Trachea und Ösophagus 10 W. Steger · T.J. Vogl 10.1 Klinische Symptomatik und Befunde 419 10.2 10.2.1 10.2.2 10.2.3 10.2.4 Radiologische Untersuchungstechniken 421 Konventionelle Röntgendiagnostik 421 Sonographie 421 Computertomographie 421 Magnetresonanztomographie 421 10.3 Normalanatomie und wesentliche Varianten 422 10.4 10.4.1 10.4.2 10.4.3 10.4.4 10.4.5 Systematische Bildanalyse 422 Stenosierung des Ösophagus 422 Dilatation des Ösophagus 424 Einengung der Trachea 424 Prävertebrale Schwellung 425 Ossäre Läsionen 425 10.5 10.5.1 10.5.2 10.5.3 10.5.4 10.5.5 Krankheitsbilder 426 Angeborene Variationen und Missbildungen 426 Traumatische Veränderungen 426 Entzündliche Veränderungen 428 Tumoröse Raumforderungen 429 Systemisch bedingte und degenerative Veränderungen 431 10.5.6 Vaskulär bedingte Läsionen 432 10.5.7 Iatrogene Veränderungen 434 10.6 Zusammenfassung und diagnostische Strategie 434 Literatur 435 rkrankungen der Trachea und des Ösophagus gehören nicht zum klassischen Spektrum eines Hals-Nasen-Ohren-Arztes. Dennoch ist die Kenntnis der Symptomatik und der möglichen Differenzialdiagnosen wichtig, um eine sofortige Therapie einleiten zu können oder ggf. eine Überweisung in eine internistische oder chirurgische Fachabteilung zu veranlassen. Von der Halswirbelsäule (HWS) ausgehende Läsionen tangieren zudem die Fachgebiete der Neurologie und der Orthopädie. Dies zu beurteilen und ggf. eine Steuerungsfunktion zu übernehmen, ist eine der Hauptaufgaben des Radiologen im Rahmen der Befundung. E 10.1 Klinische Symptomatik und Befunde Innerhalb des Respirationstrakts sind der Larynx und die Bronchien die häufigsten Prädilektionsstellen pathologischer Veränderungen. Bei Erkrankungen der Trachea beziehen sich die häufigsten klinischen Symptome auf eine erschwerte oder behinderte Atmung, die bis hin zur akuten Dyspnoe führen kann. Oft fallen Patienten schon akustisch durch ihren inspiratorischen Stridor als Zeichen einer Stenosierung der Trachea auf. Nicht selten zeigen auch diskrete Läsionen eine ausgeprägte klinische Symptomatik aufgrund der besonderen Bedeutung im Rahmen der Respiration. Bei entzündlichen Erkrankungen tritt oftmals ein trockener Reizhusten auf, bei traumatischen Ereignissen stehen die Schmerzen im Vordergrund. Ein tumoröses Geschehen muss bei Patienten mit rezidivierenden Hämoptoen diskutiert werden. Die Dokumentation der Längsausdehnung und Infiltrationstiefe wie auch der artdiagnostischen Zuordnung unklarer pathologischer Veränderungen sind die Anforderungen an die bildgebende Diagnostik. Erkrankungen des zervikalen Ösophagus bedingen eine Vielzahl klinischer Symptomkonstellationen. Schluckstörungen werden im Allgemeinen als Dysphagie bezeichnet, die von der Odynophagie, dem schmerzhaften Schluckakt abgegrenzt werden muss. Die Gefahr der Dysphagie liegt in einer Aspiration von Speisen oder, im Rahmen von röntgenologischen Untersuchungen, von Kontrastmitteln.Von klinischer Bedeutung ist auch das sog. „Globusgefühl“, welches der Patient verspürt, wenn Speisereste oder Fremdkörper in der Speiseröhre, vornehmlich in einer der physiologischen Engen, stecken bleiben. Ebenso muss im Rahmen der Notfallversorgung die Hämatemesis abgeklärt werden. Dabei kann die Blutung aus Ösophagusvarizen stammen oder auch einen Hinweis auf ein Malignom darstellen. 420 Kapitel 10 Trachea und Ösophagus Abb. 10.1a–d. Pulsationsdivertikel, konventioneller Breischluck mit Kinematographie. a Abbildung des Hypopharynx während des Schluckaktes mit bariumhaltigem Kontrastmittel. Entsprechend unscharfe Abgrenzung der KM-Straße durch Bewegungsartefakte. Das Kontrastmittel wird ausschließlich über den rechten Sinus piriformis (Pfeil) transportiert, der linken Sinus war durch eine vorbestehende Operation narbig obliteriert. b Nach einem ersten Schluck verbleiben KM-Depots in den Valleculae epiglotticae (1) sowie in einem Pulsationsdivertikel, ausgehend vom rechten Sinus piriformis (2). c Etwa 1 s später ist das Divertikel vollständig mit Kontrastmittel ausgefüllt und glatt abgrenzbar. d) Nach einem Valsalva-Manöver können die Strukturen im Hypopharynx und Ösophagus in Doppelkontrasttechnik beurteilt werden, im Divertikel verbleibt eine Prallfüllung 10.2 Radiologische Untersuchungstechniken 10.2 Radiologische Untersuchungstechniken 10.2.2 Sonographie 10.2.1 Konventionelle Röntgendiagnostik Bei Kindern hat sich als primäres Untersuchungsmedium die Sonographie unter Verwendung eines 7,5-MHz-Linearschallkopfes bewährt. Mit ausreichender Sicherheit lassen sich bei Erwachsenen in der Regel nur paratracheale und paravertebrale Raumforderungen nachweisen. Wegen der Luftüberlagerung sind intraluminale Strukturen sonographisch nur eingeschränkt zugänglich. Eine herausragende Bedeutung haben als initiales diagnostisches Verfahren zur Abklärung der Trachea nach wie vor konventionelle Röntgenaufnahmen in zwei Ebenen sowie bei In- und Exspiration. Sowohl Lumenschwankungen während der Respiration als auch konstante Stenosierungen der Luftröhre lassen sich mit diesem Verfahren nachweisen. Röntgenaufnahmen in zwei Ebenen sind ebenfalls indiziert in der Diagnostik der HWS, nach Ausschluss einer Fraktur auch in Inklination und Reklination. Unverändert stellt die konventionelle Breischluckuntersuchung mit Kontrastmittel das primäre röntgenologische Verfahren der Wahl zur Evaluation des Hypopharynx und der Speiseröhre dar. Merke ! Nach Ausschluss von Kontraindikationen wie eine Perforation oder ein Aspirationsrisiko sollten dabei bariumhaltige Kontrastmittel zur Anwendung kommen. Um eine suffiziente Tumordiagnostik zu erreichen, muss in Mono- und Doppelkontrasttechnik die Schleimhaut von Oropharynx, Hypopharynx und der Speiseröhre exakt evaluiert werden. Ein wasserlösliches Kontrastmittel muss zur postoperativen Abklärung einer Anastomoseninsuffizienz verwendet werden. Damit lassen sich jedoch nur Paravasate oder Stenosierungen erfassen. Selbst bei Verwendung von wasserlöslichen Kontrastmitteln sollte eine Aspiration in jedem Fall vermieden werden, da als Komplikation ein Lungenödem resultieren kann. Ergänzend kann eine Kinematographie des Schluckaktes durchgeführt werden, bei der Röntgenbilder in schneller Abfolge angefertigt werden. Durch eine videokinematographische Aufzeichnung des gesamten Schluckaktes wird dieses Verfahren perfektioniert. Komplexe Schluckstörungen können durch diese Methode dargestellt und ggf. auch in verlangsamter Geschwindigkeit analysiert werden (Abb. 10.1a–d). Exakte Aufschlüsse über mechanische oder neuromuskuläre Ursachen einer Dysphagie lassen sich auf diese Weise gewinnen. Voraussetzung ist die detaillierte Kenntnis der normhaften Motilität sämtlicher anatomischer Strukturen im Bereich des Pharynx und Ösophagus, wie sie exemplarisch von Hannig et al. (1998) aufgezeigt wurde. 10.2.3 Computertomographie Als weiteres diagnostisches Verfahren sollte bei klinischem und endoskopischem Verdacht auf eine tumoröse Raumforderung eine Computertomographie (CT) in konventioneller oder Spiraltechnik erfolgen. Stets muss dabei der gesamte prävertebrale Raum, bei den Ösophagus betreffenden Fragestellungen auch die Kardia, im Untersuchungsvolumen erfasst werden. Im Bereich der HWS ist bei diagnostischen Unklarheiten die CT in Einzelschicht und Knochenfenstertechnik bei einer Schichtdicke von 2 mm das weiterführende diagnostische Mittel der Wahl. In den den meisten Instituten wird bei allen sonstigen Fragestellungen die Spiral-CT-Technik bevorzugt.Weder die nominelle Schichtdicke noch das berechnete Inkrement sollten dabei 5 mm überschreiten. In der Spiral-CT-Untersuchung liegen dabei die Vorteile in der kürzeren Untersuchungszeit, dem geringeren benötigten KM-Volumen und in beliebigen Nachbearbeitungsmöglichkeiten. Die Abgrenzbarkeit von Gefäßen und Tumoren vom umgebenden Weichteilgewebe wird durch die Verwendung von 100 ml eines jodhaltigen Kontrastmittels mit Druckinjektion (z.B. 2 ml/s Fluss, 60 s Vorlaufzeit) erleichtert. Für die CT ergeben sich zukünftige Indikationen aus der Möglichkeit, den Spiral-CT-Datensatz als virtuelle Endoskopie nachzubearbeiten. Mittels eines dreidimensionalen Rekonstruktionsalgorithmus wird dabei eine Endoskopie der Trachea und der Hauptbronchien simuliert. Ein potenzielles Einsatzgebiet liegt in der Darstellung distaler Regionen bei endoskopisch nicht zu überwindenden Stenosen (Fried et al. 1999). 10.2.4 Magnetresonanztomographie Besonders sagittale Schichtführungen, die computertomographisch nicht zu erzielen sind, erweisen sich zur Beurteilung der Trachea und des Ösophagus als 421 422 Kapitel 10 Trachea und Ösophagus sehr vorteilhaft. Allerdings sollte dabei eine Schichtdicke zwischen 3 und 4 mm verwendet werden. Ansonsten entsprechen die Sequenzprotokolle den bereits in den vorangehenden Kapiteln vorgestellten Empfehlungen. Die kontrastverstärkte Magnetresonanztomographie (MRT) hat insgesamt an diagnostischer Bedeutung zur Therapieplanung bei ösophagealen und trachealen Neoplasien gewonnen. Vergleichbar der Endosonographie erreicht die prätherapeutische TNM-Klassifikation mittels MRT eine hohe Treffsicherheit. 10.3 Normalanatomie und wesentliche Varianten Definition In der Regel bezeichnet man den An- teil des Respirationstrakts, der kranial inferior des subglottischen Anteils des Larynx mit der ersten knorpeligen Trachealspange beginnt und nach kaudal von der Carina und der tracheobronchialen Bifurkation begrenzt wird, als Trachea. Abb. 10.2. Anatomische Skizze (1 Os hyoideum, 2 Epiglottis, 3 Plica vestibularis/Taschenfalte, 4 Plica vocalis/Stimmfalte, 5 Schildknorpel, 6 subglottischer Raum, 7 Trachea, 8 M. constrictor pharyngis inferior, 9 Ringknorpel, 10 Ösophagus) Gewöhnlich erstreckt sich diese vom 6. Halswirbelkörper bis zum 5. Brustwirbelkörper über eine Länge von ca. 11 cm. Die Vorder- und Seitenwand ist aus 16–20 hufeisenförmigen Knorpelspangen aufgebaut, während der dorsale Anteil der Trachea (Pars membranacea) aus quer verlaufenden Muskel- und Bindegewebszügen besteht. Dabei beträgt die Weite der Trachea ca. 16 mm in Inspiration. det sich am kranialen Übergang zum M. constrictor pharyngis inferior. Eine von mehreren Faszien begrenzte bindegewebige Loge mit Verbindung zum parapharyngealen Raum kranial und dem Mediastinum kaudal bildet den prävertebralen Raum. 7 Halswirbelkörper mit den dazwischen liegenden Bandscheibenfächern formieren die HWS (Abb. 10.2). Definition Ein muskulärer Schlauch, der kranial durch die Vereinigung der Sinus piriformes dorsal des Ringknorpels beginnt und sich nach kaudal durch das Zwerchfell bis zur Kardia des Magens erstreckt, bildet den Ösophagus. Dabei erreicht dieser im Verlauf des Paravertebralraums eine Gesamtlänge von 25–30 cm, meist diskret nach links verlagert. Die drei physiologischen Engen des Ösophagus sind von besonderer klinischer Bedeutung, nämlich ∑ am Ösophaguseingang in der Postkrikoidregion, ∑ im mittleren Drittel durch Aorta und tracheale Bifurkation sowie ∑ beim Durchtritt durch das Zwerchfell. Ab der Zahnreihe beträgt dabei die Entfernung des Ösophaguseingangs in Höhe des Ringknorpels ca. 15 cm. Die mit Plattenepithel ausgekleidete Speiseröhre erhält ihre Elastizität und Kontraktilität durch die Kombination aus längs- und querverlaufenden Muskelzügen. Ein muskelschwacher Übergang (Laimer-Dreieck), der als Prädilektionsstelle zur Ausbildung von Pulsationsdivertikeln gilt, befin- 10.4 Systematische Bildanalyse 10.4.1 Stenosierung des Ösophagus Eine fixierte Stenosierung oder Störung der Peristaltik wird meistens im Rahmen eines konventionellen Breischlucks erstmals diagnostiziert. In der Regel ist eine Beurteilung der Schleimhaut des Ösophagus nur im Breischluck mit bariumhaltigen Kontrastmitteln möglich. Benigne Tumoren wie das Fibrom, Adenom, das submuköse Neurinom oder das Leiomyom umfassen die möglichen Differenzialdiagnosen einer tumorösen Raumforderung des Ösophagus. Jedoch ist der mit Abstand häufigste Tumor das Plattenepithelkarzinom; andere maligne Tumoren sind das Adenokarzinom sowie Sarkome oder Lymphome. Ein paraösophagealer Abszess und ein Hämatom sind weitere auftretende Läsionen. Während alle genannten Tumoren im gesamten Verlauf des Ösophagus vorkommen können, erfolgt der Lymphombefall des Öso- 10.4 Systematische Bildanalyse Abb. 10.3 a, b. Ösophaguskarzinom, konventioneller Röntgenbreischluck. a In a.-p. Projektion zeigt sich eine unregelmäßig begrenzte Stenosierung im distalen Ösophagus mit Wandstarre und prästenotischer Dilatation. b In dieser Schrägprojektion erkennt man das zirkuläre Wachstum des Tumors mit konzentrischer Einengung des Lumens sowie die deutlich reduzierte und verlangsamte KM-Passage durch die langstreckige Stenose phagus meist fortgeleitet aus der Kardia im distalen Ösophagus. Bei guter Kooperationsfähigkeit des Patienten mit entsprechender Untersuchungsqualität können eine Ösophagitis, ein Ösophaguskarzinom, Ösophagusvarizen oder ein Befall im Rahmen eines Morbus Crohn differenziert werden. Bei den benignen Läsionen im konventionellen Breischluck imponiert eine glatt begrenzte, meist exzentrische KM-Aussparung. Schleimhautunregelmäßigkeiten mit Faltenabbrüchen, KM-Verhalt und Wandstarre sind als Malignitätskriterien zu werten (Abb. 10.3a, b). Ausnahme ist die narbige Strikur nach Verätzung oder Verbrühung, die zu einer konzentrischen Lumeneinengung führt. Zeichen einer Erosion oder Ulzeration bei Ösophagitis sind diskrete Füllungsdefekte mit verbreiterten Längsfalten und punktförmigem KM-Verhalt. Wenn ein ösophagealer Mitbefall eines Morbus Crohn vorliegt, ist auch im Ösophagus das bekannte Kopfsteinpflasterrelief mit transmuralen Abszessen und Fistelbildungen als pathognomonisch zu erachten. Sofern eine Stenosierung im kranialer Ösophagus vorliegt, ist eine Struma thyreoideae als Ursache wahrscheinlich. Dysphagische Beschwerden werden häufig auch durch prominente Spondylophyten, die von einem Halswirbelkörper ausgehen, verursacht. Sowohl Barret-Ulzera als auch typischerweise vaskulär bedingte Stenosierungen bei atypischem Verlauf der linken A. subclavia im Sinne einer Dysphagia lusoria werden im mittleren Ösophagus gefunden. Im kaudalen Ösophagus spricht eine Einengung für eine Achalasie, eine Ösophagitis, einen prominenten Schatzki-Ring oder für einen Mitbefall im Rahmen einer Sklerodermie. Außerdem sollte immer an die Möglichkeit einer Fremdkörperobstruktion in den physiologischen Engen des Ösophagus gedacht werden. Die Beurteilung der topographischen Lage einer Raumforderung intramural, intraluminal oder mediastinal ermöglichen die Schnittbildverfahren CT und MRT. Bei den malignen Tumoren zeigt sich dabei eine unscharfe Begrenzung und oftmals eine inhomogene Binnenstruktur durch zentrale Nekrosen. Eine konzentrische Stenosierung ist in fortgeschrittenen Stadien möglich. Sowohl aufgrund der oben beschriebenen morphologischen Kriterien als auch der Beurteilung der regionalen Lymphknoten gelingt in der Regel die Differenzierung zwischen benignen und malignen Tumoren sowie zwischen intramuralen und paraösophagealen Läsionen. Mittels endoskopischer Methoden wird die weitere histologische Klassifizierung durchgeführt. 423 424 Kapitel 10 Trachea und Ösophagus Die folgende Übersicht listet noch einmal die verschiedenen Stenosierungen des Ösophags auf: Stenosierungen des Ösophagus ∑ Maligne Tumoren Plattenepithelkarzinom, Adenokarzinom, Sarkom, Lymphom; ∑ benigne Tumoren mesenchymale Tumoren wie Neurinom, Leiomyom, Fibrom, epitheliale Tumoren wie Adenom, Polyp; ∑ Entzündung Ösophagitis wie bei Soor, Morbus Crohn, Barret-Ulkus; ∑ Trauma narbige Striktur nach Verätzung, Verbrühung, Fremdkörperobstruktion; ∑ Stenosierung von außen durch paraösophagealen Abszess, paraösophageales Hämatom, Stuma, Schilddrüsentumor, Spondylophyt der HWS, aberrierende A. lusoria. 10.4.2 Dilatation des Ösophagus Dilatationen des Ösophagus treten entweder primär auf oder als prästenotische Dilatation bei kaudal liegender Raumforderung oder Striktur (s. Übersicht unten). Bei bildgebendem Nachweis von umschriebenen flüssigkeits- oder luftgefüllten Strukturen kommen als mögliche Differenzialdiagnosen die Achalasie, Divertikel sowie axiale bzw. paraösophageale Hernien in Frage. Oft können in allen Läsionen Spiegelbildungen durch Flüssigkeitsretentionen mit darüber liegender Luft beobachtet werden. Das trichterförmiges Lumen des Ösophagus bei der Achalasie sowie die typischen topographischen Lokalisationen bei den Divertikeln und Hernierungen sind charakteristisch. Zu den seltenen Erkrankungen mit primärer Dilatation des Ösophagus gehören die Chagas-Krankheit, neuromuskuläre oder endokrine Störungen (Diabetes, Myxödem), sowie die Amyloidose. Da der gesamte Ösophagus dabei betroffen sein kann, sind keine Prädilektionsstellen bekannt. Dilatationen des Ösophagus ∑ Primäre Dilatationen neuromuskuläre Störung, endokrine Störung, wie Diabetes, Myxödem, Amyloidose, Chagas-Krankheit; ∑ prästenotische Dilatation alle Raumforderungen (s. Übersicht oben), Achalasie, axiale und paraösophageale Hernien. 10.4.3 Einengung der Trachea Mögliche Differenzialdiagnosen von Stenosierungen der Trachea umfassen die Tracheitis und den (Pseudo-)Krupp, besonders bei subglottischer Lokalisation und bei konzentrischer Einengung. Zusätzlich ist in dieser Region an eine Infiltration/Komprimierung bei Schilddrüsentumor oder Struma sowie an eine narbige Striktur nach Intubation zu denken. Eine intraluminale Stenosierung deutet auf eine primär tracheale Raumforderung oder auf ein narbiges Granulationsgewebe nach Intubationsverletzung. Eine Tracheomalazie imponiert durch eine charakteristische schlitzförmige Stenosierung der Trachea durch die mangelnde Stabilität des knorpeligen Skeletts. Die tracheale Bifurkation mit Betonung des rechten Hauptbronchus ist als typische Lokalisation eines inkorporierten Fremdkörpers zu erachten. Mediastinale Lymphknoten oder sonstige tumoröse Raumforderungen können supracarinär zu einer Kompression der Trachea von außen führen. Bei tumorösen Läsionen der Trachea umfassen die möglichen Differenzialdiagnosen benigne Tumoren wie das Fibrom, das Chondrom, das Papillom, eine narbige Hypertrophie, einen Schleimhautpolyp oder den Amyloidtumor sowie als maligne Tumoren das Plattenepithelkarzinom, das Adenokarzinom und das adenoidzystisches Karzinom. Auch eine Metastase eines anderen Primärtumors kann in seltenen Fällen in der Trachea vorkommen. Alle Tumoren können ubiquitär vorkommen, topographische Charakteristika existieren nicht. Meist ist das vom Trachealknorpel ausgehende Wachstum des Chondroms offensichtlich, computertomographisch weist ein Chondrom zusätzlich eine erhöhte Dichte mit unregelmäßigen Verkalkungen auf. In der Regel gelingt die röntgenologische Darstellung einer Trachealstenose durch die konventionelle Röntgenaufnahme in anterior-posteriorer (a.-p.) und in seitlicher Projektion. Lumenschwankungen bei In- und Exspiration (bei Tracheomalazie) sind insbesondere unter Durchleuchtung am besten beurteilbar. CT und MRT sind als Schnittbildverfahren zur genauen Abklärung von extramuralen, intramuralen oder intraluminalen Stenosierungen indiziert, aber auch bei Stenosierungen von außen durch Schilddrüse, paratracheale oder mediastinale Prozesse. Merke ! Bei Patienten in fortgeschrittenem Alter werden Verkalkungen der trachealen Knorpelspangen regelmäßig beobachtet und haben meist keine differenzialdiagnostische Bedeutung. Die Trachea kann da- 10.4 Systematische Bildanalyse bei in ihrem gesamten Verlauf unter Einbeziehung der tracheobronchialen Bifurkation betroffen sein. Eine Verkalkung der Trachealknorpel wird deshalb häufig nur nebenbefundlich bei röntgenologischen Aufnahmen des Thorax erwähnt. Nachfolgende Übersicht führt die verschiedenen Stenosierungen der Trachea auf. Stenosierungen der Trachea ∑ Maligne Tumoren Plattenepithelkarzinom, Adenokarzinom, Metastase; ∑ benigne Tumoren mesenchymale Tumoren wie Chondrom, Fibrom, epitheliale Tumoren wie Adenom, Papillom, Polyp; ∑ Entzündung Tracheitis, Krupp, Pseudokrupp; ∑ Trauma narbige Striktur nach Intubation, Verletzung, Inhalation toxischer Gase, Fremdkörperaspiration; ∑ Kompression von außen Struma, Schilddrüsentumor, Lymphknoten, Tracheomalazie, Säbelscheidentrachea, Hämatom, Abszess. 10.4.4 Prävertebrale Schwellung Die Detektion einer Volumenzunahme des retropharyngealen oder prävertebralen Raums stellt ein wesentliches differenzialdiagnostisches Leitsymptom dar. Eine Distanzierung der lufthaltigen Strukturen von Trachea und Hypopharynx dem vertebragenen Raum gegenüber kann schon in der konventionellen seitlichen Übersichtsaufnahme dokumentiert werden. Sowohl in sagittalen MRT-Schichten als auch in der CT lässt sich die Volumenzunahme optimal dokumentieren. Hier besteht nach bekanntem Trauma der dringende Verdacht auf ein prävertebrales Hämatom, oft in Verbindung mit einer Fraktur eines Halswirbelkörpers. Sollte kein traumatisches Ereignis bekannt sein, besteht der Verdacht auf eine phlegmonöse Entzündung der retropharyngealen Weichteile oder auf eine Abszedierung wie nach Spondylidiszitis. Es ist schließlich auch an eine tumoröse Raumforderung, meist ausgehend vom Ösophagus, zu denken (zur Differenzialdiagnostik prävertebraler Raumfordungen s. die folgende Übersicht). Differenzialdiagnostik prävertebraler Raumforderungen ∑ Maligne Tumoren Ösophaguskarzinom, Trachealtumor, Schilddrüsenkarzinom, Lymphknotenmetastase, Lymphom; ∑ benigne Tumoren Struma, mesenchymale Tumoren wie Chondrom, Lipom, Rhabdomyom; ∑ Entzündung Tonsillitis, Phlegmone, Lymphadenitis, Spondylitis, Spondylodiszitis (evtl. mit prävertebralem Abszess); ∑ degenerativ Spondylophyten der HWS; ∑ Trauma prävertebrales Hämatom. Von besonderer klinischer Bedeutung ist jedoch auch im Kindesalter die Fragestellung nach einer retropharyngealen oder prävertebralen Verdickung. Sie bietet dort ein noch ausgedehnteres differenzialdiagnostisches Spektrum. Insbesondere seien hier als zusätzliche mögliche Krankheitsbilder Adenoide, lymphatische Hyperplasie oder die häufige Lymphadenitis genannt. Bevorzugt treten aber auch im Kindesalter verschiedene tumoröse Raumforderungen auf, wie z.B. das zystisches Hygrom, das Lymphangiom sowie als maligne Tumoren das Neuroblastom und das Rhabdomyosarkom. 10.4.5 Ossäre Läsionen Im Allgemeinen sind Raumforderungen mit ossären Lagebeziehungen vertebragenen Ursprungs oder weisen eine Lagebeziehung zu den kartilaginären Strukturen des Thyroid, Krikoids odes des Os hyoideum auf. Dagegen können vertebragene Tumoren mit destruktivem oder expansivem Wachstum imponieren, insbesondere das Chordom ist hier zu nennen. Differenzialdiagnostisch müssen angeborene oder degenerative Veränderungen der HWS ausgeschlossen werden wie das Klippel-Feil-Syndrom, eine Blockwirbelbildung oder eine ausgedehnte Spondylosis deformans, die oft einen vorbestehenden anterioren Diskusprolaps knöchern abstützt. Dabei können pathologische Veränderungen an der Vorderkante der Wirbelkörper zu Schmerzen oder funktionellen Störungen der im prävertebralen Raum gelegenen Organe führen. An eine Spondylitis oder Spondylodiszitis sollten klinische Entzündungzeichen in Kombination mit Wirbelkörperdestruktionen 425 426 Kapitel 10 Trachea und Ösophagus und paravertebralen Weichteilverdichtungen denken lassen (s. folgende Übersicht). Raumforderungen mit ossärer Lagebeziehung ∑ Maligne Tumoren primäre Knochentumoren, Metastasen; ∑ benigne Tumoren Chordom, kartilaginäre Exostose; ∑ Entzündung Spondylitis/Spondylodiszitis mit prävertebralem Abszess; ∑ angeborene Variation Klippel-Feil-Syndrom, Blockwirbel; ∑ degenerative Veränderungen Spondylosis deformans, Spondylarthrose, Diskusprolaps; ∑ Trauma Fraktur mit prä- und paravertabralem Hämatom oder diskoligamentärer Instabilität. Zur primären Abklärung ossärer Läsionen ist in der Regel eine konventionelle Röntgenaufnahme ausreichend. Bei traumatischen Fragestellungen und suspektem Befund ist eine ergänzende CT nötig, zur weiteren Abklärung tumoröser Läsionen ist die MRT zu bevorzugen. Vor allem bei der Frage nach einer Spondylodiszitis ist die MRT die Methode der Wahl, da durch das Anreicherungsverhalten des Kontrastmittels die exakte Ausdehnung der Entzündung und mögliche Einschmelzungen diagnostiziert werden können. Merke ! 10.5 Krankheitsbilder 10.5.1 Angeborene Variationen und Missbildungen Im Bereich der HWS werden ossäre Fehlbildungen häufig gefunden, sind aber in der Regel klinisch symptomlos. Beispielhaft sei an dieser Stelle das Klippel-Feil-Syndrom genannt, eine Dysostose mit Kurzhalssyndrom durch Blockwirbelbildung mehrerer Halswirbelkörper. In der Regel ist die Abklärung mittels konventioneller Röntgenaufnahmen der HWS ausreichend. Bei angestrengter Atmung eines Neugeborenen hört man in der Regel einen inspiratorischen Stridor, wenn eine angeborene Trachealstenose und eine Tracheomalazie vorliegen. Zur primären Diagnose ist eine sonographische Abklärung meist ausreichend. Die Darstellung einer angeborenen Ösophagusstenose oder einer Fistel erfolgt mittels KM-Instillation über eine Sonde in den Ösophagus. Dabei wird häufig ein umschriebener KM-Stop (Ösophagusatresie), eine Stenosierung bzw. der Nachweis eines KM-Übertritts in die Trachea erbracht. Bei Kindern kann ein angeborener Brachyösophagus mit Magenschleimhaut in den distalen Ösophagusabschnitten durch einen konventionellen Breischluck nachgewiesen werden. Klinische Symptome und die folgende Diagnose werden aber oft erst im Erwachsenenalter manifest. Achalasie Für die Achalasie ist die fehlende Erschlaffung des unteren Ösophagussphinkters mit charakteristischer trichterartiger, glattwandiger Erweiterung des Ösophagus vor der funktionellen Stenosierung kennzeichnend. Ursache hierfür ist eine verminderte cholinerge Innervation durch Schädigung der postganglionären parasympatischen Neurone des Plexus myenterius. Man erkennt beim konventionellen Breischluck oder auch auf Röntgenthoraxaufnahmen rechts parakardial oder mediastinal eine Verschattung mit Luft-Flüssigkeits-Spiegel. Die Peristaltik ist im Allgemeinen unkoordiniert und führt zu einer verzögerten Entleerung in den Magen. 10.5.2 Traumatische Veränderungen Konventionelle HWS-Aufnahmen in 2 Ebenen eignen sich bestens zum primären Nachweis einer Halswirbelkörperfraktur. Zur Beurteilung der Hinterkante und einer spinalen Einblutung ist anschließend oftmals eine CT (2 mm Schichtdicke) erforderlich. Ebenfalls kann bereits im konventionellen Bild ein Hämatom im prävertebralen Raum durch eine Verdickung des Weichteilschattens diagnostiziert werden. Die exakte Ausdehnung dokumentiert die CT. In der MRT ist eine direkte Schädigung des Myelons darstellbar. Nach einem Gastrographinschluck zeigen sich Paravasate nach stumpfen Traumata bei Verkehrsunfällen oder durch direkte Verletzung (z.B. Messerstich) mit Perforation des Ösophagus. Sollte eine derartige Untersuchung nicht mehr möglich sein, erfolgt die Diagnose intraoperativ. Zu einer Dislokation des trachealen Knorpelskeletts mit Weichteilhämatom und perifokalem Ödem sowie zu einem zervikalen Weichteilemphysem kann es bei penetrierenden Verletzungen mit Eröffnung der Trachea kommen. Fremdkörperinkorporation Eine Breischluckuntersuchung ist bei im Ösophagus feststeckenden, nichtschattengebenden Fremdkör- 10.5 Krankheitsbilder Abb. 10.4 a–d. Fremdkörper, konventionelle Röntgenaufnahme. a, b Bei den abgebildeten metalldichten Fremdkörpern handelte es sich um in suizidaler Absicht verschluckte abgebrochene Rasierklingen. c Thoraxaufnahme zeigt bizarr geformten Fremdkörper, der nach Extraktion dem vom Patienten vermissten Gebissanteil entsprach (d) 427 428 Kapitel 10 Trachea und Ösophagus pern indiziert; mit ihr lässt eine umschriebene, konstante KM-Aussparung nachweisen. Röntgendichte Fremdkörper sind meist bereits in einer Leeraufnahme in zwei Ebenen lokalisierbar (Abb. 10.4 a–d). Wenn der Verdacht auf eine perforierende Verletzung mit Gefahr einer Mediastinitis besteht, ist eine CT zur Darstellung des Fremdkörpers, eines Hämatoms oder eines Mediastinalemphysems von entscheidender Bedeutung. Nach akuter Fremdkörperaspiration treten anfallsartiger Husten, Stridor, sowie Schmerzen und retrosternales Druckgefühl auf. Gewöhnlich wird der Fremdkörper bis in die Bronchien aspiriert mit häufigerem Sitz im rechten Hauptbronchus. Konventionelle Aufnahmen sind im Rahmen der Röntgendiagnostik indiziert, ggf. ergänzt durch ein konventionelles Tomogramm. Zum Ausschluss einer einseitigen Lungenüberblähung sollte zusätzlich eine Thoraxaufnahme erfolgen, evtl. mit Durchleuchtung wegen Mediastinalpendelns. Bei Schleimhautverletzungen durch Verschlucken von Säuren, Basen oder heißen Flüssigkeiten resultieren röntgenologisch Schleimhautlazerationen bis hin zu Stenosierungen im Gastrographinschluck. Zu einer ödematösen Schleimhautauskleidung der Trachea mit nachfolgenden narbig-fibrotischen Veränderungen führen eine Verätzung oder die Einatmung ätzender oder toxischer Gase. Die Schnittbildverfahren CT und MRT erlauben in ausgeprägten Fällen die Dokumentation von lazerierten Weichteilstrukturen und Komplikationen wie Perforation, Abszessbildung und phlegmonöser Ausbreitung ins Mediastinum. Merke ! 10.5.3 Entzündliche Veränderungen Ösophagitis Multiple Ursachen sind zur Entstehung einer Ösophagitis möglich, so z.B. fortgeleitet nach einer Pharyngitis und Gastritis, einer Refluxösophagitis oder bei einem Plummer-Vinson-Syndrom. Häufig finden sich bei Immunschwäche (z.B. bei Aids oder unter Chemotherapie) Candida (Soor-Ösophagitis) und die Aktinomykose als Erreger. Von radiologischer Bedeutung ist der konventionelle Breischluck mit Kopftieflagerung zur Darstellung eines Refluxes, der oft gleichzeitig mit einer axialen Gleithernie diagnostiziert wird. Jedoch nur in Doppelkontrolltechnik gelingt eine differenzierte Beurteilung der Schleimhautbeschaffenheit. Punkt- oder streifenförmige KMAnsammlungen deuten in diesen Fällen auf oberflächliche Schleimhauterosionen und Ulzerationen. Abnorme Kontraktionen oder segmentäre Spasmen werden oft zusätzlich beobachtet. Eine glatt begrenzte Struktur liegt bei einem Barret-Ösophagus im mittleren Ösophagus vor, entstanden durch ein narbig verheiltes Ulcus pepticum, das durch versprengte Magenschleimhautinseln hervorgerufen wurde. Keine Seltenheit ist ein Mitbefall des Ösophagus bei Ileitis terminalis (Morbus Crohn). Röntgenologisch zeigt er sich im klassischen Fall mit dem typischen „Kopfsteinpflasterrelief“, vergleichbar im Ileum und Kolon. Tracheitis Einen deszendierender Virusinfekt mit katarrhalischem Beschwerdebild kann zu einer akuten Tracheobronchitis führen. Von zunehmender Bedeutung ist die bakteriell verursachte Diphterie (Krupp) mit charakteristischen weißlichen Belägen im Gaumenbereich. Verdickte Schleimhäute in den befallen Regionen sind evtl. in der CT und in der MRT nachweisbar. Vor allem im frühen Kindesalter tritt die subglottisch stenosierende Laryngotracheitis, auch „PseudoKrupp“ genannt, in Erscheinung. Die Kinder leiden klinisch an einem trockenen, oft als „bellend“ bezeichneten Husten mit inspiratorischem Stridor. Mit Zyanose und akuter Erstickungsangst geht ein fortgeschrittenes Krankheitsbild einher. Auch Umweltnoxen und allergische Faktoren werden neben einer Virusinfektion als ursächlich diskutiert. Mit konventionellen Aufnahmen ist die Stenosierung im Bereich des subglottischen Larynx und des weiteren Verlaufs der Trachea im Allgemeinen ausreichend sicher diagnostizierbar. Außerdem bietet sich im Kindesalter wegen der fehlenden Strahlenexposition zur weiteren Abklärung die MRT an. Eine chronischer Husten durch exogene Schleimhautschädigung kann eine Tracheitis sicca hervorrufen. In der Regel wird die Diagnose klinisch ohne primäre Indikation für ein bildgebendes Verfahren gestellt. Spondylodiszitis In der Regel treten Entzündungen der Wirbelkörper und der dazwischen liegenden Bandscheibe wegen der paarig angelegten arteriellen Versorgung in zwei aufeinender folgenden Segmenten auf. Generell ist eine hämatogene Streuung eines Erregers oder eine postoperative Komplikation die Ursache dieser Spondylitis oder Spondylodiszitis. Aus einer Spondylitis resultiert häufig die Ausbildung eines prä- oder paravertabralen Abszesses. Die MRT steht bildgebend wegen der Möglichkeit der sagittalen Schichtführung und der hohen diagnostischen Genauigkeit eindeutig im Vordergrund (Abb. 10.5a, b). Das Chordom, welches in der Regel zur Zerstörung eines Wirbelkörpers mit bildgebendem Nach- 10.5 Krankheitsbilder Abb. 10.5 a, b. Spondylodiszitis mit prä- und paravertebralem Abszess, MRT. a In der T2-gewichteten sagittalen MRT zeigen sich die Halswirbelkörper 5 und 6 mit erhöhter Signalintensität und verschmälertem Zwischenwirbelraum als Zeichen einer Spondylodiszitis. Zudem erkennt man signalintensive Raumforderungen prävertebral/retrolaryngeal und intraspi- nal mit Komprimierung des Myelons. b Nach KM-Gabe imponieren die Raumforderungen mit randständig peripherem Enhancement und homogenem, flüssigem Inhalt. Es handelt sich somit um paravertebrale Abszesse ausgehend von der Spondylidiszitis weis von angrenzendem Weichteilgewebe im präund paravertebralen Raum führt, ist differenzialdiagnostisch abzugrenzen. Dieses zeigt interne Septierungen, eine bindegewebige Pseudokapsel, amorphe Verkalkungen und eine mäßige KM-Aufnahme. tum intramural, aber bereits im Frühstadium wird eine lymphogene Metastasierung beobachtet. Trotzdem führen Ösophaguskarzinome oft erst spät zu klinischen Symptomen, sodass bei Erstdiagnosestellung meist bereits ein Stadium 3 oder 4 vorliegt. Dabei wird das Auftreten einer karzinomatösen Entartung durch Vorerkrankungen wie das Plummer-Vinson-Syndrom, ein Endobrachyösophagus oder Narben nach Verätzung oder Verbrühung begünstigt. Der Nachweis von Schleimhautunregelmäßigkeiten mit Faltenabbrüchen und KM-Verhalt gelingt im Breischluck, eine fokale Wandstarre wird funktionell nachgewiesen (Abb. 10.6a, b). Infiltratives Wachstum und zentrale Inhomogenitäten werden in Schnittbildverfahren dargestellt (Abb. 10.7a–c). Bei einer Schleimhautaffektion des distalen Ösophagus muss an eine Infiltration durch ein Magenlymphom gedacht werden. Die seltenen benignen Tumoren wie Fibrom, Adenom, submuköses Neurinom und Leiomyom müssen 10.5.4 Tumoröse Raumforderungen Ösophagustumoren Endoskopische Verfahren und die bildgebende Diagnostik ergänzen sich bezüglich der Detektion und der Differenzialdiagnose von tumorösen Erkrankungen des Ösophagus. Das Plattenepithelkarzinom steht bei den malignen Tumoren bezüglich der Häufigkeit des Auftretens mit ca. 75% im Vordergrund, während es sich in ca. 20–25% um ein Adenokarzinom handelt. In seltenen Fällen wird histologisch ein Sarkom oder Lymphom diagnostiziert. Zunächst erfolgt das Wachs- 429 430 Kapitel 10 Trachea und Ösophagus Abb. 10.6 a, b. Ösophaguskarzinom, konventioneller Röntgenbreischluck. a Ein Ösophagusbreischluck mit Barium in Prallfüllung zeigt eine unregelmäßige Wandbegrenzung mit unter Durchleuchtung nachweisbarer funktioneller Wandstarre. Angedeutete prästenotische Dilatation im kranialen Abschnitt des Ösophagus. b Eine korrespondierende computertomographische Schicht in Höhe des Truncus pulmonalis beweist die tumoröse Raumforderung im Ösophagus mit zirkulärer Wandverdickung und exzentrischer Einengung des Lumens hierbei von den malignen Tumoren differenziert werden. Im Breischluck erkennt man bei benignen Tumoren eine Stenosierung oder Pelottierung des Ösophagus und eine Verdrängung von umgebendem Weichteilgewebe mit umschriebenen KM-Aussparungen. Charakterisiert ist die Mehrzahl der benignen Raumforderungen durch eine glatte Begrenzung und homogene Binnenstruktur. Ösophagusdivertikel Im Verlauf der Speiseröhre treten am häufigsten umschriebene Aussackungen auf. Dabei weisen diese Divertikel drei verschiedene Prädilektionsstellen auf sowie zwei unterschiedliche Entstehungsmechanismen. Meist leicht nach lateral verlagerte und zervikal am Ösophaguseingang liegende Divertikel sind Pulsationsdivertikel und werden Zenker-Divertikel genannt (Abb. 10.8a, b). Die sog. Traktionsdivertikel entstehen durch Retraktionsphänomene im mittleren Ösophagusdrittel, meist in Höhe der trachealen Bifurkation. Durch erhöhte intraluminale Druckverhältnisse können unmittelbar supraphrenisch wieder Pulsationsdivertikel entstehen, nämlich die epiphrenischen Divertikel. In der Regel ist eine konventionell diagnostische Untersuchung mittels Breischluck zur Diagnosestellung ausreichend. Trachealtumoren Eine Stenosierung der Trachea mit Verdrängung von umgebendem Weichteilgewebe weist zunächst auf einen intratrachealen Tumor hin. Man unterscheidet bei den benignen Tumoren das Fibrom, das Chondrom und das Papillom von einer narbigen Hypertrophie mit Konstriktion nach einem vorangehendem Trauma oder einer Radiatio. Dagegen findet man als maligne Tumoren das Plattenepithelkarzinom, Adenokarzinom und das adenoidzystisches Karzinom mit Destruktion der Trachealknorpel und unscharfer Begrenzung. Zu differenzieren sind diese primär trachealen Tumoren von einer externen Infiltration, z.B. bei einem Schilddrüsenkarzinom. Durch eine Struma diffusa oder nodosa kann die Trachea aber auch verlagert oder verformt werden, man nennt sie dann Säbelscheidentrachea. Aus dystopem Schilddrüsengewebe, das meist im kranialen Abschnitt der Trachea lokalisiert wird, besteht eine endotracheale Struma. Auf dem Bild zeigt sich eine glatt begrenzte Raumforderung im Tracheallumen ohne infiltratives Wachstum. Eine weitere Abklärung ist nach einer Verdachtsdiagnose mittels CT- oder MRT-Untersuchung durch eine Schilddrüsenszintigraphie indiziert. Ferner können sog. Pseudotumoren wie der Schleimhautpolyp oder der Amyloidtumor vorkommen. 10.5 Krankheitsbilder Abb. 10.7a–c. Ösophaguskarzinom, MRT. a Eine T1-gewichtete Spinecho-Sequenz zeigt nach KM-Gabe eine ausgedehnte tumoröse Raumforderung paramedian rechtsseitig, ausgehend vom Ösophagus. Bei der signalfreien Zone handelt es sich um eine zentrale Nekrotisierung (1). b In sagittaler Schichtführung kommt der Tumor prävertebral zur Darstellung mit Pelottierung und Verlagerung der Trachea nach ventral (1). c Nach i. v. Kontrastierung gelingt eine bessere Abgrenzbarkeit des nekrotischen Areals durch das Enhancement des umgebenden Tumors und der Schleimhaut von Trachea und Ösophagus 10.5.5 Systemisch bedingte und degenerative Veränderungen Klinisch werden im Fall einer Sklerodermie Dysphagie und Odynophagie unterschieden bei herabgesetzter Motilität und mäßiger Dilatation des Ösophagus. Ferner wird ein gastroösophagealem Reflux mit peptischen Stenosen beobachtet. Der Nachweis einer Schleimhautatrophie und einer verminderten Elastizität des Ösophagus (Aperistaltik) gelingt im Röntgenbreischluck. Im Allgemeinen besteht keine Indikation zum Einsatz der Schnittbildverfahren. Bei chronischer Drucksymptomatik durch eine Struma diffusa oder nodosa kann sich eine Tracheomalazie entwickeln. Sie kann lokal als Komplikation einer Intubation oder Tracheostomie auftreten. Im Rahmen der pathologisch gegebenen Chondrodystrophie der trachealen Knorpelspangen kann sich eine Säbelscheidentrachea ausbilden. Hilfreich sind hier radiologisch konventionelle Aufnahmen der Trachea mit „Saug- und Pressversuch“, bei denen eine 431 432 Kapitel 10 Trachea und Ösophagus Abb. 10.8 a, b. Pulsationsdivertikel, konventioneller Röntgenbreischluck. a In einem konventionellen Röntgenbreischluck zeigt sich ein posterior gelegenes Divertikel mit KM-Verhalt. Ansonsten unauffälliger Schleimhautbeschlag des Ösophagus im dargestellten Abschnitt. Man beachte den KM-Beschlag in der Trachea durch Aspiration. b In a.-p. Projektion kommt das Divertikel leicht nach links verlagert zur Darstellung (Pfeil). Auffällig ist wiederum die gute Kontrastierung des Ventriculus laryngis (Pfeilspitze) durch besagte Aspiration Lumenschwankung > 50% als Hinweis auf eine Tracheomalazie zu werten sind (Abb. 10.9a, b). Die Tracheobronchomegalie Mounier-Kuhn befällt vorwiegend Männer im mittleren Lebensalter. Dabei kommt es zu einer Dilatation schadhafter Knorpelringe mit undulierender Vorwölbung des Luftbandes. Als relevantes Kriterium zur Diagnosestellung gilt ein Durchmesser der Trachea über 3 cm. Charakteristische Zeichen für einen degenerativen Umbau an der HWS sind spondylophytäre Anbauten an den Wirbelkörpervorderkanten der HWS, die zu dauerhaften Schluckbeschwerden führen können (Dysphagia spondylotica) (Abb. 10.10). Weitere als degenerativ zu wertende Veränderungen der HWS sind ∑ eine Höhenminderung der Zwischenwirbelräume, ∑ eine Verschmälerung des Gelenkspalts der Intervertebralgelenke und ∑ ein sog. Vakuumphänomen. Die kartilaginäre Exostose (Osteochondrom), eine meist metaphysennah wachsende benigne tumoröse Raumforderung, die in seltenen Fallen auch von den Facettengelenken der HWS ausgehen kann, ist davon abzugrenzen. 10.5.6 Vaskulär bedingte Läsionen A. lusoria Zur Einengung des Ösophagus führt eine aberrierende A. subclavia dextra, auch A. lusoria genannt. Die typische, oft pulsierende und schräg verlaufende Einkerbung des Ösophaguslumens imponiert im Ösophagusbreischluck von dorsal. Eine multiplanare Abbildung der Gefäßverhältnisse erlauben die bildgebende MRT und die in einer Sitzung durchgeführte nichtinvasive MR-Angiographie (Abb. 10.11). Dadurch ermöglichen sie eine exakte präoperative Indikationsstellung eines eventuellen therapeutischen Eingriffs. 10.5 Krankheitsbilder Abb. 10.9 a, b. Tracheomalazie, Tracheazielaufnahme. a In Inspiration zeigt sich eine eindeutige Stenosierung der Trachea kranial des Sternoklavikulargelenks mit Lumenschwankung > 50% im Vergleich zur Abbildung b in Exspiration durch eine rechtsbetonte Struma mit konsekutiver Tracheomalazie Abb. 10.10. Anteriorer Spondylophyt der HWS, CT. Eine axiale CT-Schicht zeigt ausgedehnte spondylophytäre Anbauten ventral des Halswirbelkörpers mit Einengung des Respirationstrakts anterior. Die zirkulären Verkalkungen beidseits lateral entsprechen den kranialen Schilddrüsenpolen, rechts lateral erkennt man zusätzlich einen randständigen verkalkten Plaque an der lateralen Gefäßwand der A. carotis communis (Pfeil) Abb. 10.11. Dysphagia lusoria, MR-Angiographie. Eine MRAngiographie demonstriert einen atypischen Verlauf der rechten A. subclavia (S) nach Abgang distal der rechten (1) und der linken (2) A. carotis communis, der zu einer Einengung der Speiseröhre mit entsprechenden klinischen Symptomen geführt hatte 433 434 Kapitel 10 Trachea und Ösophagus Sonstige angeborene vaskuläre Anomalien, die zu Funktionsstörungen der Speiseröhre führen können, sind ∑ ∑ ∑ ∑ die rechtsdeszendierende Aorta, der gedoppelte Aortenbogen, eine aberrante linke A. pulmonalis sowie die angeborene oder erworbene Dilatation des linken Herzvorhofs. Ösophagusvarizen In Verbindung mit portaler Hypertension zeigen Ösophagusvarizen im Breischluck perlschnurartige Aussparungen und bandartige Defekte mit Betonung distal. Die KM-gefüllten Venen in der Ösophaguswand werden durch eine CT mit Kontrastmittel dargestellt. Häufig können Varizen in der Frühphase in der rechten anterolateralen Wand des distalen Ösophagus nachgewiesen werden. Dagegen finden sich die sog. „Downhill-Varizen“ bei tumorbedingter Obstruktion der V. cava superior im oberen Ösophagusdrittel. 10.5.7 Iatrogene Veränderungen Röntgenologisch ergibt sich nach einer Ösophagusresektion mit Magenhochzug oder Jejunuminterponat ein entsprechend verändertes Schleimhautrelief in Projektion auf das Interponat. Durch einen Breischluck mit wasserlöslichem jodhaltigen Kontrastmittel und mit Darstellung eines Paravasats gelingt der Nachweis einer Anastomoseninsuffizienz. Die Diagnostik von Weichteilveränderungen, insbesondere bei der Fragestellung nach Rezidiv- oder Resttumorwachstum, wird durch plastische Rekonstruktionen und metallische oder auch nichtmetallische Stentimplantationen in der Trachea erschwert. Die Gefahr einer iatrogenen Perforation des Ösophagus besteht nach Sondierung oder Bougierung. Mittels Gastrographinschluck gelingt die röntgenologische Darstellung einer Perforation. Dagegen kann bei einer ösophagotrachealen Fistel ein KM-Übertritt in die Trachea nachgewiesen werden. Bei Verdacht auf eine Mediastinitis ist jedoch zusätzlich eine computertomographische Abklärung indiziert. Postradiogene Veränderungen von diffuser entzündlicher und ödematöser Art sowie postoperative narbige Retraktionen sind von rezidivierendem Tumorwachstum im konventionellen Röntgen nicht zu differenzieren. Sowohl narbig-fibrotische Veränderungen als auch eine ödematöse Schleimhautschwellung der Trachea bis hin zur Trachealstenose sind als Komplikationen einer Intubation möglich. In diesen Fällen ist mit Hilfe der kontrastverstärkten MRT eine verbesserte Differenzierung von Tumorgewebe und Narbenstrukturen zu erzielen. 10.6 Zusammenfassung und diagnostische Strategie Endoskopische Techniken mit der Möglichkeit einer Gewinnung von Zytologie und Histologie sowie der Durchführung interventioneller Eingriffe stellen heute die wesentliche klinische Untersuchungsmodalität dar. Die Erfassung statisch-topographischer Befunde wie auch funktioneller Daten sind zur bildgebenden Diagnostik von Erkrankungen des zervikalen Ösophagus erforderlich. Dabei ist der Schluckakt ein äußerst komplexer Vorgang, der ein ausgewogenes Zusammenspiel einer Vielzahl nervaler und muskulären Strukturen erfordert. Die Ursachen sind bei vielen dysphagischen Beschwerden bereits im Hypopharynx und im Ösophaguseingang zu suchen. Bei Fragestellungen des Ösophagus obliegt der Schwerpunkt in der radiologischen Primärdiagnostik dem konventionellen Breischluck. Jedoch nur bei Verwendung von bariumhaltigem Kontrastmittel sind artdiagnostische Aussagen über tumoröse Raumforderungen möglich. Bei tumorösen Raumforderungen hat die CT zur Beurteilung der Tiefenausdehnung und infiltrierter Strukturen die größte Bedeutung erlangt, zumal gerade hier simultan die regionalen Lymphknoten beurteilt werden können. Die MRT ist bezüglich der diagnostischen Information als gleichrangig zu erachten, erlaubt aber durch die mögliche sagittale Schichtführung eine verbesserte Beurteilbarkeit der Längsausdehnung. Die endgültige histologische Diagnose liefert in der Regel erst eine Ösophago-/Gastroskopie. Sollte eine Läsion im Bereich der Trachea zu einem unmittelbar lebensbedrohlichen Zustand führen, steht eine endoskopische Abklärung oder ggf. eine Operation im Vordergrund. Ansonsten sind konventionelle Röntgenaufnahmen in zwei Ebenen, bei erhaltener Kooperationsfähigkeit des Patienten in Inspiration und Exspiration, als ausreichend anzusehen. Die modernen Schnittbildverfahren sind als weiterführende Diagnostik bei fraglichen tumorösen Raumforderungen indiziert. Sie sollte die Differenzierung zwischen benignen und malignen Tumoren ermöglichen. Schließlich erbringt in der Regel erst die histologische Abklärung durch eine Endoskopie die endgültige Diagnose. In vielen Fällen, z.B. bei der Fremdkörperaspiration, beinhaltet ein endoskopisches Verfahren auch schon die entscheidende therapeutische Maßnahme (Abb. 10.12). Literatur Abb. 10.12. Diagnostische Strategie in Trachea und Ösophagus Literatur Burgener FA, Kormano M (1993) Röntgenologische Differentialdiagnostik. Thieme, Stuttgart Dillon WP, Harnsberger HR (1991) The impact of radiologic imaging on staging of cancer of the head and neck. Semin Oncol 18: 64–79 Fried MP, Moharir VM, Shinmoto H, Alyassin AM, Lorensen WE, Hsu L, Kikinis R (1999) Virtual laryngoscopy.Ann Otol Rhinol Laryngol 108: 221–226 Galanski M, Prokop M (1998) Ganzkörpercomputertomographie. Thieme, Stuttgart Hannig C, Wuttge-Hannig A, Hess U (1998) Röntgenkinematographische Ermittlung von Normwerten der pharyngealen Motilität als Grundlage der Diagnostik pathologischer Veränderungen. Röntgenpraxis 51: 141–149 Heindel W, Kugel H, Lackner K (1997) Rationelle MR-Untersuchungstechniken. 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