Diplomarbeit Antibiotische Therapie im Wandel der Zeit Bakteriophagentherapie als mögliche Alternative zur antibiotischen Therapie eingereicht von Katrin Steinmayr Geb.Dat.: 30.10.1988 zur Erlangung des akademischen Grades Doktor(in) der gesamten Heilkunde (Dr. med. univ.) an der Medizinischen Universität Graz ausgeführt am Institut für Klinische und Experimentelle Pharmakologie unter der Anleitung von Univ.-Prof.i.R. Mag.pharm. Dr. Eckhard Beubler Graz, 09.04.2014 Katrin Steinmayr Eidesstattliche Erklärung Ich erkläre ehrenwörtlich, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig und ohne fremde Hilfe verfasst habe, andere als die angegebenen Quellen nicht verwendet habe und die den benutzten Quellen wörtlich oder inhaltlich entnommenen Stellen als solche kenntlich gemacht habe. Graz, am 09.04.2014 Katrin Steinmayr i Danksagungen Mein besonderer Dank gilt Herrn Univ.-Prof. i.R. Mag. pharm. Dr. Eckhardt Beubler für die Betreuung und Unterstützung während der Bearbeitung dieses sehr interessanten Themas. Außerdem möchte ich mich für die Begutachtung sowie für die Bemühungen in jeglichen Fragen herzlichst bedanken. Meinen lieben Eltern, meinen Geschwistern und meinem Partner möchte ich an dieser Stelle für die großartige Unterstützung während des gesamten Studiums außerordentlich danken. Für die emotionale Stütze möchte ich ganz besonderen Dank aussprechen. Meiner besten Freundin und vielen Wegbegleitern möchte ich auch herzlichst danken. ii Zusammenfassung Antibiotika sind seit ihrer Entdeckung die einzige Möglichkeit bakterielle Infektionen zu therapieren. Deshalb revolutionierten diese Antiinfektiva zu Beginn ihrer Einführung die Humanmedizin und brachten enorme Erfolge. Doch nun sind Wissenschaftler und Mediziner mit einer rasant steigenden Resistenzproblematik konfrontiert und die Wirksamkeit der Antibiotika sinkt stetig. Bakterielle Infektionen bedingt durch multiresistente Erreger sowie fehlende Neuentwicklung von Antibiotika lassen Mediziner in Therapienotstand geraten. In Anbetracht dieser Thematik wurde diese Literaturrecherche, die im Wintersemester 2013/14 durchgeführt wurde, verfasst. Diese soll die derzeitige antibakterielle Therapie und die damit verbundene steigende Resistenzproblematik beleuchten. In der vorliegenden Arbeit wird eine genaue Übersicht der sich derzeitig im Einsatz befindlichen antibiotischen Therapie dargestellt. Die Vorstellung der jeweiligen Antibiotika- Gruppen wird anhand der zur Verfügung stehenden Fachliteratur beschrieben. Die aktuellen Resistenzlagen wichtiger Bakterien gegen bestimmte Gruppen werden angeführt und deren Ursachen sowie mögliche Maßnahmen zur Vermeidung dieser, werden diskutiert. Besondere Problemkeime wie MRSA, VRE und ESBL bildende gramnegative Bakterien, die aktuell im Klinikalltag eine bedrohliche Rolle spielen, werden beschrieben. Unter Berücksichtigung der raschen Resistenzentwicklung vieler Bakterien und die steigende Problematik durch multiresistente Erreger, sollte nach adäquaten Alternativen gesucht werden. Daher wird hier eine eventuell mögliche Alternative zur antibiotischen Therapie beschrieben. Dabei handelt es sich um die in Vergessenheit geratene Bakteriophagentherapie. Obwohl die vielversprechende virale Therapiemethode durch ihre hohe bakterielle Wirtsspezialisierung viele Vorteile wie ein geringes Nebenwirkungsprofil, Auto-Dosierung und Biofilmpenetration bringen würde, kann diese noch nicht breit im klinischen Alltag angewendet werden. Nach Beleuchtung der Vor- und Nachteile der Bakteriophagentherapie stellte sich heraus, dass durch fehlende Studienlage nach westlichen Guidelines diese die Antibiotikatherapie noch lange nicht ersetzen wird. iii Abstract Since their breakthrough discovery antibiotics are the only therapeutic option to cure bacterial infections. The development and mass production of them was one of the twentieth century’s greatest scientific achievements. At the beginning antibiotics have comprised Western medicine’s primary defense against bacterial disease and their use was very successfully. Nowadays scientists and medical practitioners are faced with more inefficient antibiotics and growing antibiotic resistance. The evolution of multidrugresistant pathogens and the decline of antibiotics newly approved, pose serious challenges for clinicians. The aim of this thesis, which was realized in winter term 2013/2014, is to give an up-to- date review about the current effective antibiotics and about the worrisome increasing occurrence of antibiotic resistance. An overview of current figures of bacterial resistance, causes that lie behind it and appropriate strategies out of this problem should be given. Antibiotic- resistant bugs like MRSA, VRE and ESBL- producing gram- negative bacteria are described, which are causing enormous problems because of intractable nosocomial infections. One of this treatment options would be the phage therapy, or the use of bacteriophages to kill pathogenic bacteria, represents a potentially significant, if currently underdeveloped, weapon in our ongoing battle against bacterial disease. Although phage therapy would bring enormous advantages like auto dosing, less side effects and the ability of biofilm penetration, skeptics argue that phage therapy has not proven its mettle in rigorous, largescale trials following Western protocols. These are reasons, because of them phage therapy will not replace antibiotic therapy in near future. iv Inhaltsverzeichnis Danksagungen ....................................................................................................................... ii Zusammenfassung ................................................................................................................ iii Abstract ................................................................................................................................. iv Inhaltsverzeichnis .................................................................................................................. v Abkürzungen ....................................................................................................................... vii Abbildungsverzeichnis ....................................................................................................... viii 1 Einleitung ...................................................................................................................... 1 2 Beschreibung konventioneller antibiotischer Therapie ................................................. 2 2.1 Allgemein................................................................................................................ 2 2.2 Wirkmechanismus .................................................................................................. 3 2.3 Angriffspunkte der einzelnen Antibiotika .............................................................. 5 2.4 Resistenz ................................................................................................................. 6 2.4.1 Arten der Resistenz .......................................................................................... 6 2.4.2 Resistenzmechanismen: ................................................................................... 7 3 Einteilung in ihre Gruppen ............................................................................................ 8 4 Hemmung der Zellwandsynthese .................................................................................. 8 4.1 Betalactam-Antibiotika mit ihren wichtigsten Vertretern ...................................... 8 4.1.1 Penicilline ...................................................................................................... 11 4.1.2 Cephalosporine und die wichtigsten Vertreter .............................................. 15 4.1.3 Carbapeneme ................................................................................................. 16 4.1.4 Monobactame ................................................................................................ 18 4.2 Glykopeptidantibiotika ......................................................................................... 18 4.3 Fosfomycin ........................................................................................................... 19 5 Hemmung der ribosomalen Proteinsynthese ............................................................... 20 5.1 Aminoglykosidantibiotika .................................................................................... 20 5.1.1 Resistenzlage in Österreich ........................................................................... 22 5.2 Makrolide, Lincosamide und Ketolide ................................................................. 23 5.2.1 Resistenzlage in Österreich ........................................................................... 26 5.3 Tetracycline .......................................................................................................... 27 5.4 Andere auf die Proteinsynthese wirkende Antibiotika ......................................... 29 5.4.1 Chloramphenicol ........................................................................................... 29 5.4.2 Linezolid ........................................................................................................ 30 5.4.3 Proteinsynthesehemmer für die lokale Anwendung ...................................... 30 6 Störung der bakteriellen Zellmembran ........................................................................ 31 6.1 Daptomycin ........................................................................................................... 32 6.2 Polymyxin B, Colistin und Thyrothricin .............................................................. 32 7 Hemmung der Tetrafolat- Bereitstellung im Folsäuremetabolismus .......................... 32 7.1 Sulfonamide, Diaminopyrimidine und Kombinationen ........................................ 32 8 Interferenz mit der bakteriellen DNA .......................................................................... 34 8.1 Fluorchinolone ...................................................................................................... 34 8.1.1 Resistenzlage Österreich................................................................................ 37 8.2 Nitroimidazole ...................................................................................................... 38 9 Antimykobakterielle Wirkstoffe .................................................................................. 39 9.1 Isoniazid ................................................................................................................ 39 9.2 Rifampicin und Rifabutin ..................................................................................... 40 9.3 Ethambutol ............................................................................................................ 40 9.4 Pyrazinamid .......................................................................................................... 41 9.5 Streptomycin ......................................................................................................... 41 v 10 Endet die Ära Antibiotika? .......................................................................................... 41 10.1 Bedrohliche Problemkeime der heutigen Medizin ............................................ 43 10.1.1 MRSA ............................................................................................................ 43 10.1.2 Vancomycin- resistente Enterokokken .......................................................... 45 10.1.3 ESBL- bildende gramnegative Bakterien ...................................................... 47 10.2 Ursachen der Resistenzen.................................................................................. 48 10.3 Maßnahmen gegen die zunehmende Resistenzentwicklung ............................. 49 11 Vorstellung einer möglichen Alternative .................................................................... 51 11.1 Bakteriophagentherapie ..................................................................................... 51 11.1.1 Geschichte der Phagen................................................................................... 51 11.1.2 Was sind Bakteriophagen .............................................................................. 53 11.1.3 Humanmedizinische Anwendungen .............................................................. 57 12 Diskussion ................................................................................................................... 59 13 Literaturverzeichnis ..................................................................................................... 62 vi Abkürzungen MRSA Methicillin- resistenter Staphylococcus Aureus VRE Vancomycin- resistente Enterokokken ESBL extended- spectrum- ß- lactamases MHK minimala Hemmkonzentration MBK minimale bakterizide Konzentration DNA Desoxyribonukleinsäure RNA Ribonukleinsäuren ß-Lactam- AB Betalactam Antibiotika WEF World economic Forum PBP Penicillin- bindendes- Protein E. coli Escherichia coli K. pneumoniae Klebsiella pneumoniae P. mirabelis Proteus mirabelis GREF Glykopeptid resistenter Enterococcus faecium VISA Vancomycin intermediate sensitive Staphylococcus aureus i.v. intravenös p.o. peroral TESSy The European Surveillance System mRNA Messanger- RNA tRNA Transfer- RNA 2+ Ca Calciumcarbonat M. tuberculosis Mykobacterium tuberculosis M. kansii Mykobacterium kansii CA- MRSA common acquired MRSA SPL staphylococcal phage lysate vii Abbildungsverzeichnis Abbildung 1 Unterschiede in der Gramfärbung entnommen aus (9) .................................... 4 Abbildung 2 Angriffspunkte der Antibiotika bei Bakterien entnommen aus (4) .................. 5 Abbildung 3 Escherichia coli – Aminoglykoside resistent im Ländervergleich 2012 entnommen aus TESSy- The European Surveillance System ............................................. 23 Abbildung 4 Streptococcus- pneumoniae- Makrolide resistent im Ländervergleich 2012 entnommen aus TESSY- The European Surveillance System ............................................ 26 Abbildung 5 Escherichia coli- Fluorchinolone resistent im Ländervergleich 2012 entnommen aus TESSy- The European Surveillance System ............................................. 38 Abbildung 6 MRSA- Raten im Ländervergleich 2012 entnommen aus TESSy- The European Surveillance System ............................................................................................ 45 Abbildung 7 Enterococcus faecium - Vancomycin resistent Ländervergleich 2012 entnommen aus TESSy- The European Surveillance System ............................................ 46 Abbildung 8: Klebsiella pneumoniae- 3.Generations-Cephalosporine resistent Ländervergleich 2012 entnommen aus TESSy- The European Surveillance System ......... 48 Abbildung 9: Lysogener und lytischer Zellzyklus bei Bakteriophagen entnommen aus (45) ............................................................................................................................................. 53 viii 1 Einleitung Die Entwicklung und der breite Einsatz von Antibiotika war eine der größten wissenschaftlichen Errungenschaften in der westlichen Medizin im Laufe des 20. Jahrhunderts. Seit mehr als 60 Jahren sind Antibiotika ein unverzichtbares Therapeutikum im Kampf gegen bakterielle Infektionen. Viele Menschenleben wurden dadurch gerettet und die Humanmedizin wurde revolutioniert (1). Die Einführung antibiotischer Wirkstoffe brachte viele Vorteile und trug wesentlich zur Weiterentwicklung der medizinischen Versorgung bei. Nichtsdestotrotz sind Wissenschaftler nun in einer ähnlichen Situation wie vor Entdeckung der Antibiotika. Die zunehmende Resistenzentwicklung der Bakterien gegen gebräuchliche Antibiotika bringen Mediziner in Bedrängnis. Durch übermäßigen, teilweise unüberlegten Antibiotika- Verbrauch in der Humanmedizin sowie Einsatz der Wirkstoffe in der Landwirtschaft und Tierzucht verschlimmerte sich die Situation zunehmend. Obwohl Bakterien immer schon die Fähigkeit besitzen, Resistenzen zu entwickeln, ist man nun vor allem mit dem Kampf gegen multiresistente Erreger konfrontiert. Dadurch werden die zuvor verlässlichen Antibiotika zunehmend unnütze und bakterielle Infektionen werden erneut zur menschlichen Bedrohung. Multiresistente Erreger wie MRSA, VRE und ESBLbildende gramnegative Bakterien spielen in der Resistenzproblematik eine entscheidende Rolle (2). Deren Fähigkeit sich ständig weiterzuentwickeln, sich an die gegebenen Umweltbedingungen anzupassen, sich schnell zu replizieren und nützliches genetisches Material auszutauschen, begründet und begünstigt ihre Widerstandsfähigkeiten. Während sich Antibiotika resistente Bakterien immer weiter ausbreiten, hinkt die Entwicklung neuer potenter antibiotischer Wirkstoffe weit hinterher. So lohnt es sich nicht für Pharmakonzerne Geld und Zeit in die Forschung an neuen Antibiotika zu investieren, wenn diese bereits nach kurzer Zeit wieder ineffektiv sind (3). Daher ist es nun an der Zeit, dass man nach Alternativen zu Antibiotika sucht, um weiter den hohen Standard in der Therapie von Infektionserkrankungen zu gewährleisten. Dies wäre ein Möglichkeit, die Medizin nicht wieder in die prä-antibiotische Ära zurückzuversetzen. In dieser Literaturrecherche wird nach genauer Beschreibung der herkömmlichen antibiotischen Therapie und deren Resistenzproblematik eine mögliche Alternative vorgestellt. Dabei handelt es sich um die Bakteriophagentherapie. Die im Westen in Vergessenheit geratene Therapieform wird mit ihren Vor- und Nachteilen vorgestellt und mögliche Einsatzgebiete angeführt. Ob sich die Bakteriophagenherapie im 1 Kampf gegen bakterielle Infektionen jemals auch in der westlichen Medizin behaupten wird, wird sich in den nächsten Jahren zeigen. 2 Beschreibung konventioneller antibiotischer Therapie 2.1 Allgemein Ein wichtiger Bestandteil der antiinfektiven Therapie sind die antibakteriellen Chemotherapeutika, besser bekannt als Antibiotika. Unter Chemotherapeutika im Allgemeinen versteht man synthetische Verbindungen, welche gegen entartete Zellen, Viren und Mikroorganismen eingesetzt werden. Die Gruppe der Antibiotika, ist jene Gruppe der antiinfektiven Therapie, die zur Behandlung bakterieller Infektionen benutzt wird. Dabei handelt es sich um Naturstoffe, die von Pilzen oder anderen Mikroorganismen produziert werden. Diese sind fähig Bakterien zu töten oder deren Wachstum und Vermehrung zu hemmen. Heute werden aber die meisten antibiotisch wirksamen Pharmaka synthetisch erzeugt, daher werden sie unter der Bezeichnung Chemotherapeutika geführt (4). Die Entdeckung der Antibiotika geht wahrscheinlich schon weit in die Antike zurück, als Chirurgen bereits mit Schimmelpilzarten behaftete Tücher auf Wunden legten um diese vor Infektionen zu bewahren. Die Schimmelpilztherapie wurde dann aber wegen mangelnder Hygiene verworfen. Im Laufe des 19. Jahrhunderts trugen einige Beobachtungen zur Entdeckung und Entwicklung der Antibiotika-Therapie bei. So beobachtete 1847 Ignaz Semmelweis per Zufall auf seiner Geburtenstation, dass durch die Hände- und Instrumentendesinfektionen mittels Chlorkalk weniger Mütter postpartal starben (5). Die nächste Etappe in der Etablierung der antibiotischen Therapie erreichte ein deutscher Arzt namens Paul Ehrlich, der den Begriff der selektiven Toxizität prägte. Der Entdecker einer Substanz namens Salvarsan, wobei es sich nicht um ein direktes Antibiotikum sondern um eine antibiotisch wirkende Substanz handelt, die er gezielt gegen Syphilis einsetzte. Dies zählte zu den ersten gezielten Einsätzen der Chemotherapie. 1929 war schließlich die Geburtsstunde der antibiotischen Therapie als Alexander Fleming per Zufall Penicillin entdeckte. Er beobachtete, dass der in Laborkulturen gezüchtete Pilz Penicillium notatum benachbarte Bakterien in Wachstum hemmte (4). In den darauf folgenden Jahren wurden hauptsächlich Penicillinpräparate eingesetzt und weiterentwickelt, hier war vor allem die Entdeckung des Penicillin G 1941 durch Wissenschaftler aus Oxford ein Meilenstein in der Geschichte. 2 Den ersten großen Hype erlebte die antibiotische Therapie schließlich in den 50er Jahren als diese breit zur Anwendung kamen. Viele Erkrankungen wie Tuberkulose und Pneumonien, die vorher das Todesurteil bedeuteten, konnten endlich behandelt werden. Auch im chirurgischen Sektor eröffneten sich neue Möglichkeiten. Operationen, die aufgrund des hohen Infektionsrisikos vor der antibiotischen Ära nicht möglich waren, konnten nun durchgeführt werden. Weitere Eckpfeiler in der Entwicklung der Antibiotika war die Entdeckung des ersten Antituberkulotikum Streptomycin 1943 durch S.A. Walksman sowie das Hervorbringen der Cephalosporine 1948 (4). Weiters folgten in den 80er Jahren dann die Fluorchinolone, welche aufgrund ihres breiteren Wirkungsspektrums große Hoffnung brachten. Heute sprechen wir von antibakteriell wirksamen Chemotherapeutika im Gegensatz zu den ersten Antibiotika, welche Naturstoffe waren. Die heutigen Antibiotika werden wie der Name schon sagt, synthetisch erzeugt oder halbsynthetisch modifiziert (6). Sie können daher individueller in ihrem Wirkmechanismus optimiert und spezialisiert werden. 2.2 Wirkmechanismus Der Begriff Antibiotika hat seinen Ursprung im Griechischen und bedeutet annähernd „gegen Lebendes“. Heute wird dieser Ausdruck für alle antibakteriell wirkenden Substanzen verwendet (7). Dabei soll es deren Aufgabe sein nicht den befallenen Patienten zu schädigen sondern den pathogenen Mikroorganismus zu töten. Hier handelt es sich also um eine spezielle Beziehung zwischen Patient und dessen Immunsystem, bakterieller Erreger und Antibiotikum. Je nach Virulenz der Keime, gelingt es dem intakten menschlichen Immunsystem die Barriere von Haut und Schleimhäuten vor dem Eindringling aufrechtzuhalten. Gelingt es dem Immunsystem des Patienten nicht, den Keim abzuwehren, kommt es zu dessen Vermehrung und dadurch zur Infektionserkrankung. In der Therapie der bakteriellen Infektion macht man sich den unterschiedlichen Stoffwechsel und Aufbau zwischen eukaryontischer und prokaryontischer Zelle zu Nutze. Prokaryonten besitzen im Gegensatz zu Eukaryonten keinen Zellkern sondern einen DNA Faden, keine Mitochondrien, eine zusätzliche Zellwand und eine Zellmembran. Hier liegen daher die jeweiligen Angriffspunkte der Antibiotika, um nur das Bakterium zu schädigen und nicht den Patienten (8). Ein wichtiges Detail in der antibiotischen Therapie ist auch die Unterscheidung zwischen grampositiven und gramnegativen Bakterien. Hier handelt es sich um die Eigenschaft der Färbbarkeit nach Hans C. Gram (1853-1938). Diese Gram- Unterscheidung erlaubt Rückschlüsse auf die Zellwandzusammensetzungen. Gram positive Bakterien erscheinen 3 blau in dieser speziellen Gram- Färbung und bieten deshalb nur wenig Barriere für Antibiotika. Gram negative Bakterien färben sich rot und können aufgrund ihrer äußeren Zellmembran aus einer Phospholipiddoppelschicht schwieriger mittels Antibiotika behandelt werden (8). Abbildung 1 Unterschiede in der Gramfärbung entnommen aus (9) Grundsätzlich unterscheidet man je nach Wirkung zwei große Gruppen von Antibiotika. Einerseits die bakterizid wirkenden, und andererseits die bakteriostatisch wirkenden. Bakterizid bedeutet, dass die Bakterien abgetötet werden und bakteriostatisch wirkend nennt man ein Antibiotikum, welches nur die Proliferationsphase der Erreger hemmt. Die Ruheformen der Keime werden dabei nicht zerstört (4). Je nach Wirkspektrum, welches angibt welche Keime das Antibiotikum am Infektionsort in welchen Konzentrationen erfasst, teilt man die Substanzen weiter in Schmalband-, Mittelband- und Breitbandantibiotika ein. Vor allem Breitbandantibiotika werden gern und oft eingesetzt, da sie ein breites Keimspektrum von gramnegativen Stäbchen bis hin zu grampositiven Kokken umfassen (5). In der Charakterisierung antibakterieller Wirkstoffe spielen noch zwei weitere Begriffe eine wichtige Rolle. Die MHK (minimale Hemmkonzentration), das ist jene geringste in vitro gemessene Konzentration der Substanz, bei der das Wachstum der Bakterienpopulation gehemmt wird. Und als zweites die MBK (minimale bakterizide Konzentration), die in vitro bestimmte geringste Konzentration des Antibiotikums, bei welcher 99,9 % der Bakterienpopulation getötet ist. Therapeutischer Erfolg stellt sich dann ein, wenn am Infektionsort die Konzentration des Antibiotikums über der MHK des Bakteriums bleibt. Umgekehrt wenn die Antibiotikumkonzentration am Infektionsort unter der MHK des Erregers liegt, verhalten sich diese nicht sensibel (4). 4 2.3 Angriffspunkte der einzelnen Antibiotika Die Wirkung der antibakteriellen Chemotherapeutika ist von vielen Faktoren abhängig. Dabei greifen Antibiotika in verschiedene bakterielle Stoffwechselvorgänge ein und machen sich zu nütze, dass diese bakteriellen Angriffspunkte beim Menschen nicht existieren. Daher spricht man von selektiver Toxizität (5). Hier kann man folgende Mechanismen unterscheiden, wo die unterschiedlichen Gruppen angreifen. 1. Hemmung der Zellwandsynthese: durch Betalaktamantibiotika, Glykopeptide und Fosfomycin 2. Hemmung der Proteinsynthese: durch Aminoglykoside, Tetracycline, Makrolide, Lincosamide, Ketolide 3. Schädigung der bakteriellen Zellmembran: durch Daptomycin, Polymyxin B, Colistin und Thyrothricin 4. Hemmung der Tetrafolatbereitstellung (im Folsäuremetabolismus): Sulfonamide, Diaminopyrimidine 5. Interferenz mit der bakteriellen DNA: wie Gyrasehemmer (Fluorchinolone), Nitroimidiazole 6. Antimykobakterielle Wirkstoffe: Isoniazid, Rifampicin, Ethambutol, Pyrazinamid, Streptomycin (10) Abbildung 2 Angriffspunkte der Antibiotika bei Bakterien entnommen aus (4) 5 2.4 Resistenz Der Begriff Resistenz ist in den letzten Jahren zu einem sehr häufig verwendeten Wort in der Medizin geworden. Mehr und mehr müssen sich Mediziner und Wissenschaftler mit diesem Problem auseinandersetzen, dass immer mehr Bakterien Resistenzen entwickeln. Grundsätzlich versteht man unter Resistenz die Widerstandfähigkeit eines Keimes gegen ein Antibiotikum. Die Interaktion zwischen bakterieller Zielstruktur und Antibiotikum findet nicht im gewünschten Ausmaß statt. In solch einem Fall ist es einem Antibiotikum also nicht mehr möglich das Bakterium abzutöten oder zu schädigen und ist daher wirkungslos (8). 2.4.1 Arten der Resistenz Es werden verschiedene Arten der Resistenzen unterschieden. Man differenziert zwischen natürlicher, primärer und sekundärer Resistenz. Natürliche Resistenz: es besteht die Widerstandsfähigkeit gegenüber dem Antibiotikum bei allen Stämmen einer Spezies. Es bestehen keine Veränderungen im bakteriellen Erbgut und trotzdem wirkt das Antibiotikum nicht. Primäre Resistenz: schon vor antibiotischer Therapie sind bestimmte bakterielle Stämme einer Spezies unempfindlich gegenüber dem Chemotherapeutikum. Unter der Behandlung findet eine Selektion der resistenten Stämme statt. Sekundäre Resistenz: hier handelt es sich um eine im Laufe der Zeit erworbenen Resistenz. Das zuerst auf ein bestimmtes Antibiotikum sensible Bakterium, wird durch Mutationen zum resistenten Keim. Bei dieser Art unterscheidet man die OneStep (Einschritt-) Resistenz von der Multi- Step- (Mehrschritt-) Resistenz (5) Bei der Einschritt- Resistenz entwickelt sich die Widerstandsfähigkeit relativ schnell nach mehrmaliger Exposition des Bakteriums gegenüber dem Antibiotikum. Zu dieser Gruppe werden beispielsweise Antituberkulotika und Makrolid- Antibiotika gezählt. Im Gegensatz dazu gibt es noch die Multi- Step Resistenz, welche sich in mehreren Mutationsschritten langsam entwickelt. Von dieser Art der Resistenz spricht man bei Betalaktam- Antibiotika, Aminoglykosiden, Tetracyclinen, Chloramphenicol, Linezolid, neueren Fluorchinolonen und Sulfonamiden. (5) 6 2.4.2 Resistenzmechanismen: Um sich widerstandsfähig zu machen und einem Antibiotikum zu strotzen, bedient sich ein Bakterium verschiedener Mechanismen um dies zu erreichen. Viele Mikroorganismen sind schon aufgrund ihrer chromosomalen Erbinformation resistent, hier spricht man von chromosomaler Resistenz. Das Gegenstück dazu nennt man extrachromosomale Resistenz, welche zwischen den Bakterien in Form von Resistenzplasmiden übertragen werden kann. Dabei handelt es sich um ringförmige DNA Moleküle mit ein oder mehreren Genen, die von einem Bakterium zum nächsten gegeben werden. Diese Plasmide werden mittels Konjugation oder Transduktion von Zelle zu Zelle übertragen. Auch mittels Phagen, wie es speziell bei Staphylokokken der Fall ist, können Plasmide nach Einarbeitung in ihr eigenes Genom, an eine andere Zelle weitergegeben werden. Gramnegativen Bakterien bedienen sich bei den Übertragungsmöglichkeiten eher der Konjugation, durch welche auch speziesübergreifend Plasmide übertagen werden können. Dagegen ist die Weitergabe der Resistenzgene durch Phagen und Transduktion speziesspezifisch gebunden. Eine weitere Methode Resistenzen rasch zu verbreiten ist der Austausch von Transposons (kleine DNA Moleküle), die intrazellulär von Plasmid zu Plasmid oder Chromosom übertragen werden. Jeder Partner besitzt nach Austausch diese neue genetische Information. Die Information der Resistenz wird schließlich via Plasmiden in die andere Zelle transferiert (5). Alle diese Mechanismen führen im Bakterium zur Entwicklung folgender Fähigkeiten: Bildung von Enzymen, welche das Antibiotikum inaktivieren. So hemmen ßLactamasen die Wirkung von Betalactam- Antibiotika. Die enzymatische Phosphorylierung und Acetylierung findet bei Aminoglykosid- Antibiotika statt. Die Herabsetzung der Zellpermeabilität resultiert in der geringeren Aufnahme des Antibiotikums wie es bei Fluorchinolonen, Aminoglykosiden und Sulfonamiden der Fall ist. Beschleunigte Ausschleußung von den jeweiligen Antibiotika durch Effluxpumpen wie beispielsweise bei Tetracyclinen. Abnahme der Bindungsfähigkeit der Antibiotika an das Bakterium wie beispielsweise bei ß- Lactam- Antibiotika, Aminoglykosiden, Makroliden und Glykopeptidantibiotika (5)(8). 7 Diese steigende Problematik durch Antibiotikaresistenzen lässt viele Fragen unbeantwortet. Vor allem wie sich die weitere Entwicklung und die Knappheit der noch wirksamen Antibiotika in Zukunft weitergestaltet. Von der WEF (World Economic Forum) wird berichtet, dass die Antibiotikaresistenzen eine große Gefahr für die Menschheit darstellt. Es stellt sich hauptsächlich die Frage ob wir je der Geschwindigkeit, mit der sich Antibiotikaresistenzen entwickeln, mittels Neuentwicklung adäquater antibiotischer Therapie stand halten können. Trotz aller Bemühungen neue Maßnahmen zu entwickeln, sind die Ideen nicht ausreichend gut genug um das Resistenzproblem in den Griff zu bekommen. Prokaryonten schaffen es seit ihrem Ursprung vor Billionen Jahren sich widerstandsfähig zu machen um weiterzuleben. Dieses Problem der Resistenzen gibt es also seit Menschen Gedenken, was ein interessanter Fund beweist. In Höhlen, welche vier Millionen Jahre nicht betreten wurden, entdeckte man bereits Resistenzen gegen Antibiotika. Es wurden hier außerdem Resistenzen auf synthetisch erzeugte Antibiotika, die erst im 20. Jahrhundert auf den Markt kamen, bei den gefundenen Bakterien entdeckt (11). Nun ist es also an der Zeit auch andere Alternativen so weit zu erforschen, dass sie in der Medizin wirksam als Therapie von bakteriellen Infektionen eingesetzt werden können (siehe Punkt 11). 3 Einteilung in ihre Gruppen Wie bereits erwähnt werden Antibiotika grob nach Wirkspektrum in Schmal-, Mittel und Breitband Antibiotika eingeteilt. Weiter unterteilt man sie nach den Angriffspunkten in unterschiedliche Gruppen. Zu den heute am häufigsten verordneten Antibiotika gehören die Betalaktam- Antibiotika wie Penicilline, Cephalosporine und Peneme. Tetrazycline mit den Wirkstoffen Minocyclin und Doxicyclin sowie die Makrolide Azithromycin, Clarithromycin und Erythromycin. Fluorchinolone wie Ciprofloxacin und Oloxacin werden nicht mehr so häufig verschrieben.(7) Hier wird eine Übersicht der derzeit angewendeten Antibiotika gegeben und auf spezielle Nebenwirkungen bzw. Besonderheiten hingewiesen. Die Einteilung erfolgt nach Wirkmechanismen. 4 Hemmung der Zellwandsynthese 4.1 Betalactam-Antibiotika mit ihren wichtigsten Vertretern In diese Gruppe werden Penicilline, Cephalosporine, Carbapeneme und Monobactame gezählt. Als strukturelles Merkmal ist ihnen ein viergliedriger ß-Laktamring gemeinsam. Außerdem ist diese Gruppe gut wasserlöslich aufgrund der Fähigkeit der Salzbildung (4). 8 Pharmakodynamik Allgemein kann man sagen, dass das Wirkungsspektrum bei dieser Gruppe stark variiert. Es umfasst sowohl grampositive als auch gramnegative Bakterien oder wirkt nur gegen eine dieser beiden Bakterienpopulationen. (5) Betalactam- Antibiotika zählen zu den bakterizid wirkenden Antibiotika. Hier wird die bakterielle Mureinsynthese der Zellwand blockiert, ein Mechanismus, welcher nur von der bakteriellen Zelle betrieben wird und nicht von der menschlichen (4). Dieser bakterizide Wirkmechanismus ist folgendermaßen zu erklären. Durch Hemmung der Transpeptidase, was den letzten Schritt der Mureinsynthese der Zellwand des Bakteriums darstellt, wirkt ein Betalactam- Antibiotikum bakterizid. Dabei öffnet es seinen ß-Lactamring und bindet an das aktive Zentrum der Transpeptidase und dieser Schritt führt zur irreversiblen Blockade (5). Als Angriffspunkt der Betalactam- Antibiotika dienen die bakteriellen Mureinsynthethasen, auch bekannt als PBP (Penicillin-bindendes-Protein). Es handelt sich dabei um Enzyme, welche im bakteriellen Wachstum eine große Rolle spielen (4). In Puncto PBP und Zellwandaufbau unterscheiden sich die Bakterienstämme und genau hier greifen Betalaktam- Antibiotika an. Die unterschiedlichen chemisch-physikalischen Charakteristika der Gruppe ermöglichen ein sehr breites Wirkspektrum. Diese sind abhängig von ihrer Penetrationsfähigkeit in die Bakterienzelle und ihrer Affinität zu den einzelnen Enzymen (5). Resistenzmechanismen gegen Betalactam- Antibiotika: Bakterien entwickeln ihre Resistenzen langsam gegenüber Betalactam- Antibiotika. Dabei beruht die Widerstandsfähigkeit der Bakterien gegenüber ß-Lactam-AB auf der Inaktivierung durch ß- Lactamasen, der Veränderung des Angriffspunktes mittels veränderter Penicillin- Bindeproteine und Membranveränderungen. Beispielsweise durch verminderte Aufnahme der Antibiotika durch Porindefekte oder vermehrte Ausschleußung durch Effluxpumpen (12). Das wichtigste für den klinischen Alltag sind die ß-Lactamasen, Enzyme welche die Öffnung des ß-Laktamrings bewirken und dadurch die Wirkung der Antibiotika verhindern. Penicillinasen (z.B. bei Staphylokokken) und Cephalosporinasen (z. B. bei Pseudomonas) stellen hier die häufigsten Enzyme dar. Grampositive Bakterien geben im Gegensatz zu gramnegativen Keimen ihre ß-Lactamasen in die Umgebung nach außen ab. Bei gramnegativen Erregern bleibt das Enzym im periplasmatischen Raum (13). 9 Eine wichtige Rolle im klinischen Alltag spielt noch die Plasmid- oder Transposonvermittelte ß-Lactamase- Produktion. Erstmals wurde eine solche Plasmid-kodierte ßLactamase aus gramnegativen Keimen 1965 beschrieben, genannt TEM-1 oder ein ähnliches Enzym SHV-1. Heute sind circa 200 solcher Lactamasen vom TEM-Typ oder SHV-Typ bekannt. Sie kommen hauptsächlich bei E.coli, K. pneumoniae, P. mirabelis und bei anderen Enterobactericae vor. Durch Mutationen und Austausch „beweglicher Gene“ entwickeln sich daher zunehmend „neue ß-Lactamasen“, die auch Cefatoxim und andere Cephalosporine mit breitem Spektrum hydrolisieren. Hier spricht man von so genannten ESBL (extended spectrum ß-lactamases). Infektionen durch solche Keime konnte man beispielsweise mit Carbapenemen behandeln. Aber auch hier werden Resistenzen durch die Bildung von Carbapenemasen zunehmend mehr. So laufen Studien im Bayrischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, zur Untersuchung der Verbreitung von ESBL in der Normalbevölkerung. Es zeichnet sich dabei ein Trend ab, dass 7% der Studienteilnehmer mit ESBL- bildenden-E. coli besiedelt sind. So erkennt man, dass die Einbringung von ESBL- Bildnern in Krankenhäuser nicht vermeidbar ist (13). Pharmakokinetik Die meisten Betalactam- AB werden parenteral verabreicht, da sie nicht magensäurestabil sind und daher zur oralen Verabreichung ungeeignet sind. Betalactam-AB verteilen sich hauptsächlich extrazellulär und werden daher nicht zur Behandlung intrazellulär eingedrungener Keime eingesetzt (z.B. Legionellen). Außerdem kommt es mit steigendem Entzündungsgrad des Gewebes zur ph-Wert Senkung, was die Wirkung positiv beeinflusst (4). Der Hauptteil dieser Arzneimittel wird unverändert ausgeschieden und hat eine kurze Plasmahalbwertszeit von etwa einer Stunde. Auch Cephalosporine werden sehr schnell eliminert außer Ceftriaxon mit einer Plasmahalbwertszeit von etwa 8 Stunden. Bei der Ausscheidung spielt die renale Elimination die Hauptrolle und daher muss die Dosierung bei Niereninsuffizienten Patienten entsprechend angepasst werden (4). Nebenwirkungen und Interaktionen Neben gastrointestinalen Nebenwirkungen wie Diarrhoe, Übelkeit und Erbrechen können Überempfindlichkeitsreaktionen auftreten. Mit einer Häufigkeit von 1-10% kommt es nach Gabe eines Betalactam- Antibiotikums zur Allergie. Am häufigsten treten allergische Reaktionen bei Penicillinen auf und dies passiert häufiger nach parenteraler Gabe als nach oraler Verabreichung. Die schwerste Form dabei ist die Anaphylaxie, welche bei 0,05% aller allergischen Reaktionen auftritt. Bei echter Penicillinallergie reagiert der Patient auf 10 alle Penicillinderivate allergisch. Klinisch präsentiert sich dies durch ein urtikarielles Exanthem, welches durch Gedächtniszellen vermittelt wird. Oder es kommt zur Vaskulitis, wobei sich der Wirkstoff an zirkulierende Serumproteine gebunden hat. Davon zu unterscheiden ist ein masernähnliches Exanthem, welches bei falsch induzierter Verabreichung von Aminopenicillinen bei viralem Infekt wie bei Mononukleose auftritt (4). Weiters werden den Betalactam- Antibiotika eine neurotoxische Komponente zugesprochen. Hohe Dosen von Penicillin G beispielsweise können das Auftreten von Krampanfällen hervorrufen. Das Potential des Auftretens der Neurotoxizität steigt bei höheren Dosen und eingeschränkter Nierenfunktion sowie Vorschädigungen des Zentralnervensystems (4). So zeigt eine retrospektive Studie, in welcher die neurotoxe Wirkung von ß-Lactamen auf Dialysepatienten untersucht wurde, dass eine deutliche Besserung der neurotoxischen Nebenwirkungen erzielt werden kann, wenn die Dosierungen adäquat angepasst werden (14). Arzneimittelinteraktionen beobachtet man in Kombination mit Aminoglykosiden. Beide werden oft miteinander kombiniert, dürfen aber nicht gemeinsam in einer Infusionsflasche gemischt werden, da es zur Inaktivierung der Wirkstoffe kommen kann. Im Blut beobachtet man dieses Phänomen nicht (4). 4.1.1 Penicilline Wie bereits oben erwähnt wurde Penicillin 1928 per Zufall entdeckt. Die natürlich vorkommenden Penicilline wurden aus den Pilzkulturen Penicillium notatum und Penicillium chrysogenum isoliert. Von diesen natürlichen Penicillinen hat heute nur mehr Penicillin G (Benzylpenicillin) klinische Relevanz. Allen gemeinsam ist diesen ihr Grundgerüst, die 6- Aminopenicillansäure, ein bicyclisches Dipeptid aus Cystin und Valin. Unterschiede bestehen unter den einzelnen Penicillinen in der Carbonsäure, mit der die Aminogruppe in 6-Stellung acyliert wird. Durch Weiterentwicklung zu partialsynthetisch hergestellten Penicillinen konnten Nachteile von Penicillin G verringern. Beispielsweise deren Säureempfindlichkeit und dadurch hoher Resorptionsverlust bei oraler Verabreichung, die Inaktivierung durch Penicillinasen sowie die Unwirksamkeit gegen die meisten gramnegativen Bakterien wurden verbessert. Penicilline sollten bei Infektionen durch Penicillin- sensible Keime Mittel der ersten Wahl sein. Vor allem aufgrund ihrer bakteriziden Wirkung und wegen der geringen Toxizität soll die Wahl auf dieses Antibiotikum fallen (5). 11 Heute unterscheidet man vier Gruppen von Penicillinen, die im Einsatz sind. Penicillin G und seine direkten Derivate (Oralpenicilline, Depotpenicilline), Penicillinase- stabile Penicilline (Isoxazolylpenicilline), Aminopenicilline und Acylaminopenicilline mit erweitertem Wirkungsspektrum (4). Nebenwirkung: Hier ist als wichtigste Nebenwirkung der Penicilline die allergische Reaktion zu erwähnen. Die Symptomatik reicht von harmlosen Hauterscheinungen bis zur Anaphylaxie. Daher muss vor Applikation eine genaue Anamnese erhoben werden (6). Pharmakokinetik: Penicilline sind auf intrazelluläre Bakterien wie Legionellen, Chlamydien, Rickettsien und Brucellen unwirksam. Da sie Zellmembranen eigentlich nicht überwinden können, ist auch die Blut-Hirn-Schranke nicht passierbar außer bei Meningitis, da hier die Barrierefunktion der Blut-Hirn-Schranke gestört ist (6). Nun werden die einzelnen Penicillinpräparate kurz vorgestellt. 4.1.1.1 Penicillin G (Benzylpenicillin) und Oralpenicilline Wegen der geringen Toxizität und der eher geringen Resistenzentwicklung gilt Penicillin G noch als Mittel der Wahl bei Infektionen durch empfindliche Keime. Hier zählen Meningokokken, Pneumokokken, Streptokokken und Gonokokken dazu (15). Bei gramnegativen Stäbchen, Turberkelbakterien, Rickettsien und Pilzen zeigt Penicillin G keine Wirkung. Auch bei Staphylokokken wirken sie schlecht, da sie bis zu 80% Penicillinasen aufweisen. Resistenzen zeichnen sich derzeit bei Pneumokokken ab (5). Oralpenicilline weisen das gleiche Wirkspektrum wie Penicillin G auf (4). Pharmakokinetik Oralpenicilline (Penicillin V und Propicillin) haben den Vorteil gegenüber Penicillin G, dass sie oral appliziert werden können. Benzylpenicillin hingegen wird bei oraler Applikation wegen seiner Säureinstabilität weitgehend zerstört und muss daher parenteral verabreicht werden. Aufgrund der kurzen Halbwertszeit von 30 - 60 min, müssen zur Aufrechterhaltung der Plasmaspiegel im 3 - 4 h Takt Infusionen/Injektionen verabreicht werden. Die Elimination erfolgt zu 80 % tubulär und der Rest glomerulär. Penicillin G wird rasch in Knochen und Gelenken verteilt und hat eine geringe Liquorgängigkeit (5). Bei den säurestabilen Oralpenicillinen werden 60 % resorbiert, wobei eine gleichzeitige Nahrungsaufnahme die Resorptionsrate verringert (4). 12 4.1.1.2 Penicillinasefeste Isoxazolylpenicilline Die besondere Eigenschaft dieser Gruppe ist eine gute Penicillinasefestigkeit. Die übrigen Penicilline werden von den meisten Staphylokokken inaktiviert. Aufgrund deren Penicillinasefestigkeit ist es möglich, diese Gruppe auch bei empfindlichen Penicillaseproduzierenden Staphylokokken einzusetzen. Jedoch ist die Wirkung von Oxacillin, Dicloxacillin sowie Flucloxacillin deutlich schwächer bei Staphylokokken als Penicillin G und gegen gramnegative Keime sind sie völlig wirkungslos. Leider ist ein Großteil der Koagulase-negativen Staphylokokken und ca. 10 % der Staphylococcus- Aureus Stämme bereits unempfindlich auf die sogenannten Staphylokokken Antibiotika. Daher werden diese Stämme international als MRSA (Methicillin- resistente Staphylococcus aureus Stämme) gehandhabt. Das penicillinase-stabile Methicillin dient nur als Testsubstanz um MRSA Stämme zu detektieren und hat keine therapeutische Bedeutung. Die Bezeichnung multiresistente Staphylococcus- aureus Stämme deshalb, da diese Stämme weiter gegen viele andere Antibiotika resistent sind (4). MRSA sind die häufigsten resistenten Erreger, die nosokomiale Infektionen in Europa verursachen. Neben Krankenhäusern und Altenheimen sind mittlerweile auch andere MRSA Reservoire von großer Bedeutung (Punkt 10.1.1). Pharmakokinetik Allgemein gesagt, werden Isoxazolylpenicilline aus dem Magen bzw. enteral gut resorbiert. Die Plasmahalbwertszeit beträgt 30- 60 Minuten und diese werden renal ausgeschieden. Oxacillin wird parenteral verabreicht und Flucloxacillin kann sowohl oral als auch parenteral gegeben werden (4). 4.1.1.3 Aminopenicilline Die wichtigsten Wirkstoffe dieser Gruppe der sogenannten Penicilline mit erweitertem Wirkspektrum (Breitspektrumantibiotika), sind Ampicillin und Amoxicillin. Vor allem wegen ihrer Wirksamkeit gegen gramnegative Erreger wie Enterokokken, Haemophilus influenzae, und Campylobakter-Arten werden diese gern und breit angewendet. Daher werden die Breitbandantibiotika vor allem bei Infektionen im Urogenitaltrakt und der Atemwege sowie bei Otitis media eingesetzt (5). Die Gabe von Ampicillin ist bei Patienten mit Mononukleose oder Infektionen durch das Epstein-Barr Virus kontraindiziert, da es zu Hauterscheinungen kommt. Resistenzen werden bei Pseudomonas aeruginosa, Klebsiellen, Enterobacter, Citerobacter, Serratien und Proteus beobachtet (5). 13 Pharmakokinetik Ampicillin kann aufgrund der Säurestabilität oral appliziert werden, jedoch wird die Darmflora angegriffen und wird daher eher parenteral gegeben. Amoxicillin wird wegen der hohen Resorptionsrate von 80 % oral verabreicht. Daher führt Amoxicillin weniger häufig zu gastrointestinalen Nebenwirkungen und sollte bei peroraler Applikation Ampicillin vorgereiht werden. Beide werden unverändert renal mit einer Plasmahalbwertszeit von einer Stunde ausgeschieden (4). Nebenwirkungen Es können wie bei allen Penicillinen allergische Reaktionen auftreten und die weiteren Nebenwirkungen wurden in Punkt 4.1 aufgelistet. Wird jedoch Ampicillin bei einer Infektion bedingt durch Ebstein-Barr-Virus gegeben, kommt es zum Auftreten eines makulopapulösen Exanthems (5). 4.1.1.4 Acylaminopenicilline Wirkstoffe wie Mezlocillin und Piperacillin gehören zu dieser Gruppe, die strukturell einen Acylsubstituenten an der Aminogruppe haben, was sie von den Aminopenicillinen unterscheidet. Das Wirkspektrum ist breiter als bei den Aminopenicillinen, vor allem die gramnegativen Keime betreffend. Häufig werden sie bei Pseudomonas und Proteus- Arten sowie gegen Enterokkoken eingesetzt. Acylaminopenicilline dringen rasch in die Bakterienzellwand ein, sind aber nicht säurestabil und daher auf die parenterale Gabe angewiesen. Weiters sind sie nicht penicillinasestabil und daher oft in Präparaten mit ßLactamase Hemmstoffen kombiniert (10). 4.1.1.5 Betalactamasehemmstoffe (Oxalcatame) Clavulansäure, Sulbactam und Tazobactam werden als sogenannte Inhibitoren der ßLactamasen bezeichnet. Diese Wirkstoffe selbst wirken nicht antibakteriell sondern werden in Kombination mit Betalactam- Antibiotika angewendet und erweitern durch Hemmung der ß-Lactamasen deren Wirkspektrum (10). Besonders wirkungsvoll zeigen sich die Kombinationspräparate in der Therapie bei Infektionen durch gramnegative Stäbchen und Staphylokokken. Hier beispielsweise die Kombination aus Penicillinen und ß-Lactamasen wie Amoxicillin mit Clavulansäure oder Piperacillin und Tazobactam (7). So macht Piperacillin mit Tazobactam viele ß-Lactamasen und auch Cephalosporinasen unwirksam. Die Kombination aus Amoxicillin mit Clavulansäure lässt an sich Amoxicillin-resistente Stämme wie Staphylokokkus und Haemophilus influenzae wieder empfindlich auf das Antibiotikum reagieren (4). 14 4.1.2 Cephalosporine und die wichtigsten Vertreter Diese Gruppe hat ihren Ursprung aus dem Pilz Cephalosporium acremonium. Merkmal dieser Gruppe ist der schwefelhaltige 6- gliedrige Ring, der dem ß-Lactamring angehängt ist. Genauso wie die Penicilline haben Cephalosporine als Angriffspunkt die Bakterienwand. Die Einteilung erfolgt in orale und parenteral verabreichbare Cephalosporine. Weiters unterteilt man sie je nach Wirkspektrum in drei Gruppen und bei den oralen wird die dritte Gruppe noch in die Untergruppen 3a und 3b untergliedert (6). Pharmakodynamik und Wirkspektrum Das Wirkspektrum bei grampositiven Keimen, ist dem der penicillinase- stabilen Penicillinen sehr ähnlich, nur benötigt man höhere Dosen. Im Bereich der gramnegativen Bakterien kann man die Wirkung mit Ampicillin vergleichen (10). Gegen Enterokokken, Listerien, multiresistente Staphylokokken (MRSA), intrazellulär wachsende Bakterien wie Legionellen und Chlamydien sowie Mykoplasmen (keine Zellwand) und Clostridium difficile zeigen Cephalosporine keine Wirkung. Die Tatsache, dass sie gegen intrazellulär wachsende Keime unwirksam sind, hat große therapeutische Bedeutung (6). Gruppe 1: Parenteraler Vertreter ist Cefazolin und zu den oralen gehören Cefaclor, Cefadroxil und Cefalexin. Die zeigen gute Wirkungen auf Streptokkoken, Staphylokokken aber der parenterale Vertreter zeigt eine schlechte Wirkung auf ß-Lactamase bildende Stämme (7). Gruppe 2: Parenteral umfasst die Gruppe Cefuroxim und Cefotiam als Vertreter. Cefuroxim ist auch oral verfügber (7). Dieser Gruppe ist die zusätzliche Wirkung auf gramnegative Keime wie Escherichia coli, Klebsiellen, Proteus und Haemophilus influenzae gemeinsam und eine erhöhte ß-Lactamase Stabilität (6). Gruppe 3a und Gruppe 3 der Oralcephalosporine: Die Breitspektrumantibiotika zeigen eine weitere Erhöhung der Wirksamkeit bei gramnegativen Bakterien als Gruppe 2 inklusive Enterobakterien. Borrelien sowie gramnegative Kokken wie beispielsweise Meningokokken und Gonokokken sind auch inkludiert. Cefotaxim und Ceftriaxon gehören der 3a Gruppe an. Cefixim, Cefpodoxim und Ceftibuten sind die Oralcephalosporine (6). Gruppe 3b: Mit den Wirkstoffen Ceftazidim und Cefepim kennzeichnet diese Gruppe im Vergleich zu Gruppe 3a eine zusätzliche Wirkung auf Pseudomonas aeruginosa (5)(6). 15 Pharmakokinetik Außer der Oralcephalosporinen haben Cephalosporine eine eher schlechte Resorbtionsrate im Gastrointestinaltrakt. Die meisten haben eine kurze Halbwertszeit mit etwa 1-2 Stunden. Ausnahme ist hier Ceftriaxon mit einer Plasmahalbwertszeit von 8 Stunden. Ceftriaxon wird effektiv über die Galle ausgeschieden. Vorteil ist deshalb die einmalige Dosisanpassung pro Tag und bei Niereninsuffizienz muss wegen der billiären Ausscheidung keine Dosisanpassung stattfinden. Nachteil bei der billiären Ausscheidung ist das Risiko des Ausfalls der Ceftriaxon- Kalziumsalze und eine dadurch bedingte Pseudocholelithiasis. Kennzeichnend für fast alle Cephalosporine ist auch eine geringe Plasmaeiweißbindung Eine Ausnahme bildet hier nur Ceftazidim mit einer Plasmaeiweißbindung von 95 %. In der Regel werden Cephalosporine renal eliminiert, außer Cefotaxim und Cefixim die auch extrarenal ausgeschieden werden (6)(4). Nebenwirkungen und Interaktionen Es kann zu allergischen Reaktionen kommen, hier kommt es vorrangig zu Hauterscheinungen. Mit Penicillinen treten in 5-10% der Fälle Kreuzreaktionen mit Cephalosporinen auf. Heute sind Cephalosporine nur mehr selten toxisch für die Nieren, jedoch muss bei Patienten mit Niereninsuffizien und bei hohen Dosen eine Kontrolle der Nierenparameter erfolgen (5). Lokal verursachen Cephalosporine toxische Reaktionen. Daher kommt es bei oraler Applikation zu gastrointestinalen Störungen und bei intramuskulärer Injektion können Schmerzen sowie lokale Reizungen auftreten (4). Cefazolin darf bei Frühgeborenen und Säuglingen im ersten Lebensmonat sowie in der Stillzeit nicht gegeben werden. Eine Kontraindikation für die Anwendung von Ceftriaxon ist eine Hyperbillirubinämie bei Neugeborenen und Frühgeborenen. Aufgrund der Nephrotoxizität sollen Aminoglykoside und Schleifendiuretika nicht gleichzeitig mit Cephalosporinen eingenommen werden (6). Wechselwirkungen können durch Konkurrenz um die tubuläre Sekretion auch in Kombination mit Probenecid auftreten, dabei kommt es zu erhöhten Plasmaspiegeln (5). 4.1.3 Carbapeneme Die chemische Struktur betreffend ist den Carbapenemen ein Kohlenstoff statt des Schwefels im Bicyclus gemeinsam (5). Diese Gruppe der ß-Lactamantibiotika zeichnet sich durch eine hohe Stabilität gegenüber ß-Lactamasen aus. Carbapeneme greifen an der Zellwandsynthese ein und zeigen eine bakterizide Wirkung. Die Gruppe umfasst die Wirkstoffe Imipenem, Ertapenem und Meropenem. Doripenem ist ein neueres Carbapenem (6). 16 Pharmakodynamik und Wirkungsspektrum Das Wirkspektrum der Carbapeneme ist sehr breit, daher soll man sich diese Antibiotika als Reserve sichern und nur bei schweren Infektionen oder Sepis im hospitalen Bereich einsetzen. Das Spektrum reicht von den meisten relevanten grampositiven Keimen (auch penicillinase- bildende Staphylokokken) bis gramnegative Bakterien mit Pseudomonas aeruginosa und auch einigen Anaerobiern. Meropenem wird aufgrund der höheren Wirksamkeit oft bei gramnegativen Keimen eingesetzt. Imipenem hingegen wirkt im grampositiven Bereich besser. Bei Pseudomonas aeruginosa liegt eine Resistenz gegen Ertepenem vor (4)(5). Doripenem, als neueres Carbapenem wird bei komplizierten intrabdominellen Infektionen, komplizierten Harnwegsinfekten, bei nosokomialen Pneumonien und als Therapie bei Beatmungs- assoziierten Pneumonien eingesetzt. Bei diesem Carbapenem ist die Wirksamkeit auf Problemkeime wie Pseudomonas aeruginosa besser und die Resistenzentwicklung ist geringer (16). Pharmakokinetik Carbapeneme stehen nur zur parenteralen Applikation zur Verfügung. Oral verabreicht würden sie nicht ausreichend resorbiert werden. Imipenem muss im 1:1 Verhältnis mit Cilastatin, einem Dipeptidase Hemmstoff gegeben werden, da Imipenem sonst sofort in den Tubuluszellen durch jenes Enzym inaktiviert werden würde. Cilastatin verhindert auch die bei höheren Dosierungen auftretende Nephrotoxiztät. Ertapenem und Meropenem müssen nicht mit dem Dipeptidase Hemmstoff kombiniert werden. Die Plasmahalbwertszeit beträgt bei Meropenem eine Stunde und wird dann renal eleminiert. Meropenem und Doripenem wirken besonders gut bei Infektionen der ableitenden Harnwege, da die Substanz unverändert in den Harn gelangt und daher dort Keime erreicht. Die Plasmahalbwertszeit ist bei Ertepenem mit vier Stunden deutlich länger, wird aber auch rasch durch die Dipeptase abgebaut und daher nicht für Harnwegsinfekte eingesetzt (4)(5)(17). Nebenwirkungen und Interaktionen Nebenwirkungen sind gastrointestinale Störungen über Nephrotoxizität bis hin zu erhöhter Neurotoxizität. Bei Patienten mit erhöhter Krampfneigung soll am ehesten Doripenem eingesetzt werden. Da man zum Ergebnis kam, dass Doripenem keine Krampfaktivität hat und die neurotoxische Nebenwirkung zu vernachlässigen ist (18). Hohe Dosen von Ertapenem können zum akuten Nierenversagen führen (6). Im klinischen Alltag soll man bei Applikation von Carbapenemen die erhöhte Krampfanfälligkeit berücksichtigen. Daher soll man in Verbindung mit Valproinsäure von der Verabreichung 17 dieser Antibiotika absehen, da es in Kombination zur Reduktion des Plasmaspiegels von Valproinsäure kommen kann (19). 4.1.4 Monobactame Diese Gruppe beinhaltet einen Wirkstoff namens Aztreonam, ein ß-Laktam mit cyclischer Ringstruktur (4). Diese Substanz gilt als Reserveantibiotikum und wirkt hauptsächlich gegen gramnegative Keime und Aerobier, einschließlich gegen Pseudomonas aeruginosa und Serratien. Gegen grampositive Kokken und Anaerobier wirkt es nicht. Aztreonam ist gegenüber Betalactamasen von gramnegativen Keimen resistent (5). Pharmakodynamik Das Monobactam kann nur parenteral appliziert werden und dient in erster Linie zur Therapie hartnäckiger Infektionen im Hospitalbereich. Die Plasmahalbwertszeit beträgt circa 1,7 Stunden und die Elimination erfolgt unverändert renal (4). Eine Dosisreduktion ist notwendig, wenn eine eingeschränkte Nierenfunktion besteht (6). Nebenwirkungen Die unerwünschten Wirkungen entsprechen denen der Betalactam- Antibiotika. Hauptsächlich treten diese im Gastrointestinaltrakt auf. Hier besteht das Risiko einer pseudomembranösen Colitis durch Selektion von Clostridium difficile. Während der Schwangerschaft und Stillzeit darf Aztreonam nicht angewendet werden (6). 4.2 Glykopeptidantibiotika Vancomycin und Teicoplanin sind die Wirkstoffe dieser Gruppe. Als Angriffspunkt dieser dient die Zellwandsynthese, wie es auch bei den ß-Lactamen der Fall ist. Hier wird durch ihren Wirkmechanismus der Aufbau des bakteriellen Mureingerüsts gestört. Sie wirken hauptsächlich im grampositiven Keimspektrum bakterizid. Bei gramnegativen Erregern zeigen sie keine Wirkung (5). Pharmakodynamik und Wirkungsspektrum Glykopeptide sind wie erwähnt vor allem im grampositiven Bereich wirksam, sowohl bei aeroben als auch anaeroben Keimen. Wichtig ist hier ihre Wirkung gegen Staphylokokken, Enterokokken, Pneumokokken und Clostridium difficile. Auch bei den Glykopeptiden gibt es zunehmend mehr Resistenzen. MRSA-Stämme werden häufiger resistent und auch Enterokokken werden widerstandsfähiger. Beispiele dafür sind der Glycopeptid resistente E. Faecium (GREF) und der Vancomycin intermediate sensitive S. aureus (VISA) (5). Glykopeptide werden als Reserveantibiotika als i. v Therapie bei schweren Infektionen 18 durch die oben genannten Keime verabreicht. So wie Meningitis, Osteomyelitis, Endokarditis und Pneumonie (6). Pharmakokinetik Glykopeptide werden nicht enteral resorbiert und müssen daher zur systemischen Therapie parenteral appliziert werden. Die Therapie mit Vancomycin sollte für Notfälle bei schweren Infektionen durch Methicillin und Cephalosporin-resistente Staphylokokken und Ampicillin- resistente Enterokkoken aufbewahrt werden (4). Vancomycin hat eine Halbwertszeit von sieben Stunden und Teicoplanin von 70 Stunden. Beide Substanzen werden zum Großteil renal eliminert (5). Nebenwirkungen und Interaktionen Die wichtigsten Nebenwirkungen von Vancomycin sind die Ototoxizität und die nephrotoxischen Eigenschaften. Teicoplastin ist etwas weniger nephrotoxisch, wegen der etwas langsameren Clearance. Vor allem bei vorgeschädigten Nieren ist Vorsicht in der Anwendung geboten. Die konzentrationsabhängige ototoxische Potenz von Vancomycin ist vor allem bei eingeschränkter Nierenfunktion, gleichzeitiger Vorschädigung des Hörnervs und Gabe in Kombination mit anderen ototoxischen Substanzen wie Aminoglykosiden besonders gefährlich und kann irreversibel ausgeprägt sein. Daher sollen diese Patienten otologisch kontrolliert werden. Weiter können Hauterscheinungen wie Erythem sowie ein Blutdruckabfall bei zu schneller Infusion auftreten, man spricht hier vom red man´s syndrome (4)(10). 4.3 Fosfomycin Dieses Antibiotikum gehört auch zu den in die Zellwandsynthese eingreifenden Antiinfektiva. Ursprünglich von Streptomyces Arten produziert, wird es heute synthetisch hergestellt. Es findet Anwendung als Reserveantibiotikum bei Staphylococcus-aureusInfektionen, aber auch hier nur in speziellen Fällen wie z.B. bei einer StaphylokokkenOsteomyelitis. Bei pharmakokinetisch schwer erreichbaren Infektionsherden sowie bei Infektionen durch MRSA wird es häufig angewendet (4)(20). Pharmakodynamik Das Wirkungsspektrum umfasst Staphylokokken, Streptokokken und einige gramnegative Keime wie Haemophilus influenzae, Proteus mirabilis oder Escherichia coli (15). Fosfomycin wird durch einen aktiven Prozess ins Bakterium aufgenommen und wirkt daher nur in einem Glucose-6-phosphat- haltigen Milieu, welches am Entzündungsherd 19 herrscht. Diese Eigenschaft birgt eine gewisse therapeutische Unsicherheit, daher wird es nur als Reserveantibiotikum gegeben. Es ist bakterizid wirksam (4)(5). Pharmakokinetik Fosfomycin verfügt über eine gute Gewebepenetration, es verteilt sich auch über die BlutHirn Schranke hinweg und penetriert darüber hinaus die Knochen. Fosfomycin hat eine Plasmahalbwertszeit von zwei Stunden und wird überwiegend unverändert über den Urin ausgeschieden (4)(5). Nebenwirkungen Neben gastrointestinalen Störungen kann es zur deutlichen Erhöhung der Natriumkonzentration kommen, da mit Fosfomycin Natrium infundiert wird. Daher ist Fosfomycin bei niereninsuffizienten Patienten kontraindiziert (6). Erhöhung von Leberenzymen, Kopfschmerzen und allergische Reaktionen können auch als unerwünschte Wirkungen auftreten (5). 5 Hemmung der ribosomalen Proteinsynthese 5.1 Aminoglykosidantibiotika Zu dieser Antibiotikumgruppe gehören vor allem Wirkstoffe, die von Streptomyces- und Micromonospora-Arten gebildet werden. Der erste Vertreter Streptomycin wird heute nur noch als Tuberkulostatikum verwendet. Neben diesem sind Gentamycin, Tobramycin, Neomycin und Amikacin die bedeutendsten Wirkstoffe dieser Substanzgruppe im klinischen Alltag. Aminoglykoside wirken vor allem im gramnegativen Bereich und werden hauptsächlich in Kombination mit ß-Lactam Antibiotika verabreicht. Anwendung finden sie daher bei schweren systemischen Infektionen durch gramnegative Bakterien wie Enterobakterien, Listerien, Klebsiellen, Pseudomonas aeruginosa, Proteus, Serratia und Enterokokken. Durch diese Kombination ergeben sich viele positive Effekte, indem sie sich in ihrer Wirkung ergänzen und verstärken und so auch im grampositiven Bereich wirken können (6). Aminoglykoside werden aufgrund ihres Nebenwirkungsprofils nicht als Arzneimittel erster Wahl gehandhabt und kommen daher vor allem bei Infektionen durch multiresistente Keime zur Anwendung (4). Pharmakodynamik Aminoglykoside wirken als Translationshemmer, in dem sie zuerst mittels Carrier in die Bakterienzelle gebracht werden und dort lagern sie sich an die Ribosomen an. So verhindern sie die Proteinsynthese durch Ablesefehler in der Translation. Dadurch kommt 20 es zur Bildung falscher Proteine und so ergibt sich die bakterizide Wirkung, welche konzentrationsabhängig steigt (6). Vor allem gegen Staphylokokken besteht eine gute Wirksamkeit im Gegensatz zu Streptokokken. In der Wirksamkeit ist der hohe postantibiotische Effekt sehr vorteilhaft, ähnlich wie bei Makroliden, Tetracyclinen, und Gyrasehemmern. Dieser bewirkt, dass nach Absinken der Konzentration des Antibiotikums weiter eine bakterizide Wirkung zu verzeichnen ist (8). Pharmakokinetik Aminoglykoside werden aufgrund der hydrophilen Eigenschaft intravenös appliziert, oder lokal an der Haut angewendet. Sie werden meist als Kurzinfusion über 60 min verabreicht. Vorwiegend reichern sie sich extrazellulär an und intrazellulär werden keine nennenswerten Konzentrationen erreicht (4). Aminoglykoside akkumulieren vor allem in den Tubuluszellen der Niere und in Peri- und Endolymphe des Innenohrs, was durch spezielle Transportmechanismen zu erklären ist. Hier erreichen sie Halbwertszeiten von bis zu 100 Stunden. Daher können sie von dort nur schwer eliminert werden und führen so zu den typischen Nebenwirkungen dieser Antibiotikum-Gruppe, der Oto- und Nephrotoxizität. Die Akkumulation in den Tubuluszellen ist ein Grund für die Anwendung bei Harnwegsinfekten (6). Generell werden Aminoglykoside zum Großteil renal eliminiert. Aminoglykoside können als Einmaldosis am Tag verabreicht werden um sofort eine hohe Dosis zu erreichen. Danach nützt man den postantibiotischen Effekt dieser Substanzgruppe (4). Nebenwirkungen und Besonderheiten Durch die bereits oben erwähnte verlangsamte Eliminierung aus den Tubuluszellen und Peri- und Endolymphe des Innenohrs, akkumulieren dort Aminoglykoside, was zur Zellschädung des Gewebes führt (4). Die Nephrotoxizität zeigt sich durch Proteinurie, Hämaturie, Zylindrurie und Oligurie. Die Nierenschädigung ist reversibel und hohe Plasmaspiegel sowie lange Behandlungsphasen sind ausschlaggebend (6). Es soll vor allem die Kombination mit ebenso nierenschädigenden Substanzen wie Vancomycin und Amphotericin B vermieden werden. Dies zeigte sich beispielsweise in einer Studie bei Beobachtung der Entwicklung eines akuten Nierenversagens während eines Krankenhausaufenthalts. Hier war hauptsächlich die Gabe der Antibiotika die Ursache für das Nierenversagen. Während des Aufenthalts entwickelten 17,9 % der beobachteten Patientengruppe ein akutes Nierenversagen. Komorbitäten wie Diabetes mellitus und andere Nierenerkrankungen sind auch wesentlich an der Entstehung eines akuten Nierenversagens beteiligt (21). 21 Im Gegensatz zur Nephrotoxizität ist die Ototoxizität irreversibel. Gleichgewichtsstörungen sowie Minderung des Hörvermögens und Tinnitus können mögliche Erscheinungen sein (7). Um diese Ohrschädigung gering zu halten gibt man eine einmalige Dosis pro Tag und es wird nach weiteren Protektoren während der Einnahme geforscht. Im Tierversuch zeigte sich der Granatapfelextrakt gemeinsam verabreicht mit Gentamicin als ohrprotektiv. Im Vergleich zur Gruppe der Ratten, welche nur Gentamicin verabreicht bekamen, hatten diese weniger ototoxische Nebenwirkungen (22). Weiter kann es zu neurotoxischen Effekten kommen, wenn hohe Dosen i.v. verabreicht werden, da diese Substanzgruppe die Acetylcholin Freisetzung an der motorischen Endplatte hemmt (8). Allergische Reaktionen so wie Exantheme, Thrombozytopenie und Leukozytopenie können auch auftreten (6). Wechselwirkungen Die Wirkstoffe der Aminoglykoside sollen nicht mit anderen ototoxischen oder nephrotoxischen Stoffen kombiniert werden wie mit Cephalosporinen, Amphotericin B, Ciclosporin, Schleifendiuretika und Vancomycin. Diese würden sich in der schädigenden Wirkung verstärken. Curareartige Muskelrelaxanzien werden auch nicht mit Aminoglykosiden kombiniert, da die neuromuskuläre Reizübertragung zusätzlich gehemmt wird (6). 5.1.1 Resistenzlage in Österreich Um ein Beispiel zu nennen, liegt die Resistenzrate bei E.coli gegen Aminoglykoside im Jahr 2012 bei 6,4 % der isolierten Präparate. Trotz der schlechten Verträglichkeit, muss man dieses als Reserveantibiotikum bewahren. Obwohl eine sehr hohe Rate an E.coliBakteriämien im höheren Lebensalter verzeichnet wird, ist mit steigendem Lebensalter ein Rückgang der Resistenzen zu beobachten. Die höchsten E.coli Resistenzraten werden auf urologischen Abteilungen gefunden und im europäischen Ländervergleich liegt Österreich mit 6,4 % im unteren Drittel. Bulgarien liegt mit 26,5% auf Platz eins im europäischen Ranking (23). 22 Abbildung 3 Escherichia coli – Aminoglykoside resistent im Ländervergleich 2012 entnommen aus TESSy- The European Surveillance System 5.2 Makrolide, Lincosamide und Ketolide Der Hauptvertreter aus der Gruppe der Makrolide ist Erythromycin, was ein Stoffwechselprodukt des Streptomyces erythreus ist. Davon leiten sich auch die anderen Vertreter dieser Antibiotikum- Gruppe ab, welche als halbsynthetische Makrolide über eine höhere Säurestabilität verfügen als ihr natürliches Gruppenmitglied Erythromycin. Dabei handelt es sich um Clarithromycin, Roxithromycin und Azithromycin. Chemisch betrachtet ist ihnen ein 12- 14 gliedriger Lactonring mit ein oder zwei Aminozucker gemeinsam (4). Aufgrund der höheren Säurestabilität der synthetisch hergestellten Makrolide eignen sich diese besser für die orale Therapie als Erythromycin (8). Der einzige Vertreter der Ketolide ist Telithromycin, ein halbsynthetisches ErythromycinDerivat mit einer Ketogruppe am Laktonring (6). Die Substanz verfügt dadurch über hohe Säurestabilität und wirkt durch ihre Struktur besser bei Penicillin- und Makrolidresistenten Keimen. Therapeutisch gut einsetzbar ist das Arzneimittel bei 23 Atemwegsinfektionen wie Bronchitis, Sinusitis und Pneumonien durch typische oder atypische Erreger (8). Ein neues Ketolid ist Cethromycin, als Orphan Arzneimittel eingesetzt bei Talurämie sowie Pest, könnte es sich in naher Zukunft zu einem vielversprechenden Medikament im Einsatz gegen ambulant erworbene Pneumonien erweisen (24). Der ursprüngliche Vertreter der Lincosamide ist Lincomycin, es handelt sich dabei genauso um einen Abkömmling von Streptomyces-Arten. Heute wird nur mehr das synthetisch hergestellte Clindamycin im therapeutischen Bereich eingesetzt. Clindamycin hat eine sehr gute antibiotische Wirkung auf anaerobe gramnegative Stäbchen und auf Staphylokokken und Streptokokken (4). Clindamycin wird beispielsweise bei Erkrankungen wie Peritonitis, Leber-, Lungenabszessen, intraabdominellen Abszessen oder bei Osteomyelitis angewendet (6). Pharmakodynamik und Wirkspektrum Sowohl Makrolide als auch Lincosamide haben ihren antibiotischen Angriffspunkt in der bakteriellen Proteinsynthese. Dabei binden sie an die 50S Einheit des bakteriellen Ribosoms und verhindern so die Möglichkeit des Ablesens der mRNA, daraus ergibt sich die bakteriostatische Wirkweise. In höheren Dosen wirken sie auch teilweise bakterizid (6). Makrolide sind im grampositiven Bereich bei Streptokokken, Staphylokokken und Pneumokokken wirksam (7). Im gramnegativen Spektrum sind sie bei Legionellen, Haemophilus, Bordetella und Brucella im therapeutischen Einsatz (8). Wichtige Anwendungen haben sie gegen intrazelluläre Bakterien wie Listerien, Mykoplasmen und Chlamydien. Aufgrund des Keimspektrums ist die Gruppe gut geeignet zur Therapie von Streptokokkeninfektionen Helicopacter- pylori bei Infekten Penicillinallergie, der bronchopulmonalen Magenschleimhaut sowie Infekten, urogenitalen Chlamydieninfektionen wie Urethritis, Zervizitis und Salpingitis (6). Telithromycin hat ein ähnliches Einsatzgebiet, vor allem bei Infekten der Atemwege wenn Betalactam- Antibiotika oder Makrolide nicht anwendbar sind (8). Clindamycin ist ein sehr potentes Antibiotikum gegen Pneumo-, Strepto- sowie Pneumokokken (15). Pharmakokinetik Erythromycin wird als säurestabile Kapsel gegeben, so dass die Resorption erst im Darm erfolgt (8). Die Halbwertszeit liegt bei Erythromycin bei 1- 2 Stunden. Im Vergleich dazu weisen die anderen Vertreter der Makrolide wie Clarithromycin, Roxithromycin und 24 Azithromycin eine höhere Säurestabilität und deutlich höhere Halbwertszeiten auf (5). Bei Azithromycin liegt diese bei etwa 40 h, wodurch man durch kurze Behandlungsphasen lange höhere Wirkstoffkonzentrationen erreichen kann (4). Daher genügt eine einmalige 1g Einzeldosis von Azithromycin zur Therapie einer urogenitalen Chlamydien und Gonokkokeninfektion (15). Diese drei Vertreter sind durch die höhere Säurestabilität auch besser oral resorbierbar und eigenen sich daher zur oralen Applikation. Gemeinsam ist Makroliden und Ketoliden, dass sie eine gute Gewebepenetration aufweisen und sich daher auch intrazellulär, wie beispielsweise in Makrophagen anreichern. Im Liquor kommt es nur zu geringen Konzentrationen von Ketoliden und Makroliden. Clindamycin zeichnet sich dagegen durch gute Knochengängigkeit aus. Durch Metabolisierung der Makrolide in der Leber entstehen aktive Metaboliten, die hauptsächlich über die Galle und teilweise über die Niere ausgeschieden werden. Lincomycine hingegen werden zu 50% unverändert über die Niere ausgeschieden, der Rest über die Leber metabolisiert und dann über die Galle ausgeschieden (4)(5). Nebenwirkungen und Besonderheiten: Diese Wirkstoffgruppe gehört zu den gut verträglichen Antibiotika. Gastrointestinale Symptomatik wie Übelkeit und Diarrhoe werden durch agonistische Wirkung des Erythromycin am Motilin-Rezeptor vermittelt. Allergische Reaktionen wie Hauterscheinungen kommen nicht oft vor. Selten treten unter langer Therapie Erkrankungen wie eine cholestatische Hepatose oder Leberschädigung sowie Hörstörungen wie Tinnitus und reversible Hörverluste auf (10). Zu beachten ist bei Verschreibung von Makroliden die unerwünschte Nebenwirkung der QT-Zeit-Verlängerung. Hier kann es zu Verzögerung der Repolarisation des Aktionspotenzials am Herzen kommen und dadurch Torsades-de-pointes-Tachykardien verursachen (5)(10). Ein Hauptrisikofaktor für das Auftreten eines solchen Ereignisses ist vor allem die Kombination mit Klasse 3 Antiarryhthmika, ansonsten ist die Inzidenz eher gering (25). Thelithromycin verstärkt die Symptomatik bei Myasthenia gravis und führt zur Sehverschlechterung. Außerdem darf dieser Wirkstoff nicht während Schwangerschaft und Stillzeit verabreicht werden (8)(6). Wechselwirkungen Makrolide und Lincosamide hemmen die Cytochrom P 450 Enzyme in der Leber und beeinflussen somit die Metabolisierung anderer Medikamente in der Leber, eben solche, die durch jene Enzyme abgebaut werden. Somit verstärkt sich die Wirkung von 25 Antikoagolanzien vom Cumarintyp, Carbamazepin, Valproinsäure, Theophyllin, Methylprednisolon und Statinen. Daraus ergibt sich ein Anstieg des Plasmaspiegels dieser Wirkstoffe durch fehlende Elimination (6). Ebenso kann es zur Beeinflussung der empfängnisverhütenden Wirkung von hormonellen Kontrazeptiva bei gleichzeitiger Einnahme mit Makroliden und Ketoliden kommen (6). 5.2.1 Resistenzlage in Österreich Wie oben bereits erwähnt werden Makrolide hauptsächlich in der Therapie der Pneumokokken-Infektionen im Falle einer Penicillin Unverträglichkeit oder Allergie verwendet. Dazu kann man dem AURES Bericht 2012 entnehmen, dass die Resistenzrate des Streptoccocus pneumoniae, der nicht empfindlich auf Makrolide reagiert, deutlich gestiegen ist im Vergleich zum Jahr 2011. Die Resistenzrate stieg im Vergleich zu 2011 von 11,1% auf 17,8% im Jahr 2012. Im internationalen Vergleich schwankt die Resistenzrate stark von etwa 3,6 % in Lettland bis zu 50 % in Malta. Österreich darf sich glücklich schätzen und liegt mit der Resistenzlage bei Makroliden mit 17,8% im günstigen Mittelfeld (23). Abbildung 4 Streptococcus- pneumoniae- Makrolide resistent im Ländervergleich 2012 entnommen aus TESSY- The European Surveillance System 26 5.3 Tetracycline Tetracycline leiten sich auch von Streptomyces-Arten ab und werden dann halbsynthetisch modifiziert. Es ist eine Antibiotikum- Klasse, die seit etwa 60 Jahren therapeutisch eingesetzt wird. Die wichtigsten Vertreter sind Doxycyclin und Minocyclin sowie das etwas neuere Derivat Tigecyclin, welches seit 2006 in Anwendung ist. Tigecyclin zählt zu den Glycylcyclinen, die Derivate der Tetracycline sind. Tigecyclin weist weiters eine sehr ähnliche Struktur wie Minocyclin auf (4)(10). Pharmakodynamik Die Vertreter der Tetracycline greifen in die Proteinsynthese hemmend ein, indem sie an die 30S Einheit des bakteriellen Ribosoms anbinden und so die Translation bei der Synthese der Proteine behindern. Durch diesen Vorgang können die Peptidketten nicht verlängert werden, da sich die bakteriellen tRNA Moleküle nicht an die Andockstelle heften können. Tetracycline verhindern durch bakteriostatische Wirkweise das bakterielle Wachstum (6)(7). Glycylcycline haben im Vergleich zu Tetracyclinen den Vorteil, dass sie stärker am Ribosom anheften und so auch gegen tetracyclinresistente Keime eine Chance haben. Dazu zählen Methicillin-resistente Staphyloccocus aureus Stämme (MRSA) und Vancomycinresistente E. faecalis- Stämme sowie auch E. coli und gramnegative Erreger (4). Der Resistenzmechanismus gegen Tetracycline ist erworben sowie plasmidvermittelt und funktioniert entweder durch Schutz der ribosomalen Bindungsstelle oder ist durch ein spezielles Effluxsystem Auswärtstransport aus begründet. dem Dieses Prokaryont. Effluxsystem bewirkt einen Tigecyclin strotzt diesen aktiven zwei tetracyclinspezifischen Resistenzmechanismen und dadurch ist das breite Wirkspektrum des Wirkstoffs zu begründen (4)(8). Wirkspektrum: Tetracycline umfassen ein breites Wirkspektrum von grampostiven als auch gramnegativen Bakterien. Daher werden sie bei vielen bakteriellen Infektionserkrankungen eingesetzt. Im Bronchialsystem werden sie als Antibiotikum erster Wahl bei atypischen Pneumonien durch Mykoplasma pneumoniae bzw Chlamydia-Stämme verwendet. Im Urogenitaltrakt werden Tetracycline bei Erkrankungen wie nichtgonorrhoischer Urethritis durch Chlamydia trachomatis und durch Mykoplasmen eingesetzt. Auch bei Chlamydien bedingter Salpingitis, Urethritis, Cervicitis und Adnexitis kommen die Arzneimittel zur Anwendung. 27 Bei Hautinfektionen wie Acne vulgaris, Rosazea sowie Borreliose in allen Stadien sowie im Darm bei Yersiniose und Cholera, werden Tetracycline eingesetzt. Weitere Indikationen sind Brucellose, Tularämie, Rickettsiosen (Q-Fieber, Fleckfieber, Zeckenbissfieber), Leptospirose, Pest und Malaria durch Chloroquin-resistente Plasmodien (4)(6). Pharmakokinetik: Tetracycline weisen eine gute Gewebegängigkeit auf und werden bis auf Tigecyclin oral appliziert und enteral fast vollständig resorbiert. Tigecyclin hingegen wird intravenös verabreicht. Durch Komplexbildung mit Ca2+ aus Milch oder Ferrum in Eisenpräparaten kann sich die Bioverfügbarkeit verändern und die Resorption ist verzögert. Eingeschränkte Nierenfunktion sowie Lebererkrankungen führen dagegen zu verlängerten Halbwertszeiten (5). Tetracyclin wird vorwiegend renal ausgeschieden, daher kommt es bei diesem Wirkstoff zu Halbwertszeit- Verlängerungen bei Nierenerkrankungen. Tigecyclin wird überwiegend unverändert über die Fäzes ausgeschieden (4). Nebenwirkungen, Besonderheiten Tetracycline können wie alle anderen antibiotisch wirkenden Substanzklassen auch zu gastrointestinalen Nebenwirkungen führen, die sich bei dieser Wirkstoffgruppe relativ häufig zeigen. Es kann zu Reizungen der Darmschleimhaut, Übelkeit, Erbrechen und Diarrhoe kommen. Oft treten Candida Infektionen in Mund und Vagina auf, da die autochthonen Bakterien gehemmt werden. Weiters kann es unter Tetracyclin- Therapie zu einer phototoxischen Reaktion der Haut kommen mit Erythem und Ödembildung. Auf die Meidung von Sonnenexpositon ist daher dringend hinzuweisen. Tetracycline sind während Schwangerschaft und Stillperiode und bei Kindern bis zum 8. Lebensjahr kontraindiziert, da sich irreversible Zahnverfärbungen sowie Zahnschmelzhypoplasien entwickeln können (5). Es stellte sich im Vergleich von normalen Zähnen zu Zähnen nach Tetracyclintherapie heraus, dass es zu massiven Zahnverfärbungen von gelblicher bis braun-rötlicher Natur kommen kann (26). Wechselwirkungen Da es mit Calcium, Ferrum sowie Magnesium und Aluminium zu Komplexbildung kommen kann, soll man Tetracycline erst zwei bis drei Stunden nach Nahrungs- oder Arzneimittelaufnahme einnehmen. Bei gleichzeitiger Aufnahme von Tetracyclinen mit Milch oder Antazida, welche diese Salze enthalten, kann es daher zu Interaktionen kommen. Antikoagulanzien vom Cumarintyp sowie Sulfonylharnstoffe werden in ihrer 28 Wirkung bei gleichzeitiger Einnahme mit Tetracyclinen verstärkt. Hormonelle Kontrazeptiva können in ihrer Wirksamkeit infolge der gestörten Darmflora ebenfalls eingeschränkt sein. Ciclosporin sowie Methotrexat sind bei Kombination mit Tetracyclinen in ihrer toxischen Wirkung verstärkt. Kontraindiziert ist die Einnahme von Tetracyclinen bei Kindern unter acht Jahren sowie bei stillenden und schwangeren Frauen und bei Patienten mit schweren Nieren oder Leberfunktionsstörungen (5)(6). 5.4 Andere auf die Proteinsynthese wirkende Antibiotika Gemeinsam ist diesen Wirkstoffen, dass sie alle die ribosomale Proteinsynthese hemmen. Sie greifen jeweils an unterschiedlichen Stellen ein. 5.4.1 Chloramphenicol Der Wirkstoff wird derzeit nur in der Augenheilkunde verwendet und es gilt als Reserveantibiotikum bei Thypus, Parathypus sowie bei Meningitiden durch Chloramphenicol empfindliche Bakterien hervorgerufen, falls kein anderes Antibiotikum greift. Systemisch wird es kaum noch eingesetzt. Wirksam ist Chloramphenicol gegen Salmonella thypi, Salmonella parathypi sowie bei Meningitiden durch Haemophilus influenzae, Neisseria meningitidis und Typ B Streptokokken (5). Pharmakodynamik und Pharmakokinetik Die Substanz heftet sich an die 50 S Einheit des bakteriellen Ribosoms an und hemmt die Peptidyltransferase und damit die Herstellung von Peptidbindungen. Dadurch wirkt es bakteriostatisch. Durch rasche enterale Resorption und guter Liquorgängigkeit erreicht der Wirkstoff schnell seinen Bestimmungsort. Chloramphenicol wird nach Metabolisierung in der Leber vorwiegend renal ausgeschieden (4)(5). Nebenwirkungen Obwohl Nebenwirkungen selten auftreten, kann es zu schwerwiegenden unerwünschten Folgen dosisunabhängig kommen. Dabei kann es zu irreversiblen Knochenmarksschädigungen wie beispielsweise zur aplastische Anämie kommen. Diese Reaktion wurde bereits bei topischer Anwendung beobachtet (5). Aufgrund der schwer einschätzbaren Nebenwirkung, welche auch Dosis unabhängig auftreten kann, wird Chloramphenicol nur mehr als Reserveantibiotikum gehandhabt und in der Augenheilkunde zugelassen (4). 29 5.4.2 Linezolid Linezolid zählt zur Gruppe der Oxazolidinone, ein eher neueres Antibiotikum, welches vor allem gegen grampositive Keime wirksam ist. Hier wirkt es bei Streptokokken und auch Pneumokokken bakterizid und gegen Enterokokken sowie Staphylokokken entfaltet es bakteriostatische Wirkung. Als wichtigstes Einsatzgebiet gilt allerdings die Bekämpfung der Problemkeime wie Methicillin- resistenter Staphylococcus aureus und Glykopeptidresistente Stämme wie Vancomycin resistente Enterokokken, wo ihre Anwendung noch Wirkung zeigt (5). Linezolid wird daher bei nosokomialen Pneumonien sowie komplizierten Haut- und Gewebeinfektionen durch Staphylokokken eingesetzt (6). Pharmakodynamik und Pharmakokinetik Wie oben erwähnt greift auch dieses Antibiotikum hemmend in die Proteinsynthese ein. Hier verhindert es das Aneinanderlagern von ribosomaler 50S und 30S Einheit, ein Vorgang, der zur Translation wichtig ist. Die Substanz wirkt bakteriostatisch und ebenso wie bei Betalactam-Antibiotika ist ihre Wirkung zeitabhängig (6). Zu Resistenzen kommt es hauptsächlich nach langen Therapiezyklen in der 50S Einheit des bakteriellen Ribosoms. Natürlich resistent sind dagegen Enterobactericae sowie Pseudomonaden (4). Das Oxazolidinon wird nach oraler Applikation rasch und gut resorbiert und hat eine Plasmahalbwertszeit zwischen 5 und 7 Stunden. Die gute Gewebegängigkeit lässt es zu, dass auch in der Lunge hohe Konzentrationen erreicht werden können, was vor allem in der Behandlung der Pneumonien eine große Rolle spielt (4)(5). Nebenwirkungen Es treten die typischen antibiotischen Nebenwirkungen wie gastrointestinale Störungen, Kopfschmerzen sowie Candida-Infektionen von Mund- und Vaginalschleimhaut auf. Blutbildkontrollen sind jedoch aufgrund der sehr selten vorkommenden Myelosuppression indiziert (6). Es hat ähnlich toxische Eigenschaften wie Chloramphenicol, nämlich die mitochondriale Translationshemmung, die bei Erythrozythen zur reversiblen Sideroblasten- Anämie führen kann (27). 5.4.3 Proteinsynthesehemmer für die lokale Anwendung Da man bei lokal verwendeten antibiotischen Wirkstoffen zunehmend eine erhöhte Resistenzentwicklung feststellt, soll man bei topischer Anwendung sofort auf Wirkstoffe zurückgreifen, die hauptsächlich lokal angewendet werden und in der parenteralen Therapie eine untergeordnete Rolle spielen (15). 30 5.4.3.1 Fusidinsäure Derzeit wird Fusidinsäure hauptsächlich zur topischen Anwendung genutzt. Hier verwendet man sie zur Therapie von Hautinfektionen, die durch Staphylokokken und andere grampositive Keime hervorgerufen werden. Die Wirkung entfaltet das Steroidantibiotikum in der Elongationsphase der Proteinbiosynthese. Es wirkt dabei bakteriostatisch nachdem es wie ein Glucocorticoid die Haut durchdrungen hat und dadurch auch in tieferen Hautschichten den Keim erreichen kann (5). 5.4.3.2 Mupirocin Mupirocin wird der lokalen Therapie von Staphylokokken in der Nasenschleimhaut vorbehalten. Hier angewendet zur Eradikation der Keime in der Nase mit einer Anwendung von fünf bis sieben Tagen, kann es nach Operationen das Risiko für Wundinfektionen stark verringern Es wirkt bakterizid bei Staphylokokken, Streptokokken und auch bei MRSA. Das Lokalantibiotikum greift ebenso in die Proteinsynthese hemmend durch Blockierung der Verbindung von Aminosäure und tRNA ein. Die systemische Anwendung ist nicht möglich, da die Substanz rasch hydrolysiert wird und deren Spaltprodukte unwirksam sind (5). 5.4.3.3 Retapamulin Retapamulin wird lokal als 1%- ige Salbe zur Therapie von Impetigo sowie infizierten Haut- und Schürfwunden verwendet. Bakteriostatisch wirksam gegen Staphylococcus aureus und Streptococcus pyogenes hat es ähnliche Anwendungsgebiete wie Mupirocin. Als Nebenwirkungen können Hautrötungen, Irritationen sowie Schmerzen und Juckreiz auftreten (28). Es treten aber wenig unerwünschte Nebenwirkungen auf, wegen der geringen Wirkdauer. Die weniger häufigere Dosierung führt zu mehr Compliance und verringert das Risiko der Resistenzentwicklung des lokalen Antibiotikums (29). 6 Störung der bakteriellen Zellmembran Die Zellmembran als pharmakotherapeutischer Ansgriffspunkt stellt sich eher schwierig dar, da auch die Zellmembranen der Wirtszellen angegriffen werden können. Daptomycin ist die einzige Substanz, die systemisch eingesetzt werden kann. Daneben gibt es noch lokal angewendete Wirkstoffe in dieser Gruppe wie Polymyxin B, Colistin und Thyrothricin. (10). 31 6.1 Daptomycin Daptomycin ist der erste Vertreter einer neuen Antibiotikaklasse namens Lipopeptide. Die neuartige Wirkung liegt in der Bildung von falschen Poren der Zellmembran begründet, wodurch es zur Störung des Ionengradienten in der bakteriellen Zelle kommt und dadurch zerstört wird. Daptomycin wirkt daher bakterizid bei grampositiven Keimen und hat keine Wirkung auf gramnegative Bakterien, da es deren Membran nicht überwinden kann. Der Wirkstoff wird als Reserveantibiotikum gehandhabt für schwere StaphylokokkenInfektionen wie beispielsweise Haut- Weichteilinfektionen, Bakteriämie sowie infektiöse Endokarditis. Als unerwünschte Nebenwirkung kann es zur Schädigung der Skelettmuskulatur kommen, die sich als Muskelschmerzen oder Rhabdomyolyse äußern kann (6). Deshalb sollte unter Daptomycin-Therpie, welche ausschließlich intravenös erfolgt, die Creatinphosphokinase beobachtet werden. Es bestehen keine Kreuzresistenzen zu anderen Antibiotika (15). 6.2 Polymyxin B, Colistin und Thyrothricin Die drei lokalen Porenbildner würden bei oraler Applikation nicht resorbiert werden und sind nephrotoxisch. Polymyxin B wird als Aerosol bei Tracheobronchitis bedingt durch Pseudomonas aeruginosa bei künstlich beatmeten Patienten angewendet (8). Colistin kommt zur Darmdekontamination und bei Harnblasenspülungen zum Einsatz bei immungeschwächten Patienten zur Vermeidung von Infektionen (8)(10). Thyrothricin ist ein lokal angewendetes Antibiotikum, welches ein Gemisch aus Polypeptiden wie Gramicidin und Tyrocidin ist. Es wirkt als Porenbildner gegen grampositive Keime. Hier wird es vor allem bei Rachen- und Mundinfektionen in Kombination mit Lokalanästhetika verwendet (10). 7 Hemmung der TetrafolatFolsäuremetabolismus Bereitstellung im 7.1 Sulfonamide, Diaminopyrimidine und Kombinationen Sulfonamide werden heutzutage in der antibiotischen Therapie aufgrund der erhöhten Resistenzentwicklung und Nebenwirkungen weniger häufig eingesetzt (7). Hauptsächlich wird die Kombination von Sulfonamiden und Diaminopyrimidinen wie Thrimethoprim und Pyrimethamin eingesetzt. Solche Kombinationspartner aus einem Sulfonamid und einem Diaminopyrimidin sind Sulfamethoxazol und Trimethroprim, bekannt als Cotrimoxazol. Bei der 5:1 Kombination handelt es sich um die therapeutisch bedeutendste 32 Verbindung der beiden Substanzklassen (4)(10). In den folgenden Punkten wird daher vor allem auf dieses Kombinationspräparat eingegangen. Pharmakodynamik Sulfonamide hemmen die Synthese der Dihydrofolsäure, dass es dann folglich zum Fehlen der Tetrahydrolfolsäure kommt, welche in der bakteriellen Zelle für die Bildung der DNA und RNA Bausteine (Purinnukleotide) eine Rolle spielt. Dadurch erklärt sich die bakteriostatische Wirkung. Da der menschliche Organismus nicht über den Mechanismus der Folsäuresynthese verfügt, sondern diese über die Nahrung aufnehmen muss, besteht in der menschlichen Zelle kein Angriffsort für diese Wirkstoffe (10)(6). Thrimethoprim als Einzelsubstanz wirkt hemmend auf Dihydrofolatreduktase und stoppt dadurch die Wirkung bakterieller Reduktasen mit hoher Affinität. Als Monopräparat wird es bei unkomplizierten Harnwegsinfekten angewendet. Die Kombination der beiden Substanzklassen hat einen hohen antibakteriellen synergistischen Effekt zur Folge, der sich durch die Reduktion der gemeinsamen MHK und die teilweise bakterizide Wirkung bei hochempfindlichen Erregerstämmen erklärt (4). Das Wirkungsspektrum wird hier nur von Cotrimoxazol dargestellt. Das Keimspektrum reicht von Pneumokokken, Staphylokokken, Gonokokken, E.coli, Shigellen, Klebsiellen, Proteus bis zu Pneumocystis carinii (15). Also ist der Wirkstoff vor allem bei Harnwegsinfekten, Shigellose, Thypus abdominalis, Parathypus A + B sowie bei Pneumocystis-carinii-Infektionen wie Pneumonien bei immunsuppremierten Patienten wie HIV Infizierten Mittel der ersten Wahl (15). Eine weitere Kombination aus Sulfonamid und Diaminopyrimidin ist Sulfadoxin mit Pyrimethamin, was in der Malariabehandlung zum Einsatz kommt (4). Pharmakokinetik Sulfonamide wie Sulfamethoxazol werden rasch gastrointestinal aufgenommen und nur renal ausgeschieden, daher ist bei Niereninsuffizienz die Anwendbarkeit aufgrund der Kumulationsgefahr stark eingeschränkt (4). Trimethroprim wird genauso gut resorbiert, verfügt über eine gute Gewebeverteilung und erreicht nach zwei Stunden bereits ihr Plasmakonzentrationsmaximum (10). Das Kombinationspräparat wird im optimalen Konzentrationsverhältnis von 20:1 in Blut und Gewebe freigesetzt (6). Unterschiedliche gewebespezifische Verteilungsmuster können das Konzentrationsverhältnis verändern und den Synergismus beeinflussen (4) 33 Nebenwirkungen Neben typischen Antibiotika-assoziierten Störungen kann es zu Nebenwirkungen Überempfindlichkeitsreaktionen wie gastrointestinalen kommen. Hier können Blutbildveränderungen wie beispielsweise Leukopenie, Thrombozytopenie oder Anämie sowie Hautreaktionen von Arzneimittelexanthemen bis hin zu Steven-Johnson-Syndrom und Lyell-Syndrom auftreten. Aufgrund der Teratogenität in der Schwangerschaft, welche bis jetzt nur im Tierversuch beobachtet wurde, wendet man hier die Kombinationspräparate nicht an. Beim Neugeborenen kann es zum Kernikterus kommen, da Billirubin durch den Wirkstoff aus der Plasmaproteinverbindung gedrängt wird und daher wird auch in der Stillzeit vom Einsatz der Sulfonamide sowie der Kombinationspräparate abgeraten (4). Im Falle eines Harnwegsinfekts in der Stillzeit kann es durchaus therapeutisch eingesetzt werden (7). Wechselwirkungen Aufgrund der Interaktion von Cotrimoxazol mit dem Cytochrom P450 System kommt es zur Veränderung des Metabolismus anderer gleichzeitig verabreichten Arzneimittel. Antikoagulanzien vom Cumarin- Typ, Phenytoin sowie Sulfonylharnstoffe werden in ihrer Wirkung verstärkt (6). So können Blutungen sowie Hypoglykämien auftreten (7). Trimethoprim kann durch die Verstärkung Kalium- sparender Diuretika zu Hyperkaliämien führen, hier ist vor allem bei niereninsuffizienten Patienten Vorsicht geboten. Methothrexat wird bei gleichzeitiger Einnahme in seiner Wirkung verstärkt und es kann zur Verschlimmerung der Leukopenie unter Zytostatikatherapie kommen (6). 8 Interferenz mit der bakteriellen DNA 8.1 Fluorchinolone Die wichtigsten Vertreter der Fluorchinolone, auch Gyrasehemmer genannt, sind Ofloxacin, Ciprofloxacin, Moxifloxacin sowie Norfloxacin, Enoxacin und Levofloxacin. Je nach Anwendung und Wirkspektrum lassen sich die Substanzen in vier Gruppen einteilen (10). Die Substanzklasse war mit Nalidixinsäure das erste Mal im therapeutischen Bereich vertreten und es folgten viele weitere synthetisch hergestellte Wirkstoffe, welche teilweise aufgrund des hohen Nebenwirkungsprofil schon wieder vom Markt genommen wurden (4)(10). 34 Pharmakodynamik und Wirkspektrum Fluorchinolone wirken hemmend auf die bakteriellen Enzyme Topoisomerase 2 und 4, welche die korrekte Verknüpfung und Verdrillung der bakteriellen DNA im Chromosom zur Aufgabe haben. Durch Hemmung dieses Vorgangs kommt es zur fehlerhaften Replikation und Transkription der DNA in der bakteriellen Zelle (6). Durch die Weiterentwicklung der Wirkstoffe ergaben sich im Laufe der Zeit weitere unterschiedliche Wirkspektren der einzelnen Substanzen. Unter diesem Gesichtspunkt hat man die Einteilung in diese Gruppen vorgenommen. Gruppe 1: Der Gruppenvertreter heißt Norfloxacin. Ein Wirkstoff, der nahezu gegen alle Erreger der Harnwegsinfekte und Gastroenteritiden durch grampositive und gramnegative Keime wirksam ist (15)(6). Gruppe 2: Die drei Wirkstoffe Ofloxacin, Ciprofloxacin und Enoxacin zeichnen sich durch ein sehr breites Wirkspektrum bei grampositiven und gramnegativen Bakterien aus (6). Eingesetzt wird Ciprofloxacin bei Harnwegsinfektionen, Prostatitis, Gonorrhoe, Milzbrand, Atemwegsinfektionen beispielsweise durch Haemophilus influenzae, Moraxella catarrhalis sowie bei Reisediarrhoe und Salmonellose (7). Gruppe 3: Der einzige Vertreter dieser Gruppe ist Levofloxacin, welches eine verbesserte Wirkung gegen grampositive Keime wie beispielsweise Streptokokken, Staphylokokken, Pneumokokken und atypische Keime aufweist (4). Daher wird der Wirkstoff bei chronischer Bronchitis, Infektionen im Urogenitalbereich durch Gonokokken und Chlamydien sowie Haut- und Weichteilinfektionen angewendet (7). Aufgrund einer hohen Halbwertszeit reicht die einmalige tägliche Applikation (5). Gruppe 4: Moxifloxacin gehört in diese Gruppe. Dieses Antibiotikum hat ein noch breiteres Spektrum im Bereich der gramnegativen Anaerobier. Hoch empfindlich reagieren vor allem Atemwegserreger wie Pneumokokken, Haemophilus influenzae, Moraxellen, Chlamydien, Mykoplasmen sowie Legionellen (15). Weiter wird es angewendet bei Gallenwegsinfektionen sowie Infektionen des weiblichen Genitaltrakts (6). 35 Gemeinsam ist der Gruppe der Fluorchinolone, dass sie fast keine Wirkung bei Pseudomonaden, multiresistenten Staphylokokken sowie bei Vancomycin resistenten Enterokokken zeigen (6). Pharmakokinetik Fluorchinolone werden nach oraler Applikation bis zu 90 % resorbiert (5). Bei den Wirkstoffen Ciprofloxacin, Levofloxacin sowie Moxifloxacin ist auch eine Gabe über eine Infusionstherapie möglich. Die Gruppe weist eine besonders gute Gewebegängigkeit auf und reichert sich daher auch in schwer erreichbaren Räumen wie Prostata oder Knochen an. Die Verteilung erfolgt sowohl intra- als auch extrazellulär, was die Wirkung bei atypischen Erregern erklärt. Die Liquorgängigkeit ist nicht sehr hoch und daher im therapeutischen Bereich nicht ausreichend (5). Fluorchinolone werden vorwiegend renal ausgeschieden und teilweise auch biliär und hepatisch (6). Nebenwirkungen Vorrangig sind gastrointestinale Störungen wie Diarrhoe, Übelkeit und Erbrechen als unerwünschte Wirkungen. Weiters treten auch im zentralnervösen Nervensystem Nebenwirkungen auf. Hier steht die Herabsetzung der Krampfschwelle im Vordergrund sodass es zu Krampanfällen kommen kann. Daher ist die Gabe von Fluorchinolonen bei Epilepsie kontraindiziert (6). Außerdem kann es zu Kopfschmerzen, Schlafstörungen sowie Verwirrtheitszuständen kommen (4). Während einer antibiotischen Therapie mit Fluorchinolonen ist vermehrte Sonnenexposition zu vermeiden, da phototoxische Reaktionen der Haut auftreten können. Genauso kann es zu immunallergischen Reaktionen wie Ödembildungen kommen (4). Kardiotoxische Eigenschaften wurden in Tierversuchen beobachtet, in welchen QT-Zeit Verlängerungen mit Risiko einer schweren Arrhythmie nachgewiesen wurden. Daher sollten sie nicht in Kombination mit QT-verlängernden Pharmaka, bei Hypokaliämie sowie Bradykardie verabreicht werden (6). Eine wichtige Nebenwirkung ist das Auftreten von Achillessehnenrupturen bei gleichzeitiger Gabe von Fluorchinolonen und Glucocorticoiden sowie Patientenalter über 65 Jahre und das Vorliegen einer eingeschränkten Nierenfunktion. Weist ein Patient dieses Risikoprofil auf, kann es vermehrt zur Tendopathie kommen. Die Tendopathie kann oft auch erst nach mehreren Wochen auftreten (4)(30). 36 Wechselwirkungen Arzneimittel wie Eisenpräparate, Antazida und andere mehrwertige Kationen können die Resorption von Fluorchinolonen hemmen, da es zur Bildung von Komplexen kommt (5). Aufgrund der QT- Zeit Verlängerung ist die gleichzeitige Einnahme von Antiarrhythmika oder H1- Antihistaminika und Fluorchinolonen kontraindiziert, da es zu Torsades de Pointes kommen kann (5). Plasmakonzentrationsspiegel von Theophyllin, Ciclosporin, Cumarinen, Benzodiazepinen und Methotrexat werden verstärkt und dadurch kommt es zu entsprechenden Nebenwirkungen (7). 8.1.1 Resistenzlage Österreich Um unempfindlich gegenüber Fluorchinolonen zu werden, mutieren Erreger und verfügen so über weniger empfindliche Topoisomerasen. Außerdem werden als weitere Resistenzmechanismen weniger Porine und mehr Effluxpumpen von der bakteriellen Zelle produziert. Dadurch nehmen die Erreger weniger Antibiotikum auf und können sich so schützen (5). Bei Escherichia coli, ein Erreger der zu schweren Infektionserkrankungen führen kann, stellen Fluorchinolone eine wichtige Therapieform dar. Auch hier ist in den letzten Jahren eine zunehmende Resistenzentwicklung zu verzeichnen. Im Jahr 2012 lag diese bei 20,9 %, wobei die höchste Rate in den urologischen und Hämato-onkologischen Abteilungen anzutreffen ist. Österreich liegt mit dieser Resistenzrate im europäischen Mittelfeld. Genauso ist es auch bei Klebsiella pneumoniae, ein gramnegativer Erreger der vor allem bei immungeschwächten Patienten sehr häufig zu nosokomialen Infekten sowie Bakteriämien führen kann. Hier liegt die Resistenzrate derzeit bei 15,1 %, was einen leichten Rückgang seit 2010 von ursprünglichen 18,4 % bedeutet. Auch in den verschiedenen Bundesländern zeigen sich große Unterschiede, wobei diese über die Jahre stark variieren. Im europäischen Vergleich reicht die Resistenzrate von Griechenland mit 69,7 % bis zu Finnland mit 2,1 % (23). 37 Abbildung 5 Escherichia coli- Fluorchinolone resistent im Ländervergleich 2012 entnommen aus TESSy- The European Surveillance System 8.2 Nitroimidazole Metronidazol und Nitrofurantoin gehören in diese Gruppe. Hier wird nur auf Metronidazol eingegangen, da Nitrofurantoin aufgrund schwerer Nebenwirkungen wie zentralnervösen Störungen und Blutbildveränderungen bei längerer Einnahme nur in seltenen Fällen für die Therapie von akuten und immer wiederkehrenden Cystitiden zu erwägen ist (7). Pharmakodynamik Die Pharmakonvorstufe Metronidazol wird von Anaerobiern aufgenommen und dort kommt es durch die Aktivierung von mikrobiellen Enzymen zur Bildung von NitrosoRadikalen. Die Radikale indizieren schließlich DNA Strangbrüche, die die bakterizide Wirkung ausmachen. Die keimtötende Wirkung entfaltet sich teilweise auch bei Protozoen (6). Metronidazol wirkt bei Helicobacter-pylori Infektionen, Anaerobierinfektionen wie Clostridien und anaeroben Kokken (15). Vulvovaginitiden durch Gardnerella vaginalis sowie durch Trichomonas vaginalis ausgelöst, werden mit dem Antibiotikum behandelt. 38 Bei Infektionen durch Protozoen wie Amöbenruhr durch Entamoeba histolytica sowie durch Lamblien verursachte Enteritis, ist Metronidazol Mittel der Wahl (6). Pharmakokinetik Je nach Anwendungsgebiet erfolgt die Applikation intravaginal, oral, intravenös oder topisch (6). Metronidazol verfügt über eine gute Gewebegängigkeit und wird über die Niere in metabolisiertem Zustand ausgeschieden (9)(10). Nebenwirkungen Neben metallischem Geschmack im Mund, Kopfschmerz und gastrointestinalen Störungen kann es zu Juckreiz und Gefühlsstörungen kommen (15). Bei Einnahme von Metronidazol kommt es zu Alkoholunverträglichkeiten, da Acetaldehyd akkumuliert. Außerdem können Blutbildveränderungen und Leberfunktionsstörungen auftreten (6). 9 Antimykobakterielle Wirkstoffe Der Vollständigkeit halber wird diese Gruppe von Wirkstoffen kurz behandelt. Mykobakterien sind Auslöser für Tuberkulose durch Mykobacterium tuberculosis, untypische Tuberkulose durch Mykobacterium avium sowie Lepra durch Mykobacterium leprae (8). Tuberkulose ist eine weltweit zunehmend auftretende Erkrankung. In der Therapie wird zunächst über zwei Monate Isoniazid, Rifampicin und Pyrazinamid verordnet. Dann kann eine Periode von vier Monaten folgen mit Isoniazid und Rifampicin, wenn die Symptomatik noch besteht (7). Bei Resistenzen wird Ethambutol zusätzlich gegeben. Die Wirkstoffe müssen ein hohes Permeationsvermögen haben, da Mykobakterien einen hohen Lipidanteil in der Zellwand aufweisen und zusätzlich eine sehr langsame Vermehrungsgeschwindigkeit haben. Deshalb reagieren sie nur wenig auf wachstumshemmende Wirkstoffe und daher ist eine langwierige Therapie sowie hohe Compliance vom Patienten gefordert (6). Es besteht weiter die Gefahr, dass Keime nach Ende der Therapie persistieren weil die Wirkstoffe nur in der Proliferationsphase angreifen (5). Die einzelnen Wirkstoffe werden kurz vorgestellt. 9.1 Isoniazid Isoniazid ist ein Pharmakon, welches gegen M. tuberculosis sowie M. kansii wirksam ist (15). Der Wirkstoff ist bei wachsenden Bakterien bakterizid wirksam, indem es sich in der Zelle anreichert und oxidiert wird (10). Es wird die Biosynthese von einem wichtigen Bestandteil der mykobakteriellen Zellwand nämlich Mykolsäure gehemmt. Es sollte nicht als Monotherapie verwendet werden, da sich rasch Resistenzen bilden (6). Isonazid wird 39 oral verabreicht und wird gut aufgenommen. In der Leber wird der Wirkstoff zu 70 % acetyliert und die Metaboliten über die Niere ausgeschieden. Die Plasmahalbwertszeit liegt zwischen ein und drei Stunden (5). Neben Blutbildveränderungen, gastrointestinalen Störungen, Hautreaktionen und hepatotoxischen Nebenwirkungen, werden der Substanz neurotoxische Wirkungen wie Schwindel, Parästhesien und Krampfanfälle zugeschrieben. Daher stellen Epilepsie sowie akute Lebererkrankungen wie Hepatitis und periphere Neuropathien Kontraindikationen dar (15). 9.2 Rifampicin und Rifabutin Rifampicin ist neben Isoniazid das potenteste Antituberkulotikum, daher Mittel der ersten Wahl. Die Substanzen wirken auf die bakterielle RNA Synthese hemmend durch Blockade der DNA- abhängigen RNA Polymerase. Dadurch erklärt sich die bakterizide Wirkung bei proliferierenden Tuberkelbakterien (8). Neben Tuberkulose wird noch MenigokokkenMeningitis therapiert und es wirkt gegen M. leprae und andere gramnegative Bakterien (5). Rifampicin wird nach oraler Gabe besser resorbiert als Rifabutin. Die Wirkstoffe verfügen über eine sehr gute Gewebeverteilung und erreichen ihre höchsten Konzentrationen in Lunge und Makrophagen (5). Aufgrund der Enzyminduktion in der Leber kommt es bei Rifampicin zu Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln, die hepatisch metabolisiert werden und daher zur Beschleunigung der eigenen Elimination führen (5). Daher tritt während der Behandlungsphase eine Verkürzung der Plasmahalbwertszeit auf sowie eine Abnahme der Bioverfügbarkeit gastrointestinale Störungen, Blutbildveränderungen sowie (6). Als Pruritus unerwünschte mit oder Nebenwirkungen ohne Leberfunktionseinschränkungen treten Hautveränderungen, und zentralnervöse Symptome auf (15). 9.3 Ethambutol Ethambutol wird ausschließlich in der Kombinationstherapie bei Tuberkulose angewendet, vor allem auch wegen der langsameren Resistenzentwicklung. Es wirkt bakteriostatisch in der Proliferationsphase von M. tuberculosis, M. kansii und M. avium intracellulare (15). Es greift indirekt in den Einbau eines Bausteins (Arabinogalacton) der mykobakteriellen Zellwand ein. Die Bioverfügbarkeit ist nach oraler Einnahme hoch und der Wirkstoff wird vorwiegend renal ausgeschieden (6). Neben immunallergischen Reaktionen, unerklärlichem Harnsäureanstieg, Kopfschmerzen und peripheren Neuropathien, können Sehstörungen auftreten. Hier handelt es sich um eine Schwäche in der Rot- Grün Unterscheidung und Gesichtsfeldeinschränkungen. Daher soll während der Therapie 40 monatlich eine augenärztliche Kontrolle durchgeführt werden und bei Kleinkindern unter 10 Jahren soll das Arzneimittel nicht eingesetzt werden (15). 9.4 Pyrazinamid Dieses Antituberkulotikum wirkt nur gegen Mykobacterium tuberculosis und entfaltet vor allem im sauren Milieu beispielsweise der Makrophagen seine bakterizide Wirkung (15) (6). Als Angriffspunkt dient die Fettsäure- Synthase, die an der Mykolsäure Biosynthese beteiligt ist und dadurch den mykobakteriellen Zellwandaufbau stört (6). Wegen des sauren Milieus wirkt Pyrazinamid auch auf die Tuberkelbakterien in den verkäsenden Nekrosen. Nach oraler Applikation verteilt sich Pyrazinamid in allen Körperflüssigkeiten inklusive Liquor und verfügt über eine Plasmahalbwertszeit von vier bis zehn Stunden (8). Da das Antituberkulotikum nach hepatischer Metabolisierung teilweise über die Niere ausgeschieden wird, kann es dort zur Hemmung der Harnsäureelimination und dadurch zu Hyperurikämie kommen (6). Weitere unerwünschte Nebenwirkungen sind hepatotoxische Eigenschaften bei höheren Dosierungen, daher soll während der Behandlung regelmäßig eine Kontrolle der Leberwerte durchgeführt werden. Ebenso kann es zu phototoxischen Reaktionen kommen (15). 9.5 Streptomycin Streptomycin zählt zur Gruppe der Aminoglykoside und wirkt daher auf die Proteinsynthese hemmend. Hier bindet es an die 30S Einheit des mykobakteriellen Ribosoms und führt so zur Bildung falscher Proteine (6). Dieses Antituberkulotikum wirkt gegen M. tuberculosis, Brucellen, Yersinia pestis, Staphylokokken sowie Streptokokken aber nicht auf atypische Mykobakterien (15). Die schwerste Nebenwirkung dieses Arzneimittels ist die Schädigung des 8. Hirnnervs. Zuerst kann es zu Vestibularstörungen kommen und später zu Hörstörungen von Seiten des Nervus accusticus (10). Wobei die Hörstörungen irreversibel sind und daher während einer Streptomycin Therapie regelmäßig ein Audiogramm durchgeführt werden muss (15). 10 Endet die Ära Antibiotika? Als Revolution der medizinischen Versorgung würde man nun das damalige Aufkommen der verschiedenen oben vorgestellten antibiotischen Therapien betiteln. Der Einsatz der antibakteriellen Pharmaka brachte enorme Vorteile in allen medizinischen Bereichen. Beispielsweise im chirurgischen Sektor im Umgang mit postoperativen Infektionen, im Kontext mit Transplantationen von Organen genauso wie von hämatopoetischen Stammzellen. Im intensivmedizinischen Bereich war die Entwicklung der Antibiotika 41 bahnbrechend. Besonders auf Intensivstationen ist der Einsatz von antimikrobiell wirksamen Substanzen in Umgang mit Kathetern, künstlicher Beatmung sowie künstlicher Ernährung nicht mehr wegzudenken. Da diese Gerätschaften idealen Nährboden für Keime bieten, ist hier der Einsatz von Antibiotika besonders wichtig. Hier kommt es zu den gefürchteten nosokomialen Infekten, die sehr schwer behandelbar sind (31). Noch 1942 berichtete man über eine medizinische Sensationsheilung als eine 33- jährige Patientin von einer Streptokokken Sepsis geheilt wurde, da die Ärzte in New Haven im Bundesstaat Conneticut die neue Substanz Penicillin ausprobiert haben. Doch ganz anders war es 2008 als es nicht möglich war, einem 70- jährigen Patienten in San Francisco zu helfen, der an einer Endokarditis erkrankte. Es handelte sich dabei um eine Endokarditis, bei deren Erreger es sich um einen Vancomycin-resistenten Enterococcus faecium handelte. Die Humanmedizin ist daher heutzutage mit anderen Problemen konfrontiert, die aber der damaligen Zeit teilweise ähneln. Sterben Patienten nicht mehr an banalen Infekten wie vor der antibiotischen Ära, sind es nun die rapide Resistenzentwicklung der Bakterien und die Entwicklung der sogenannten multiresistenten Keime, die zu nicht behandelbaren Infektionen führen (2). Bakterien bedienen sich seit Urzeiten des Mechanismus der Resistenzentwicklung. So wurde eine bis dato von der Außenwelt abgeschottete Höhle inspiziert. Dort fand man Bakterien, die sogar gegen synthetisch erzeugte Antibiotika Resistenzen aufwiesen. Solche Antibiotika, welche man erst im 20 Jahrhundert entwickelt hat. Antibiotika üben einen Selektionsdruck aus und nur die Bakterien, welche dem Stand halten und resistent sind überleben und vermehren sich. Diese Prokaryonten weisen meist in ihrer DNA mehrere „nützliche“ Resistenzgene auf, die sie untereinander weitergeben. So genügt es wenn die bakterielle Zelle einem Antibiotikum ausgesetzt ist, dass es zur Weitergabe verschiedener Resistenzen kommt, was die Entstehung der multiresistenten Erreger erklärt. Daher war es in der Entwicklung neuer potenter antibiotischer Wirkstoffe immer Ziel, neue Angriffspunkte zu finden, Bakterien erneut zu überlisten. Natürlich führte dies wiederum zur Entwicklung neuer Resistenzmechanismen, da sich auch hier Prokaryonten Wege „überlegten“ um widerstandsfähig zu werden und auch dem neuem Antibiotikum zu trotzen und zu überleben. Es ist also immer eine Frage der Zeit, wann ein Antibiotikum wieder ausgedient hat und sich das Bakterium auch hier wieder resistent gemacht hat. Schlussendlich nach Jahrtausenden von bakteriellem Selektionsdruck, wird es immer enger und schwieriger potente Angriffspunkte für Antibiotika zu finden. Resistenzmechanismen 42 werden so vorherrschend sein, dass es der Forschung unmöglich sein wird, neue Antibiotika zu entwickeln (11). Der oft unüberlegte Einsatz von Antibiotika sowohl in Ordinationen, Krankenhäusern als auch in der Tiermast bzw. Lebensmittelindustrie ist ein weiterer Grund für diesen Trend in eine bestimmte Richtung. Resistenzen nehmen zu und vor allem die multiresistenten Keime lassen Mediziner in Therapienotstand geraten (32). Bei Betrachtung dieser kritischen Lage, müssen sich Ärzte und Forscher mit der Frage beschäftigen wie es weitergehen soll im Kampf gegen die Resistenzen. Eventuell ist die einzige Möglichkeit die bleibt, die Uhr um Jahrzehnte zurückzudrehen und bereits vergessene bzw. aufgrund ihrer Toxizität verbotene Wirkstoffe wieder zu verwenden, da sie die einzigen sind, die noch Wirkung zeigen. Oder eine ganz neue Methode zu entwickeln, die sich als wirksam gegen Bakterien erweist. Doch derzeit ist auch keinerlei Besserung der Lage in Sicht, da die Entwicklung neuer Antibiotika stagniert und vor allem der Kampf gegen gramnegative Bakterien und Enterokokken kaum zu gewinnen ist (2). 10.1 Bedrohliche Problemkeime der heutigen Medizin Es ist schwer vorzustellen, wie es möglich sein soll, den Stand der Technik im chirurgischen Betrieb aufrecht zu halten, sowie Chemotherapie jeglicher Art, Transplantationen und immunsuppremierte Menschen zu versorgen, wenn keine adäquat antibakteriell wirksamen Substanzen zur Verfügung stehen. Bakterien waren und sind die Gewinner der Evolution und passen sich immer den Gegebenheiten an, um zu überleben. Nun stehen Kliniker an einem Punkt, an dem sie mit der Herausforderung der multiresistenten Keime zu kämpfen haben und keine chemische Wunderwaffe mehr zur Verfügung steht, um Menschenleben vor einer solchen bakteriellen Infektion zu retten (26). Solange der Patient nur Träger der multiresistenten Erreger ist, stellt dies kein Problem dar, aber sobald es zu Infektionen kommt, sind die behandelnden Ärzte mit dem Resistenzproblem konfrontiert (33). Eine ausgewählte Reihe an multiresistenten Keimen spielt im klinischen Alltag der Resistenzproblematik eine besondere Rolle. Diese werden hier kurz vorgestellt. 10.1.1 MRSA Das Bakterium Staphylococcus aureus zählt eigentlich zu den Keimen der natürlichen Flora der Haut und Schleimhaut des Menschen. Vor allem in Nasenvorhöfen und Rachen ist der Keim vorzufinden (12). Nun stellt das Bakterium als MRSA unter den grampositiven Erregern eine der größten Hürden in der antibiotischen Therapie dar. Das 43 Bakterium ist ein gutes Beispiel für einen Organismus, der es im Laufe der antibiotischen Ära immer wieder schaffte, sich rasch genetisch zu adaptieren um gegen die einzelnen Antibiotika widerstandsfähig zu sein. Dadurch avancierte der Staphylococcus aureus zum multiresistenten Problemkeim. Nach Einführung von Penicillin und später Methicillin, war der Keim rasch gegen diese Betalactam- Antibiotika resistent und bereits 2003 waren 50% der isolierten S. aureus aus Krankenhäusern der Vereinigten Staaten MRSA Keime. Dann zeigten sich auch Resistenzen gegen Glykopeptide, vor allem gegen Vancomycin. Tauchte zuerst nur eine leichte Form der Resistenz auf, wurde bereits kurz später vom VRSA (Vancomycin resistent- Staphylococcus aureus) berichtet. Ein Erreger der nicht nur auf die Therapie mit Vancomycin nicht anspricht, sondern auch gegen andere Antibiotika wie Clindamycin, Aminoglykoside sowie Fluorchinolone resistent ist. Nicht nur im Krankenhaus bereitet der MRSA Probleme, sondern auch ohne Krankenhauskontakt kommt es zu Infektionen durch den Erreger (2). Der so bezeichnete CA- MRSA- Stamm (community- aquired MRSA) führt vor allem bei jungen Patienten ohne Krankenhauskontakt zu den gefürchteten Infektionen, die in Deutschland und Österreich bis jetzt noch nicht so häufig aufgetreten sind (5). In den Vereinigten Staaten ist hingegen MRSA einer der Hauptverursacher für Haut- und Weichteilinfektionen, die in den Notaufnahmen gesehen werden (2). Als Auslöser von Wundinfektionen, Septikämien, Pneumonien sowie nekrotisierender Faszitis und damit assoziierter Antibiotikatherapie kommt es immer wieder zur Weiterentwicklung des Genoms des MRSA und damit zu vermehrten Resistenzproblemen. Obwohl Resistenzen gegen Vancomycin bestehen, gilt es noch als erste Wahl in der Therapie von Infektionen durch MRSA. Linezolid, Tigecyclin, oder Daptomycin können auch eingesetzt werden (5). 44 Abbildung 6 MRSA- Raten im Ländervergleich 2012 entnommen aus TESSy- The European Surveillance System 10.1.2 Vancomycin- resistente Enterokokken Enterokokken wie E. faecium und E. faecalis sind normale Bestandteile der menschlichen Darmflora. Falls die Beziehung zwischen Wirt und Erreger aber gestört ist, kann es zu schweren Infektionen kommen. Sie sind daher eine sehr widerstandsfähige Bakterienpopulation und weisen in ihrem Genom einige primäre Resistenzen gegenüber gewissen Antibiotika auf, wie beispielsweise gegen Cephalosporine. Durch den breiten Einsatz von Vancomycin bei MRSA und Clostridium difficile entwickelte sich aber auch eine zunehmende Toleranz gegenüber diesem Wirkstoff (5). Als Verursacher für die bakterielle Endokarditis sind Enterokokken gefürchtet und die Resistenz gegen Vancomycin erschwert die Auswahl einer passenden Therapie. Die Penicillintoleranz nahm ihren Ursprung, als man begann Penicillin und Aminoglykoside als Therapie von Endokarditis zu kombinieren. Dadurch etablierte sich auch zunehmend eine hohe Resistenzrate gegenüber Aminoglykosiden (2). VRE sind zunehmend verantwortlich für zahlreiche Krankenhausinfektionen wie Sepsis, Endokarditis, Wundinfektionen sowie 45 Katheter- assoziierte Infektionen. Den größten Anteil der klinisch relevanten Vancomycin -resistenten Enterokokken stellt hier der Erreger E. Faecium dar. So sind 30 % der Enterokokken, welche man von hospitalisierten Patienten in den USA isoliert hat, resistent gegen Vancomycin. Risikofaktoren für die Akquirierung solcher VRE sind eine zuvor durchgemachte antibiotische Therapie, lange Hospitalisierung vor allem auf Intensivstationen, Katheter oder andere medizinische Geräte, Immunsuppression und Kontakt mit anderen Patienten mit VRE. Die natürliche Resistenz gegenüber einigen Antibiotika sowie die leichte Übertragbarkeit von Mensch zu Mensch im Krankenhaus lässt den Keim zur potenziellen Gefahr im Krankenhaus werden. Derzeit werden Linezolid, Daptomycin sowie Tigecyclin bei VRE Infektionen therapeutisch eingesetzt. Um neue Resistenzentwicklungen zu vermeiden, müssen VRE Patienten von MRSA Patienten räumlich getrennt werden, da es sonst unter diesen grampositiven Kokken zur Übertragung der Glykopeptid-Resistenz kommen kann (5). Abbildung 7 Enterococcus faecium - Vancomycin resistent Ländervergleich 2012 entnommen aus TESSy- The European Surveillance System 46 10.1.3 ESBL- bildende gramnegative Bakterien Hier handelt es sich um gramnegative Bakterien wie Enterobacteriacae, Pseudomonas aeruginosa sowie beispielweise Acinetobacter baumannii. Diese Erreger verbindet die gemeinsame Eigenschaft, dass sie in der Lage sind, sogenannte Betalactamasen zu bilden. Betalactamasen sind Enzyme, die sie gegen nahezu alle Betalactam- Antibiotika widerstandsfähig machen (5). Zuerst war es den Keimen nur möglich, Penicilline und Schmalspektrum- Cephalosporine zu inaktivieren, doch im Laufe der Resistenzentwicklung kam es zur Entstehung der ESBL, der sogenannten extended spectrum betalactamases, die auch gegen Cephalosporine der Gruppe 3 und Gruppe 4 resistent sind (7). Diese Entwicklung führt dazu, dass es zu einer steigenden Zahl an nosokomialen Infekten durch gramnegative Bakterien kommt, bei deren Therapie man mit plötzlich wirkungslosen Antibiotika konfrontiert ist. Die Situation wird sich auch in Zukunft schwierig gestalten, da sich noch keine brauchbaren neuen Antibiotika gegen diese multiresistenten Organismen im fortgeschrittenen Stadium der klinischen Entwicklung befinden. Wie bereits erwähnt stellen sich hier beispielsweise Keime wie Pseudomonas aeruginosa oder Acinetobacter baumannii als besondere klinische Herausforderung dar. So war man beispielsweise bei Soldaten, die aus dem Irak und Afghanistan zurückkehren, mit den multiresistenten Acinetobacter Arten konfrontiert. Aber nicht nur diese gramnegativen Bakterien sind von Multiresistenzen betroffen, sondern auch Krankenhaus- assoziierte Stämme von Klebsiellen, Escherichia coli und Enterobacter haben sich zu den multiresistenten Keimen mit ESBL gesellt. Weiter bereiten diese Erreger auch außerhalb des Spitals Probleme und so wurden auch bei durch E. coli verursachten Harnwegsinfekten ESBL Bildner gefunden (2). In der Behandlung dieser Infektionen zeigen sich Carbapeneme, Aminoglykoside, Fluorchinolone, Fosfomycin sowie Tigecyclin noch wirksam. Ein weiteres Problem stellen die sogenannten Carbapenemasen dar. Dabei handelt es sich um Carbapenem- hydrolysierende Betalactamasen, die fähig sind auch Carbapeneme zu inaktivieren, welche als Reserveantibiotika auf Intensivstationen gehandhabt werden (5). Mechanismen wie Effluxpumpen und Membranveränderungen führten bei gramnegativen Erregern zu dieser Resistenzentwicklung gegen Carbapeneme. Diese Resistenzmechanismen betreffen aber auch andere Antibiotika Gruppen wie beispielsweise Fluorquinolone und Aminoglykoside. Da diese Betalactamase- Gene auch über Plasmide weitergegeben werden können, könnten plötzlich alle gramnegativen Bakterien diese Gene 47 besitzen. Und durch die angeeigneten Antibiotikaresistenzen könnten sie zur potenziellen Gefahr in Zukunft werden (2). Abbildung 8: Klebsiella pneumoniae- 3.Generations-Cephalosporine resistent Ländervergleich 2012 entnommen aus TESSy- The European Surveillance System 10.2 Ursachen der Resistenzen Die weltweite Verbreitung der Antibiotikaresistenzen ist einer der Hauptgründe, warum Infektionserkrankungen noch immer Menschenleben fordern. Die Ursachen für diese Entwicklung sind vielfältig. So ist es neben dem unüberlegten und hohen Antibiotikaeinsatz durch Menschenhand auch die enorme Anpassungsfähigkeit der Erreger. Diese zeichnet sich durch ihre genetische Variabilität, schnelle Replikationsfähigkeit sowie durch die große Vielfalt und hohe Zahl, mit der sie am Planeten vertreten sind, aus. Erreger schaffen es daher schon seit Ewigkeiten auf natürlichem Weg mit antibiotisch wirksamen Substanzen umzugehen. Dies gelingt durch genetische Mutation im Sinne der Resistenzentwicklung. Aber einer der Hauptgründe für die Ausbreitung der Resistenzentwicklung ist trotzdem der unkritische Einsatz von 48 Antibiotika in der Humanmedizin sowie in der Landwirtschaft wie beispielsweise zur Wachstumsförderung in der Viehzucht. So werden Antibiotika in der Praxis bei banalen viralen Atemwegsinfektionen verschrieben, nur weil Patienten danach verlangen oder der Arzt zur Sicherheit antibiotisch abdecken will. Dadurch wird der Selektionsdruck gefördert und die Ausbreitung von Resistenzen vorangetrieben (31). Die passende Auswahl des Antibiotikums ist auch entscheidend, obwohl die Therapie mit einem SchmalspektrumAntibiotikum begonnen werden sollte, wird zu oft sofort mit einem Breitbandantibiotikum therapiert. Dadurch sind im Notfall die vorhandenen Breitbandantibiotika gegen die resistenten Erreger unwirksam und es fehlt die Möglichkeit adäquat zu therapieren. Ebenso führt der Informationsrückstand unter ärztlichem Personal zu falschem oder nutzlosem Verbrauch antibiotischer Ressourcen. Die Aufklärung über die aktuelle Antibiotikaresistenzlage, Hygienemaßnahmen zur Infektionsprävention kommen teilweise in Fort- und Weiterbildung zu kurz. Dies trägt dazu bei, dass sich resistente Organismen rasch in medizinischen Einrichtungen ausbreiten (34). Wichtige Einflussfaktoren sind auch die Arzt- Patientenbeziehung. Hier vor allem der Druck vom Patienten ein Antibiotikum zu wollen, der Zeitfaktor in der Praxis schnell eine passende Therapie zu finden sowie die Angst des Arztes vor rechtlichen Konsequenzen bei Unterlassung einer antibiotischen Therapie (35). Weiter ist oft die fehlende Compliance von Patienten problematisch, so wird die Resistenzentstehung durch nicht zu Ende nehmen des Antibiotikums enorm verstärkt. Außerdem gelangen Antibiotika- Metaboliten über Abwasser und Ausscheidungen in Kläranlagen und sind dort dem Selektionsdruck ausgesetzt, was weiter zur Resistenzentstehung bei Bakterien führt (34). Genauso wenig sind neue viel versprechende Antibiotika in Entwicklung oder bereits am Markt (36). Allgemein kann die Ressourcenverschwendung versiegende angesehen Effektivität werden von und Antibiotika deshalb genauso müssen als unbedingt Gegenstrategien postuliert und verwirklicht werden (31). 10.3 Maßnahmen gegen die zunehmende Resistenzentwicklung Eine Lösung im Fall der steigenden Resistenzentwicklung muss gefunden werden um weiter medizinische Therapie auf höchstem Niveau garantieren zu können und Infektionserkrankungen nicht zum Problem werden zu lassen. Man wird zwar nie den Kampf gegen die schnelle Resistenzentwicklung der Bakterien gewinnen können, aber durch Einhaltung einiger Regeln und die Entwicklung neuer Antibiotika, soll dem gefährlichen Trend entgegen gewirkt werden (35). Betrachtet man die wirtschaftlichen Aspekte, ist die Entwicklung neuer antibiotisch wirksamer Substanzen für Pharmafirmen 49 wenig Gewinnbringend und daher stagniert dieser Forschungszweig zunehmend (37). Daher muss ein ordentlicher Umgang mit Antibiotika gepflegt werden durch folgende Maßnahmen. Strenge Indikationsstellung und Auswahl: Zuerst soll sich der Arzt sicher sein, ob es sich um einen bakteriellen Infekt handelt und Antibiotika nicht als Antipyretikum missbrauchen. Dann ist eine adäquate Auswahl des Antibiotikums in der Initialtherapie nach dem zu erwartendem Erreger maßgeblich. Um nicht unnötig überzutherapieren kann eine Keimanalyse durchgeführt werden. Es sollte versucht werden mit einem Schmalspektrumantibiotikum zu beginnen. Ausschlaggebend ist ein frühzeitig korrekt angefertigtes Antibiogramm, welches die Therapie dann weiter optimieren lässt (5). Gezielte Therapie: Falls das gewählte Antibiotikum nach einigen Tagen nicht anspricht, sollte nicht unnötig weitertherapiert werden, sondern man soll sich überlegen ob es die richtige Wahl war. Ob das Antibiotikum bis zum Infektionsort vordringen kann oder ob es sich eventuell um Viren oder Pilze handeln könnte. Weiter müssen Venenkatheter oder Blasenkatheter als Ursache für das Nichtansprechen des Antibiotikums in Erwägung gezogen werden. Dann sollte ein Wirkstoffwechsel passieren um die Selektion resistenter Keime nicht weiter zu fördern (15). Therapiedauer und Dosierung: Nach richtiger Auswahl des Wirkstoffs soll eine adäquate Dosierung und Dauer der Therapie zur vollständigen Eradikation der Erreger überlegt werden. Meistens sind drei bis fünf Tage nach Abfiebern ausreichend und das Antibiotikum soll nicht zu lange verabreicht werden. Bei Nierenfunktionseinschränkungen muss eine Dosisanpassung erfolgen und das Nebenwirkunsprofil sowie Allergien müssen beachtet werden (15). Kombinationstherapie und Lokalantibiotika: Die Antibiotika- Diversität soll durch Verwendung verschiedener Wirkstoffe für die gleiche Indikationsstellung im Krankenhaus gepflegt werden. Bei Kombinationstherapie im Falle einer empirischen Initialtherapie beispielsweise bei einer Sepsis oder bei einer Monotherapie bei resistenten Keimen sollen die gleichen Dosierungen wie bei den Einzelsubstanzen verwendet werden (5). Lokalantibiotika kann man durch Antiseptika ersetzten, da auch hier eine zunehmende Resistenzentwicklung beobachtet wird. Daher soll man sich auf Substanzen beschränken die in der systemischen Therapie keine tragende Rolle haben (15). 50 Hygienische Maßnahmen: Hohe hygienische Standards sind entscheidend im Kampf gegen resistente Keime und die Verbreitung dieser. Neben Händedesinfektion, sterilen Bedingungen im Operationsbereich müssen auch die Räumlichkeiten inklusive Raumluft regelmäßig entkeimt werden (5). Die wachsende Krise der Resistenzen und der Stillstand in der Entwicklung neuer wirksamer Antibiotika geben Anstoß, nach neuen Lösungen für dieses Problem zu suchen. Es wird zunehmend schwieriger werden bakterielle Infektionen durch multiresistente Keime zu therapieren und Patienten zu kurieren. Daher müssen neue Wege gefunden werden um Bakterien unschädlich zu machen, andere Angriffspunkte sowie Strategien ohne Gefahr der Resistenzentwicklung (11). Eine mögliche Alternative könnte die Bakteriophagentherapie darstellen, die sich in den nächsten Jahren in Angesicht dieser prekären Resistenzlage, etablieren könnte. 11 Vorstellung einer möglichen Alternative Die Entwicklung von Antibiotika zählt zu den größten Erfolgen der Wissenschaft im 20. Jahrhundert. So gehören die Wirkstoffe in der westlichen Medizin seit über 60 Jahren zu den „bedeutendsten Werkzeugen“ in der Therapie von Infektionserkrankungen. Aber obwohl die Substanzen Millionen von Menschenleben gerettet haben, gerät die Zukunft der Antibiotika ins Wanken (3). Anstatt sich nur auf chemische Lösungsmöglichkeiten zu konzentrieren, was immer ein dynamisches Auf und Ab zwischen Entwicklung neuer Antibiotika und Ineffektivität durch Resistenzen kurz nach Einführung bedeutet, sollen andere Möglichkeiten ins Auge gefasst werden. Hier kommt beispielsweise die Bakteriophagentherapie in Frage, eine alte Methode, die sich im Kampf gegen bakterielle Infektionserkrankungen bewähren könnte (36). 11.1 Bakteriophagentherapie 11.1.1 Geschichte der Phagen Aus dem lateinischem übersetzt bedeutet Bakteriophagen „Bakterien-Esser“. Die Geschichte der Bakteriophagen reicht weit zurück. Bereits im Prophetenbuch der Bibel wird geschrieben, dass der Prophet Elias Naaman bat, sich im Jordan Fluss zu baden um seine Krankheit zu heilen. Und seitdem wurden viele Fälle dokumentiert, dass Flusswasser die Fähigkeit haben soll, infektiöse Krankheiten wie Lepra zu kurieren, was bereits ein Hinweis auf Phagen war (38). 1886 beobachtete ein britischer Forscher namens Ernest Hankin, dass es im Fluss Ganges eine antibakterielle Aktivität durch irgendeine Substanz gegen Vibrio cholerae geben muss und damit die Ausbreitung der Cholera Epidemie 51 eindämmt (39). Um 1910 entdeckten schließlich der britische Bakteriologe Frederick Twort und der kanadisch- französische Mikrobiologe Felix d´Herelle unabhängig voneinander, dass es sich bei diesem Phänomen um Bakteriophagen handelt. Die von d´Herelle als Bakterien-Esser bezeichneten Bakteriophagen entdeckte er im Labor, als sich auf einer bakteriell besiedelten Agarplatte plötzlich freie Plaques konfigurierten. Er bestätigte, dass es sich um virale Parasiten handelte, die die Platte von den Bakterien befreiten (40). D´Herelle verstand also sofort, dass es sich bei dem natürlichen Antagonisten der Bakterien um eine potente Therapie bei Infektionserkrankungen handeln könnte. Der Durchbruch gelang dem Mikrobiologen 1919 als er vier Patienten mittels Phagentherapie in kürzester Zeit von einer bakteriellen Diarrhoe kurierte. Er entwickelte schließlich fünf Phagenpräparate die von seinem Labor in Paris vertrieben wurden. Ab diesem Zeitpunkt gelang Bakteriophagentherapie in wissenschaftliche Hand und begann sich weiterzuentwickeln (41). Als es aber zur Entdeckung der Antibiotika kam, gerieten Phagen dann wieder schnell in Vergessenheit. Anfangs waren Antibiotika sehr preisgünstig, überall verfügbar und nahezu gegen jede bakterielle Infektion wirksam. So erschienen Antibiotika als die neuen Wunderwaffen der Humanmedizin und die Phagentherapie wurde somit komplett vom Westen ausrangiert (36). Seitdem wurde Phagentherapie nur mehr randständig im Kleinformat betrieben. So wurden bis 1979 in Frankreich noch Phagen gegen Erreger wie Pseudomonas, Escherichia Coli, Staphylococcus aureus und Serratia eingesetzt. Beispielsweise bei Haut- und Weichteilinfektionen, Sepsis, Osteomyelitis, Wundinfektionen, Otitis media und Sinusitiden (42). Das Interesse an der Phagentherapie war aber trotzdem immer gegeben, nur zentrierte sich die Forschung und Durchführung klinischer Studien sowie der therapeutische Einsatz eher in die frühere Sowjetunion sowie nach Osteuropa. Die Ergebnisse wurden nicht ins Englische übersetzt und waren daher auch sehr schwer zugänglich für den Westen (43). Heute blicken Wissenschaftler erneut zurück auf die Phagentherapie, als Weg zur Behandlung bakterieller Infektionen mit vielen Vorteilen im Gegensatz zur herkömmlichen antibiotischen Therapie. Vor allem in Anbetracht dessen, dass in Zukunft nicht mehr alleine Antibiotika die Lösung für bakterielle Infektionen sein werden, aufgrund der steigenden Resistenzentwicklung. Jedoch besteht in puncto klinischer Forschung noch großer Aufholbedarf um eine breite Anwendung zu gerecht fertigen (36). 52 11.1.2 Was sind Bakteriophagen Bakteriophagen oder Phagen, besser bekannt als virale Parasiten von Bakterien, wurden vor fast über 100 Jahren entdeckt. Ihre Potenz als antibiotisches Agens wurde sofort erkannt. Bakteriophagen sind Viren, die über die Fähigkeit verfügen Bakterien zu infizieren und in den meisten Fällen abzutöten. Wie bei den meisten Viren beginnt die Infizierung der bakteriellen Zelle mittels Anheftung an spezielle Oberflächenrezeptoren. Nach Eindringen in die Zelle beginnt die Replikation indem sie den bakteriellen Metabolismus stoppen und Phagenpartikel produzieren. Dann nach Einbringung ihrer Nukleinsäuren in das Bakterium endet der Prozess, indem sich die bakterielle Zelle aufzulösen beginnt. Die Zelllyse kann je nach Lebenszyklus der Phagen entweder sofort nach Eindringen in die bakterielle Zelle beginnen, hier spricht man vom lytischen Zellzyklus oder erst mit Verspätung auftreten, was einem lysogenen Zellzyklus entspricht (44). Abbildung 9: Lysogener und lytischer Zellzyklus bei Bakteriophagen entnommen aus (45) Da Phagen eine der größten Populationen von Mikroorganismen auf Erden sind und eine große Rolle spielen in Recycling-Prozessen von organischem Material, ist es relativ einfach Phagen gegen bedeutende pathogene Bakterien zu isolieren. Beispielsweise von Erregern wie Escherichia Coli, Salmonellen, Campylobacter, Pseudomonas aeruginosa und Staphylococcus aureus. Dabei kann die Auswahl der Wirtszelle von Phagen von einem Bakterienstamm bis zu mehreren verschiedenen Bakterienspezien reichen, dies hängt von dem jeweiligen Phagentypus ab (46). Trotzdem sind die Mechanismen, mit welchen 53 Phagen in Bakterienzellen eindringen und den bakteriellen Stoffwechsel manipulieren, sehr individuell. Phagen haben im Laufe der Evolution hochspezialisierte verschiedenste bakterizide Substanzen gegen ihre bakteriellen Zielzellen entwickelt (42). Die größte Herausforderung der Phagentherapie ist genauso wie bei anderen antimikrobiellen Wirkstoffen das Angriffsziel zu erreichen und dort in ausreichender Konzentration zu verweilen. Nur so ist am Infektionsort eine effektive Phagentherapie zu garantieren und dadurch können alle Bakterien abgetötet werden. Weiter werden auch Phagencocktails aus mehreren Phagenarten bestehend verwendet, um den Therapieerfolg weiter zu steigern. Je mehr Phagenarten eine Mixtur enthält, desto größer ist das Spektrum an abgedeckten Bakterienarten und desto breiter kann die Formel eingesetzt werden (40). Vorteile der Bakteriophagentherapie Die Bakteriophagentherapie zeichnet sich besonders durch ihre Spezifität zu der bakteriellen Wirtszelle aus. So ist es aus therapeutischer Sicht eine smarte Variante genau die zu beseitigende Bakterienpopulation zu eliminieren und den Rest der menschlichen Bakterienflora nicht zu beeinflussen. Somit treten weniger unerwünschte Nebenwirkungen auf und Superinfektionen bzw. Sekundärinfektionen lassen sich verhindern (42). Die wichtigsten Vorteile werden nun aufgelistet: Bakterizide Eigenschaften: So bald ein Phage ein Bakterium infiziert hat, ist dieses nicht mehr lebensfähig. Im Gegensatz dazu erlauben bakteriostatische Antibiotika wie beispielsweise Tetracycline schnellere Resistenzentwicklung durch Selektion (47). „Auto“ Dosierung: Da sich Phagen nur in Gegenwart ihrer bakteriellen Wirtszellen replizieren, spricht man von selbstregulierenden Werkzeugen. Im Gegensatz dazu reduziert sich die Dosis eines zugeführten Antibiotikums natürlicherweise im Laufe der Zeit von selbst, während sich die Phagenanzahl erst reduziert, wenn alle Bakterien eliminiert sind (48). Geringe Toxizität: Da Phagen natürlicherweise aus Nukleinsäuren und Proteinen bestehen, sind sie ungiftig und es gibt wenige Nebenwirkungen. Es kann nur zu Interaktionen mit dem menschlichen Immunsystem kommen. Um allergische Reaktionen auf frei gewordene Bakerientoxine zu vermeiden sollen daher höchst reine Phagenaufbereitungen verwendet werden (43). Minimale Zerstörung der menschlichen Bakterienflora: Wegen der Wirtsspezialisierung von Bakteriophagen, also der Fähigkeit nur ganz bestimmte Bakterienstämme zu infizieren, haben sie nur wenig Effekt auf die gesunde 54 Bakterienflora des Breitsprektumantibiotika Menschens auf viele (49). Im Bakterien Gegensatz und es kann dazu wirken dadurch zu Superinfektionen wie Antibiotika-assoziierte Clostridium difficile Colistis oder Candida albicans Infektionen kommen. Gastrointestinalen Nebenwirkungen treten viel seltener auf (50). Geringere Resistenzentwicklung: Die spezielle Wirtsauswahl von Bakteriophagen limitiert die Anzahl an Bakterien, durch deren Selektion spezielle Phagen- Resistenzmechanismen entstehen. Dies steht im Kontrast zu der umfangreichen Anzahl an Bakterien, die durch die meisten Antibiotika erfasst werden (50). Keine Kreuzresistenzen mit Antibiotika: Da sich Phagen anderer Mechanismen bedienen als Antibiotika um Bakterien abzutöten, können antibiotikaresistente Bakterien mittels Phagentherapie behandelt werden (50). Schneller Entdeckungsprozess: Viele Phagen gegen pathogene Bakterien werden schnell entdeckt, da hohe Konzentrationen davon in Abwässern vorkommen. Besonders Phagen mit einem großem therapeutischen Fenster werden leicht isoliert, wobei die Isolierung technisch anspruchsvoll ist (49). Vielseitigkeit in ihrer Anwendung: Bakteriophagen können in Kombination mit anderen Antibiotika verwendet werden oder in Phagencocktails um ihr Wirkspektrum zu erweitern. Genauso vielseitig präsentieren sie sich auch in Hinsicht auf Applikation (49). Biofilm: Antibiotika sind wenig wirksam, wenn sich bereits ein Biofilm gebildet hat. Bakteriophagen sind hingegen fähig eine solche Bakterienschicht zu penetrieren (49). In situ Therapie: Bakteriophagen vermehren sich am Ort der Infektion ohne den ganzen Körper zu durchwandern wie es Antibiotika zu tun pflegen (42). Einzeldosis- Potenzial: Da sich Bakteriophagen am Infektionsort vermehren und je nach Bakterienanzahl in ihrer Dosis selbst regulieren, genügt eine Einzeldosis um einen therapeutischen Erfolg zu erzielen (49). Möglichkeit der geringen Dosierung: Da Bakteriophagen sich nur dort anreichern, wo ihre bakterielle Wirtszelle angesiedelt ist und sich dort je nach Bakteriendichte entsprechend replizieren, reicht bereits eine geringe Dosis zur Behandlung aus (51). 55 Geringer Umwelteinfluss: Da Phagen hauptsächlich aus Nukleinsäuren und Proteinen bestehen haben sie im Vergleich zu chemisch synthetisierten Breitspektrumantibiotika nur wenig Auswirkung auf Bakterien in der Umwelt. Außerdem adaptieren sie sich schwer an Umwelteinflüsse und sind wenig toxisch (49). Phagen sind keine Antibiotika: Ein Hauptteil des Antibiotikaverbrauchs gilt als nicht gerechtfertigt und fördert die Zunahme an bakteriellen Resistenzen. Beispielsweise der Einsatz in der Landwirtschaft genauso wie die oft unnötige missbräuchliche Therapie in der Humanmedizin. So kommt es zur Verunreinigung von Nahrungsmitteln und unserer Umwelt. Da Phagen nicht zur Verschlechterung der Antibiotika Resistenzlage beitragen, könnte der Einsatz dieser dazu beitragen den Nutzen von Antibiotika im klinischen Alltag wieder zu verbessern (49). Geringe Kosten: Die Herstellung von Phagen besteht aus einer Kombination von wirtsspezifischen Wachstum und spezieller Aufbereitung. Der Kostenaufwand ist viel geringer als die Kosten die bei der Entwicklung neuer Antibiotika im Laufe vieler Jahre in klinischen Studien entstehen würden (49). Nachteile der Bakteriophagentherapie Auswahl der richtigen Bakteriophagen: Die richtige Charakterisierung der Bakteriophagen, die zur Therapie verwendet werden, spielt eine bedeutende Rolle und gestaltet sich eher schwierig. Dabei ist zu beachten, die Phagen auszuschließen, welche Toxine tragen, sowie Probleme mit Adsorption und Replikation haben. Es gilt jene auszuwählen, die unter den lokalen Bedingungen überleben und ihre Funktion adäquat ausführen können. Diejenigen zu identifizieren, die über die Fähigkeiten verfügen pharmakokinetisch (d. h. die bakterielle Zielzelle gut zu erreichen) sowie wenig Potenzial haben zu schädigen. Bakteriophagen, die nicht diesen Kriterien entsprechen, sollen nicht therapeutisch angewendet werden (51). Problem mit der eingeschränkten Anwendung: Die hohe Wirtsspezialisierung der meisten Bakteriophagen wirft neben positiven Effekten auch Probleme auf. Da immer nur wenige Bakterienstämme von den einzelnen Phagen angegriffen werden, ist man in einer breiten therapeutischen Anwendung stark eingeschränkt. Diese Therapie verlangt auch nach einer vorangehenden Isolierung des Pathogens um die richtigen Phagen aufzubereiten. Die Kombination von Antibiotika und Phagentherapie oder Phagencocktails würden das therapeutische Fenster erweitern (48). 56 Biologisches Agens: Phagen bestehen aus Proteinen und Nukleinsäuren und gelten daher als biologische Präparate. Nachteiliger Effekt ist daher die Instabilität dieser Produkte bereits während ihrer Erzeugung und während ihres Gebrauchs. Die auf Protein basierenden Pharmazeutika führen zur Immunstimulierung und werden sehr schnell vom retikuloendothelialen System erfasst (48). Fehlende Studien und Leitlinien: Skeptiker der Phagentherapie argumentieren damit, dass die klinische Unbedenklichkeit und der Nutzen der Bakteriophagentherapie noch nicht in großen Studien genügend dargestellt wurde. Das Fehlen etablierter Leitlinien für in-vitro Erprobungen zur Empfindlichkeitsprüfung der Bakterien gegenüber Phagen erschwert den Einzug in westliche Forschungslabore (48). 11.1.3 Humanmedizinische Anwendungen Seit ihrer Entdeckung werden Phagen in der Humanmedizin erfolgreich angewendet und erforscht, nur beschränkten sich diese Tätigkeiten auf den Osten und das westliche Europa sowie die Vereinigten Staaten blieben lange unbeeindruckt. Ein Phagen-Spot in Europa war beispielsweise das Pasteur Institut in Frankreich, wo Phagenpräparate hergestellt wurden. Man benutzte sie für den Einsatz bei Wund-, Hautinfektionen, Sepsis, Osteomyelitis, sowie Infektionen im Urogenitaltrakt. In den Vereinigten Staaten waren hauptsächlich humanmedizinische und veterinärmedizinische Impfstoffe in Verwendung. Die sogenannten staphylococcal phage lysate (SPL) waren kurzzeitig als humanmedizinische Therapeutika zugelassen, wurden aber später aufgrund von behördlichen Leitlinien wieder abgeschafft. Nun werden sie im veterinärmedizinischen Bereich erfolgreich weiter angewendet (52). Im Gegensatz dazu wurde in der früheren Sowjetunion Phagentherapie intensiv erforscht und große klinische Studien wurden durchgeführt. Eines der bedeutendsten Institute für Forschung der Bakteriophagentherapie sowie Herstellung von Phagenpräparaten war das Tbilisi Institut für Bakteriophagen, Mikrobiologie und Virologie in Georgien. Ab 1990, nach Zusammenbruch der Sowjetunion, lief das Institut unter dem Namen des georgianischen Begründers George Eliava. Das Eliava Institut produzierte Phagen für den therapeutischen Einsatz sowie als Prophylaxe bei purulenter Sepsis sowie gastrointestinalen Infektionen. Diese wurden breit eingesetzt und waren in vielen verschiedenen Applikationsformen erhältlich. Außerdem führten sie eine große Anzahl an präklinischen und klinischen Studien durch (48). An einer sehr bedeutenden Studie dieses Instituts nahmen beispielsweise 30769 Kinder unter sieben Jahren teil, die 16 Wochen 57 begleitet wurden. Hier wurde die Effizienz einer Anti-Shigellen Phagen Tablette untersucht. Eine Hälfte der Kinder erhielt diese Tablette und der anderen Hälfte wurde Placebo verabreicht, dies passierte über 109 Tage. In der Phagengruppe war die klinisch nachweisbare Shigellose um 2,6 fach reduziert worden (53). Leider entsprechen viele Sowjetische Standards in klinischen Studien nicht international anerkannten Standards. Außerdem war sowjetische wissenschaftliche Literatur aufgrund von sprachlichen Barrieren dem Rest der Welt bis vor kurzem wenig zugänglich. Auch das sind Beweggründe für internationales Misstrauen und Besorgnis in Hinsicht auf den breiten therapeutischen Einsatz der Bakteriophagentherapie (48). Die am genauesten dokumentierten klinischen Studien über den Gebrauch von Phagen in klinischen Settings, die in englischer Sprache publiziert wurden, wurden vom Institut für Immunologie und experimenteller Therapie Wroclaw in Polen durchgeführt. Ihre Erfolge mit Bakteriophagentherapie wurden in vielen Publikationen veröffentlicht. In den meisten wurden Patienten mit den unterschiedlichsten, lebensbedrohlichen Infektionen durch multiresistente Erreger mittels Phagen behandelt. Dabei kam es bei einer Patientenzahl von 1307 bei 85,9 % zu einer völligen Genesung der Infektion. Bei 10,9% kam es zu einer leichten Verbesserung und nur bei 3,9 % war die Bakteriophagentherapie ineffektiv. In den Studien verzeichnete man die größten Therapieerfolge bei Furunkulose mit einer Heilungsrate von 100 % und bei Osteomyelitis erzielte man eine Heilungsrate von 90% (54). Kürzlich wurden auch Daten vom Eliava Institut in englischer Sprache erneut publiziert. Es handelt sich dabei vor allem um viele Fallstudien, in welchen Phagentherapie bzw. Phagentherapie in Kombination mit Antibiotika angewendet wurden. Anwendungen bei Osteomyelitis, Peritonitis, Sepsis, Mastitis, chronischen Pneumonien und Lungenabszessen sowie bei Bronchitis wurden klinisch untersucht. Im Falle der Sepsis kam es bei 41 % der Patienten zur vollständigen Genesung. Bei jener Gruppe die mittels Phagentherapie in Kombination mit Antibiotika behandelt wurden, kam es bei 78% zur vollständigen Heilung. Im Gegensatz dazu war bei der Kontrollgruppe, die nur mit Antibiotika behandelt wurde eine Heilungsrate von 23%. Diese Ergebnisse zeigen, dass vor allem die Kombination von Antibiotika und Phagen großen Erfolg verspricht (48) (54). In den letzten Jahren führte das Institut für Cystische Fibrose in Tbilisi ein Projekt mit Phagentherapie gegen Sekundärinfektionen bei acht Patienten mit Cystischer Fibrose durch. Dabei wurde den Kindern und Erwachsenen mittels Nebulisator ein Phagenpräparat zugeführt. Dies erfolgte 6-10-mal täglich. Gleichzeitig wurden andere Patienten 58 konventionell mit Antibiotika, Mukolytika und Vitaminpräparaten therapiert. Die Phagen Applikation führte zum signifikanten Rückgang der Bakterienkonzentrationen in den Sputumproben der Patieten. Außerdem verzeichnete man lange Infekt- freie Intervalle und eine deutliche gesundheitliche Besserung. Diese Ergebnisse wurden auf zahlreichen wissenschaftlichen Kongressen in Europa sowie auch in den USA präsentiert (48). Kleinangelegte Forschungsprojekte mit Phagen fanden auch im Westen Einzug. So wurde am Verbrennungszentrum vom Queen Astrid Military Hospital in Brüssel mit den vom Eliava Institut präparierten Phagenmixturen experimentiert. Diese wurden auf Zytotoxizität, Sterilität und Stabilität getestet. Alle klinischen Versuche an den Brandwunden wurden gemäß den notwendigen Sicherheitsvorschriften durchgeführt und dabei waren keine Nebenwirkungen zu beobachten. Dies war einer der ersten bedeutenden Schritte um den Einsatz der Phagentherapie in der westlichen Medizin voranzutreiben (55). Ein weiteres Beispiel für das Interesse des Westens an Phagen ist, dass 2012 ein Forschungsteam in Los Angeles auf Phagen gegen Propionibacterium acenesis aufmerksam wurde. Die Wissenschaftler sind zuversichtlich, dass sich daraus eine vielversprechende Phagentherapie gegen Akne entwickeln könnte (42). Das Interesse am therapeutischen Einsatz der Bakteriophagen steigt auch im Westen zunehmend, vor allem unter Berücksichtigung der Antibiotikaresistenzen. Die größte Herausforderung besteht daher in der Durchführung groß angelegter Studien, die den europäischen und amerikanischen Guidelines entsprechen. Dies würde einen hohen Kostenaufwand bedeuten und das fehlende Interesse der Pharmakonzerne lässt nicht darauf schließen, dass sich die Bakteriophagentherapie in naher Zukunft im Westen etabliert. 12 Diskussion Die Entdeckung der Antibiotika brachte eine Revolutionierung der Humanmedizin und plötzlich bedeutete eine bakterielle Infektion keineswegs mehr das Todesurteil. Die modernen Standards der westlichen Medizin verdanken vieles den antibiotischen Wirkstoffen. Doch die Kehrseite des Erfolgs ist, dass niemand daran dachte, dass wir die nützlichen Waffen gegen Bakterien im Laufe der Jahre aufs Spiel gesetzt haben. Der enorm hohe Verbrauch der Arzneimittel hat mit zu der heutigen dramatischen Lage der Resistenzen geführt. Zur Gesundheitsvorbeugung verfütterte Antibiotika in der Masttierhaltung und der breite Einsatz in der Landwirtschaft trug noch weiter zur Evolution der Resistenzen bei. Doch auch in der Humanmedizin wurde genug dazu beigetragen, dass die wertvollen Arzneimittel teilweise unwirksam werden. Beispielsweise die unkritische Verschreibung 59 eines Antibiotikums bei jedem banalen viralen Infekt. Klar ist in dieser Hinsicht die ärztliche Sicht zu verstehen, da sich Ärzte absichern wollen und Superinfektionen verhindern wollen. Außerdem hat es ein Arzt heutzutage mit sehr mündigen Patienten zu tun, die teilweise die Verschreibung eines Antibiotikums fordern, weil sie das so im Internet gelesen haben wollen. „Watchful waiting“ wie es so schön heißt und wie man es in der ärztlichen Ausbildung gelehrt bekommt, dass man sich auf die eigene klinische Erfahrung verlassen soll und unter Beobachtung des Patienten zunächst keine Medikamente verschreibt. Doch ein „guter Arzt“ zeichnet sich in den Augen vieler Patienten nicht durch solches Vorgehen aus. Der Zeitdruck, dem der Arzt ausgesetzt ist aber auch der Druck des Patienten „schnell gesund zu werden“ aufgrund von Jobsituation und gesellschaftlichem Druck führen dazu, dass Antibiotika unkritisch verschrieben werden. Keimanalysen sowie Schmalbandantibiotika sind zu zeitaufwändig, denn man wiegt sich lieber sofort in Sicherheit und beginnt breit zu therapieren um auch wirklich jeden Keim abzutöten. Nun ist es nicht verwunderlich, dass die Humanmedizin mit den Folgen des unüberlegten Antibiotikum- Verbrauchs konfrontiert ist. Multiresistente Erreger sogenannte „Superbugs“ haben leichtes Spiel, da es mittlerweile schwierig ist noch wirkungsvolle Antibiotika zu finden. Postoperative Wundinfektionen, Harnkatheter- Infektionen sowie Hautinfektionen wurden durch diese prekäre Resistenzlage zur absoluten Therapieherausforderung. Lange dachte man, dass die Entwicklung neuer antibiotisch wirksamen Substanzen die Lösung des Resistenzproblems ist. Doch bald musste man erkennen, dass die Entwicklung ganz neuer Wirkmechanismen bei Antibiotika unter Berücksichtigung von Kreuzresistenzen sehr lange Zeit beansprucht und die Mikroorganismen schneller sind als die Forschung. Daher ist auch dies der falsche Lösungsansatz. Außerdem lohnt es sich nicht mehr für Pharmakonzerne Investitionen in die Antbiotikum- Forschung zu tätigen, wenn diese nach Markteinführung sofort wieder nutzlos sind. „Befinden wir uns also bereits in der postantibiotischen Ära?“, diese Frage stellen sich immer mehr Kliniker und Wissenschaftler die mit den steigenden Resistenzraten der einzelnen Keime vertraut sind. Wohl oder übel verlangen diese Erkenntnisse nach Handlungsbedarf. Denn zu lange wurde der sich abzeichnenden Krise der Antibiotikaresistenzen zu wenig Beachtung geschenkt. Es scheint unrealistisch, dass die Entwicklung neuer Antibiotika, bzw. die Verbesserung ihrer Wirkmechanismen die Lösung des Problems sein wird. 60 Führt man sich nun die jährlich erscheinenden erschreckenden Resistenzberichte der jeweiligen Länder zu Gemüte wird deutlich, dass man sich nach Alternativen zu Antibiotika umschauen sollte. Mögliche Lösungen gegen die Verbreitung multiresistener Keime wären die Schulung des medizinischen Personals, das Verbot der freiverkäuflichen Antibiotika, sowie der rationale Umgang mit Antibiotikaverschreibungen. Hätte man den Ernst der Lage bereits früher erkannt, wäre es nicht zu dieser Situation gekommen und auch die Forschung wäre schon früher in eine andere Richtung gelenkt worden. In dieser Challenge blicken nun Wissenschaftler erneut auf die Bakteriophagentherapie zurück, die eine Lösung darstellen könnte. Während in der früheren Sowjetunion und Georgien weiter an Bakteriophagen geforscht wurde, kümmerte man sich im Westen nicht mehr um diese Therapieform. Zu sicher waren sie sich mit den Wunderwaffen Antibiotika und keiner dachte daran, dass es mal zu Ende gehen könnte mit ihrer Wirksamkeit. Studiendesigns, die nicht den europäischen bzw. amerikanischen Guidelines entsprechen, ließen den Phagen aber keine Chance sich im Westen zu etablieren. Doch die Erfolge dieser Therapieform lassen nun westliche, verzweifelte Mediziner aufhorchen. Hohe Heilungsraten bei komplizierten Wund- und Hautinfektionen sowie gute aktuelle Studienergebnisse vom Ludwig Hirtzfeld Institut könnten der Bakteriophagentherapie die Wege ebnen. Doch ob es diese Art der Therapie jemals als anerkannte, breit einsetzbare Behandlungsform in die westlichen Kliniken schaffen wird, wird sich in Zukunft zeigen. Das Hauptproblem im Verbreiten der Anwendung der Phagen liegt darin, dass groß angelegte Studien den amerikanischen und europäischen Guidelines entsprechend durchgeführt werden müssten. Doch dies würde Jahre und viele Investitionen kosten. Ohne Interesse der großen Pharmakonzerne, das bis Dato noch nicht bekundet wurde, scheint es schwierig, dass die Bakteriophagentherapie in Zukunft etabliert wird. 61 13 Literaturverzeichnis 1. Hughes JM. Preserving the Lifesaving Power of Antimicrobial Agents. JAMA. 9. März 2011;305(10):1027. 2. Arias CA, Murray BE. 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