AIDS – Auf der Suche nach der Wunderwaffe

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Das
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Biologie und Biotechnologie, Medizin, Astronomie, Physik, Technik
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Bild
der
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sowie
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natur.deunddamals.de.
02|Inhalt
01
02
ÜBERUNS
INHALT
03
AIDS
Auf der Suche
Wunderwaffe
04
IMPRESSUM
nach
der
03|Aids
AufderSuchenachder
Wunderwaffe
VONNADJAPODBREGAR
WieistderStandderAids-Forschungheute-knapp20Jahrenachdem
AuftretenderEpidemie?WirdeseinenImpfstoffgeben,derMenschen
weltweitvorderInfektionmitdemtödlichenVirusschützt?
UNAIDS:AIDSWÜTETWIENIEZUVOR
D
rei Millionen Tote in diesem Jahr: London (rpo). Die
Immunschwäche Aids wütet weiter weltweit. Allein in
diesem Jahr werden drei Millionen Tote erwartet, so viele
wie nie zuvor. Und auch die Zahl der Neuinfektionen war
niehöher.DieZahleninDeutschlandgehenauchwiederindieHöhe.Zu
diesem
deprimierenden
Resultat
gelangen
das
AidsBekämpfungsprogramm der Vereinten Nationen (UNAIDS) und die
Weltgesundheitsorganisation (WHO) in ihrem Jahresbericht zur
Ausbreitung der Krankheit, der am Dienstag in London veröffentlicht
wurde.DemnachstarbenindiesemJahretwadreiMillionenMenschen
an Aids, fünf Millionen infizierten sich mit HIV. “Unsere derzeitigen
weltweiten Bemühungen bleiben gänzlich unangemessen angesichts
einer Epidemie, die weiter außer Kontrolle gerät”, sagte UNAIDSDirektorPeterPiot.Weltweitderzeitetwa40MillionenHIV-InfizierteDer
Bericht korrigiert vorangegangene Schätzungen leicht nach unten. Die
Zahlen von 5 Millionen Neuinfizierten und 3,1 Millionen Aidstoten aus
dem vergangenen Jahr hätten sich als etwas zu hoch erwiesen,
erläuterte UNAIDS-Epidemiologe Peter Ghys. Dies bedeute jedoch
nicht, dass die Zahl der HIV-Infizierten gesunken oder etwa die
Aidsepidemie rückläufig sei, betonte UNAIDS. Bessere Daten hätten
lediglichzugenauerenSchätzungengeführt.DemneuenBerichtzufolge
leben weltweit derzeit etwa 40 Millionen HIV-Infizierte, darunter 2,5
MillionenKinderundJugendlicheunter15Jahren.ImJahr2003steckten
sich täglich 14 000 Menschen neu mit dem Virus an, hieß es. Von
diesenlebtenmehrals95ProzentinLändernmitdurchschnittlichenoder
niedrigenEinkommen.
39.000InfizierteinDeutschland
InDeutschlandistdieZahlderHIV-NeuinfektionenimvergangenenJahr
erstmals seit 1997 wieder gestiegen. Dies geht aus dem UNJahresberichthervor,derallerdingskeineZahlennennt.NachZahlendes
Robert-Koch-InstitutslebtenEnde2002rund39.000MenschenmitHIVInfektion in der Bundesrepublik. Die Neuinfektionen im vergangenen
Jahrwurdenauf2.000beziffert.ImGegensatzzuUNAIDSsprichtdas
Institut bei den Neuinfektionen des vergangenen Jahres offiziell noch
nicht von einem Anstieg. Ein Sprecher des Instituts erläuterte der AP,
dass aus dem Datenmaterial in der Tat ein leichter Anstieg
herausgelesen werden könne, der aber möglicherweise mit dem
Meldeverhaltenzuerklärensei.DeshalbinterpretieredasRobert-KochInstitut die Daten vorsichtiger. Fest stehe, dass ein abnehmendes
Schutzverhalten und eine Zunahme riskanter Sexualpraktiken bei
homosexuellenMännernzubeobachtensei.Vondaherkönnemiteiner
Tendenz zur Zunahme von HIV-Erkrankungen gerechnet werden. Das
belegtenauchdieZahlendeserstenHalbjahres2003.
SüdlichesAfrikaamschlimmstenbetroffen
AmschlimmstenbetroffensindweiterhindieLänderimsüdlichenAfrika.
Dort seien mittlerweile 20 Prozent aller Erwachsenen infiziert, dies sei
die höchste Rate seit Ausbruch der Aids-Epidemie. “Effektive HIVVorbeugeprogrammemüssendrastischverstärktwerden,wennwireine
realistische Chance haben wollen, die Zahl der Neuinfektionen
einzudämmen”,sagtePiot.EineneueHIV-WellebedroheChina,Indien,
Indonesien und Russland, hieß es weiter. Die meisten Infektionen
rührten dort von ungeschütztem Sex und Drogenspritzen her. Es gebe
klareWarnsignale,dassOsteuropaundZentralasienAusgangspunktfür
neueAids-Epidemienwerdenkönnten,heißtesindemBericht.Obwohl
politischeKampagnenunddieAusgabenfürdenKampfgegenAidsin
den vergangenen Jahren ständig zugenommen hätten, seien die
Verbesserungen zu gering. Besonders der Zugang zu Behandlungen
müsse dringend verbessert werden. Außer den unzureichenden
Behandlungsmöglichkeiten kritisiert der UNAIDS-Bericht insbesondere,
dass in vielen betroffenen Ländern “überraschend wenig” getan werde,
um grundlegende und kostengünstige Vorbeugemaßnahmen
umzusetzen.
IMMERMEHRHIV-INFIZIERTEINDEUTSCHLAND
R
obert Koch-Institut: Jährlich 700 Aidstote: In Deutschland
leben derzeit nach aktuellen Schätzungen des Robert
Koch-Institutsetwa40.000bis45.000Menschenmiteiner
HIV-Infektion.“DieZahlderHIV-Infiziertenwirdauchinden
kommenden Jahren weiter steigen, da dank der Behandlungserfolge
wenigerMenschensterben,alssichimselbenZeitraumneuinfizieren”,
sagt Reinhard Kurth, Präsident des RKI. Jedes Jahr stecken sich rund
2.000MenschenneumitHIVan,600bis700proJahrsterbenanden
FolgenderHIV-Infektion.EtwadieHälftederNeuinfiziertensindMänner
mit gleichgeschlechtlichen Sexualpartnern. Nach einem leichten
Rückgang der HIV-Erstdiagnosen am Ende der Neunzigerjahre haben
die Infektionsepidemiologen im RKI in dieser Gruppe aktuell wieder
einenleichtenAnstiegregistriert.Etwazeitgleichistseitetwa1999die
Zahl der Syphilisinfektionen bei Männern mit gleichgeschlechtlichen
Sexualkontakten deutlich gestiegen. Untersuchungen zum sexuellen
Risikoverhalten homosexueller Männer in Deutschland belegen seit
Mitte der Neunzigerjahre einen allmählichen Rückgang des
Kondomgebrauchs und eine Zunahme von sexuellen Risikokontakten.
EinzunehmendesProblembeiderBehandlungderHIV-Infektionistdie
EntwicklungvonResistenzengegendieverfügbarenMedikamente.
Die unter der Therapie
resistent gewordenen Viren
könnenaberbeiungeschützten
Sexualkontakten auch auf
andere übertragen werden.
Eine vom Robert Koch-Institut
initiierte Studie zeigt: etwa
jeder sechste steckt sich mit
HI-Viren an, die bereits bei
mindestens
einem
der
gängigen Medikamente eine
verringerte
Empfindlichkeit
zeigen.
“Daher
sollte
HI-Virus©CDC
entsprechend
der
europäischen Therapierichtlinien vor Behandlungsbeginn eine
Resistenztestung durchgeführt werden”, unterstreicht Reinhard Kurth.
Auf einem europäischen Treffen der nationalen HIV-Epidemiologen
kürzlich in Paris wurde aus einigen Ländern Westeuropas über eine
zunehmende Zahl von neu diagnostizierten HIV-Infektionen vor allem
unter Personen aus so genannten Hochprävalenzgebieten berichtet.
Gleichzeitig gewinnen insbesondere die HIV-Infektionen bei
Drogengebrauchern aus Osteuropa zunehmend an Bedeutung. “Vor
diesem Hintergrund ist die Ankündigung über das Auslaufen der EUFörderung für das Projekt EuroHIV auf völliges Unverständnis der
versammelten nationalen Experten gestoßen”, sagt Dr. Osamah
Hamouda, Leiter des Fachgebietes Sexuell übertragbare Infektionen,
der das Robert Koch-Institut in Paris vertreten hat. EuroHIV sammelt,
bewertet und veröffentlicht regelmäßig die aktuellen epidemiologischen
Daten aus den Mitgliedsstaaten der EU sowie den 51 Staaten der
WHO-EURO-Region.
WAFFEGEGENEINVIRUSGESUCHT…
D
as Problem der richtigen Ansatzstelle: Wenn der AidsErregereinBakteriumwäre,gäbeesheutevermutlichkein
Aids-Problem mehr. Denn während gegen BakterienErreger meist früher oder später ein wirksameres Mittel
gefundenwird,istgegenvieleViren,darunterauchdasGrippevirusoder
derErregerderHirnhautentzündung,nochimmerkeinKrautgewachsen.
ObwohldiewinzigenOrganismennurwenigmehrsindalseinPaketvon
Erbinformation mit Hülle, ist auch die moderne Medizin gegen die
meisten Viruserkrankungen machtlos. Eine Ursache für diese
scheinbare Unbesiegbarkeit ist die Lebensweise des Virus: Im
GegensatzzueinemBakteriumzerstörteinVirusdieZellenseinesWirts
nichtvonaussen,sondernvoninnen.EsdringtindieZelleeinundbringt
sie dazu, ihre gesamte Arbeit in den Dienst der Virusvermehrung zu
stellen.
DurchdieindieWirts-DNAeingeschleuste
ErbinformationdesViruswirddieZelleso
umprogrammiert, dass sie statt der zellund
körpereigenen
Proteine
nun
Virusbausteine produziert. Dem HI-Virus
reichen dazu ganze neun Gene, sie
enthalten alle Information, die es braucht,
um in gesunde menschliche Zellen
einzudringen und sie zu HI-Virusfabriken
umzuprogrammieren. Diese Methode der
VermehrungdesAids-Virusin
Vermehrung ist nicht nur enorm effektiv
derZelle©Podbregar,verändert
nachNIH
und sparsam - die Arbeit erledigt ja
praktischerweise die Wirtszelle - sie
schützt das Virus bis zu einem gewissen Grad auch vor Angriffen der
körpereigenenAbwehrodereinementsprechendenMedikament.Jeder
Wirkstoff gegen das Virus muss so konstruiert sein, dass er zwar das
Virus vernichtet oder blockiert, dabei aber die Wirtszelle verschont.
Aidsforscher suchen daher gezielt nach Stadien im Lebenszyklus des
HI-Virus,diesichdeutlichvomLebenszyklusderWirtszelleabhebenund
dadurchdenVirusfüreineTherapieangreifbarmachen…
PRINZIP:BLOCKIERENWOESNURGEHT
D
ie Ansatzstellen der gängigen Aids-Medikamente: Einige
derheutegebräuchlichenAids-Medikamente,darunterauch
AZT und 3TC, setzen an einer typischen Eigenschaft von
Retrovirenan,zudenenauchHIVgehört:WenndasVirus
in eine T-Helferzelle eindringt, nutzt es als erstes die chemischen
BausteinederZelle,umseineErbinformationumzuformatieren.Ausder
Virus-RNA wird mithilfe eines speziellen Enzyms, der reversen
Transkriptase, eine DNA. Hemmt man dieses Enzym, kann das Virus
seine Erbinformation nicht umbauen, ein Einbau in die Wirts-DNA ist
damit unmöglich. Eine weitere Ansatzstelle bietet der nächste Schritt,
der Einbau der Virus-DNA in die Erbinformation der Wirtszelle. Auch
hierfüristeinEnzym,dieIntegrase,nötigundauchdiesesversuchtman
mitgezieltenMedikamentenzuhemmen.
EbenfallsnochimVersuchsstadiumsindWirkstoffe,diedieTranslation
verhindern sollen, den Schritt, bei dem die vom Virus veränderte ZellDNABefehlezumVirusbauan
die Produktionsstätten der
Zelle sendet. Bisher gängige
Therapien setzen aber auch
noch später im Lebenszyklus
des HI-Virus an: Wenn die
Zelle neue Virusbausteine
produziert, müssen diese wiedermithilfeeinesEnzymszerschnittenundzukompletten
neuenVirenzusammengesetzt
werden. Proteasehemmer wie
Ritonavir,
Indinavir
oder
AnsatzstellengängigerAids-Medikamente©
Podbregar,verändertnachNIH
Nelfinavir blockieren diesen
Schritt, indem sie das Enzym hemmen. Sie verhindern so, dass die
neuen Viren funktionsfähig werden. Versuche, dem Virus bei seiner
Vermehrung“Steine”indenWegzulegen,gibtesbisherviele-einige
davon mehr, einige weniger erfolgreich. Aber eines ist ihnen allen
gemeinsam:EineendgültigeHeilungbewirkensienicht.Schulddaranist
unteranderemdieWandelbarkeitdesVirus:DurchMutationenverändert
es nicht nur immer mal wieder seine Oberflächenproteine und lässt
damit beispielsweise Impfstoffe ins Leere laufen, auch die Strukturen
seiner Enzyme wandeln sich mit der Zeit bis zu einem gewissen Grad
und machen damit einige der Waffen gegen das Virus schnell wieder
stumpf…
DIEÜBERSETZUNGVERHINDERN
R
everseTranskriptaseInhibitoren:WiealleRetrovirenmuss
das HI-Virus, wenn es erfolgreich eine Zelle “kapern” will,
erst einmal sein eigenes Erbmaterial in eine der Zelle
verständliche “Sprache” übersetzen. Es muss dazu seine
virale RNA in eine DNA umwandeln. Das dafür nötige Enzym, die
reverseTranskriptase,bringtdasVirusderEinfachheithalbergleichmit,
die Bausteine für die neue DNA-Kopie seines Erbguts aber nimmt es
ausderWirtszelle.DasEnzymbautdieneueDNA-Ketteauf,indemes
dieRNAalsSchablonebenutzt,andasesnacheinanderdiepassenden
Gegenstücke aus den Nucleosidbausteinen der Wirtszelle anlagert, bis
ein kompletter DNA-Strang entstanden ist. Um diesen entscheidenden
Übersetzungsprozess zu blockieren, gibt es unterschiedliche
Möglichkeiten. Die meisten der heute gängigen Medikamente, darunter
auch das AZT, sind sogenannte Nucleosid-Analogika, Substanzen, die
sich
als
Nucleosidbausteine
der
Wirtszelle
tarnen.
Das
Übersetzungsenzym des Virus kann nicht zwischen den “falschen” und
den echten Bausteinen unterscheiden, und baut daher auch die
“falschen” in die neue DNA-Kette ein. Doch die Analogika bilden keine
Querverbindungen zu benachbarten Bausteinen aus und unterbrechen
so die DNA-Kette, die Übersetzung des Virus-Erbguts ist verstümmelt
unddamitnichtmehrlesbar.
Leider hat diese Therapie auch einen
Haken: Die “falschen Bausteine” können
nämlich auch von gesunden menschlichen
Zellen aufgenommen werden, und dort
irrtümlich in DNA-Moleküle eingebaut
werden. Zwar kann das entsprechende
menschliche Umbauenzym, die DNAPolymerase, offenbar die falschen
Bausteine von den echten unterscheiden
und baut sie daher nicht in die Kern-DNA
ReverseTranskriptase©CDC
ein. Aber die Enzyme, die für die
Mitochondrien-DNA zuständig sind, können dies nicht. Wenn sie die
“Mogelpackungen” in die Mitochondrien-DNA einbauen, geht das
Mitochondrium und mit ihm die gesamte Zelle zugrunde. Die typischen
Nebenwirkungen einer AZT-Therapie, darunter Muskelschwund,
Neuropathie und Pankreasbeschwerden sind auf dieses Zellensterben
zurückzuführen. Auf der Suche nach Medikamenten mit weniger
gravierenden Nebenwirkungen wurden inzwischen auch reverse
Transkriptase-Hemmstoffe gefunden, die keine Nucleosid-Analogika
sind. Auch sie scheinen die Übersetzung der Virus-RNA erfolgreich
blockieren zu können, wie und warum dies allerdings geschieht, ist bei
den meisten dieser Mittel noch nicht klar. Zu dieser Gruppe gehören
WirkstoffewieNevirapin,DelavirinundEfavirez.
DIEPROTEIN-SCHERESTUMPFMACHEN…
P
rotease-Inhibitoren: Auch eine der neueren und bislang
wirkungsvollsten
Aidstherapien
basiert
auf
“Mogelpackungen”, die in die befallenen Zellen geschleust
werden: Ähnlich wie die reverse Transkriptase-Hemmer
setzen auch die sogenannten Protease-Hemmer an einem Enzym an,
ohne das sich das Virus in der Wirtszelle nicht vermehren kann. Die
Protease spielt eine entscheidende Rolle beim Zusammenbau der
neuproduziertenViren:Esistgewissermaßendie“Schere”,mitderdie
vomVirengenomerzeugtenProteineinkleinereStückeunddamitindie
eigentlich funktionellen Einheiten wie beispielsweise Enzyme
zerschnitten werden. Erst diese kurzen Stücke können dann zu neuen
Viren zusammengesetzt werden. Die neuentwickelten ProteaseHemmer ähneln in ihrer Struktur den Proteinketten, die die Protease
normalerweise zerschneidet. Wenn jedoch das Enzym bei diesen
vermeintlichen Proteinketten zum Schnitt ansetzt, verklebt die “falsche
Kette”dieSchnittflächenderEnzymschereundsetztsiedadurchausser
Gefecht.
Als Folge entstehen nur
wenige,
fehlerhafte
Viruskopien
und
die
Vermehrung des Virus ist
gestoppt. Drei ProteaseHemmer - Indinavir (Crivixan),
Ritonavir
(Norvir)
und
Saquinavir (Invirase) sind
inzwischen in den USA zur
Nutzung in Kombination mit
Protease-Inhibitor©verändertnachNIH
reverse
TranskriptaseHemmernfreigegeben,einviertesPräparat-Nelfinavir(Viracept)-wird
zur Zeit noch getestet. In Studien gelang es mit diesen Mitteln, die
Viruskonzentration bei HIV-Infizierten um bis zu 99 Prozent zu
reduzieren. Allerdings kann auch der Protease-Inhibitor das Virus nicht
ganz vernichten, auch er ist keine Wunderwaffe gegen Aids. Die
Protease-HemmersetzennuranZellenan,indenendasVirussichaktiv
vermehrt, Viren, die sich gerade in einer Latenz- oder Ruhephase in
einer Zelle befinden, bleiben verschont. Da Protease-Inhibitoren wie
AZTundanderereverseTranskriptase-Hemmerauch,meistlebenslang
genommen werden müssen, um ein neues Ansteigen der
Viruskonzentrationen zu verhindern, ist die Gefahr von
Resistenzbildungensehrhoch.Umdieszuvermeiden,werdenheutein
der Aids-Therapie meistens Kombinationen aus reverse-TranskriptaseundProtease-Hemmerneingesetzt.DennochkönnendieForschernicht
sicher sein, dass sie das Rennen gegen die Resistenz gewinnen. Sie
suchen daher nach immer neuen Wirkstoffen, die die Protease
blockieren und bei Auftreten einer Resistenz den alten Wirkstoff
ersetzenkönnen.
DIESELBSTMORD-STRATEGIE
A
poptose-Induktion bei HIV-befallenen Zellen: Fast alle
gängigen Ansätze in der Aids-Therapie konzentrieren sich
bisher darauf, in den Lebenszyklus des Virus einzugreifen
und ihn dadurch an der Vermehrung und am Befall neuer
Zellen zu hindern. Inzwischen verfolgen jedoch einige Forscher eine
völlig neue Strategie, sie wollen nicht den Virus stören, sondern
kurzerhandgleichdiegesamtebefalleneZelleeliminieren.IhrArgument:
Nicht die neu “vom Band laufenden” Viren müssen bekämpft werden,
sonderndie“Virusfabriken”selbst.GeradedieinfiziertenZellensindes,
die für den andauernden Nachschub von Viren im Körper sorgen. Bei
denüblichenTherapienwirdzwardieVirusvermehrunginihremInneren
blockiert, aber diese Wirkung hält nur solange an, wie auch genügend
Hemmstoffevorhandensind.SinktdieWirkstoffkonzentration,läuftdie
Produktion in den “Virusfabriken” wieder an und der Viruspegel im
Körper steigt. Eine Lösung für dieses Problem könnten nun Forscher
der amerikanischen Washington Universität gefunden haben. Sie
entdeckteneineArt“Selbstmord-Enzym”,dass,einmalineinebefallene
Zelle eingeschleust, diese dazu bringt, sich selbst zu zerstören. Das
Enzym,dieCaspase,gehörtzurGruppederProteasen,denEnzymen,
diealsSchereninderZelleAminosäurekettenzerschneiden.Dochwie
läßt sich dieses Selbstmord-Enzym in die Zellen einschleusen? Auch
hierfürfandendieForschereineLösung:SienutzeneinHIV-Proteinals
Träger.DieCaspasewurdesogenetischverändert,dasssieeinenTeil
eines HIV-Proteins mit sich führt. Dieses Protein hilft normalerweise
demVirus,relativproblemlosindieWirtszelleneinzudringen,undeignet
sich daher optimal als Schleusermolekül für das “Selbstmord-Enzym”
Caspase.EinmalinderbefallenenZelleangelangt,nutztdastrojanische
PferdnunauchnochdieDiensteeinesweiterenVirusproteins,umsich
vonseinemTrägerzubefreien.DasfreieCaspase-Molekülmachtsich
prompt an die Arbeit und programmiert die Zelle so um, dass sie
Selbstmord begeht und abstirbt. Erste Laborversuche haben gezeigt,
dassdieseMethodeoffenbarnichtnurhocheffizientinderVernichtung
der infizierten Zellen ist, sondern auch die gesunden Zellen verschont.
Da bei diesem Therapieansatz nicht in den Lebenszyklus des Virus
sondern in den der Zelle eingegriffen wird, ist auch die Gefahr einer
Resistenzbildung sehr gering. Der Vorteil dieser Therapie liegt auf der
Hand: Da der Wirkstoff nicht ständig in hoher Konzentration präsent
sein muss, um seine Wirkung zu entfalten, könnte es genügen, diese
BehandlungeinpaarMalinunregelmäßigenAbständenzuwiederholen,
umnachundnachallebefallenenZellenunddamitauchdie“Nester”der
VirenimKörperzueliminieren.DieTherapiewäredamiteinfacherund
erheblich billiger als alle bisher gängigen Behandlungsmethoden. Ist
damit vielleicht endlich die Wunderwaffe gegen Aids in Sicht? Die
Hoffnungensindgroß,dochnochsindkeineklinischenTestsgelaufen.
ObdieMethodetatsächlichauchbeimMenschensoeffektivfunktioniert
wieimLabor,musssicherstnocherweisen.
DASÜBELANDERWURZELPACKEN…
G
entherapiegegenAids?:LangeZeithatdieAidsforschung
vor allem nach immer neuen Möglichkeiten gesucht, die
Protein-undEnzymfunktionendesHI-Viruszustörenund
damit seine Vermehrung zu verhindern. Doch mit den
FortschritteninderGentechnikkönnteesnunmöglichwerden,dasÜbel
anderWurzelzupacken-direktdieVirus-Geneanzugreifen,diefürdie
Bildung der Proteine und Enzyme verantwortlich sind. Die bisher
laufendenForschungenzurGentherapiebeschränkensichmeistaufdie
Heilung von vererbten Gendefekten durch eine “Reparatur” des
menschlichenGenoms.DochdergleicheMechanismuskönntevielleicht
auch genutzt werden, um den “erworbenen Gendefekt HIV” zu heilen.
Dazu müsste die DNA von HIV-befallenen Zellen vom eingeschleusten
Viruserbgutbefreit,dieviraleDNAsozusagen“herausrepariert”werden.
Auf der Suche nach einer Gentherapie gegen Aids konzentrieren die
ForscherihreSucheaufdreimöglicheStrategien:dertherapeutischen,
bei der das Virus-Genom in den befallenen Zellen zerstört wird, der
protektiven,beiderdiegesundenZellensoverändertwerden,dasssie
nicht mehr vom HI-Virus befallen werden können, und schließlich der
unterstützenden, bei der das Immunsystem so gestärkt wird, dass es
aus eigener Kraft HIV-infizierte Zellen angreifen und zerstören kann. In
den USA sind seit 1995 zwölf Studien genehmigt worden, die
unterschiedliche therapeutische Strategien untersuchen. In einigen soll
die Körperzelle selbst spezielle Moleküle produzieren, die Virus-RNA
erkennt und sie zerschneidet, noch bevor sie in DNA übersetzt und in
den Zellkern eingeschleust werden kann. Forscher der Universität von
Michigan wollen dagegen Gene in die Zellen einschleusen, die die
Produktion von mutierten Virus-Proteinen steuern. Diese als
“transdominante Mutantenproteine” bezeichneten Fehlkonstruktionen
werden zwar in neue Viren eingebaut, blockieren dann aber die
Vermehrung.ErsteTests,beidenenHIV-positivenProbandeninfizierte
T-Helferzellen entnommen, mit den entsprechenden Genen versehen
und wieder in die Blutbahn gespritzt wurden, zeigten, dass die so
behandelten Zellen erheblich länger überlebten, als unbehandelte
Helferzellen. Wieder andere Forschergruppen verfolgen eher die
unterstützende Strategie, bei der entweder die T-Killerzellen gestärkt
oder aber gegen die Infektion durch das HI-Virus geschützt werden
sollen. Bei beiden Ansätzen werden den behandelten Personen
zunächst die betreffenden Immunzellen entnommen und durch den
Einbau eines neuen Gens verändert. Um möglichst viele von diesen
gentechnisch veränderten Zellen zu erhalten, werden sie anschließend
geklontunddemPatientendurcheineInfusionwiederinjiziert.Bisherist
diese auch als “adoptive cell therapy” bekannte Technik jedoch nicht
sehr erfolgreich: In klinischen Tests wurden die frisch injizierten Zellen
sofort vom Körper als “fremd” erkannt und zerstört. Zwar hat unlängst
einPharmaunternehmenverkündet,manhabenuneinenneuenTransferVektor gefunden, der keine Abstoßungsreaktion hervorrufe, doch
umfangreichereTestsindbisherdamitnichtgelaufen.DasProblem,wie
die veränderte Erbinformation am besten in die Zellen des Patienten
kommt, konnte bisher für keinen der gentherapeutischen Ansätze
befriedigendgelöstwerden.Wederdiein-vitro-VeränderungvonZellen
mit anschließendem Klonen und Rückinfusion, noch die gängige
Methode,beidereinunschädlichgemachtesVirusdasveränderteGen
in die Zell-DNA einbauen soll, sind bisher effektiv genug. Und selbst
wennderTransfergelingensollte,bleibtdieUngewissheitübermögliche
Spätfolgen eines solchen Eingriffs in das Erbgut. Hinzu kommt, dass
dieseArtdergentherapeutischenBehandlungextremteueristunddamit
wohlkaummassentauglichseindürfte.
STOCHERNIMNEBEL….
I
mpfstoffforschungmitHindernissen:Auchwennesinzwischenfür
die Aids-Therapie einige vielversprechende Ansätze gibt, in der
Impfstoffforschung sind die Ergebnisse eher kümmerlich. Nach
mittlerweile15JahrenderSuchehatesmehrfalscheHoffnungen
und Holzwege als tatsächlich erfolgreiche Ansätze gegeben. Keinem
derexperimentellenImpfstoffeistesbishergelungen,denHindernislauf
derTestsbiszumSchlusszudurchlaufen.UnddiePrognosenfüreinen
effektiven Impfstoff lauten nach wie vor: “Frühestens in fünf bis zehn
Jahren.” Dies ist um so fataler, da nur ein Impfstoff einen echten
DurchbruchimKampfgegendiesichnochimmerausbreitendeSeuche
bringen kann. Er könnte im Idealfall eine Neuinfektion verhindern oder
aber wenigstens - so die Hoffnung der Forscher - den Ausbruch der
Krankheit bei bereits Infizierten blockieren. Weltweit sind die
Aidsforscher deshalb schon seit Jahren fieberhaft auf der Suche nach
einer solchen Waffe gegen die Krankheit. Sie verfolgen dabei sehr
unterschiedliche Ansätze und testen sowohl die Wege der klassischen
Impfstoffforschung, als auch völlig neue, bisher noch nie im Kampf
gegeneinViruseingesetzteMethodenundStrategien.
DieWandelbarkeitdesVirusunddienoch
immer nicht vollständig verstandenen
Mechanismen,diebeiderHIV-Infektionim
KörperundindenZellenablaufen,machen
ihre Suche nach einem Impfstoff nicht nur
zueinemRennengegendieZeit,sondern
stellenweise auch zu einem Hindernislauf
im Nebel. An den bisher mangelnden
konkreten Erfolgen sind jedoch auch die
Pharmakonzerne nicht ganz unschuldig:
Während für die Entwicklung von AidsHI-Viren©CDC
Therapien Milliardensummen investiert
werden, erhält die Impfstoffforschung nach wie vor nur einen Bruchteil
dieser Förderung. Ein Impfstoff, der im besten Falle nach einmaligem
Einsatzdauerhaftschützt,istebenlangenichtsolukrativwieeinAidsMedikament, dass von den HIV-Infizierten lebenslang genommen
werden muss. Inzwischen beginnt sich allerdings diese Haltung zu
verändern,derpolitischeDruckaufdieKonzernewächst:1997erklärte
der amerikanische Präsident Bill Clinton die Entwicklung eines AidsImpfstoffs innerhalb der nächsten zehn Jahre zu einem offiziellen
nationalen Ziel der USA. Auf internationaler Ebene riefen die G7 und
G8-GipfelzumKampfgegenAidsundderverstärktenSuchenacheiner
wirksamen Impfung als globale Aufgabe auf. Die 1996 gegründete
InternationaleAids-VaccineInitiative(IAVI),eineregierungsunabhängige
Organisation, die es sich zum Ziel gesetzt hat, die Entwicklung eines
sicheren, effektiven und weltweit allen zugänglichen Impfstoffes zu
fördern, hat sich inzwischen zu einer der treibenden Kräfte in der
internationalen Koordinierung der unterschiedlichen Forschungsansätze
entwickelt. Unterstützt wird die Initiative nicht nur durch Spenden von
Privatmenschen und Organisationen, auch politisch Verantwortliche
tragendieIAVImit.1999gehörtedahernichtnurBillGatesmitimmerhin
25 Millionen Dollar zu den Spendern, auch die britische Regierung
unterstützte die IAVI mit 14 Millionen Pfund. Doch selbst unter den
mittlerweileetwasbesserenfinanziellenBedingungenistdieSuchenach
einerwirksamenStrategiegegenAidsnichteinfach.Vielederanfänglich
favorisiertenklassischenAnsätzehabensichinzwischenalsungeeignet
herausgestellt, die neuen Techniken und Methoden sind zwar
vielversprechend, aber noch unerforscht und wegen ihrer Komplexität
erheblichzeitaufwendiger.
ERSTERVERSUCH:DIEKLASSISCHEVARIANTE
S
chutzimpfung mit abgeschwächten oder abgetöteten
Erregern:ImPrinziphabenalleImpfstoffedasgleicheZiel:
zuverhindern,dasseineKrankheitausbricht.UmdiesesZiel
zu erreichen, nutzen sie jedoch ganz unterschiedliche
Strategien. Am besten wäre es natürlich, schon von vornherein jede
Infektion mit einem Krankheitserreger zu verhindern, doch dies gelingt
bisher kaum einem Impfstoff. In den allermeisten Fällen setzt der
Imfpschutz erst ein, wenn die Erreger bereits in den Körper
eingedrungen sind. Auf unterschiedliche Weise mobilisiert dabei der
Impfstoff schon frühzeitig die Immunabwehr des Körpers gegen den
Erreger und verhindert so dessen Ausbreitung und Vermehrung. Die
meisten klassischen Impfstoffe wirken nach diesem Prinzip: Sie
bestehen entweder aus einer harmlosen Form des Erregers oder
einigen Teilkomponenten, die schon vor der eigentlichen Infektion die
Produktion von Antikörpern gegen den speziellen Erreger auslösen.
Zusätzlich werden B- und T-Gedächtniszellen gebildet, die den “Feind”
bereits kennen, und bei einer Infektion daher nicht erst lernen müssen,
mit wem sie es zu tun haben. Im Falle des Aidserregers ist diese
Strategie der klassischen Schutzimpfung allerdings problematisch: Alle
bisherigen Versuche, geschwächte oder teilweise inaktivierte HI-Viren
alsImpfstoffzunutzen,erwiesensichalsnichtsichergenug:1992sah
es zunächst sehr hoffnungsvoll aus: Forschern des New England
Primate Center in den USA war es gelungen Affen vor einer Infektion
mit der Primatenvariante von Aids (SIV) zu schützen, indem sie ihnen
eindurchdieZerstörungeinesGensgeschwächtesVirusverabreichten.
Schon hoffte man auf den lange ersehnten Durchbruch. In Frankreich
und
Großbritannien
begannen
umgehend
auch
andere
Wissenschaftlergruppen, mit dem geschwächten Virusstamm zu
experimetierenundsovieleAidsgenewiemöglichauszuschalten,ohne
dieSchutzwirkungzuschwächen.NeueNahrungerhieltdasGanzeauch
durchBerichteausAustralienunddenUSA,nachdenenMenschen,die
bereitsaufnatürlichemWegemiteinemdurchdenVerlustdieses“nefGens” geschwächten Virus infiziert worden waren, kaum Anzeichen
einer Verschlechterung ihres Zustands zeigten. Doch schon wenige
JahrespätermusstendieForscherihreHoffnungaufeinenDurchbruch
aufgeben: Bei zahlreichen Tests hatte sich herausgestellt, dass auch
das durch den Genverlust abgeschwächte Virus noch eine
Immunschwäche auslösen konnte. Versuche, noch mehr Gene des HIVirus auszuschalten, um diese Gefahr abzuwenden, schlugen fehl:
FehltenzuvieleGene,unterschiedsichdiegeschwächteFormzusehr
vom“echten”Virus,derImpfschutzwarnichtmehrausreichend.Ähnlich
erging es auch den Versuchen, durch Abtötung inaktivierte Viren als
Impfstoffe einzusetzen. Das Risiko, unbeabsichtigt eine Infektion
auszulösen,wirdheutebeibeidenVariantenderklassichenMethodeals
viel zu hoch angesehen, sie werden daher nicht mehr weiter verfolgt.
Stattdessen sind die Forscher gezwungen, auf der Suche nach einem
SchutzvorAidsneueWegezubeschreiten…
ZWEITERVERSUCH:BRUCHSTÜCKESTATTGANZERVIREN
P
rotein und Peptid-Impfstoffe: Nachdem klar war, dass die
klasssichen Strategien der Schutzimpfung bei HIVInfektionen zu riskant sind, suchten die Aidsforscher neue
Wege. Einer davon waren die sogenannten “Sub-Unit”-
Impfstoffe. Statt eines ganzen abgeschwächten oder getöteten Virus
bestehensieausProteinenodersogarnurProteinbruchstückenvonder
Zelloberfläche des HI-Virus. Da die Abwehrzellen des Körpers sich
primärandiesenOberflächenproteinenorientieren,umEindringlingevon
körpereigenen Zellen zu unterscheiden, könnte man, so die Idee der
Forscher, das Immunsystem mithilfe dieser Zellbruchstücke in
Alarmbereitschaft versetzen, ohne eine echte Infektion riskieren zu
müssen. Doch die Effektivität dieses Ansatzes ist ebenfalls umstritten:
der HI-Virus verändert gerade die Proteine und Peptide der
Zelloberfläche durch Mutationen sehr schnell und bildet dadurch neue
Unterstämme. Ein auf einem Oberflächenprotein basierender Impfstoff
könntedaherimmernurgegeneinenbestimmtenUnterstammschützen,
wäre aber gegen andere Virusvarianten völlig nutzlos. Trotz aller
VorbehalteistjedochindenUSAderersteSub-Unit-Impfstoffbereitsin
der Testphase. Der von einem Tochterunternehmen des
Gentechnikpioniers “Genentech” hergestellte Impfstoff “Aidsvax” nutzt
gp120-einProteinderHIV-Zelloberfläche-umeineAntikörperreaktion
zuprovozieren.NacherstenAngabenderHerstellersollendieseit1998
mit rund 5.000 HIV-infizierten Freiwilligen laufenden Tests gezeigt
haben, dass die Antikörperproduktion nach der Impfung tatsächlich
deutlich ansteigt. Doch die Mehrheit der Aidsforscher bleibt dennoch
skeptisch. Da die Antikörper im Körper sehr schnell wieder abgebaut
werden, reicht eine solche kurzfristige Immunantwort als Schutz gegen
eine Infektion nicht aus. Ein langfristiger Impfschutz käme nur dann
zustande, wenn durch den Impfstoff auch genügend Gedächtniszellen
produziert werden, die noch Jahre später bei einer Infektion sofort die
passenden Antikörper produzieren können. Und diesen Effekt scheint
Aidsvaxnichtzuhaben.NochmüssendieFreiwilligenallesechsMonate
zurAuffrischungsimpfung,undkönnennurhoffen,dassdieWirkungdes
Proteins ausreicht, um wenigstens die Vermehrung der Viren in ihrem
Körperzuverlangsamen.DieAidsforscherallerdingshabenkeineallzu
übersteigerten Hoffnungen. Sie halten Aidsvax bestenfalls für einen
mehroderwenigereffektivenSchutzgegeneinigederzahlreichenHIVStämme, aber noch lange nicht für die Wunderwaffe, nach der alle
suchen: den Aids-Impfstoff, der gegen alle Varianten langfristig und
sicherschützt…
DRITTERVERSUCH:SCHAFEIMWOLFSPELZ
A
ndereImpfstoffealsTräger:DieIdeeistganzeinfach:Man
nehme einen bereits existierenden Impfstoff, der gute
Erfolge und erprobte Sicherheit vorweisen kann und
kombiniereihnmitwichtigenaberharmlosenStrukturendes
HI-Virus.ImgünstigstenFallruftdieserKombinationsimpfstoffdieselbe
starke Immunreaktion wie das erprobte Serum hervor, richtet sie aber
statt gegen das ursprüngliche Ziel jetzt gegen den Aidserreger. Als
Kandidaten für diese “Schafe im Wolfspelz” kommen mehrere
klassische Impfstoffe in Frage, die Mehrzahl der Experimente
konzentrierten sich jedoch zunächst auf Pockenviren als Vektoren.
Abgeschwächte oder nicht auf Menschen wirkende Pockenviren
produzierenbeieinerImpfungvorallemeinestarkeVermehrungderTKillerzellen, ein Effekt, der auch bei der Bekämpfung des HI-Virus von
entscheidenderBedeutungist.InerstenVersuchenwurdeVaccinia,ein
abgeschwächter Pockenvirus als Vektor eingesetzt. Im Tierversuch
erzeugtedieKombinationvonPocken-TrägervirusundHIV-Bausteinen
wie erhofft zunächst auch eine starke Killerzell-Antwort auf zwei
Oberflächenproteine des HI-Virus. Doch die ersten Versuche am
Menschen machten den Hoffnungen schnell ein Ende: Eine der
freiwilligen Versuchspersonen starb trotz aller Vorsichtsmaßnahmen an
einerPockeninfektion.
Inzwischen werden bei der
Suche
nach
geeigneten
Trägerviren nur noch Erreger
berücksichtigt,
die
sich
erwiesenermaßen auch im
aktiven,lebendenZustandnicht
im Menschen vermehren
können. Dazu gehören unter
anderem die Erreger der
Kanarienpocken,aberauchdie
nur auf Vögel wirkende
Variante des “klassischen”
Pockenvirus, die “Modified
Vogelpocken-Virus©NIH
Vaccinia Ankara” (MVA). Eine
französischeFirmatestetbereitseinenersten,aufKanarienpockenals
Vektor basierenden Impfstoff. Bei diesem “Alvac” getauften Konstrukt
wurdenindasTrägervirussowohldasGenfürdieOberflächenproteine
des HI-Virus, als auch zwei weitere Strukturgene des Aidserregers
eingebaut. Erste Tests zeigten, dass “Alvac” tatsächlich bei 25 bis 50
ProzentderVersuchspersonenerhöhteKillerzell-Reaktionengegenden
HI-Virushervorrufenkonnte,allerdingsbezogsichdiesejeweilsnurauf
einenderzahlreichenVirusstämme.AuchwenndieseErgebnisserecht
erfolgversprechendscheinen,vieleAidsforschersindderAnsicht,dass
ein Impfstoff sowohl eine Antikörperreaktion als auch eine KillerzellReaktionhervorrufenmussumeffektivzusein.ErsteErfolgeindieser
Richtung brachten die Versuche amerikanischer Forscher, die einen
Tollwut-Impfstoff - aus einem Verwandten des Pockenvirus - mit HIVGenen kombinierten. Der Tollwut-Impfstoff gilt als relativ sicher, da er
zwar menschliche Zellen infiziert, aber dort keinen Schaden anrichtet.
Durch die lange Verweildauer im Körper könnte wiederum die
Schutzwirkung des veränderten Vektorvirus gegen HIV um so länger
anhalten. Tests mit Mäusen zeigten, dass der kombinierte Tollwut-HIVImpfstoffnichtnur,wieerwartet,dieProduktionvonKillerzellenanregte,
sondern zusätzlich auch eine starke Antikörperreaktion gegen den HIVirus hervorrief. In einer anschließend mit zehn Schimpansen
durchgeführten Sicherheitsstudie wurden zwar auch Antikörper gegen
Tollwut gefunden, das veränderte Virus löste jedoch offenbar keine
Tollwut aus. Doch auch dieser Ansatz ist von einem Einsatz am
Menschennochweitentfernt…
DERVIERTEVERSUCH:DIEDO-IT-YOURSELFMETHODE
P
lasmide als DNA-Überträger: Angesichts der immer
dramatischer steigenden Infektionsraten gerade in den
ärmeren Regionen der Welt wird zunehmend nach einer
Möglichkeit gesucht, die Epidemie nicht nur möglichst
schnell, sondern vor allem auch billig aufzuhalten. Auch wenn die
Versuche mit rekombinanten oder Protein-Impfstoffen vielleicht sogar
eines Tages erfolgreich sein sollten, werden sie für die Mehrheit der
Betroffenen finanziell unerschwinglich sein. Muss damit halb Afrika
schutzlos dem Aids-Erreger ausgesetzt bleiben? Vielleicht nicht: DNAImpfstoffe-einvölligneuerSerum-TypkönntendieLösungausdiesem
Dilemma sein. Die Methode funktioniert nach dem Do-it-YourselfPrinzip:NichtderfertigeImpfstoffwirdinjiziert,sonderndiegenetische
Information,diedieKörperzellendazubringt,selbstdasentsprechende
Serumherzustellen.
Billig und einfach wird diese Methode
dadurch, dass für die Herstellung der
genetischen“Arbeitsanweisung”bakterielle
Plasmideverwendetwerden.Diewinzigen
Ringe aus DNA enthalten zusätzliche
Erbinformation und liegen im Inneren von
Bakterienzellen. In sie lassen sich sehr
leicht artfremde Gene einschleusen, die
dann zusammen mit dem Rest des
Plasmids bei der Zellteilung jeweils an die
Tochterzellen weitergegeben werden.
PlasmidmitFremdgen©NIH
Noch entscheidender ist aber eine zweite
Eigenschaft der Plasmide: Genauso leicht, wie sie fremde
Erbinformation aufnehmen, geben sie sie auch wieder ab: Einmal
injiziert, schleust das Plasmid nun seinerseits seine DNA in die der
Wirtszelle ein und bringt diese damit dazu, die fremde genetische
Arbeitsanweisung auszuführen. Eine menschliche Körperzelle könnte
mithilfedieserTechnikdazugebrachtwerden,bestimmteungefährliche
StrukturendesHI-Viruszuproduzierenunddadurcheinevorbereitende
Immunantwort hervorzurufen. Der Vorteil dieser Methode liegt auf der
Hand:FürdiemassenweiseProduktiondieserDNA-Impfstoffebraucht
man nicht viel mehr als die richtigen Temperaturen und ein geeignetes
Nährmedium,denResterledigendieBakterien.UndauchderTransport
ist einfacher als bei herkömmlichen Impfstoffen: Während diese meist
gekühltwerdenmüssen,damitsiesichnichtzersetzenoderanderweitig
verderben, sind die Plasmid-Impfstoffe relativ robust. Ist damit die
SuchenachdemAids-ImpfstoffzuEnde?
SINDDNA-IMPFSTOFFEDIELÖSUNG?
E
rste Erfolge, aber auch erste Enttäuschungen: Bei Mäusen
haben sich die neuen DNA-Seren bereits bestens bewährt:
ImVersuchreichteeineeinzigeInjektion,umdiegeimpften
Mäuse lebenslang vor allen bekannten Varianten des
Grippevirus zu schützen. Für die erfolgreiche Impfung reicht sogar die
Gabe des DNA-Impfstoffs per Nasenspray. Vor dem Einsatz dieses
SerumsbeimMenschensindjedochnocheinigeHürdenzuüberwinden.
ImGegensatzzuMäusenistbeiPrimaten,derEinbauderFremd-DNA
erheblicher schwerer und die durch die DNA-Impfstoffe erzeugte
Immunantwort meist weniger ausgeprägt. Um einen ausreichenden
Schutz zu erreichen, müssen daher Dosierung, Ort und Zeitpunkt der
Injektion genau stimmen. Doch auch hier gibt es bereits erste Erfolge:
So ist es beispielsweise gelungen, Affen mit dieser Methode effektiv
gegen Tollwut zu schützen und auch erste Tests mit HIV scheinen bei
Affen anzuschlagen. Beim Menschen lieferte ein Versuch mit einem
Hepatits-B-Serum,dernachdiesemPrinziphergestelltwurde,zunächst
ermutigende Ergebnisse. Die Immunantwort der “DNA-Geimpften” war
genau so stark wie die von Testpersonen mit einer konventionellen
Hepatitis-Impfung.
Inzwischen
laufen
einige
klinische Testreihen mit DNAImpfstoffen, die ein oder
mehrere HIV-Gene in die
Zellen
einschleusen,
die
Ergebnissesindallerdingseher
enttäuschend: Zwar zeigten in
einer Studie 58 Prozent der
Probanden eine deutliche HIVspezifische
Immunreaktion
nach der zweiten Impfung, die
Labormaus©IMSIMasterclips
Wirkung hielt jedoch nicht an.
Auch ein zweiter Test mit einer anderen Genkombination konnte nur
schwache Reaktionen auslösen. Mehr Hoffnung knüpfen die Forscher
daher an eine Kombinationsstrategie, bei der eine DNA-Impfung mit
einer Impfung des “Schaf im Wolfspelz”-Typs kombiniert wird. Das
DNA-Serum dient dabei als Auslöser und Anschub der Immunantwort,
während der aus einem mit HIV-Proteinen ausgestatteten Träger
bestehende zweite Impfstoff, als Verstärker wirkt. Eine der
umfangreichsten Versuchsreihen überhaupt findet derzeit als
gemeinsamesProjektkenianischerundenglischerForscherstatt.Unter
der Leitung der englischen Oxford Universität wird dabei seit diesem
Jahr eine Kombination aus DNA-Impfstoff und dem für Menschen
ungefährlichen MVA-Virus als Träger für HIV-Oberflächenproteine
getestet. Noch liegen dafür allerdings keine Ergebnisse vor, die Suche
nachdemAids-SerumwirdwohlnocheineWeileweitergehen.
EINESEUCHEBREITETSICHAUS…
D
ieChronikderEreignisse:
1981
Ärzte in den USA werden auf eine Reihe von
ungewöhnlichenInfektionenbeihomosexuellenMännernin
San Francisco, New York und anderen Großstädten aufmerksam.
Obwohl diese Infektionen, darunter auch die PneumocystisLungenentzündung und das Karposi-Sarkom, vorher extrem selten
waren und wenn überhaupt dann nur bei extrem immungeschwächten
Menschenauftraten,beginnensichdieFällezuhäufen.Zusätzlichfielen
bei vielen scheinbar gesunden Schwulen dauerhaft geschwollene
Lymphdrüsenauf.
Ende1981
Allmählich beginnen die Mediziner, die Häufung so vieler seltener
Infektionen mit einer Erkrankung des Immunsystems in Verbindung zu
bringen. Bei allen Erkrankten scheint ein dramatischer Mangel an THelferzellenundT-Killerzellenvorzuliegen.
1982
Das amerikanische Centers of Disease Control (CDC) erklärt die
rätselhafte Immunschwäche offiziell zu einer Epidemie und tauft sie
“Acquired Immune Deficiency Syndrome” (Aids). Die Anzahl der
Menschen mit Aids scheint sich alle sechs Monate zu verdoppeln,
inzwischen werden Fälle aus allen Gebieten der USA bekannt. Auf der
Suche nach möglichen Erklärungen kursieren zwei Theorien, die
entweder eine Immunüberlastung durch multiple Faktoren oder aber
eineneinzelnenFaktoralsAuslöserderEpidemiesehen.
1983
AmfranzösischenInstitutPasteuridentifiziertLucMontagnieralserster
einVirusalsVerursachervonAids.ErtauftesLAV(LymphadenopathyAssociated Virus). Schon vor dieser Entdeckung hatte man aus der
Tatsache, das die meisten Erkrankten viele wechselnde Sexualpartner
hatten, geschlossen, dass die Seuche auf sexuellem Wege übertragen
werdenmüsse.
1984
Nur wenig später verkündet auch der amerikanische Aidsforscher
Robert Gallo, er habe das Aidsvirus entdeckt und nennt es seinerseits
HTLV-III (Human T-cell Lymphotropic Virus Type III). Im gleichen Jahr
wirdauchderersteTestaufAntikörpergegendasVirusentwickeltund
eingesetzt. Es zeigt sich, dass die an Aids-Erkrankten nur einen
BruchteilderinsgesamtvomVirusInfiziertenausmachen.Eswirdklar,
dassdieLatenzphasezwischenInfektionunddemAuftretenderersten
Symptomeextremlangist.
1986
Eine neue Variante des nun allgemein als HIV (Human
Immunodeficiency Virus) bezeichneten Virus wird entdeckt und HIV-2
getauft.EsscheintnichtganzsovirulentzuseinwiederersteStamm.
Forscher halten die Existenz noch weiterer HIV-Stämme für sehr
wahrscheinlich.
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