Konzept der multimodalen Schmerztherapie Etwa 17% der deutschen Bevölkerung leiden an chronischen Schmerzen, das entspricht knapp 14 Millionen Betroffenen. Bei diesen Patienten kann die körperliche Ursache des Schmerzgeschehens häufig nicht mehr eindeutig bestimmt oder vollständig behoben werden. In der Folge kann Schmerz zu einem eigenständigen Krankheitsbild werden, das anders als akuter Schmerz keine sinnvolle Warn-, Schutz- und Heilfunktion mehr hat. Nach einer weitverbreiteten Definition spricht man von chronischem Schmerz, wenn er länger als sechs Monate andauert. Zu den häufigsten Krankheitsbildern chronischer Schmerzen gehören Rücken- und Kopfschmerzen, gefolgt von Nervenschmerzen. Bio-psycho-soziales Krankheitsbild Heute weiß man, dass chronischer Schmerz ein bio-psycho-soziales Geschehen ist, das biologische ebenso wie psychologische, soziale und kulturelle Komponenten hat. Denn mit zunehmender Dauer wirken sich Schmerzen beeinträchtigend auf die Psyche, aber auch auf Familie, Freundeskreis und die berufliche Situation aus. Neben diesen enormen psychosozialen Folgen für den Einzelnen, verursacht der chronische Schmerz auch enorme Kosten für das Gesundheitssystem. Trägt man der Komplexität und Vielschichtigkeit einer Schmerzkrankheit Rechnung, so sieht eine optimale Schmerztherapie nach derzeitigem Stand eine ganzheitliche Behandlung vor, die alle Komponenten des Geschehens umfasst. Optimaler Versorgungsansatz – interdiziplinär und multimodal Um allen Aspekte der Schmerzkrankheit gerecht zu werden, ist die Einbindung verschiedener Fachdisziplinen in einem interdisziplinären Team erforderlich. Hier entwickeln Fachärzte unterschiedlicher Disziplinen, z.B. Neurologen, Anästhesisten und Psychotherapeuten bzw. Ärzte für Psychosomatik, gemeinsam mit Psychologen, Physiotherapeuten und teilweise auch Sozialpädagogen ein multimodales Behandlungskonzept und optimalerweise eine auf den einzelnen Patienten zugeschnittene Therapie. Ein multimodalen Konzept schließt neben medizinischen und medikamentösen Maßnahmen auch psychologisch-verhaltensmedizinische Verfahren sowie eine dem individuellen Leistungsvermögen angepasste Bewegungstherapie ein. Der Vorteil von Schmerzkliniken in universitären Zentren ist darüberhinaus, dass neueste diagnostische und therapeutische Forschungsergebnisse rasch in die Schmerzversorgung von Patienten einfließen können. Die Integration von Grundlagenwissenschaft, klinischer Forschung und Therapiestudien ist wichtig, um das Verständnis der Entstehungsmechanismen chronischer Schmerzen weiterzuentwickeln und die Therapieoptionen erheblich zu verbessern. Unter Gesichtspunkten der Versorgung der schmerzkranken Patienten bedarf es zudem der Zusammenarbeit und Information aller Ebenen der Schmerzversorgung. Hierzu gehören niedergelassene Praxen, spezialisierte Schmerzzentren, Schmerzorganisationen und politische Gremien. Ambulant – tagesstationär – vollstationär In Abhängigkeit von den individuellen Bedürfnissen sind meist drei Behandlungsvarianten vorgesehen. Neben der vorwiegend ambulanten Versorgung von Schmerzpatienten besteht die Möglichkeit, im Rahmen eines stationären Aufenthaltes Patienten umfänglich zu diagnostizieren und die ersten Behandlungsschritte einzuleiten und im weiteren zu begleiten. Der vollstationäre Aufenthalt kann auch für Patienten sinnvoll sein, bei denen eine Schmerzkrise eingetreten ist, die im ambulanten Bereich kurzfristig nicht ausreichend intensiv betreut werden kann. Durch die Anwendung eines vierwöchigen tagesstationären multimodalen Therapieprogrammes kann neben einer Optimierung der medikamentösen Therapie eine bessere körperliche und psychische Bewältigung des Alltags erzielt werden. Hier erfolgt unter anderem die Vermittlung von Entspannungstechniken sowie die Anwendung schmerzlindernder und bewegungsfördernder Krankengymnastik. In verhaltenstherapeutischen Einzel- und Gruppengesprächen erlernen die Patienten vor allem Schmerzbewältigungsstrategien. Eckpfeiler eines multimodalen Behandlungskonzepts • Medikamentöse Therapie: Individuelle medikamentöse Einstellung, angelehnt an den von der WHO empfohlenen Stufenplan bzw. bei Nervenschmerzen weitere Medikamente wie Antidepressiva und Antiepileptika • Nicht-medikamentöse Therapie: TENS (Transkutane Elektrische Nerven Stimulation), Biofeedback • Interventionen: Nervenblockaden mit Lokalanästhetika (z.B. Sympathikusblockade), Periduralanästhesie mit oder ohne Katheter zur kontinuierlichen Abgabe des schmerzlindernden Medikamentes, GLOA (Ganglionäre Lokale Opiod-Applikation), Implantation einer Stimulationselektrode oder Medikamentenpumpe im Bereich des Rückenmarks • Psychotherapie: Psychotherapeutische Einzelgespräche und Gruppentherapie, Krankheits- und Schmerzbewältigungsstrategien, Effektive Methoden zur Stressbewältigung • Physiotherapie: Körper- und Bewegungserfahrung, Ausdauer-, Koordinations- und Krafttraining, Entspannungstherapie, physiotherapeutische Einzeltherapie, Selbsthilfetraining • Sozialpädagogik: Beratung bei sozialen und beruflichen Fragen Fotos – Thema „multimodale Schmerztherapie“ Zum Download in druckfähiger Auflösung (300dpi) unter: http://www.neuro.med.tu-muenchen.de/dfns/presse/bilder_mmSth_05062012.html medikamentöse Therapie (Originalgröße: 300dpi (2776 x 224 pixel), 7053 KB, jpeg-Format) Quelle: Neurologie, MRI, TUM Physiotherapie: Körper- und Bewegungserfahrung (Originalgröße: 300dpi (1339 x 705 pixel), 171 KB, jpegFormat) Quelle: Neurologie, MRI, TUM Psychotherapie: Gruppentherapie (Originalgröße: 300dpi (3523 x 945 pixel), 2570 KB, jpeg-Format) Quelle: MRI, TUM