Implantate mit drahtloser Energieübertragung

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Implantate mit drahtloser Energieübertragung
Energie für
schwache Herzen
Patienten mit einer schweren Herzschwäche sind oft auf ein Kunstherz
angewiesen. Spezielle Pumpen helfen dann, ausreichend Blut durch den
Körper zu transportieren. Die Medizintechnikfirma DUALIS aus Seefeld
arbeitet an einer drahtlosen Energieübertragung für die lebensrettenden
Implantate.
Hochleistungspumpe:
Das Herz transportiert sauerstoff- und
nährstoffreiches Blut
in Organe und Gewebe.
Lässt die Pumpleistung
nach, wirkt sich das auf
den ganzen Körper aus.
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Gesundheit
D
as Herz kennt keine Pausen. Denn wenn das
lebensnotwendige Organ schwächer wird,
leidet der gesamte Körper. Treppensteigen gleicht einer Bergwanderung, leichte Gartenarbeit wird zum körperlichen Kraftakt – und
die Angst vor Atemnot zum ständigen Begleiter. Menschen mit einer chronischen Herzinsuffizienz, umgangssprachlich auch Herzschwäche
genannt, leiden über Jahre am Rückgang ihrer
körperlichen Leistungsfähigkeit. Die häufigsten
Ursachen sind Erkrankungen des Herzmuskels,
der Herzkranzgefäße oder der Herzklappen. Ein
Großteil der Patienten hat eine koronare Herzkrankheit und oft bereits einen Herzinfarkt
erlitten. „Aber auch Kinder mit einem schweren
Herzfehler können eine Herzinsuffizienz entwickeln“, erklärt Dr. Wolfgang Schiller, Leitender
Oberarzt und Herzchirurg am Universitätsklinikum Bonn.
Belastung für den ganzen Körper
Nach Angaben der American Heart Association
leiden weltweit mehr als 22 Millionen Menschen
an einer Herzinsuffizienz, in Deutschland ist die
Diagnose sogar der häufigste Grund für eine Krankenhauseinweisung. Manchmal scheint dann nur
noch eine Organtransplantation das Leben der
Medizinischer Fortschritt:
Therapien und Implantate
können die Herzfunktion
bei Herzinsuffizienz erhalten oder sogar verbessern.
Betroffenen retten zu können: Weltweit warten
40.000 Menschen auf ein Spenderherz, allein in
Deutschland sind es nach Angaben der Deutschen Stiftung Organtransplantation 1.000.
Dem gegenüber steht die
vergleichsweise
geringe
Alternative zu
Zahl von 4.500 SpenderherHerztransplantation
zen, die in Europa und den
USA pro Jahr transplantiert
werden können. Doch nicht immer ist das der
letzte Ausweg: „Neue medikamentöse Therapien
oder spezielle implantierbare Defibrillatoren mit
Herzschrittmacherfunktion können mit Stromimpulsen helfen, die Herzfunktion rechtzeitig
zu erhalten oder zu verbessern und gegebenen- Netzwerk-Kompetenz
falls ein weiteres Fortschreiten der Erkrankung
DUALIS MedTech schätzt
verhindern“, so Schiller.
die Kompetenzen im
Denn ohne die Hochleistungspumpe funkti- Netzwerk von Bayern
oniert gar nichts mehr: Unser Herz versorgt Innovativ. Das UnterOrgane und Gewebe mit dem lebensnotwendi- nehmen ist Mitglied im
gen Sauerstoff und Nährstoffen. Es schlägt etwa Forum MedTech Pharma
60- bis 90-mal pro Minute – und pumpt dabei e.V. und präsentiert sich
regelmäßig als Aussteller
fünf bis sechs Liter Blut durch den Körper. Wenn auf dessen Kongressen.
der Herzmuskel das aus eigener Kraft nicht Geschäftsführer Thomas
mehr schafft, kommt es zu einem bedrohlichen Schmid: „Wir können uns
Sauerstoffmangel, zu Rückstau und zu einer nied- so intensiv austauschen
rigen Fließgeschwindigkeit des Blutes. In der und neue Partner und
Kunden finden.“
Folge steigt die Gefahr, dass sich Blutgerinnsel
Bayern Innovativ 13
Gesundheit
Nachgefragt
Welche Patienten könnten vom DLR-Herz
profitieren?
Dr. Wolfgang Schiller
Leitender Oberarzt
und Herzchirurg am
Universitätsklinikum Bonn
Das DLR-Herz entlastet sowohl die linke als
auch die rechte Herzkammer. Die Mikropumpen unterstützen das schwache Herz von
Patienten mit Herzinsuffizienz bei seiner
Arbeit: Sie pumpen das Blut aus der linken
und rechten Herzkammer kontinuierlich in
den Körper- und in den Lungenkreislauf.
Das verhindert auch eine Überbelastung
der rechten Herzkammer und beugt einer
Rechtsherzinsuffizienz vor, die sich sonst
oft entwickelt.
Warum ist die drahtlose Energieübertragung so wichtig?
Hilfe für das Herz:
Herzunterstützungssysteme
wie das sogenannte DLRHerz können das schwache
Organ bei seiner wichtigen
Arbeit unterstützen.
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Sie verbessert vor allem die Lebensqualität der Patienten: Ohne das Kabel für die
externe Stromversorgung und den Batteriepack können sie sich viel leichter und
freier bewegen. Denn Patienten mit einem
Herzunterstützungssystem sind auf die permanente Energieversorgung angewiesen:
Ohne Strom kann es zu einem gefährlichen
Stillstand ihres Herzens kommen. Zudem
steigt die Gefahr, dass sich lebensbedrohliche Blutgerinnsel bilden.
bilden und damit das Risiko für einen Herzinfarkt oder Schlaganfall. Um das schwache Herz
bei seiner Arbeit zu unterstützen, können Mediziner dann ein Kunstherz – auch Herzunterstützungssystem genannt – implantieren.
„Eine kleine Pumpe transportiert dann zum Beispiel das Blut aus der linken Herzkammer weiter
in die Hauptschlagader, die Aorta, und damit in
den großen Körperkreislauf“, erklärt Dr. Thomas
Schmid, seit 2006 Geschäftsführer von DUALIS
MedTech. Schmid hat 15 Jahre lang selbst in
einem Forschungsprojekt am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) an einer
optimalen Pumptechnologie gearbeitet, die
das Blut und all seine Bestandteile schont
und zugleich das Risiko minimiert, dass das
Blut Klumpen bildet. Die Pumptechnologie ist
jedoch nur eine von vielen Herausforderungen
bei der Entwicklung eines Herzunterstützungssystems. Ein Implantat, das 24 Stunden, sieben
Tage die Woche zuverlässig pumpen und funktionieren muss, braucht ständig Energie. „Die
Menge ist vergleichbar mit einer 20-Watt-Glühbirne“, erklärt der Ingenieur.
Power ohne Kabel
Die Energie musste dem Implantat bisher von
außen zugeführt werden: über ein Kabel, das
durch eine Öffnung in der Bauchdecke mit einer
Batterie verbunden ist, die die Patienten stets
mit sich herumtragen müssen. „So ein Batteriepack wiegt bis zu drei Kilogramm und ist
deutlich sichtbar“, schildert Schmid die aktuelle Situation. Auch das Infektionsrisiko ist
Gesundheit
hoch aufgrund der externen Stromquelle: Die
Austrittsstelle des Kabels ist eine willkommene
Eintrittspforte für Keime. DUALIS MedTech, ein
Spin-off des DLR, hat sich genau dieser Herausforderung angenommen. Schmids interdisziplinäres Team aus Ingenieuren und Medizinern von
Partner-Kliniken, die beratend zur Seite standen, entwickelt ein Kunstherz – das sogenannte
DLR-Herz – mit der Möglichkeit einer drahtlosen
Energieübertragung. Dafür nutzen sie das Prinzip der elektromagnetischen Induktion mittels
zweier magnetisch gekoppelter Spulen.
„Bei der von uns entwickelten MedBase-Technologie implantieren wir eine Spule direkt unter
die Haut im Körper des Patienten und verbinden
sie mit dem Herzunterstützungssystem“, erklärt
Schmid. Die andere Spule trägt der Patient in
einem Kleidungsstück direkt am Körper. „Liegen
die Spulen in einem Abstand von maximal vier
Zentimetern übereinander, ändert sich der magnetische Fluss“, so Schmid. Die Folge: In der
implantierten Spule entsteht eine elektrische
Spannung – und die Pumpe ist ausreichend mit
Energie versorgt. Sollte der Patient seine Funktionskleidung ablegen und zum Beispiel unter
die Dusche gehen, übernimmt eine zusätzliche,
im Implantat integrierte Batterie die Energieversorgung. Der Vorteil der neuen Technologie:
Das Infektionsrisiko sinkt, und die Patienten
gewinnen ein hohes Maß an Bewegungsfreiheit und Lebensqualität zurück. „So kann sich
zum Beispiel kein hängendes Kabel mehr in der
Autotür verhaken“, erklärt Schmid.
Sicherheit durch Monitoring
Und noch eine weitere Neuerung haben Schmid
und seine Kollegen in das Kunstherz integriert: eine Telemetrie-Schnittstelle. Damit können Daten aus dem Implantat, also aus dem
Inneren des Körpers, an ein Empfangsgerät in
unmittelbarer Umgebung oder über das Internet an einen Arzt oder eine Klinik übertragen
werden – natürlich verschlüsselt und in einem
gesicherten Frequenzbereich. „So lassen sich
aktuelle Statusinformationen des Implantats
überwachen, Funktionen anpassen und Gefahrensituationen für den Patienten erkennen“,
erläutert Schmid. „Ein solches Patienten-Monitoring ist bei der Betreuung von Hochrisikopatienten eine große Hilfe“, ergänzt Schiller. Menschen mit einer chronischen Herzinsuffizienz
können in ihrer gewohnten Umgebung leben
und zugleich sicher sein, dass sie gut überwacht
sind. Oft ist auch ein Alarmsystem integriert:
Mit einem einzigen Knopfdruck lässt sich dann
im Notfall eine Rettungskette aktivieren.
„Informationen aus dem Körperinneren können
auch bei anderen Implantaten hilfreich für die
Verbreitetes Leiden: Mehr
als 22 Millionen Menschen
weltweit sind an einer
Herzschwäche erkrankt.
Patienten sein“, so Schmid. So könnte ein Herzschrittmacher zum Beispiel auch Informationen
über den Herzrhythmus oder das für den Patienten gefährliche Kammerflimmern liefern. „Mit
weiteren Sensoren lassen
sich auch die Temperatur
Das Prinzip der drahtlosen
und andere Parameter rund
Technologie: elektroum das Implantat kontrollieren“, erklärt Schmid.
magnetische Induktion
Messwerte wie diese helfen Ärzten bei der Wahl der richtigen Behandlung, beruhigen die Patienten und sparen damit
auch dem Herz unnötige Kraftanstrengungen.
Schließlich sind Ruhepausen für dieses Organ ja
nicht vorgesehen.
Plattformtechnologie
mit vielen Einsatzmöglichkeiten
Das Prinzip der drahtlosen Energieübertragung, das DUALIS MedTech unter
dem Namen MedBase-Technologie entwickelt hat, lässt sich auf viele
andere Anwendungsfelder übertragen – egal ob ein Smartphone, ein Elektroauto oder ein anderes Implantat geladen werden soll. „Wir haben hier
eine Plattformtechnologie an der Hand, die sich für kleine ebenso wie für
große Systeme realisieren lässt – auch für Energieanforderungen im Kilowatt-Bereich“, sagt Dr. Thomas Schmid, Geschäftsführer von DUALIS MedTech. Auf dem Gebiet der Medizintechnik arbeiten er und seine Kollegen
derzeit auch noch an einem implantierbaren Blutdrucksensor, der beim
Monitoring von Patienten mit chronischem Bluthochdruck helfen könnte,
an einem implantierbaren Dialyse-Gerät und an einem implantierbaren
Sphinktersystem für Patienten mit Harninkontinenz. „Gerade das letzte
System wäre ein Meilenstein für die Betroffenen“, meint Schmid. Patienten
mit einer Querschnittslähmung könnten in Zukunft mit einer implantierten
Mikropumpe von DUALIS MedTech und einem Schalter am Schlüsselanhänger ihren Schließmuskel steuern.
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