Mikrobielle, chemische und sensorische Eigenschaften bestrahlten

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Mitteilungsblatt Fleischforschung Kulmbach (2014) 53, Nr. 204 – Praxis-Informationen
Praxis-Informationen
Mikrobielle, chemische und sensorische Eigenschaften bestrahlten Lammfleisches
unter Kühllagerung
Quelle: Meat Science 97 (2014), 151-155
Der Zeitraum der 50er – bis Mitte der 60er Jahre war die Hochzeit einer weltweit
vorherrschenden, euphorischen Atombegeisterung. Aus heutiger Sicht kaum mehr
nachvollziehbar, führte sie durch ihre Popularisierung damals zu Arbeiten auf allerlei
Gebieten einer zivilen bis privaten Nutzung der Nuklearenergie – vom atomgetriebenen
Frachter bis zum PKW. In diesem Kontext wurde auch vornehmlich in dieser Zeit deren
Eignung zur Lebensmittelkonservierung bzw. von Fleisch und Fleischwaren detailliert
untersucht. Daher stammt u. a., dass Fleisch sinnfälligem Verderb ab einer Bestrahlungsdosis 10 kGy unterliegt, der als „wet dog“ bezeichnet wird. Es handelt sich hierbei um
eine, an den Geruch eines nassen Hundefells oder auch Lodenmantels erinnernde,
geruchliche und geschmackliche Abweichung, die i. a. auf der Reaktion von Fleischbestandteilen mit durch die Bestrahlung im Produkt gebildeten Radikalen bzw. deren
Zertrümmerung in sensorisch aktive Bestandteile selbst beruht. Die teilweise deutlich über
diesen Werten angesiedelten Letaldosen von Schad- und Verderbskeimen lassen aber eine
Sterilisation auf vergleichbare Lagerfähigkeit von Konserven durch Bestrahlung nicht zu.
Man führt daher nur eine Strahlenpasteurisation durch, so dass eine Kühllagerung rein
bestrahlt haltbar gemachten Fleisches und Fleischwaren notwendig ist. Zudem empfiehlt sich
während der Bestrahlung eine moderate Produkterwärmung zur Reduktion der
Strahlenresistenz der Keime und damit zur Erlangung einer möglichst hohen Abtötungsrate.
Hierzulande hat diese Art der Haltbarmachung neben irrational – diffusen Nuklearphobien
aber aufgrund nur marginaler Vorteile gegenüber klassischen Verfahren bei hohen
Ansprüchen an die sensorische Qualität in Kombination mit wenig Produktakzeptanz und
hohen, kostenintensiven Sicherheitsauflagen wohl auch zu Recht keine Verbreitung
gefunden.
FREGONESI et al. (Irradiated vacuum-packed lamb meat stored under refrigeration:
Microbiology, physicochemical stability and sensory acceptance, Meat Science 97 (2014)
151-155) greifen nun aber das Thema für Lammfleisch auf. Als brasilianische Arbeitsgruppe
scheint ihnen o. a. Problematik für den heimischen Markt nicht gegeben und sie sehen in der
Bestrahlung eine gute Möglichkeit, die Haltbarkeitsdauer gekühlten Lammfleisches unter
gleichzeitiger Keimreduktion auf diesem expandierenden Marktsegment zu verlängern. In
ihrer Arbeit untersuchten sie verschiedene Dosen an Gammastrahlen auf die Lagerfähigkeit
von vakuumverpackt bei -1 bis 1 °C kühl gelagerten Lammfleischproben. Die Proben aus M.
Longissimus dorsi (= Kotelettstrang, Karree) wurden in einem Cobalt – 60 – Strahler auf ihre
Kühltemperaturen stabilisiert mit Dosen von 1,5 bzw. 3 kGy bestrahlt und zusammen mit
unbestrahlten Kontrollen zum Zeitpunkt der Einlagerung und an den Tagen 14, 28, 42, und
56 ihrer Kühllagerung hinsichtlich ihrer chemischen Zusammensetzung, ihres mikrobiellen
und ihres sensorischen Status untersucht.
Erwartungsgemäß wiesen die bestrahlten Proben über die Lagerdauer deutlich geringere
Keimgehalte als die Kontrollen auf, wobei sich hier die Bestrahlungsdosis von 3 kGy als
besonders effektiv erwies. Diese Proben wiesen erst gegen Ende der Lagerdauer von 56
Tagen Keimgehalte auf, welche den Kontrollen zum Zeitpunkt der Einlagerung entsprachen.
Bei 1,5 kGy wurden diese Keime immerhin noch nach 14 bis 28 Tagen erreicht. Optisch
relevante L*-, a*- und b*- bzw. einen Fettverderb anzeigende TBARS-Werte zeigten, wie
ebenfalls als sensorisch relevant erfasste pH-, Scherkraft- und Kochverlustwerte keine
Unterschiede zwischen bestrahlten zu unbestrahlten Proben. Gleiches galt auch für die
Attribute Aroma, Textur, Saftigkeit, Geschmack und Akzeptanz, welche in sensorischen
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Mitteilungsblatt Fleischforschung Kulmbach (2014) 53, Nr. 204 – Praxis-Informationen
Tests mit 63 Teilnehmern bestimmt wurden. Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass
eine Gammabestrahlung mit 3 kGy zu einer effektiven Keimreduktion bei der Kühllagerung
von Lammfleisch führt, ohne dabei dessen sensorischen Status bzw. seine physikochemischen Eigenschaften zu beeinflussen. Ob dies alles zu hierzulande üblichen
Ansprüchen an den sensorischen Status bzw. mit den Verzehrsgewohnheiten kompatibel ist
und so übernommen werden kann, müsste aber geklärt werden.
Peter NITSCH
95512 Neudrossenfeld
Keine gesundheitsfördernde Wirkung von Resveratrol in der Nahrung
Quellen: Mitteilungsblatt der Fleischforschung Kulmbach 44, Nr. 169
JAMA Intern. Med., Published online May 12,
2014. Doi:10.1001/jamainternmed.2014.1582
Wissenschaftliches Interesse an Resveratrol entwickelte sich bereits Anfang der 90er Jahre,
als man eine Erklärung für das sogenannte „French Paradoxon“ suchte. Darunter versteht
man in der Epidermiologie eine relativ niedrige Herzerkrankungsrate in der französischen
bzw. südeuropäischen Bevölkerung trotz relativ hoher Fettzufuhr tierischen Ursprungs (in
gleicher Höhe, wie in anderen europäischen Regionen), ungefähr gleich hohen Cholesterinspiegeln und zudem gleichwertiger Intensität beim Rauchen. Man versuchte dies durch
epidemiologische Studien auf den Verzehr bestimmter, regional dort üblicher Lebensmittel,
die reich an bestimmten, sogenannten „funktionellen Substanzen“ sind, zu belegen. Durch
klassische, zunehmend von biometrischer Seite her gerade auch bei ernährungsphysiologisch – epidemiologischen Studien kritisierte Fehler, die von Signifikanzaussagen
aufgrund sehr hoher Stichprobenumfänge bis hin zu Nichtberücksichtigung soziodemographischer Störfaktoren reichen, überzeugen diese allerdings i. a. wenig. Dennoch
halten sich hartnäckig seitdem diesbezüglich ernährungsphysiologische Mythen, wie z. B.
dass der maßvolle Genuss von Rotwein „nachgewiesenermaßen“ gesundheitsförderlich sei
und dies auf dem darin enthaltenem Resveratrol beruhe.
Gerade in diesem Zusammenhang mit gesunder Ernährung und Rückstandsfreiheit im
Essen ist bei diesem „gesundheitsförderlichen Stoff“ interessant, dass Resveratrol eine
chemische Struktur hat, die derjenigen des synthetischen östrogenen Hormons
Diethylstilboestrol entspricht und daher natürlich auch dessen pharmakologische
Wirksamkeit/Funktion besitzt. Nach Untersuchungen von GEHM B. D. et al. (1997) besteht
durchaus die Möglichkeit, dass Resveratrol das Wachstum vorhandener Brustkrebszellen
fördert. Als Folge dessen existieren auch im Zusammenhang mit Resveratrol seit langem
Sicherheitshinweise von Anbieterseite. Resveratrol ist daher für Kinder, Schwangere oder
Stillende bzw. Personen mit massiven Leber- oder Nierenschäden in der Anwendung nicht
unbedingt unkritisch. Personen mit Blutgerinnungsstörungen in Bezug auf Thromboisierung/Thrombophilie bzw. unter entsprechender Prophylaxe sollten Resveratrol nur unter
ärztlicher Aufsicht konsumieren. Weitere Informationen zu Resveratrol finden sich unter u. a.
bei NITSCH, P. (2005) Mitteilungsblatt der Fleischforschung Kulmbach 44, Nr. 169.
In einer größer angelegten Studie untersuchten nun erstmals SEMBA et al. (Resveratrol
Levels and All-Cause Mortality in Older Community-Dwelling Adults, JAMA Intern Med.,
Published online May 12, 2014. Doi:10.1001/jamainternmed. 2014.1582) die Wirkung von mit
der Nahrung aufgenommenem Resveratrols auf den Gesundheitsstatus (und damit auch den
Wahrheitsgehalt der resveratrolbasiert gesundheitsförderlichen Wirkung von Rotweinkonsum). Es handelte sich dabei um eine sogenannte prospektive Kohortenstudie, bei der
von 1998 bis 2009 an 783 männlichen und weiblichen Einheimischen ab 65 Jahren Alter aus
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