Psychotherapeutische Strategien bei

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Psychotherapeutische Strategien bei
verschiedenen chronischen
Schmerzerkrankungen
Dipl. Psych. Bernd Kappis
Klinik für Anästhesiologie
Dr. med. Martin von Wachter
Klinik für Psychosomatik
Deutschen Schmerzkongress 2012
Schmerzpsychotherapie
3 Ebenen
Schmerzpsychotherapie
Ziele 1
(nach Kröner-Herwig 2004)
“Schmerz ist ein psychologisches
Problem ...
... auch wenn er ursprünglich
körperlichen Sensationen erwachsen
ist.“
G.L. Engel (1959)
Schmerzpsychotherapie
Ziele 2
(nach Kröner-Herwig 2004)
Differentialdiagnostik
bio
Gewebeschädigung mit inadäquater
Krankheitsbewältigung
z.B. somatische Fixierung, Katastrophisieren,
Ängstl. Vermeidung
Funktionelle Störung
z.B. unspez. Rückenschmerz
Fibromyalgie
Psychische Störung im engeren Sinne:
z.B. somatoforme Schmerzstörung,
PTSD, Fibromyalgie, Depression
Nach Egle et al 1999
psychosozial
Differentialdiagnostik
Neuropathischer Schmerz
Arthritis
Athrose
CRPS + psychische Komorbidität
Gewebeschädigung
F45.41
unspez. Rückenschmerz
Kopfschmerz
CMD
Unterbauchschmerz
Reizdarmsyndrom
Fibromyalgiesyndrom
funktionelle Störung
psychische Störung
F45.40
somatoforme Schmerzstörung
Traumafolgestörung
Depression
Störungsorientierte Behandlung
bio.
psychosozial
Gewebeschädigung
funktionelle Störung
psychische Störung
Psychoedukation
Schmerzbewältigung
Stressbewältigung
V-Psychotherapie
Interaktionelle-Psychotherapie
Aktivierende Bewegungstherapie
Entspannungsverfahren
Interventionen
Gewebeschädigung
funktionelle Störung
psychische Störung
Akzeptanz (ACT)
Schmerzbewältigungsstrategien
Schmerzmedikamente
Motivation zu Körperl. Aktivität
Entspannungverfahren/Biofeedback
Stressbewältigung
Das richtige Maß finden
Pausenmanagement
Arbeitsplatz/Coaching/Ergotherapie
Erkennen von Belastungsgrenzen
Kognitive Techniken
Anspruch an sich selbst
Schmerzmedikation überprüfen
Differenzierung zwischen Schmerz und Gefühl
Grundbedürfnisse n. Grawe
Verarbeitung von Verlust und Trauma
Imaginationsübungen
Psychopharmaka
psychologische Schmerztherapie
Komponenten
Aktivitätsförderung
Imagination
kognitive
Therapie
Schmerzdiagnostik
operante
Therapie
Edukation /
Information
Edukation / Information
Edukation / Information
Ziele
„Vermittlung einer multidimensionalen Theorie des Schmerzes.
Akzeptanz psychosozialer Einflussfaktoren.
Vertrauen auf eigene Einflussmöglichkeiten fördern.“
Kröner-Herwig/Frettlöh 2004
„Neben der Vermittlung grundlegender anatomischer
und physiologischer Sachverhalte steht hierbei als
weitere Aufgabe das geleitete Entdecken und Verstehen
psychophysiologischer und bio-psycho-sozialer
Zusammenhänge im Fokus der therapeutischen Arbeit.“
Glier 2004
„Die Vermittlung wissenschaftlicher Korrektheit des Modells ist von geringerer
Bedeutung; wichtiger ist, dass Erklärungen für die Patienten verständlich sind
und möglichst viele ihrer Erfahrungen aufgreifen.“
Pfingsten 2003, „GRIP - Das Manual“
Edukation / Information
Ziele und Inhalte
Schmerz: Medizinische Grundkenntnisse (gate control-Theorie)
Unterschied akuter – chronischer Schmerz
Mit Schmerz assoziierte Symptome, Rolle von Stress
Bio-psycho-soziales Modell
Teufelskreise: Schmerz - Schonung - … (Folgen chronischer Schmerzen)
Risikofaktoren, protektive Faktoren
Unterscheidung und Interaktion von: Emotion, Kognition, Verhalten
Behandlungsmöglichkeiten
Medikamentenwissen
Edukation / Information
Filme
SWR: Planet Wissen:
Psychosomatik - Wenn die Seele
krank macht
Das Fibromyalgiesyndrom
Rheuma-Liga
Baden-Württemberg
www.auditorium-netzwerk.de
Edukation / Information
Internet
Schmerzwahrnehmung
Bewertung
Lokalisation
Schmerzerwartung,
Schmerzaufmerksamkeit
Emotionen
Schmerzintensität
Gehirn
Alarmsystem
Stress
Hemmung
Schmerzreiz
Bahnung
Rückenmark
www.psychosomatik- aalen.de
www.schmerzpsychoedukation.de
www.dgss.org
www.dgpsf.de
www.schmerzklinik.de
Glier, 2002, S. 65
Glier, 2002, S. 65
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Edukation / Information
► 37-jährige Patientin,
Z.n. zwei OP‘s (NPP),
Erstgespräch
► körperliche und
psychologische Faktoren
gleichberechtigt
► „Funktionen“ des
Symptoms (grün)
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Modell 1
Edukation / Information
►
gleiche Patientin,
2. Gesprächstermin
►
Verdeutlichung eines
Teufelskreises
►
lösungsorientiert
►
potentielle
Schwierigkeiten
berücksichtigt
(„Schweinehund“)
Schmerzdiagnostik
Modell 2
Schmerztagebuch
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Foto: Deborah Leigh, www.flickr.com
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Schmerzdiagnostik
Schmerztagebuch
Ziel: diagnostische Informationen und differenzierte Wahrnehmung (Variabilität)
Schmerzverlauf, Medikation und Wirkung, Schlaf
Zusammenhänge mit Aktivitäten (z.B. Überforderung, Schonung, Entspannung)
Bisherige Bewältigungsstrategien (erfolgreiche Strategien vs. inadäquates coping)
Ansatzpunkte für Veränderungen
Aufklärung, Zeitdauer
In unserem Beispiel: Keine Zusammenhänge mit Kognitionen und Emotionen
Aktivitätentagebuch, Tagesverlauf, Aktivitätenliste
Schmerzdiagnostik
Imagination
Sensibilisierung für das Thema
Aufmerksamkeit mit einer
„Körperreise“
Mechanismus der
Aufmerksamkeitslenkung
(Fokussierung > Intensivierung).
Bewusste Steuerbarkeit!
Verbesserung der
Selbstwahrnehmung /-steuerung
Achtsamkeitsübung,
Wahrnehmungsübung,
Genusstraining
Phantasiereisen
(Bsp. Ort der Ruhe und der Kraft)
Schmerztagebuch
Neuroplastizität
• 8 Wochen täglich Achtsamkeitübungen Dichte der
grauen Hirnsubstanz vermehrt
• verbesserte Stresstoleranz
• Erhöht Schmerzschwelle
• Positive Erfahrung und Psychotherapie verändert das
Gehirn
Buddhistischer Mönch und Richard Davidson, Spiegel 2008 J. Miller
Imagination
Aufmerksamkeitslenkung
Unterscheidung
Innere Ablenkung:
Innere Bilder, Vorstellungen, Phantasien.
Hierzu sind keine Hilfsmittel notwendig,
die innere Ablenkung ist prinzipiell immer
einsatzbereit.
Äußere Ablenkung:
Konzentration auf äußere Reize oder
Tätigkeiten.
Hilfreich:
Beispiele von Patienten sammeln
Schmerzverlaufskurven in Abhängigkeit
von der Aufmerksamkeit / Ablenkung (TV,
Telefon etc.)
Sehen
Hören
Schmerz
Denken
Riechen
Bewusst
-sein
Tasten
Schmecken
TemperaturEmpfinden
Aktivitätsförderung
Ziele
Balancierung von Aktivitäts- und Ruhephasen
(Verstärkung der Schmerzen durch Überaktivität)
Regulierung des Anspruchsniveaus im Hinblick auf realistische Ziele
Sukzessiver Aufbau neuer Aktivitäten mit Verstärkungspotenzial
Desensibilisierung der schmerzbezogenen Angst
Abbau von Vermeidungsverhalten
Verloren gegangene frühere Aktivitäten, Verstärkerverlustmodell
Planung von Teilzielen > Motivationsförderung
Körperliche Aktivierung (Bewegungsübungen) und soziale Aktivierung
beachten
Durch Training stärken: Bewegung im Alltag, Sport
Durch Ausgleich entlasten: Pausen, Sport, Entspannung
Aktivitätsförderung
Vorgehen
Sammeln von Beispielen für Schonverhalten
Gegenüberstellung kurz- und langfristiger Konsequenzen des Schonverhaltens,
Bei Ambivalenzen: 4-Felder-Schema
Teufelskreismodell
Erstellen einer Zielliste: was will ich konkret erreichen?
Ziele sollen realistisch, konkret, positiv sein, ggf. Zwischenzielbildung
„Aufbau-Training“ (Pacing), aber: Belastung kann kurzfristig Beschwerden
verstärken
Tages- / Wochenpläne, Behandlungsvertrag?
Rolle des Therapeuten:
Anregung, Planungshilfen, Ermutigung, Unterstützung, Einforderung der
Rückmeldung
Aktivitätsförderung
bei Ambivalenzen
Aktivitätsförderung
Pacing
Leistungsfähigkeit
Zeit
Aktivitätsförderung
Pacing
Leistungsfähigkeit
Zeit
Überlastung?
Überlastung?
Meine Auszeit
Das Arbeitsblatt soll Ihnen helfen, feste Erholungspausen zum Kraftschöpfen in den Alltag
einzuplanen.
Wann kann ich Pausen im Alltag/auf der Arbeit einplanen?
Während der Arbeit
Wo kann ich die Pause zu Hause oder am Arbeitsplatz machen?
Am Schreibtisch
Was mache ich in der Pause? (z.B. Bewegungsübung, PME, Imaginationsübung...)
Übung heimlicher Handschlag oder ans Fenster gehen
Wie lang muss die Pause sein?
2
mindestens: _ ___________Minuten
5
maximal: __ _____Minuten
Wie oft ist eine Pause notwendig?
Alle 2 Stunden
Was ist für mich hilfreich, um Pausen einzuhalten? Wie kann ich mir Pausen erlauben?
Wer kann mich dabei unterstützen? Hilfreiche Sätze? Wie kann ich mich dafür belohnen?
Wenn ich Pausen mache kann ich meine Arbeit gut und
konzentriert machen
© M.v. Wachter, Psychosomatik Aalen
Meine Auszeit
Das Arbeitsblatt soll Ihnen helfen, feste Erholungspausen zum Kraftschöpfen in den Alltag
einzuplanen.
Wann kann ich Pausen im Alltag/auf der Arbeit einplanen?
Zuhause
Wo kann ich die Pause zu Hause oder am Arbeitsplatz machen?
Wohnzimmer Sofa
Was mache ich in der Pause? (z.B. Bewegungsübung, PME, Imaginationsübung...)
Hinlegen
Wie lang muss die Pause sein?
20___________Minuten
mindestens: _
30_____Minuten
maximal: __
Wie oft ist eine Pause notwendig?
2x amTag
Was ist für mich hilfreich, um Pausen einzuhalten? Wie kann ich mir Pausen erlauben?
Wer kann mich dabei unterstützen? Hilfreiche Sätze? Wie kann ich mich dafür belohnen?
Nur wenn ich Pausen mache kann ich weiter für meine
Familie da sein
© M.v. Wachter, Psychosomatik Aalen
kognitive Therapie
Erhöhte kognitive Kontrolle führt zu einer geringeren affektiven Schmerzbewertung
(Studien mit BPS, Mannheim)
Affektive Schmerzverarbeitung:
anteriorer Gyrus Cynguli
Kognitive Schmerzverarbeitung:
dorsoloaterale präfrontaler
Kortex
kognitive Therapie
ABC-Modell
Albert Ellis
1913- 2007
„Ohne Medikamente wird der Schmerz immer schlimmer”
„Mit dem Schmerz kann man nichts mehr genießen”
kognitive Therapie
fear avoidance
Angst-Vermeidungs-Überzeugungen
„Schmerz signalisiert eine Schädigung“
„Bewegungen führen zu Verletzungen“
„Ich muss Aktivität möglichst vermeiden“
„Meine berufliche Tätigkeit ist zu schwer“
„Bei Überlastung / falscher Bewegung droht
der Rollstuhl“
Kognitiv-emotionale Bewertungen über
Ursachen und Beeinflussbarkeit von
Schmerzen
kognitive Therapie
Angst vor Schmerzen
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„K
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Pfingsten
kognitive Therapie
fear avoidance: therap. Konsequenzen
Diagnostik: Angst-Vermeidungseinstellungen erfassen
Negative Antizipationseffekte vermeiden
Aktive Therapie
Bei Behandlung kein Vermeidungslernen (Bsp. Rückenschule)
Behandlung durch “Versicherung“ (Assurance)
1. Aktivität reduziert Schmerz !
2. Die Heilung von Weichteilverletzungen (Muskeln, Bänder, Sehnen,
Bindegewebe) wird durch Bewegung beschleunigt!
Erfahrung des eigenen Verhaltens (als
behaviorale Technik) kann zur Änderung von
krankheitsspezifischen Überzeugungen
führen.
(Pfingsten 2004)
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operante Therapie
auch: instrumentelle Konditionierung,
Instrumentelles Lernen
„Die Konsequenz einer Handlung
bestimmt die zukünftige
Auftretenswahrscheinlichkeit“
Lernmodell:
RC
Reaktion Konsequenz
B. Frederic Skinner (1904-1990)
operante Therapie
Ökonomische Anreize und Schmerzbewältigung
Vergleich der Behandlungsdauer bei Unfallopfern nach Abschaffung der
Haftpflicht für Schleudertraumaunfälle in Saskatchewan (Kanada) am 1.1.1995
Vorher:
Nachher
433 Tage
194 Tage
operante Therapie
operante Therapie
Aus Birbaumer, Schmidt 2003
operante Therapie
Ziele
Annahme: Schmerzverhalten erhält Schmerzerleben aufrecht
Reduktion: Schmerzverhalten, exzessives
Verhalten, Inanspruchnahme
Erhöhung: Aktivitätsniveaus, gesundes /
aktives / schmerzinkompatibles Verhaltens
Aufrechterhaltung dieser Veränderungen in
der natürlichen Umgebung des Patienten
(Einbeziehung der
Familie)
Umarrangieren der Kontingenzen für
Schmerz- und Gesundheitsverhalten
Nicht primär Reduzierung der
Schmerzintensität
operante Therapie
Stationäre Therapie besser kontrollierbar
Einbezug wichtiger Bezugspersonen
Methoden
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positive Verstärkung: Aufmerksamkeit, Anerkennung, Lob und verbale
Unterstützung für gesundes, aktives Verhalten und Pflichtenübernahme
Löschung: Entzug emotionaler und physischer Zuwendung bei
Schmerzverhalten. Ignorieren von Klagen und Jammern (= Nichtbeachtung von
Schmerzverhalten -> Dieser „Schmerz“ ist kein Thema in der Therapie)
Quotenpläne für Anstieg gewünschten Verhaltens
Zeitkontingente Medikamenteneinnahme
Selbstkontrolltechniken
Literatur, Auswahl
Dieser Vortrag für Sie:
www.schmerzpsychosomatik.de
Arbeitsblätter und Infos für Ihre Patienten
www.schmerzpsychoedukation.de
Interdisziplinäre Gesellschaft für
Psychosomatische Schmerztherapie
www.igps-schmerz.de
[email protected]
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