S. R. SCHNEIDER Rearragement-, Tschebyscheffund AM/GMUngleichungen Mathematisches Problemlösen Dr. Natalia Grinberg 1701 Rearragement-, Tschebyscheff- und AM/GM-Ungleichungen 1. Rearragement- und TschebyscheffUngleichungen Es stellt sich heraus, dass die Kenntnis dieser Ungleichungssorte bei vielen Fragestellungen und Problemen der Mathematik zum Vorteil erweisen kann. Eine Rearragement-Ungleichung (RU) entsteht, wenn eine Summe (oder auch ein Produkt) durch Umordnen der Faktoren in den einzelnen Summanden maximalisiert oder minimalisiert wird. Bevor wir die eigentliche Umordnungsgleichung zeigen, beweisen wir dazu die wohl einfachste Variante einer RU für zwei streng monotone Folgen (ai )i=1,..., n und (bi )i=1,..., n : Satz 1.1 (Ein Sonderfall der Rearragement-Ungleichung) Seinen a1 < a2 < ... < an und b1 < b2 < ... < bn zwei endliche Folgen. Ferner sei bi , bi ,..., bi eine Permutation (Umordnung) der Folge (bi )i . Die Summe 1 2 n n S := ∑ a j bi j j =1 ist genau dann... bi j = b j ∀j ∈ {m ∈ * : m ≤ n} . (1.1.1) ...am größten, wenn Die Folgen (ai )i , (bi )i heißen dann gleichgeordnet. (1.1.2) ...am kleinsten, wenn bi = bn− j +1 ∀j ∈ {m ∈ j * : m ≤ n} . Die Folgen (ai )i , (bi )i heißen dann gegengeordnet. Beweis: (1.1.1) Wir betrachten diejenige Permutation (bi ) j =1,..., n der Folge (bi )i , j für welche die Summe S maximal ist und vergleichen diese mit der ⎛m−1 ⎞ ⎟ ⎜ Summe Sm := ⎜⎜⎜ ∑ a j bi ⎟⎟⎟ + ambi + am+1bi + ⎜⎝ j =1 j ⎟ ⎠⎟ m+1 m gelten und das ergibt -2- n ∑ j = m+ 2 a j bi j . Daher muss S ≥ Sm Rearragement-, Tschebyscheff- und AM/GM-Ungleichungen S − S m = a m bim + a m +1bim+1 − ( a m bim+1 + a m +1bim ) = a m (bim − bim+1 ) + a m +1 (bim+1 − bim ) = ( a m − a m +1 )(bim − bim+1 ) ≥ 0. Für jedes m ∈ {k ∈ * : k ≤ n} gilt am − am+1 < 0 ⇒ bim − bim+1 ≤ 0 ⇔ bim ≤ bim+1 . Daraus folgt, dass die Folge (bi ) j monoton steigend ist und mit (bi )i j übereinstimmen muss. (1.1.2) Wir betrachten jetzt diejenige Permutation (bi ) j , wofür die j Summe S minimal wird und S − Sm = (am − am+1 )(bim − bim+1 ) ≤ 0 . Wegen erhalten am < am+1 völlig analog folgt wiederum bim ≥ bim+1 und daher ist (bi j ) j eine monoton fallende Folge, welche mit der n−1 invertierten Folge > bn−i übereinstimmen muss. i =0 q.e.d. In der Tat gelten (1.1.1) und (1.1.2) auch für nur monotone Folgen. Die genaue und generalisierte Formularisierung liefert jetzt der folgende Satz 1.2 (Rearragement- oder Umordnungsgleichung) Seinen A ⊂ und B ⊂ zwei Multimengen 1 mit der gleichen Mächtigkeit 2 A = B = N . Für jede injektive Abbildung p : A → B bezeichnet S p die Summe S p := ∑ a ⋅ p (a ) . a∈ A (1.2.1) Die Abbildung heißt gleichgeordnet, wenn für je zwei Elemente a ′ und a ′′ aus A die Ungleichung a ′ ≤ a ′′ genau dann gilt, wenn p (a ′) ≤ p (a ′′) ist. Es gibt genau eine gleichgeordnete Abbildung p+ , bis auf Vertauschung von gleichen Elementen der Multimengen A und B . Die Summe S p ist maximal unter allen S p . + (1.2.2) Die Abbildung heißt gegengeordnet, wenn für je zwei Elemente a ′ und a ′′ aus A die Ungleichung a ′ ≤ a ′′ genau dann gilt, wenn p (a ′) ≥ p (a ′′) ist. Es gibt genau eine gegengeordnete Abbildung p− , bis 1 Eine Mutimenge ist eine Menge, die ggf. gleiche Elemente enthält, z.B. {1,1,2,3,5,5,5} (vgl. dazu auch den Begriff der Familie) 2 Für die Injektion ist hierbei nicht die „Gleichheit“ der Elemente entscheidend. Vielmehr drückt diese die Tatsache aus, dass jedes Element von jedem Element durch die Abbildung genau einmal erfasst wird, woraus auch eine Bijektion entsteht. -3- Rearragement-, Tschebyscheff- und AM/GM-Ungleichungen auf Vertauschung von gleichen Elementen der Multimengen A und B . Die Summe S p ist minimal unter allen S p . − Beweis: (1.2.1) Wir betrachten dazu eine gleichgeordnete Abbildung p : A → B und setzen a1 := min{a : a ∈ A} . Damit ist a1 ≤ a ⇔ p(a1) ≤ p(a) ∀a ∈ A , womit wir wiederum p(a1) := b1 := min{b : b ∈ B} setzen können. Somit wird die kleinste Zahl in A auf die kleinste in B abgebildet. Nun bilden wir die zweitkleinste Zahl in A auf die zweitkleinste in B ab, indem wir a2 := min{a : a ∈ A \{a1}} und p(a2 ) := b2 := min{b : b ∈ B \{b1}} setzen. Verfahren wir nach dem gleichen Schema iterativ bis N , so erhalten wir eine eindeutige Abbildung p = p+ bis auf Vertauschung gleicher Elemente. Es N N i =1 i =1 gilt ≤ ai und ≤ bi . Jetzt wählen wir p ≠ p+ ⇔ ∃ a′, a′′ ∈ A : a′ < a′′ ∧ p(a′) > p(a′′) (die strikten Relationen entstehen hierbei aus der Annahme, dass die Multimengen A und B mindestens zwei verschiedene Elemente haben). Nun definieren wir eine Abbildung p : A → B mit p (a ) = p(a) ∀a ∉ {a ′, a ′′} und p (a ′) = p (a ′′) ∧ p (a ′′) = p (a ′) . Damit gilt a ′ < a ′′ ⇒ p (a ′) < p (a ′′) . Nun ist S p − S p = a ′p(a ′) + a ′′p(a ′′) − (a ′p(a ′) + a ′′p(a ′′ )) = a ′( p(a ′′) − p (a ′)) + a ′′( p(a ′) − p(a ′′)) = (a ′ − a ′′)( p(a ′′) − p(a ′)) > 0 und daraus folgt stets S p > S p und damit ist die Summe S p einer nicht gleichgeordneten Abbildung p nie maximal. Daher es aber nur eine maximale Summe S p gibt, folgt daraus, dass diese die Summe der + gleichgeordneten Abbildung sein muss, d.h. es gilt N S p+ = max{S p } = ∑ ai bi . i =1 (1.2.2) Wir konstruieren eine gegengeordnete Abbildung p : A → B indem wir nun mit a1 := min{a : a ∈ A} und p(a1) := bN := max{b : b ∈ B} iterativ k k i =1 i =1 ak +1 := min{a : a ∈ A \ ∪ {ai }} ∧ p (ak +1 ) := bN −k := max{b : b ∈ B \ ∪ {bN −i +1}} -4- Rearragement-, Tschebyscheff- und AM/GM-Ungleichungen N N i =1 i =1 als Rekursion setzen. Offensichtlich gilt ≤ ai und ≥ bi . Wir wählen völlig analog die Abbildung p ≠ p− aus (1.2.1) und erkennen an S p > S p , dass eine Summe mit nicht gegengeordneter Abbildung nie minimal sein kann. Daher es nur eine minimale Summe gibt folgt wiederum N S p− = min{S p } = ∑ ai bN −i +1 . i =1 q.e.d. Aufgabe 1.1 Man hat mehrere Münzen im Wert 1,5, 10 und 50 Cent. Man darf sich eine Münze von einem beliebigen Wert nehmen, zwei weitere Münzen von einem anderen Wert, drei von einem dritten und letztendlich vier von dem restlichen Wert nehmen, also beispielsweise 1×5 + 2×50 + 3×1 + 4×10 . Welche größte Geldsumme kann man damit bekommen? Lösung: Wir haben zwei Mengen A = {1,5,10,50} und B = {1, 2,3, 4} . Die Summe S p ist dann maximal, wenn p(1) = 1 , p(5) = 2 , p(10) = 3 und p (50) = 4 ist. Die Summe beträgt S p = S p+ = 1×1 + 5× 2 + 10×3 + 50× 4 = 241 . Die geforderte Geldsumme beträgt damit 241 Cent. Aufgabe 1.2 Es sei (bi )iN=1 eine beliebige Permutation der positiven Zahlen (ai )iN=1 . Dann ist N a ∑ bi ≥ N . i =1 i Lösung: Die Summe ist genau dann minimal, wenn die Folgen (ai )iN=1 ⎛ 1 ⎞⎟N und ⎜⎜⎜ ⎟⎟ ⎝ b ⎠⎟ gegengeordnet sind. Das ist erreicht für bn = i i =1 Permutation ist die Summe gleich N . -5- 1 . Für diese an Rearragement-, Tschebyscheff- und AM/GM-Ungleichungen Einen Zusammenhang zwischen dem arithmetischen Mittel (AM) und einer extremalen Umordnung stellt der nun folgende Satz her. Satz 1.3 (Tschebyscheff-Ungleichung extremaler Umordnungen) Seien (an )nN=1 und (bn )nN=1 zwei gleichgeordnete Folgen nichtnegativer Zahlen. Dann gilt AM (anbn )nN=1 ≥ AM (an ) nN=1 ⋅ AM (bn )nN=1 , oder in ausführlicher Form, 1 N 1 N 1 N ∑ anbn ≥ N ∑ an ⋅ N ∑ bn . N n=1 n=1 n=1 Sind dagegen (an )nN=1 und (bn )nN=1 gegengeordnet, so gilt das Zeichen ≤ anstelle von ≥ . Beweis: N ⎛ N −k ⎞⎟ ⎜⎜ ⎟ a b a b ≥ + ∑ n n ⎜⎜ ∑ i i+k ⎟⎟⎟ ∑ aibi− N +k =: U k ∀k ∈ {n ∈ * : n < N } , da ⎝ i=1 ⎠ i = N −k +1 n=1 N Es gilt jedes U k eine Umordnung darstellt und die Folgen (ai )i , (bi )i als gleichgeordnet vorausgesetzt sind. Insbesondere steht das Gleichheitszeichen nur für k = 0 . Daraus folgt ⎞⎟ N ⎜⎜⎜ ⎟⎞⎟ ⎜ N ⋅ ∑ anbn ≥ ∑ U k = ∑ ⎜⎜ ∑ ai bi + k ⎟⎟ + ∑ ai bi− N +k ⎟⎟⎟ ⎜ ⎠⎟ i = N −k +1 ⎠⎟ n=1 k =0 k =0 ⎝⎜⎝⎜ i =1 N −1 N N ⎛ N −1 ⎞⎟ ⎜ = ∑ ∑ ai b(( i+k ) mod N )+⎢⎢⎢ i+k ⎥⎥⎥ = ∑ ⎜⎜ai ⋅ ∑ b(( i+k ) mod N )+⎢⎢⎢ i+k ⎥⎥⎥ ⎟⎟⎟ ⎣ N ⎦ ⎣ N ⎦⎟ ⎜ ⎠ k =0 i =1 i =1 ⎝ k =0 N −1 N ⎛ N ⎞⎟ N ⎜⎜ ⎟ = ∑ ⎜ai ⋅ ∑ bk +1⎟⎟ = ∑ an ⋅ ∑ bn . ⎜ ⎠⎟ n=1 k =0 i =1 ⎝ n=1 N N −1 N −1⎛⎛ N −k Division durch N 2 auf beiden Seiten ergibt die Behauptung. Den Fall für die andere Ungleichung behandelt man analog. -6- q.e.d. Rearragement-, Tschebyscheff- und AM/GM-Ungleichungen 2. AM-GM Ungleichung Daher es unzählige Möglichkeiten gibt die wichtige AM-GM-Ungleichung zu beweisen stützt sich der nächste Beweis des Satzes darauf ein bekanntes Lemma von CAUCHY-LAGRANGE zu zeigen und zu verwenden, was bekanntlich schnell zum gewünschten Ergebnis führt. Satz 2.1 (AM-GM Ungleichung) Sei (ai )iN=1 eine Folge positiver Zahlen, so gilt 1 ⎞⎟ N ⎛ N ⎜ an ≥ ⎜⎜ ∏ an ⎟⎟ ∑ ⎜⎝n=1 ⎠⎟⎟ N n=1 N 1 AM (an )nN=1 := =: GM (an )nN=1 . Gleichheit liegt genau dann vor, wenn alle Zahlen (ai )iN=1 gleich sind. Beweis: Lemma (Ungleichung von Cauchy-Lagrange) Sei (bi )iN=1 N N eine Folge positiver Zahlen mit ∏ bn = 1 . Dann gilt n=1 ∑ bn ≥ N . n=1 Gleichheit tritt genau dann ein, wenn alle Zahlen gleich 1 sind. Beweis: k N xi i =1 * i = k +1 xi−1 Seien ≥ bi ≥ 1 ≥ ≥ bi , welche wir in der Form bi := i ∈ {n ∈ : n ≤ N } =: M darstellen, IV j −1 wobei mit j x j−1 = ∏ bi ⇒ x j = b j x j −1 = ∏ bi (IS) i =1 mit x0 := xN und x1 := b1 (IA) wegen n folgt, dass xn = ∏ bi ∀n ∈ M gelten i =1 i =1 N muss. Wegen (IA) ist xN = ∏ bn = 1 . Für i ∈ {1,..., k} und j ∈ {k + 1,..., N } folgt n=1 nun xi xi−1 = bi ≥ 1 ≥ b j ≥ xj x j −1 ⇔ xi ≥ xi−1 ∧ x j ≤ x j−1 und daraus folgen jetzt die N −1 k i=k i =1 Ketten ≥ xi ≥ xN = 1 = x0 ≤ ≤ xi . Wegen xk−1 ≤ xk ≥ xk +1 ⇒ xm ∈[1, xk ] ∀m ∈ M ∪{0} -7- Rearragement-, Tschebyscheff- und AM/GM-Ungleichungen und daraus folgt vor allem min{xi } = x0 = xN = 1 und max{xi } = xk . Seien A := {xi }iN=1 ⎧A → B ⎪ ⎪ zwei Multimengen und p0 : ⎪⎨ 1 die zugehörige xi ⎪ ⎪ i =1 xi ⎪ ⎪ ⎩ ⎧1⎪ ⎫N ⎪ ⎪ , B := ⎨ ⎪⎬ ⎪ ⎪ xi ⎪ ⎪ ⎩ ⎭ N N i =1 i =1 gegengeordnete Abbildung, so ist S p = ∑ xi p0 ( xi ) = ∑ xi ⋅ 0 1 = N . Nun ist xi ⎧⎪ A → B ⎪⎪ p :⎨ 1 eine nicht gegengeordnete Abbildung, so gilt wegen S p0 ≤ S p ⎪⎪ xi xi−1 ⎪⎪⎩ N N N = S p0 ≤ S p = ∑ xi p ( xi ) = ∑ xi x i =1 i−1 i =1 N = ∑ bi . i =1 Das Gleichheitszeichen steht nur dann, wenn auch p gegengeordnet ist. Wir zeigen nun: Ist xi ∈ A ein Maximum, so auch xi−1 : Geg. 1 Ord. xi−1 xi = max { x : x ∈ A} ⇒ p( xi ) = = min { p ( x) : x ∈ A} ⇒ xi−1 = max { x : x ∈ A} ⇒ xi = xi−1. Da aber xk = max{x : x ∈ A} und 1 ≤ k ≤ N gilt folgt mit dem gezeigten aber auch max { x : x ∈ A} = xk = xk −1 = ... = x1 = x0 = 1 = min { x : x ∈ A} . Da Maximum und Minimum mit 1 übereinstimmen, müssen alle Elemente gleich 1 sein. q.e.d. Wir zeigen nun die Aussage anhand des Lemmas und der Homogenität des AMs und GMs, denn es gilt AM (αai )i = 1 und 1 1 α αai = ∑ ai =α ⋅ AM (ai )i ∑ N i N i 1 ⎛ ⎞⎟ N ⎛ ⎞⎟ N ⎛ ⎞⎟ N ⎜⎜ ⎜⎜ N ⎜⎜ ⎟ ⎟ GM (αai )i = ⎜∏ αai ⎟⎟ = ⎜α ⋅ ∏ ai ⎟⎟ = α ⋅ ⎜∏ ai ⎟⎟⎟ = α ⋅ GM (ai )i ⎜⎝ i ⎠⎟ ⎝⎜ ⎠⎟ ⎝⎜ i ⎠⎟ i 1 ⎛ N ⎞⎟− N 1 ⎜⎜ setzen wir λ := ⎜ ∏ an ⎟⎟⎟ = und bi := λai . Dann gilt ⎜⎝n=1 ⎠⎟ GM (ai )i -8- . Dazu Rearragement-, Tschebyscheff- und AM/GM-Ungleichungen 1 ⎞N ⎛ ⎜⎜⎛ N N N N N ⎞⎟− N ⎟⎟⎟ ⎜ ⎜⎜ N ⎟ ⎟ ⎜ ∏ bi = ∏ λai = λ ⋅ ∏ ai = ⎜⎜⎜⎜ ∏ an ⎟⎟⎟ ⎟⎟⎟ ⋅ ∏ ai = 1 ⎜⎜⎝n=1 ⎠ ⎟⎟ i =1 i =1 i =1 i =1 ⎜⎝ ⎠⎟ Lemma N N i =1 i =1 ⇒ N ≤ ∑ bi = ∑ λai ⇔ 1 ≤ AM (λai )i = λ ⋅ AM (ai )i ⇔ AM (ai )i ≥ 1 = GM (ai )i . λ q.e.d. Aufgabe 2.1 Ein Verkäufer hat eine Balkenwaage, deren Arme unterschiedlich lang sind. Wenn er 2 Kilo Mehl verabreichen will, wiegt er erst die Hälfte auf einer Waageschale (d.h. er balanciert eine gewisse Menge Mehl mit einem 1-Kilo schweren Gewicht aus), dann auf der anderen. Gibt er so dem Käufer mehr oder weniger als 2 Kilo Mehl? Lösung: Angenommen, die Balken haben die Längen a und b. Beim ersten Abwiegen wird xa vergeben, so dass xa ⋅ a = 1 ⋅ b gilt, also xa = xb = b Kilo Mehl. Beim zweiten Abwiegen gibt der Verkäufer a a Kilo. Der Käufer bekommt insgesamt b xa + xb = a b a b + > 2⋅ ⋅ =2 b a b a Kilo Mehl. Somit handelt der Verkäufer unwirtschaftlich (dafür aber kundenfreundlich). Wir geben noch eine weitere, wichtige Beziehung zwischen dem GM mit dem harmonischen Mittel (HM) im nächsten Satz bekannt. -9- Rearragement-, Tschebyscheff- und AM/GM-Ungleichungen Satz 2.2 (GM-HM Ungleichung) Sei (ai )iN=1 eine Folge positiver Zahlen. Dann gilt ⎛ N 1 ⎞⎟−1 ⎜ GM (ai )i ≥ HM (ai )i := N ⋅⎜⎜ ∑ ⎟⎟⎟ . ⎜⎝ an ⎠⎟ n=1 Gleichheit liegt genau dann vor, wenn alle Zahlen gleich sind. Beweis: Aus N 1 N 1 1 = AM (1/ ai )i ≥ GM (1/ ai )i = N ∏ = ∑ N i =1 ai a i =1 i 1 N N ∏ ai = 1 GM (ai )i folgt die i =1 Behauptung. q.e.d. Aufgabe 2.2 Sei (ai )iN=1 eine Folge positiver Zahlen. Beweisen Sie: N N 1 ∑ an ⋅ ∑ a n=1 ≥ N2. n=1 n Wann tritt Gleichheit auf? Lösung: Aus der AM-GM Ungleichung folgen N N i =1 i =1 ∑ ai ≥ N ⋅ N ∏ ai N und N 1 1 N ≥ N ⋅ ∑a ∏ a . Multiplikation ergibt die i =1 i i =1 i Behauptung. Gleichheit liegt genau dann vor, wenn alle Zahlen an gleich sind. Aufgabe 2.3 Zeigen Sie für jedes natürliche n > 1 : ⎛ n + 1⎞⎟n n ! < ⎜⎜ . ⎜⎝ 2 ⎠⎟⎟ - 10 - Rearragement-, Tschebyscheff- und AM/GM-Ungleichungen Lösung: Man wende die AM-GM Ungleichung auf die natürlichen Zahlen 1,2,...,n an: n n + 1 n ( n + 1) 1 n = = ∑ k > n ∏ k = n n !. 2 2n n k =1 k =1 n Aufgabe 2.4 Ist S := ∑ xn die Summe von n positiven Zahlen x j , j = 1,..., n , i =1 so gilt n n Sk ∏ (1 + xk ) ≤ ∑ k ! . k =1 k =0 Lösung: Nach der AM-GM Ungleichung gilt n ⎛n⎞⎛ ⎞k ⎛1 n ⎞⎟n ⎛ S ⎞n S ⎜⎜ ⎟ ⎟ ∏ (1 + xk ) ≤ ⎜⎜ n ∑ (1 + xk )⎟⎟⎟ = ⎜⎜⎝⎜1 + n ⎠⎟⎟ = ∑ ⎜⎜⎝⎜k ⎠⎟⎟⎟⎟⎜⎝⎜⎜ n ⎠⎟⎟⎟ ⎝ k =1 ⎠ k =1 k =0 n ⎛ k n ⎛ k ⎞ k ⎞ k ⎜⎜ n − k + i ⎟⎟ S ⎜⎜ n − k + i ⎟⎟ S = ∑ ⎜∏ ⎟⎟ ⋅ k = ∑ ⎜∏ ⎟⎟ ⋅ ⎜⎝i =1 ⎜ i n ⎟ n ⎠ ⎠⎟ k ! k =0 k =0 ⎝i =1 n n Sk . ≤∑ k ! k =0 Aufgabe 2.5 Ein Würfel sei so in endlich viele Quader zerlegt, dass der Inhalt der Umkugel des Würfels so groß ist wie die Summe der Inhalte der Umkugeln aller Quader der Zerlegung. Beweisen Sie, dass dann alle dieser Quader Würfel sind. Lösung: Wir zeigen zunächst, dass für den Inhalt eines Quaders n ⎧⎪ ⎫ ⎪⎪ ⎪⎪⎪ n Q := ⎨ x ∈ : x ∈ [0, xi ]⎬ und den Inhalt seiner Umkugel Kr := x ∈ n : x ≤ r ⎪⎪ ⎪⎪ i =1 ⎩⎪ ⎭⎪ × mit r=1 2 n ∑ xi 2 { ⎛ n ⎞⎟n K r ≥ an ⋅ ⎜⎜⎜ ⎟⎟ ⋅ Q ⎜⎝ 2 ⎠⎟ die Beziehung i =1 π 2 } gilt, wobei die an bekanntlich rekursiv durch an+1 := 2 ⋅ an ⋅ ∫ cos n+1t dt definiert sind. Dazu 0 schätzen wir den Durchmesser mit - 11 - Rearragement-, Tschebyscheff- und AM/GM-Ungleichungen d := diam(Q) = n n n i =1 i =1 i =1 ∑ xi 2 ≥ n ⋅ n ∏ xi 2 = n ⋅ n ∏ xi = n ⋅ n Q nach unten ab. Für den Inhalt der Umkugel ergibt sich dann ⎛ n ⎞⎟n 1 n ⎛ d ⎞⎟n an n an 1 n 2 ⎜ K r = an ⋅ r = an ⋅ ⎜ ⎟⎟ = ⋅d ≥ ⋅ n ⋅ Q = an ⋅ ⎜⎜⎜ ⎟⎟ ⋅ Q . n n ⎝⎜ 2 ⎠ ⎜⎝ 2 ⎠⎟ 2 2 ( n ) Gleichheit ent- steht hier genau dann, wenn Q ein Würfel ist. Wir summieren nun alle Umkugelinhalte auf und erhalten n ⎛ n⎞ K 0 := ∑ Ki ≥ an ⋅ ⎜⎜⎜ ⎟⎟⎟ ⋅ ∑ Qi , wobei Q0 = ∑ Qi der Inhalt des Würfels ist ⎜⎝ 2 ⎠⎟ i i i und K0 der Inhalt der großen Umkugel, welche den Würfel umgibt. Daher gilt aber auch ⎛ n ⎞⎟n K 0 = ∑ Ki = an ⋅ ⎜⎜⎜ ⎟⎟ ⋅ Q0 . Somit muss für jede ⎜⎝ 2 ⎠⎟ i ⎛ n ⎞⎟n Umkugel eines Quaders Ki = an ⋅ ⎜⎜⎜ ⎟⎟ ⋅ Qi gelten, daher die rechte Seite ⎜⎝ 2 ⎠⎟ der Gleichung sonst kleiner als die linke wäre. Daraus folgt aber, dass jeder Quader ein Würfel sein muss. - 12 - Rearragement-, Tschebyscheff- und AM/GM-Ungleichungen 3. Rearragement-AM-GM Ungleichung Zum finalen Ende dieser Thematik geben wir noch ein erweitertes Korollar bekannt, welches eine interessante Beziehung zwischen dem AM und GM unter extremaler Umordnungsbedingungen herstellt. Satz 3.1 (Rearragement-Ungleichung zweiter Art) Seinen A ⊂ und B ⊂ zwei Multimengen mit der gleichen Mächtigkeit A = B = N . Insbesondere gelte a > 1 ∀a ∈ A . Für jede injektive Abbildung q : A → B bezeichnet Pq das Produkt Pq := ∏ a q(a) . a∈ A (3.1.1) Die Abbildung heißt gleichgeordnet, wenn für je zwei Elemente a ′ und a ′′ aus A die Ungleichung a ′ ≤ a ′′ genau dann gilt, wenn q(a ′) ≤ q (a ′′) ist. Es gibt genau eine gleichgeordnete Abbildung q+ , bis auf Vertauschung von gleichen Elementen der Multimengen A und B . Das Produkt Pq ist maximal unter allen Pq . + (3.1.2) Die Abbildung heißt gegengeordnet, wenn für je zwei Elemente a ′ und a ′′ aus A die Ungleichung a ′ ≤ a ′′ genau dann gilt, wenn q(a ′) ≥ q (a ′′) ist. Es gibt genau eine gegengeordnete Abbildung q− , bis auf Vertauschung von gleichen Elementen der Multimengen A und B . Das Produkt Pq ist minimal unter allen Pq . − Beweis: (3.1.1) Dass wir genau eine Abbildung konstruieren können, welche bis auf Vertauschung gleicher Elemente gleichgeordnet ist, ist aufgrund schon gezeigtem klar. Sei nun q ≠ q+ ⇒ ∃ a ′, a ′′ ∈ A: a ′ < a ′′ ∧ q(a ′) > q(a ′′) (hier sei wieder vorausgesetzt, dass A und B aus mindestens zwei verschiedenen Elementen bestehen). Für q : A → B gelte nun q (a ) = q(a) ∀a ∉ {a ′, a ′′} mit q (a ′) = q(a ′′) und q(a ′′) = q (a ′) , womit q(a ′) < q (a ′′) folgt. Nun ist - 13 - Rearragement-, Tschebyscheff- und AM/GM-Ungleichungen Pq Pq = ′ ′′ a ′ q ( a ) ⋅ a ′′ q ( a ) ′ q ( a ′′ )−q ( a ′) ⋅ a ′′ q ( a ′ )−q ( a ′′ ) = a ′ ′′ a ′ q ( a ) ⋅ a ′′ q ( a ) ′ ′′ ′ ′ ′′ = a ′′(log a′′ a )( q ( a )−q ( a )) ⋅ a ′′ q ( a )−q ( a ) ⎛ ⎞ ⎜⎜1− ln a ′ ⎟⎟( q ( a ′ )−q ( a ′′ )) ⎝⎜ ln a ′′ ⎠⎟ = a ′′ da auch 1 < a ′ < a ′′ ⇒ 0 < >1 , ln a ′ ln a ′ < 1 ⇒ 1 > 1− > 0 gilt, woraus Pq > Pq folgt. Da ln a ′′ ln a ′′ eine nicht gleichgeordnete Abbildung stets ein nicht maximales Produkt erzeugt, folgt daraus, dass ein maximales Produkt eine gleichgeordnete Abbildung besitzen muss, d.h. es gilt Pq = max{Pq } . + (3.1.2) Die Existenz und Eindeutigkeit dieser Abbildung ist aufgrund schon gezeigtem ebenfalls klar. Aus (3.1.1) folgt Pq > Pq , jedoch ist die Abbildung q : A → B aus (3.1.1) ist nicht gegengeordnet, woraus folgt, dass jedes Produkt Pq einer nicht gegengeordneten Abbildung nicht minimal ist. Das ist aufgrund der Eindeutigkeit des Minimums (bis auf Vertauschung gleicher Elemente) damit äquivalent, dass ein minimales Produkt eine gegengeordnete Abbildung haben muss und es gilt Pq = min{Pq } . − q.e.d. Satz 3.2 (Rearragement-AM-GM Ungleichung) Seien (an )nN=1 und (bn )nN=1 zwei gleichgeordnete Folgen nichtnegativer Zahlen mit ai > 1 ∀i ∈ {1,..., N } . Dann gilt N N GM (anbn )nN=1 ≥ GM (an )nN=1AM (bn )n=1 ≥ GM (an )nN=1GM (bn ) n=1 . Sind die Folgen gegengeordnet, so gilt nur noch N GM (anbn )nN=1 ≤ GM (an )nN=1AM (bn )n=1 . - 14 - Rearragement-, Tschebyscheff- und AM/GM-Ungleichungen Beweis: N ⎛ N −k ⎞ ⎜⎜ bi+k ⎟⎟ bn a a ⋅ ≥ ∏ n ⎜⎜ ∏ i ⎟⎟⎟ ∏ aibi−N+k =: U k ∀k ∈ {n ∈ * : n < N } , da jedes U k ⎝ i =1 ⎠ i = n−k +1 n=1 N Es gilt eine Umordnung ist und die Folgen als gleichgeordnet vorausgesetzt sind. Gleichheit gilt nur für k = 0 . Weiter gilt ⎞ N −1⎛⎛ N −k N ⎛ N ⎞⎟N N −1 ⎞ ⎜⎜⎜⎜ ⎜⎜ bi+k ⎟⎟ bi−N +k ⎟⎟ bn ⎟ ⎟⎟ ⎜⎜ ∏ an ⎟⎟ ≥ ∏ U k = ∏ ⎜⎜⎜⎜ ∏ ai ⎟⎟ ⋅ ∏ ai ⎟ ⎟ ⎝n=1 ⎠ ⎠ i = n−k +1 ⎠⎟ k =0 k =0 ⎜⎝⎝ i =1 N −1 N ∏ = ∏ ai N −1 b ⎢ i +k ⎥ ⎥ ⎢⎣ N ⎥⎦ (( i +k ) mod N )+ ⎢ k =0 i =1 N N −1 ∑ bk+1 = ∏ ai k=0 i =1 N = ∏ ai ∑ b(( i+k ) mod N )+⎢⎢ i+k ⎥⎥ k =0 ⎢⎣ N ⎥⎦ i =1 N ∑ bn N = ∏ ai n=1 . i =1 Das Ziehen der N 2 -Wurzel auf beiden Seiten ergibt die Behauptung. Die Ungleichung GM (an )nN=1AM (b ) ≥ GM (an )nN=1GM (b ) ist trivial. Für den anderen Fall verfährt man analog. n N n=1 n N n=1 q.e.d. - 15 - Rearragement-, Tschebyscheff- und AM/GM-Ungleichungen 4. Abschlussbemerkungen zur didaktischen Anwendung der Ungleichungstheorie Ungleichungen sollten zwar stets so wichtig betrachtet werden wie Gleichungen, inwiefern diese aber dem Schüler vermittelt werden müssen erachte ich als fragwürdig. Der Schüler wird bekanntlich ab dem 2. Schuljahr mit den Symbolen „>“ und „<“ konfrontiert, kann aber in der Regel schon ab 5 Jahren ganzzahlige Kardinalitäten nach der Größe einordnen und unterscheiden. Das geometrische Mittel wird spätestens in der Oberstufe eines Gymnasiums sozusagen „definiert“, AM-GM Ungleichungen finden aber kaum Anwendung. Später jedoch bekommen Mittel wesentlich mehr Bedeutung, wie z.B. in der Stochastik, vor allem gegenüber dem ausgeprägteren Begriff des Erwartungswertes. Ungleichungen dienen aber vermehrt dem Abschätzen und Einschränken von Größen – in der Physik gegenüber der Realität kommt einem berechneten Wert in komplexen Systemen immer weniger Bedeutung zu – man denke dabei auch an Unschärferelationen. Die Vertiefung der Ungleichungstheorie im Lehrplan diene damit lediglich der Förderung mathematischer Kreativität. Das kann nie falsch sein, jedoch scheint es nicht unbedingt notwendig zu sein. Ungleichungen können nur existieren, wenn das Trichotomie-Axiom gültig ist. In welchem Bereich man aber ein Axiom für gültig oder ungültig erklären kann ist eine ernstzunehmende Problematik. Es gibt ja auch unendlich viele Körper mit existenter Charakteristik in der die AMGM-Ungleichung versagt. Darüber hinaus muss eine Anordnung des Körpers erklärt worden sein. Mit Ungleichungen stellen wir anhand von Umformungen fest, dass irgendetwas mit etwas anderem durchaus unterschiedlich ist. Seltener dienen sie im Fall der Asymmetrie dazu eine Gleichheit zu zeigen. Natürlich muss wie immer der Lehrer ein raffiniertes Problem entwickeln, welches so die Realität dem Menschen nie zu stellen wagt, welches komplett mit Ungleichungen gelöst werden kann. Auch dem weniger Mathematikinteressierten Schüler ist mit oder ohne Kenntnisse über Ungleichungen geholfen oder nicht. Bemerkenswert sind Ungleichungen und ihre verblüffenden Resultate aber allemal und daher ist unser Umgang mit ihnen durchaus wert geschult zu werden. S. R. Schneider - 16 -