Genus):
d-er (Mann), d-ie (Frau), d-as (Kind)
c. am Adjektiv (wenn es vor dem Nomen steht)
• Numerus: (der) klein-e (Tisch), (die) klein-en (Tische)
• Kasus: (der) klein-e (Tisch), (des) klein-en (Tisches), ...
• Genus: (hier im Akkusativ:) (den) klein-en (Tisch), (die) klein-e (Vase)
• Definitheit: (der) klein-e (Tisch), ein klein-er (Tisch), ...
• Komparativ/Superlativ (Steigerung): klein, klein-er, klein-st-...
auch kombiniert mit den obigen Kategorien: den klein-er-en Tisch
den klein-st-en Tisch
d. am finiten Verb ('Konjugation')
• Person und Numerus des Subjekts:
ich leg-e, du leg-st, er/sie/es leg-t; wir leg-en, ihr leg-t, sie leg-en
• Präsens, Präteritum (Tempus): ich leg-e, ich leg-t-e
• Indikativ/Imperativ/Konjunktiv I/Konjunktiv II (Verbmodus):
er nimm-t ... , nimm ...! , man nehm-e .... , (angenommen) er nähm-e
e. am nicht-finiten Verb
• Infinitiv/Partizip Präsens/Partizip Perfekt
leg-en, leg-end, ge-leg-t
Wie man in (9) sieht, werden im Deutschen sehr viele Unterscheidungen durch
Flexionsmorphologie markiert. Vergleichen wir das kurz mit dem Englischen, wo die
Flexionsmorphologie recht überschaubar ist. Die Fälle in (10) umfassen das, was normalerweise
der Flexionsmorphologie im Englischen zugerechnet wird.2 Das Englische zeigt keine Flexion für
Kasus und Genus am Nomen, am Adjektiv, oder am Artikel. So wird etwa the small table
weitgehend unverändert verwendet, es sei denn, es geht um Plural (the small table-s) oder um eine
Possessor (the small table's legs). Auch sonst zeigt das Englische nur wenige Flexionssuffixe, die
in (10) zusammengestellt sind.
1
Dies ist nur ein kurzer Eindruck der großen Vielfalt der deutschen Flexionsfomen. Zwei weitere
Faktoren: Zum einen verändert sich in nicht wenigen Fällen auch der Stamm bei Flexion, wie etwa
der Vokal in Baum, Bäum-e. Zum anderen gibt es Klassen von Nomen, die unterschiedlich
flektieren (Deklinationsklassen), etwa in den Pluralendungen bei der Tisch, die Tisch-e; der Junge,
die Junge-n, beides maskulin. Ähnlich gibt es unterschiedliche Klassen von Verben, die
unterschiedlich flektieren (Konjugationsklassen): ich leg-e, ich leg-t-e aber ich schreib-e, ich
schrieb.
2
Im Englischen gibt es, wie im Deutschen, unregelmäße Formen. Diese sind hier nicht aufgeführt.
S. 8, Syntax 1: Einführung in die Morphologie
(10)
Flexionsmorphologie im Englischen
a. am Nomen
• Plural -s:
• Possessives -'s
b. am finiten Verb
• Dritte Person Präsens Singular -s
• Past Tense -ed
c. am nicht-finiten Verb
• Progressiv -ing
• Past Participle -ed oder -en
d. am Adjektiv
• Komparativ -er/Superlativ -est
cat, cat-s
man, man-'s
(this man's clothing ...)
sing, sing-s
(She sing-s well.)
close, clos-ed (She clos-ed it.)
talk, talk-ing
eat, eat-en
talk, talk-ed
(She was talk-ing to him.)
(She has eat-en it.)
(She has talk-ed to him.)
high, high-er, high-est
Auch für das Englisch gilt natürlich, dass Flexionssuffixe nicht die Kategorie eines Wortes ändern.
So ist etwa cat-s ebenso ein Nomen wie cat, und sing-s ebenso ein Verb wie sing.
Kehren wir nun zur Derivationsmorphologie zurück. Wie Sie bereits gesehen haben,
dienen Derivationsaffixe dazu neue Wörter zu bilden, also nicht nur Varianten eines Wortes.
Solch ein neu gebildetes Wort kann eine andere Kategorie haben als das Wort, an das das Affix
angehängt wurde. In (8a) haben wir zum Beispiel gesehen, dass das Suffix –heit sich an Adjektive
anhängt um Nomen zu bilden. Die Bedeutung der mit A + –heit gebildeten Nomen ist ungefähr
„die Eigenschaft A zu sein“. Zum Beispiel ist die Bedeutung von Schönheit “die Eigenschaft schön
zu sein”, die Bedeutung von Freiheit „die Eigenschaft frei zu sein“.
Ein weiteres Beispiel ist das Suffix –er, das sich an Verbstämme anhängt und Nomen
bildet, z.B. Flieg-er. Die Bedeutung des mit Verbstamm V + -er gebildeten Wortes ist in etwa
„jemand bzw. etwas, das V-t“ (Ein Flieger ist etwas, das fliegt, ein Wanderer jemand, der wandert).
Da dieses Suffix aus Verben Nomen macht, können wir sicher sein, dass es ein Derivationssuffix
ist, ein Suffix also, das neue Wörter bildet.
Jedoch können nicht alle Derivationssuffixe mit Hilfe dieses Tests von Flexionssuffixen
abgegrenzt werden. Das Präfix un- zum Beispiel, das aus Adjektiven neue Adjektive macht, gilt als
Derivationsaffix, obwohl es keinen Kategorienwechsel verursacht. Das ist kein Widerspruch:
Durch Derivation entstandene neue Wörter können prinzipiell dieselbe Kategorie haben wie das
Ursprungswort. Die Frage nach Derivation oder Flexion lässt sich also nicht allein auf der Basis
eines Kategorienwechsels beantworten. Ein vorhandener Kategorienwechsel lässt aber darauf
schließen, dass es sich um Derivation handelt.
(11)
a. Suffix -er
V
N
flieg Flieg-er
wander Wander-er
les
Les-er
b. Präfix unA
freundlich
nötig
klug
A
un-freundlich
un-nötig
un-klug
Bevor wir uns im nächsten Abschnitt mit anderen Unterscheidungskriterien für Derivation
und Flexion beschäftigen, geben wir noch eine Reihe von Beispielen für deutsche und englische
Derivationsaffixe, damit Sie einen besseren Eindruck davon bekommen können. Eine Reihe von
Derivationsaffixen des Deutschen sind in (12) illustriert. Die Suffixe sind oft kategorieändernd,
während die Präfixe üblicherweise keinen Kategorienwechsel zur Folge haben.
S. 9, Syntax 1: Einführung in die Morphologie
(12)
Affix
Suffixe
-bar
-haft
-mäßig
-los
-ig
-voll
-ung
-er
-keit
-heit
Kategorien
Beispiele
V -> A
N -> A
N -> A
N -> A
N -> A
N -> A
V -> N
V -> N
A -> N
A -> N
N -> N
V -> Adv
mach-bar, nachvollzieh-bar
laien-haft, stümper-haft
profi-mäßig, verfassungs-mäßig
mittel-los, hirn-los
gift-ig, witz-ig
geschmack-voll, eindrucks-voll
Verweiger-ung, Ausbild-ung
Wander-er, Flieg-er
Fröhlich-keit, Traurig-keit
Dumm-heit, Frei-heit
Kind-heit, Mensch-heit
streb-sam, heil-sam
exur-
V -> V
N -> N
A -> A
A -> A
N -> N
N -> N
N -> N
miss-fallen
Miss-gunst, Miss-ernte
miss-günstig, miss-mutig
un-glücklich, un-sicher
Un-geduld, Un-ruhe
Ex-Freund, Ex-Frau
Ur-wald, Ur-gestein
Zirkumfixe
ge-…-ig
un-…-sam
un-…-lich
N -> A
N -> A
V -> A
ge-räum-ig, ge-läuf-ig
un-lieb-sam, un-weg-sam
un-glaub-lich, un-weiger-lich, un-beschreib-lich
-sam
Präfixe
miss-
un-
Einige Derivationssuffixe des Englischen sind in (13) illustriert.
(13)
Affix
Suffixe
-able
-al
-ant
-(a)tion
-er
-ing(1)
-ing(2)
-ive
-ment
-ful
-ic
-less
-ous
-ate
-en
-ity
Kategorien
V -> A
V -> N
V -> N
V -> N
V -> N
V -> A
V -> A
V -> N
N -> A
N -> A
N -> A
N -> A
A -> V
A -> V
A -> N
Beispiele
fix-able, do-able, understand-able
refus-al, dispos-al, recit-al
claim-ant, defend-ant
V -> N
realiz-ation, assert-ion, protect-ion
teach-er, work-er
the shoot-ing, the danc-ing
the sleep-ing giant, a blaz-ing fire
assert-ive, impress-ive, restrict-ive
adjourn-ment, treat-ment, amaze-ment
faith-ful, hope-ful, dread-ful
cub-ic, optimist-ic, moron-ic
penni-less, brain-less
poison-ous, lecher-ous
activ-ate, captiv-ate
dead-en, black-en, hard-en
stupid-ity, prior-ity
S. 10, Syntax 1: Einführung in die Morphologie
-ly
-ness
-hood
A -> Adv
A -> N
N -> N
quiet-ly, slow-ly, careful-ly
happi-ness, sad-ness
child-hood, adult-hood
Präfixe
dedismisreun-(1)
antiexinun-(2)
V -> V
V -> V
V -> V
V -> V
V -> V
N -> N
N -> N
A -> A
A -> A
de-activate, de-mystify
dis-continue, dis-obey
mis-identify, mis-place
re-think, re-do, re-state
un-tie, un-lock, un-do
anti-abortion, anti-pollution
ex-president, ex-wife, ex-friend
in-competent, in-complete
un-happy, un-fair, un-intelligent
5.2 Mehr zu Flexion und Derivation: die Rolle der Flexion in der Syntax
Flexion und Derivation unterscheiden sich auch in ihrer Rolle in syntaktischen Prozessen. Knapp
formuliert ist Flexionsmorphologie abhängig von syntaktischen Einschränkungen und Prozessen,
Derivationsmorphologie nicht.
Eine für die Flexion relevante syntaktische Beziehung ist die Kongruenz [lat. für
Übereinstimmung, E. agreement], die fordert, dass zwei (oder mehr) Wörter in einem Satz in
Bezug auf ein morphologisches Merkmal übereinstimmen. Wie in (14a) dargestellt, müssen im
Deutschen zum Beispiel Artikel und Nomen hinsichtlich des Numerus (Singular oder Plural), des
Genus (feminin, maskulin) und des Kasus (Nominativ, Akkusativ, etc.) übereinstimmen.
Beim Nomen wird die Unterscheidung zwischen Singular und Plural mit Hilfe des Pluralaffixes (in
diesem Fall –en) gekennzeichnet wie in (14a1). Auch Kasus wird mit Affixen am Nomen
markiert, wie in (13a3) In (14b) ist die Kongruenz zwischen Subjekt und Verb eines Satzes
dargestellt. Hier müssen Person und Numerus des Subjekts und des Verbs übereinstimmen. Auch
hier dienen Flexionsaffixe zur Unterscheidung der Formen, in diesem Fall –e für die erste Person
Singular am Verb, -t für die dritte Person Singular und -en für die erste Person Plural.
S. 11, Syntax 1: Einführung in die Morphologie
(14)
Kongruenz:
a1. Kongruenz zwischen Artikel und Nomen (Numerus):
ein
Hemd
zwei Hemd-en
* ein
SG.
SG.
PL.
PL.
* SG.
a2. Kongruenz zwischen Artikel und Nomen (Genus):
ein
Mann
eine Frau
* eine
M.
M.
F.
F.
* F.
a3. Kongruenz zwischen Artikel und Nomen (Kasus):
der
Mann
des Mann-es
* der
NOM.
NOM.
GEN. GEN.
* NOM.
b1. Kongruenz zwischen Subjekt und Verb (Person):
ich
geh-e
er
geh-t
* ich
1.P. 1.P.
3.P. 3.P.
* 1P .
b2. Kongruenz zwischen Subjekt und Verb (Numerus):
ich
lauf-e
wir lauf-en
* ich
SG
SG
PL PL
* SG
Hemd-en
PL.
* zwei
* PL.
Hemd
SG.
Mann
M.
* ein
* M.
Frau
F.
Mann-es
GEN.
* des
* GEN.
Mann
NOM.
geh-t
3.P.
* er
* 3.P.
geh-e
1P .
lauf-en
PL
* wir
*PL
lauf-e
SG
Syntaktische Kongruenzbeziehungen basieren also auf Unterscheidungen bezüglich Person,
Numerus, Kasus und Genus, die wiederum mit Hilfe von Flektionsmorphologie realisiert werden
können. Wir sehen hier, wie Flektionsmorphologie und Kongruenz zusammenspielen.
Andere Fälle zeigen, dass es allgemeine syntaktische Beschränkungen bezüglich der
Position von Elementen innerhalb eines Satzes gibt und dass auch hier die Flexionsmorphologie
eine Rolle spielt. Wie in (15) anhand des Verbs kochen dargestellt, stehen zum Beispiel die
Position eines Verbs und die Verbform in Abhängigkeit zueinander: Folgt innerhalb eines
Hauptsatzes das Verb direkt auf das Subjekt, wie in (15a), kann nur die nach Person und Numerus
flektierte Verbform kocht stehen, nicht aber der Infinitiv kochen oder die Partizipform gekocht.
Folgt das Verb auf ein Hilfsverb, zum Beispiel soll(en) in (15b), so muss das Verb im Infinitiv
stehen. Eine flektierte Form oder ein Partizip ist nicht möglich. Das Partizip steht nach einer
Form von haben, zum Beispiel hat in (15c). Die beiden anderen Formen können in dieser
Position nicht stehen.
(15)
Beschränkungen über Flexionsmorphologie entsprechend der Position im Satz
a. Maria √ koch-t
b. Maria soll * koch-t
c. Mary hat * koch-t
* koch-en
√ koch-en
* koch-en
* ge-koch-t
* ge-koch-t
√ ge-koch-t
Diese Beschränkungen in Bezug auf bestimmte syntaktische Positionen sind gleichzeitig
Beschränkungen der Flexionsmorpheme, die sich mit dem Verb verbinden können. Dies zeigt, dass
syntaktische Beschränkungen mit der Flexionsmorphologie interagieren.
Derivation unterscheidet sich von Flexion unter anderem dadurch, dass sich durch
Derivation entstandene Wörter syntaktisch gesehen genauso verhalten wie andere Wörter
derselben Kategorie. Ein durch Derivation entstandenes (oder abgeleitetes) Nomen zum Beispiel
verhält sich wie andere Nomen auch. Dies ist in (16) illustriert: (16a) zeigt, dass abgeleitete
Nomen wie Dumm-heit oder Ausbild-ung in denselben syntaktischen Positionen stehen wie nicht
abgeleitet Nomen3 , zum Beispiel Brille oder Frau. Wie in (16b) veranschaulicht, verhalten sich
3
Nicht durch Derivation entstandene Nomen heißen auch monomorphemisch, also “aus einem
Morphem bestehend”.
S. 12, Syntax 1: Einführung in die Morphologie
abgeleitete Nomen auch genauso wie nicht abgeleitete in Bezug auf die Bildung von Singular und
Plural sowie bezüglich der Kongruenz zwischen Artikel und Nomen.
(16)
a.
Hans spricht über seine Dumm-heit
Ausbild-ung
Brille
Frau
b.
eine [Dummheit]
zwei [Dummheit]-en
alle [Dummheit]-en
eine [Brille]
zwei [Brille]-en
alle [Brille]-en
Allgemeiner ausgedrückt gibt es keine Kongruenz in Bezug auf durch Derivationsaffixe markierte
Eigenschaften. Man könnte sich zum Beispiel eine Klasse von Determinatoren D vorstellen, die
nur zusammen mit auf –er gebildeten Nomen auftreten: [D Wander-er], aber nicht [D Hund]. Ein
anderes Beispiel wäre ein Verbsuffix SUFF, das sich nur anhängt, wenn das Subjekt des Satzes auf
–er endet: [Der Wander-er trink-SUFF], aber nicht [Der Hund trink-SUFF]. Solche
Determinatoren bzw. Suffixe gibt es nicht, weil Kongruenz nicht mit der Derivationsmorphologie
interagiert.
Eine weitere Art der Unterscheidung zwischen Flexion und Derivation nimmt Bezug auf
die Vollständigkeit aller vorstellbaren Formen. Flexionsmorphologie bildet Paradigmen. Die
Tabellen in (17) zeigen solche Paradigmen für die Flexion der Verben (Konjugation) im Präsens.
Dass Verben in Paradigmen organisiert sind, heißt, dass es für jedes beliebige Verb eine Form für
jede Zelle der Tabelle gibt. Egal welches deutsche Verb Sie wählen, Sie werden immer eine 1.
Person Singular, 2. Person Singular, etc. finden.
(17)
Konjugationsparadigmen
Paradigma für die Konjugation im Präsens am Beispiel des deutschen Verbs gehen:
1. Person
2. Person
3. Person
Singular
(ich) geh-(e)
(du) geh-st
(er/sie/es) geh-t
Plural
(wir) geh-en
(ihr) geh-t
(sie) geh-en
Paradigma für die Konjugation im Präsens am Beispiel des englischen Verbs (to) walk:
1. Person
2. Person
3. Person
Singular
(I) walk
(you) walk
(he/she/it) walk-s
Plural
(we) walk
(you) walk
(they) walk
Im Gegensatz dazu bildet die Derivationsmorphologie keine Paradigmen. Stattdessen
lassen sich häufig Lücken feststellen.
S. 13, Syntax 1: Einführung in die Morphologie
(18)
V
erinner-n
ausbild-en
hol-en
erleb-en
N
Erinner-ung
Ausbild-ung
* Hol-ung
* Erleb-ung
(„Vorgang sich an etwas zu erinnern”)
(„Vorgang ausgebildet zu werden“)
(könnte bedeuten: „Vorgang etwas zu holen“)
(könnte bedeuten: „Vorgang etwas zu erleben“)
5.3 Anordnung der Derivations- und Flexionsaffixe und der Begriff Stamm
Viele Wörter bestehen aus mehr als einem Derivationsaffix. Das Beispiel Feier-lich-keit ist ein
solcher Fall. Im Deutschen sind auch mehrere Flexionssuffixe am selben Wort möglich, zum
Beispiel in der Verbform tanz-te-n (1./3. Pers. Pl., Prät.), in der das Suffix –te die Vergangenheit
markiert, das Suffix –n die 1. bzw. 3. Person Plural. Im Englischen ist nur ein Flexionssuffix pro
Wort erlaubt (walk-ed und walk-s aber nicht *walk-ed-s).
In allen Sprachen, in denen es sowohl Derivations- als auch Flexionsaffixe gibt, ist es
jedoch so, dass Flexionsaffixe immer außerhalb der Derivationsaffixe auftreten. So wird im
Beispiel Schön-heit-en zunächst das Derivationsaffix –heit angehängt. An das so gebildete Nomen
Schön-heit hängt sich dann das Flexionsaffix –en an und bildet die Pluralform des Nomens.
In umgekehrter Reihenfolge können die Affixe nicht angehängt werden. Würden wir zum
Beispiel zunächst das Flexionsaffix für den Komparativ -er an den Stamm schön anhängen:
[schön-er], so wäre es anschließend nicht mehr möglich, ein Derivationsaffix anzuhängen:
[*Schön-er-heit]. Derivationsaffixe treten also nie außerhalb von Flexionsaffixen auf.
Ein wichtiger Begriff in der Morphologie ist der des Stammes. Es gibt zum Teil leicht
variierenden Verwendungen dieses Begriffes. Wir verwenden ihn hier so (durchaus nicht unüblich),
dass der Stamm der Teil eines Wortes ist, der alle Derivationsaffixe einschließt und an den sich
Flexionsaffixe anhängen. Die Derivationsaffixe sind also Teil des Stammes, die Flexionsaffixe
werden an ihn angehängt. In Schön-heit-en ist also schön die Wurzel und Schön-heit der Stamm,
der in diesem Fall das Derivationsaffix –heit mit einschließt. An diesen Stamm hängt sich dann das
Flexionsaffix –en an, um den Plural Schön-heit-ten zu bilden. Abbildung (19) zeigt den
Zusammenhang zwischen Wurzel, Stamm und Wort anhand dieses Beispiels.
(19)
Der Stamm
Wort
Stamm
Wurzel
-en (Flexionssuffix)
-heit (Derivationssuffix)
schön
Abbildung (19) zeigt, dass der Stamm aus der Wurzel und dem Derivationsaffix besteht und dass
der Stamm das Element ist, mit dem sich das Flexionsaffix verbindet. Der Stamm ist also eine
Gruppierung zwischen Wurzel und Wort. Mit dieser hierarchischen Struktur werden wir uns im
nächsten Abschnitt intensiver befassen.
Zusammenfassend können wir sagen, dass Derivation Prozesse der Neubildung von
Wörtern mit Affixen umfasst, Flexion Prozesse der Bildung von Varianten von Wörtern mit
Affixen. Derivation kann deshalb Wörter einer anderen syntaktischen Kategorie bilden, Flexion
nicht. Flexion spielt eine Rolle bei der syntaktischen Kongruenz und bildet Formen, die
Beschränkungen bezüglich ihrer Position im Satz unterworfen sind. Solche syntaktische
S. 14, Syntax 1: Einführung in die Morphologie
Beschränkungen spielen in der Derivationsmorphologie keine Rolle. Im Gegensatz zur Derivation
bildet Flexion außerdem Paradigmen. Flexionsaffixe treten immer außerhalb von
Derivationsaffixen auf. Der Stamm beinhaltet die Derivationsaffixe und ist das Element, an das
sich Flexionsaffixe anhängen.
DEFINITION
Stamm [E. stem]: morphologisches Element zwischen Wurzel und Wort; Derivationsaffixe sind
Teil des Stamms, Flexionsaffixe hängen sich an den Stamm an
6 Komposita und ihre Struktur
6.1 Hierarchische morphologische Struktur
Abbildung (20) zeigt Beispiele für Komposita, die Nomen sind, sowie die Struktur eines der
Beispiele der jeweiligen Spalte. Die Strukturen enthalten zum einen die Kategorien der beiden
Elemente des jeweiligen Kompositums, im Wort Hochschule zum Beispiel A für das Adjektiv
hoch und N für das Nomen Schule. Die Strukturen zeigen auch (jeweils im obersten Knoten) die
Kategorie des gesamten Kompositums was hier jeweils N ist. So ist zum Beispiel das Wort
Hochschule als Ganzes ein Nomen.
(20)
a. N N
Sonnenschein
Kettenraucher
Windpocken
b. A N
Hochschule
Kleinkind
Scharfschütze
N
c. P N
Überdosis
Unterschicht
Nachspiel
N
N
N
|
|
Sonnen - schein
N
A
N
|
|
Hoch - schule
P
N
|
|
Über - dosis
d. V N
Schimpfwort
Klapperschlange
Schleifstein
N
V
N
|
|
Schimpf - wort
Komposita können aus mehr als zwei Bestandteilen bestehen, wie Beispiel (21) zeigt. Hier hilft
die hierarchische Struktur dabei zu sehen, welche Teilkomposita im ganzen Kompositum
eingebettet sind.
Die eingebetteten Komposita (Konstituenten) werden durch eigenständige Knoten
dargestellt. In (21) sind dies die beiden Teil-Komposita Unterhaltsrecht und
Unterhaltsrechtsreform.
(21)
N
Eingebette
Komposita
N
N
N
N
N
N
|
|
Unterhalts – rechts – reform – gesetz
S. 15, Syntax 1: Einführung in die Morphologie
Die innere Struktur spielt insbesondere beim Erkennen und Auflösen von Mehrdeutigkeiten (ein
Wort, mehrere Bedeutungen) eine Rolle. Die Beispiele in (22) veranschaulichen dies.
(22)
a.
[Leder-hosen] -Träger
'Träger einer Lederhose'
Leder- [Hosen-träger]
'Hosenträger aus Leder'
b.
[Kinder-garten] -Stuhl
'Stuhl in einem Kindergarten'
Kinder- [Garten-stuhl]
'Gartenstuhl für Kinder'
Die Strukturen für die beiden Fälle in (22a) sehen Sie in (23). Ausschlaggebend für den
Bedeutungsunterschied ist die eingebettete Konstituente, also Lederhosen in (23a) und
Hosenträger in (23b). Dass diese Konstituenten Teil der Komposita sind, erkennen wir daran, dass
die Bedeutung der jeweiligen Konstituente in der Bedeutung des entsprechenden Kompositums eine
Rolle spielt. In (23a) zum Beispiel enthält die Bedeutung des Kompositums, nämlich „Träger einer
Lederhose“, die Bedeutung der Konstituente Lederhose. In (23b) dagegen ist Lederhose keine
Konstituente und somit auch in der Bedeutung des Kompositums, „Hosenträger aus Leder“, nicht
enthalten. Stattdessen ist hier die Konstituente Hosenträger enthalten und trägt zur Bedeutung des
gesamten Kompositums bei.
(23)
a.
N
N
b.
N
N
N
|
|
Leder - hosen - träger
N
N
N
N
N
|
|
Leder – hosen – träger
Die Zweideutigkeit des Wortes Lederhosenträger kann also so erklärt werden, dass ein Teil des
Kompositums entweder die Konstituente Lederhosen oder die Konstituente Hosenträger ist. Die
hierarchische Struktur ermöglicht es uns, den Unterscheid zwischen den beiden Fällen darzustellen
und die zwei unterschiedlichen Bedeutungen zu verstehen.
6.2 Der Begriff Kopf
Was bestimmt nun die grammatische Kategorie des gesamten Kompositums? Für die oben
behandelten Beispiele und auch sonst in den allermeisten Fällen (wenngleich nicht in allen Fällen)
gilt: Das gesamte Kompositum hat dieselbe Kategorie wie das Element, das am Wortende steht.
In (20) ist das am Wortende stehende Element immer ein Nomen, so dass auch die
Komposita alle Nomen sind. In (24) sehen Sie Beispiele, bei denen das Element am Ende ein
Adjektiv ist. Folglich sind auch die entstehenden Komposita Adjektive.
S. 16, Syntax 1: Einführung in die Morphologie
(24)
a. N A
welt-erfahren
wunder-schön
b. A A
hell-blau
weiß-glühend
A
c. P A
über-ängstlich
unter-entwickelt
A
N
A
|
|
welt – erfahren
A
A
|
|
hel l - blau
A
P
A
|
|
über - ängstlich
Die Bedeutung des letzten Elementes eines Wortes wird auch noch auf eine andere Art deutlich:
(25)
NN:
AN:
NA:
AA:
[Ketten-raucher] ist ein Rauchertyp (nicht ein Kettentyp)
[Hoch-schule] ist, im weitern Sinne, eine Schulart (nicht eine Art von hoch)
[wunder-schön] ist eine nähere Beschreibung von schön (nicht von Wunder)
[über-ängstlich] ist eine nähere Beschreibung von ängstlich (nicht von über)
Wie die Beispiele in (25) zeigen, ist die Bedeutung eines Kompositums in der Regel eine nähere
Beschreibung des Elementes am Wortende. Dieses Element wird deshalb von Linguisten als der
Kopf bezeichnet.
(26)
A
N
A
|
|
wunder - schön
dieses A ist der Kopf dieses As
Eine wichtige Rolle des Kopfes ist, dass er die grammatische Kategorie des Kompositums
bestimmt. Außerdem bestimmt er, „was das ganze ist“, zum Beispiel dass Lederhose eine
bestimmte Art von Hose ist. Wir könnten dies auch folgendermaßen darstellen:
(27)
[N, Hose]
[N, Leder]
[N, Hose]
Das gesamte Kompositum Lederhose ist ein Nomen und eine Art von Hose, entsprechend seinem
Kopf Hose am Wortende. Im Allgemeinen wird die Darstellung aus (26) verwendet, um
Komposita darzustellen, Es ist aber wichtig zu wissen, dass das ganze Kompositum eine näher
bestimmte Form des Kopfes ist und entsprechend dieselbe grammatische Kategorie wie der Kopf
hat.
Linguistische Wörterbücher und Terminologie
Es lohnt sich für angehende Studierende der Linguistik, sich ein gutes linguistisches Lexikon
zuzulegen und regelmäßig zu verwenden. Für das Deutsche ist Bußmann 2002 einschlägig (29,80
€). Wer es lieber auf English hat, für den können wir Crystal 2001 (12,99 €) für den Anfang
empfehlen; Crystal 2003 (24,20 €) ist ausführlicher und informativer für später.
S. 17, Syntax 1: Einführung in die Morphologie
Literaturhinweise
...
Die Sprache Tohono O’odham, in der man die Wortbetonung schön in der Satzmelodie sehen
kann (S. 3 des Kapitels) ist in Hale und Selkirk 1987 beschrieben.
...
Literaturangaben
Bußmann, Hadumod. 2002. Lexikon der Sprachwissenschaft. Dritte Auflage. Stuttgart: Kröner.
Crystal, David. 2001. A dictionary of language. Chicago, Ill.: The University of Chicago Press.
Crystal, David. 2003. A dictionary of linguistics and phonetics. Fünfte Auflage. Malden, Mass.:
Blackwell.
Hale, Ken und Lisa Selkirk, 1987, Government and Tonal Phrasing in Papago. Phonology
Yearbook 4:151-183.
...
Allgemeine Hinweise zu Übungsaufgaben
Sie sollten zu einer gut durchdachten und klar präsentierten Antwort kommen. Folgende Schritte
können wir empfehlen:
Schritt 1: Denken Sie über die Aufgabe nach, machen Sie sich Notizen, und skizzieren Sie bei
komplexeren Aufgaben die Lösung in Ihren Notizen.
Schritt 2: Konzentrieren Sie sich und präsentieren Sie die Antwort so klar und strukturiert wie
möglich. Die Antwort sollte alle relevanten Daten, Zeichnungen, Kommentare und Vorschläge
enthalten .
Übungsaufgaben
1.
a. Zeichnen Sie für jedes der folgenden komplexen Wörter seine interne
Konstituentenstruktur mit den entsprechenden Kategorien.
Beispiel: Tischtuch
N
N
Tisch -
N
tuch
Jetzt Sie: Hochbett, weitspringen, radfahren, Unterhose, Drehscheibe, trinkfest
b. Das Wort Studenten-WG-Party ist strukturell zweideutig. Zeichnen Sie beide
Strukturen und erläutern Sie die Zweideutigkeit. (WG können Sie hierbei als ein Wort
behandeln.)
S. 18, Syntax 1: Einführung in die Morphologie
2. Trennen Sie für jedes der folgenden Wörter die Morpheme voneinander ab, aus denen es
besteht und bestimmen Sie für jedes Morphem, ob es
a. frei oder gebunden ist.
b. eine Wurzel (V, N oder A?) oder ein Affix (welches?) ist oder ob die Einordnung
unklar ist (warum?).
Beispiel:
Gabeln
Gabel: frei, Wurzel (N)
-n: gebunden, Flexionssuffix (Plural)
Jetzt Sie: schönerer, Schornstein, verkleinern, wunderliches, Himbeeren
3. Analysieren Sie die folgenden Wörter:
a. Was ist die Wurzel?
b. Was ist der Stamm?
c. Aus welchen Affixen besteht es?
Beispiel: Schwangerschaften
Schwanger-schaft-en
Wurzel: schwanger
Stamm: Schwangerschaft
Flexionssuffix: -en
Jetzt Sie: Nichtraucher, freundschaftliche, Betrübnisse, Vergleichbarkeit, humorvoller
4. Ist hydro ein gebundenes oder ein freies Morphem? Ist es ein Stamm oder ein Affix?
Argumentieren Sie, indem Sie sich auf die folgenden Daten beziehen.
*Hydro, *Hydros, hydrodynamisch, Hydromotor, hydrieren, dehydrieren
5. Ist hyper ein gebundenes oder ein freies Morphem? Ist es ein Stamm oder ein Affix?
Argumentieren Sie, indem Sie sich auf die folgenden Daten beziehen.
hyperaktiv, hyperventilieren, Hypermobilität, *hyper, *hyperer, *Hyperchen, *(du) hyperst
6. Was spricht dafür, was dagegen –igkeit, zumindest in manchen Fällen, als ein Suffix zu
analysieren? Argumentieren Sie, in dem Sie sich auf folgende Beispiele beziehen:
Rechtmäßigkeit, Gleichwertigkeit, Neuigkeit, Schlaflosigkeit, Nettigkeit
Wenn man es als Suffix analysiert, an Wörter welcher Wortart hängt es sich an und Wörter
welcher Wortart bildet es?
S. 19, Syntax 1: Einführung in die Morphologie
Lösen Sie die folgenden Aufgaben für Ihre Muttersprache. Zeigen Sie in Ihren Lösungen, dass Sie
folgende Begriffe anwenden können: Morphem, Wort, freies Morphem, gebundenes Morphem,
funktionales Morphem, lexikalisches Morphem, Wurzel, Stamm, Affix, Präfix/Suffix, Derivation,
Flexion, Komposition, Kompositum, Paradigma. Die Lösungen sollten knapp und klar formuliert
und strukturiert dargestellt sein.
7. Schreiben Sie ein Paradigma für die Konjugation eines Verbs, mit 1., 2. und 3. Person Singular
und Plural. Trennen Sie die Morpheme.
8. Wählen Sie ein Derivationsaffix und illustrieren Sie seine Funktion anhand von vier
Beispielen. Geben Sie an, mit Wörtern welcher Kategorie es sich verbindet und welche
Kategorie die entstehenden Wörter haben.
9. Nennen Sie drei Wörter, die aus zwei Komponenten bestehen, und zeichnen Sie die Struktur
jedes dieser Wörter mit den entsprechenden Kategorien, analog zu den Beispielen des
Kapitels.
S. 20, Syntax 1: Einführung in die Morphologie
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