Grundlagen des Lernens - Pädagogische Hochschule Zürich

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Zu diesem Buch
Vor lauter Bäumen sieht man den Wald nicht mehr, heisst es im Volksmund. Im übertragenen
Sinn haben viele Lehrkräfte unter dem Ansturm der Ansprüche, die an sie und die moderne
Schule gestellt werden, das Wesentliche aus dem Auge verloren – das Lernen nämlich.
Betrachtet man die heutige Bildungslandschaft, ist man selbst als Fachmann oder -frau von
der Vielfalt der Neuerungen und der Kadenz der Veränderungen überfordert oder zumindest
erschlagen. New Public Management, Teilautonomie, Frühenglisch, lohnwirksame
Mitarbeiterbeurteilung Frühfranzösisch, Suggestopädie, Elternrat, Informationstechnologie,
immersiver Sprachunterricht… Die Aufzählung ist bei weitem nicht erschöpft – wohl aber die
Ausbilder/innen. Mann/Frau ist überfordert und verunsichert.
Das Ziel dieser Publikation ist es, das Augenmerk der Ausbilder/innen wieder auf ihr
Kerngeschäft zu lenken – das Lernen. Eine Lehrkraft ist eine Person, die anderen beim Lernen
hilft. Als Lehrkraft sind Sie in erster Linie Lernspezialist. Damit Sie diese Rolle erfüllen
können, müssen Sie die elementaren Grundlagen des Lernens beherrschen. Grundlagen, die
wissenschaftlich abgesichert sind und in der Praxis erprobt wurden.
Das gilt aber nicht nur für Lehrkräfte. Eltern spielen eine zentrale Rolle, wenn es um das
Lernen bei ihren Kindern geht. Das Wissen um gesicherte Erkenntnisse aus dem Bereich der
Lernpsychologie hilft Ihnen bei der Wahrnehmung dieser Aufgabe. Vor allem aber sollten die
Lernenden selbst in der Lage sein, ihr Lernen selbstverantwortlich, effektiv und effizient
gestalten zu können. Neben dem Kennen der wichtigsten wissenschaftlichen Lerntheorien
gehören dazu auch verschiedene Arbeitstechniken. Die vorliegende Publikation richtet sich
darum an Lernende, Ausbildner/innen und Erziehende. Das Augenmerk ist dabei auf das
Wesentliche beschränkt und an der Praxis orientiert.
Nicht zuletzt kriegen aber auch Leute, die die Unterrichtsqualität einer Lehrkraft beurteilen
müssen, ein Hilfsmittel in die Hand, das als Ausgangspunkt für die Unterrichtsbeobachtung
und als Gesprächseinstieg mit der Lehrkraft dienen kann.
Heinz Bachmann, geboren 1954 in Ghana. Studium als Sekundarlehrer phil. II an der Uni
Zürich. Langjährige Tätigkeit als Lehrer an der Zürcherischen Volksschule.
Berufsbegleitendes Studium in angewandter Psychologie an der Uni Zürich. Tätigkeit als
Junglehrerberater im Auftrage der Sekundarlehrerausbildung im Kanton Zürich. Später
Aufbau eines Schulpsychologischen Dienstes in einer Primarschulgemeinde. Vierjährige
Lehrtätigkeit am Berufsschullehrerseminar in Katmandu, Nepal im Rahmen der
Schweizerischen Entwicklungszusammenarbei. Schwerpunktsthemen in der Arbeit während
dieser Zeit waren Lernpsychologie, Methodik und Didaktik. Zusätzlich Coaching von
Ausbildner/innen an dieser Institution im Bereich Qualitätssteigerung des Lehrens und
Lernens. Promotion zum Thema interkulturelles Lernen.
1
Inhaltsverzeichnis
Zu diesem Buch………………………………………………………………………………………………...…1
Inhaltsverzeichnis…………………………………………………………………………………………………2
Vorwort……………………………………………………………………………………………………………8
Grundlagen des Lernens – eine Einleitung ......................................................................................................... 9
Einleitung ............................................................................................................................................................ 9
Weshalb sollte man Arbeitstechniken schulen?................................................................................................... 9
Warum sollte man sich Lerntheorien aneignen? ................................................................................................. 9
Eine Definition von Lernen ................................................................................................................................. 9
Historische Wurzeln ............................................................................................................................................ 9
Zusammenfassung ............................................................................................................................................. 10
Grundlagen und Anwendung der Klassischen Konditionierung .................................................................... 12
Einleitung .......................................................................................................................................................... 12
Konditionierung ................................................................................................................................................ 12
Ivan Pavlov ....................................................................................................................................................... 12
John B. Watson ................................................................................................................................................. 13
Anwendung in der Ausbildung .......................................................................................................................... 13
Zusammenfassung ............................................................................................................................................. 14
Grundlagen der Operanten Konditionierung ................................................................................................... 16
Einleitung .......................................................................................................................................................... 16
Grenzen der Operanten Konditionierung.......................................................................................................... 16
Das grundlegende Modell der Operanten Konditionierung.............................................................................. 16
Die Skinner Box ................................................................................................................................................ 16
Grundlegende Prozesse der Operanten Konditionierung ................................................................................. 17
Die Verstärkung ............................................................................................................................................ 17
Bestrafung ..................................................................................................................................................... 17
Auslöschung .................................................................................................................................................. 17
Verallgemeinerung ........................................................................................................................................ 18
Diskriminierung ............................................................................................................................................ 18
Planmässige Verstärkung .............................................................................................................................. 18
Shaping (Formen) ......................................................................................................................................... 18
Zusammenfassung ............................................................................................................................................. 18
Anwendung der Operanten Konditionierung ................................................................................................... 19
Einleitung .......................................................................................................................................................... 19
Merkpunkte........................................................................................................................................................ 19
Geben Sie Feedback (Rückmeldungen) ............................................................................................................. 19
Unterrichtsplanung ........................................................................................................................................... 20
Endergebnis ................................................................................................................................................... 20
Ausgangslage ................................................................................................................................................ 20
2
Sequenzierung ............................................................................................................................................... 20
Unterrichtsumsetzung ....................................................................................................................................... 20
Individualisieren Sie den Unterricht.............................................................................................................. 20
Evaluieren Sie ihren Unterricht in regelmässigen Abständen ....................................................................... 21
Schliessen Sie Lernvereinbarungen .............................................................................................................. 21
Zusammenfassung ............................................................................................................................................. 21
Grundlagen der Kognitionspsychologie ............................................................................................................ 23
Einleitung .......................................................................................................................................................... 23
Ziele................................................................................................................................................................... 23
Kognitionstheorien ............................................................................................................................................ 23
1. Die Gestaltpsychologie ............................................................................................................................. 23
2. Piagets Entwicklungstheorie ..................................................................................................................... 24
3. Konstruktivismus ...................................................................................................................................... 24
4. Bruners Theorie des entdeckenden Lernens .............................................................................................. 25
5. Ausubels Theorie vom sinnvollen rezeptiven Lernen ............................................................................... 25
Zusammenfassung ............................................................................................................................................. 26
Anwendung der Kognitionspsychologie – Metakognition ............................................................................... 27
Einleitung .......................................................................................................................................................... 27
Ziele................................................................................................................................................................... 27
Das Konzept der Metakognition........................................................................................................................ 27
Metakognitives Wissen ................................................................................................................................. 28
Metakognitive Steuerung .............................................................................................................................. 28
Metakognitive Fähigkeiten............................................................................................................................ 28
Anwendung von Metakognition beim Lernen .................................................................................................... 28
Entwickeln Sie einen Handlungsplan ............................................................................................................ 28
Halten Sie sich an den Plan ........................................................................................................................... 28
Evaluieren Sie Ihren Plan .............................................................................................................................. 29
Strategien, um metakognitives Verhalten zu entwickeln ................................................................................... 29
Selbstbestimmte Lernende ................................................................................................................................. 29
Zusammenfassung ............................................................................................................................................. 29
Grundlagen und Anwendung des Modellernens .............................................................................................. 31
Einleitung .......................................................................................................................................................... 31
Albert Bandura (1925 -) .................................................................................................................................... 31
Grundlagen ....................................................................................................................................................... 31
Prozesse ............................................................................................................................................................ 32
1. Aufmerksamkeit ........................................................................................................................................ 32
2. Speicherung ............................................................................................................................................... 32
3. Nachahmung einer Handlung .................................................................................................................... 32
4. Motivation ................................................................................................................................................. 32
Merkmale wirkungsvoller Vorbilder ................................................................................................................. 33
Zusammenfassung ............................................................................................................................................. 33
Anwendung neurobiologischer Erkenntnisse im Lernprozess ........................................................................ 35
Einleitung .......................................................................................................................................................... 35
Ziele................................................................................................................................................................... 35
3
Veränderungen im Gehirn................................................................................................................................. 35
Rechte und linke Hirnhälfte............................................................................................................................... 36
Verstärkungszentren im Hirn ............................................................................................................................ 37
Zusammenfassung ............................................................................................................................................. 37
Grundlagen und Anwendung von Motivationstheorien .................................................................................. 39
Einleitung .......................................................................................................................................................... 39
Beispiele von Motivationstheorien .................................................................................................................... 39
Maslows Motivationstheorie ............................................................................................................................. 39
Konsequenzen für das Lernen ....................................................................................................................... 40
Intrinsische vs. extrinsische Motivation ............................................................................................................ 40
Gelernte Hilflosigkeit ........................................................................................................................................ 41
Konsequenzen für das Lernen ....................................................................................................................... 41
Zusammenfassung ............................................................................................................................................. 41
Berücksichtigen von Lernstilen beim Lehren und Lernen .............................................................................. 43
Einleitung .......................................................................................................................................................... 43
Ziel .................................................................................................................................................................... 43
Grenzen ............................................................................................................................................................. 43
Verschiedene Konzepte ..................................................................................................................................... 44
Visuell Lernende ........................................................................................................................................... 44
Auditiv Lernende .......................................................................................................................................... 44
Kinästhetisch Lernende ................................................................................................................................. 44
Kolbs Lernzyklus ............................................................................................................................................... 44
Die vier Lerntypen nach Honey und Mumford .................................................................................................. 45
Denker ........................................................................................................................................................... 45
Theoretiker .................................................................................................................................................... 46
Pragmatiker ................................................................................................................................................... 46
Aktivist .......................................................................................................................................................... 46
Zusammenfassung ............................................................................................................................................. 46
Organisieren Sie Ihr Lernen .............................................................................................................................. 47
Einleitung .......................................................................................................................................................... 47
Vorteile eines Planes ......................................................................................................................................... 47
Setzen sie sich Ziele ........................................................................................................................................... 47
Die Zielpyramide............................................................................................................................................... 47
Smarte Zielsetzung ............................................................................................................................................ 48
Teilen Sie Ihre Zeit ein ...................................................................................................................................... 48
Der Jahresplan ............................................................................................................................................... 48
Die Wochenarbeitsliste ................................................................................................................................. 48
Die tägliche Was-ist-zu-tun-Liste ................................................................................................................. 49
Überprüfen sie ihre Lernumgebung .................................................................................................................. 49
Das Logbuch ..................................................................................................................................................... 49
Zusammenfassung ............................................................................................................................................. 50
Repetieren Sie gezielt .......................................................................................................................................... 51
4
Einleitung .......................................................................................................................................................... 51
Ziel .................................................................................................................................................................... 51
Die Kurve des Vergessens ................................................................................................................................. 51
Vorteile periodischer Repetition ....................................................................................................................... 51
Strategien für sinnvolles Repetieren.................................................................................................................. 51
1. Überlernen................................................................................................................................................. 52
2. Selbstbefragung ......................................................................................................................................... 52
Periodische Repetition ...................................................................................................................................... 53
Erste Repetition ............................................................................................................................................. 53
Zweite Repetition .......................................................................................................................................... 53
Dritte Repetition ............................................................................................................................................ 53
Vierte und fünfte Repetition.......................................................................................................................... 53
Störfaktoren ....................................................................................................................................................... 53
Störungen reduzieren ........................................................................................................................................ 54
Zusammenfassung ............................................................................................................................................. 54
Brauchen Sie Mnemotechniken - verbessern Sie ihre Merkfähigkeit ............................................................ 55
Einleitung .......................................................................................................................................................... 55
Ziel .................................................................................................................................................................... 55
Vorteile .............................................................................................................................................................. 55
Grenzen ............................................................................................................................................................. 55
Warum funktionieren Mnemotechniken?........................................................................................................... 55
Verschiedene Techniken .................................................................................................................................... 55
1. Externe Gedächtnisstützen ........................................................................................................................ 55
2. Geschichten ............................................................................................................................................... 56
3. Geistige Visualisierung ............................................................................................................................. 56
4. Akronyme und Akrostik ............................................................................................................................ 56
5. Reimende Zahlwörter ................................................................................................................................ 56
6. Die Schlüsselwortmethode ........................................................................................................................ 57
7. Die Loci-Methode ..................................................................................................................................... 57
Zusammenfassung ............................................................................................................................................. 57
Machen Sie sich Notizen ..................................................................................................................................... 59
Einleitung .......................................................................................................................................................... 59
Ziel .................................................................................................................................................................... 59
Notizen machen ist eine erlernbare Fähigkeit................................................................................................... 59
Vorbereitungen.................................................................................................................................................. 59
1. Material ..................................................................................................................................................... 59
2. Das Cornell-Format des Notizenschreibens .............................................................................................. 60
3. Geistige Einstellung .................................................................................................................................. 60
Während des Schreibens ................................................................................................................................... 60
1. Seien Sie selektiv ...................................................................................................................................... 60
2. Kreieren Sie sinnvolle Abkürzungen ........................................................................................................ 61
3. Lassen Sie viel Platz frei ........................................................................................................................... 61
Nachdem Sie Notizen gemacht haben ............................................................................................................... 61
1. Editieren Sie ihre Notizen ......................................................................................................................... 61
2. Reflektieren Sie Ihre Notizen .................................................................................................................... 61
Die 5 R des Notizenmachens ............................................................................................................................. 62
5
Zusammenfassung ............................................................................................................................................. 62
Erstellen Sie Mind Maps .................................................................................................................................... 63
Einleitung .......................................................................................................................................................... 63
Verwendung ...................................................................................................................................................... 63
Merkmale der Mind Map Technik ..................................................................................................................... 64
Vorteile .............................................................................................................................................................. 64
Nachteile ........................................................................................................................................................... 64
Wie erstellt man Mind Maps? ........................................................................................................................... 64
Zusammenfassung ............................................................................................................................................. 65
Wenden Sie wirkungsvolle Lesestrategien an ................................................................................................... 66
Einleitung .......................................................................................................................................................... 66
Unterschiedliche Textkategorien....................................................................................................................... 66
1. Sachtexte ................................................................................................................................................... 66
2. Zeitschriften und Zeitungen ...................................................................................................................... 67
3. Gegenlesen ................................................................................................................................................ 67
Lesestrategien ................................................................................................................................................... 67
1. Wissen, was man wissen will .................................................................................................................... 67
2. Wissen, wie eingehend Sie ein Thema behandeln möchten ...................................................................... 67
3. Den Sinn von Informationen verstehen ..................................................................................................... 67
4. Querlesen .................................................................................................................................................. 67
5. Überfliegen................................................................................................................................................ 68
6. Lesen Sie aktiv .......................................................................................................................................... 68
7. Entwickeln Sie Ihr eigenes Vokabular ...................................................................................................... 68
Die SQ3R Methode............................................................................................................................................ 68
1. Überblick................................................................................................................................................... 68
2. Fragen ....................................................................................................................................................... 68
3. Lesen ......................................................................................................................................................... 68
4. Sich erinnern ............................................................................................................................................. 69
5. Wiederholen .............................................................................................................................................. 69
Zusammenfassung ............................................................................................................................................. 69
Schulen Sie Ihre Kreativität ............................................................................................................................... 70
Einleitung .......................................................................................................................................................... 70
Ziel .................................................................................................................................................................... 70
Kann Kreativität gelernt werden? ..................................................................................................................... 70
Techniken zur Förderung Ihrer kreativen Denkfähigkeit .................................................................................. 70
1. Ändern Sie liebgewonnene Gewohnheiten ............................................................................................... 71
2. Ändern Sie Ihre Perspektive ...................................................................................................................... 71
3. Kreieren Sie Analogien ............................................................................................................................. 71
4. Fragen sie fünfmal warum......................................................................................................................... 71
5. Verschlimmern Sie das Problem ............................................................................................................... 71
6. Setzen Sie Ihr Unterbewusstes bei der Problemlösung ein ....................................................................... 71
7. Schreiben Sie Ihre Ideen sofort auf ........................................................................................................... 72
8. Riskieren Sie Hüftschüsse ......................................................................................................................... 72
Der kreative Kreislauf (s. Abb. 25) ................................................................................................................... 72
Zusammenfassung ............................................................................................................................................. 72
Gehen Sie bewusst mit Stress um....................................................................................................................... 74
6
Einleitung .......................................................................................................................................................... 74
Was ist Stress? .................................................................................................................................................. 74
Stressquellen ..................................................................................................................................................... 75
Stressbewältigungen.......................................................................................................................................... 75
Stress und Lernen .............................................................................................................................................. 76
Stressbewältigung im Klassenzimmer ............................................................................................................... 76
Zusammenfassung ............................................................................................................................................. 76
Angaben von Quellen zum Thema Lernen für ein vertieftes Studium ........................................................... 78
7
Vorwort
Lernen, umlernen, neu lernen, dazu lernen: ums lebenslange Lernen kommt heute wohl kaum jemand
herum. Neue Technologien, Globalisierung und die damit verbundene Umstrukturierung haben
Arbeitsmärkte und Arbeitsplätze unwiderruflich und zum Teil dramatisch verändert. Der Wandel ist
noch längst nicht abgeschlossen und in den meisten Berufsfeldern steigen auch die Anforderungen
stetig weiter an. Wer nicht dazulernt und nicht mitzieht, der fällt zurück. Nur wer permanent weiterlernt
bleibt arbeitsmarktfähig und hat auch Chancen für die Zukunft.
Lernen heisst das Gebot der Stunde. Doch wo kann Lernen erlernt werden? Die Einsicht, dass Lernen
gelehrt werden muss, mehr noch, dass es die Grundkompetenz der Zukunft ist, hat sich in den
Bildungssystemen noch nicht durchgesetzt. „Unsere Studierenden wissen, wie man lernt“ heisst es
noch allzu oft an den Hochschulen, und die Ansicht, das Erlernen des Lernen brauchten bloss die
Schwächeren, ist weit verbreitet. Auch in der Ausbildung der Lehrenden spielt das Lehren des
Lernens noch nicht die Rolle, die es im heutigen Umfeld spielen müsste. Zum einen fehlt der
bildungspolitische Schub und zum andern wird das Lernen erst lehrbar, wenn sich vermehrt
Autorinnen und Autoren des Themas annehmen und die vielen Teilbereiche und verschiedenartigen
Fragmente aus den zahlreichen Disziplinen zu einem Ganzen zusammenfügen.
Das vorliegende Buch von Heinz Bachmann hilft mit, das Lernen lehrbar zu machen. Der Psychologe
und erfahrene Lehrer schlägt gekonnt Brücken zwischen Theorie und Praxis und sein Werk besticht
durch Kürze und Prägnanz. Der Autor erläutert zunächst die wichtigsten Lerntheorien und
veranschaulicht sie mit einleuchtenden Beispielen. Die weiteren Kapitel sind der Lernpraxis gewidmet;
neben effizienten und effektiven Strategien werden auch Kreativität und der Umgang mit Stress mit
einbezogen. Jedes Kapitel schliesst mit einer Zusammenfassung und mit einer Checkliste zur
Selbstevaluation.
Das Buch regt an, das Lernen und Lehren des Lernens neu zu überdenken. Es hilft, die Perspektive
zu wechseln und die Lernenden besser zu verstehen.
Heinz Bachmanns Buch ist nicht nur in der Ausbildung von angehenden Lehrerinnen und Lehrern
nützlich. Es kann auch erfahrene Lehrkräfte und Dozierende neu inspirieren und als methodischer
Werkzeugkasten für das Lehren des Lernens dienen.
Ich wünsche dem Buch und auch Ihnen, liebe Leserinnen und Leser den verdienten Erfolg!
Dr. Verena Steiner
Autorin „Exploratives Lernen“
8
Grundlagen des Lernens – eine Einleitung
Einleitung
Ein altes Sprichwort lautet: Nichts ist beständig, ausser Veränderungen. Vor zehn Jahren
benützte kaum jemand das Internet. Die meisten von uns kannten noch keine E-Mail. In einer
sich immer schneller wandelnden Gesellschaft müssen die Menschen kontinuierlich
dazulernen, damit sie neue Technologien anwenden können. Es ist notwendig, lebenslang zu
lernen. Um dieser Herausforderung zu begegnen, ist es hilfreich, die Grundlagen des Lernens
zu verstehen. Diese beinhalten Arbeits- und Lerntechniken, sowie Kenntnisse der wichtigsten
Lerntheorien.
Weshalb sollte man Arbeitstechniken schulen?
Auszubildende, die erfolglos sind, wenden oft falsche Lernstrategien an. Viele
Ausbilder/innen erwarten von ihren Schülern und Schülerinnen, dass sie sich
Arbeitstechniken(s. Darstellung 1) selbst aneignen. Verschiedene Untersuchungen haben
jedoch gezeigt, dass dies nicht geschieht. Wir müssen lehren, wie gelernt werden kann! Des
Weiteren zeigen wissenschaftliche Befunde, dass man sich Lerntechniken am leichtesten in
einem fachspezifischen Kontext erarbeiten kann. D.h. jeder Ausbilder und jede Ausbilderin
sollte den Schülern/innen innerhalb ihres jeweiligen Fachbereiches helfen, Lerntechniken zu
entwickeln.
Warum sollte man sich Lerntheorien aneignen?
Eine wirkungsorientierte Lehrkraft sollte versuchen zu verstehen, wie Menschen lernen.
Lehren und lernen sind aufeinander bezogen. Das Wort Lehrer ist definiert als jemanden beim
Lernen unterstützen, sei es durch Sprache oder Zeigen (Collins English Dictionary, 1991).
Jede Lehrkraft hat ihre eigenen persönlichen Theorien über das Lernen. Diese Theorien sind
zumeist von persönlichen Lernerfahrungen geprägt. Leider können wir uns nicht all das
Wissen, welches zum Lernen benötigt wird, selber durch persönliche Erfahrungen aneignen.
Glücklicherweise können wir uns jedoch auf die Erfahrung anderer verlassen. Die
Wissenschaft hat viele wirkungsvolle Prinzipien beschrieben und bestätigt, welche
erfolgreiches Lernen und Lehren fördern.
Eine Definition von Lernen
Wir benutzen den Begriff des Lernens, wenn Menschen fähig werden, etwas zu tun, was sie
früher nicht konnten. Der Begriff fähig sein ist zentral, da sich Menschen oft Fähigkeiten und
Wissen aneignen, ohne dies klar als Lernen zu definieren. Denn ein weiteres Merkmal von
Lernen ist, dass es sich in und durch Anwendung und Erfahrung manifestiert. Natürlich
verändern auch Prozesse der menschlichen Reifung das eigene Verhalten. Dies wird jedoch
nicht explizit als Lernen verstanden. Die Fähigkeit des Säuglings zu krabbeln ist eher ein
Prozess der Reifung als ein Lernvorgang. Eine moderne Definition von Lernen würde lauten:
Lernen ist eine relativ anhaltende Veränderung des Verhaltens oder die Fähigkeit, sich
aufgrund von Erfahrung bewusst auf eine gewisse Art und Weise zu verhalten.
Historische Wurzeln
Die Wurzeln der zeitgenössischen Lerntheorien reichen weit in die Vergangenheit zurück (s.
Darstellung 1). Viele der Probleme und Fragen, welche von zeitgenössischen
Wissenschaftler/innen gestellt werden, sind nicht unbedingt neu. Sie zeigen vielmehr, wie
stark das universelle Bedürfnis des Menschen ist, sich selbst und seine Umwelt zu verstehen.
Jede Kultur hat ihre eigenen grossartigen Gelehrten – Menschen mit hervorragenden Ideen
und bewundernswerter Weisheit. Zum Beispiel Buddha oder Konfuzius, um zwei östliche
Philosophen zu nennen. Für die westliche Kultur sind Plato und Aristoteles zwei
9
herausragende Gelehrte. Oft wird behauptet, dass praktisch alle modernen Ideen über das
Lernen eine Ableitung der Ideen der griechischen Philosophen Plato und Aristoteles seien.
Plato (427–347 v.Chr.) glaubte, dass rationales Denken der Schlüssel zum Lernen ist
(Rationalismus). Diese Position ist in den gegenwärtigen Lerntheorien, die dem
Kognitivismus zugeordnet werden, verkörpert. Aristoteles (384–322 v.Chr.) hingegen betonte
die Erfahrung als wahre Quelle des Lernens (Empirismus). Seine Ideen des assoziativen
Lernens finden sich am stärksten in Lerntheorien wieder, die unter dem Begriff des
Behaviorismus subsumiert werden können.
Die meisten wissenschaftlichen Untersuchungen im Bereich des Lernens wurden in den
letzten 100 Jahren durchgeführt. Charles Darwin (1809–1892) postulierte, dass alle
Lebewesen, Tiere und Menschen, evolutionären Prozessen unterworfen seien. Er definiert
Lernen als eine Überlebensstrategie, welche uns befähigt, uns der sich verändernden Umwelt
anzupassen (Funktionalismus). Für Darwin existierte keine scharfe Grenze zwischen höheren
und niederen Tieren. Aus diesem Grund scheint es gerechtfertigt, Daten von Experimenten
mit Tieren auf das menschliche Lernen zu übertragen. Auch in zeitgenössischen Studien dient
die Biologie als wichtige Quelle, um neue Einsichten in das Lernen zu gewinnen. Die
Neurobiologie untersucht die Struktur und Chemie unseres Gehirns und versucht,
physiologische mit mentalen Prozessen zu verknüpfen.
Zusammenfassung
Wenn Menschen sich eine Fähigkeit angeeignet haben, die sie früher nicht beherrschten, hat
Lernen stattgefunden. Die Wurzeln zeitgenössischer Lerntheorien reichen weit in die
Vergangenheit. Das meiste Wissen über das Lernen wurde jedoch durch die psychologischen
Untersuchungen der letzten 100 Jahre gewonnen. Jeder Ausbilder/jede Ausbilderin ist nicht
nur Fachspezialist/in, sondern auch Lernspezialist/in. Das Lehren wird durch persönliche
Lerntheorien gestützt. Je umfassender diese persönlichen Lerntheorien sind, desto leichter
fällt es der Lehrkraft, die Lernenden in der Aneignung neuen Wissens, neuer Fähigkeiten und
neuer Haltungen zu unterstützen.
10
Pavlov
Klassische Konditionierung
Watson
Behaviorismus
Operante Konditionierung
Gestaltpsychologie
Wertheimer
Entwicklungstheorie
Plato
Psychologie
Aristoteles
'siehe Behaviorismus'
Empirismus
Philosophie/Religion
Buddha
Bruner
Sinnvolles rezeptives Lernen
Kognitivismus
Konfuzianismus
Konfuzius
Piaget
Entdeckendes Lernen
Rationalismus
'siehe Kognitivismus'
Skinner
Sozialkognitives Lernen
Konstruktivismus
Buddhismus
Metakognition
Grundlagen des Lernens
Lernstile
Bandura
Glasersfeld
Flavell
Gelernte Hilflosigkeit
06-Jan-03 - v23
Ausubel
Seligman
Kolb
Notizen machen
Funktionalismus
Mindmaps entwerfen
Evolutionstheorie
Darwin
Mnemonik gebrauchen
Kreativitaetstechniken beherrschen
Bewussster Umgang mit Stress pflegen
Veraenderung der Hirnstruktur
Arbeitstechniken
Biologie
Neurowissenschaft
Repetitionen planen
Lesetechniken anwenden
Rechte/linke Hirnhaelfte
Verstaerkerzentrum im Hirn
Lernprozesse organisieren
Hebb
Rosenzweig
Sperry
Olds&Milner
Abb. 1: Grundlagen des Lernens - Wurzeln, Theorien, Forscher, Arbeitstechniken
11
Grundlagen und Anwendung der Klassischen Konditionierung
Abb. 2: Pavlovs Apparat zur Untersuchung der Konditionierung
Einleitung
In der Psychologie des frühen 20. Jahrhunderts wurde besonderes Gewicht auf das
beobachtbare Verhalten gelegt. Die Behavioristen (Verhaltensforscher) forderten die
Psychologen und Psychologinnen auf, ausschliesslich Verhalten zu beobachten. Die Analyse
von mentalen Prozessen anhand subjektiver Interpretationen sollte in den Hintergrund treten.
Die Behavioristen glauben, dass die Umwelt der determinierende Faktor ist, welcher den
Charakter und das Schicksal einer Person bestimmt. Die Auswirkungen von erblichen
Anlagen werden dabei kaum berücksichtigt. Gemäss dieser Theorie ist es möglich, den
Charakter des Menschen durch Konditionierung beinahe beliebig zu formen.
Konditionierung
Ein neu geborenes Baby wird von seiner Mutter gefüttert und gepflegt. Sie ist es, welche die
frühen Bedürfnisse des Kindes stillt. Das Kind verbindet (assoziiert) die Mutter sehr bald mit
der Befriedigung seiner Bedürfnisse. Sogar die Stimme der Mutter kann genügen, es zu
beruhigen, wenn es weint. Das Kind lernt durch Assoziation.
Automatisch verknüpfen wir in unserem Denken Ereignisse, welche wir als
zusammenhängend erleben. Lernen durch Assoziation oder Konditionierung ist eine geeignete
Methode zur Aneignung von Einstellungen und Gewohnheiten. Das Verbinden von zwei an
und für sich unabhängigen Ereignissen ist auch die Basis von Propaganda und Werbeslogans.
So wird z.B. in einer Zigarettenwerbung das Rauchen einer bestimmten Zigarettenmarke mit
dem Reiten eines wilden Pferdes verbunden, welches Freiheit und Abenteuer verheisst.
Ivan Pavlov
Assoziatives Lernen wird oft Klassische Konditionierung genannt, da es auf berühmten,
klassischen Experimenten beruht. Ivan Pavlov (1849 ­ 1936), russischer Wissenschaftler,
spezialisierte sich auf die Untersuchung der Physiologie der Verdauung. Dafür erhielt er 1904
den Nobelpreis. In einer Untersuchung über die Verdauung mass Pavlov u.a. die Menge des
Speichels, welche Hunde beim Essen produzieren. Dem Versuchshund wurde eine
abgemessene Menge an Essen vorgesetzt. Der beim Essen produzierte Speichel wurde an der
Unterseite des Hundemauls gesammelt. Eines Tages bemerkte Pavlov, dass der Hund schon
beim blossen Anblick des Essens oder sogar beim Anblick der Person, welche das Essen
brachte, zu speicheln begann. Er entschloss sich, dieses Phänomen systematisch zu
untersuchen. In einer kontrollierten Versuchsanordnung installierte er eine Glocke, die jeweils
läutete, kurz bevor der Hund eine kleine Essensmenge bekam. Nach mehreren Durchläufen
12
regte schon das Läuten der Glocke die Speichelproduktion an. Pavlov nannte das Essen einen
unkonditionierten Stimulus (UCS), weil es bei hungrigen Organismen automatisch die
Speichelproduktion anregt. Die Speichelproduktion nannte er eine unkonditionierte Reaktion
(UCR), da es eine natürliche Antwort auf den Stimulus bedeutet. Den neuen Stimulus (die
Glocke) nannte er einen konditionierenden Stimulus (CS). Dieser konditionierende Stimulus
erzielte vor der Versuchsanordnung keinen besonderen Effekt. Erst nach wiederholtem
Einsatz der Glocke begann der Hund, mit der Produktion von Speichel zu reagieren. Die
Antwort auf die Glocke hiess demzufolge konditionierte Reaktion (CR).
Phase Stimulus
1
UCS (Nahrung)
2
CS (Glocke)
anschliessend
UCS (Nahrung)
3
CS (Glocke)
Reaktion
UCR (Speicheln)
UCR (Glocke)
CR (Speicheln)
Tab. 1: Abfolge der Ereignisse bei der Konditionierung nach Pavlov
John B. Watson
John Broadus Watson (1878 - 1958), amerikanischer Psychologe, ist gemeinhin als Gründer
des modernen Behaviorismus bekannt. Er war Anhänger von Pavlovs Untersuchungsmethode.
Die Konditionierung war Basis seiner Auffassung vom Lernen. Im berühmten Little AlbertExperiment bewies er die Kraft der Konditionierung beim Menschen. Albert, ein 11monatiges Baby, zeigte keine Furcht vor weissen Ratten. Watson baute eine
Versuchsanordnung auf, bei der, wenn Albert nach einer Ratte griff, jeweils ein Hammer
gegen eine Stahlstange geschlagen wurde. Dieser laute Schlag (UCS) erschreckte das Baby,
und es begann zu weinen. Diese Angstreaktion war eine unkonditionierte Antwort (UCR). Die
Ratte (CS) und der laute Schlag (UCS) wurden in mehrmaligen Durchläufen verknüpft.
Anschliessend wurde Albert die Ratte ohne den Schlag gegen die Stange präsentiert. Im
selben Moment, als dem Baby die Ratte gezeigt wurde, war eine Angsreaktion (CR)
beobachtbar.
Anwendung in der Ausbildung
• Für Auszubildende bedeuten konditionierte Stimuli Dinge, welche sie gelernt haben zu
mögen oder nicht zu mögen. Verwenden wir die Notengebung als Beispiel. Ein Stück Papier
mit einer 6 oder einer 1 darauf bedeutet nichts für eine Person, welche nie in irgendeiner Form
mit Notengebung konfrontiert war. Auszubildende arbeiten jedoch hart, damit sie die
Höchstnote erreichen und die Tiefstnote vermeiden.
Positive Gefühle sollten nicht mit guten Noten verknüpft werden. Planen Sie Aktivitäten,
welche nominale Bewertungen vermeiden. Benutzen Sie stattdessen die natürliche,
unkonditionierte Stimulus-Reaktion-Verbindung von Erfolg und Glücksgefühlen.
Erfolgreiches Lernen bedarf keiner Konditionierung, da der Erfolg (Fertigkeit etwas zu
meistern) natürlicherweise mit positiven Gefühlen verknüpft ist.
• Klassische Konditionierung erklärt, warum das Versagen bei Prüfungen Angst provozieren
kann. In den ersten Lebensjahren mag Scheitern ein neutrales Erlebnis bedeuten. Später wird
es jedoch häufig mit der Missbilligung von Eltern oder Lehrkräften assoziiert, welche als
unkonditionierter Stimulus (UCS) wirken und Angst hervorrufen. Für Auszubildende ist es
nicht ungewöhnlich, beim Betreten des Raumes, in welchem eine Prüfung stattfindet oder
beim Austeilen der Prüfung durch die Lehrperson, Angst zu verspüren.
13
Schimpfen Sie nicht mit Lernenden aufgrund schlechter Prüfungsresultate, um diese
verhängnisvolle Verbindung von Bestrafung mit Ihrer Person zu vermeiden. Analysieren
Sie die Fehler gemeinsam. Unterstützen Sie die Person mit Hinweisen, wie sie ihre
Resultate beim nächsten Mal verbessern kann.
• Verhält sich jemand in einer Lernsituation falsch, sind wir oft versucht, das Verhalten des
Lernenden oder der Lernenden zu korrigieren, indem wir ihn respektive sie bestrafen. Die
Bestrafung kann das fehlerhafte Verhalten bloss momentan stoppen, dabei jedoch sehr
folgenreiche Nebenwirkungen erzeugen. Durch Bestrafung werden nicht nur negative Gefühle
in Verknüpfung zum eigenen Verhalten, sondern auch gegenüber der Lehrperson wach
gerufen. Ein mögliches Resultat häufiger Bestrafung ist, dass der Schüler oder die Schülerin
beginnt, Lernen und Lehrkräfte generell abzulehnen.
Um dies zu vermeiden, ist es sinnvoll, den Auszubildenden alternative Verhaltensweisen
aufzuzeigen, statt sie zu bestrafen. Insbesondere bei körperlicher Bestrafung sind die
Konsequenzen für den Lernenden fatal. Vermeiden Sie körperliche Strafen im Unterricht.
• Ein weiteres beobachtbares Phänomen ist, dass Schüler und Schülerinnen gewisse
Aktivitäten meiden, um Scheitern zu vermeiden. Das Scheitern, ursprünglich ein neutraler
Stimulus, kann zu einem konditionierten Stimulus werden, falls die Lehrperson jedes
Versagen kritisiert. Kritik (UCS) verursacht negative Gefühle (UCR). Versagen (CS) wird
assoziiert mit Kritik. Diese Kritik kann, nach mehrmaligem Erleben, negative Gefühle (CR)
hervorrufen. Um diese Gefühle zu vermeiden, kann es geschehen, dass ein Schüler oder eine
Schülerin sich entscheidet, gewisse Lernsituationen zu umgehen. Eben dieses Verhalten
verhindert wiederum, durch neues Lernen neue Erfahrungen zu gewinnen. Dadurch wird
jegliches Lernen blockiert.
Da Ihnen als Ausbilder/in dieser Mechanismus bekannt ist, sollten Sie Ihre Schüler/innen
positiv unterstützen, statt sie zu kritisieren. Betonen Sie ihnen gegenüber, durch Worte
oder Handlungen, dass es normal ist zu scheitern, solange man etwas daraus lernen kann.
• Erfährt ein Auszubildender häufiges Scheitern und selten Erfolg, beginnt er zu glauben, dass
alle Bemühungen sinnlos sind. Er verknüpft Lernen mit Hilflosigkeit. Welche Mühe er auch
immer aufwendet, es zeigen sich keine positiven Resultate. Folglich lohnt es sich nicht, sich
Mühe zu geben. Aufgrund dieser Einstellung wird es immer schwieriger, je einen Erfolg zu
verbuchen. Wieder befinden wir uns in einem Teufelskreis.
Übertriebene Ansprüche enden in Frustrationen, welche dann mit Lernen assoziiert
werden. Als Ausbilder/in sollten Sie Ihren Schülern und Schülerinnen viele Lernsituationen
ermöglichen, wo sie erfolgreich sein können.
Zusammenfassung
Klassische Konditionierung ist das Lernen von Beziehungen zwischen Ereignissen. Es wird
zwischen zwei Stimuli eine Verknüpfung hergestellt. Aufgrund biologischer Determination
des Organismus sind manche Verknüpfungen einfacher herzustellen als andere. Tiere können
gefährlich sein. Die Menschen sind darum biologisch darauf eingestellt, sich gegenüber
Tieren vorsichtig zu verhalten. Schon eine Begegnung kann genügen, um einen Stimulus mit
einer Antwort zu konditionieren. Jemand, der einmal einem Hund mit fletschenden Zähnen
gegenüber gestanden ist, wird vermutlich beim nächsten Zusammentreffen mit Hunden Angst
verspüren. In anderen Situationen sind mehrere Erfahrungen desselben Reiz14
Reaktionsschemas nötig, um erfolgreich zu konditionieren. Z.B. gibt es Schüler, die über
einen längeren Zeitraum mit entsprechenden Konsequenzen konfronierte werden müssen,
bevor sie lernen, pünktlich zum Unterricht zu erscheinen.
Checkliste
Grundlagen und Anwendung der Klassischen Konditionierung
Hat die Lehrkraft
1. nicht bewertete Aktivitäten eingeführt?
3. scheitern ist nicht schlimm kommuniziert?
4. gutes Verhalten, wenn immer möglich, belohnt?
5. positive, entwicklungsfördernde Rückmeldungen gegeben?
6. erfolgversprechende Erfahrungen allen Schüler/innen ermöglicht?
7. eine positive Einstellung den Lernenden gegenüber eingenommen?
Jedes NEIN bedeutet, dass es Möglichkeiten gibt, den Unterricht zu verbessern!
15
Grundlagen der Operanten Konditionierung
Abb. 3: Mit Hilfe einer Belohnung (SR), der berühmten Banane, wird der Affe dazu gebracht,
zur Musik (SD) zu tanzen (R)
Einleitung
Die operante Konditionierung ist eine behavioristische Lerntheorie, welche vom
amerikanischen Psychologen B.F. Skinner (1904 - 1990) formuliert wurde. B.F. Skinner gilt
als einer der einflussreichsten amerikanischen Psychologen des 20. Jahrhunderts. Seine Ideen
inspirierten das Lernen in der Schule, das berufliche Lernen sowie die Kindererziehung und
das Vermitteln von Disziplin. Behavioristische Prinzipien werden normalerweise angewendet,
um den Lernerfolg zu steigern und um wünschbares Verhalten zu fördern. Bei der Operanten
Konditionierung wird durch Verstärkung eine zufällige oder freiwillige Reaktion gefördert.
Grenzen der Operanten Konditionierung
• Geringe Berücksichtigung mentaler Prozesse
• Unzureichende Beschreibung von komplexem Verhalten
• Überbetonung externer Beeinflussung im Gegensatz zur persönlichen Verantwortung
• Nicht-Berücksichtigung intrinsischer Motivation
Das grundlegende Modell der Operanten Konditionierung
Die stimulierende Situation, die Reaktion darauf und die Konsequenzen, die dieser Reaktion
folgen, sind die zentralen Elemente der Operanten Konditionierung (SD→R→SR).
Ein eindeutig identifizierbarer (diskriminierender) Stimulus (SD) provoziert eine Reaktion
(R), gefolgt von einem verstärkenden Stimulus (SR). Die Lehrkraft stellt eine Frage (SD), ein
Freiwilliger gibt die richtige Antwort (R) und wird dafür gelobt (SR). Der diskriminierende
Stimulus kann nicht immer eindeutig bestimmt werden. In alltäglichen Situationen ist es oft
schwierig, genau zu eruieren, wodurch ein bestimmtes Verhalten hervorgerufen wird. Wir
gehen zum Beispiel in ein Restaurant, weil wir durstig oder hungrig sind oder weil wir dort
unsere Freunde treffen möchten.
Die Skinner Box
Zu Beginn seiner Forschungen führte Skinner Untersuchungen mit Tieren durch und benutzte
dazu eine spezielle Kiste (Skinner Box). Im Innern der Box ist ein kleinen Hebel montiert.
Auf der Box befindet sich ein Behälter mit Nahrung. Wird der Hebel betätigt, fällt die
Nahrung in genau abgemessenen Mengen in die Box - allerdings nur, wenn gleichzeitig eine
weitere Bedingungen erfüllt ist. Ein Bsp. soll den Vorgang illustrieren. Eine hungrige Ratte
wird in die Kiste gesteckt. Die Ratte kriegt zu Fressen, wenn sie den Hebel drückt, während
eine Lampe aufleuchtet. Ohne das Leuchten der Lampe zeigt das Drücken des Hebels keine
16
Wirkung. Zu Beginn betätigt die Ratte den Hebel zufällig, auch wenn das Licht nicht brennt.
Mit der Zeit lernt sie aber zu unterscheiden und drückt den Hebel je länger je öfter nur noch,
wenn das Licht aufleuchtet.
Mit solchen und ähnlichen Experimenten versuchte Skinner zu zeigen, wie Tiere und
Menschen neues Verhalten lernen als Resultat von Konsequenzen, die auf ein bestimmtes
Verhalten folgen.
Grundlegende Prozesse der Operanten Konditionierung
Die Verstärkung
Wenn ein Stimulus das Auftreten einer gewünschten Reaktion erhöht, wird er Verstärker
genannt. Wenn z.B. eine Lehrkraft Überzeit arbeitet und dafür mit einem Lohnzuschlag
entschädigt wird, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass die Lehrkraft in Zukunft erneut
länger arbeiten wird. Sie lernt, Überzeit zu arbeiten.
Verstärker, welche das Auftreten von Verhaltensweisen steigern, nennt Skinner positive
Verstärker. Geld, Noten, ein Lob, ein Lächeln, Bonbons oder freie Zeit sind alles positive
Verstärker. Verstärker, welche das Auftreten eines Verhaltens dann steigern, wenn sie
entfernt werden, werden negative oder aversive Verstärker genannt. Prüfungen oder Kritik
können z.B. negative Verstärker sein. Wenn Auszubildende ihre mündliche Beteiligung an
einem Kurs erhöhen, und die Lehrkraft daraufhin eine bevorstehende Prüfung absagt, ist dies
eine negative Verstärkung.
Ob positiv oder negativ, Verstärker erhöhen die Frequenz einer Reaktion. Ereignisse, die
keine Veränderung bewirken, werden neutrale Stimuli genannt.
Bestrafung
Bestrafung reduziert die Wiederholung unerwünschten Verhaltens. Eine Ohrfeige, Schimpfen
oder Auslachen sind Beispiele von Bestrafung. Bestrafung zeitigt jedoch eine ganz andere
Wirkung als negative Verstärkung. Bei einer Bestrafung wird ein Stimulus hinzugefügt, um
gewisse Verhaltensweisen einzudämmen. Bei der negativen Verstärkung wird ein Stimulus
weggenommen, um gewisse Verhaltensweisen zu stärken.
Aufgrund der zahlreichen Nebenwirkungen war Skinner der Bestrafung gegenüber kritisch
eingestellt. Folgende Punkte erläutern die negativen Konsequenzen von Bestrafung:
• Bestrafung reduziert das Auftreten gewisser Verhaltensweisen, bringt sie jedoch nicht zum
Verschwinden. Wird gewisses Verhalten in einem Kurs bestraft, kann es trotzdem im
nächsten Kurs bei einer anderen Lehrkraft wieder auftreten.
• Verhalten, dass auf das Abwenden einer Strafe zielt, wird verstärkt. Kann eine Strafe
beispielsweise durch Lügen abgewendet werden, wird Lügen wiederholt angewendet.
• Bestrafung sagt nichts über ein erwünschtes Verhalten aus, da die Aufmerksamkeit nicht auf
die positiven Verhaltensweisen des Einzelnen gerichtet ist.
• Bestrafung löst Schuldgefühle, Angst, Wut und Aggression aus, welche ein konstruktives
Lernen verhindern.
Auslöschung
Wenn eine bestimmte Reaktion ignoriert wird, wird sie geschwächt. Auszubildende, die sich
im mündlichen Unterricht mit Handaufhalten melden ohne beachtet zu werden, werden dieses
Verhalten u.U. ablegen nach dem Motto: "Was soll das, ich komme ja sowieso nie an die
Reihe". Auslöschung ist eine Alternative zur Bestrafung. Das Auftreten von fehlerhaftem
17
Verhalten kann reduziert oder zum Verschwinden gebracht werden, wenn es nicht beachtet
wird.
Verallgemeinerung
Verallgemeinerung ist die Tendenz, dass eine konditionierte Reaktion nicht nur von einem
betimmten Stimulus sondern von verschiedenen Stimuli ausgelöst werden kann. Jemand, der
sich vor Schlangen fürchtet, wird sich vermutlich auch vor Blindschleichen vorsehen. Ob
Verallgemeinerung erwünscht ist oder nicht, hängt stark von den Umständen ab.
Diskriminierung
Diskriminierung ist die Fähigkeit, zwischen verschiedenen ähnlichen Stimuli zu
unterscheiden. Diskriminierung ist komplementär zur Verallgemeinerung. Unsere Sicherheit
hängt davon ab, dass alle Verkehrsteilnehmer/innen das grüne und rote Licht an der Ampel
unterscheiden können.
Planmässige Verstärkung
In der Realität werden Verstärker selten kontinuierlich verabreicht. Untersuchungen zeigen,
dass wider erwarten, selektive Verstärkung wirksamer ist als kontinuierliche. Selektive
Verstärkung heisst, dass nicht jede Reaktion auf einen Stimulus belohnt wird. Dabei kann ein
Verhalten nach einem fixen Auftretensintervall belohnt werden z.B. jedes fünfte Mal, oder
zufällig einmal nach drei Malen oder sieben Malen etc. Eine kontinuierliche Verstärkung ist
besonders im Anfangsstadium eines bestimmten Lernprozesses sinnvoll. Wenn jemand ein
neues Lernfeld betritt, sollten auch die kleinsten Fortschritte positiv verstärkt werden. Später
ist es dann wirksamer, nur noch ab und zu ein Verhalten zu bestärken. Nach diesem Prinzip
funktioniert auch der Einarmige Bandit in einem Spielkasino.
Shaping (Formen)
Ein vorgegebenes Verhalten wird durch wiederholte erfolgreiche Annäherung gelernt. Der
Schlüssel zum Erfolg ist ein schrittweises Vorgehen. Beim Lernen müssen wir uns gewahr
sein, dass jeder kleine Schritt in Folge sehr wichtig ist. Um Verhalten zu formen, halten Sie
sich an folgende Punkte:
• Finden Sie heraus, wo die Auszubildenden genau stehen.
• Bestimmen Sie das wünschbare (zielorientierte) Verhalten.
• Bestimmen Sie mögliche Verstärker.
• Definieren Sie die Schritte, welche zum wünschbaren Resultat führen.
• Verstärken Sie jede Annäherung der Lernenden an das Ziel positiv.
• Seien Sie vorsichtig mit einer Überbewertung der ersten kleinen Schritte. Die Lernenden
könnte sich nicht ernst genommen fühlen.
• Wählen Sie die Grösse der Schritte sehr sorgfältig. Zu grosse Schritte können die
Motivation der Lernenden hemmen.
• Eine verspätete Verstärkung des erreichten Zieles kann zu unerwünschtem Verhalten
führen.
Zusammenfassung
Operante Konditionerung ist eine behavioristische Lerntheorie. Menschen lernen ein neues
Verhalten aufgrund der Verstärkungen, die sie während des Lernprozesses erfahren. Sind die
Konsequenzen des eigenen Handelns positiv (Verstärkung), wird die Handlung wiederholt.
Bei negativen Konsequenzen (Strafe) wird ein Verhalten eingeschränkt. Zu Beginn eines
Lernprozesses sollten die neuen Verhaltensweisen kontinuierlich bestärkt werden. Beherrscht
man dann einmal eine Fertigkeit, ist es wirkungsvoller, nur noch sporadisch das Gelernte zu
verstärken.
18
Anwendung der Operanten Konditionierung
Abb. 4: Geld ist für viele Leute ein positiver Verstärker
Einleitung
Die Idee der Verstärkung (positiv und negativ) steht im Zentrum der Operanten
Konditionierung. Eine Reaktion (Verhaltensweise), die von einem Verstärker unterstützt wird,
tritt häufiger auf als eine, die nicht verstärkt wird.
Merkpunkte
• Benutzen Sie positive Verstärkung, um ein Verhalten zu lehren. Statt Drohungen oder
Strafen anzuwenden, belohnen Sie Ihre Schüler/innen so oft als möglich.
• Verstärkung sollte auf eine klare und konsistente Art und Weise erfolgen. Als Ausbilder/in
sollten Sie vermeiden, unklare Botschaften über Ihre Ziele zu vermitteln. Wenn Sie eine
Woche lang darauf bestehen, dass Lehrlinge an der Schleifmaschine eine Schutzbrille tragen
sollen und in der darauf folgenden Woche nicht, können die Auszubildenden nicht lernen, was
richtig oder falsch ist. Wünschbares Verhalten sollte klar definiert und durch einen
konsistenten Satz von Regeln verankert werden.
• Seien Sie konkret. Spezifizieren Sie Verhaltensweisen, welche Sie bei Auszubildenden
fördern möchten und belohnen Sie diejenigen Schüler/innen, die solche zeigen.
• Finden Sie heraus, welche Stimuli verstärkend wirken. Wird eine bestimmte Konsequenz als
neutral erfahren, kann sie in einer anderen Situation oder unter anderen Umständen positiv
oder negativ aufgenommen werden. Für einen guten Schüler, eine gute Schülerin können
Noten eine Belohnung sein. Für einen Schüler oder eine Schülerin mit gewissen
Schwierigkeiten sind Noten oft eine Bedrohung und verhindern sicheres und gutes Lernen.
• Schreiten Sie von kontinuierlicher zu intermittierenden Verstärkung (nicht alle
Verhaltensweisen werden belohnt). Wenn eine neue Tätigkeit eingeübt wird, sollten die
Auszubildenden stetige Rückmeldungen über die Art ihrer Fortschritte erhalten.
Kontinuierliche Verstärkung hilft, dass keine falschen Verhaltensweisen eingeübt werden.
Wenn eine Tätigkeit einmal eingeübt ist, ist es sinnvoll, nur noch hin und wieder das neu
gelernte Verhalten zu belohnen.
Geben Sie Feedback (Rückmeldungen)
Das zentralste Element der Operanten Konditionierung ist die Verstärkung. Geben Sie rasch,
oft und insbesondere spezifische Rückmeldungen. Dies ist besonders wichtig, wenn die
Materie komplex und die Lernenden ihres Erfolges nicht sicher sind.
• Lenken Sie die Aufmerksamkeit so schnell als möglich auf Fehler und zeigen Sie die
korrekte Reaktion (Verhaltensweise).
• Organisieren Sie nach der Einführung neuer Fertigkeiten Frage-Antwort-Sitzungen, um
sicherzustellen, dass alle Lernende ein persönliches Feedback erhalten.
• Da Sie nicht alle Fragen der Auszubildenden stets beantworten können, bilden Sie Teams
mit ihren Schüler/innen, in denen sie gemeinsam Fragen formulieren können.
19
• Diskutieren Sie alle Prüfungen, die geschrieben wurden. Korrigieren Sie die geschriebenen
Prüfungen so rasch als möglich.
Unterrichtsplanung
Die Lernschritte sollten strukturiert sein. Beginnen Sie beim Einfachen und schreiten Sie fort
zum Komplexen. Wenn Sie eine Unterrichtseinheit planen, sollten folgende Elemente
beachtet werden: Endergebnis, Ausgangslage und die Abfolge und Grösse der Lernschritte.
Endergebnis
Skinner bestand darauf, dass Schüler/innen vor jeder Lernsequenz genauestens über das
Lernziel informiert werden sollten. Er forderte eine detaillierte Beschreibung dessen, was ein
Auszubildender am Schluss können sollte, unter welchen Bedingungen, und zu welcher
Qualität. Zum Beispiel sollte ein Bäckerlehrling in der Lage sein, ein Bauernbrot in einem
Holzofen zu backen und zwar innerhalb einer Stunde.
Ausgangslage
Bevor Sie einen Kurs planen, finden Sie heraus, was die Teilnehmer/innen schon wissen und
können. Wenn Sie die Anweisung Brot backen erteilen, sollten Sie wissen, ob die
Schüler/innen schon gelernt haben, Kuchen zu backen. Ist bekannt, wie ein Mixer funktioniert
oder was Backpulver ist?
Sequenzierung
Neben dem Endergebniss spielt oft auch die genaue Abfolge der Arbeitsschritte eine wichtige
Rolle. Die Lernschritte sollten angemessen und in wirkungsvoller Reihenfolge angeordnet
sein. Um Brot zu backen, müssen sie zunächst die notwendigen Zutaten und Geräte
bereitstellen. Sie brauchen eine Waage, um das Mehl abzumessen. Anschliessend verrühren
sie die Zutaten und kneten den Teig und lassen ihn ruhen. In der Zwischenzeit sollten sie den
Ofen vorheizen, damit er die optimale Temperatur erreicht, wenn der Teig zum Backen bereit
ist. Am Schluss wird dann das Brot für eine genau festgelegte Zeit in den Ofen geschoben, bis
es schön braun und knusprig gebacken ist.
Unterrichtsumsetzung
Individualisieren Sie den Unterricht
Die Menschen unterscheiden sich in ihren Haltungen, ihrer Art zu lernen, in ihren Interessen
und Zielen, sowie ihrem persönlichen Verhalten. Individualisiertes Lernen berücksichtigt die
Bedürfnisse eines jeden Auszubildenden auf einzigartige Art und Weise und erhöht damit die
Chancen für erfolgreiches Lernen. Wenn Auszubildende dazu angehalten werden, ihre eigene
Lernstrategien zu wählen, tragen Sie Verantwortung für ihre eigenen Entscheidungen.
Als Ausbilder/in sollten Sie folgende Punkte beachten:
• Analysieren Sie die intellektuellen und praktischen Fähigkeiten Ihrer Schüler und
Schülerinnen, sowie ihre Lernstrategien, ihre Ziele und Interessen und ihre Selbstdisziplin.
• Entwickeln Sie ein individuelles Training mit Aktivitäten für die einzelnen
Teilnehmer/innen.
• Organisieren Sie die Lernmaterialien so, dass individuelles Lernen möglich ist.
• Führen Sie die Auszubildenden durch den Lernprozess.
• Identifizieren und diagnostizieren Sie individuelle Lernprobleme und helfen Sie, diese zu
lösen.
• Evaluieren Sie die Aktivitäten der Auszubildenden individuell.
20
Evaluieren Sie ihren Unterricht in regelmässigen Abständen
Skinner bezeichnete sein Modell des Lernens als experimentelle Analyse von Verhalten. Eine
kontinuierliche Analyse und Evaluation Ihrer Lehrtätigkeit ist notwendig, um die
Wirksamkeit derselben sicherzustellen. Die eingesetzten Verstärker sollten regelmässig
daraufhin überprüft werden, ob Sie das Verhalten noch beeinflussen oder obsolet geworden
sind. Ebenso sollte die Organisation der Lernschritte, sowie der Inhalt des Kurses einer
Prüfung unterzogen werden im Hinblick darauf, inwiefern die Auszubildenden das damit
angestrebte Ziel erreichen oder nicht.
Schliessen Sie Lernvereinbarungen
Für die Bestnote wird
Vreni Müller
eine einseitige Zusammenfassung des Artikels über operante Konditionierung schreiben,
innerhalb einer Woche ohne inhaltliche und grammatikalische Fehler.
Unterschrift: Auszubildende
Ausbildner/in
Abb. 5: Lernvereinbarung
Der Vereinbarung ist eine schriftliche Abmachung zwischen dem Auszubildenden und der
Lehrkraft. Der Auszubildende erklärt sich einverstanden, eine gemeinsam vereinbarte
Aufgabe zu bewältigen, und die Lehrkraft verstärkt die Abmachung durch ihre Zustimmung.
Das erwünschte Verhalten wird in beobachtbarer und messbarer Terminologie spezifiziert.
Solche Verträge können durch eine Gruppe, sowie einzelne Auszubildende unterschrieben
werden. Eine solche schriftliche Abmachung ist eine freiwillige Verpflichtung, die den
Entschluss des Lernenden, das erwartete Verhalten zu zeigen, nachhaltig verstärken soll. Der
Lernende hat ein klares Verständnis der erwarteten Leistung und der damit verbundenen
Konsequenzen.
Zusammenfassung
Die Lerntheorie der operanten Konditionierung basiert auf der Beobachtung, dass Menschen
lernen als Folge von Konsequenzen, die sie durch ihr Lernen erfahren. Die Grundzüge der
operanten Konditionierung können in den verschiedensten Gebieten angewandt werden,
beispielsweise in der Gestaltung eines Kurses, bei der Individualisierung des Unterrichts,
sowie beim Erteilen eines guten und spezifischen Feedbacks.
21
Checkliste
Anwendung der Operanten Konditionierung
Hat die Lehrkraft den Kurs gestaltet, indem sie:
1. das Endergebnis/die Ziele definiert hat?
2. das vorhandene Wissen und Können der Auszubildenden eruiert hat?
3. die Grösse und Reihenfolge der Lernschritte festgelegt hat?
Hat die Lehrkraft den Kurs gestaltet, indem sie Feedback gegeben hat:
1. häufig?
2. spezifisch?
3. rasch?
Hat die Lehrkraft den Kurs gestalt, indem sie den Unterricht individualisiert hat durch:
1. das Analysieren der Fähigkeiten der Auszubildenden?
2. das Aufstellen individueller Entwicklungspläne?
3. das Organisieren des Lernumfeldes?
4. die Evaluation von Lernfortschritten jedes Einzelnen?
Hat die Lehrkraft den Kurs gestaltet, indem sie Lernvereinbarungen formuliert hat:
1. gemeinsam mit dem Lernenden?
2. durch das Formulieren des erwarteten Verhaltens als beobachtbare und messbare Grösse?
3. mit wikungsvollen Verstärkern?
Jedes NEIN bedeutet, dass Sie Ihren Unterricht verbessern können!
22
Grundlagen der Kognitionspsychologie
Abb. 6: Beispiel des Gestaltprinzips
Einleitung
In den letzten zwei Jahrzehnten dominierte die Kognitionspychologie die Lernforschung.
Kognitionspsycholog/innen untersuchen, wie Individuen Informationen mental verarbeiten.
Im Zentrum der Untersuchungen stehen Prozesse wie Aufmerksamkeit, Wahrnehmung,
Erinnerungsfähigkeit, Denken, Problemlösung, Motivation und Kreativität. Im Gegensatz zu
den Behavioristen, welche den Einfluss der Bedingungen (Stimuli) betonen und das
Lernverhalten (Reaktion auf die Stimuli) beobachten, studieren Kognitionspsycholog/innen
mentale Prozesse, welche nicht direkt beobachtbar sind.
Ziele
Viele Annahmen, die dem Kognitivismus zugrunde liegen, unterscheiden sich radikal von
denjenigen der Behavioristen. Weil Menschen Fähigkeiten besitzen, die spezifisch der
menschliche Rasse zugeordnet werden (z.B. Sprache, Bewusstsein), unterscheidet sich das
Lernen der Menschen von demjenigen der Tiere. Lernen beinhaltet eine mentale
Veränderung, nicht unbedingt eine äusserliche Änderung des Verhaltens, wie dies die
Behavioristen postulieren. Kognitive Prozesse (Gedanken, Vorstellungen) legen die
Beziehung zwischen Stimulus und Reaktion fest. Lernen ist ein Prozess der Verknüpfung
neuer Information mit schon vorhandener Information.
Kognitionstheorien
1. Die Gestaltpsychologie
In den frühen 20er Jahren des 20. Jahrhunderts begannen deutsche Psychologen wie
Wertheimer, Köhler und Kofka, die menschliche Wahrnehmung zu untersuchen. Bei der
Beobachtung zweier blinkender Lichter, die abwechselnd aufblinken, stellte Wertheimer fest,
dass die Lichter oft nur als ein blinkendes Licht wahrgenommen werden, das sich schnell hin
und her bewegt. Die Tatsache, dass ein Individuum bei der Beobachtung statischer Objekte
Bewegung sieht, veranlassten ihn zu der Vermutung, dass die Wahrnehmung sich von der
Realität unterscheidet. Dieses und andere Experimente liessen ihn annehmen, dass ein
Individuum die eigene Erfahrung organisiert und strukturiert. In Abbildung 6 können Sie
entweder eine Vase oder zwei sich anblickende Gesichter sehen, abhängig von der mentalen
Organisation der Wahrnehmung. Bestehende kognitive Strukturen (Erinnerung an vergangene
Erfahrungen) beeinflussen die Art, wie wir Informationen wahrnehmen und interpretieren.
Lernende filtern neu gewonnene Informationen durch früher gemachte Erfahrungen. Diese
Erfahrungen schaffen Zwänge, die den Lernprozess erleichtern oder stören. In dieser Theorie
sind Lernende ein aktiver Part des Lernprozesses mit ihrer persönlichen Lernvergangenheit,
welche das Lernen in der Zukunft beeinflusst.
23
2. Piagets Entwicklungstheorie
Der Schweizer Biologe Jean Piaget (1896 - 1980) gilt als einer der einflussreichsten
Wissenschaftler der Kognitionspsychologie. Obwohl seine wichtigsten Ideen in den 20er
Jahren des vergangenen Jahrhunderts entwickelt wurden, beeinflussen sie heute noch die
gegenwärtigen Lerntheorien.
• Gemäss Piaget ist unser Wissen strukturiert und organisiert. Er benutzt den Begriff
"Schema". Ein Schema ist die schematische Repräsentation von organisiertem Wissen. In
anderer Umschreibung: Ein Schema ist eine mentale Einheit, welche eine Klasse von
ähnlichen Handlungen und Gedanken repräsentiert. Ein kleines Kind hat z.B. ein Schema zum
Greifen und benutzt es für ganz verschiedene Gegenstände vom Fläschchen bis zur
Gummiente.
• Lernen bedeutet, dass ein Individuum die Fähigkeit besitzt zu assimilieren (integrieren), d.h.
neue Informationen in die existierenden kognitiven Strukturen zu integrieren, sowie zu
akkommodieren (ändern), d.h. bestehende kognitive Strukturen dem Gelernten anzupassen.
Ein Pinguin sieht auf den ersten Blick nicht wie ein Vogel aus. Zieht man jedoch die Kriterien
in Betracht, die einen Vogel kennzeichnen (z.B. Eier legen), wird man den Pinguin der Klasse
der Vögel zuordnen. Oder wenn man denkt, Metall könne nicht auf dem Wasser schwimmen,
muss man seine Meinung ändern (Akkommodation), wenn man einen metallenen Frachter auf
dem Meer sieht.
• Kognitive Entwicklung verläuft von der Kindheit bis ins Erwachsenenalter in spezifischen
Phasen. Die Denkprozesse jeden Stadiums unterscheiden sich qualitativ von jenen der
anderen Stadien. Jede Entwicklungsphase schafft die Grundlage für die nächste Phase. Ein
gemeinhin benutztes Beispiel illustriert diese Tatsache (s. Abb. 7).
Glas A
Glas B
Abb. 7: Das Problem der Flüssigkeitsaufbewahrung
Stellen Sie sich zwei Glasbehälter vor: Glas A ist dünn, lang und gefüllt mit Wasser. Wenn
Sie den Inhalt von Glas A in Glas B (breit und kurz) leeren, ist der Wasserstand tiefer als in
Glas A. Ein fünfjähriges Kind würde behaupten, dass in Glas B weniger Flüssigkeit ist als
ursprünglich in Glas A. Das Denken der Kinder in diesem Alter ist stärker von der aktuellen
Wahrnehmung bestimmt als vom logischen Denken: Die Wasserstände in den Gläsern
unterscheiden sich, d.h. für das Kleinkind, dass auch die Menge der Flüssigkeiten
unterschiedlich sein müssen.
3. Konstruktivismus
Wissenschaftler wie Heinz von Foerster, Ernst von Glasersfeld oder Paul Watzlawick
behaupten, dass Lernende ihre eigene Wirklichkeit konstruieren; daher der Begriff
Konstruktivismus. Indem sie ihre eigenen Erfahrungen reflektieren, konstruieren sie ihr
persönliches Verständnis von der Umwelt. Jedes Individuum schafft seine eigenen Regeln
und mentalen Modelle, die es braucht, um seine Erfahrungen sinnvoll einzubetten. Folgende
grundlegende Prinzipien umreissen den Konstruktivismus:
24
• Lernen ist die Suche nach einem Sinn.
• Sinn verlangt nach einem Verständnis der Teile, sowie des Ganzen. Die Teile müssen im
Kontext des Ganzen verstanden werden.
• Das Ziel von Lernen ist nicht nur, die richtigen Antworten zu wissen, sondern v.a. einen
persönlichen Sinn des Gelernten zu schaffen.
• Um Dinge wirklich zu begreifen, muss man ihre grundlegenden Bestandteile kennen.
4. Bruners Theorie des entdeckenden Lernens
Jerome Bruner, amerikanischer Psychologe, ist bekannt für seine Idee des entdeckenden
Lernens. Lernen wird sinnvoller, wenn die Lernenden ihre Umwelt aktiv entdecken, als wenn
sie bloss passiv den Erklärungen der Ausbilder/innen zuhören. Entdeckendes Lernen
beinhaltet das Formulieren und Testen von Hypothesen, statt bloss aufzunehmen, was von
einer Lehrperson erzählt wird. Dabei schreiten die Lernenden fort vom Entdecken
spezifischer Beispiele bis zum Ausformulieren allgemeiner Regeln, Konzepte und Prinzipien
(induktives Lernen). Ausbilder/innen haben die Aufgabe, das entdeckende Lernen
wirkungsvoll zu gestalten, d.h. Bedingungen bereit zu stellen, welche Entdeckungen
ermöglichen. Ohne eine solche Hilfestellung würde es sehr lange dauern, bis ein
Auszubildender entdeckt, was die Lehrperson lehren möchte. Eine Biologielehrer/in kann z.B.
begleitete Entdeckungen durchführen in der Behandlung von Tiergruppen wie Säugetiere,
Vögel und Reptilien. Statt die Zuordnung der Tiere vorwegzunehmen und gleich zu erklären,
kann die Lehrkraft ihre Schüler/innen auffordern, die Tiere selbst zu klassifizieren, indem sie
Ähnlichkeiten und Unterschiede beobachten. Am Ende werden die Resultate mit der
wissenschaftlichen Klassifikation verglichen.
5. Ausubels Theorie vom sinnvollen rezeptiven Lernen
David Ausubel legt den Fokus auf die Verknüpfung neuer Informationen mit bereits
bestehendem Wissen. Er empfiehlt für jedes Lernen die Schritte festzuhalten, zu organisieren.
Advanced Organizers zeigen, wie ein Lernfeld organisiert sein muss, um es den
Auszubildenden zu erleichtern, ihr bisheriges Wissen in das neue Lernfeld zu integrieren.
Advanced Organizers sind breit angelegte Übersichtstafeln, die zu Beginn der jeweiligen
Lektionen gezeigt werden. Normalerweise sind sie kurz gehalten, ohne allzu viele neue
Begriffe einzuführen (s. Abb. 8).
Im Gegensatz zu Bruners entdeckendem Lernen favorisiert Ausubel sinnvolles rezeptives
Lernen. Wenn den Auszubildenden das neue Wissen auf organisierte, sinnvolle Weise
präsentiert wird, ist es ebenso wirkungsvoll wie entdeckendes Lernen, jedoch weit effizienter
nach Ausubel. Ausbilder/innen sollten von der Präsentation allgemeiner Ideen, Konzepte und
Theorien zu den spezifischen Beispielen fortschreiten (deduktives Lernen).
Wissenschaftlich gibt es keine eindeutigen Beweise, die eine Lernart (deduktives vs.
induktives Lernen, s. Abb. 9) als wirkungsvoller bestätigen würden. Gute Ausbilder/innen
benutzt beide Lernstrategien, um ihren Schüler/innen mit unterschiedlichen Ansprüchen und
Lernstilen gerecht zu werden.
25
Kognitivismus
Lernen
Gestaltpsychologie
(Wahrnehmung)
Piaget:
* Schema
* Assimiliation,
* Akkomodation
* Phasen der kognitiven Entwicklung
Bruner:
* Entdeckendes
Lernen
induktiv
(Bruner)
deduktiv
(Ausubel)
Beispiel
Allg.
Prinzip
Allg.
Prinzip
Ausubel:
* Advance
Organizer
Beispiel
Abb. 9: Induktives vs.
Deduktives Lernen
Konstruktivismus
(Wissen ist eine individuelle
Konstruktion)
Abb. 8:Advance Organizer für dieses Kapitel
Zusammenfassung
Die meisten gegenwärtigen Lerntheorien werden unter dem Oberbegriff des Kognitivismus
zusammengefasst. All diese Theorien legen ihren Fokus auf mentale Prozesse wie Denken,
Problemlösen und Erinnerungsfähigkeit. Sie betonen den Unterschied zwischen tierischem
und menschlichem Lernen. Vergangene Erfahrungen (Gedanken und Vorstellungen)
beeinflussen das gegenwärtige Lernen. Als Ausbilder/in sollten Sie das Lernen so gestalten,
dass Ihre Schüler/innen die Möglichkeit haben, das neu Gelernte in ihre bestehenden
Wissensstrukturen einzuordnen.
26
Anwendung der Kognitionspsychologie – Metakognition
Abb. 10: Sich selber verstehen, fördert erfolgreiches Lernen
Einleitung
Metakognition kann vereinfacht definiert werden als Nachdenken über das eigene Denken. Es
ist ein bewusstes Wahrnehmen des eigenen Verstehens und Lernens und beinhaltet das
Wissen, was man von gewissen Themen weiss und was man nicht weiss. Damit ist eine
Selbstkontrolle des eigenen Lernprozesses möglich. Metakognition erlaubt Schülerinnen und
Schülern, erfolgreich zu lernen. Untersuchungen über Metakognition bestätigen, dass
Lernende, die sich ihrer eigenen Lernstrategien bewusst sind und diese als verschieden vom
Lerninhalt wahrnehmen können, besser lernen.
Ziele
Oft folgen Auszubildende den Anweisungen ihrer Lehrpersonen ohne sich zu fragen, was sie
überhaupt tun. Sie kennen ihre eigenen Lernstrategien kaum und analysieren den Erfolg ihres
Lernens nicht. Manche Auszubildende haben keine Ahnung, was sie tun sollten, wenn sie mit
komplexeren Aufgaben konfrontiert sind. Es zeigt sich, dass Lernende, die komplexe
Aufgaben gut erfüllen und flexibel sind in ihrer Art, Probleme zu lösen, eine hohe
Bewusstheit gegenüber ihrer Lernfähigkeiten besitzen, d.h. metakognitive Fähigkeiten
aufweisen.
Um die Auszubildenden in wirkungsvollerer Lernorganisation und Denken zu unterstützen,
sollte man ihnen metakognitive Fähigkeiten vermitteln.
Das Konzept der Metakognition
Flavell (1979) benutzte erstmals das Konzept der
Kognitionspsychologie. Er unterschied zwei Komponenten:
• Metakognitives Wissen
• Metakognitive Steuerung
Metakognition
in
der
Metakognition bedeutet das Wissen eines Individuums über seine eigenen Denkprozesse und
beinhaltet die Fähigkeit, diese Prozesse organisatorisch und durch Selbstbeobachtung zu
kontrollieren.
27
Metakognitives Wissen
Metakognitives Wissen gesellt sich zum allgemeinen Wissen darüber, wie Menschen lernen
und Informationen verarbeiten (Grundlagen des Lernens!). Es beinhaltet das Wissen über die
eigenen Lernprozesse. Sie sind sich z.B. bewusst, dass das Lesen eines wissenschaftlichen
Textes für Sie mehr Zeit beansprucht als das Lesen einer Novelle.
Metakognitive Steuerung
Metakognitive Steuerung gesellt sich zur Selbstbeobachtung und beinhaltet die Steuerung des
eigenen Denkens und Lernens. Beispiele von Steuerungsprozessen sind: Sich Ziele setzen,
regelmässiges Analysieren des Lernprozesses, Evaluation desselben etc.
Metakognitive Fähigkeiten
Es gibt viele metakognitive Fähigkeiten. Metakognition ist verwandt mit Arbeitstechnik und
der Fähigkeit zu lernen, wie man lernt. Metakognitive Fähigkeiten beinhalten folgende
Punkte:
• Die Fähigkeit, sich realistische Ziele zu setzen.
• Die Fähigkeit, seine Zeit zu organisieren.
• Die Fähigkeit, seine Lernsequenzen wirkungsvoll zu strukturieren.
• Die Fähigkeit, das Lernmaterial geschickt vorzubereiten.
• Die Fähigkeit zu entscheiden, ob man für gewisse Aufgaben Hilfe benötigt.
• Die Fähigkeit schnell zu entscheiden, welche Aufgaben prioritär sind.
• Die Fähigkeit, das Lernen zu organisieren.
• Die Fähigkeit, neue Informationen zu reorganisieren.
• Die Fähigkeit, neue Informationen in das schon Gelernte zu integrieren.
• Die Fähigkeit, sich selbst zu beobachten und die eigene Motivation zu steuern.
• Die Fähigkeit, die eigenen Lernressourcen zu benutzen.
Anwendung von Metakognition beim Lernen
Grundsätzlich muss man drei Schritte befolgen:
1. Entwickeln Sie einen Handlungsplan
2. Behalten Sie diesen Plan im Auge, wenn Sie lernen
3. Evaluieren Sie den Plan
Entwickeln Sie einen Handlungsplan
Fragen Sie sich selbst:
• Was weiss ich über dieses Themengebiet?
• Weiss ich, was ich wissen möchte (was ich lernen soll)?
• Was sollte ich als Erstes tun?
• Weiss ich, wo ich hingehen kann, um mir die nötigen Informationen zu beschaffen?
• Wie viel Zeit wird es beanspruchen, das Vorliegende zu lernen?
• Wer macht mich auf Fehler aufmerksam, wenn ich falsch lerne?
Halten Sie sich an den Plan
Fragen Sie sich selbst:
• Habe ich verstanden, was ich eben gehört oder gelesen habe?
• Bin ich auf der richtigen Spur?
• Welche Informationen muss ich nur verstehen, welche auswendig lernen?
• Wie soll ich weiterfahren?
• Sollte ich einen Richtungswechsel vornehmen?
• Sollte ich mein Lerntempo anpassen (verringern/beschleunigen)?
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• Was soll ich tun, wenn ich etwas nicht verstehe?
Evaluieren Sie Ihren Plan
Fragen Sie sich selbst:
• Soll ich die Aufgabe noch einmal durchsehen, um eventuelle Verständnislücken zu
schliessen?
• Wie gut war ich?
• Was hätte ich anders machen können?
• Wie könnte ich das Gelernte auf andere Probleme anwenden?
Strategien, um metakognitives Verhalten zu entwickeln
Entscheiden Sie bewusst über Ihr eigenes Lernen:
• Wenn Sie eine Aufgabe beginnen, schreiben Sie auf, was Sie bezüglich des Themas schon
wissen. Dann schreiben Sie auf, was Sie gern über dieses Thema wissen möchten.
• Formulieren Sie Fragen, die Sie gern beantwortet hätten. Denken Sie sich aus, wie die
Antwort lauten könnte, bevor Sie die Frage stellen. Vergleichen Sie ihre imaginäre Antwort
mit der tatsächlichen.
• Denken Sie laut. Ein Problem zu zweit lösen kann hier helfen. Erläutern Sie dem Partner/der
Partnerin ihren Denkprozess, während Sie eine Aufgabe lösen. Ihr Partner/Ihre Partnerin hört
zu und versucht, durch Fragen Ihren Denkprozess noch stärker zu verdeutlichen.
• Benutzen Sie ein Lernjournal. Schreiben Sie sich auf, wann und wie Sie über Ihr Lernen
nachdenken. Schreiben Sie auf, wie Sie mit Schwierigkeiten umgehen. Diagnostizieren Sie
Ihre Lernstärken- und schwächen. Notieren Sie die Bedingungen, unter denen Sie am besten
lernen können.
• Machen Sie einen Plan für Ihre Lernaktivitäten. Setzen Sie die Lernzeiten fest, sowie die
voraussichtlich benötigten Materialien.
Selbstbestimmte Lernende
Selbstbestimmte Lernende gestalten ihren eigenen Lernprozess aktiv mit. Statt sich auf andere
zu verlassen, entscheiden sie
• was sie lernen wollen.
• wie sie lernen wollen.
• wann sie lernen wollen.
Metakognition kann ihnen helfen, selbstbestimmt zu lernen. In einer sich rapide wandelnden
Gesellschaft wird es notwendig, lebenslang zu lernen. Lernen, wie man lernt ist wohl eine der
wichtigsten Herausforderungen, um den zukünftigen Aufgaben selbstbewusst zu begegnen.
Zusammenfassung
Metakognition bedeutet die Reflexion über das eigene Denken. Es ist dies eine Bewusstheit
über das eigene Verstehen und Lernen. Wenn die Lernenden sich über den Prozess des
Lernens im Klaren sind, können sie wirkungsvoller lernen. Ausbilder/innen sollten den
Lernenden helfen, ein Bewusstsein für ihr eigenes Lernverhalten zu entwickeln.
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Checkliste
Anwendung der Kognitionspsychologie – Metakognition
Was zu tun Sie,bevor Sie eine Aufgabe in Angriff nehmen?
1. Schreiben Sie auf, was Sie schon über dieses Gebiet wissen?
2. Formulieren Sie Fragen, die Sie gern beantwortet hätten?
3. Finden Sie selber Antworten auf gestellten Fragen?
4. Unterteilen Sie die Aufgabe in bewältigbare Lernschritte?
5. Schätzen Sie den Zeitbedarf für das benötigte Lernen richtig ein?
6. Planen Sie ihre Ressourcen?
Was tun Sie während des Lernprozesses?
7. Prüfen Sie ihr Verständnis dessen, was Sie gehört und gelernt haben?
8. Denken Sie an die Informationen, die Sie prioritär beachten sollten?
9. Fragen Sie sich selbst, ob Sie noch auf dem richtigen Weg sind?
Was tun Sie nach dem Lernprozess?
10. Suchen Sie nach Verständnislücken?
11. Wiederholen Sie gewisse Lernschritte, um Lücken zu beheben?
12. Analysieren Sie ihre Stärken und Schwächen?
13. Benutzen Sie ein Lernjournal?
Jedes NEIN zeigt, dass Sie Ihre metakognitiven Fähigkeiten verbessern können.
30
Grundlagen und Anwendung des Modellernens
Abb. 11: Modelle spielen nicht nur in der Mode eine Rolle
Einleitung
Das Modellernen gehört zu den sozialkognitiven Lerntheorien. Diese Theorie betont, dass
Lernen stets in einem sozialen Umfeld stattfindet. Menschen lernen, indem sie andere
beobachten. Sie sehen dabei, welche Fähigkeiten und welches Wissen andere haben und wie
sie diese anwenden. Kinder ahmen ihre Eltern nach, Schüler/innen beobachten ihre
Lehrpersonen. Menschen suchen sich auch Vorbilder aus Medien wie Fernseher, Zeitschriften
etc. Leute kleiden sich modisch oder tragen ihr Haar so, wie es ihre Freunde tun. Modellernen
hat den Vorteil, dass z.T. komplexe Bewegungsabläufe innert kürzester Zeit vermittelt werden
können. Als Lehrperson sind Sie oft in der Rolle eines Modells, dass es zu kopieren gilt. Z.B.
zeigen Sie, wie man einen Computer startet, und die Lernenden müssen diese Handlung
imitieren.
Albert Bandura (1925 -)
Bandura, gebürtiger Kanadier, hatte einen Lehrauftrag an der Stanford University in den USA
und war einer der prominentesten Wissenschaftler, was soziales Lernen betrifft. Berühmt
wurde er für seine Experimente im Bereich des Modellernens. In einer Versuchsanordnung
wurde ein Kind an einen Tisch gesetzt und dazu aufgefordert, mit einem Spielzeug zu spielen.
Eine andere Person sass am Tisch gegenüber und spielte auf aggressive Art und Weise mit
einer Puppe. Sie stiess und schlug die Puppe mehrere Minuten lang. Am darauf folgenden Tag
durfte das Kind für nur kurze Zeit mit einem beliebten Spielzeug spielen. Der Spielunterbruch
wurde absichtlich inszeniert, um das Kind leicht zu ärgern. Anschliessend wurde das Kind in
einen anderen Raum geführt, in dem viele Spielzeuge, u.a. die Puppe, die am vorangehenden
Tag geschlagen wurde, lagen. Kinder, welche am Tag zuvor nicht mit einem Modell
konfrontiert gewesen waren, zeigten kein auffälliges Verhalten. Kinder, die die Modellperson
mit der Puppe beobachtet hatten, begannen, die Puppe und die anderen Spielzeuge auffallend
aggressiv zu behandeln. Diese Kinder lernten offensichtlich von der Modellperson, ohne dass
sie dazu aufgefordert worden wären.
Grundlagen
• Einer der häufigsten Lernformen ist das Modellernen.
• Lernen und Verhalten sind nicht identische Begriffe. Lernen kann eine Verhaltensänderung
bewirken, muss aber nicht. Eine Person ist unter Umständen in der Lage, einen kaputten
Reifen zu wechseln, nachdem sie jemanden bei dieser Handlung beobachtet hat. Trotzdem
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geht sie zu einem Mechaniker, um den Schaden beheben zu lassen, um keine schmutzigen
Hände zu kriegen.
• Kognitive (mentale) Prozesse wie Wahrnehmung, Erinnerungsfähigkeit, Erwartungen und
Motivation spielen eine wichtige Rolle beim Lernen. Wenn Schüler/innen den Handlungen der
Lehrperson keine Beachtung schenken oder sich an die einzelnen Schritte einer Handlung
nicht erinnern können, kann die Handlung nicht nachgeahmt werden.
• Die Annahme, dass man für die Nachahmung eines bestimmten Verhaltens belohnt wird,
kann ein Verstärker sein, um die Handlung auszuführen. Diese Art von Verstärkung wird
stellvertretende Verstärkung genannt.
Prozesse
1. Aufmerksamkeit
Aufmerksamkeit ist ein wichtiger Bestandteil des Lernens. Wenn Sie eine Lernsequenz
vorführen, vergewissern Sie sich zunächst, ob Ihre Schüler/innen Ihnen Aufmerksamkeit
entgegenbringen. Aufmerksamkeit wird durch die Erwartung einer Belohnung beeinflusst.
Menschen bringen einer Situation oder einem anderen Menschen mehr Aufmerksamkeit
entgegen, wenn sie dafür etwas erhalten. Entscheidend ist, dass Lernende den relevanten
Aspekten im Verhalten des Vorbilds die nötige Aufmerksamkeit schenken. Der Pickel im
Gesicht einer Lehrperson ist nicht entscheidend, während es wichtig ist, wie sie mit einem
Werkzeug umgeht.
2. Speicherung
Wenn wir das Verhalten eines Vorbilds beobachten, sollten wir dieses in unserem Gedächtnis
speichern. Diese Speicherung kann in Form eines Bildes oder in verbaler Form erfolgen. Als
Lehrperson können Sie Ihren Schüler/innen helfen, wenn Sie erläutern, wie Sie selber Ihre
Informationen organisieren, wie Sie Ihr neues Wissen in bereits bestehendes integrieren und
wie Sie Erinnerungshilfen benutzen. Eine mentale Überprüfung von gelernten
Bewegungsabläufen hilft, Fertigkeiten zu speichern. Athleten beispielsweise benutzen ihre
mentale Vorstellung, um die schwierigsten Schritte ihrer bevorstehende Aufgabe vor ihrem
geistigen Auge noch einmal zu vergegenwärtigen. Oft ist es auch hilfreich, die
Aufmerksamkeit bewusst auf kritische Lernschritte zu lenken.
3. Nachahmung einer Handlung
Viele einfache Handlungen können durch blosses Beobachten gelernt werden. Komplexere
Fertigkeiten erfordern jedoch eine Mischung aus Modellernen, Anleitung und gutem
Feedback. Wenn ein Mensch beobachtetes Verhalten nicht reproduzieren kann, ist die
Schrittfolge des Gezeigten eventuell ungünstig angeordnet.
4. Motivation
Sind Sie als Lehrperson von Ihrem Fach begeistert, steckt das an. Schüler/innen sollten
Freude daran haben, das Gelernte zu zeigen. Modellernen kann nur geschehen, wenn die
Lernenden motiviert sind. Menschen lernen nicht alle Fertigkeiten oder Haltungen, die sie
beobachten, sondern nur diejenigen, denen sie einen persönlichen Sinn zuschreiben. Sie
vermeiden die Nachahmung von Verhalten, welches negative Konsequenzen haben könnte.
Ausbilder/innen können Lernende motivieren, indem sie das Lernen interessant gestalten und
mit den Interessen der Auszubildenden verknüpfen. Auf jeden Fall ist es gut, den
Lerngegenstand als bedeutungsvoll für die Arbeit oder die Laufbahn des Lernenden zu
deklarieren.
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Merkmale wirkungsvoller Vorbilder
Denken wir an Modellernen, haben wir sofort das Bild einer bestimmten Lehrperson im Kopf;
d.h. einer Person, die ein bestimmtes Verhalten vorzeigt. Wir lernen jedoch auch indirekt, d.h.
von Vorbildern im Fernsehen, Büchern oder anderen Medien. Menschen, die als Vorbilder
gelten, weisen folgende Merkmale auf:
• Kompetenz: Wenn sich Menschen um Aufmerksamkeit bemühen, schenkt man denjenigen
schneller Aufmerksamkeit, die kompetent und Vertrauen erweckend wirken. Wenn jemand
lernen soll, eine Mauer zu bauen, wird er sich einen guten Maurer zum Vorbild nehmen und
keinen, der nicht einmal weiss, wie man Zement mischt.
• Prestige und Macht: Menschen mit Status und Macht werden häufiger zu Vorbildern.
Lehrpersonen können diesen Effekt ausnützen, indem sie Leute mit hohem Sozialprestige in
die Schule einladen für Vorträge. Ein zusätzlicher positiver Nebeneffekt einer solchen
Einladung besteht darin, dass den Lernenden mehrere Vorbilder zur Verfügung stehen und sie
sich das ihnen entsprechende auswählen können.
• Äusserliche Attraktivität: Vorbilder werden oft als attraktiv empfunden. Eine positive
Ausstrahlung und ein gepflegtes Auftreten kann geübt werden.
• Ähnlichkeit: Wenn man Personen beobachtet, die einem ähnlich sind, kann dies helfen, die
Fähigkeit der Selbstwahrnehmung zu stärken. Auszubildende vergleichen sich oft mit
Personen aus ihrer Peergroup und glauben an ihre eigenen Entwicklungsmöglichkeiten, wenn
sie ihre gleichaltrigen Freunde beobachten. Es ist sinnvoll, dass sich Lernende mit
Schwierigkeiten an Personen messen, die ähnliche Schwierigkeiten überwunden haben, nicht
an den Klassenbesten. Wenn Sie mit einem Schüler oder einer Schülerin eine Tätigkeit
vorzeigen möchten, wählen Sie durchschnittliche Schüler/innen, um die schlechten
Schüler/innen nicht zu demotivieren. Ist die Distanz zwischen Modell und Nachahmer zu
gross, kommt man unter Umständen gar nicht auf die Idee zu imitieren – "da kann ich ja
sowieso nicht mithalten" ist eine unausgesprochene Reaktion.
Was geschieht in Fällen, in denen ein Vorbild zwar moralische Werte predigt, jedoch nicht
auch selbst danach handelt? In diesem Fall sind die wissenschaftlichen Befunde klar.
Individuen ahmen eher explizites als gepredigtes Verhalten nach. Wenn Sie Ihren
Schüler/innen Pünktlichkeit beibringen möchten, seien Sie selbst pünktlich. Sind Sie nicht
erstaunt, wenn Sie oft zu spät kommen, die Schüler/innen es Ihnen gleichtun.
Zusammenfassung
Menschliches Lernen geschieht sehr oft in einem sozialen Umfeld. Menschen lernen
voneinander, indem sie gegenseitig ihr Verhalten beobachten und nachahmen. In der
Beobachtung anderer sind mentale Prozesse wie Aufmerksamkeit, Erinnerung, Erwartung und
Motivation zentrale Faktoren. Grundzüge eines Vorbilds sind Kompetenz, Prestige,
Attraktivität, und Ähnlichkeit zwischen dem Vorbild und dem Beobachter.
33
Checkliste
Grundlagen und Anwendung des Modellernens
Hat die Lehrperson, um Aufmerksamkeit zu erlangen:
1. Erwartungen geweckt?
2. die Aufmerksamkeit der Lernenden auf kritische Lernschritte gelenkt?
3. mit seiner/ihrer Kompetenz beeindruckt?
Hat die Lehrperson, um die Merkfähigkeit zu erhöhen:
1. die präsentierte Handlungsabfolge strukturiert?
2. Mnemoniks benutzt?
3. Bewegungsabläufe im Geiste wiederholen lassen?
Hat die Lehrperson, um Nachahmung zu ermöglichen:
1. das zu Lernende vorgezeigt?
2. die Schüler/innen angeleitet und begleitet beim Nachmachen?
3. spezifisches Feedback gegeben?
Hat die Lehrperson, um die Auszubildenden zu motivieren:
1. Enthusiasmus gegenüber dem Lerngegenstand gezeigt?
2. den Gewinn des Lernens für den Lernenden hervorgestrichen?
3. die Anleitung interessant gestaltet?
Jedes NEIN bedeutet, dass Sie Ihre Lehrtätigkeit verbessern können!
34
Anwendung neurobiologischer Erkenntnisse im Lernprozess
Kortex
Limbisches
System
Hirnstamm
Cerebellum
Abb. 12: Anatomie des Gehirns
Einleitung
Jahrhundertelang war das Lernen als Forschungsgegenstand Thema von Philosophie und
Religion. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde Lernen Gegenstand wissenschaftlicher
Untersuchungen vor allem in der Psychologie. Am Ende des 20. Jahrhunderts kam eine neue
Wissenschaft hinzu, die Neurobiologie, die uns einen exakten Einblick in die Physiologie des
Lernens verspricht und liefert. Die Neurobiologie untersucht unser Nervensystem, die
Anatomie und Physiologie unseres Gehirns. Die Neurobiologie erweitert die
Kognitionspsychologie um die physischen Prozesse, die beim Lernen in unserem Hirn
stattfinden.
Ziele
Lernprozesse verändern unser Gehirn. Neue Technologien ermöglichen, das Hirn zu
analysieren,
während
Versuchspersonen
verschiedene
Aufgaben
lösen.
Das
Elektroencephalogramm (EEG) misst die elektrischen Aktivitäten unseres Gehirns und zeigt,
welche Bereiche bei einer Problemlösung aktiviert werden. Durch Magnet Resonanz (MRI)
werden qualitativ hochstehende Bilder unsere Hirnmasse hergestellt. Alle 50 Millisekunden
kann ein Bild gemacht werden. Diese Geschwindigkeit erlaubt, das Denken quasi im Hirn
selbst zu verfolgen. Diese und andere Technologien helfen, die bestehenden Theorien zu
verifizieren und verschaffen uns neue Einblicke in das Lernen.
Veränderungen im Gehirn
Donald Olding Hebb (1904 - 1985), gebürtiger Kanadier, war einer der ersten Psychologen,
der zur Erklärung von Lernprozessen neurobiologische Argumente verwendete. 1949 führte er
mit Ratten ein Experiment durch, um die Wirkung von unterschiedlichen
Aufzuchtsbedingungen auf die intellektuelle Entwicklung zu testen. Zwei Gruppen von Ratten
wurden dazu untersucht: Eine Gruppe wurde in Hebbs Labor gehalten; die andere Gruppe
wurde von Hebbs Tochter in ihrem Haus gross gezogen. Die Ratten seiner Tochter durften
frei herumlaufen und mit den Kindern spielen, während die Ratten im Labor in leeren Kisten
35
gehalten wurden ohne stimulierende Umwelt. Nach ein paar Wochen wurden die Gruppen
verglichen. Hebb fand heraus, dass die Ratten, die seine Tochter gross gezogen hatte, eine
höhere Problemlösefähigkeit besassen, wenn sie in ein Labyrinth gesteckt wurden als die
Laborratten. Er erklärte sich diesen Unterschied durch eine Veränderung der Hirnstrukturen.
Er nahm an, dass die Ratten, die in stimulierender Umgebung erzogen worden waren, andere
Hirnstrukturen entwickelt hatten als die Laborratten. Er konnte seine Hypothesen jedoch nicht
beweisen.
Rosenzweig (1984), ein amerikanischer Wissenschaftler, führte ähnliche Experimente durch
und kam zu denselben Schlüssen: Die im Freilauf gross gezogenen Ratten machten schnellere
Lernfortschritte als die Laborratten. Am Ende seiner Experimente sezierte er die Hirne aller
Ratten. Die Hirne der stimulierten Ratten wiesen einen dickeren und schwereren Kortex auf
(die graue Masse im Gehirn), eine stärkere Blutversorgung und einen höheren Proteingehalt.
Zusätzlich fand er Unterschiede in der Struktur der Hirnzellen. Stimulierte Ratten hatten
Nervenzellen (Neuronen) mit grösseren Zellkörpern und mehr Dendriten. Dendriten sind
Nervenfortsätze, die aus einem Zellkörper herauswachsen. Durch diese Verästelungen erhält
ein Neuron Informationen von anderen Neuronen. Die beobachteten Veränderungen erlauben
einen verbesserten Austausch von Informationen unter den Nervenzellen. Zusammenfassend
heisst dies, dass sich die Anatomie unseres Hirnes verändert, wenn wir lernen. Je reichhaltiger
unsere Lernumgebung ist, desto stärker wächst das Hirn. Folgende Faktoren sind zentral für
das Wachstum des Hirns:
• Ernährung.
• Physische Aktivität.
• Diversivität der Herausforderungen.
• Positive Haltung.
Je grösser die Varietät des Einsatzes, desto grösser ist die Chance, sich und seine Talente zu
entwickeln. Je mehr Sie wissen, desto leichter ist es für Ihr Hirn, neue Verknüpfungen
herzustellen. Dies stärkt Ihr Verständnis und macht das Lernen sinnvoller und lustvoller.
Rechte und linke Hirnhälfte
Das menschliche Hirn besteht aus zwei Hälften: der linken und der rechten Hemisphäre (s.
Abb. 13). Die zwei Hälften des Hirns sind durch eine grosse Masse von Fasern, Corpus
Callosum genannt, miteinander verbunden. Für seine Studien über den Informationstransfer
zwischen den beiden Hirnhälften erhielt Roger W. Sperry (1913 - 1994) den Nobelpreis. Er
begann seine Untersuchungen mit Katzen. In einer Operation an Katzenhirnen schnitt er den
Corpus Callosum durch. Er fand heraus, dass der Informationstransfer zwischen den
Hirnhälften dadurch gestoppt wurde. Die zwei Hälften des geteilten Hirns begannen,
unabhängig voneinander zu lernen und verhielten sich wie zwei unterschiedliche Hirne.
Auf diesen Untersuchungen basiert die Annahme, dass die linke und die rechte Hirnhälfte
verschiedene Funktionen ausüben. Die linke Hemisphäre zeigt sich bei den meisten Leuten
verantwortlich für Sprache, analytisches Denken und logische, lineare Sequenzierung. Die
rechte Hemisphäre zeigt sich im Wesentlichen verantwortlich für ganzheitliche
Wahrnehmung und Orientierung, musikalische Wahrnehmung, nonverbale Kommunikation
und Intuition. Kürzlich durchgeführte Studien und Beispiele für Überlappungen von
Funktionen bei gewissen Tätigkeiten (z.B: beim Sprechen) zeigen, dass die Hemisphären
miteinander verknüpft und simultan für das komplexe menschliche Verhalten zuständig sind.
Überschneidungen und Verknüpfungen passieren laufend. Deshalb ist es nicht ganz richtig,
von linkshälftig und rechtshälftig denkenden Menschen zu sprechen. Traditionelle
Lehrmethoden fokussieren eher auf die Funktionen der linken Hirnhälfte. Um unser Hirn
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vollständig zu nutzen, ist es wichtig, Intuition, Gefühle, alle Sinne und die Vorstellungskraft
zu stärken in Verbindung mit den eher traditionell hochgehaltenen Fähigkeiten der Analyse
und der Vernunft.
Linke Hemisphäre
Rechte Hemisphäre
Corpus
Callosum
Abb. 13: Die beiden Hirnhälften
Verstärkungszentren im Hirn
Olds und Milner, Mitarbeiter von Hebb, implantierten Elektroden in Rattenhirne. Ein Tier mit
einer Elektrode im Limbischen System wurde trainiert, sich in einem Labyrinth zurecht zu
finden. Nachdem das Tier die Aufgabe zufriedenstellend gelöst hatte, wurde ihm ein feiner
elektrischer Stromstoss verabreicht. Dieser feine Stromstoss wurde von den Ratten als sehr
angenehm wahrgenommen. Um erneut in den Genuss zu kommen, wiederholte die Ratte die
Handlung – d.h. sie lernte sich abermals im Labyrinth zurechtzufinden. Das limbische System
wird Verstärkerzentrum genannt, weil das Tier, wenn es dort stimuliert wird, dazu tendiert zu
wiederholen, was es vor der Stimulation tat.
Auch im menschlichen Hirn wurden dieses Verstärkerzentrum gefunden. Wenn beim
Menschen das limbische System stimuliert wird, melden die Versuchspersonen das
Aufkommen von einem Wohlgefühl oder das Wachrufen von erotischen Gefühlen. Diese
Feststellungen erklären, weshalb Menschen nicht immer extern bestärkt werden müssen, ein
spezifisches Verhalten zu lernen. Ein Teil des limbischen Systems ist auch verantwortlich für
unsere Gefühle. Gefühle wie Angst, Wut, Überraschung, Ekel, Trauer und Freude spielen eine
wichtige Rolle beim Lernen. Gefühle stimulieren das Hirn chemisch. Dies hilft uns, Dinge
wiederzuerkennen. Es ist allgemein bekannt, dass Menschen persönlich erlebte Erfahrungen
oft besser und länger erinnern als blosse theoretische Erklärungen. Als Ausbildner respektive
Ausbildnerin sollten Sie Emotionen, wenn immer möglich, hervorrufen und unterstützen.
Benutzen Sie Spiele, Musik, Theater oder Geschichten, um Emotionen zu wecken.
Zusammenfassung
Die Neurobiologie verknüpft unsere Beobachtungen des kognitiven Verhaltens mit
physiologischen Prozessen, die im Hirn ablaufen. Wissenschaftler haben herausgefunden,
dass Lernen das Hirn verändert. Das Hirn besteht aus zwei Hemisphären. Jede Hemisphäre
kontrolliert (bis zu einem bestimmten Grade) unterschiedliche Arten des Denkens (Logik vs.
Intuition). Um unser Hirn vollständig zu nutzen, ist es wichtig, beide Hemisphären zu
stimulieren. Intuition, Gefühle, Tastsinn und Vorstellungskraft sollten ebenso gestärkt werden
wie das analytische Denken und die Vernunft. Das limbische System ist das Zentrum unserer
Gefühle. Gefühle sind sehr wichtig, um zu lernen. Zusammenfassend kann festgehalten
37
werden, dass erfolgreiches Lernen beide Hemisphären beansprucht, Gefühle beinhaltet und zu
Veränderungen der Hirnstruktur führt.
Checkliste
Anwendung neurobiologischer Erkenntnisse im Lernprozess
Hat der Aubildner/die Ausbildnerin
1. die Lernenden in Problemlösungsprozessen, beim kritischen Denken und
Analysieren unterstützt?
2. Intuition, Gefühle, alle Sinne und die Vorstellungskraft angeregt?
3. Musik, Theater oder Geschichten benutzt, um bei den Lernenden Gefühle
hervorzurufen?
4. die Aufgaben variiert: Spiele/lebensnahe Probleme, Theorie/Praxis,
mündlich/schriftlich, Einzelarbeit/Gruppenarbeit?
5. körperliche Übungen in den Unterricht integriert?
6. ermutigt und Feedback gegeben?
Jedes NEIN bedeutet, dass Sie Ihren Unterricht verbessern können!
38
Grundlagen und Anwendung von Motivationstheorien
Selbstaktualisierung
Wertschätzung
Zugehörigkeit
Sicherheit
Physiologische
Bedüfrnisse
Abb. 14: Maslows Bedürfnispyramide
Einleitung
Fehlendes Interesse im Klassenzimmer führt oft zu einem verhängnisvollen Kreislauf. Ein
farbloses Dozieren verursacht Langweile und Unruhe unter den Schüler/innen. Eine solche
Reaktion der Schüler/innen kann dazu führen, dass die Lehrperson ihr Selbstvertrauen und
ihre Begeisterung verliert bis hin zu dem Punkt, an dem es hoffnungslos scheint, das Interesse
der Lernenden wecken zu können. Versteht die Lehrkraft aber, was die SchülerInnen
interessiert, wird ein Kurs wirkungsvoll und ansprechend gestaltet. Motivation kann definiert
werden als steigendes und bleibendes Interesse am Lernen. Motivation ist beeinflusst durch
• die Art der zu lernenden Aufgabe
• den Charakter des jeweiligen Schülers respektive der jeweiligen Schülerin
• die Atmosphäre im Klassenzimmer
• die Persönlichkeit der Lehrperson und ihr Lehrstil
Beispiele von Motivationstheorien
Erklärungen darüber, warum Individuen das tun, was sie tun, waren seit jeher zentraler
Bestandteil der Psychologie. Die Behavioristen betonen die Wichtigkeit der Verstärker beim
Lernen. Lernende sind motivierter, eine Aufgabe zu lösen, wenn ihnen dafür eine Belohnung
oder gute Bewertung versprochen wird. Kognitivisten interessieren sich dafür, wie Motivation
durch die persönliche Wahrnehmung beeinflusst wird. Eine Aufgabe, die wichtig und
gleichzeitig machbar erscheint, ist motivierend. Neuropsychologen untersuchen, wie
Veränderungen der Hirnwellen, Hormone und die Neurochemie die Motivation beeinflussen.
Reduzierte Motivation am frühen Morgen kann z.B. die Folge einer depressiven Verstimmung
sein, die durch einen erhöhten morgentlichen Corticoidspiegel im Blut ausgelöst wird. Es gibt
keine Motivationstheorie, welche alle Aspekte berücksichtigt. In diesem Kapitel finden Sie
Motivationstheorien, welche für das Lehren und Lernen von praktischer Bedeutung sind.
Maslows Motivationstheorie
Der amerikanische Psychologe Maslow (1954) postulierte, dass menschliches Verhalten
durch bestimmte Bedürfnisse motiviert ist. Wenn Sie beispielsweise hungrig sind, sehen Sie
nach, ob es in Ihrem Kühlschrank etwas zu essen hat. Nicht all unsere Bedürfnisse sind gleich
wichtig. Maslow versuchte, die Wichtigkeit von Bedürfnissen in einer Pyramide darzustellen
(s. Abb. 14). Auf der niedrigsten Stufe befinden sich die physiologischen Bedürfnisse wie
39
Essen, Trinken, Atmen, Bewegen etc. Eine Stufe höher stehen die Bedürfnisse nach
Sicherheit wie Ordnung und Vermeidung von Risiken. Noch höher oben stehen Bedürfnisse
nach Akzeptanz, Zugehörigkeit zu einer Gruppe und Zuwendung; Maslow nennt sie
Bedürfnisse der Zugehörigkeit. Auf der Stufe der Wertschätzung steht beispielsweise der
Wunsch, respektiert zu werden und einen gewissen Status zu besitzen. Auf der höchsten Stufe
versuchen die Menschen, das in ihnen schlummernde Potenzial zu realisieren. Sie möchten
ihre Grenzen kennen lernen und versuchen, autonom zu werden und offen für Veränderungen
zu sein.
Konsequenzen für das Lernen
Schüler/innen, welche einen Kurs besuchen und hungrig sind, sind beispielsweise nicht bereit,
mit voller Kraft und motiviert zu lernen. Lernende, die von ihren Freunden zurückgewiesen
wurden, können möglicherweise die von ihnen erwarteten Aufgaben nicht lösen, weil die
persönliche Kränkung die ganze Aufmerksamkeit absorbiert. Aufgabe der Lehrperson ist es,
ein Lernumfeld zu schaffen, in welchem die Lernenden gesättigt, in Sicherheit und
Entspanntheit, mit einem Gefühl der Zugehörigkeit und in Erfahrung von Selbstachtung
lernen können. Die folgenden Schritte können helfen:
• Machen Sie regelmässig kleine Pausen.
• Stellen Sie klare Regeln für das Klassenzimmer auf.
• Interessieren Sie sich für Ihre Schüler/innen und zeigen Sie ihnen, wie sehr sie Teil der
Klasse sind.
• Halten Sie den Teamgeist hoch und organisieren Sie Aufgaben, bei denen das
Sozialverhalten im Vordergrund steht.
• Seien Sie Ihren Schüler/innen gegenüber respektvoll und benutzen Sie eine angemessene
Sprache.
Menschen, deren Bedürfnisse nicht befriedigt sind, treffen oft schlechte Entscheidungen. Ein
unsicherer Jugendlicher oder eine angehende Studentin, die noch nicht selbständig ist, wählt
beispielsweise eine Schule, die ihrem Zuhause näher liegt als eine, die ein interessantes
akademisches Angebot bereit hält.
Gemäss Maslow tragen Menschen zwei Arten von Kräften in sich. Die eine sucht nach
Sicherheit und Geborgenheit. Sie ist an der Vergangenheit orientiert. Die andere basiert auf
Selbstvertrauen und sucht sich neue Herausforderungen. Lernende, die sich sicher, geliebt und
respektiert fühlen, sind bereit, sich auf Neues einzulassen, Unsicherheiten auszuhalten und
sich mit der Umwelt auseinanderzusetzen.
Intrinsische vs. extrinsische Motivation
Die Theorie der Operanten Konditionierung behauptet, dass Verhalten - wird es belohnt wiederholt wird. Ein Schüler, der eine gute Prüfung geschrieben hat, wird beispielsweise von
seinem Vater mit Geld belohnt. Solch eine Belohnung wird extrinsische Motivation genannt,
weil sie von aussen an die Person herangetragen wird. Extrinsische Belohnungen haben
potenziell folgende negative Nebenwirkungen:
• Lernende geraten in Abhängigkeit zu ihren Ausbilder/innen.
• Lernende können sich manipuliert fühlen und ihr Lernen verweigern.
• Belohnungen können intrinsische Motivation korrumpieren. Lernende betrachten nur das
Endziel des Lernens – die Belohnung. Sie sind nicht länger daran interessiert, ihre
Kompetenzen zu erweitern oder eine neue Fähigkeit zu lernen.
Untersuchungen zeigen, dass extrinsische Motivation (Lob und Belohnung) wirkungsvoll sein
kann, wenn sie nicht überbetont wird.
40
Intrinsische Motivation kommt aus dem Inneren der Lernenden. Die Freude, eine neu gelernte
Tätigkeit zu beherrschen oder eine neues Prinzip in der Physik zu verstehen, ist die
eigentliche Belohnung. Die Genugtuung entsteht aus der intensiven Beschäftigung mit einer
Aufgabe. Unter idealen Bedingungen sind Schüler/innen intrinsisch motiviert. Sie lernen ein
Thema um des Themas willen. Intrinsische Motivation kann gestärkt werden, wenn folgende
Punkte berücksichtigt werden:
• Lassen Sie Ihre Schüler/innen selbst die Aufgaben wählen.
• Geben Sie Ihren Schüler/innen Verantwortung.
• Lassen Sie Ihre Schüler/innen die Zielsetzungen des Unterrichts mitbestimmen.
• Schenken Sie ihnen geeignete Herausforderungen mit erreichbaren Zielen – Erfolg
stimuliert!
Gelernte Hilflosigkeit
Der Psychologe Rotter (1966) unterschied zwei Kategorien von Menschen:
• Diejenigen, welche glauben, dass Ergebnisse unabhängig vom persönlichen Verhalten
(externe Kontrolle) zustande kommen.
• Diejenigen, welche glauben, dass Ergebnisse durch das eigene Verhalten (interne Kontrolle)
beeinflusst werden können.
Gelernte Hilflosigkeit resultiert aus der Ansicht, dass Reaktion und Ergebnis unabhängig sind.
In einem berühmt gewordenen Experiment zeigte Seligman (1975) das Konzept der gelernten
Hilflosigkeit auf. In diesem Experiment gab er Hunden Elektroschocks, vor denen sie nicht
fliehen konnten. Wenig später wurden die Tiere in einen anderen Raum gebracht. Dort
konnten sie den Elektroschocks entfliehen, wenn sie über eine Hürde sprangen. Die zuerst
gemachten Erfahrungen determinierten die Reaktion der Hunde; sie versuchten nur zögerlich,
sich zu entziehen und ertrugen die Elektroschocks eher passiv. Sie hatten gelernt, dass jeder
Versuch, den Schocks zu entgehen, sinnlos war und wurden teilnahmslos. Im Gegensatz dazu
lernten Hunde, die diese erste Erfahrung nicht gemacht hatten, sehr schnell, zu fliehen.
Konsequenzen für das Lernen
Viele Schüler/innen mit Lernproblemen befinden sich in einer ausweglosen Spirale von
gelernter Hilflosigkeit. Lernende, die oft scheitern, misstrauen bald ihren Lernfähigkeiten und
glauben, dass Erfolg von aussen kontrolliert ist. Daraus folgt, dass sie sich weniger Mühe
geben, was zu weiteren Misserfolgen führt. Sie geraten in einen Teufelskreis negativer
Gedanken, reduziertem Einsatz und erneutem Misserfolg. Mit der Zeit definieren sie ihren
Erfolg als extern ausgelöst. Sie begründen ihn damit, dass die Aufgabe einfach war, sie Glück
hatten, jemand ihnen half... Das Scheitern hingegen wird als von ihnen selbst verursacht
empfunden. In einer solchen Situation kann die Lehrperson helfen, indem sie folgende Punkte
beachtet:
• Setzten Sie klare, realistische und erreichbare Ziele.
• Geben Sie ermutigende Feedbacks.
• Vermeiden Sie negative Bewertungen.
• Vermeiden Sie Vergleiche unter den Schüler/innen; die Lernenden sollen sich an sich
selbst und an ihren Fortschritten messen.
• Seien Sie positiv; glauben Sie an die Fähigkeit der Schüler/innen, erfolgreich zu sein.
Zusammenfassung
Interesse wecken und bewahren – motivieren – sind zentrale Bestandteile des Lernens.
Maslows Bedürfnispyramide verschafft Einblick in die Bedingungen, die für gutes Lernen
notwendig sind; Lernende, die sich sicher, geliebt und respektiert fühlen sind bereit, zu lernen.
Intrinsisch motivierte Schüler/innen lernen um des Lernens wegen; sie brauchen keine
41
extrinsische Motivation – Belohnungen – von anderen. Seligmans Konzept der gelernten
Hilfslosigkeit zeigt, wie Lernende in einen Teufelskreis negativer Gedanken, reduziertem
Einsatz und erneutem Misserfolg geraten können.
Wenn Ausbilder/innen diese Grundsätze verstehen und anwenden, wird für die Lernenden ein
Lernumfeld geschaffen, in dem sie erfolgreich lernen können.
Checkliste
Grundlagen und Anwendung von Motivationstheorien
Hat die Lehrperson eine gute Klassenatmosphäre geschaffen?
1. Klassenzimmerregeln aufgestellt und durchgesetzt?
2. Interesse für die Schüler/innen gezeigt?
3. Den Teamgeist gestärkt?
4. Respekt vor ihren Schüler/innen bewiesen?
Hat die Lehrperson intrinsische Motivation gefördert?
1. Aufgaben wählen lassen?
2. Verantwortung an die Schüler/innen abgegeben?
3. Herausfordernde doch erreichbare Ziele gesetzt?
4. Die Schüler/innen am Setzen von Zielen beteiligt?
Hat die Lehrperson Schüler/innen mit Lernschwierigkeiten geholfen?
1. Ermutigendes Feedback gegeben?
2. Negative Bewertungen vermieden?
3. Den Vergleich unter Schüler/innen vermieden.
4. Geglaubt, dass Ihre Schüler/innen erfolgreich sind?
Jedes NEIN bedeutet, dass Sie die Motivation in Ihrem Klassenzimmer noch verbessern
können.
42
Berücksichtigen von Lernstilen beim Lehren und Lernen
Wir sind fair. Wir
behandeln euch
alle gleich. Darum
lautet die Aufgabe
für alle gleich:
Klettert auf jenen
Baum!
Abb. 15: Die Relativität von Gleichheit
Einleitung
Menschen sind verschieden. Informationen werden unterschiedlich aufgenommen und
verarbeitet. Denken Sie daran, wie Sie eine neue Aufgabe bewältigen. Möglicherweise lernen
Sie jedes Mal auf ähnliche Art und Weise. Sie haben mit der Zeit Verhaltensmuster
entwickelt, welche Sie beim Lernen einsetzen. Dieses Muster ist Ihr Lernstil. Theorien über
Lernstile betonen, dass das Lösen einer Aufgabe mehr mit dem individuellen Lernstil, als mit
Intelligenz zu tun hat. Es ist jedoch zentral, dass Lernende ein Bewusstsein entwickeln, wie
sie lernen. Bevorzugen sie es, durch zuhören zu lernen oder, indem sie etwas aktiv mit den
Händen machen? Arbeiten sie schnell oder gemächlich? Der Lernstil zielt auf die persönlich
bestmögliche Art zu lernen, ab.
Ziel
Wenn Sie Ihren Lernstil kennen, können Sie besser lernen. Wenn Sie verschiedene Lernstile
kennen, können Sie Dinge lernen, die Ihnen auf den ersten Blick unmöglich scheinen.
Obwohl die meisten Lernenden einen bevorzugten Lernstil pflegen, können sie auch mit
anderen Lernstilen umgehen. Wenn ein Lernender die Flexibilität besitzt, zwischen
verschiedenen Strategien zu wechseln, kann er den Ansprüchen verschiedener Aufgaben
besser Gerecht werden.
• Erhöhen Sie die Aufmerksamkeit und das Bewusstsein für Lernaktivitäten, die Ihrem
Lernstil entgegenkommen oder Ihnen widerstreben.
• Erstellen Sie ein Profil Ihrer Stärken und Schwächen beim Lernen.
• Als Lehrkraft tendieren Sie dazu, Schüler/innen mit einem Ihrem eigenen Lernstil
ähnlichen stärker wahrzunehmen. Achten Sie darauf, um dieser Tendenz entgegen wirken
zu können.
Grenzen
• Viele Lernstile wurden kaum operationalisiert.
43
• Es ist unmöglich, alle Lernstile zu berücksichtigen.
Verschiedene Konzepte
Es gibt verschiedene Annäherungen an die individuellen Lernstile. Viele der von
Wissenschaftern und Wissenschafterinnen vorgeschlagenen Konzepte überschneiden sich
auch. Gewisse Forscher/innen beschäftigen sich unter anderem mit dem Lerntempo. Impulsiv
Lernende arbeiten schnell, um eine Lösung zu finden. Sie werden leichter frustriert und sind
leicht störbar. Sie gehen auch eher Risiken ein als reflexiv Lernende, die langsamer arbeiten,
um Fehler zu vermeiden. Andere Wissenschafter/innen fokussieren ihre Aufmerksamkeit auf
die Rolle der Sinneswahrnehmung beim Lernprozess. Sie unterscheiden zwischen visuell,
auditiv und kinästhetisch Lernenden.
Visuell Lernende
Visuell Lernende bevorzugen geschriebene Informationen, Notizen, Diagramme und Bilder.
Sie haben ein Problem, wenn Informationen nicht schriftlich verfügbar ist. Um Informationen
zu verstehen und zu behalten, schreiben sie detaillierte Notizen. Deshalb schreiben visuell
Lernende sogar Notizen, wenn sie die Informationen des Kurses ausgedruckt vor sich liegen
haben.
Auditiv Lernende
Auditiv Lernende sind abhängig vom gesprochenen Wort. Geschriebene Information hat
wenig Bedeutung, bis sie nicht gesprochen und gehört wurde. Es kann ihnen helfen, sich die
geschriebene Information laut vorzulesen.
Kinästhetisch Lernende
Kinästhetisch Lernende lernen durch Berührung und Bewegung. Sie bevorzugen es, neue
Fähigkeiten durch Imitation und praktische Handhabung zu lernen. Wie visuell Lernende hilft
es ihnen, Information selber aufzuschreiben.
Kolbs Lernzyklus
David Kolb behauptet, dass wir beim Lernen einen Kreis mit verschiedenen Stationen
durchschreiten. Wir machen eine Erfahrung, denken darüber nach, ziehen Schlussfolgerungen
und leiten daraus weitere Schritte ab.
eine Erfahrung
machen
Praktiker
die nächsten
Schritte planen
Pragmatiker
über die
Erfahrung
nachdenken
Reflektor
Schlussfolgerungen ziehen
Theorethiker
Abb. 16: Kolbs Lernzyklus, adaptiert nach Honey und Mumford.
44
Eine Ausbildungsinstitution für Lehrkräfte kann beispielsweise ihre Auszubildenden zunächst
an eine Schule schicken, um den erfahrenen Lehrkräften zu assistieren. So erfahren die
Student/innen lebensnah, worauf sie sich bei einer solchen Ausbildung einlassen. Um die
gedankliche Auseindandersetzung zu fördern, können die Lernenden angehalten werden, ihre
Erlebnisse tagebuchartig zusammenzufassen. Anschliessend bietet das Seminar einen
theoretischen Input, bevor die Kandidat/innen ihre erste eigene Stunde planen. Der
Einstiegspunkt bei diesem Vorgehen ist die eigene Erfahrung.
Möglicherweise wählt das Seminar aber einen anderen Weg. In einem ersten Schritt wird
beispielsweise ein theoretischer Input zum Lektionsaufbau gegeben, bevor die Kandidat/innen
zum ersten Mal vor Klassen stehen dürfen. Hier startet man im Lernzyklus mit der
Planungsphase.
Beide Strategien sind gültig und haben ihre Vor- und Nachteile. Ein Lernender kann irgendwo
im Lernzyklus einsteigen, da jeder Schritt den nächsten automatisch fördert. Viele Menschen
bevorzugen jeweils einen bestimmten Einstiegspunkt im Zyklus.
Kolb identifizierte zwei weitere Dynamiken des Lernens: Wahrnehmung und Verarbeitung.
• Konkret Wahrnehmende nehmen Information durch direkte Erfahrung auf, indem sie aktiv
handeln, spüren, fühlen.
• Abstrakt Wahrnehmende nehmen Informationen auf, indem sie analysieren, beobachten und
nachdenken. Wenn eine Information wahrgenommen wird, muss sie verarbeitet werden.
• Aktiv Verarbeitende setzen neu Gelerntes sofort um.
• Reflexiv Verarbeitende suchen Sinn im neu Gelernten, indem sie darüber nachdenken.
Die traditionelle Schultheorie bevorzugt abstrakte Wahrnehmung und reflexive Verarbeitung.
Die vier Lerntypen nach Honey und Mumford
Basierend auf Kolbs Untersuchungen definieren Honey und Mumford vier Lerntypen:
• Denkertyp
• Theoretikertyp
• Pragmatikertyp
• Aktivistentyp
Je nach Vorliebe, wählen Menschen oft denselben Ausgangspunkt im Lernzyklus, um eine
neue Fähigkeit zu erlernen. Diejenigen, die zunächst beobachten und denken und dann
handeln, werden Denkertyp genannt. Andere bevorzugen es, die neuen Informationen in einen
logischen Rahmen zu betten – sie heissen Theoretikertyp. Pragmatikertypen sind Menschen,
die stärker an der Anwendung des Gelernten interessiert sind als am Inhalt selbst. Sie stellen
Fragen wie Funktioniert das wirklich?, Wo und wie kann ich es brauchen? Aktivistentypen
hingegen sind sehr enthusiastisch, wenn sie etwas Neues lernen. Ihre Philosophie lautet Lass
uns alles sogleich probieren. Honey und Mumford beschreiben diese vier Lerntypen
detailliert:
Denker
Denker betrachten ihre Erfahrungen gerne aus Distanz und denken differenziert darüber nach.
Sie sammeln Daten, um ausgiebig darüber nachzudenken. Endgültige Schlüsse zögern sie so
lange als möglich hinaus. Ihre Philosophie ist die Vorsicht. In einer Diskussion besetzen sie
eher die hinteren Stühle. Sie haben eine leicht distanzierte, doch tolerante Ausstrahlung.
Wenn sie handeln, wird ein breites Bezugsspektrum inklusive Vergangenheit, Gegenwart und
Zukunft, miteinbezogen.
45
Theoretiker
Theoretiker adaptieren und integrieren neue Informationen in einen logischen Raster.
Probleme denken sie Schritt für Schritt durch. Sie analysieren und synthetisieren gerne. Sie
beschäftigen sich mit grundlegenden Annahmen, Prinzipien, Theorien, Modellen und
systemorientiertem Denken. Ist es logisch, ist es gut? Sie fragen häufig: Ist es sinnvoll?, Wie
passt das zusammen? Sie schätzen einen hohen Grad an Sicherheit und sträuben sich gegen
subjektive Bewertungen.
Pragmatiker
Pragmatiker probieren gern neue Ideen, Theorien und Techniken aus um zu sehen, wie sie in
der Praxis funktionieren. Sie suchen neue Ideen, um sie umsetzen zu können. Sie kehren von
ihren Kursen zurück und können es kaum erwarten, das frisch Gelernte in die Tat umzusetzen.
Sie schreiten gern vorwärts und handeln schnell und voller Vertrauen, wenn ihnen eine Idee
gefällt. Bei längeren Diskussionen mit offenem Ende sind sie eher ungeduldig. Sie sind
praktisch und lösen gern Probleme.
Aktivist
Aktivisten geben sich voll und ganz in eine neue Erfahrung hinein. Sie sind offen und wenig
skeptisch. Dies erlaubt ihnen, neue Informationen enthusiastisch aufzunehmen. Sie tendieren
dazu, zuerst zu handeln und dann über die Konsequenzen nachzudenken. Ihre Tage sind voller
Aktivität. Sie packen Probleme an, indem sie ein Brainstorming machen. Sobald eine
Aktivität ausgereizt ist, suchen sie die nächste. Aufgaben, welche Ausdauer verlangen,
langweilen sie.
Zusammenfassung
Wenn Sie Ihren bevorzugten Lernstil kennen, können Sie Ihre anderen Lernstile im
allgemeinen verbessern. Ebenso lernen Sie Ihre Stärken und Schwächen beim Lernen besser
kennen. Gewisse Aufgaben verlangen bestimmte Lernstile. Lernende sollten darum
versuchen, ihre Strategien den jeweiligen Aufgaben anzupassen. Als Ausbilder/in sollten sie
sich bewusst sein, dass nicht alle Schüler/innen Ihren Lehrstil gleich zu schätzen wissen. Alle
haben ihre eigenen spezifischen Wege, neue Informationen aufzunehmen und zu verarbeiten.
Für den Unterricht ist es daher wichtig, verschiedene Lehrstile anzuwenden, um so möglichst
viele Lernende zu erreichen.
46
Organisieren Sie Ihr Lernen
Abb. 17: Organisieren beim Lernen reduziert Stress
Einleitung
Lernen ist ein Prozess, der das ganze Leben lang andauert. Wenn Sie spezifische Fertigkeiten
erlernen möchten, eine Karriere anstreben, in ihrer Arbeit oder in der Schule vorwärts
kommen wollen, müssen Sie sich um Ihr Lernen kümmern. Ein persönlicher Lernplan kann
Ihnen dabei helfen, Ihre Lernbedürfnisse wahrzunehmen und Ihnen bildlich vor Augen zu
führen, wie Sie damit umgehen können.
Vorteile eines Planes
Ein Plan hilft Ihnen,
• Stress zu reduzieren, weil Sie wissen, was wann erwartet wird.
• begrenzte Ressourcen einzuteilen (beispielsweise Zeit).
• fokussiert zu bleiben.
• Prioritäten zu setzen.
• Ihren Lernfortschritt zu kontrollieren.
Setzen sie sich Ziele
Ziele setzen ist ein Prozess der Identifizierung möglicher Ziele und die Art, wie sie zu
erreichen sind.
Die Zielpyramide
Einen Weg, Ihre Ziele zu visualisieren, bietet die Zielpyramide.
1. Auf der Spitze der Pyramide beschreiben Sie Ihre Langzeitziele. Blicken Sie fünf, zehn
Jahre in die Zukunft. Welche Art von Arbeit möchten Sie dann verrichten? Wie glauben Sie,
wird Ihr Leben dann aussehen? Wenn Sie spezifische Karriereziele verfolgen, fügen Sie
persönliche Ziele wie Heirat, Hausbesitz, Reisen, Engagement in der Gemeinde etc. hinzu.
2. Unter den entfernten Langzeitzielen liegen die Ziele mittlerer Reichweite. Ziele mittlerer
Reichweite unterstützen Sie im Erreichen der Langzeitziele. Diese sollten innerhalb von zwei
bis vier Jahren erreicht sein. Wenn eines Ihrer Langzeitziele ein Job im Ausland ist, könnte
ein Ziel mittlerer Reichweite das Lernen von Sprachen sein.
47
3. Auf dem untersten Niveau der Pyramide befinden sich die Kurzzeitziele. Es sind dies
kleine Schritte, die in relativ kurzer Zeit unternommen werden können (weniger als ein Jahr).
Kurzzeitziele unterstützen die Ziele mittlerer Reichweite. Wenn Sie beispielsweise eine neue
Sprache lernen möchten, könnte ein Kurzzeitziel die Kenntnis tausend neuer Wörter innerhalb
eines Jahres sein.
Die Zielpyramide hilft Ihnen, Ihr Lernen zu fokussieren. Überdenken Sie Ihre Ziele
periodisch. Vielleicht werden Sie Ihre Karriereziele ändern oder die Art, wie Sie dorthin
gelangen wollen. Ihre Lernpyramide zeigt Ihnen, wie die verschiedenen Ziele miteinander
verknüpft sind. Dies kann helfen, die Kurzzeitziele, die manchmal weniger motivierend sind,
in Angriff zu nehmen.
Smarte Zielsetzung
• Formulieren Sie klare Ziele. Seien Sie smart! D.h. Ihre Ziele sollten spezifisch, messbar,
attraktiv, realistisch sein und das Timing berücksichtigen.
• Spezifisch: Wenn Sie den Wunsch haben, Ihre Orthographie zu verbessern, ist diese
Zielsetzung zu allgemein formuliert. Spezifischer wäre: Ich bin fähig, eine Seite mit weniger
als fünf Schreibfehlern zu verfassen.
• Messbar: Spezifische Ziele haben Bewertungskriterien. Im obigen Beispiel kann ich die
Fehler zählen um zu sehen, inwiefern ich mein Ziel erreicht habe. Ein weiteres Kriterium
wäre die Zeit, die es mich kostet, eine Seite zu schreiben.
• Attraktiv: Ziele sollten wichtig und lohnend sein. Sie sollten mich in meinem Lernen
motivieren. Mein Wunsch könnte beispielsweise sein, nach nur zehn Fahrstunden die
Fahrprüfung zu bestehen. Ein Ziel wäre es, Geld zu sparen, weil Fahrstunden sehr teuer sind;
ein weiteres Ziel könnte darin bestehen, schon in naher Zukunft allein ein Auto zu steuern.
• Realistisch: Wenn Ihre Ziele unrealistisch hoch sind, steigen die Chancen, sie nie zu
erreichen. Scheitern schafft Frustrationen, Angst und resultiert in geringem Selbstvertrauen.
All diese Faktoren verhindern wirkungsvolles Lernen. Zu hohe Ziele können Sie auch von
Beginn weg abschrecken, sie überhaupt weiterzuverfolgen. Berücksichtigen Sie
Lernerfahrungen der Vergangenheit, wenn Sie sich neue Ziele setzen. Was sind Ihre Stärken?
Wo liegen Ihre Grenzen? Denken Sie an die Zeit, die Sie benötigten, um den Führerschein
fürs Motorrad zu erwerben? Wenn Sie dazu 40 Stunden gebraucht haben, sind die
berechneten 10 Stunden für die Autoprüfung viel zu gering.
• Timing: Wann tun Sie Ihren ersten Schritt? Wann erreichen Sie das Ziel? Zeitraster schaffen
einen leichten Druck und erinnern Sie daran, mit dem Lernen zu beginnen.
Teilen Sie Ihre Zeit ein
Oft konzentrieren wir unsere Energien auf Tätigkeiten, die wir schon können und gerne tun.
Dies geschieht auf Kosten schwierigerer Lernprozesse. Zeitpläne helfen Ihnen, Ihre Aufgaben
gezielt zu bewältigen und zu tun, was Sie tun sollten.
Der Jahresplan
Der Jahresplan arbeitet mit den Langzeitzielen. Der Gebrauch eines Kalenders hilft Ihnen,
sich einen raschen Überblick über die Langzeitziele zu verschaffen.
Die Wochenarbeitsliste
Eine Wochenarbeitsliste schafft einen Überblick über die Zeit und Ressourcen, die benötigt
werden, um bestimmte Aufgaben zu erledigen. Die Liste beinhaltet folgende Punkte:
• Aufgabe
• Stichdatum
• Ressourcen, die benötigt werden
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• Geschätzte Zeit
• Tatsächliche Zeit, die aufgewandt wurde
Unterschiede zwischen der geschätzten und tatsächlich aufgewandten Zeit sollten erwartet
werden. Eine Untersuchung der Unterschiede kann Ihnen Ihre Stärken und Schwächen im
Lernen aufzeigen. Wurden Sie zu oft gestört? War die Aufgabe zu schwierig? Was können
Sie tun, um den Unterschied zwischen geschätzter und tatsächlich aufgewandter Zeit zu
minimieren? Diese Fragen können Ihnen helfen, Ihre Lernstrategien und Arbeitsweisen
längerfristig zu verbessern.
Nach Beendigung einer Aufgabe streichen Sie sie von der Liste und geniessen anschliessend
das Gefühl, eine Aufgabe erledigt zu haben.
Die tägliche Was-ist-zu-tun-Liste
Eine Liste, mit den während des Tages zu erledigenden Aufgaben, sollte Sie daran erinnern,
was Sie noch alles tun möchten. Machen Sie Ihre Tagesplanung früh am Morgen oder am
Abend zuvor. Um Ihre Zeit wirkungsvoll zu gestalten, müssen Sie Prioritäten setzen. Sie
sollten sich regelmässig fragen: Wie wichtig ist diese Aktivität zum Erreichen meiner Kurzund Langzeitziele? Um die tägliche Aufgabenliste sinnvoll zu nutzen, schreiben Sie die
Aufgaben ihrer Priorität gemäss nieder. Nach Beendigung einer Aufgabe können Sie sie
durchstreichen. Belohnen Sie sich für die Erledigung einer Aufgabe. Gönnen Sie sich eine
kurze Pause, essen Sie einen Snack, klopfen Sie sich in Gedanken auf die Schulter etc.
Selbstbestärkung ist hilfreich bei der Entwicklung einer "Tu-es-jetzt-Einstellung".
Überprüfen sie ihre Lernumgebung
Gestalten Sie einen separaten Ort, an dem Sie nur lernen. Er sollte relativ ruhig und frei von
Störungen wie Fernsehen, Telefon oder Menschen sein. Machen Sie Lernen – oder zumindest
einen Teil davon – zu einer Gewohnheit. Verhalten, das gewohnheitsmässig ausgeübt wird,
fällt einem leichter. Wenn Sie sich an ihren Arbeitsplatz setzen, fokussiert sich Ihre
Aufmerksamkeit automatisch auf das Lernen, weil der Raum mit Lernen assoziiert wird.
Eine gute Lernumgebung weist folgende Merkmale auf:
• Gutes Licht
• Genügend Luftzirkulation
• Ein bequemer Stuhl
• Ein Tisch, der gross genug ist, um ihr Material auszubreiten
Versuchen Sie des Weiteren, immer zur selben Zeit zu lernen. Finden Sie die Tageszeiten, an
denen Sie am effizientesten arbeiten. Ein Logbuch der Aktivitäten kann Ihnen dabei helfen.
Das Logbuch
Ein Logbuch zeigt Ihnen, auf welche Art und Weise Sie Ihre Zeit verbringen. Notieren Sie,
was Sie den ganzen Tag über tun. Jedes Mal, wenn Sie von einer zu einer anderen Aktivität
übergehen (lernen, Kaffee trinken, telefonieren etc.) schreiben Sie dies auf. Ebenso wertvoll
ist es aufzuschreiben, wie Sie sich fühlen. Sind Sie abgelenkt, aufmerksam, müde,
gelangweilt? Wenn Sie Ihre Zeiten mehrere Tage lang beobachtet haben, analysieren Sie diese
Daten. Sie werden erkennen, zu welcher Tageszeit sie voller Tatkraft sind und wann nicht.
Legen Sie wichtige Aufgaben auf die Zeiten, in denen sie enegiegeladen sind. Sie werden
eventuell auch bemerken, wie viel Zeit Sie für unnütze Dinge aufwenden. Dies kann ein
Anfang sein, Ihre Lerngewohnheiten zu ändern, d.h. wirkungsvoller zu gestalten.
49
Zusammenfassung
Lernen ist ein stetiger Prozess, der uns unser ganzes Leben lang begleitet. Ein Lernplan kann
Ihnen helfen, Ihre persönlichen Lernziele zu erreichen. Setzen Sie sich spezifische, messbare
und realistische Ziele. Ein gutes Zeitmanagment ist sehr wichtig im Erreichen dieser Ziele.
Ein förderndes Lernumfeld und eine positive Haltung gegenüber dem Lernen sind ebenfalls
sehr wichtige Hilfen.
Checkliste
Organisieren Sie Ihr Lernen
Haben Sie einen persönlichen Plan entwickelt?
1. Kennen Sie Ihre Lernschwächen?
2. Setzen Sie sich Ziele, die spezifisch, messbar, attraktiv, realistisch und zeitgebunden
sind?
3. Haben Sie Ihre Ziele in einer Pyramide festgehalten?
Haben Sie Ihre Zeit eingeteilt?
1. Haben Sie einen Wochenplan vorbereitet (geplante Aufgaben, Stichdaten, benötigte
Ressourcen, geschätzte Zeit, tatsächliche Zeit)?
2. Schreiben Sie täglich eine Was-ist-zu-tun-Liste?
3. Haben Sie ein Aktivitätenlogbuch?
4. Planen Sie regelmässige Lernsessionen?
Haben Sie Ihre Lernumgebung gestaltet?
1. Haben Sie einen separaten Lernort (mit gutem Licht, guter Belüftung, einem bequemen
Stuhl, einem grossen Pult)?
Jedes NEIN zeigt Ihnen, wo Sie die Organisation Ihres Lernens noch verbessern können.
50
Repetieren Sie gezielt
Erinnerte
Information
Abb. 18: Kurve des Vergessens nach Ebbinghaus
Einleitung
Repetition ist eine Wiederholung dessen, was Sie lernen möchten. Reflektierte Repetition
stärkt Ihr Lernen und Ihre Erinnerungsfähigkeit im Gegensatz zum rein mechanischen
Auswendiglernen. Sinnvolle Repetition heisst nicht, das Gelernte gedankenlos zu
wiederholen, sondern, sich bestimmte Zeitfenster offen zu halten, an denen schon verstandene
Informationen wieder in Erinnerung gerufen wird.
Ziel
Egal, wie Sie etwas lernen – wenn Sie das Gelernte nicht ab und zu anwenden, werden Sie es
schnell vergessen. Eine der besten Methoden, das Gelernte präsent zu halten, ist, ab und zu
Rückschau zu halten. Dinge, die wiederholt betrachtet werden, werden im allgemeinen eher
behalten als andere Dinge. Rückschau halten erlaubt Ihnen, die gelernten Informationen mit
anderem Wissen zu verknüpfen und dadurch einen neuen erweiterten Zugang zur Erinnerung
zu haben.
Die Kurve des Vergessens
Erste experimentelle Untersuchungen zum Erinnern wurden von Hermann Ebbinghaus in den
Jahren 1879 - 1885 in Deutschland durchgeführt. Seine Resultate wurden in der Kurve des
Vergessens (s. Abb. 18) zusammengefasst. Gelernte Information, einmal im Hirn gespeichert,
wird relativ rasch vergessen, wenn man nichts dagegen unternimmt. Am meisten vergessen
wird unmittelbar nach dem eigentlichen Lernprozess. Eine Stunde nach dem Lernen ist die
Hälfte der gespeicherten Information nicht mehr abrufbar. Neun Stunden später sind es schon
ca. 60% und einen Monat später sind es 80%. Je sinnvoller, je strukturierter und assoziativer
das Gelernte ist, desto weniger steil fällt die Kurve ab. In Kombination mit regelmässiger
Rückschau kann die Kurve des Vergessens stark geglätet werden.
Vorteile periodischer Repetition
Periodische Repetition:
• stimuliert das Verständnis für ein Themenfeld
• integriert neue Informationen in bereits bestehendes Wissen
• hilft unserem Hirn, neue Informationen zu speichern
• spart Zeit und Aufwand.
Strategien für sinnvolles Repetieren
Repetitionsstrategien sind Techniken, das Gelernte zu wiederholen. Folgendes Vorgehen kann
dazu gewählt werden:
51
• Überlernen. Wiederholtes Wiederholen von bereits Gelerntem.
• Selbstbefragung. Stellen Sie sich Fragen um zu testen, ob Sie das Gelernte verstanden haben
und in andere Gebiete transferieren können.
• Information im Geiste repetieren.
• Informationen laut vortragen. Erzählen Sie jemandem das Gelernte. So sehen Sie selbst, ob
Sie auch alles verstanden haben.
• Eigene Notizen über das Gelernte verfassen.
1. Überlernen
Die kontinuierliche Repetition von bereits Gelerntem nennt sich Überlernen. Soldaten zum
Beispiel werden konstant dazu gedrillt, ihre Waffen auseinanderzunehmen und wieder
zusammenzusetzen, bis sie dies in schlafähnlichem Zustand können. Solcherart Gelerntes
bleibt stärker in Erinnerung. Besonders trifft dies auf Dinge zu, die in angespannten
Situationen (z.B. Prüfungen) präsent sein müssen. Es kann Ihnen das Selbstvertrauen geben,
dass Sie ein Thema wirklich beherrschen.
Das Überlernen eignet sich gut für Drill, bei Themen, die "kein" Denken erfordern. Z.B.
Vokabeln lernen o.Ä.
2. Selbstbefragung
Die Wissenschafterin Alison King (1992) entwickelte eine Frageliste, die Ihnen helfen kann,
Ihr Lernen zu kontrollieren:
1. Was ist die zentrale Idee von...?
2. Wie würden Sie ...benutzen...um zu...?
3. Was ist der Unterschied zu...?
4. Wie sind... und ähnliche...?
5. Erklären Sie warum...?
6. Erklären Sie wie...?
7. Was glauben Sie würde geschehen, wenn...?
8. Wie beeinflusst...?
9. Gibt es ein neues Beispiel von...?
10. Was sind die Stärken und Schwächen von...?
11. Was ist das beste an... und warum?
12. Wie steht...in Beziehung zu früher Gelerntem?
Die Selbstbefragung eignet sich vor allem für komplexe Inhalte, da diese im Kern verstanden
werden müssen.
52
Periodische Repetition
Um das Vergessen zu minimieren, sollte die Repetition in periodisch geplanten Abständen
erfolgen (s. Abb. 19).
Erinnerte Information
100%
Zeitpkunkt der
Repetition
10 Min. 1 Tag 1 Woche
1 Monat
6 Monate
Abb. 19: Repetition nach bestimmten Intervallen
Erste Repetition
Weil am meisten gleich nach dem Lernen vergessen wird, sollte das Gelernte so bald als
möglich wiederholt werden. Die besten Zeiten, um zu repetieren sind: während des Lernens,
durch stetiges lautes Wiederholen des Gelernten und gleich nach dem Lernen. Wenn Sie
anschliessend keine Zeit haben, schaffen Sie sich 10 bis 15 Minuten am Ende des Tages, um
das Gelernte zu wiederholen. Das erste Wiederholen ist sehr wichtig, weil es hilft, das
Gelernte zu editieren, zu organisieren und zu reflektieren. Wenn Sie wiederholen, verknüpfen
Sie das Gelernte mit bereits bestehendem Wissen.
Zweite Repetition
Das zweite Wiederholen sollte ca. einen Tag später erfolgen und bloss wenige Minuten
beanspruchen. Damit wird gefestigt, was Sie während des Schlafens verarbeitet haben. Die
zweite Wiederholung frischt die Erinnerung auf, stärkt das Verständnis und erleichtert die
Integration zentraler Bestandteile des Gelernten.
Dritte Repetition
Die dritte Wiederholung sollte nach ungefähr einer Woche vorgenommen werden. Wiederum
bloss wenige Minuten. Dies stabilisiert Ihre Erinnerung für längere Zeit.
Vierte und fünfte Repetition
Eine weitere Repetition sollte nach ungefähr einem Monat erfolgen, wiederum für wenige
Minuten und eine letzte Wiederholung nach sechs Monaten. Nach dieser letzten
Wiederholung ist das Gelernte fast unwiderruflich in Ihrer Erinnerung gespeichert.
Die Wirkung solcher Repetition sollte die Rate des Vergessens drastisch reduzieren. Die
zeitliche Einteilung stellt sicher, dass die Wiederholung genau vor dem Vergessensprozess
einsetzt.
Störfaktoren
Je mehr Material sich in Ihrem Kopf ansammelt, und je mehr davon in eine ähnliche Richtung
weist, desto grösser ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich die Informationen gegenseitig
53
stören. Bereits Gelerntes kann nicht erinnert werden, weil eben kürzlich Gelerntes die
Wiedergabe blockiert. Wenn Kinder eine neue Sprache lernen, kann man beobachten, dass sie
ein bereits gelerntes Wort nicht abrufen können, weil das Auftauchen des Wortes in ihrer
Muttersprache sie daran hindert. Oder wenn Sie ein Prüfung schreiben, wird Ihnen dasjenige,
was Sie in der Nacht zuvor gelernt haben eher einfallen als dasjenige, was Sie vor einer
Woche gelernt haben.
Störungen reduzieren
Strategien, um Störungen zu reduzieren:
• Lernen Sie Ihr Material gründlich.
• Schaffen Sie für sich einen Sinn.
• Vermeiden Sie, zwei ähnliche Fächer gleichzeitig zu lernen. Wenn Sie beispielsweise
mehrere Stunden Deutsch gelernt haben, sollten Sie nicht gleich anschliessend eine andere
Fremdsprache lernen.
• Wenn Sie zwei ähnliche Fächer lernen müssen, kann es hilfreich sein, dies nicht am selben
Ort zu tun. Wenn Sie Französisch in ihrem Schlafzimmer und Spanisch in ihrem Esszimmer
lernen, können Sie die beiden besser auseinanderhalten.
Zusammenfassung
Repetition ist eines der fundamentalsten und wichtigsten Prinzipien des Lernens und
Erinnerns. Sie sollte darum geplant werden und nicht dem Zufall überlassen werden. Damit
wird sichergestellt, dass die Repetition vor dem eigentlichen Vergessen geschieht. Dadurch
wird das Gelernte sehr viel besser und länger erinnert.
Checkliste
Repetieren Sie gezielt
Haben Sie
1. neu Gelerntes direkt nach dem Lernen wiederholt?
2. die Intervalle zwischen den Wiederholungen graduell verändert (ein Tag, eine Woche,
ein Monat, sechs Monate)?
Haben Sie während des Wiederholens
1. das Gelernte laut wiederholt?
2. sich für neu Gelerntes belohnt?
3. sich selbst befragt?
Haben Sie Störungen vermieden, indem Sie.
1. das Gelernte gründlich lernten?
2. dem Gelernten persönlichen Sinn verliehen?
3. zwei ähnliche Fächer nicht gleichzeitig lernten?
4. zwei ähnliche Fächer nicht am selben Ort lernten?
Jedes NEIN bedeutet, dass Sie die Repetition von Lerninhalten noch effektiver gestalten
können.
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Brauchen Sie Mnemotechniken - verbessern Sie ihre
Merkfähigkeit
Einleitung
Mnemotechniken sind Methoden zur Unterstützung der Erinnerung. Sie erleichtern das
Lernen und Behalten von neuen Informationen. Das Wort leitet sich ab von Mnemosyne, der
griechischen Göttin der Erinnerung. Eine Mnemotechnik kann alles sein, vom Knopf im
Taschentuch über einen Vers bis hin zu Bildern.
Ziel
Manche Ausbilder/innen glauben immer noch, die Erinnerungsfähigkeit der Lernenden zu
stärken, indem sie ihnen auftragen, möglichst viel auswendig zu lernen. Nichts deutet darauf
hin, dass dem so ist. Memorieren ist eine Fähigkeit, die erlernbar und verbesserbar ist. Sie
müssen allerdings daran arbeiten, indem Sie geeignete Techniken praktizieren. Stures
Auswendiglernen ist dabei wenig hilfreich. Mnemotechniken sind wirkungsvoll aber werden
in der heutigen Zeit leider allzu selten benutzt. Ausbilder/innen können ihre Lernenden darin
unterstützen, indem sie ihnen gute Mnemotechniken zeigen.
Vorteile
• Mnemotechniken verbessern Ihre Erinnerung deutlich.
• Mnemotechniken anzuwenden macht Spass.
Grenzen
• Mnemotechniken sind wenig geeignet, um schwierige Texte zu verstehen und zu erinnern.
• Manchmal kann das Kreieren und Anwenden von Mnemotechniken auch sehr
zeitaufwändig sein; in diesem Falle wäre es gescheiter, die Energie für das Lernen des
Inhalts einzusetzen.
Warum funktionieren Mnemotechniken?
Mnemotechniken benutzen Grundlagen des Lernens:
• Sinnstiftung: Mnemotechniken helfen, dem Lernstoff einen Sinn zu geben.
• Organisation: Mnemotechniken schaffen einen Kontext, in welchem auch scheinbar
unzusammenhängende Dinge organisiert werden können.
• Assoziation: Mnemotechniken unterstützen die Lernenden beim Integrieren neuer
Information in bereits bestehendes Wissen.
• Visualisierung: Mnemotechniken arbeiten mit Bildern. Bilder können von vielen Leuten
besser behalten werden als Wörter.
• Aufmerksamkeit: Mnemotechniken erhöhen die Aufmerksamkeit, weil sie das Lernen
interessanter machen.
Verschiedene Techniken
1. Externe Gedächtnisstützen
Regelmässig sehen wir uns mit dem Problem konfrontiert, dass wir uns wichtige Termine
merken müssen (z.B. einen Sitzungstermin). Wenn Sie sich an solche Dinge erinnern müssen,
benutzen sie externe Gedächtnisstützen. Ein klassisches Beispiel ist der Knopf im
Taschentuch. Er ist unübersehbar und erinnert Sie bei jedem Gebrauch des Taschentuches
daran, noch etwas zu erledigen.
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2. Geschichten
Geschichten erzählen ist ein kraftvolles Werkzeug zur Erinnerung. Es hilft uns, unsere
Gedanken zu organisieren. Stellen Sie sich eine Liste mit folgenden Dingen vor: Zeitung,
Rad, Arzt, Rose, Ball. Kreieren Sie nun eine Geschichte mit den Wörtern, die Sie sich merken
müssen. Der Zeitungsjunge rollte ein Rad den Gehsteig runter. Es traf den Arzt, der gerade
einen Hausbesuch machen wollte. Es schleuderte ihn in einen Rosenbusch. Dort fand der Arzt
einen Ball, den er nach dem Jungen warf. Zu einem späteren Zeitpunkt können Sie sich die
Geschichte wieder in Erinnerung rufen und dabei die Wörter auflisten.
3. Geistige Visualisierung
Geistige Visualisierung ist die Fähigkeit, in Ihrem Geist ein Bild entstehen zu lassen – ein
klares, farbiges, konturiertes Bild. Unsere reiche Vorstellung erlaubt uns, nicht nur Bilder zu
sehen, sondern auch Gerüche zu riechen etc. Visuelle Assoziationen spielen eine wichtige
Rolle bei Mnemotechniken. Hier einige Anhaltspunkte: Wenn Sie zwei Themen assoziieren,
sollten die beiden Themen auf irgendeine Art und Weise interagieren, nicht einfach
nebeneinander stehen. Wenn Sie zum Beispiel die Wörter Hund und Fahrrad assoziieren,
stellen Sie sich doch den Hund auf dem Fahrrad vor (s. Abb. 20). Menschen, für die
Visualisierung ungewohnt ist, schliessen zunächst gern die Augen, um ein mentales Bild zu
kreieren. Es hilft, das Bild zu bewegen (z.B. der fahrende Hund). Übertreiben Sie: Stellen Sie
sich Dinge übertrieben vor, in der Grösse, der Anzahl etc. Wenn Sie gut visualisieren können,
haben Sie damit eine wirkungsvolle Erinnerungsstütze gewonnen.
Abb. 20: Der fahrende Hund – ein Bild, das man nicht so schnell vergisst
4. Akronyme und Akrostik
Ein Akronym wird auch ein Erstes-Buchstaben-Mnemonik genannt. Nehmen Sie den ersten
Buchstaben der Wörter, die Sie sich merken wollen. Zum Beispiel den Satz «kurz und sauber
schreiben» können Sie sich mit dem Akronym KUSS merken.
Eine Akrostik ist ein Satz, indem der erste Buchstabe jedes Worts das zu erinnernde Wort
andeutet. “Mein Vater erklärt mir jeden Samstag unsere neun Planeten”. Die neun Planeten
in steigender Entfernung von der Sonne sind: Merkur, Venus, Erde, Mars, Jupiter, Saturn,
Uranus, Neptun, Pluto.
5. Reimende Zahlwörter
Reimende Zahlwörter sind nützlich, wenn man Zahlen auswendig lernen will. Beispielsweise
Telefonnummern.
0 ist ein Bull
1 ist Heinz
2 ist ein Ei
3 ist Salbei
4 ist ein Klavier
5 ist ein Fünfer
6 ist Hund Rex
7 ist Käse gerieben
8 ist ein Schacht
9 ist ne Scheun
10 ist Zen
56
Zunächst müssen Sie sich die Wörter merken, welche sich auf die Zahlen reimen. Wenn es
Ihnen hilft, können Sie auch selbstgewählte Wörter aussuchen. Verwenden Sie aber immer
diesselben. Wenn Sie dann die Reimwörter mit den Zahlen wiederholen, vergegenwärtigen
Sie sich, was sie repräsentieren. Sobald Sie die Wörter automatisch mit den Zahlen
verknüpfen können, haben sie Gedächtnishaken gebildet. Wenn Sie sich nun Nummern
merken müssen, sollten Sie die Reimwörter benutzen. Lange Zahlenreihen können in Sätze
mit reimenden Zahlwörtern umgewandelt werden. Für die Nummer 491035 stellen Sie sich
ein Klavier (4) vor, dass in einer Scheune steht (9) und von einem Zenbuddha gespielt wird
(10), der ein Salbeiblatt (3) vor sich hat mit einem Fünfer darin (5).
6. Die Schlüsselwortmethode
Diese Technik ist besonders hilfreich beim Lernen von Fremdsprachen. Die Methode besteht
aus zwei Schritten. Isolieren Sie zuerst einen Teil des unbekannten Wortes in der
Fremdsprache. Wenn Sie diesen Teil aussprechen, hört er sich wie ein Wort in der
Muttersprache an. Das wäre dann das Schlüsselwort. Dieses Teilwort wird dann entsprechend
visualisiert und mit der korrekten Übersetzung des Fremdwortes in die Muttersprache bildlich
verknüpft. Ein Beispiel soll das Gesagte verdeutlichen: Das englische Wort für
Treppengeländer ist banister, welches durch das Schlüsselwort Kanister repräsentiert werden
könnte. Stellen Sie sich nun einen Kanister vor, der das Treppengeländer hinunter rutscht. Um
sich an die Bedeutung des englischen Wortes banister zu erinnern, denken Sie an das
Schlüsselwort (Kanister) und das Bild (Kanister saust Treppengeländer hinunter), das sie sich
gemacht haben und die Verknüpfung zum Treppengeländer wird automatisch hergestellt.
7. Die Loci-Methode
Die Loci-Methode wurde von griechischen Rednern entwickelt, damit sie sich ihre Reden
besser merken konnten. Bestimmte Orte (Loci) halfen ihnen, sich zu erinnern. Sie dachten
z.B. an Örtlichkeiten, die sie auf ihrem Arbeitsweg in einer bestimmten Reihenfolge
passierten ─ an eine Brücke (1), einen Baum (2), ein Bankgebäude (3), einen Platz (4) etc.
Wenn sie dann ihre Reden vorbereiteten, verknüpften sie die einzelnen Themen, die sie
erwähnen wollten, mit den eingangs beschriebenen Orten, in dem sie geistig den Arbeitsweg
abschritten. Wenn ein Redner beispielsweise darüber referieren wollte, weshalb es am Forum
wegen Verkehrsunfällen oft zu Staus kommt und warum aus diesem Grunde eine
Fahrzeugsteuer für Streitwagen eingeführt werden sollte, um breitere Strassen zu bauen etc.
könnte er sich folgende Bilder gemerkt haben: (1) Zahlreiche Pferde, die ineinander verkeilt
die ihm bekannte Brücke blockieren, (2) ein grosser, 30-Personen-fassender Streitwagen, der
einen ihm vertrauten Baum rammt, (3) der Steuereintreiber, der die Steuern zur Bank bringt,
die der Redner täglich auf seinem Arbeitsweg passiert und (4) dies auf einer Strasse, die so
breit ist wie der bekannte Platz. Um seine Rede zu erinnern, muss er nun durch seine
Bilderlandschaft wandern und die Bilder dekodieren.
Zusammenfassung
Mnemotechniken unterstützen unsere Gedächtnis. Ausbilder/innen sollten Ihren Lernenden
verschiedene Mnemotechniken zeigen. Sie sollten sie informieren, wie Mnemotechniken
funktionieren, wie man sie lernen und anwenden kann. Lernende, die den Vorteil von
Mnemotechniken begreifen, beginnen schnell ihre eigenen Techniken zu entwickeln.
57
Checkliste
Brauchen Sie Mnemotechniken – verbessern Sie Ihre Merkfähigkeit
1. Visualisiert die Lehrkraft ihr Material, damit es besser eingeprägt werden kann?
2. Verknüpft sie neue Informationen mit bereits gelerntem Wissen?
3. Organisiert sie den Stoff auf sinnvolle Art und Weise?
4. Benutzt sie regelmässig Mnemotechniken?
5. Erklärt sie, wie Mnemotechniken funktionieren?
Jedes NEIN bedeutet, dass die Techniken zur Merkfähigkeit der Lehrkraft und der
Lernenden verbessert werden kann.
58
Machen Sie sich Notizen
Abb. 21: Notizen machen will gelernt sein
Einleitung
Notizen verfassen ist ein Prozess der Aufnahme und Selektion von Informationen, die in einer
gesprochenen oder geschriebenen Botschaft enthalten sind. Sie entwickeln beim Notieren die
Fähigkeit, das Wichtige vom Unwichtigen, die Schlüsselideen vom Rest zu unterscheiden.
Sich knappe und klare Notizen machen, will geübt sein.
Ziel
• Notizen kompensieren ein Stück weit fehlende Erinnerungen. Notizen dienen als externe
Erinnerungshilfe, vergleichbar einer Diskette beim Computer.
• Notizen machen zwingt uns zuzuhören.
• Indem wir unsere Motorik benutzen (die Muskeln für das Schreiben), stärken wir die
Permanenz des Gelernten.
• Beim Notizen machen übersetzen wir die Botschaft des Sprechenden in unsere eigene
Sprache. Dies hilft uns, den Inhalt besser aufzunehmen.
• In vielen Berufen nehmen wir an Sitzungen und kurzen Informationsveranstaltungen teil.
Hier helfen Notizen zu einem späteren Zeitpunkt als Gedankenstütze.
Notizen machen ist eine erlernbare Fähigkeit
Sich Notizen zu machen ist nicht unbedingt einfach und das Erlernen erfordert einen gewissen
Aufwand. Versuchen Sie zuzuhören und gleichzeitig zu schreiben. Es ist nicht unmöglich!
Dinge, die Notizen machen erschweren:
• Die sprachliche Organisation eines Sprechenden wird nicht unmittelbar klar.
• Gesprochene Sprache ist schnell.
Vorbereitungen
1. Material
• Benutzen Sie immer das gleiche Papierformat. Es sieht schöner aus, so dass Sie sich die
Notizen eher wieder ansehen. Benutzen Sie nie nur irgendwelche Fresszettel.
• Benutzen Sie nur eine Seite des Papiers. Dann können Sie ihre Notizen auslegen und einen
Überblick gewinnen.
59
• Schreiben Sie den Kurs, den Namen des Lehrenden, das Datum und das Thema oben auf
die erste Seite.
• Benutzen Sie einen Ordner. Dies erlaubt Ihnen, weitere Notizen oder Blätter hinzuzufügen.
• Haben Sie stets zwei Stifte bereit (ein Reservestift).
• Arbeiten Sie mit Farben.
2. Das Cornell-Format des Notizenschreibens
Das Cornell-Format (benannt nach der Cornell Universität) hat sich bewährt beim Darstellen
von Notizen. Es erlaubt, Notizen übersichtlich und einheitlich darzustellen. Das Notizblatt
wird dabei in drei Felder aufgeteilt:
• Notizfeld: Schreiben Sie die Vorlesung so detailliert und sinnvoll wie möglich auf.
• Feld mit Schlüsselbegriffen: Während Sie sich Notizen machen, lassen Sie das Feld mit
den Schlüsselbegriffen leer. Nach der Vorlesung versuchen Sie sobald als möglich, die
wichtigsten Gedanken und Begriffe in dieses Feld einzutragen.
• Feld mit Zusammenfassung: Fassen sie jede ihrer Seiten in einem oder zwei Sätzen
zusammen.
17cm
12cm
5cm
Schlüsselbegriffe
Notizfeld
26cm
4cm
Zusammenfassung
Abb. 22: Das Cornell-Format
3. Geistige Einstellung
• Stellen Sie sich vor, welche Informationen mitgeteilt werden könnten. Stützen Sie sich
dabei auf die Bezeichnung des Vortrages und eine eventuelle Kursbeschreibung.
• Stellen Sie sich selbst Fragen: Was geschah bis anhin? Was weiss ich schon über das
Thema? Was möchte ich lernen?
Während des Schreibens
1. Seien Sie selektiv
• Vermeiden Sie ein mechanisches, gedankenloses Aufschreiben.
• Orientieren Sie sich an Schlüsselbegriffen, welche die zentralen Ideen verkörpern.
60
•
•
•
•
Schlüsselbegriffe sind:
- Wiederholte Bemerkungen
- Beispiele
- Bildliche Hilfsmittel
- Zusammenfassungen
Seien Sie aufmerksam gegenüber der Betonung des Sprechenden:
- Ton
- Gestik
Machen Sie Notizen, wenn Sie Wörter und Sätze hören wie
- Es ist wichtig, kritisch...
- Der Grund, das Motiv...
- Die Konsequenzen, Resultate...
- Aber, nichtsdestotrotz
- Jeder glaubt,...
Schreiben Sie alles, was auf der Wandtafel steht, ab.
Schreiben Sie die Dinge, die nicht mit Ihrer eigenen Sichtweise übereinstimmen, unbedingt
auf. Wir tendieren dazu, uns an Dinge zu erinnern, die mit unserem Weltbild
übereinstimmen und vergessen das, womit wir nicht einverstanden sind.
2. Kreieren Sie sinnvolle Abkürzungen
• Lernen Sie die gebräuchlichsten Abkürzungen, die gemeinhin benutzt werden (z.B. für
zum Beispiel, d.h. für das heisst, vs. für versus, Pkt.für Punkt...).
• Benutzen Sie nur ein, zwei Silben, um ein Wort anzudeuten (z.B. Illus für Illustration, lev
für relevant)
• Lassen Sie Präpositionen (in, bei, zu...) und Artikel (ein, eine, der...) weg.
• Lassen Sie Vokale (Zmmr für Zimmer, Bch für Buch...) weg.
• Ersetzen Sie Wörter durch Symbole (= für gleich, > oder < für grösser als und kleiner
als...).
• Benutzen Sie Pfeile, um Veränderung und Bewegung zu symbolisieren.
• Ganz wichtig! Erstellen Sie eine Liste Ihrer Abkürzungen für Ihren Ordner, damit Sie sie
nicht vergessen.
3. Lassen Sie viel Platz frei
• Lassen Sie viel Platz frei auf dem Blatt für spätere Ergänzungen.
Nachdem Sie Notizen gemacht haben
1. Editieren Sie ihre Notizen
• Beenden Sie unfertige Gedanken.
• Schreiben Sie unleserliche Wörter neu.
• Wenn Sie sich an etwas erinnern, das Sie nicht aufgeschrieben haben, füllen Sie die
Lücken.
• Vergleichen Sie ihre Notizen mit anderen Lernenden.
• Schreiben Sie eine kurze Zusammenfassung der Stunde.
2. Reflektieren Sie Ihre Notizen
• Reflektieren Sie Ihre Notizen, wenn sie noch frisch sind. Eingehende Wiederholung hilft
Ihnen, das Gelernte in Erinnerung zu behalten.
• Fügen Sie Ihre persönlichen Bemerkungen hinzu (gekennzeichnet als solche!).
• Stellen Sie sich mehrere Prüfungsfragen, die die Notizen betreffen.
61
Die 5 R des Notizenmachens
Das eingangs erwähnte Cornell-Format bietet Gelegenheit, die 5 R des Notizenschreibens
anzuwenden.
• Record – Aufnehmen. Schreiben Sie während des Vortrags so viele Informationen wie
möglich auf.
• Reduktion. Nach dem Vortrag sollten Sie sobald als möglich die wichtigsten Gedanken
und Begriffe im Schlüsselfeld festhalten. Etwas zusammenzufassen schärft das Verständnis
und stärkt die Erinnerung. Hier findet auch die zu Beginn betonte Selektion statt.
• Rezitieren. Bedecken Sie das Hauptfeld der Notizen. Sehen Sie sich nur das Feld mit den
Schlüsselbegriffen an, und erzählen Sie laut, worum es im Vortrag ging.
• Reflexion. Nehmen Sie Meinungen aus Ihren Notizen und benutzen Sie diese als
Anfangspunkt der Reflexion. Reflexion hilft Ihnen, die Gedanken und Ideen nicht so
schnell zu vergessen.
• Repetition. Reservieren Sie jede Woche 10 Minuten, damit Sie Gelerntes wiederholen
können und Sie werden erfahren, dass Sie das Meiste in Erinnerung behalten.
Zusammenfassung
Sich Notizen machen ist ein Prozess der Aufnahme und Selektion von Informationen. Die
Selektion erfolgt über Schlüsselbegriffe und die Kenntnis der sprachlichen Organisation des
Redners. Das eigentliche Schreiben wird erleichtert durch eine gezielte Vorbereitung, die
Wahl eines geeigneten Formats und die Verwendung von Abkürzungen.
Checkliste
Machen Sie sich Notizen
1. Bringen Sie genügend A4 Papier und mindestens zwei Stifte in Ihren Kurs mit?
2. Schreiben Sie Thema und Datum oben auf die erste Seite?
3. Unterteilen Sie Ihr Blatt in Bereiche für Notizen, Schlüsselbegriffe, Zusammenfassung?
4. Stellen Sie sich vor, was Sie im Kurs erwartet?
5. Benützen Sie Abkürzungen?
6. Lassen Sie genügend leeren Platz frei?
7. Editieren Sie Ihre Notizen im Anschluss an den Vortrag?
Jedes NEIN bedeutet, dass Sie Ihre Fähigkeiten im Notizen schreiben verbessern können.
62
Erstellen Sie Mind Maps
Studium
Schreiben
Verwendung
Gedaechtnisstuetze
Berichte
Kreativitaet
Notizen
Flexibilitaet
Reden
Klarheit
Merkfaehigkeit
Unterscheidung
Struktur
Vorbereitung
Vorteile
Assoziation
Papier
unliniert
Querformat
warum
Mind Maps
wer
was
wann
Thema
Schluesselbegriffe
Bild
Schluesselbegriffe
Merkmale
wo
Zentrum
Vorgehen
Aeste
gedruckt
wie
Schrift
Bilder
horizontal
klein
Aststruktur
Bilder
60er Jahre
2 Haelften
Assoziationen
Farben
Tony Buzan
Hirnstruktur
Einfuehrung
Bilder
Abb. 23: Mind Map zum Mindmapping
Einleitung
In den 60er Jahren entwickelte Tony Buzan die Mind Map Technik, als Hilfe für
Student/innen, sich Notizen zu machen. Eine Mind Map besteht aus einem zentralen Wort
oder Konzept. Von diesem Zentrum aus spriessen 5 bis 10 Verzweigungen mit wichtigen
Ideen, die mit diesem Wort oder Konzept verknüpft sind. Von diesen Ideen gehen erneut
weitere 5 bis 10 Verknüpfungen aus. Auf diese Art und Weise werden die Verknüpfungen
exponentiell gesteigert. Eine Mind Map stellt die assoziativen Verknüpfungen eines Themas
auf strukturierte Weise dar. Mind Mapping unterstützt den Denkprozess durch Visualisierung
von Ideen mit Schrift, Grafiken und Zeichnungen.
Verwendung
• Notizen machen. Bei der Aufnahme von Informationen können Mind Maps helfen, Ideen in
einer Form zu organisieren, in der sie leicht wieder erinnert werden können.
• Kreatives oder berichtendes Schreiben. Bei der Erstellung einer Mind Map können in
kurzer Zeit viele Ideen entstehen. Gleichzeitig werden sie in der Grafik schon organisiert, so
dass die Verknüpfungen von Beginn weg klar sind. Deshalb sind Mind Maps eine gute Hilfe
bei kreativem oder berichtendem Schreiben, wo es sehr wichtig ist, alle Ideen zu notieren und
in einen kohärenten Zusammenhang zu bringen.
• Studium. Statt ein Buch bloss zu lesen, versuchen Sie doch, Mind Maps über das Gelesene
zu erstellen. Nehmen Sie die zentrale Idee und beginnen Sie dann zu lesen. Jedes Mal, wenn
Sie etwas Wichtiges lesen, das in Verbindung mit der Ursprungsidee steht, notieren Sie es.
Die Erstellung einer Mind Map hilft, den Inhalt bewusster und strukturierter wahrzunehmen.
Wenn Sie das Thema jemals wiederholen möchten, müssen Sie bloss Ihre Mind Maps
ansehen. Wenn Sie den Inhalt sehr genau kennen möchten, versuchen Sie, die Mind Map
auswendig zu lernen.
63
• Eine Rede halten. Eine Zusammenfassung Ihrer Notizen in Form einer Mind Map hat
Vorteile gegenüber anderen Erinnerungshilfen. Sie brauchen bloss eine Seite. Da Ihre Ideen
nur in Stichwörtern vorliegen, können Sie nicht einfach ablesen; dies verhindert, dass zu
komplexe und unverständliche Sätze gebildet werden. Wenn Sie jemand etwas fragt, können
Sie schnell Ihre Mind Map am spezifischen Ort konsultieren und die Frage beantworten.
Merkmale der Mind Map Technik
Zentral beim Mind Mapping ist die Verwendung von Schlüsselwörtern und Bildern. Ein Bild
sagt mehr als tausend Worte heisst es schon im Volksmund. Bilder sprechen eine ganze Reihe
von verschiedenen Hirnfuktionen an: Farbe, Form, Linie, Dimension, Konsistenz und
visueller Rhythmus müssen erkannt werden. Deshalb sind Bilder oft interessanter als Worte.
Bilder aktivieren die Vorstellungskraft, Assoziationen und fördern damit kreatives Denken
und die Erinnerung. Beim Mind Mapping werden beide Hirnhälften eingesetzt. Die linke
Hälfte für das logische Denken, die rechte Hälfte für die bildliche Repräsentation der Ideen.
Diese Kombination erhöht Ihre Ideenvielfalt und Ihre Kreativität. Sie können sich dadurch die
einzelnen Gedanken besser merken.
Vorteile
• Die zentrale Idee wird klar definiert.
• Die Relevanz der Ideen zeigt sich an deren Anordnung. Die wichtigeren Ideen befinden sich
nahe beim Zentrum, die weniger wichtigen weiter weg davon.
• Durch Mind Maps wird der Erinnerungsprozess und die Wiederholung des Stoffes einfacher
und wirkungsvoller.
• Die Struktur vereinfacht die Intergration neuer Informationen und schafft Klarheit, indem
nichts überstrichen oder überschrieben wird.
• Das Muster und der Inhalt jeder Mind Map unterscheiden sich klar voneinander. Dies hilft,
sich an ein bestimmtes Thema zu erinnern.
• Beim kreativen Schreiben, wie bei der Vorbereitung von Essays oder Reden, erleichtert eine
Mind Map die Verknüpfung neuer Ideen.
Nachteile
• Gegenüber herkömmlichen Notizen reduzieren Mind Maps z.T. zu stark.
• Mind Maps machen im Allgemeinen nur Sinn für diejenigen, die sie erstellt haben.
Wie erstellt man Mind Maps?
Die Schlüsselbegriffe einer Mind Map sind die zentralen Konzept eines Themas. Sie können
diese finden, indem Sie folgende Fragen stellen:
• Welches sind die sieben wichtigsten Kategorien im betrachteten Wissensgebiet?
• Welches sind die zentralen Fragen? Warum? Was? Wo? Wer? Wann? Wie? Diese Fragen
können oft als Hauptäste der Mind Map eingesetzt werden.
• Welche sind meine spezifischen Interessen?
• Welches Wissen benötige ich?
Um eine Mind Map zu erstellen, beachten Sie am besten folgende Schritte:
• Benutzen Sie unliniertes Papier der Grösse A4 oder grösser.
• Benutzen Sie das Papier im Querformat.
• Schreiben Sie den Schlüsselbegriff ins Zentrum und umkreisen Sie ihn.
• Benutzen Sie ein zentrales Bild. Im Zentrum sollte eine klares, einprägsames Bild (im
wahren Sinne des Wortes) stehen.
64
• Von diesem Bild aus wachsen die Äste der zentralen Ideen. Von diesen Ästen können
weitere Äste wachsen.
• Benutzen Sie einen Schlüsselbegriff oder ein Symbol für jede Linie.
• Die Schlüsselbegriffe stehen auf der Linie.
• Schreiben Sie Blockschrift. Sie ist leserlicher und darum hilfreicher beim Erinnern.
• Arbeiten Sie auf der gesamten Mind Map mit Bildern.
• Benutzen Sie Farben, um Themen und Assoziationen zu markieren. Alles, was auffällt, wird
sich Ihnen einprägen.
• Benutzen Sie Pfeile, um Beziehungen innerhalb der Verästelungen zu markieren.
• Bleiben Sie nicht in einem Astfeld stecken.
• Wenn die Seite voll ist, kleben Sie ein weiteres Blatt an ihre Mind Map. Beginnen Sie keine
neue Seite.
• Seien Sie kreativ.
Zusammenfassung
Mind Mapping ist eine wirksame Technik, die Ihnen hilft, Ideen zu entwickeln, zu
strukturieren und sich an sie zu erinnern. Die zentralen Konzepte einer Mind Map sind Bilder,
Schlüsselbegriffe und die Aststruktur. Mind Mapping unterstützt den Denkprozess durch
Grafik und Visualisierung. Beide Hirnhälften sind aktiv. Diese Kombination steigert Ihre
Fähigkeit Ideen zu produzieren, macht Sie kreativer und hilft Ihnen, Ihre Gedanken zu
organisieren.
Checkliste
Erstellen Sie Mind Maps
Haben Sie
1. unliniertes Papier (A4 oder grösser) gewählt?
2. das Papier im Querformat benutzt?
3. das wichtigste Thema im Zentrum plaziert?
4. dieses umkreist?
5. ein zentrales Bild verwendet?
6. die wichtigsten Gedanken vom Zentrum aus verästelt?
7. Schlüsselbegriffe benutzt?
8. die Schlüsselbegriffe auf die Linien geschrieben?
9. nur einen Schlüsselbegriff pro Linie verwendet?
10. in Blockschrift geschrieben?
11. Bilder und Farben benutzt?
12. Pfeile verwendet, um Verknüpfungen aufzuzeigen?
Um eine gute Mind Map zu erstellen, sollten alle Fragen mit JA beantwortet werden.
65
Wenden Sie wirkungsvolle Lesestrategien an
Abb. 24: Lesen – oft reicht die Zeit nicht, alles Wort für Wort zu lesen
Einleitung
Jeder seriöse Lernende kämpft mit demselben Problem: Wie kann die grosse Stoffmenge, die
jedes Thema mit sich bringt, bewältig werden? Die Zeit reicht nicht, um sich hinzusetzen und
alles Zeile für Zeile, Wort für Wort zu lesen. Das geht zu lange. Sie sollten sich darum
Lesestrategien aneignen, die Sie dazu befähigen, grössere Mengen an Lesestoff zu
bewältigen. Abhängig von Ihrer Zielsetzung und der Textkategorie (Prosa, Gedicht,
Gebrauchsanleitung etc.) sollte eine andere Lesetechnik gewählt werden.
Unterschiedliche Textkategorien
Es gibt verschiedene Textarten. Als Ausbilder oder Ausbilderin müssen Sie v.a. mit folgenden
Texten arbeiten:
• Sachtexte
• Literarische Texte
• Zeitschriften und Zeitungen
• Texte, die Sie gegenlesen müssen
Nicht alle Texte sollten mit derselben Strategie gelesen werden. Jede Art von Geschriebenem
verlangt ein anderes Tempo. Wenn Sie beispielsweise einen Roman lesen, sind Sie schneller,
als wenn Sie einen Text über Physik lesen. Texte unterscheiden sich auch darin, wie gut sie
geschrieben sind. Sollten Sie etwas wirklich nicht verstehen, kann es auch damit
zusammenhängen, dass der Autor oder die Autorin schlecht erklärt. Vielleicht ist es nicht Ihr
Fehler! Gehen Sie in eine Bibliothek oder einen Buchladen und suchen Sie ein anderes Buch,
das sich in ähnlicher Weise mit demselben Thema auseinandersetzt.
Abhänig von der Zielsetzung kann man ein und denselben Text auch verschieden lesen.
Wollen Sie sich nur rasch einen Überblick verschaffen oder den Text gründlich studieren?
1. Sachtexte
Sachtexte sind oft komplex und setzen ein hohes Niveau an Vorwissen voraus. Anleitungen
sind zudem häufig schlecht geschrieben. Bevor Sie ins Detail gehen, finden Sie heraus, für
welches Zielpublikum die Anleitung geschrieben wurde. Sollte die Anleitung für
Fortgeschrittene sein, ist es möglicherweise sinnvoller, einen Experten um Rat zu fragen.
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2. Zeitschriften und Zeitungen
Zeitungen und Zeitschriften vermitteln eher fragmentierte Informationen über einen
Themenbereich und fokussieren meistens auf die interessantesten oder populärsten Punkte.
Weniger spektakuläre Hintergrundinformationen werden weggelassen. Die wirkungsvollste
Art, Zeitschriften und Zeitungen zu lesen ist, sich kurz einen Überblick über den Inhalt zu
verschaffen und sich anschliessend spezifischen, für Sie interessanteren Artikeln zuzuwenden.
Wenn die Artikel von Bedeutung sind, können sie ausgeschnitten und in einen Ordner
abgelegt werden.
3. Gegenlesen
Als Ausbilder oder Ausbilderin müssen Sie oft Texte verfassen oder korrigieren. Diese sollten
so wenig Fehler wie möglich aufweisen. Folgende Punkte können hilfreich sein, Fehler zu
finden, bevor Sie einen Text austeilen:
• Lesen Sie den Text sehr langsam.
• Lesen Sie ihn laut.
• Lesen Sie ihn Wort für Wort.
• Markieren Sie jedes gelesene Wort mit einem Bleistiftpunkt.
• Kontrollieren Sie zweimal, ob Ihnen Fehler passiert sind, die Ihnen häufig unterlaufen.
Denken sie daran, dass es doppelt schwer ist, in Ihren eigenen Texten Fehler zu entdecken als
in Texten, die von anderen Leuten geschrieben wurden.
Lesestrategien
Der häufigste Zugang zu einem Text ist linear. Der Leser öffnet das Buch und liest es von der
ersten bis zur letzten Seite. Dies mag logisch scheinen, ist jedoch höchst ineffizient. Es ist
Zeitverschwendung, wenn Sie Dinge lesen, die Sie schon kennen. Es ist ebenfalls
Zeitverschwendung, wenn Sie Dinge lesen, die für Ihre Fragestellung irrelevant sind. Sie
sollten Ihr Lesen planen und folgende Strategien beachten:
1. Wissen, was man wissen will
Das wichtigste, bevor Sie beginnen einen Text zu lesen, ist zu wissen, was Sie nach dem
Lesen wissen möchten. Wenn Sie das geklärt haben, können Sie den Titel, die Einleitung und
das Inhaltsverzeichnis studieren. Dies zeigt Ihnen, ob das Buch lesenswert ist oder nicht.
2. Wissen, wie eingehend Sie ein Thema behandeln möchten
Wenn Sie nur eine Einführung in ein Thema brauchen, können Sie das Lesen eines Textes
abkürzen. Nur, wenn Sie detailliertes Wissen benötigen, ist es sinnvoll, einen Text eingehend
zu studieren.
3. Den Sinn von Informationen verstehen
Verstehen resultiert aus der Verknüpfung neuer Information mit bereits bestehendem Wissen.
Nützlich ist es, ein schnelles Mind Map zu erstellen, um Ihren aktuellen Wissensstand
festzustellen. Wenn das Thema ganz neu für Sie ist, können Sie zunächst ein Lexikon
konsultieren, um sich einen kurzen Überblick zu verschaffen.
4. Querlesen
Einen Text querlesen bedeutet, schnell und oberflächlich zu lesen. Querlesen heisst auch, die
Titel und Untertitel, Zusammenfassungen am Ende eines Kapitels, fettgeschriebene Begriffe
etc. zu lesen, um die zentralen Themen oder Begriffe des Buches herauszufiltern. Querlesen
ermöglicht Ihnen, die Hautpideen eines Buches mit Hilfe eines logischen Rasters zu finden.
Später können Sie dann die interessanten Details nachholen. Das Raster hilft auch generell,
sich besser zu erinnern.
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5. Überfliegen
Wenn Sie auf der Suche nach spezifischen Ideen oder Informationen sind, können Sie einen
Text überfliegen. D.h. Sie überfliegen jede Seite, um an bestimmte Informationen
heranzukommen. Auf einer Liste mit Prüfungsresultaten werden Sie so z.B. in kürzester Zeit
Ihre eigenen Noten entdecken.
6. Lesen Sie aktiv
Beim Lesen ist es oft sinnvoll, gewissen Sätze und Partien mit farbigem Stift zu markieren:
• Lesen Sie einen bestimmten Abschnitt und markieren Sie anschliessend die zentralen
Stellen.
• Umkreisen Sie spezielle Wörter.
• Bezeichnen Sie Stellen mit den zentralen Ideen mit einem Asterix.
• Wenn Sie eine Stelle nicht genau verstehen, markieren Sie sie mit einem Fragezeichen.
Falls das Buch nicht Ihnen gehört, sollten Sie vielleicht die wichtigsten Seiten herauskopieren
oder Post it Zettel verwenden. Stoppen Sie ab und zu und denken Sie darüber nach, was Sie
soeben gelesen haben. Versuchen Sie, es mit eigenen Worten zusammenzufassen.
7. Entwickeln Sie Ihr eigenes Vokabular
Wenn Sie auf einen neuen Begriff treffen, schlagen Sie ihn in einem Wörterbuch nach. Es ist
sinnvoll, ein eigenes Verzeichnis zu besitzen. Halten Sie die Begriffe auf einer Seite, die
Erklärung der Begriffe auf der anderen Seite eines Blatt Papiers fest. Sie können diesen
Notizzettel in Ihrer Tasche mittragen und stets, wenn Sie ein wenig Zeit haben, Ihre
Definitionen auswendig lernen. Dies ist eine effektvolle Art, mit neuen Begriffen umzugehen.
Die SQ3R Methode
Survey – Überblick, Question – Fragen stellen, Read – Lesen, Recall – Sich erinnern,
Review – Wiederholen
Wenn Sie einen Text eingehend studieren müssen, beachten Sie folgende Punkte:
1. Überblick
Lesen Sie den Text quer, bevor Sie wirklich beginnen:
• Titel
• Inhaltsverzeichnis
• Einleitung
• Überschriften
• Zusammenfassungen
Damit verschaffen Sie sich einen Überblick von dem, was der Autor oder die Autorin
erzählen möchte.
2. Fragen
Fragen Sie sich selbst: “Was weiss ich schon über dieses Thema?” Benutzen Sie eine Mind
Map. Fragen Sie sich: “Was möchte ich von diesem Text wissen?” Schreiben Sie ihre Fragen
auf ein Stück Papier.
3. Lesen
• Suchen Sie Antworten auf Ihre Fragen.
• Beachten Sie insbesonders die unterstrichenen, fett oder kursiv gedruckten Begriffe.
• Lesen Sie unklare Stellen noch einmal.
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4. Sich erinnern
• Lesen Sie bloss ein Kapitel aufs Mal.
• Versuchen Sie, das Gelesene mit eigenen Worten wiederzugeben.
• Markieren Sie wichtige Informationen mit einem Stift.
• Beantworten Sie Ihre Fragen.
5. Wiederholen
• Sehen Sie sich Ihre Fragen und Antworten noch einmal an.
• Sehen Sie sich die markierten Stellen noch einmal an.
• Versuchen Sie, sich ein Bild des Ganzen zu machen.
• Erstellen Sie eine Mind Map des Textes.
Zusammenfassung
Jeder Lernende sieht sich dem Problem gegenüber gestellt, grosse Textmengen bewältigen zu
müssen. Nicht jede Art von Text verlangt dieselbe Lesestrategie. Oft genügt es, einen Text
quer zu lesen, um sich einen groben Überblick zu verschaffen. Wenn Sie nach einer ganz
bestimmten Information suchen, überfliegen Sie den Text zunächst. Wenn Sie einen Text
eingehender behandeln müssen, beachten Sie die SQ3R-Methode – überblicken, fragen, lesen,
sich erinnern, wiederholen. Denken Sie daran, dass ein Text die Fragen beantworten sollte,
die Sie sich zu Beginn gestellt haben.
Checkliste
Wenden Sie wirkungsvolle Lesestrategien an
Haben Sie...
1. klar formuliert, was Sie herausfinden möchten?
2. den Text quergelesen?
3. eine Mind Map Ihres bisherigen Wissens erstellt?
4. ein Vokabular mit den Ihnen bisher unbekannten Wörtern erstellt?
5. aktiv gelesen und Textstellen markiert?
6. neue Ideen mit bereits bestehendem Wissen verknüpft?
7. am Ende des Textes eine Mind Map des Gelesenen erstellt?
Jedes NEIN bedeutet, dass Sie Ihre Lesestrategien verbessern können.
69
Schulen Sie Ihre Kreativität
Seien Sie
kreativ
Notieren Sie
sofort neue
Ideen
Vorbereitung
der
kreative
Zyklus
Anwendung
Riskieren Sie
Hüftschüsse
Vorstellung
Evaluation
Ändern Sie
Gewohnheiten
Fragen Sie
5mal ‘Warum’
Ändern Sie
Perspektiven
Verschlimmern
Sie ein Problem
Kreieren Sie
Analogien
Nutzen Sie
unbewusste
Problemlösung
Abb. 25: Der kreativitäts Zyklus
Einleitung
Die Wurzel des Wortes Kreativität heisst, etwas hervorzubringen, etwas Neues zum Leben zu
erwecken. Verwandte Wörter sind Originalität, Vorstellungskraft, Innovation. Wahre
Kreativität besteht darin:
• zu sehen, was andere nicht sehen
• zu denken, was niemand sonst denkt
• zu tun, was sich andere nicht trauen
Ziel
Kreativität ist die Fähigkeit, alltäglichen Problemen und Herausforderungen mit neuen und
nützlichen Ideen zu begegnen. Dies ist nicht beschränkt auf die bildenden Künste, das
Schreiben, die Komposition von Musik. Kreativität existiert in der Werkstatt, sowie im
Künstleratelier, in der Dekoration eines Schaufensters, sowie in wissenschaftlicher Theorie
und Praxis. Kreativität ist ein kraftvolles Werkzeug für die Ausbilder/innen, um das Lehren
und Lernen zu fördern.
Kann Kreativität gelernt werden?
Die Fähigkeit, innovative Ideen in unsere Arbeit einzubringen, ist eine Möglichkeit, die uns
allen offen steht. Das Problem ist eher, dass unser Hirn trotz der Fähigkeit, kreativ zu denken,
in bestimmten Mustern festgefahren ist. Vergangene Erfahrungen beeinflussen unsere
gegenwärtigen Entscheidungen. Ein Mensch mit guten Problemlösestrategien kann ein neues
Problem innert kurzer Zeit aufgrund seiner Erfahrungen analysieren. Er kennt die Strukturen
des Scheiterns und erkennt, wodurch das Scheitern früher bewirkt wurde. Dies ist sehr
wichtig, um die täglichen Herausforderungen zu bestehen, jedoch nicht, wenn wir neue Ideen
und neue Lösungen finden möchten. Kreatives Denken verlangt gewisse Techniken, um die
Dinge frisch wahrzunehmen und sich von alten Denkmustern zu lösen.
Techniken zur Förderung Ihrer kreativen Denkfähigkeit
70
1. Ändern Sie liebgewonnene Gewohnheiten
Je stärker Sie sich an etwas gewöhnt haben, desto weniger wird Ihr Denken stimuliert.
Versuchen Sie, in Ihren Alltag Unterbrechungen einzuplanen. Ändern Sie die Arbeitszeiten;
fahren Sie mit verschiedenen Verkehrsmitteln zur Arbeit; hören Sie sich verschiedene
Radiosender an; lesen Sie Bücher und Zeitschriften, die Sie normalerweise nicht lesen
würden; probieren Sie Kochrezepte aus; sehen Sie sich einen Film an, der Sie normalerweise
nicht interessiert.
2. Ändern Sie Ihre Perspektive
Die Lösung eines Problems erfordert oft die Änderung unserer Perspektive. Wenn Sie eine
Meinung haben und eine andere Person den gegensätzlichen Standpunkt einnimmt, stellen Sie
sich vor, in den Schuhen der anderen Person zu stehen.
3. Kreieren Sie Analogien
Wählen Sie einen Gegenstand, und lassen Sie sich von ihm inspirieren. Haben Sie z.B. das
Problem, dass sich einer Ihrer Produkte schlecht verkaufen lässt? Ein gelber Bleistift kann
Ihnen helfen, das Problem zu verdeutlichen.
Bleistift
Gelb
Holz
Radiergummi
Goldener Ring
Sechs Seiten
Bleistiftspitze
Ihr Produkt
Vielleicht könnte ich die Farbe ändern
Vielleicht könnte ich ein anderes Material benutzen
Vielleicht sollte ich etwas weglassen oder hinzufügen
Vielleicht sollte es teurer aussehen
Vielleicht sollte ich die Form ändern
Vielleicht sehen die Kunden den springenden Pkt. des Produktes nicht
4. Fragen sie fünfmal warum
Stellen Sie sich bei einem Problem die Frage, warum es aufgetaucht ist. Haben Sie eine
Antwort gefunden, stellen Sie sich die Frage erneut im Hinblick auf die Antwort. Diesen
Vorgang wiederholen Sie mindestens fünfmal.
Beispiel: 1. Warum hat die Maschine gestoppt? (Eine Sicherung ist durchgebrannt wegen
Überlastung) 2. Warum kam es zu einer Überlastung? (Weil zu wenig Schmiermittel da war)
3. Warum gab es zu wenig Schmiermittel? (Weil die Pumpe nicht genug pumpte) 4. Warum
pumpte sie nicht genügend? (Weil der Pumpenschacht zu voll war) 5. Warum war er zu voll?
(Weil kein Filter die Teilchen daran hinderte, in den Schacht zu fallen).
Mögliche Lösung: Die Installation eines Filters löst das Problem der Maschine in Zukunft.
Und wenn nicht: beginnen Sie von vorne!
5. Verschlimmern Sie das Problem
Drehen Sie eine positive Aussage in ein negative. Wenn Sie beispielsweise Kunden bedienen,
schreiben Sie sich alles auf, wie Sie sie schlecht bedienen könnten. Sie werden sich selbst mit
Ihrem Ideenreichtum überraschen. Am Schluss wissen Sie dann genau, wie ein guter
Kundendienst aussehen sollte – nämlich genau gegensätzlich zu dem, was Sie sich ausgedacht
haben.
6. Setzen Sie Ihr Unterbewusstes bei der Problemlösung ein
Diese Methode basiert auf der Fähigkeit des Unterbewussten, Informationen, die im Hirn
gespeichert sind, stetig weiterzubearbeiten. Sie können sich beispielsweise ausgiebig mit
einem Problem auseinandersetzen und sich dann eine Pause gönnen. Schreiben Sie das
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Problem auf, und legen Sie anschliessend das Papier neben sich auf das Bett. Wenn Sie am
nächsten Morgen aufstehen, schreiben Sie sofort auf, wie Sie das Problem lösen könnten. Ziel
ist es, restlos alles aufzuschreiben, was Ihnen einfällt. Denken Sie dazu auch an Ihre Träume.
7. Schreiben Sie Ihre Ideen sofort auf
Wenn Sie sich nicht die Mühe machen, Ihre Ideen aufzuschreiben, werden Sie die meisten
wieder vergessen. Es gibt keine Möglichkeit vorauszusagen, wann Sie eine grosse Idee haben.
Der einzige Weg, die Ideen zu behalten, ist, immer einen Notizblock und einen Stift bei sich
zu haben. Später können Sie Ihre Notizen in einer Ideenbank speichern. Das könnte ein
Ordner sein oder eine Schachtel oder eine Schublade. Weitere Materialien könnten
hinzukommen wie Zeichnungen, hilfreiche Hinweise, Sprichwörter etc.
8. Riskieren Sie Hüftschüsse
Die erste Lösung eines Problems ist nicht immer die beste. Probieren Sie etwas aus und
korrigieren Sie dann. Gestehen Sie sich ein, dass Sie nicht alle Antworten im voraus kennen.
Fürchten Sie sich nicht vor dem Scheitern. Fragen, die Sie ins Nichts oder auf eine falsche
Fährte führen, können vielleicht später hilfreich sein. Das grösste Hindernis für Kreativität ist
das “auf-die-exakt-richtige-Antwort-warten-Syndrom”. Dieses wird Kindern schon von ihrem
ersten Schultag an eingeimpft – mit zweifelhaftem Erfolg.
Der kreative Kreislauf (s. Abb. 25)
Ein kreativer Akt beinhaltet normalerweise 4 Stadien:
• Die Vorbereitung. Kreatives Denken beginnt mit sorgfältiger Beobachtung der Welt in
Zusammenarbeit mit gedankenreicher Analyse, warum Dinge funktionieren oder scheitern.
In diesem Stadium identifizieren und definieren wir ein Problem.
• Das Vorstellungsstadium. Wir beginnen, neue Lösungen zu suchen, indem wie unser
kreatives Denken in Gang setzen.
• Die Evaluation. Die Ideen werden auf ihre Wirksamkeit hin geprüft.
• Die Anwendung. Ideen sind wertlos, solange wir sie nicht umsetzen. Jede neue Idee, die
wir umsetzen verändert die Welt und setzt den Zyklus von Beobachtung und
Wahrnehmung wieder fort.
Zusammenfassung
Kreativität ist die Fähigkeit, alltäglichen Problemen und Herausforderungen mit neuen und
nützlichen Ideen zu begegnen. Die Fähigkeit, innovative Ideen in unsere Arbeit einzubringen,
ist eine Möglichkeit, die uns allen offen steht. Unsere Wahrnehmung eines Problems wird oft
durch dominante Ideen polarisiert. Kreatives Denken hilft, Probleme aus einer neuen
Perspektive zu betrachten und ermöglicht es dadurch, bessere Lösungen zu finden.
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Checkliste
Schulen Sie Ihre Kreativität
Wenn Sie ein Problem haben:
1. Definieren Sie das Problem klar?
2. Ändern Sie Ihre Gewohnheiten, um neue Ideen zu finden?
3. Ändern Sie Ihre Perspektive?
4. Kreieren Sie Analogien?
5. Fragen Sie fünfmal “Warum”?
6. Verschlimmern Sie das Problem?
7. Nutzen Sie Ihre unterbewussten Problemlösekapazitäten?
8. Haben Sie stets Block und Stift dabei, um neue Ideen aufzuschreiben?
Jedes NEIN bedeutet, dass Sie Ihr kreatives Denken verbessern können!
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Geschwindigkeit und
Qualität de Lernens
Gehen Sie bewusst mit Stress um
Moderat
(optimales Lernen)
Hoch
Stresslevel
Abb. 26: Einfluss von Stress auf das Lernen
Einleitung
Stress ist eine mentale, emotionale und physische Anspannung, hervorgerufen durch Angst
oder Bedrohung. Die Fähigkeit, Stress gut zu bewältigen, hat grossen Einfluss auf das eigene
Lernen. Wie in so manch anderen Gebieten gilt auch hier die goldene Regel: Vorbeugen ist
besser als Heilen. Es ist wichtig zu wissen, wie Sie Stress vermeiden können. Ebenso wichtig
ist das Beherrschen von Fähigkeiten, mit Stress umzugehen, wenn er unvermeidlich ist. Wenn
Sie als Ausbilder/in gestresst sind, stressen Sie damit auch die Lernenden. Grosser Stress in
einem Lernumfeld kann das grösste Hindernis sein, wirkungsvoll zu lernen. Es gibt viele
Arten, wie bei Lernenden Stress provoziert wird: Überfüllte Klassenzimmer, Lärm oder nicht
bewältigbare Aufgaben können beispielsweise Auslöser sein.
Was ist Stress?
Stress ist eine alte Überlebensstrategie, die wir in unseren Genen tragen. Geraten wir in eine
bedrohliche Situation, können wir auf zwei Arten reagieren – wir kämpfen oder wir fliehen.
Die Entscheidung, welche Handlung richtig ist, wird innert weniger Sekunden getroffen. Es
ist dies eine automatische Reaktion des Körpers. Das bedeutet, dass wir schnell handeln
können, ist jedoch mit dem Nachteil verbunden, dass wir handeln, ohne gross darüber
nachgedacht zu haben. In einer Notfallsituation kann jede Verzögerung den Tod bedeuten.
Wenn Sie sich in einer Notsituation befinden (z.B. einem grossen, wütenden Hund
gegenüberstehen), reagiert Ihr Nervensystem. Das Herz pumpt mehr Blut in Ihre Muskeln.
Der Atem wird schneller und tiefer. In Kürze sind Sie darauf vorbereitet, physisch schnell zu
handeln. In unserer modernen Gesellschaft ist es oft unmöglich, eine der beiden
Handlungsweisen auszuagieren. Weil der Impuls anzugreifen oder zu fliehen nicht genutzt
wird, kehrt die Energie sich gegen unseren eigenen Körper. Wenn Sie besonders oft gestresst
sind, kann der Körper mit folgenden Reaktionen reagieren:
Physiologische Reaktionen:
• Verspannte Muskeln
• Kopfschmerzen, Bauchschmerzen
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• Durchfall, fehlender Appetit
• Sehstörungen, Schwitzen
• kalte Füsse und Hände
Mentale Reaktionen:
• Unfähigkeit, sich zu konzentrieren
• Probleme, klar zu denken
• Erinnerungslücken
Verhaltensreaktionen:
• Nervosität, Aggression
• erhöhter Konsum von Alkohol, Zigaretten und anderen Drogen
• Störung der Essgewohnheiten
Ob etwas als Bedrohung interpretiert wird oder nicht hängt stark von Ihren Erfahrungen in der
Vergangenheit ab. Bestimmte Ereignisse werden von einigen Menschen als Bedrohung
empfunden, andere nehmen sie nicht einmal wahr. Eine Prüfung zum Beispiel kann als
Herausforderung oder als Bedrohung empfunden werden.
Stressquellen
• Die Lernumgebung kann stressvoll sein und das Scheitern des Lernprozesses bewirken.
Überfüllte, schlecht geheizte Räume, ebenso wie ungünstige Lichtverhältnisse können sich
störend bemerkbar machen.
• Soziale Situationen können ebenfalls stressfördernd sein. Angst vor einer bedrohlichen
Lehrkraft, Angst vor Blossstellung, oder Scheitern vor der Kamerad/innen, Hierarchie im
Klassenzimmer. All dies kann die Chemie im Gehirn beeinflussen.
• Mückenstiche des Lebens. Die Ursachen für den grössten Stress sind oft wie kleine
Mückenstiche. Vereinzelt sind sie bloss irritierend, bei gehäuftem Auftreten jedoch sehr
ernst zu nehmen. Ein typischer Schultag ist gekennzeichnet durch kleinere
Enttäuschungen. Projekte, die nicht laufen; Noten, die tiefer sind als angenommen;
Klassenkamerad/innen, die sich unfair verhalten; Geräte, die nicht richtig funktionieren;
Freunde, die ihre Versprechen vergessen; ... Die Mückenstiche des Lebens können auf die
Dauer schwerer ertragbar sein als einmalige grosse Belastungen, da sie einen Menschen
kontinuierlich und oft unbewusst begleiten. Ohne Achtsamkeit vermehren sich die Stiche
und können Stress verursachen.
• Wirkung unseres Denkens. Ihre eigenen Gedanken können Stress begünstigen oder
reduzieren. Negatives, pessimistisches Denken oder unrealistische Erwartungen können
Sie unter grossen Stress und Druck setzen.
• Ziellosigkeit. Ziellos zu sein, kann grossen Stress bewirken. Ziele machen das Unbekannte
bekannt. Ziele geben Ihnen eine Richtung und Motivation.
Stressbewältigungen
• Stressoren erkennen. Der erste Schritt der Stressbewältigung ist die Kenntnis der
Situationen oder der Menschen, die Sie in Stress versetzen. Aufmerksamkeit sollte
insbesondere auch den kleinen Stressoren, den Mückenstichen, geschenkt werden.
• Stress vermeiden. Stressoren zu erkennen und versuchen, sie zu verhindern, stehen im
Zentrum der Stressbewältigung. Sie können beispielsweise eine Stunde früher zur Arbeit
fahren, um den Verkehrsstau zu vermeiden. Dinge zu planen hilft, Stress zu vermeiden.
• Coping Strategien. Viele Stressoren können leider nicht vermieden werden. In solchen
Situationen müssen Sie strategisch handeln. Psycholog/innen unterscheiden zwischen
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Strategien, die auf die Stressgefühle zielen und solche, die darauf zielen, das Problem neu
zu definieren, welches den Stress verursacht. Eine Stresssituation kann auch körperlich
unterbrochen werden. Atmen Sie tief durch, bewegen Sie sich. Diese Strategien können für
kürzere Zeit Erleichterung bringen. Um den Stress auf längere Sicht hin zu bewältigen,
muss das Problem anders wahrgenommen werden. Ein Typus von Problemlösung kann
sein, sich selbst mit Aussage zu beruhigen wie, dass das Scheitern in einer Prüfung nicht
das Ende der Welt bedeutet. Oder zu sagen: “Ich bin gescheitert, aber ich lerne daraus.”
Oder man erinnert sich an die Erfahrung anderer: “Andere haben es auch geschafft, so
kann ich es auch.” Wenn wir in der Lage sind, die Stressoren distanzierter und weniger
bedrohlich wahrzunehmen, reagiert unser Körper positiv.
Stress und Lernen
Stress ist nicht immer schlecht, um zu lernen. Ein bestimmter Grad an Stress kann Lernen
sogar fördern. Die Kurve in Abb. 26 zeigt die Beziehung zwischen Wirksamkeit und
Stresslevel. Ein moderater Stresslevel ist am wirkungsvollsten für das Lernen. Ein höheres
Stresslevel ist sinnvoll, um leichte Aufgaben zu meistern (z.B. auswendig gelernte Gedichte
aufsagen). Ein tiefes Stresslevel ist gut bei komplexen Aufgaben wie Texte verfassen etc.
Kurz: Tiefe bis moderate Stressniveaus sind am besten fürs Arbeiten. Grosser Stress oder
Bedrohung hat keinen Platz in einer Lernumgebung.
Stressbewältigung im Klassenzimmer
• Vermeiden Sie Drohungen, um Verhalten zu regulieren.
• Stellen Sie Lernende nicht bloss.
• Stellen Sie klare Regeln fürs Klassenzimmer auf. Schreiten Sie ein, wenn Lernende sich
gegenseitig bedrohen oder Angst einjagen.
• Fördern Sie Teamarbeit und Arbeit in Gruppen. Gruppieren Sie Teams regelmässig um,
damit jeder mit jedem arbeiten kann und verschiedene Rollen ausprobiert werden können.
• Helfen Sie den Lernenden, realistische und messbare Ziele zu definieren.
• Ermöglichen Sie Bewegung und Spiel.
• Sorgen Sie für frische Luft, gute Lichtverhältnisse und gute Zimmertemperatur.
Zusammenfassung
Stress ist ein natürliches Phänomen, ausgelöst durch eine Bedrohung. Unter Einfluss von
Stress haben Sie ein Bedürfnis zu kämpfen oder zu fliehen. Da Sie meistens keine der beiden
Wege einschlagen können, wird Ihre Gesundheit, Ihre Fähigkeit zu denken, negativ
beeinflusst. Stressoren erkennen und vermeiden ist wichtig für Ihr Lernen und Lehren.
Bewegung, frische Luft und Entspannungstechniken sind hilfreich bei der Stressbewältigung.
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Checkliste
Gehen Sie bewusst mit Stress um
Persönliche Stressbewältigung:
1. Kennen Sie die Stressoren in Ihrer Umgebung?
2. Vermeiden Sie Stressoren?
3. Bewegen Sie sich, um körperliche Spannungen abzubauen?
4. Verwenden Sie Entspannungstechniken?
5. Ändern Sie die Wahrnehmung eines Problems?
Bewältigung von Stress im Klassenzimmer:
1. Vermeiden Sie Drohungen, um Verhalten zu regulieren?
2. Haben Sie klare Verhaltensregeln für Ihr Klassenzimmer aufgestellt?
3. Helfen Sie den Lernenden, realistische, messbare und spezifische Ziele zu formulieren?
4. Arbeiten Sie mit Spielen und Bewegung?
5. Sorgen Sie für frische Luft und gutes Licht?
Um Stress erfolgreich zu bewältigen, sollten alle Fragen mit JA beantwortet werden.
77
Angaben von Quellen zum Thema Lernen für ein vertieftes
Studium
Nachfolgende Bücher bieten einen detaillierten und vertiefenden Überblick über die
vorgestellten Lerntheorien in dieser Publikation. Alle Werke haben einen klaren Bezug zur
Anwendung in der Schule:
Ormrod, J. E. (1990). Human Learning – Theories, Principles, and Educational Applications.
New York: Macmillan.
Hohn, R.L. (1995). Classroom Learning and Teaching. White Plains, N.Y.: Longman.
Schunk, D.H. (1996). Learning Theories. Engelwood Cliffs, New Jersey: Macmillan.
Folgende Publikation präsentiert zwölf berühmte Forscher (z.B. Skinner, Pavlov, Piaget) mit
ihren Theorien:
Hergenhahn, B.R., Olson, M.H. (1997). An Introduction to Theories of Learning. New Jersey:
Prentice Hall.
Eine ausführliche Besprechung von Lerntechniken bieten:
Smith, M., Smith, G. (1998). A Study Skills Handbook. Oxford: University Press.
Hettich, P. (1998). Learning Skills for College and Career. Pacific Grove, CA: Brooks/Cole.
Weiterführende Werke sind:
Maples, T. (1996). Accelerated Learning. Amherst, MA: HRD Press, Inc./ Lakewood
Publications.
Accelerated Learning brücksichtigt Theorien von Lazanov zur Suggestopedie, Sperrys 2
Hirnhälften Theorie, Gardiners Mulitple Intelligenz, Kolbs Lernzyklus, Mc Carthys
Lernstile und Erkenntnisse über Hirnwellen.
4 Tonbandkassetten, 1 Video, 1 Begleitbuch
Morgan, R.R., Ponticell, J.A., Gordon, E.E. (1998). Enhancing Learning in Training and
Adult Education. Westport, CT: Praeger Publishers.
Gutes Grundlagewerk für Trainer und Erwachsenenbildner/innen.
Caroselli, M. (1994). Continuous Learning in Organizations. Amherst, MA: HRD Press.
50 psychologische Lernprinzipien werden kurz vorgestellt mit Gruppenübungen zur
Selbsterfahrung und Veranschaulichung.
Reay, D.G. (1995). Understanding How People Learn. London: Kogan Page.
Kurzer Ratgeber für Trainer und Trainerinnen.
Boud, D., Keogh, R., Walker, D. (Eds.)(1994). Reflection: Turning Experience into Learning.
London: Kogan Page / Nichols Publishing.
Eine Reihe von Aufsätzen zur Rolle des Nachdenkens über das Gelernte im Lernprozess.
Publikationen zu einzelnen Themenkreisen:
Mind Mapping
Buzan, T. (1996). The Mind Map Book. New York: Plume/Penguin.
Deutsche Ausgabe: Buzan, T.; Buzan, B.. Das Mind-Map-Buch. MVG; ISBN
3478717302.
Lesestrategien
Buzan, T. (1997). The Speed Reading Book. London: BBC Worldwide Publishing.
Deutsche Ausgabe: Buzan, T.. Speed Reading. MVG; ISBN 3478719607
Gezielte Repetition
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Silberman, M. (1996). Active Learning 101 Strategies to Teach any Subject. Needham
Heights, Massachussetts: Allyn and Bacon.
Diese Publikation enthält unter anderem Vorschläge, wie man das Repetieren interessant
und unterhaltsam gestalten kann.
Mnemoniks
Highbee, K.L. (1996). Your Memory – How it Works How to Improve it. New York:
Marlow&Company.
Rupp, R. (1998). Committed to Memory – How We Remember and Why We Forget. New
York: Crown Publishers.
Beide Titel sind ausführlich und seriös.
Turkington, C. (1996). 12 Steps to a Better Memory. New York: Macmillan.
Fry, R.W. (1996). Improve your Memory. Franklin Lakes, NJ: Career Press.
Diese beiden Bücher sind kurz und vermitteln rezepthaft einzelne Techniken.
Kreativität
De Bono, E. (1990). Lateral Thinking. London: Penguin Books.
Hiam, A. (1998). The Manager’s Pocket Guide to Creativity. Minneapolis, MN: Lakewood
Publications.
Rawlinson, J.G. (1994). Creative Thinking and Brainstorming. Aldershot, England: Gower.
Rickards, T. (1990). Creativity and Problem Solving at Work. Aldershot, England: Gower.
De Bono gilt als Klassiker zum Thema Kreativität. Hiams Buch kann von der Grösse her
tatsächlich in der Jackentasche mitgenommen werden und erinnert einem so an die
Anwendung der Kreativität im Alltag. Rawlinson beschreibt ausführlich eine
Kreativitätstechnik für Gruppenarbeit (Brainstorming) während Rickards der
Verbindung von Problemlösungen am Arbeitsplatz mit Hilfe von Kreativitätstechniken
nachgeht.
Stressmanagement
Manage Stress. Windows CD-Rom. Focus Multimedia Limited. http://www.focusmm.co.uk
Diese interaktive CD erklärt den Begriff Stress und zeigt Wege auf, wie man mit Stress
umgehen kann.
Organisation des Lernprozesses
Pedler, M., Burgoyne, J., Boydell, T. (1998). A Manager’s Guide to Self-development.
(London): McGraw-Hill.
Ein Arbeitsordner zum Selbststudim.
Lernstile
Reiff, J.C. ( 1995). Learning Styles. Washington, D.C.: National Education Association.
Fairhurst, A.M., Fairhurst, L.L. (1995). Effective Teaching Effective Learning. Palo Alto.
CA: Davies Black Publishing.
Reiff bietet auf gut 30 Seiten einen Überblick über die gängigsten Lernstiltheorien
während Fairhurst&Fairhurst praktisch aufzeigen, wie Lehrkräfte auf unterschiedliche
Lernstile bei Schüler und Schülerinnen mit entsprechenden Lehrstilen reagieren können.
Neurobiologie
Ornstein, R., Thompson, R.F. (1986). The Amazing Brain.Boston: Houhton Mifflin.
Jensen, E. (1998). Teaching with the Brain in Mind. Alexandria, VA: Association for
Supervision and Curriculum Development.
79
Pinker, S. (1998). Wie das Denken im Kopf entsteht. München: Kindler-Verlag.
Schulte, G. (2000). Neuromythen. Zweitausendeins.
Ornstein&Thompsons Buch kann als Klassiker bezeichnet werden und ist trotz den
raschen Forschungsfortschritten auf diesem Gebiet immer noch lesenswert. Jensen
beschreibt in klarer und einfacher Sprache die neusten Erkenntnisse der Hirnforschung
im Bezug auf das Lernen. Pinkert gilt als einer der führenden Neuropsychologen der
Gegenwart. Schulte setzt sich kritisch mit den Erkenntnissen der Hirnforschung
auseinander und hinterfragt die gegenwärtige Forschungsgläubigkeit in diesem Bereich.
Operante Konditionierung
Pryor, K. (1999). Don’t Shoot the Dog. New York: Bantam Books.
Deutsche Ausgabe: Pryor, K. (1999). Positiv verstärken, sanft erziehen. Die verblüffende
Methode nicht nur für Hunde. Kosmos; ISBN 3440076954.
Humorvolle, praktische Anleitung zum Erziehen von Hunden und Menschen mit Hilfe der
Prinzipien der Operanten Konditionierung.
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