Einblick in die TCM

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Einblick in die TCM
Traditionell chinesische Medizin
unter besonderer Berücksichtigung
der Akupunktur
Regine Jahn, Almut Hemming
Geschichte der Akupunktur als Schmerztherapie vom Altertum bis zur Neuzeit
China:
- ca.
3. JvC im Mawangdui-Korpus beschrieben als eine Art „Brennen“ entlang bestimmter Körperlinien
- Vermutung: erst durch Herstellung von feinen Eisennadeln Entwicklung der Akupunktur
- erste Beschreibung: im Huangdi-Neijing (Innerer Kanon des Gelben Kaisers), Han-Zeit, 2. JvC - 2. JnC,
Akupunktur als Schmerztherapie; die Texte des Huangdi-Neijing können als eigentlicher Beginn der
Chinesischen Medizin gesehen werden.
- ab ca. 1.JvC wird die Medizin stark von philosophischen Erkenntnissen beeinflusst (v.a. die konfuzianischlegalistische Sozial- und Staatsphilosophie), der Körper wird als eine Art „Miniaturstaat“ betrachtet. Die
Akupunktur spiegelte die soziopolitische Gestaltung des geeinten chinesischen Reiches wieder. („ ... So wie
funktionsfähige Handelswege zur Versorgung des riesigen Territoriums nötig waren, so gab es auch im
Körper Wege, auf denen das lebenserhaltende Qi und Blut zirkulierten. Die Akupunktur war dafür zuständig
diese Wege durchgängig zu halten....“) „Medizin der systematischen Entsprechungen“, basierend auf der
Yin-Yang Theorie und auf der Lehre von den fünf Kräften, die auch als Wandlungsphasen verstanden
werden.
- erste historische Belege im Huangdi-Neijing (bestehend aus 2 Teilen: Suwen und Lingshu mit Texten zur
Nadeltherapie), dort werden 12 Hauptleitbahnen und darauf liegende Punkte beschrieben, auch erste
Beschreibungen von klimatischen Faktoren oder Gefühlen als Auslöser von Erkrankungen.
- nach konfuzianischem Ideal sollten „chaotische Zustände“ in Ernährung und Lebensführung vermieden
werden, also präventiv behandelt werden.
Antike:
-Ilias von Homer (ca. 8. JvC) dort wird Schmerz nicht als Strafe oder Fluch gesehen, sondern als „bellender Wachhund der
Gesundheit“, Odysseus wird abgeleitet vom griechischen Wort Odyne (Schmerz)
-ca. 5. JvC werden durch die Einwirkung der Philosophen (Platon, Aristoteles) werden die magisch-religiösen Vorstellungen
der griechischen Antike durch „rationales Denken“ ersetzt.
- diätetische Maßnahmen wurden durch Aulus Cornelius Celsus, 1 JnC im De re medicinae beschrieben (Ernährung und
körperliche Übungen gegen die Gicht), beschrieb erstmals: rubor, calor, tumor und dolor
- Galen von Pergamon (129-199 nC) lokalisierte Schmerzempfindungen und Sinneswahrnehmungen im zentralen
Nervensystem, beschrieb zwei Hauptursachen für die Entstehung des Schmerzes: Dyskrasie (Übergewicht eines Saftes)
und Kakochymie (Säfteverderbnis); sprach von 6 Faktoren, die zur Algogenese führen konnten: Hitze, Kälte, Dicke,
Dünne, Fülle oder Schärfe. Für den Fall der Dyskrasie verwendete er Schmerzmittel (Anodyna bzw. Analgetika), die
„wärmend“ waren und andere Arzneien die „kühlend“ wirkten (sog. Narcotica), er führte eine qualitative
Schmerzbeschreibung ein und entwickelte als erster ein System der Abstufung der Schmerzintensität.
Mittelalter:
-arabische Ärzte (z.B. Albucasis 936-1013 nC) bewahrten die Erkenntnisse der Antike und hellenistischen Kultur
- Schmerz wurde im theologischen Sinn als Folge der Erbsünde gesehen und als ein Miterleben der Leiden Christi am
Kreuz verstanden (bis zum 17. Jh)
- Antidotarium Nicolai (um 1220-1240), bekanntestes Rezeptbuch vorwiegend gegen Schmerzen
Erste Kontakte des Westens mit der Akupunktur
16. Jh - portugisische Jesuiten bringen erste Berichte aus Japan über Akupunktur und Moxibustion in den Westen
Andreas Cleyer (1634-1697) gab 1682 die Übersetzung des Maijue (10.-13.JnC, „Pulsdiagnostik“) mit dem Titel: „Specimen
Medicinae Sinicae“ heraus , es beschrieb die Pulsdiagnose und Hinweise zur chinesischen Arzneimittelkunde
Die Bezeichnung Acupuncutura (lat., acus = Nadel, punctura = Stich) wurde 1683 vom niederländischen Arzt Willem ten Rhijne
(1647-1700) in seiner De Acupunctura eingeführt.
Akupunktur im Europa des 18. und 19. Jh
-1774 empfahl Francois Dujardin die Akupunktur zur Anwendung an schmerzhaften Körperarealen
(„Geschichte der Chirurgie“)
- ab 1794 brachte Isaac Titsingh (Gesandter der Ostindiengesellschaft in Peking und Chirurg) die „tsoe
bosi“ (buddhistischer Abt) genannten Bronzefiguren nach Europa. Diese wurden seit der Song-Zeit (10.-13.
JnC) als Lehrmaterial zur Darstellung der Akupunkturleitbahnen verwendet. Einen Zusammenhang
zwischen Leitbahn und Pulsdiagnostik machte man in Europa nicht, man nadelte Ah-Shi Punkte.
- Akupunktur wurde als Schmerztherapie akzeptiert, u.a. durch Beobachtungsstudien von Bache
(1792-1864) und anderen
- Versuche mit elektrischer Stimulation der Nadeln wurden wegen starker Schmerzen von den Patienten
nicht toleriert
Seit ca. 1950 wird die Akupunktur und die chinesische Medizin in Deutschland erforscht.
A.Tiplt, D.Irnich
Wie komme ich zu Diagnose
und Therapie?
-Anamnese
-Untersuchung, Puls, Zunge, Leitbahnen
-Analyse
1)Ba Gang
2)Welche Meridiane sind betroffen
3)Welche Funktionskreise sind betroffen
4)Welche Grundsubstanzen sind betroffen
5)Liegt ein äußerer pathogener Faktor vor
6)Liegt ein innerer pathogener Faktor vor
-Diagnose
-Therapieprinzip
Anamnese
1. Schulmedizin
2. TCM
Untersuchung
1.Schulmedizin
2.TCM (Puls, Zunge, Leitbahnen, Akupunkturpunkte)
Chinesische Pulsdiagnostik
Niere
Milz
Lunge
Chinesische Zungendiagnostik
normale Zunge:
Mittelschlank
Wohl tonisiert
Leicht konvex
Sagittale Furche
Glatte Ränder
Farbe blass/hellrot
Keiner / wenig weißl. Belag
Körper und Belag leicht feucht
Die topographischen Zuordnungen der Zunge
Unterer Erwärmer
Niere
Mittlerer Erwärmer
Magen
Milz
Oberer Erwärmer
Leber
Gb
Lunge
Herz
Leber
Gb
Ba Gang - Diagnosefindung
Außen
Biao
Innen
Li
Fülle
Shi
Leere
Xu
Hitze
Re
Kälte
Han
Yang
Yin
A. Steveling
Außen
Innen
Ursachen: äußere pathogene Faktoren/ äußere oder innere pathogene
Faktoren oder sonstige Ursachen
Erkrankung von: Muskulatur, Haut, Meridiane/ Zang-Fu, Qi, Blut,
Essenz-Jing
Krankheitsverlauf: meist akut/ akut oder chronisch
Kombinationsmuster: Fülle, Hitze, Kälte/ Fülle, Leere, Hitze, Kälte
Puls: oberflächlich/ meist tief
Zunge: meist unverändert/ verändert
Fülle
Abwehrreaktion
Konstitution
Bewegung
Krankheitsdauer
Atmung
Stimme
Schmerz
Puls
Zungenbelag
stärker
kräftiger
lebhafter
kürzer
laut
kräftiger
stärker
kräftig
dick
Leere
schwächer
schwächer
verhaltener
länger
leise
zarter
mäßig
fein/leer
dünn o. fehlend
Fülle und Leere beschreiben zwei grundsätzliche, polare
Reaktionsrichtungen des Organismus auf krankmachende äußere
oder innere Einflüsse.
Hitze
Kälte
schnell
warm/heiß
rot/gelb
trocken
langsam
kalt
blass/weiß
feucht
-äußerer oder klimatischer Einfluss
-innerer Zustand
-meist in Kombination mit Fülle oder Leere beschrieben
Yang und Yin
„Medizin der systematischen Entsprechungen“ (1.JH vC)
Gemäß der Yin-Yang-Lehre wird die Natur bzw. der Kosmos in
duale Strukturen von zwei, vier, sechs oder zwölf Kategorien
dargestellt
Diese Auffassung ist aus der Naturbeobachtung existierender
Gegensätze entstanden (z.B. Tag- und Nachtwechsel)
A. Tiplt, D. Irnich
QB12- Naturheilverfahren
A.Pollmann
Yin und Yang bedingen einander
Yin und Yang fördern einander
Yin und Yang kontrollieren einander
Yin und Yang gehen ineinander über
J. Bachmann
Yang
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•
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•
•
•
Tag, Sonne, Licht
Sommer, Hitze, Feuer
Himmel
Aktivität, Energie
Sympathikus
Zerstreuen
Männlich
Aktiv-gebend
Verbrauchend
Fu
Yin
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•
Nacht, Mond, Dunkel
Winter, Kälte, Wasser
Erde
Ruhe, Materie
Parasympathikus
Sammeln
Weiblich
Passiv-empfangend
Erhaltend
Zang
Das Meridiansystem
Nach traditionell chinesischer Vorstellung sind Meridiane
Leitbahnen, in denen das Qi zirkuliert.
Meridiane
bilden
eine
Verbindung
zwischen
Akupunkturpunkten. Die Akupunkturpunkte werden vor allem
als Zugangsorte gesehen, über die man im Falle eines
Überschusses wie auch bei Mangelzuständen oder Stauungen den
Fluss des Qi durch die „Organe“ regulieren kann. Bei der Nadelung
eines Punktes kann sich ein „Nadelgefühl“ (De Qi) entlang des
Meridians ausbreiten.
Mit naturwissenschaftlichen Methoden lassen sich die Meridiane
bisher nicht nachweisen.
4 Meridiane einer Körperebene bilden einen Umlauf der Folge: YinYang-Yang-Yin.
QB12- Naturheilverfahren
Theorie der 5 Wandlungsphasen
Befasst sich mit dem Wandelaspekt aller
Naturphänomene und unterteilt diese in 5
Kategorien, die in gegenseitiger
Wechselbeziehung stehen.
Sie wurden sinnbildlich als „Feuer“, „Erde“,
„Metall“, „Wasser“ und „Holz“ beschrieben.
A.Tiplit, D. Irnich
Liegt ein innerer pathogener Faktor vor?
„Die 5 Gefühlsäußerungen“
Trauer - Lunge
Angst - Niere
Zorn, Aggression - Leber
Hektik - Herz
Grübeln, Sorge - Milz/Magen
Liegt ein äußerer pathogener Faktor vor?
Wind - Leber/Gb
Kälte - Niere/Blase
Hitze - Perikard/3fach Erwärmer
Feuchtigkeit - Milz/Magen
Trockenheit - Lunge/Dickdarm
Diagnosestellung
berücksichtigt:
Konstitution
+
Agens
+
Orbis
+
4x2 Leitkriterien
„Was ist das für einer?“
„Was wirkt da?“
„Welche Zeichen hat er gerade?“
Bagang
Therapiemöglichkeit - Moxibustion
1603 in Nagasaki erschienenes Wörterbuch der Jesuiten erwähnt den Begriff mogusa zur Bezeichnung der
Kräuterzubereitung, aus der die für die Moxibustion benötigten Beifußkegelchen oder „Feuerknöpfe“ hergstellt wurden.
Der niederländische Pfarrer Hermann Buschof, der im Hafen von Batavia auf Java gegen seine Gicht mit Moxibustion
behandelt worden war prägte schließlich in seinem 1675 erschienen Buch: „Het Podagra“ den Begriff moxa für die
Beifußkegel.
A.Tiplt, D. Irnich
Diätetik bei Kälte
Häufig im Herbst kombiniert mit Wind als
auslösender pathogener Faktor.
Empfohlene Lebensmittel:
Senf, Merettich, Lauch, alle Zwiebelgewächse, Glühwein, Yogitee, Orangenschalen, Alkohol, Pfeffer, frischer Knoblauch,
Ingwer, Süßholz, Hirse, Chili, Pepperoni, rote Datteln, Rind, Lamm, Nelken, Zimt, Thymian, Rosmarin, Koriander, Anis
Meiden: trocknende Substanzen, alles Saure, Huhn, keine starken Tonika, Übermaß an Milchprodukten, Bananen, Nüsse
Cun
Akupunktur; Richter, Becke
Körper-Cun
Alarmpunkte
Lunge - Lu1
Perikard - KG 14
Herz - KG 17
Leber - L14
Gallenblase - G 24
Magen - KG 12
Niere - G 25
Milz - L 13
Dickdarm - M 25
3Erwärmer - KG 5
Dünndarm - KG 4
Blase - KG 3
Zustimmungspunkte
Bl 13 - Lunge (Th3)
Bl 14 - Perikard (Th4)
Bl 15 - Herz (Th5)
Bl 17 - Zwerchfell
Bl 18 - Leber (Th9)
Bl 19 - Gallenblase (Th10)
Bl 20 - Milz/Pankreas Th 11)
Bl 21 - Magen (Th 12)
Bl 22 - 3Erwärmer (L1)
Bl 23 - Niere (L2)
Bl 25 - Dickdarm (L4)
Bl 27 - Dünndarm (S1)
Bl 28 - Blase (S2)
27
Unerwünschte Wirkungen
• Gelegentlich: Hämatombildung/Kollaps
• Selten: Nervenirritationen, Verbrennung
bei Moxa
• Sehr selten: Infektion und
Organverletzung
Überschießende Reaktionen
Übermäßige Entspannung und Ermüdung, evtl. unter
Beeinträchtigung der Verkehrstüchtigkeit
Kreislaufstörungen
Vegetative Reaktionen
Schlafstörungen
Erstreaktionen (max. 24 h)
Aktivierung von latenten Krankheitsprozessen
Literatur
Das große Buch der chinesischen Medizin, Ted J. Kaptchuk
Lehrbuch und Repetitorium Akupunktur, U.Hecker, A.Steveling, E. Peuker, J. Kastner
Akupunktur, Richter/Becke
Fünf Wandlungsphasen in fünf Streichen, Antonius Pollmann
Leitfaden Traditionelle Chinesische Medizin, C. Focks, N. Hillenbrand
Die Grundlagen der Chinesischen Medizin, Giovanni Maciocia
Deutsche Zeitschrift für Akupunktur, 53.Jg, 1/2010
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