Dynamik des Plasmas II Plasma mit Neutralgas Von ARNULF SCHLÜTER Aus dem Max-PIanck-Institut für Physik, Göttingen (Z. Naturforschg. 6 a , 73—78 [1951]; e i n g e g a n g e n am 16. D e z e m b e r 1950) Aus der Impulsbilanz zweier entgegengesetzt geladener Teilchensorten (Ionen und Elektronen) und einer neutralen Komponente werden die Gleichungen für die Gesamtbewegung, die ambipolare Diffusion und den elektrischen Strom in einem elektromagnetischen Felde hergeleitet. Es wird darauf hingewiesen, daß man nicht einfach von einer verminderten elektrischen Leitfähigkeit quer zu den magnetischen Feldlinien sprechen kann. Als Anwendungsbeispiel wird der Einfluß des magnetischen Eigenfeldes auf eine Glimmentladung untersucht. Impulsbilanz I Reihe 1 n der ersten Untersuchung dieser hatten wir ein Gas betrachtet, das so weitgehend ionisiert ist, daß die Wirkung des nicht ionisierten Gasteils (des „Neutralgases") sowohl auf die elektrischen (Leitfähigkeit) als auch auf die mechanischen Eigenschaften dieses „Plasmas" vernachlässigt werden konnten. Für viele Anwendungen, besonders in der Astrophysik, ist diese Näherung durchaus berechtigt, während bei den meisten terrestrischen Plasmen der Ionisationsgrad wenige Prozent nicht übersteigt. Für solche Plasmen wollen wir nun wieder Bewegungs- und Diffusionsgleichungen aufstellen, indem wir von den Impulsgleichungen der einzelnen Komponenten ausgehen und diese algebraisch umformen. Um dabei zu nicht allzu unübersichtlichen Ausdrücken zu gelangen 2 , führen wir außer den Annahmen, die wir in der ersten Untersuchung gemacht hatten (als geladenes Teilchen werden Ionen mit der Ionen Ladung Masse Teilchendidite [ c m - 3 ] Massendidite Geschwindigkeit4 Partialdruck + e mi N{=Np 9i = m{ Np Elektronen Ladung + e und in gleicher räumlicher Dichte Elek: tronen der Ladung — e angenommen, von der inneren Reibung der einzelnen Komponenten wird abgesehen), noch folgende ein: 1. Als ponderomotorische Kräfte mögen neben den elektromagnetischen Kräften nur die Gradienten der Partialdrucke und ein äußeres Schwerefeld (mit der Beschleunigung g) auftreten. 2. Die gegenseitigen Geschwindigkeiten der einzelnen Komponenten seien so gering, daß wir für alle substantiellen zeitlichen Ableitungen schreiben d 3 können = + (ü grad), wobei Ii die mittlere Geschwindigkeit (Schwerpunktsgeschwindigkeit) aller Komponenten bedeutet — der einzige hierdurch vernachlässigte Effekt, der von Interesse sein könnte, ist die Änderung der Diffusion im Geschwindigkeitsgefälle 3 . Wir führen nun folgende Bezeichnungen ein: Geladene Teilchen insgesamt („Plasma") Neutralgas — e 0 me mn £*e = me ®i e Pi Pe N P Bei den meisten Anwendungen kann wegen der vernachlässigbaren Elektronenmasse o p = o; und 1 A. S c h l ü t e r , Dynamik des Plasmas I. Z. Naturforschg. 5 a, 72 [1950]. Die Kenntnis dieser Arbeit wird im folgenden nicht vorausgesetzt. 2 Die allgemeinsten Gleichungen finden sich wieder in dem Werke von S. C h a p m a n u. T. G. C o w l i n g : The mathematical theory of non-uniform gases, Cambridge 1939. 2 Np Qp =0i+ Qe = + Q e * e )¡Q p Pn = Pi + Pe K On = mn ®n Pn Insgesamt 2 Nn Np+Nr » = (?r P = Pp + 0n»n )lQ Pn • t>p — t>i gesetzt werden. Wir schreiben die Formeln aber so, daß sie auch dann gelten, wenn die negativen Ladungsträger ebenfalls Ionen sind. Wenn man nun noch entsprechend der ersten 3 Die Bedeutung dieses Effektes wird in der dritten Untersuchung dieser Reihe erläutert. 4 Geschwindigkeit im Sinne der Hydrodynamik, nicht Molekülgeschwindigkeit. Unauthenticated Download Date | 10/20/17 9:36 PM Näherung der kinetischen Gastheorie annimmt, daß die Impulsübertragung zwischen den einzelnen Komponenten proportional ihren Geschwindigkeitsdifferenzen ist, sehen die Gleichungen, die die Impulsbilanz für jede Komponente darstellen, so aus 5 : multipliziert, so daß sie, soweit Mehrfachstöße nicht betrachtet zu werden brauchen, reine Temperaturfunktionen unabhängig von allen Dichten darstellen. Mit der Zahl der „auslöschenden" Stöße y, die wir in I eingeführt hatten, hängen sie zusammen wie: (d»i/dt) + Np2 a, e(t>. - »e) + Np Nn a, n (». - »n) = Np e { £ + [(»j/c), £ ] } - grad Oe (d»Jdt) + NpS.^e-»!) + Np Nn ain(»n + o; 9; °ie = 7 i e w i m e /(p i + o e ). (1) + - Npe { € + [(oe/c) ,S?]}fn (dön/di) Pi grad p e + o e g ; (2) - »,) + Np Nn «en (*>n - »e) = — grad pn + QnQ. (3) Auf den rechten Seiten stehen die diffusionserzeugenden Kräfte (pro Volumeneinheit): Als Repräsentant der äußeren Kräfte ist nur die Schwerkraft angegeben. Das Auftreten der Gradienten der Partialdrucke entspricht dem bekannten Ergebnis der Gastheorie 6 , daß sich diese wie äußere Kräfte verhalten. Für die geladenen Teilchen tritt dann noch das Glied hinzu, das die Lorentz-Kraft auf die in einem elektromagnetischen Felde bewegten Ladungen darstellt. Es könnten noch weitere diffusionserzeugende Faktoren berücksichtigt werden: z. B. Thermodiffusion (die aber in einer verwickelten Weise von den Moleküleigenschaften abhängt, und zwar nicht nur dem Betrage nach, sondern auch im Vorzeichen), Strahlungsdruck. Von diesen wird hier aber bewußt abgesehen. Der Strahlungsdruck erfordert stets, wenn er überhaupt interessiert, eine eigene Behandlung. Die Thermodiffusion ist meist unbedeutend gegenüber der Druckdiffusion, da die relativen Temperaturunterschiede fast immer klein gegen die relativen Unterschiede der Partialdrucke sind — bei thermischer Ionisation schon deswegen, weil dann i. a. die Elektronendichte stärker als linear von der Temperatur abhängt. Die Koeffizienten a der Kopplungsglieder haben wir mit den Dichten der beteiligten Komponenten 5 Ein ähnliches Gleichungssystem, das sich aber nur auf stationäre Verhältnisse bezieht, wird von W. W e i z e l und G. E c k e r in einer neueren Arbeit (Z. Physik 127, 495 [1950]) betrachtet und zusammen mit der Annahme örtlich konstanten Gasdrucks diskutiert. Tatsächlich kann der Gasdruck im stationären Fall, wenn ein elektrischer Strom quer zu einem Magnetfeld (z. B. seinem eigenen) fließt, nicht überall der gleiche sein, da die Lorentz-Kraft nur durch einen Druckgradienten kompensiert werden kann. (4) In guter Näherung hängen die Stoßzahlen und damit die a nicht von den äußeren Kräften ab. In höherer Näherung kann in einem stark verdünnten Gas eine gewisse Abhängigkeit vom Magnetfeld dadurdi eintreten, daß die statistische Unabhängigkeit der Stöße gestört wird und insbesondere eine Erhöhung der Wahrscheinlichkeit für eine Wiederholung des Stoßes zwischen denselben Partnern (wenn wenigstens einer von ihnen geladen ist) auftreten wird, da sie sich auf ihren Kreisbahnen um die Feldlinien wieder nähern können. Dieser Effekt ist schwer quantitativ zu fassen, besonders im Fall der Coulomb-Wechselwirkung zweier geladener Teilchen; ändert aber auch unter recht extremen Verhältnissen nicht die Größenordnung der Ergebnisse 7 . Wir formen diese Gleichungen algebraisch um, indem wir außer der Massengeschwindigkeit t> (vgl. Tabelle) einführen: Geschwindigkeit der ambipolaren Diffusion: ÜA = »p - »n = [1 + (Pp/pn)] (»p - *) (5) Stromdichte: i = eNp (»j-tg (6) und erhalten 9 (dü/dt) = ~ [j £ ] Pn (dün/df) = a (»A + b j) 9p b o (d»p/dt) + (4 grad p + o g, grad pn + gn 9, (7) (8) o • d (j'/«p2) /dt) + \ = o(<5m + e e ) (9) mit a = 2Vp Nn (a i n + a e n ) [g c m " 3 s e c " 1 ] , b = (oeain-Qiae n)/e Pp Np (ai n + «e n) [cm:! L a d u n g - 1 ] , a = e2a/(ß aie + (10) (11) Nn2ainaen) • [g —1 c m - 3 sec 1 Ladung 2 ], (12) 0 z. B. Gl. 8. 30, 10, S. 141, gemeinsam mit 8. 41, 7, S. 144, des Buches von C h a p m a n und C o w 1 i n g für den Sonderfall eines zweikomponentigen Gemisches. 7 Die zur Berechnung erforderliche zweite gaskinetische Näherung wurde von T. G. C o w l i n g angegeben. Unauthenticated Download Date | 10/20/17 9:36 PM 4 -T e~ o Jmi me [sec 2] , ® + [(»p/c), J&], ei = ¿»(grad p — og — y — NJea (13) (14) dü «ie = * 2 /a i e , dt [cten grad Pi + a i n grad pe + (15) (piaen-oeain)g]. Gl. (7) stellt die gesamte Impulsbilanz dar, bei der natürlich die Lorentz-Kraft des Stromes auftritt. Gl. (8) ist die Gleichung der ambipolaren Diffusion; sie wird etwas anschaulicher, wenn man die Gl. (7) subtrahiert: a = — §rad PP + Pp d A §rad (2AÜ »en=(VNnMe2/aen)- Der Vergleich der Gin. (7) und (9) mit (15) mit den früher ohne Berücksichtigung des Neutralgases abgeleiteten (die man aus den vorliegenden Gleichungen natürlich wiedergewinnt, wenn man Nn — 0 setzt) zeigt, daß sich nichts Grundlegendes geändert hat. 1 (16) (17) ist also nur richtig, wenn nicht nur die Schwere- und Trägheitskräfte verschwinden, sondern auch kein Temperaturgradient vorhanden ist, [ } § ] und abj verschwinden. Es gilt dann A = (Np/Nn)(eVain), — ¡ / « f f . Ambipolare Diffusion wird also erzeugt durch den Teil des Gradienten des Partialdruckes des Plasmas, der nicht von den Trägheits- und Schwerekräften auf das Plasma und der Lorentz-Kraft des Stromes kompensiert wird, sowie wegen der verschiedenen Wechselwirkung mit dem Neutralgas durch einen Strom direkt. Die übliche Schreibweise D oin = - (d»p/df)] + [{\lc),Sp\-ab\. »a = - geben durch die Kombination der drei Kopplungskonstanten, die für eine Plasmastrecke der Länge l und des Querschnittes Q dem gezeichneten Ersatzschaltbild (Abb. 1) entsprechen: kT/a. Gl. (9) vertritt das Ohmsche Gesetz. Auf der linken Seite stehen neben der Stromdichte noch Trägheitsglieder, die nur für die Theorie der Wellen und Schwingungen im Plasma von Bedeutung sind und hier nicht diskutiert werden sollen. Von diesen Termen abgesehen, wird der Strom hervorgerufen durch die im mit der Geschwindigkeit der Plasmakomponente mitbewegten Koordinatensysteme gemessene elektrische Feldstärke und durch eine „eingeprägte" Feldstärke (£e, die die Wirkung der Druckgradienten und der Trägheitskräfte auf die relative Diffusion der Elektronen gegen die Ionen beschreibt 8 . Die Leitfähigkeit ist unabhängig vom Magnetfeld ge8 Auch hier ist die wirkliche Thermodiffusion nicht berücksichtigt, d. h. die Tatsache, daß ein Temperaturgefälle audi bei Konstanz der Partialdrucke und Abwesenheit äußerer Kräfte zu einer Diffusion führt. f i/acfen— I1 V Abb. 1. Ersatzsdialtbild eines Plasmazylinders (Länge l, Querschnitt Q). Die Aufgabe dieser Arbeit soll es wiederum nicht sein, die auftretenden Koeffizienten zu bestimmen. Um aber einen Anhalt für die in Frage kommenden Größenordnungen zu geben, entnehmen wir einer Arbeit von C o w 1 i n g die folgenden Werte: « i e « 1 , 9 • 1 0 - " r - % { 6 , 7 - 'l log10 Np + 2 log10 r } , «in~2,2-10-32, (18) « e n « 9 , 4 • 10-37 r/2, « in erg cm sec = g cm 3 s e c - 1 , T in 0 K , N in c m - 3 Die logarithmische Dichteabhängigkeit von aie liegt daran, daß die fernen Vorübergänge wegen der großen Reichweite der Coulomb-Kraft sehr wirksam sind und die Integration über alle Abstände beim Stoß bei einer Entfernung von der Ordnung des mittleren gegenseitigen Abstandes Ion—Elektron abgeschnitten werden muß. Zylindersymmetrischer Fall Die oben abgeleiteten Gleichungen sollen nun für einige Anwendungen spezialisiert werden. Wir betrachten die zylindersymmetrische Säule einer statio- Unauthenticated Download Date | 10/20/17 9:36 PM nären Gasentladung. Alle Größen sollen nur von dem Abstand r von der Achse abhängen. Da Trägheitswirkungen nicht in Frage kommen, kann (d/dt) — 0 gesetzt werden. Ferner sei t) = 0, d. h. das Gas bewege sich nicht als Ganzes. Die Kontinuitätsgleichungen für die einzelnen Bestandteile unseres Gemisches ergeben dann: d i v ( N p * p ) - d i v ( N n V = 0, (19) jr = 0 (20) und aus den Grundgleichungen (7—9) wird (q = 0). Elektronen vernachlässigt werden kann. Wegen der hohen Elektronentemperaturen überwiegen (besonders dann, wenn keine negativen Ionen gebildet werden können) im Inneren die Ionisationen bei weitem die Rekombinationen, die praktisch nur auf der Gefäßwand vor sich gehen. Setzen wir die Zahl der pro cm 3 und sec erzeugten Ionen gleich %Nnpe, so ist x e i n e Funktion allein der Elektronentemperatur T e , wenn die Ionisation nur in einfachen Stößen zwischen Elektronen und Neutralatomen im Grundzustand erfolgen. Wenn das Magnetfeld vom Strom durch die Entladung herrührt, haben wir eine Lösung des folgenden Gleichungssystems zu suchen: Komponenten 11 zur Achse Komponenten i zur Achse (21a), (22 a), i = oSa (23 a), grad p = ± [jJp] a » A X = gradp n (22 b), = (23 b ) . Dabei ist das elektrische Feld aufgeteilt in das angelegte äußere Feld E a (|| Achse) und das Raumladungsfeld E r , das sich automatisch so einstellt, daß die Gl. (23b) befriedigt wird. Der Term (1/c) [t>P£>] ist in der Regel sehr klein gegen (£a, wenn es sich nur um das von der Entladung selbst erzeugte Magnetfeld handelt. Die Gl. (22 a) bestimmt lediglich den nichtinteressierenden achsenparallelen Teil der ambipolaren Diffusion. Von Interesse sind also nur die Gin. (21b), (22b) und (23 a), und wenn im folgenden von „elektrischem Feld" und „ambipolarer Diffusion" die Rede sein wird, ist stets 0fa bzw. t> Ai gemeint. Die zu diesen Gleichungen hinzutretenden Beziehungen richten sich nun nach der speziellen Natur der betrachteten Gasentladung. Glimmentladung mit E i g e n m a g n e t f e l d 9 In der positiven Säule einer Glimmentladung liegen dadurch verhältnismäßig einfache Verhältnisse vor, daß die Elektronentemperatur erheblich über der Temperatur der Ionen und des Neutralgases liegt, so daß der Ionenpartialdruck gegen den Druck der 9 Erst nach Durchführung der folgenden Rechnung wurde Verf. durch eine Bemerkung von H. F e t z darauf aufmerksam, daß dieses Problem bereits in einer während des Krieges erschienenen Arbeit von L . T o n k s (Phvsic. Rev. 56, 360 [1939]) behandelt worden ist. Der Vergleich beider Behandlungsweisen zeigt den Nutzen unseres Verfahrens, nämlich von umgeformten Systemen der Gl. (7) . . . (9) auszugehen und nicht von den Gl. (1) . . . (3) direkt, welche denen von Tonks benutzten äquivalent sind. (24) - [) $>] = grad p , (21b), (25) «iniVniVpÖA= g f a d ( P - P e ) <\A p g a = (c/4 .T) rot Sp (26) n®en (27) div (N p * A ) = y . N n P e , N=pJkTe. (28) Hierbei ist vorausgesetzt, daß der Ionisationsgrad so gering ist, daß die Stöße zwischen Elektronen und Ionen gegenüber den Stößen mit den neutralen Teilchen vernachlässigt werden können. Das heißt wir haben OL\ e ^ dtp n neben Oen öi n vorausgesetzt. Mit den Bezeichnungen 2.trNp| | = F(r); 2.t/;(/)/dr' J(r) = (c/2)|£|r; E = | I und (29) r- (30) d F (o)/do = x Nn pe (o), (31) O= .T wird daraus d/ (o)/do = (e2 E/Nn «en k Te) • Pe (o), «in ^n *"(?) = (32) -(4.te2E/c*NnaenkTe) ' J (q) p e (9) — 2.T o (dpe (o)/do). (33) Der Unterschied zur ursprünglichen Theorie von S c h o t t k y 1 0 liegt in dem Gliede mit J p e , das mit 10 W . S c h o 11 k v , Physik. Z. 25, 342, 635 [1924], Unauthenticated Download Date | 10/20/17 9:36 PM seinem negativen Vorzeichen den kontrahierenden Einfluß des Eigenfeldes darstellt. Zur Integration machen wir im Anschluß an Schottky die Annahmen, daß die Neutralgasdichte Nn, die Elektronentemperatur 7 e und mit dieser %, aCn und ai U über den Querschnitt konstant seien: Die Berechtigung dieser Annahmen wird noch diskutiert werden. Aus den Gin. (31) und (32) folgt dann sofort F(o) ~ J(o), da beide Funktionen den Anfangswert 0 für o = 0 besitzen müssen. Die Elimination von F und pe ergibt dann die Differentialgleichung o (d27/do2) + 2 (e2 E/Nn aenkTe c2) J (dJ/do) + (z/2.T)Nn2«enain/=0. (34) Zu der bereits benutzten Anfangsbedingung J (0) = 0 tritt eine Bedingung am Rand, deren genaue Formulierung eine Theorie der Vorgänge an der Wand des Entladungsgefäßes erfordert. Statt dessen fordern wir, daß Stromdichte und Elektronendruck = 0 für r = R e ff, (wobei der „effektive Radius" R e ff etwas größer ist als der wahre Radius des Gefäßes) oder dJ/do — 0 für o = 71 R'cff. Die Lösungen dieses Randwertproblemes gewinnt man aus der Lösung des Anfangswertproblems x (d2 i/dx2) + v i (di/dx) + i = 0 , i (0) = 0 , (di/dx)x = o = 1 , v beliebig > 0 (35) durch zwei Ähnlichkeitstransformationen. Wenn der Wert von x, an dem die erste Nullstelle von di/dx liegt, mit x0 (v) und der Wert i (x 0 ) mit i 0 (v) bezeichnet wird und als effektiver Gesamtstrom J e ff der Strom eingeführt wird, der durch die Entladung insgesamt fließen würde, wenn sie sich bis zum effektiven Radius Reff erstrecken würde, ergeben sich diese Transformationen aus e2EJef{/NnaenkTec2 = vi0(r) (36) und (z/2)Nn2ainR*e{i=xo(v), (37) so daß / ( 0 ) = UeJio (v)]i(*) mit x = (o/.T R 2 e f f ) xq (o = .T r 2 ). Die beiden Gin. (36) und (37) müssen simultan gelöst werden. Die erste bestimmt im wesentlichen aus dem gesamten Leistungsumsatz E J e ff den Wert von v, d. h. die Größe des Einflusses des magnetischen Eigenfeldes auf die Strom- und Elektronendruck-Ver- teilung. Die zweite Gleichung bestimmt bei vorgegebenem NnRctt und v das Produkt ; da beide Größen Funktionen nur der Elektronentemperatur sind, bestimmt diese Gleichung also in erster Linie diese. Die Strom-Feldstärke-Beziehung, also die Charakteristik, ist durch unsere bisherigen Gleichungen noch nicht bestimmt. Wir müssen dazu außer der Impulsbilanz für die 3 Komponenten, die den 3 Gin. (24), (25) und (26) zugrunde liegt, auch die Energiebilanz betrachten. Die vom Entladungsstrom erzeugte Joulesche Wärme kommt zunächst fast ausschließlich den Elektronen zugute, von diesen wird sie zum Teil bei den Stößen an die schweren Teilchen abgegeben und im übrigen durch Ausstrahlung, gewöhnliche Wärmeleitfähigkeit und durch konvektiven Transport bei der ambipolaren Diffusion nach außen geschafft. Wir machen nun die plausible Annahme, daß sowohl die Ausstrahlung (die in optisch dünner Schicht erfolgt) als auch die Wärmeabgabe an die schweren Teilchen proportional zum Elektronendruck (oder der Elektronendichte) ist mit einem Koeffizienten, der (außer von der nach wie vor als konstant angesehenen Neutralgasdichte) nur von der Elektronentemperatur abhängt, so daß wir den Energieverlust pro cm 3 und sec durch diese beiden Prozesse zu einem Glied xp(Te)pti zusammenfassen können. Wir erhalten damit die Energiebilanz j E = ip (T e ) pe + div {[e Ui + (3/2) k Te] Np o A } + div{x(Te,pe)gradTe} (38) (Ui — Ionisationsspannung, x = Wärmeleitvermögen). Nun zeigt die Gl. (27), daß unter der Voraussetzung konstanter Elektronentemperatur div(Npt>A) ~ p e und Gl. (26), daß dann ebenfalls 7 ~ p e - Wenn dies aber der Fall ist, ist der Ansatz T e = const auch mit der Energiebilanz (38) verträglich. Wir erhalten daher bestimmt eine Lösung unseres vollständigen Systems mit T e = const — es ist aber nicht auszuschließen, daß auch noch andere Lösungen existieren. Mit T e = const trägt die gewöhnliche Wärmeleitung zum Energietransport nicht bei, und wir können die Energiebilanz (nach einmaliger Integration) so schreiben: [e + (v/z Nn)] F = JE, B = e\J. + (3/2) k Te . Daraus folgt e2 E2 = (f y.Nn + y<) Nnaenk Te; Unauthenticated Download Date | 10/20/17 9:36 PM (39) d. h. die Entladung brennt nur bei einer bestimmten, allein von der Elektronentemperatur (und N n ) abhängigen Feldstärke. Die Stromstärke ist noch (innerhalb gewisser Grenzen) frei wählbar, sie beeinflußt den Spannungsbedarf nur dann, wenn das Eigenmagnetfeld erheblich ist, über v und xn{v) [Gl. (37)] hinweg. Diese Ergebnisse gelten natürlich nur soweit, wie die gemachten Voraussetzungen gültig sind. Die Voraussetzungen konstanter Elektronentemperatur haben wir oben gerechtfertigt, so daß vor allem noch die Annahme konstanter Neutralgasdichte geprüft werden muß. Nun nimmt der Neutralgasdruck bestimmt — Abstand von der Achse des Gefäßes wurde so bestimmt, daß die Meßpunkte möglichst gut auf die gerechneten Kurven fielen. Die damit erreichte Übereinstimmung im Verlauf ist angesichts der in der Rechnung gemachten Annahmen (besonders bezüglich Nn) überraschend. Wahrscheinlich wird die Abnahme der Neutralgasdichte zum Mittelpunkt dadurch teilweise kompensiert, daß dort die Ionisation auch von angeregten Zuständen aus erfolgt. Die gefundene Übereinstimmung kann vor allem als Beweis dafür angesehen werden, daß die elektrische Leitfähigkeit in der Tat vom Magnetfeld unabhängig ist. Die magnetische Feldstärke betrug bei 80 A Gesamtstrom am Rande etwa 5 örsted, der zugehörige Larmor-Radius der Elektronen von etwa 2 0 0 0 0 ° im Mittel ungefähr 1 cm, so daß man bei einer freien Weglänge der Elektronen von 10 cm (nach Fetz) dort eine Verminderung der Leitfähigkeit um 2 Zehnerpotenzen hätte erwarten können. Es ist sicher, daß ein derartiger Effekt zu einer viel stärkeren Konzentrierung der Entladung und zu einer beträchtlichen Erhöhung der benötigten Feldstärke geführt hätte. Andere Abb. 2. Relative Strom- und Elektronendichte in einer Glimmentladung, v = Parameter des Eigen-Magnetfeldes; Meßwerte von H. F e t z : • 20 A ; x 40 A ; o 80 A. zum Rande hin zu, da sein Gradient für die ambipolare Diifusion verantwortlich ist [Gl. (22 b)], außerdem nimmt die Temperatur des Neutralgases sicher nach innen zu, beides bewirkt, daß Nn im Mittelpunkt kleiner als am Ende ist. Um die hergeleiteten Beziehungen prüfen zu können, wurde das Anfangswertproblem der Gl. (35) für verschiedene Werte des Parameters durch numerische Integration 11 gelöst. Die Abb. 2 zeigt die relative Strom- und Elektronendichte, also im wesentlichen die Funktion di(v,x)/dx für verschiedene Parameterwerte. Zum Vergleich sind Werte für die relative Elektronendichte gegeben, die Kurven entnommen sind, die H. F e t z veröffentlicht hat 12 . Sie beziehen sich auf eine Glimmentladung in Hg von 2 mTorr Druck in einem Gefäß von 10 cm Radius. Der effektive Radius 11 Für deren Durchführung bin ich Frl. Dr. E . T r e f f t z und der Rechengruppe des Institutes zu Dank verpflichtet. 12 H. F e t z , Ann. Physik (5) 40, 595 [1943]. Anwendungen Die Rechnung des vorangehenden Abschnittes ist nur ein Beispiel für die Verwendbarkeit unseres Gleichungssystems ( 7 ) . . . (15). Entscheidend dafür, daß wir unter unseren Voraussetzungen alle Glimmentladungen durch eine einparametrige Schar von Kurven beschreiben konnten, war die Möglichkeit, die Konstanz der Temperatur über den Entladungsquerschnitt zu begründen. Im allgemeinen wird die Temperatur nicht mehr konstant sein, und dann werden die Größen a (die Koeffizienten der gegenseitigen Reibung), x (der Koeffizient der Stoßionisation) und xp (Koeffizient des Wärmeverlustes der Elektronen durch Ausstrahlung und durch Stöße mit schwereren Teilchen) Ortsfunktionen. Dies ist schon bei Glimmentladungen in einem äußeren Magnetfeld, insbesondere aber auch bei allen Bogenentladungen der Fall. Die Theorie der Bögen (zunächst ohne Magnetfeld) geht ja direkt aus von der Energiebilanz, nämlich der Elenbaas-Hellerschen Differentialgleichung. Der Einfluß von Magnetfeldern auf Bogenentladungen soll wegen dieser Komplikationen hier nicht untersucht werden. Über Anwendungen der Plasmagleichungen auf die Ionosphäre soll an anderer Stelle berichtet werden. Unauthenticated Download Date | 10/20/17 9:36 PM