GASTROENTEROLOGIE PANKREASKARZINOM 63 1

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GASTROENTEROLOGIE
PANKREASKARZINOM
1. Risikoerkrankungen
Chronische Pankreatitis, hereditäre Pankreatitis, Lynch-Syndrom II, BRCA2assoziiertes hereditäres Mammakarzinom, Teleangiectasia ataxia, Peutz-JeghersSyndrom, Familiäre Polyposis (FAP), HNPCC).
2. Klinisches Bild
Ikterus, Pruritus, Rückenschmerzen, Courvoisier’sches Zeichen, Gewichtsverlust.
3. Tumorklassifikation
• Histologie: >85% Adenokarzinome, andere: neuroendokrine, anaplastische,
adenosquamöse, solidzystische Karzinome, Siegelringzell-, Zystadeno-,
Azinuszell-, azinäres Zystadenokarzinom.
• Lokalisation: 70% Pankreaskopf und Processus uncinatus, 20% Korpus, 10%
Pankreasschwanz. Vom Pankreaskopfkarzinom müssen differentialdiagnostisch
Karzinome der Ampulla Vateri, des distalen Ductus choledochus und des
Dünndarms abgegrenzt werden.
• Tumorausbreitung: Frühzeitige Invasion des peripankreatischen Gewebes mit
Infiltration von v.a. V. mesenterica superior/Pfortader. Frühe paraaortale und
parakavale Lymphknotenmetastasen. Fernmetastasen in Leber, Lymphknoten
und Leber.
4. Diagnostik und Staging
• Sonographie: Die transabdominelle Sonographie hat eine Sensitivität von 75 bis
90% für Pankreaskarzinome. Der Processus uncinatus und der
Pankreasschwanz sind durch Luftüberlagerung häufig nicht einsehbar. Die
Sonographie
erlaubt
mit
hoher
Sensitivität
den
Nachweis
von
Gallenwegserweiterungen und Aszites als Hinweis für eine Peritonealkarzinose.
• Endosonographie: V.a. zum Nachweis kleiner Tumoren (<2 cm) mit Sensitivität
> 90%. Auch lokale Lymphknotenmetastasen und Gefässinfiltrationen in
Pfortader und Milzvene lassen sich mit hoher Sensitivität korrekt bestimmen.
Zum Ausschluss einer Invasion in die Vena mesenterica superior oder arterieller
Gefässe sowie zum Staging grösserer Karzinome (>3 bis 4 cm) ist die
Endosonographie allerdings weniger geeignet.
• ERCP: Stenosen, Gangabbrüche oder ein „double duct sign“ weisen auf das
Vorliegen eines Pankreaskarzinoms hin. Da die ERCP aber eine geringe
Spezifität für das Panreaskarzinom aufweist und sie den Schnittbildverfahren
nicht überlegen ist, ist sie als rein diagnostische Massnahme nicht mehr indiziert.
Lediglich bei unklaren Befunden und als therapeutische Massnahme mit
Stenteinlage bei Aufstau der Gallenwege sollte sie eingesetzt werden.
• Computertomographie und Magnetresonanztomographie: MehrschichtSpiral-CT und kontrastmittelverstärkte MRT sind zur Beurteilung des
Lokalbefundes gleichwertig. Vorteil der MRT sind die parallel durchführbaren
MRCP und MRA.
• PET/PET-CT: Pankreaskarzinome weisen einen hohen Glukose-Uptake auf und
sind dadurch häufig von der chronischen Pankreatitis zu differenzieren. Die DD
Pankreaskarzinom / chron. Pankreatitis gelingt mit einerSensitivität von 85%–
92% und einer Spezifität von 78%–88%.
• Röntgenaufnahme des Thorax bzw. Computertomographie des Thorax zum
Erfassen von thorakalen Metastasen.
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GASTROENTEROLOGIE
•
•
PANKREASKARZINOM
Skelettszintigraphie zum Ausschluss von Metastasen in Knochen, die im CT
nicht erfasst werden, bei fortgeschrittenen Tumoren oder bei Beschwerden.
Tumormarker des Pankreaskarzinoms sind CA19-9 und CEA. Die Sensitivität
und Spezifität des CA19-9 liegen bei 80 bis 90%.
TNM-Klassifikation der Pankreaskarzinome
TX Primärtumor kann nicht beurteilt werden
T0 Kein Primärtumor nachweisbar
Tis Nichtinvasives Karzinom
T1 Tumor begrenzt auf das Pankreas, Tumor < 2 cm
T2 Tumor begrenzt auf das Pankreas, Tumor > 2 cm
T3 Tumor breitet sich jenseits des Pankreas aus, jedoch ohne Infiltration des
Truncus coeliacus oder der Arteria mesenterica superior
T4 Tumor infiltriert Truncus coeliacus oder Arteria mesenterica superior
N0 Keine regionären Lymphknoten befallen
N1 Befall regionärer Lymphknoten
N1a Befall eines einzelnen regionären Lymphknotens
N1b Befall mehrerer regionärer Lymphknoten
M0 Keine Fernmetastasen
M1 Nachweis von Fernmetastasen
0
I
II
III
IVA
IVB
Tis
T1-2
T3
T1-3
T4
jedes T
UICC-Stadien der Pankreaskarzinome
N0
N0
N0
N1
jedes N
jedes N
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M0
M0
M0
M0
M0
M1
GASTROENTEROLOGIE
PANKREASKARZINOM
5. Stadienadaptierte Therapie
• Kurative Therapie: Die chirurgische Resektion ist die einzige Möglichkeit zur
Heilung und sollte daher immer angestrebt werden. Im Falle einer R0-Resektion
verbessert sich das 5-Jahres-Überleben von unter 5% auf 15 bis 20%. Das
mediane Überleben nach R0-Resektion liegt bei 12 bis 18 Monaten. Wegen der
meist späten Präsentation können aber nur 15 bis 20% der Patienten einer
kurativen Operation zugeführt werden. In etwa 15% aller resezierten
Pankreastumore findet sich histologisch eine chronische Pankreatitis. Bei
Verschluss der Vena mesenterica superior oder der Vena portae und
Stenosierungen der Arteria mesenterica superior oder der Arteria hepatica ist eine
kurative Resektion meist nicht mehr möglich. Besteht Unsicherheit bezüglich der
Resektabilität sollte eine Operation oder, vorgeschaltet, eine diagnostische
Laparoskopie angestrebt werden. Bei Vorliegen von Peritoneal- oder
Fernmetastasen ist eine kurative Operation nicht mehr möglich.
• Neoadjuvante Radiochemotherapie: Bei primär irresektablen, lokalisierten
Tumoren möglichst innerhalb von Studien.
• Adjuvante Chemotherapie mit 5-FU hat in Studien Vorteile gegenüber einer
adjuvanten Radiatio gezeigt, wird aber ausserhalb von Studien nicht empfohlen.
• Endoskopische Verfahren der Palliation: Massnahme der Wahl bei biliärer
Obstruktion ist die Anlage einer Drainage mittels ERCP. Bei geringerer
Komplikationsrate und vergleichbarer Überlebenszeit ist die Einlage eines Stents
der biliodigestiven Anastomose überlegen. Bei Duodenalobstruktion kann
versucht werden, die Passage durch Applikation eines selbstexpandierenden
Metallstents wiederherzustellen.
• Palliative Chirurgie: Eine Gastroenterostomie kann bei Duodenalobstruktion
durch Tumorinfiltration notwendig werden. Bei endoskopisch oder mittels PTCD
nicht behebbarer Gallenwegsobstruktion sollte eine biliodigestive Anastomose
erwogen werden.
• Palliative
Radiochemotherapie:
Die
Domäne
der
kombinierten
Radiochemotherapie ist die Behandlung des lokal fortgeschrittenen, nicht
metastasierten Pankreaskarzinoms. Die kombinierte Behandlung ist der alleinigen
Bestrahlung überlegen. Die Gabe von 5-FU zur Radiatio verlängerte in Studien
das mediane Überleben von 5 auf 11 Monate.
• Palliative Chemotherapie: Die Monotherapie des metastasierten oder lokal
fortgeschrittenen Pankreaskarzinoms mit Gemcitabin gilt als Standard. Hierdurch
wird zwar nur eine geringe Verlängerung der Überlebenszeit erreicht, die
Patienten profitieren aber klinisch (clinical benefit response) mit weniger
Schmerzen und Gewichtsverlust. Eine Kombination von Gemcitabin mit Cisplatin
oder 5-Fluorouracil ist der Gemcitabin-Monotherapie wohl leicht überlegen.
Insbesondere bei jüngeren Patienten können daher die etwas toxischeren
Kombinationstherapien erwogen werden.
6. Nachsorge
Da es keine Option auf Heilung im Falle eines Rezidivs gibt, wird keine generelle
Nachsorge empfohlen. Wichtig sind das Erkennen von Operationsfolgen wie
Pankreasinsuffizienz
und
Diabetes
mellitus
sowie
eine
konsequente
Schmerzbehandlung.
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GASTROENTEROLOGIE
PANKREASKARZINOM
Palliative Chemotherapieprotokolle beim Pankreaskarzinom
Protokoll/
Substanz
Dosis
Applikationsmodus Therapietage/ Wiederholung
(mg/m2)
Bemerkungen
Gemcitabin (Moore 1995)
Gemcitabin
1.000
i.v. über 30 Min.
Wöchentlich Wochen 1-7, Fortsetzung der Therapie
dann 2 Wo. Pause, dann solange der klinische Nutzen
Tage 1, 8, 15 alle 4 Wochen nachweisbar ist.
Gemcitabin plus Cisplatin (Heinemann 2003)
Cisplatin
50
i.v. über 60 Min.
Gemcitabin
1.000
i.v. über 30 Min.
Gemcitabin plus Oxaliplatin (Louve 2004)
Gemcitabin
1.000
i.v.
Oxaliplatin
100
i.v.
Tage 1 und 15,
Wiederholung an Tag 29
über 100 min. an Tag 1
Über 2 h an Tag 2
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Gabe von Cisplatin 1 h vor
Gemcitabin
Wiederholung an Tag 15
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