DR. ANDREA FLEMMER Schilddrüsenprobleme natürlich behandeln Alle wichtigen Heilmethoden Das können Sie selbst tun : Extra e nd Gesu ür die pte f se e z e ­R ddrü l i h c ­S 14 Die Schilddrüse – wichtig zu wissen Schilddrüsen­ hormone steuern unseren Grund­ umsatz. Die Aufgaben der Schilddrüsenhormone In unserem Körper haben alle Zellen einen gewissen Grundumsatz, den man zur Aufrechterhaltung der normalen Zellfunktion benötigt. Das bedeutet, dass die Zellen Energie produzieren, die sie für andere Aufgaben benötigen, z. B. stellen die inneren Drüsen Hormone her, die Herzmuskelzellen müssen sich für den Herzschlag rhythmisch zusammenziehen und die Nieren scheiden schädliche Stoffe aus. Die spezifischen Aufgaben der jeweiligen Zellen werden durch den Grundumsatz gewährleistet. Bei einem höheren Grundumsatz steigert sich auch die Produktivität der einzelnen Zellen, bei einem niedrigen geht alles etwas langsamer. Dieser Grundumsatz wird von den Schilddrüsenhormonen gesteuert. Mehr Schilddrüsenhormone haben einen gesteigerten Grundumsatz zur Folge, weniger einen geringeren. Damit ist auch der Energieverbrauch der Zellen verknüpft. Je höher der Grundumsatz, desto mehr Energie und Sauerstoff verbrauchen sie. Dabei ist der Energieverbrauch gleichzusetzen mit Kalorienbedarf, der dann durch erhöhte Nahrungsaufnahme gedeckt werden muss. Während der Entwicklung vom Fetus bis zum Übergang der Pubertät ins Erwachsenenalter haben die Schilddrüsenhormone außerdem einen direkten positiven Einfluss auf die Entwicklung der Knochen und des Gehirns. Tatsächlich werden alle Zellen des Körpers und alle Organe direkt durch die Schilddrüsenhormone beeinflusst. Das betrifft sowohl unser Herz als auch die Muskel- und Nervenfunktionen, das Gehirn und die Knochen bis hin zu Haut und Haaren, die direkt unter dem anregenden Einfluss der Schilddrüse stehen. Die Schilddrüsenhormone regulieren die Körpertemperatur, wirken sich auf den Blutdruck und das körperliche Leistungsvermögen aus. Sie beeinflussen den Darm und seine Verdauung, die geistige Leistungsfähigkeit, die Konzentration und die Stimmung. Sie re- Kleines Organ, große Wirkung 15 gulieren den Wasserhaushalt, haben Auswirkungen auf das Immunsystem, die Fruchtbarkeit bei Mann und Frau sowie den Schwangerschaftsverlauf. Durch diese Hormone werden auch der Stoffwechsel der Nervenzellen und die Gehirntätigkeit beeinflusst. Auf diesem Wege hat die Schilddrüse auch einen deutlichen Einfluss auf die Psyche und das seelische Gleichgewicht. Sehen wir uns z. B. das Herz an: Bei einer Schilddrüsenüberfunktion leiden die Betroffenen unter einem zu schnellen Herzschlag bis hin zu Herzrasen und Rhythmusstörungen. Bei einer Schilddrüsenunterfunktion schlägt das Herz langsamer. Auch unsere Reflexe werden beeinflusst: Bei Unterfunktion sind sie ­ verlangsamt, bei Überfunktion zu schnell. Der Grund: Die Schilddrüsenhormone beeinflussen die Geschwindigkeit der Signalübertragung vom Nerv auf den Muskel. T3 und T4 steigern den Grundumsatz sowie den Gesamtstoffwechsel. Beim Gesunden dienen sie der Aufrechterhaltung einer ausgeglichenen Energiebilanz. Man nennt sie aufgrund ihrer Wirkung auch die „Peitsche des Organismus“. Sie fördern den Eiweißaufbau, wie z. B. den der Muskulatur. Man spricht von einer „anabolen“, also aufbauenden Wirkung. Eine Mindestmenge an Schilddrüsenhormonen ist für die Entwicklung der verschiedenen Organe und besonders des zentralen Nervensystems Vo­ raussetzung. Durch Anregung der Wärmeproduktion wird die Körpertemperatur konstant gehalten. Die Schilddrüsenhormone wirken nur auf die Körperzellen, die einen speziellen T3-Rezeptor haben. Bildlich kann man sich das wie ein Schloss vorstellen: Das Hormon T3 ist der Schlüssel und der Rezeptor das Schloss. Passt der Schlüssel, also das Hormon, zum Rezeptor, dem Schloss, so wird T3 aufgenommen und kann seine Wirkung in der Zelle entfalten. Seltsamerweise befinden sich die Rezeptoren am Zellkern: der Schaltzentrale der Zelle. Hat das Schilddrüsenhormon an seinem „Schloss“ (dem Rezeptor) angedockt, so läuft eine ganze Kaskade an Stoffwechselvor- Die Schilddrüse beeinflusst auch unseren Herzschlag. 16 Die Schilddrüse – wichtig zu wissen gängen ab, die schließlich zu der spezifischen Wirkung der Schilddrüsenhormone in den verschiedensten Organen und Gewebearten führen. Schilddrüsenhormone haben Einfluss auf: • das Herz-Kreislauf-System: Wärmeregulation, Herzfrequenz, Blutdruck • den Magen-Darm-Trakt: Körpergewicht und Energieumsatz, Verdauung, Stoffwechsel von Kohlenhydraten, Fetten und Eiweiß • das Fortpflanzungssystem: Fruchtbarkeit, Schwangerschaft • das äußere Erscheinungsbild: Haut und Haare • das Nervensystem: Leistungsfähigkeit und Psyche Weitere wichtige Faktoren Die Nebenschilddrüsen produzieren das Parathormon, das den Kalziumspiegel im Blut anhebt. Die Nebenschilddrüsen Damit das Ganze nicht zu einfach wird, gibt es auch noch die Nebenschilddrüsen, auch Epithelkörperchen genannt. Sie bestehen aus vier linsenförmigen kleinen Körperchen an den Polen der Schilddrüse, sind etwa so groß wie ein Pfefferkorn und ihre Lage wechselt. Die Epithelkörperchen sind nur schwer von den beiden Schilddrüsenlappen zu unterscheiden und arbeiten komplett unabhängig von der Schilddrüse. Die Nebenschilddrüsen produzieren das sogenannte Parat­ hormon, den Gegenspieler des Kalzitonins. Es hebt den Kalziumspiegel im Blut an, das heißt, es macht sozusagen das Kalzium parat, indem es dafür sorgt, dass aus verschiedenen Organen und Geweben Kalzium freigesetzt wird. Es verbessert die Aufnahme von Kalzium aus der Nahrung und fördert die Kalziumaufnahme über den Darm. Es setzt Kalzium sowie Phosphat aus den Knochen frei und fördert die Phosphatausscheidung über die Nieren. Bei einer Schilddrüsenentfernung im Rahmen einer Opera­tion besteht die Gefahr einer lebenslangen Unterversorgung mit Kalzi- Kleines Organ, große Wirkung 17 um, da es durch das fehlende Parathormon nicht mehr ausreichend aufgenommen wird. Dann müssen die Patienten lebenslang Kalziumpräparate zu sich nehmen und auch Vitamin D. Einflüsse anderer Faktoren und Wechselwirkungen Da wir gerade bei Hormonen sind: Auch eine Wechselwirkung mit anderen Hormonen sollte man in Betracht ziehen. So weiß man, dass Östrogen die Schilddrüsenfunktion bremsen kann und Progesteron schilddrüsenabhängig funktioniert. Die Schilddrüse muss normal funktionieren, damit Progesteron in entsprechend benötigten Mengen produziert werden kann. Wenn Sie als Frau einen unregelmäßigen Monatszyklus haben, sollten Sie eine Basaltemperatur-Kurve anlegen, also über einen ganzen Zyklus hinweg täglich morgens unter der Achsel die Temperatur messen, notieren und dann dem Arzt zeigen. Diese Messung sollte Ihre erste morgendliche Tätigkeit sein, das heißt: sofort nach dem Wachwerden und noch vor dem Aufstehen messen, dabei den ersten Tag der Monatsblutung speziell hervorheben. Aber auch Männer profitieren von dieser Methode: Bei ihnen reichen in der Regel zehn bis 14 Tage, um einen Einfluss der Schilddrüse zu erkennen. Dabei sollte man Besonderheiten wie Erkältung, ungewöhnliche körperliche Belastungen oder vermehrten Alkoholgenuss mit beliebigen Markierungen kennzeichnen. Auch das Hormon Somatostatin, der Nervenbotenstoff Dopamin sowie Glukokortikoide beeinflussen die Schilddrüse: Sie hemmen die Freisetzung von TSH. Kältereize, psychische und körperliche Belastungen führen zu einer vermehrten Bildung von Schilddrüsenhormonen. Dagegen haben Wärmereize und Ruhe den gegenteiligen Effekt. Frauen mit unregelmäßigem Zyklus sollten eine BasaltemperaturKurve anlegen.