B E R AT U N G 2. FEBRUAR 2007 B AU E R N Z E I T U N G Die rechtlichen Aspekte beim Tierkauf kennen Kaufvertrag / Wer haftet, wenn die Kuh während des Transports stirbt? Solche und ähnliche Fragen treten rund um Tierkäufe auf. Ein Einblick in die gesetzliche Regelung. BRUGG ■ Beim Kauf eines Tieres (Rindvieh, Schafen usw.) entstehen oft rechtliche Fragen, wenn das Tier während des Transports stirbt, andere Tiere im Stall des Käufers mit einer Krankheit ansteckt, selber an einer Krankheit stirbt oder nicht die Eigenschaften hat, die beim Kauf versprochen worden sind. Erläuterungen anhand verschiedener Beispiele ● Beispiel 1: Landwirt X kauft bei Landwirt Y eine Kuh «ab Stall». Landwirt X hat jedoch keine Zeit, das Tier abzuholen. Y beauftragt einen Transporteur, der das Tier wie vereinbart abliefert. Nach einem Tag im Stall zeigt das Tier die Symptome einer Lungenentzündung. Nach drei Tagen sind mehrere Tiere im Stall krank. In diesem Fall ist ein Kaufvertrag zwischen X und Y entstanden. Gemäss Art. 198 OR besteht eine Pflicht zur Gewährleistung nur insoweit, als der Verkäufer sie dem Käufer schriftlich zugesichert hat oder den Käufer absichtlich getäuscht hat. Vorliegend hat X keine Ansprüche gegen Y. Selbst wenn eine schriftliche Zusicherung «gesund und recht» bestanden hätte, wäre hier sehr schwierig nachzuweisen, wann das Tier erkrankt ist und ob der Verkäufer ihn getäuscht hat. Ist die Kuh während des Transports krank geworden, dann muss der Käufer den ganzen Schaden tragen (Kauf «ab Stall»), vorausgesetzt, dass er dem Transporteur kein unkorrektes Verhalten nachweisen kann. Es empfiehlt sich somit beim Kauf, im Zweifel das Tier durch den Tierarzt untersuchen zu lassen. ● Beispiel 2: Nach Vertragsabschluss wird die Kuh auf der Weide des Verkäufers von einem Blitz getötet. In diesem Fall muss der Käufer dem Verkäufer den Kaufpreis bezahlen. Gemäss Art. 185 OR trägt er ab Vertragsabschluss das Risiko für Ursachen des Tiertodes und anderen Beeinträchtigungen, die nicht durch den Verkäufer verschuldet werden. Aus diesem Grund empfiehlt sich, schriftlich zu vereinbaren, dass Nutzen und Gefahr erst mit der Übergabe des Tieres an den Käufer übergehen, oder das Tier vom Zeitpunkt des Vertragsabschlusses zu versichern. ● Beispiel 3: Landwirt Y hat Landwirt X beim Kauf «Trächtigkeit seit dem. . .» schriftlich zugesichert. Wird später ein abgestorbenes Junges entdeckt, so muss untersucht werden, ob der Tod des Embryos vor oder nach dem Kauf eingetreten ist. Wenn der Embryo nach dem Kauf abgestorben ist, haftet der Verkäufer nicht. ● Beispiel 4: Es wird schriftlich zugesichert «Sprungfähigkeit». Dies garantiert nur, dass der Stier Kühe und Rinder bespringt. Zu empfehlen ist die Formulierung «sprung- und befruchtungsfähig». Damit wird auch die Befruchtung garantiert. Bei der Währschaft für Sprung- und Zuchtfähigkeit muss sich der Der Handel mit Rindvieh, Schafen, Ziegen und Schweinen sowie Pferden, Eseln und Maultieren ist im (Bild Maja Bütikofer) Schweizerischen Obligationenrecht (OR) Artikel 198 geregelt. Käufer die Währschaftsfrist angemessen verlängern lassen. Die gesetzliche, schriftlich zugesicherte Währschaft beträgt nur neun Tage. ● Garantie bei Schlachtung: Mit dem Begleitdokument der Tierverkehrsdatenbank erhält der Schlachthof zusätzlich Kenntnis über den Gesundheitszustand, die Seuchen und die Behandlung des Tieres mit Medikamenten. Damit garantiert der Verkäufer schriftlich, dass das Schlachttier gesund und nicht mit Medikamenten behandelt ist. Der Metzger kann das Begleitdokument als Garantieschein betrachten, sofern dieses korrekt ausgefüllt und vom Verkäufer unterschrieben ist. Spezielle Regelung beim Viehhandel Bei einem gewöhnlichen Kauf hat der Käufer mit der fristgerechten Mitteilung des Mangels an den Verkäufer seine Pflicht erfüllt. Beim Viehhandel ist dies anders. Gemäss Gewährleistungsverordnung im Viehhandel (SR 221.211.22) ist neben der Mängelrüge auch eine Untersuchung des beanstandeten Tieres durch amtlich bestellte Sachverständige erforderlich. Diese haben abzuklären, ob der gerügte Mangel tatsächlich vorliegt. Ohne andere Vereinbarungen dauert die schriftliche Viehwährschaft neun Tage, d. h. innert dieser Frist muss der Mangel entdeckt und gerügt werden. Bei der Berechnung der Frist wird der Tag der Lieferung nicht mitgezählt. Diese Frist kann durch schriftliche Vereinbarung verlängert werden. Bei bewiesener absichtlicher Täuschung des Käufers durch den Verkäufer kann ein Mangel auch nach Ablauf dieser Frist (Art. 203 OR) angezeigt werden. Der Verkäufer haftet nicht für Mängel, die der Käufer bei üblicher Aufmerksamkeit hätte bemerken sollen (Art. 200 OR). Wenn keine Einigung zustande kommt Kommt es zu keiner Einigung zwischen den Vertragsparteien, so muss der Käufer vor Ablauf eines Jahres seit Ablieferung des Tieres vor Gericht klagen. Er kann die Wandelung, d. h. die Rückgängigmachung des Kaufes, oder die Minderung des Kaufpreises verlangen (OR 205). Die Wandelung kommt nur dann in Frage, wenn bewiesen ist, dass das Tier infolge des Mangels für den vorausgesetzten Gebrauch untauglich ist. In diesem Fall muss das Tier mit dem inzwischen davon bezogenen Nutzen (Kalb) dem Verkäufer zurückerstattet werden gegen Rückzahlung des bezahlten Kaufpreises nebst Zinsen und Kosten sowie allfällig weiterem Schaden. Beim Kauf von Kleinvieh (Hühner, Kaninchen usw.) finden die Ausführungen keine Anwendung. Massgebend sind in diesen Fällen die allgemeinen Regeln zum Kaufvertrag in Art. 184 ff OR. Bei Fragen stehen Mitarbeitende der SBV Treuhand und Schätzungen in Brugg AG (Tel. 056 462 51 11) gerne zur Verfügung. Renza Berger, SBV Treuhand und Schätzungen 23