Aus der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychosomatik Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie im Kindes- und Jugendalter der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Breisgau Symptomprofile und –entwicklung in einer katamnestischen Stichprobe von Patienten mit High-Functioning und Low-Functioning Frühkindlichen Autismus: Implikationen für das Konzept der Autismus-Spektrum-Störungen INAUGURAL–DISSERTATION zur Erlangung des Medizinischen Doktorgrades der Medizinischen Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Breisgau vorgelegt 2008 von Julia Reusch geboren in Neuss Dekan: Prof. Dr. C. Peters 1. Gutachter: Prof. Dr. E. Schulz 2. Gutachter: Prof. Dr. V. Mall Jahr der Promotion: 2009 Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis 1. Theoretischer Hintergrund 13 1.1 Einführung 13 1.2 Zur historischen Entwicklung des Autismus 14 1.3 Definition und Klassifikation 16 1.4 Symptomatik 20 1.5 Epidemiologie 22 1.6 Intelligenzniveau und Autismus 24 1.7 Zur klinischen Unterscheidung zwischen High-Functioning-Autismus und Low-Functioning-Autismus 26 1.8 Ätiologie und Pathogenese 29 1.9 Frühe Indikatoren für autistische Störungen 33 1.10 Diagnose, Differenzialdiagnose und verwandte Störungen 35 2. Fragestellung der vorliegenden Studie 38 3. Stichproben- und Datenerhebung 39 3.1 Planung und Durchführung der Untersuchung 41 3.2 Eingesetzte Untersuchungsinstrumente 44 3.3 Statistische Auswertung 55 3.4 Ethikkommission 55 4. Ergebnisse 56 4.1 Beschreibung der Stichprobe 56 4.2. Diagnostische Kriterien nach ICD-10 und DSM-IV 62 4.2.1 Ergebnisse des FAI: Auftretenshäufigkeiten und Zeitpunkte der diagnostischen Kriterien 62 4.2.2 Auffälligkeiten vor Vollendung des dritten Lebensjahres 73 4.2.3 Ergebnisse im ADOS und ADI-R 74 4.2.4 Katamnestische Überprüfung verwandter Störungen 78 4.3 Erkrankungsverlauf: Von den ersten Auffälligkeiten bis zur Diagnosestellung 80 4.3.1 Zeitpunkt der ersten Auffälligkeiten 80 4.3.2 Frühe Indikatoren 81 Inhaltsverzeichnis 4.3.3 Erster Verdacht auf eine Störung aus dem autistischen Formenkreis 87 4.3.4 Zeitpunkt der ersten Verdachtsdiagnose 88 4.3.5 Zeitpunkt der ersten Diagnosestellung 88 4.3.6 Psychiatrische Diagnosen vor Diagnosestellung 90 4.4 Therapeutische Interventionen 93 4.4.1 Ambulante Therapien 93 4.4.2 Stationären Therapien 95 4.4.3 Medikamentöse Therapie 96 4.4.4 Besuchte Bildungseinrichtungen 97 4.5 Globalbeurteilung der psychosozialen Anpassung 99 4.6 Demographische Beschreibung der Stichprobe 4.6.1 Schichtzugehörigkeit der Eltern 104 4.6.2 Familiäre Situation 106 4.6.3 Wohnsituation 106 5. Diskussion 108 5.1 Diskussion der Ergebnisse 108 5.1.1 Klinische Ausprägung der diagnostischen Kriterien nach ICD-10 und DSM IV bei High-Functioning 104 und Low-Functioning frühkindlichen Autismus 108 5.1.2 Erste Verhaltensauffälligkeiten und frühe Indikatoren für autistische Störungen 115 5.1.3 Erkrankungsverlauf 118 5.1.4 Demographische Faktoren 125 5.2 Limitationen der vorliegenden Studie 127 5.3 Klinische Bedeutung der Ergebnisse 128 6. Zusammenfassung und Ausblick 133 7. Anhang 134 7.1 ASD Datenbank 134 7.2 Diagnostische Kriterien MCDD 143 7.3 Danksagung 144 7.4 Lebenslauf 145 8. Literaturverzeichnis 146 Abkürzungsverzeichnis Abkürzungen ABA Applied Behavior Analysis ADI-R Diagnostisches Interview für Autismus - Revidiert ADOS Diagnostische Beobachtungsskala für Autistische Störungen AS Asperger-Syndrom ASD Autism spectrum disorder (Autismus-Spektrum -Störungen) BaDo Basisdokumentation CFT-20 Grundintelligenztest Skala 2 CFT-20-R Grundintelligenztest Skala 2 - Revision DD Differenzialdiagnose DSM-IV Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders (4 Ed.) DSM-IV-TR Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders (4 Ed.) - Text Revision EF Defizit der Exekutivfunktionen FAI Freiburger Autismus Inventar FSK Fragebogen zur Sozialen Kommunikation GS Grundschule HAWIE Hamburg-Wechsler-Intelligenztest für Erwachsene HAWIE-R Hamburg-Wechsler-Intelligenztest für Erwachsene - Revidiert HAWIK-R Hamburg-Wechsler-Intelligenztest für Kinder - Revidiert HAWIK-III Hamburg-Wechsler-Intelligenztest für Kinder - 3.Edition HFA High-Functioning Autismus ICD-10 International Classification of Diseases-10th Edition IQ Intelligenz-Quotient K-ABC Kaufman Assessment Battery for Children, Deutsche Version KJP Kinder- und Jugendpsychiatrie LFA Low-Functioning Autismus Abkürzungsverzeichnis M Mittelwert Max Maximum MBAS Marburger Beurteilungsskala zum Asperger-Syndrom MCDD Multiple-Complex Developmental Disorder Min Minimum n Anzahl SAS Statistical Analysis System SD Standardabweichung SPZ Sozialpädiatrisches Zentrum SZK Theorie der schwachen zentralen Kohärenz SSW Schwangerschaftswoche TEACCH Treatment and Education of Autistic and related Communication handicapped Children ToM Theory of Mind V.a. Verdacht auf WIE Wechsler Intelligenz Test Z.n. Zustand nach Tabellen- und Abbildungsverzeichnis Tabellen- und Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Flussdiagramm zum Ein- und Ausschluss der Patienten Abbildung 2: Flussdiagramm zum Ablauf des Studientermins Abbildung 3: IQ-Bereiche der Gesamtstichprobe im Vergleich zur Normalverteilung Abbildung 4: IQ-Verteilung der HFA-Stichprobe im Vergleich zur Normalverteilung Abbildung 5: Zeitachse zum Krankheitsverlauf Abbildung 6: Psychosoziale Anpassung , HFA-Stichprobe und LFA-Stichprobe Abbildung 7: Zusammenhang zwischen psychosozialer Anpassung und kognitivem Leistungsniveau Tabelle 1. Alter zum Zeitpunkt der Katamnese Tabelle 1a. Alter zum Zeitpunkt der Katamnese für die HFA-Stichprobe Tabelle 1b. Alter zum Zeitpunkt der Katamnese für die LFA-Stichprobe Tabelle 2. Intelligenzniveau Tabelle 3. IQ-Bereiche für HFA (IQ > 70) und LFA (IQ < 70) Tabelle 4. Beeinträchtigung der sozialen Interaktion: Auftretenshäufigkeiten der diagnostischen Kriterien Tabelle 5. Beeinträchtigung der sozialen Interaktion: Zeitliches Auftreten der Kriterien für die HFA-Stichprobe Tabellen- und Abbildungsverzeichnis Tabelle 5a. Beeinträchtigung der sozialen Interaktion: Zeitliches Auftreten der Kriterien für die LFA-Stichprobe Tabelle 6. Beeinträchtigungen in der Kommunikation: Auftretenshäufigkeiten der diagnostischen Kriterien Tabelle 7. Beeinträchtigungen in der Kommunikation: Zeitliches Auftreten der Kriterien für die HFA-Stichprobe Tabelle 7a. Beeinträchtigungen in der Kommunikation: Zeitliches Auftreten der Kriterie für die LFA-Stichprobe Tabelle 8. „Beschränkte, repetitive und stereotype Verhaltensweisen, Interessen und Aktivitäten“: Auftretenshäufigkeiten der diagnostischen Kriterien Tabelle 9. „Beschränkte, repetitive und stereotype Verhaltensweisen, Interessen und Aktivitäten“: Zeitliches Auftreten der Kriterien für die HFA-Stichprobe Tabelle 9a. Beschränkte, repetitive und stereotype Verhaltensweisen, Interessen und Aktivitäten: Zeitliches Auftreten der Kriterien für die LFA-Stichprobe Tabelle 10. Sonderinteressen aufgeschlüsselt nach HFA und LFA Tabelle 11. Nichtfunktionale Gewohnheiten oder Rituale Tabelle 12. Manierismen Tabelle 13. Auffälligkeiten vor Vollendung des dritten Lebensjahres Tabelle 14. ADOS (Diagnostische Beobachtungsskala für Autistische Störungen): Erzielte Ergebnisse und vergebene Diagnosen für die HFA-Stichprobe Tabelle 14a. ADOS (Diagnostische Beobachtungsskala für Autistische Störungen): Erzielte Tabellen- und Abbildungsverzeichnis Ergebnisse und vergebene Diagnosen für die LFA-Stichprobe Tabelle 15. ADI-R (Diagnostisches Interview für Autismus - Revidiert): Erzielte Summenwerte Tabelle 15a. ADI-R (Diagnostisches Interview für Autismus - Revidiert): Cut-off erreicht Tabelle 16. MCDD-Krierien, HFA und LFA Tabelle 17. Mittleres Alter bei Auftreten der 1. Auffälligkeiten, der 1. Konsultation, der 1. Verdachtsdiagnose und der 1. Diagnosestellung Tabelle 18. Erste Auffälligkeiten: Auswahlmöglichkeiten, HFA-Stichprobe und LFAStichprobe Tabelle 19. Erste Auffälligkeiten: Freitext-Felder Tabelle 20. Weitere Auffälligkeiten: Auswahlmöglichkeiten, HFA-Stichprobe und LFAStichprobe Tabelle 21. Erste konsultierte Versorgungseinrichtung Tabelle 22. Person, die den ersten Verdacht auf eine Störung aus dem autistischen Formenkreis äußerte Tabelle 23. Diagnostiker, die vor Diagnosestellung konsultiert wurden, HFA-Stichprobe und LFA-Stichprobe Tabelle 24. Psychiatrische Diagnosen vor Diagnosestellung des Frühkindlichen Autismus für die HFA-Stichprobe Tabelle 24a. Psychiatrische Diagnosen vor Diagnosestellung des Frühkindlichen Autismus für die LFA-Stichprobe Tabellen- und Abbildungsverzeichnis Tabelle 25. Durchgeführte ambulante Therapien, HFA-Stichprobe und LFA-Stichprobe Tabelle 26. Durchgeführte ambulante Therapien vor Diagnosestellung Tabelle 27. Durchgeführte stationäre Therapien, HFA-Stichprobe und LFA-Stichprobe Tabelle 28. Durchgeführte stationäre Therapien vor Diagnosestellung Tabelle 29. Medikation, HFA-und LFA-Stichprobe Tabelle 30. Besuchte Bildungseinrichtungen zw. 3;0. - 5;11. Lebensjahr Tabelle 30a. Besuchte Bildungseinrichtungen zw. 6;0. - 10;1. Lebensjahr Tabelle 30b. Besuchte Bildungseinrichtungen ab dem 11. Lebensjahr Tabelle 31. Häufigkeitenverteilung der Globalbeurteilung der psychosozialen Anpassung, Gesamtstichprobe, HFA und LFA Tabelle 32 . Schichtzugehörigkeit der Eltern Tabelle 33. Schulabschluss Eltern für die HFA-Stichprobe und die LFA-Stichprobe Tabelle 34. Familiäre Situation für die HFA-Stichprobe und die LFA-Stichprobe Tabelle 35. Wohnsituation für die HFA-Stichprobe und die LFA-Stichprobe 13 Theoretischer Hintergrund 1. Theoretischer Hintergrund 1.1 Einführung Der frühkindliche Autismus ist Teil eines Spektrums von neuropsychiatrischen Erkrankungen, die in den Klassifikationssystemen der Welt-Gesundheitsorganisation (WHO) sowie der American Psychiatric Association (APA) als tiefgreifende Entwicklungsstörungen bezeichnet werden (ICD-10, WHO 1992, DSM VI, APA 1994). Zum Spektrum der tiefgreifenden Entwicklungsstörungen zählen zudem der atypische Autismus, das Rett-Syndrom, die desintegrative Störung des Kindesalters, die überaktive Störung mit Intelligenzminderung und Bewegungsstereotypien, das Asperger-Syndrom und die sonstigen tiefgreifenden Entwicklungsstörungen. Zwei verbindene Merkmale finden sich bei allen genannten Krankheitsbildern: Eine qualitative Beeinträchtigung in der wechselseitigen Interaktion und Kommunikation sowie ein eingeschränktes Spektrum an stereotypen und repetitiven Interessen und Aktivitäten. Die qualitativen Merkmale der tiefgreifenden Entwicklungsstörungen bestehen bereits in der frühesten Kindheit und manifestieren sich in den ersten fünf Lebensjahren. Tiefgreifende Entwicklungsstörungen erfahren im Laufe der Entwicklung der betroffenen Personen keine wesentliche Verbesserung der Kernsymptomatik und sind nur bedingt durch therapeutische Interventionen zu beeinflussen. Der Ausprägungsgrad kann interindividuell eine große Variationsbreite zeigen, dieser Umstand zeigt sich auch in Krankheitsverlauf und Prognose. Der Frühkindliche Autismus ist in den beiden großen Klassifikationssystemen DSM IV und ICD-10 durch folgende Symptome gekennzeichnet: Qualitative Beeinträchtigungen der sozialen Interaktion und der Kommunikation sowie eingeschränkte Interessen und stereotype Verhaltensmuster. Die Manifestation dieser Symptome muss vor dem 3. Lebensjahr stattgefunden haben. Grundsätzlich ist beim Frühkindlichen Autismus jedes Intelligenzniveau möglich, jedoch geht man davon aus, dass der Anteil der betroffenen Personen mit einer geistigen Behinderung bei ca. 50-75% liegt (Sigman & Capps, 2000; Lord & Spence, 2006). Klinisch wird daher innerhalb der Diagnose zwischen Low-Functioning Autismus (LFA) und High-Functioning-Autismus (HFA) unterschieden. Bei der Gruppe des LFA handelt es sich um Personen mit einer Intelligenzminderung und einer geringen oder fehlenden Ausbildung der Sprachentwicklung. Die Gruppe des HFA bezeichnet Personen ohne Intelligenzminderung und guten sprachlichen Fähigkeiten. Gerade die Unterscheidung zwischen der Gruppe des HFA (besonders bei betroffenen Personen mit einem hohen Funktionsniveau) und der des 14 Theoretischer Hintergrund Asperger-Syndroms führt aufgrund des Ausprägungsgrad der Symptome bzw. deren Variation häufig zu diagnostischen Unsicherheiten bzw. wirft die Frage auf ob es überhaupt klar definierbare Unterschiede zwischen beiden Gruppen gibt (Howlin, 2003; Kasari & RotheramFuller, 2005). Daher wurde in den letzen Jahren besonders im englischsprachigen Raum das Konzept der „Autism spectrum disorder“ (ASD) geprägt, das den frühkindliche Autismus, den atypischen Autismus und das Asperger-Syndrom subsumiert. Hier wird der Versuch unternommen, den Übergang zwischen den verschiedenen Formen als Kontinuum mit quantitativen Unterschieden zu beschreiben (Lord & Spence, 2006; Cohen & Volkmar, 1997). Das Konzept der Autismus-Spektrum-Störungen integriert somit die große Varationsbreite von Erscheinungsformen der autistischen Symptomatik sowohl innerhalb als auch zwischen den einzelnen diagnostischen Kategorien (Caronna, Milunsky & Tager-Flusberg, 2008). 1.2 Zur historischen Entwicklung des Autismus Der Begriff Autismus findet sich zum ersten Mal 1911 in den Aufzeichnungen des schweizerischen Psychiaters Eugen Bleuler (1857-1939). Bleuler beschrieb mit diesem Begriff eines der Grundsymptome der dementia praecox, für welche er später den Begriff der Schizophrenie prägte (Bleuler 1911: Dementia praecox oder die Gruppe der Schizophrenen). Bleuler beschrieb das Symptom des Autismus als die “Zurückgezogenheit in die innere Gedankenwelt des an ihr Erkrankten“ (Bleuler, 1911), also den aktiven Rückzug in eine gedankliche Binnenwelt und die Vermeidung zwischenmenschlicher Kontakte. Der austro-amerikanische Kinder- und Jugendpsychiater Leo Kanner (1896-1981), erster Professor für Kinder- und Jugendpsychiatrie an der John Hopkins Universität in Baltimore nahm den Begriff Bleulers in einem 1943 veröffentlichen Bericht wieder auf: Unter dem Titel „Autistische Störung des affektiven Kontakt“ (Kanner, 1943) beschrieb er charakteristische Verhaltensauffälligkeiten an elf Kindern, die in dieser Form noch nicht beobachtet wurden: „Die herausragende fundamentale pathognomonische Störung ist die von Geburt an bestehende Unfähigkeit, sich in normaler Weise mit Personen oder Situationen in Beziehung zu setzen“ (Kanner, 1943). Der Umstand, dass bei allen betroffenen Kindern die Verhaltensauffälligkeiten schon im Kleinkindalter begonnen haben, führte Kanner zu dem Schluss, dass sich die von ihm beschriebenen Verhaltensauffälligkeiten deutlich von Varianten einer Schizophrenie oder einer kindlichen Psychose unterscheiden: „Es handelt sich dabei nicht wie bei schizophrenen Kindern oder Erwachsenen um einen Rückzug von zunächst vorhandenen Beziehungen oder der Teilnahme an zuvor vorhandener Kommunikation. Vielmehr handelt es sich vom 15 Theoretischer Hintergrund Anbeginn an um ein autistisches Alleinsein, welches alles, was von außen auf das Kind einwirkt nicht beachtet, ignoriert und ausschließt“ (Kanner, 1943). Die Verwendung des von Bleuler geprägten Begriffs „Autismus“ führte zunächst zu einiger Verwirrung (Bosch, 1970) (Wing, 1976), da Bleuler unter Autismus den aktiven Rückzug von zwischenmenschlichen Beziehungen und den Aufbau einer gedanklichen Fantasiewelt verstand, während Kanner unter dem Begriff die primäre Unfähigkeit der Kinder zum Aufbau zwischenmenschlicher Beziehungen subsumierte. Im Jahre 1944 veröffentlichte Kanner den Artikel „Early infantile autism“ (Kanner, 1943) Verhaltensauffälligkeiten in seiner welchem mittlerweile er ausführliche auf 20 Beschreibungen Fallbeispiele der angewachsenen Beobachtungen vornahm. Seine Darstellung des frühkindlichen Autismus ist in den Grundzügen bis zum heutigen Tag gültig. In den Jahren zwischen 1950 und 1960 kam es zu weiteren Veröffentlichungen, in denen ebenfalls über Kinder mit denen von Kanner beschriebenen Verhaltensauffälligkeiten berichtet wurde (Despert, 1951; Bosch, 1970; Bakwin, 1954). Hypothesen für eine psychosozial bedingte Entstehung des Autismus prägten die wissenschaftliche Meinung dieser Zeit, besonders da in diesen Jahren in der amerikanischen Fachwelt der psychoanalytische Ansatz (u.a. der Einfluss frühkindlicher Prägung) bei der Ursachenforschung von möglichen Ätiologien psychischer Krankheiten federführend war (Folstein, 1999). Unter anderem wurde die sogenannte „refrigerator mothers“ Hypothese, d.h. der Einfluss einer emotional distanzierten Mutter als Grund für die autistische Störung eines Kindes als ursächlich angesehen. Diese These erwies sich aber als nicht haltbar (Rimland, 1964; Rutter, 1968), vielmehr haben in den letzten Jahrzehnten viele Untersuchungen das ursprünglich biologische Konzept von Kanner bestätigt. 1978 wurde ein auf vier Kriterien beruhender Vorschlag für eine Definition von Autismus veröffentlicht (Rutter, 1978), diese beeinflusste in den folgenden Jahren die Aufnahme der Diagnose des frühkindlichen Autismus in das Klassifikationssystem DSM-III (APA, 1980). Hier wurde der Frühkindliche Autismus erstmals in der Gruppe der tiefgreifenden Entwicklungsstörungen mittels diagnostischer Kriterien operationalisiert (Klin, 2006), auch in das Klassifikationsssystem der WHO (ICD-10) wurden die tiefgreifenden Entwicklungstörungen im Jahre 1989 aufgenommen (World Health Organization, 1989). 16 1.3 Theoretischer Hintergrund Definition und Klassifikation Der Frühkindliche Autismus ist „eine tiefgreifende Entwicklungsstörung, die durch abnorme oder beeinträchtigte Entwicklung definiert ist und sich vor dem 3. Lebensjahr manifestiert“ (Dilling, 2004). In den beiden großen, international gebräuchlichen Klassifikationssystemen International Classification of Diseases (ICD-10) (World Health Organization, 1992) und Diagnostic and Statistical Manual (DSM-IV) (APA, 1994) finden sich die Kriterien, die der Diagnose eines Frühkindlichen Autismus zugrunde gelegt werden. Diagnostische Kriterien des frühkindlichen Autismus nach ICD-10 (F84.0) (Dilling, 2004) (World Health Organization, 1992) Der kursiv gedruckte Text des folgenden Abschnitts ist dem aus dem Englischen übersetzten Orginaltext wortwörtlich übernommen: A. Vor dem dritten Lebensjahr manifestiert sich eine auffällige und beeinträchtigte Entwicklung in mindestens einem der folgenden Bereiche: a) Rezeptive oder expressive Sprache wie sie in der sozialen Kommunikation verwandt wird; b) Entwicklung selektiver sozialer Zuwendung oder reziproker sozialer Interaktion; c) funktionales oder symbolisches Spielen. B. Insgesamt müssen mindestens sechs Symptome von 1., 2., und 3. vorliegen, davon mindestens zwei von 1. und mindestens je eins von 2. und 3.: 1. Qualitative Auffälligkeiten der gegenseitigen sozialen Interaktion in mindestens drei der folgenden Bereiche: a) Unfähigkeit, Blickkontakt, Mimik, Körperhaltung und Gestik zur Regulation sozialer Interaktion zu verwenden; b) Unfähigkeit, Beziehungen zu Gleichaltrigen aufzunehmen, mit gemeinsamen Interessen, Aktivitäten und Gefühlen (in einer für das geistige Alter angemessenen Art und Weise, trotz hinreichender Möglichkeiten); c) Mangel an sozio-emotionaler Gegenseitigkeit, die sich in einer Beeinträchtigung oder devianten Reaktion auf die Emotionen anderer äußert; oder Mangel an Verhaltensmodulation entsprechend dem sozialen Kontext; oder nur labile Integration sozialen, emotionalen und kommunikativen Verhaltens. 17 Theoretischer Hintergrund d) Mangel, spontan Freude, Interessen oder Tätigkeiten mit anderen zu teilen (z.B. Mangel, anderen Menschen Dinge, die für die Betroffenen von Bedeutung sind, zu zeigen, zu bringen oder zu erklären). 2. Qualitative Auffälligkeiten der Kommunikation in mindestens einem der folgenden Bereiche: a) Verspätung oder vollständige Störung der Entwicklung der gesprochenen Sprache, die nicht begleitet ist durch einen Kompensationsversuch durch Gestik oder Mimik als Alternative zur Kommunikation (vorausgehend oft fehlendes kommunikatives Geplapper); b) relative Unfähigkeit, einen sprachlichen Kontakt zu beginnen oder aufrechtzuerhalten ( auf dem jeweiligen Sprachniveau), bei dem es einen gegenseitigen Kommunikationsaustausch mit anderen Personen gibt; c) stereotype und repetitive Verwendung der Sprache oder idiosynkratischer Gebrauch von Worten oder Phrasen; d) Mangel an verschiedenen spontanen Als-ob-Spielen oder (bei jungen Betroffenen) sozialen Imitationsspielen. 3. Begrenzte, repetitive und stereotype Verhaltensmuster, Interessen und Aktivitäten in mindestens einem der folgenden Bereiche: a) umfassende Beschäftigung mit gewöhnlich mehreren stereotypen und begrenzten Interessen, die in Inhalt und Schwerpunkt abnorm sind; es kann sich aber auch um ein oder mehrere Interessen ungewöhnlicher Intensität und Begrenztheit handeln; b) offensichtlich zwanghafte Anhänglichkeit an spezifische, nicht funktionale Handlungen und Rituale; c) stereotype und repetitive motorische Manierismen mit Hand- und Fingerschlagen oder Verbiegen, oder komplexe Bewegungen des ganzen Körpers; d) vorherrschende Beschäftigung mit Teilobjekten oder nicht funktionalen Elementen des Spielmaterials z.B. ihr Geruch, die Oberflächenbeschaffenheit oder das von ihnen hervorgebrachte Geräusch oder ihre Vibration). C. Das klinische Bild kann nicht einer anderen tiefgreifenden Entwicklungsstörung zugeordnet werden, einer spezifischen Entwicklungsstörung der rezeptiven Sprache (F80.2) mit sekundär sozio-emotionalen Problemen, einer reaktiven Bindungsstörung (F94.1), einer Bindungsstörung mit Enthemmung (F94.2), einer Intelligenzminderung (F70 - 18 Theoretischer Hintergrund F72) mit einer emotionalen oder Verhaltensstörung, einer Schizophrenie mit ungewöhnlich frühem Beginn oder einem Rett-Syndrom (F84.2). Diagnostische Kriterien der Autistischen Störung nach DSM-IV-TR ( 299.00) (APA, 1994) (Saß, 2003) Der kursiv gedruckte Text des folgenden Abschnitts ist dem aus dem Englischen übersetzten Orginaltext wortwörtlich übernommen: A. Es müssen mindestens sechs Kriterien aus (1), (2) und (3) zutreffen, wobei mindestens zwei Kriterien aus (1) und je ein Kriterium aus (2) und (3) stammen müssen: (1) Qualitative Beeinträchtigung der sozialen Interaktion in mindestens zwei der folgenden Bereiche: a) ausgeprägte Beeinträchtigung Verhaltensweisen wie im Gebrauch beispielsweise vielfältiger Blickkontakt, nonverbaler Gesichtsausdruck, Körperhaltung und Gestik zur Steuerung sozialer Interaktionen, b) Unfähigkeit , entwicklungsgemäße Beziehungen zu Gleichaltrigen aufzubauen, c) Mangel, spontan Freude, Interessen oder Erfolge mit anderen zu teilen (z.B. Mangel, anderen Menschen Dinge, die für die Betroffenen von Bedeutung sind, zu zeigen, zu bringen oder darauf hinzuweisen), d) Mangel an sozio-emotionaler Gegenseitigkeit; (2) Qqualitative Beeinträchtigung der Kommunikation in mindestens einem der folgenden Bereiche: a) verzögertes Einsetzen oder völliges Ausbleiben der Entwicklung von gesprochener Sprache (ohne den Versuch zu machen, die Beeinträchtigung durch alternative Kommunikationsformen wie Gestik oder Mimik zu kompensieren ), b) bei Personen mit ausreichendem Sprachvermögen deutliche Beeinträchtigung der Fähigkeit, ein Gespräch zu beginnen oder fortzuführen, c) stereotyper oder repetitiver Gebrauch der Sprache oder idiosynkratische Sprache, d) Fehlen von verschiedenen entwicklungsgemäßen Rollenspielen oder sozialen Imitationsspielen; 19 Theoretischer Hintergrund (3) Beschränkte, repetitive und stereotype Verhaltensweisen, Interessen und Aktivitäten in mindestens einem der folgenden Bereiche: a) umfassenden Beschäftigung mit einem oder mehreren stereotypen und begrenzten Interessen, wobei Inhalt und Intensität abnorm sind, b) auffällig starres Festhalten an bestimmten nichtfunktionalen Gewohnheiten oder Ritualen, c) stereotype und repetitive motorische Manierismen (z.B. Biegen oder schnelle Bewegungen von Händen oder Fingern oder komplexe Bewegungen des ganzen Körpers), d) ständige Beschäftigung mit Teilen von Objekten. B. Beginn vor Vollendung des dritten Lebensjahres und Verzögerungen oder abnorme Funktionsfähigkeit in mindestens einem der folgenden Bereiche: 1) soziale Interaktion 2) Sprache als soziales Kommunikationsmittel oder 3) Symbolisches oder Phantasiespiel. C. Die Störung kann nicht besser durch die Rett-Störung oder die Desintegrative Störung im Kindesalter erklärt werden. In beiden Klassifikationssystemen werden 4 charakteristische Kriterien hervorgehoben: 1. qualitative Beeinträchtigung wechselseitiger sozialer Interaktion, 2. qualitative Beeinträchtigung der Kommunikation , 3. eingeschränkte Interessen und stereotype Verhaltensmuster, 4. Manifestation vor dem 3. Lebensjahr. In der ICD-10 Klassifikation werden zusätzlich in den diagnostischen Leitlinien noch „unspezifische Probleme“ wie Befürchtungen, Phobien, Schlaf- und Essstörungen, Wutausbrüche, Aggressionen und Selbstverletzungen aufgeführt. 20 1.4 Theoretischer Hintergrund Symptomatik Die Kernsymptome des Frühkindlichen Autismus können im Wesentlichen in drei große Bereiche zusammengefasst werden (Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie, 2003): Qualitative Auffälligkeiten der gegenseitigen sozialen Interaktion Hier findet sich die Unfähigkeit der Kinder, soziale Interaktion durch nonverbales Verhalten (Gestik und Mimik) zu regulieren. Fehlender oder merkwürdiger Blickkontakt, fehlendes soziales Lächeln beim Erblicken der Mutter oder einer anderen engen Bezugsperson, Fehlen von Antizipationsgesten, zum Beispiel das Entgegenstrecken der Arme beim Wunsch, hochgehoben zu werden. Es besteht zudem die Unfähigkeit, Beziehungen zu Gleichaltrigen aufzubauen, dies äußert sich in einem ausgeprägten Mangel an Interesse gegenüber anderen Kindern sowie fehlender Reaktion auf Annäherungsversuche anderer Kinder. Kommt es zu einer Kontaktaufnahme, so gestaltet sich diese oft sehr schwierig, mit zum Teil aggressivem Verhalten anderen Kindern gegenüber, rein funktionalen Beziehungen oder auf sehr wenige Interessen und Aktivitäten reduzierte gemeinsame Beschäftigungen. Die Kinder zeigen ein deutlich reduziertes Verständnis von sozio-emotionaler Gegenseitigkeit, dies äußert sich darin, dass sie auf die Emotionen anderer Menschen unangemessen reagieren und dass sie sich sozial unangemessen verhalten. Sie teilen nicht die Freude an einer Aktivität mit anderen Menschen, sie suchen keinen Trost, zum Beispiel bei einer Verletzung oder bei Misserfolgen (Remschmidt, 2000). Qualitative Beeinträchtigung der Kommunikation Etwa die Hälfte aller Kinder mit einem frühkindlichen Autismus entwickelt keine Sprache oder zeigt eine deutliche Sprachentwicklungsverzögerung mit einer oft nicht verständlichen Sprache, es kommt zu keinem sprachlichen Austausch im Sinne einer informellen Konversation, die Sprache wird mechanisch genutzt. Vor dem Sprachbeginn fehlt das Lallen und Brabbeln im Tonfall von Sprache. Die mangelnden Sprachfähigkeiten werden nicht durch Mimik oder Gestik kompensiert. Viele Kinder zeigen stereotype, repetitive oder idiosynkratische sprachliche Äußerungen. Häufig kommt es zur Pronominal-Umkehr beim Sprechen: Die Kinder sprechen von sich in der zweiten oder dritten Person. Es kommt zu Neologismen, d.h. die Kinder entwickeln eigene Wortschöpfungen die für sie eine spezielle Bedeutung haben können. Bei vielen Kindern ist auch die Stimme auffällig: Sie wirkt monoton, es fehlt eine Veränderung in der Sprachmelodie, der Sprachrhythmus wirkt mechanisch; oft stimmt die Betonung von Wörtern oder Satzteilen nicht (Remschmidt, 2000). 21 Theoretischer Hintergrund Das Spielverhalten der Kinder mit frühkindlichem Autismus ist – ihrem Entwicklungsniveau und ihren kognitiven Fähigkeiten entsprechend – ebenfalls deutlich auffällig: Spielzeug wird oft zweckentfremdet benutzt, z.B. werden alle möglichen Gegenstände immer wieder zum Rotieren gebracht. Häufig ist auch ein Interesse an Teilen von Spielsachen zu beobachten, z.B. indem das Kind stereotyp die Räder des Spielzeugautos dreht, oder die Autotüren immer wieder auf und zu macht. Ein symbolisches Spiel auf einer "So-tun-als-ob-Ebene" kommt nicht vor, genauso wenig wie soziale Rollenspiele mit anderen Kindern. Eingeschränkte Interessen und stereotype Verhaltensmuster Kinder mit frühkindlichem Autismus zeigen meist ausgeprägte stereotype und repetitive motorische Manierismen, z.B. in Form von Augenbohren, Drehen oder Schütteln der Hände vor den Augen, rasches Hin- und Herpendeln mit dem Kopf, Schlagen mit den Händen auf die Ohren. Auch stereotypes Auf- und Abhüpfen sowie das Drehen um die eigene Achse werden häufig beobachtet. Weiterhin zeigt sich bei den Kindern ein ängstlich-zwanghaftes Bedürfnis nach Gleicherhaltung der Umwelt. Diese Veränderungsängste beziehen sich auf die für das Kind subjektiv wichtigen Umgebungsbedingungen. So haben die Kinder z.B. Angst vor fremden Räumen, neuen Schulwegen oder veränderten Fahrtrouten. Sie verweigern unbekannte Speisen, neue Kleidungsstücke, Umstellung von Möbeln im Zimmer oder in der Wohnung können massive Irritationen, z.B. in Form von Panik- oder Schreiattacken auslösen. Änderungen im Tagesablauf wie die Umstellung von Schulzeit auf Ferienzeit oder Änderung der gewohnten Essenszeit lösen ebenfalls Unwillen aus. Zudem beobachtet man bei den betroffenen Kindern eine ausgedehnte Beschäftigung mit stereotypen, eingeschränkten Handlungen, wie z.B. ständiges An- und Ausschalten von Lichtschaltern, Öffnen und Schließen von Türen oder dem Berühren von Wänden oder Möbelstücken, auf deren Durchführung bestanden wird. Je nach Funktionsniveau und Entwicklungsstand fallen auch ausgestanzte Sonderinteressen bzw. intensive Beschäftigung mit bestimmten Inhalten, wie z.B. Kraftfahrzeugen oder Verkehrsschildern, Fahrplänen oder Daten auf. Auch die Bindung an ungewöhnliche Objekte, wie z.B. Steine, Knöpfe oder Bänder, werden beobachtet. Gegenstände oder Menschen werden häufig beleckt oder berochen, die Kinder scheinen von bestimmten Gerüchen oder Geräuschen besonders fasziniert zu sein, teilweise wird auch über eine massive Geräuschempfindlichkeit berichtet. Zärtlichkeiten oder Berührungen enger Bezugspersonen werden oft abgelehnt, andererseits fällt häufig auch ein distanzloses Verhalten gegenüber fremden Menschen auf. So wird beispielsweise der Kopf in den Schoß einer unbekannten Person gelegt. 22 Theoretischer Hintergrund Sonstige Verhaltensauffälligkeiten / Assoziierte Symptome Bei Kindern mit frühkindlichem Autismus fallen zusätzlich zu den oben geschilderten Symptomen eine Reihe weiterer Verhaltensauffälligkeiten auf, die in den diagnostischen Leitlinien als unspezifische Probleme beschrieben werden. Hierunter fallen, z.B. Schlafstörungen oder Essstörungen. Besonders kleine Kinder zeigen einen stark gestörten Schlaf-Wach-Rhythmus mit langen Wachphasen in der Nacht („Spielen“ im dunklen Zimmer, alle Lichter werden mitten in der Nacht angemacht). Viele Kinder mit einer autistischen Störung zeigen ein hochselektives Essverhalten, vermeiden unbekannte Nahrungsmittel, lehnen Nahrungsmittel beispielsweise aufgrund ihrer Farbe, ihres Geruchs oder der Konsistenz ab. Wutausbrüche und Aggressionen, oft verbunden mit selbstverletzendem Verhalten, gehören zu den häufig beobachteten Verhaltensauffälligkeiten. Auf der affektiven Ebene werden zudem Angstzustände und Phobien verbunden mit einer ausgeprägten Stimmungslabilität beschrieben. Ebenso berichtet wird von gestörten Sinnesempfindungen, wie z.B. ein verändertes Temperaturempfinden oder ein herabgesetztes Schmerzempfinden mit fehlender Schmerzreaktion. Auch eine muskuläre Hypotonie sowie motorische Ungeschicklichkeiten sowohl im grobmotorischen wie auch im feinmotorischen Bereich werden beobachtet (Klin, 2006). Die beschriebenen Symptome können interindividuell variieren und unterliegen im Verlauf der Entwicklung auch einigen Veränderungen, es kommt häufig zu einer sogenannten „Symptomenverlagerung“ (Remschmidt, 2000), z.B. werden Angstanfälle seltener, die psychomotorische Unruhe sowie die Schlafstörungen nehmen ab, auch die Tendenz Gegenstände oder Personen zu berühren wird in zunehmendem Alter weniger häufig beobachtet. Grundsätzlich bleiben die Kernsymptome mit den oben beschriebenen Defiziten in der sozialen Interaktion, der Kommunikation und den eingeschränkten Interessen aber im Erwachsenenalter bestehen. 1.5 Epidemiologie Neuere Untersuchungen geben eine Prävalenz von 30-60/10.00 betroffenen Personen für alle tiefgreifenden Entwicklungsstörungen an. Vergleicht man diese Zahlen mit den ersten Untersuchungen im Jahre 1966, wo man von Prävalenzzahlen von 4/10.000 betroffenen Personen ausging, so scheinen die Prävalenzzahlen deutlich gestiegen zu sein (Fombonne, 2003). Dies wird in der Literatur unter anderem mit der allgemein gestiegenen Aufmerksamkeit für autistische Störungen sowie der Weiterentwicklung diagnostischer 23 Theoretischer Hintergrund Kriterien und Instrumente erklärt, jedoch kann ein solch deutlicher Anstieg der Prävalenz mit diesen Ansätzen nicht abschließend erklärt werden (Blaxill, 2004). In Bezug auf den frühkindlichen Autismus wird von einer Rate von 10/10.000 ausgegangen, hier liegen auch die größte Anzahl epidemiologischer Studien vor (Fombonne, 2003). Geschlechtsspezifische Unterschiede Der Umstand, dass deutlich mehr Jungen als Mädchen von einer autistischen Störung betroffen sind, ist lange bekannt und in vielen Studien bestätigt Das Geschlechterverhältnis beim frühkindlichen Autismus wird mit etwa 3-4:1 angegeben (Fombonne, 2003). Andere Autoren geben sogar ein Verhältnis von 4-10:1 im Verhältnis männlich zu weiblich an, hier wird zudem ein direkter Anstieg der Anzahl betroffener männlicher Personen mit dem Anstieg des Intelligenzniveaus beobachtet (Folstein & Rosen-Sheidley, 2001). Über Jahrzehnte hinweg ist der Zusammenhang zwischen Geschlecht und Intelligenzniveau bei autistischen Störungen untersucht worden. Einige Studien können nachweisen , dass mehr weibliche Personen mit einer autistischen Störung im unteren Intelligenzniveau anzusiedeln sind, auch der Prozentsatz einer geistigen Behinderung scheint unter weiblichen Autisten höher zu sein, zudem wird die Beeinträchtigung weiblicher Personen durch die autistische Störung als massiver beschrieben (Wing, 1981; Volkmar, Szatmari & Sparrow, 1993). Im Gegensatz dazu gibt es nur wenige Studien, die weitere geschlechtsspezifische Unterschiede innerhalb der autistischen Störung untersucht haben, so z.B. die Frage nach möglichen Unterschieden in der Manifestation der klinischen Symptome sowie möglichen Unterschieden in der frühkindlichen Entwicklung, wie sie sich in neuen Untersuchungen anzudeuten scheinen (Carter et al., 2007). Ein möglicher Erklärungsansatz für Unterschiede in der geschlechtsspezifischen Ausprägung innerhalb der autistischen Störung wird z.B. auf genetischer Ebene diskutiert (Stone et al., 2004), andere Ansätze beschäftigen sich mit dem Einfluss der Geschlechtshormone, im Besonderen wird hier der Einfluss von Testosteron auf die Gehirnentwicklung als möglichen Einflussfaktor für geschlechtsspezifische Unterschiede innerhalb der autistischen Störung diskutiert (Baron-Cohen, Knickmeyer & Belmonte, 2005). Etwaige morphologische Unterschiede zwischen weiblichen und männlichen autistischen Gehirnen mittels bildgebender Verfahren konnten bisher nicht nachgewiesen werden, hier konnten lediglich nahezu identische Veränderungen spezifischer Hirnregionen beider Geschlechter im Vergleich zur gesunden Kontrollgruppe gezeigt werden (Craig et al., 2007). 24 1.6 Theoretischer Hintergrund Intelligenzniveau bei Autismus Intelligenzniveau Die Intelligenz autistischer Kinder verteilt sich über das gesamte Spektrum der Intelligenzbereiche. Bisher ging man jedoch davon aus, dass 50-70,0% der Kinder mit einer autistischen Störung in standardisierten Intelligenztests einen IQ von weniger als 70 Punkten erzielen, sie befinden sich damit im Bereich einer geistigen Behinderung. 20-25,0% der Kinder zeigen eine durchschnittliche, in Einzelfällen sogar eine sehr gute Intelligenz (Rutter, 1983; Rutter, 1996; Bryson, 1988). Weiterhin wird angenommen, dass Mädchen mit einer autistischen Störung im Durchschnitt eine erheblich schwerere intellektuelle Beeinträchtigung aufweisen als Jungen (McLennan, 1993). Betrachtet man neuere epidemiologische Studien aus den USA, so wird postuliert, dass die Inzidenz einer geistigen Behinderung deutlich niedriger anzugeben ist: hier wird von ungefähr 50% betroffener Kinder gesprochen (Lord & Spence, 2006). Dabei ist jedoch zu beachten, dass in diesen Studien der frühkindliche Autismus, das Asperger-Syndrom und der atypischen Autismus unter dem Begriff der Autismus-Spektrum-Störungen (ASD) zusammengefasst werden (Lord & Spence, 2006). Dementsprechend werden häufiger Formen einer autistischen Störung mit einem höherem Funktionsniveau diagnostiziert, welche auch von ihrem Intelligenzniveau höher anzusiedeln sind und daher Einfluss auf die Inzidenz von geistiger Behinderung nehmen. Spezifische Intelligenzprofile autistischer Kinder Es liegen zwar viele Daten zu Intelligenzprofilen von Kindern mit einer autistischen Störung vor, jedoch unterscheiden sich die einzelnen Studienpopulationen hinsichtlich Alter, durchschnittlichem Intelligenzniveau sowie Geschlecht und Gruppengröße deutlich. Daher kommt es zu inkohärenten Ergebnissen, die untereinander nur bedingt vergleichbar sind (Mayes & Calhoun, 2004). Wohl am häufigsten wurde das spezifische Intelligenzprofil anhand der Wechsler Intelligence Scale for Children (WISC) bzw. der Wechsler Adult Intelligence Scale (WAIS) untersucht (in Deutschland: HAWIK, HAWIE), hier zeigt sich ein störungsspezifisches, deutlich inhomogenes Leistungsprofil mit starken interindividuellen Schwankungen in den einzelnen Untertests (Frith, 1989; Venter, Lord, & Schopler, 1992; Rühl & Poustka, 1995; Mayes & Calhoun, 2004). Besondere Defizite wurden in den Bereichen „Allgemeines Verständnis“ und „Bilderordnen“ beschrieben, besonders gute Ergebnisse wurden in den Bereichen „Mosaiktest“ und „Figurenlegen“ erreicht (Arsanow, 1987; Shah & Frith, 1993). 25 Theoretischer Hintergrund Intelligenzprofile bei HFA und Asperger-Syndrom In anderen Untersuchungen finden sich zumeist Ergebnisse aus dem direkten Vergleich zwischen High-Functioning-Autisten (HFA) und Asperger-Autisten (AS). Einige Studien (Ehlers et al., 1997; Ghaziuddin & Mountain-Kimchi, 2004) kamen zu dem Ergebnis, dass die Gruppe der High-Functioning-Autisten ein deutlich schlechteres Abschneiden im Bereich des Verbal-IQ im Gegensatz zum Handlungs-IQ zeigen. In der Studie von Koyama et al. (Koyama, Tachimori, Osada, Takeda, & Kurita, 2007) lässt sich eine solche Tendenz zwar ebenfalls nachweisen, eindrücklicher fällt jedoch ein signifikanter Unterschied in den Untertests „Vocabulary“ (Wortschatztest) und „Comprehension“ (Allgemeines Verständnis) auf. Hier zeigt die Gruppe der HFA ein deutlich schlechteres Abschneiden. Andere Studien können einen signifikanten Unterschied zwischen Verbal-IQ und HandlungsIQ nicht belegen, Manjiviona et al. (Manjiviona & Prior, 1999) fanden lediglich eine Überlegenheit der AS-Gruppe im Gesamt-IQ, Ozonoff et al. (Ozonoff , South & Miller, 2000) berichten als einzige Abweichung zwischen beiden Gruppen über einen signifikanten Unterschied im Untertest „Allgemeines Verständnis“, auch Mayes et al. (Mayes & Calhoun, 2004) sehen als Grund für vermeintliche Unterschiede die Zusammensetzung der Gruppen hinsichtlich Alter und IQ. Die Annahme, dass aufgrund der häufig fehlenden bzw. nur rudimentären Sprachentwicklung und dem fehlenden Instruktionsverständnis bzw. der fehlenden Motivation das Ergebnis einer Intelligenztestung von autistischen Kindern unter fünf Jahren nicht repräsentativ ist, konnte nicht bestätigt werden (Howlin, Goode, Hutton & Rutter, 2004). Auch die fragliche Konsistenz des ermittelten IQ-Niveaus im Laufe der Entwicklung wurde untersucht: Bei Auswahl eines adäquaten Testverfahrens zeigte sich eine deutliche Stabilität des ermittelten Intelligenzniveaus bis in das Erwachsenenalter (Howlin, Goode, Hutton & Rutter, 2004). Der Einfluss des in der Kindheit ermittelten Intelligenzquotienten auf das Funktionsniveau im Erwachsenenalter ist ebenfalls Gegenstand klinischer Forschung. Szatmari et al. (Szatmari, Bartolucci & Bremner, 1989) postulierten in diesem Zusammenhang den Intelligenzquotienten als wichtigsten prognostischen Faktor, dieses konnte durch Howlin et al. bestätigt werden (Howlin, Goode, Hutton & Rutter, 2004). Zusätzlich konnte in dieser Studie gezeigt werden, dass erst ab einem Intelligenzquotienten >70 Punkte ein deutlich besseres Funktionsniveau im Erwachsenenalter erreicht werden kann. Howlin et al. weisen in der Studie zudem auf den „verwässernden “Effekt von autistischen Verhaltensweisen auf ein relativ hohes Intelligenzniveau hin, d.h. ab einem Gesamt-IQ von mehr als 70 beeinflusst die 26 Theoretischer Hintergrund Ausprägung der fundamentalen Defizite dann stärker das Funktionsniveau als der Intelligenzquotient per se. Savant-Syndrom Mit dem Begriff Savant werden Personen mit einer kognitiven (meist allgemeinen Intelligenzminderung), psychischen oder sensorischen Beeinträchtigung bezeichnet, die auf einem umschriebenen Gebiet über erstaunliche kognitive oder musische Fähigkeiten verfügen. Personen mit Savant-Fähigkeiten zeigen vor allem Kompetenzen in den Bereichen Gedächtnis, Musik, Zeichnen, Rechnen und Lesen. Die besonderen Leistungen treten meist unerwartet (d.h. ohne vorangegegangene Übung oder besonderes Training) zwischen dem 4. und 8. Lebensjahr auf. Da wirklich herausragende Leistungen auf einem bestimmten Gebiet (sog. Inselbegabungen) äußerst selten sind, wird zusätzlich eine Unterscheidung des SavantSyndroms in „erstaunliche“ bzw. „talentierte“ Savants vorgenommen (Treffert, 1988). Die „talentierten“ Savants weisen höchstens durchschnittliche Leistungen in einem bestimmten Gebiet auf, diese Leistungen sind aber in Anbetracht ihrer sonstigen Beeinträchtigungen bemerkenswert. Es wird vermutet, dass Savant-Fähigkeiten bei Kindern mit einer autistischen Störung gehäuft auftreten, es wird eine Prävalenz von ca. 10% unter autistischen Personen angegeben (Rimland, 1978). Einheitliche Erklärungsmodelle liegen für das Savant -Syndrom nicht vor, die enge Assoziation zu autistischen Störungen bietet jedoch den Ansatz, mögliche neuropsychologische Defizite, die bei der autistischen Störung maßgeblich beteiligt zu sein scheinen, auch für die Entstehung des Savant-Syndrom zu diskutieren bzw. diese als Grundlage für die Entstehung von Savant-Fähigkeiten heranzuziehen (Heaton & Wallace, 2004). 1.7 Zur klinischen Unterscheidung zwischen HighFunctioning-Autismus und Low-Functioning-Autismus Schon Kanner berichtete in seinen Beobachtungen „Autistic disturbances of affective contact“ darüber, dass einige Kinder eine normale, vielleicht sogar eine überdurchschnittliche Intelligenz besäßen. Er begründete dies auch mit der unauffälligen physischen Erscheinung der Kinder sowie den teilweise ungewöhnlichen Interessen in speziellen Bereichen wie Zahlen oder Zeichnen (Kanner, 1943). Auch in den darauf folgenden Jahrzehnten wurde beobachtet, dass Kinder mit einer autistischen Störung besonders im Bereich des Intelligenzniveaus und der Ausprägung der autistischen Symptomatik sowie der Sprachfunktionen eine heterogene Gruppe bilden: so berichteten Hewett et al. (Hewett, 27 Theoretischer Hintergrund Newson & Newson, 1970) über „more able autistic people“. Der Begriff High-FunctioningAutismus (HFA) wurde 1981 in einem Artikel von DeMyer et al. zuerst verwendet (Gilberg, 1998). HFA vs. LFA Die Bezeichnung High-Functioning-Autisten wird für Personen verwendet, welche die diagnostischen Kriterien für einen frühkindlichen Autismus erfüllen sowie einen Gesamt-IQ von 70 oder mehr erreichen und im Laufe ihrer Entwicklung gute sprachliche Fähigkeiten erlangen. In beiden großen Klassifikationssystemen wird der Begriff HFA nicht erwähnt, es existieren somit keine offiziellen diagnostischen Kriterien (Gilberg, 1998). Der Gruppe der High-Functioning-Autisten stellt man die Gruppe der Low-FunctioningAutisten (LFA) gegenüber, hierunter werden die Personen mit einer Intelligenzminderung und einer geringen oder fehlenden Ausbildung der Sprachentwicklung verstanden. Der Anteil der Kinder mit einer autistischen Störung, die zur Gruppe der High-Functioning-Autisten gezählt werden können, wird mit 11-34,0% angegeben (Gilberg, 1998). Wie sinnvoll eine solche Unterscheidung innerhalb der autistischen Störung ist, zeigt sich insbesondere bei der Frage nach der weiteren Entwicklung und der Prognose im Erwachsenenalter. Wie schon im vorherigen Kapitel erwähnt, hat ein Intelligenzquotient von mehr als 70 im Kindesalter einen entscheidenden Einfluss auf die Entwicklung und das spätere Funktionsniveau (Howlin et al., 2004). Damit wird auch früheren Arbeiten entsprochen, die eine Trennung beider Gruppen bei der Untersuchung von Ätiologie und Prognose postulierten (Lotter, 1974; Wenar, Ruttenberg, Kalish-Weiss & Wolf, 1986). HFA und Asperger-Syndrom Der Begriff des High-Functioning-Frühkindlichen-Autismus ist eng verknüpft mit dem des Asperger-Syndroms (AS). Es gibt zahlreiche Studien zu der Frage, ob es tatsächlich einen qualitativen Unterschied zwischen beiden Konditionen gibt oder ob lediglich quantitative Unterschiede im Sinne eines diagnostischen Kontinuums zu verzeichnen sind. Die am häufigsten beschriebenen Unterschiede zwischen HFA und AS werden im Bereich des Intelligenzniveaus sowie der Sprachentwicklung angesiedelt (Szatmari, Tuff, Finlayson & Bartolucci, 1990; Szatmari et al., 1989; Ozonoff, Rogers & Pennington, 1991; Ozonoff et al., 2000; Klein, Volkmar, Sparrow, Cicchetti & Rourke, 1995), mit Überlegenheit der ASGruppe in beiden Bereichen. Weitere Unterschiede werden bei Ko-Morbiditäten mit anderen psychiatrischen Erkrankungen (Klin, Pauls, Schultz & Volkmar, 2005) sowie möglichen ätiologischen Unterschieden wie z.B. abweichenden Vererbungsmustern bzw. abweichenden betroffenen Genregionen postuliert (Volkmar, Klin & Pauls, 1998). 28 Theoretischer Hintergrund Die Ergebnisse von Studien, die einen Direktvergleich beider Gruppen vornehmen, sind nur bedingt auswertbar, da sie sich, wie bereits erwähnt, häufig signifikant hinsichtlich Alter, Gruppengrösse sowie durchschnittlichem Intelligenzniveau unterscheiden (Howlin, 2003). Viele Studien beschäftigen sich zudem nur mit möglichen Unterschieden beider Gruppen im Kindes- und frühen Jugendalter. Einige Studien postulieren, dass die Unterschiede zwischen HFA und AS mit zunehmenden Entwicklungsalter immer geringer werden (Gilchrist et al., 2001) bzw. dass einige Kinder, die primär als HFA diagnostiziert wurden, in späteren Jahren die Diagnose eines AS erhalten könnten (Szatmari, 2000). Die Untersuchung auf mögliche Unterschiede im Erwachsenenalter (>18 Jahre) von Howlin (Howlin, 2003) lieferten folgende Ergebnisse: Im Erwachsenenalter lassen sich zwischen beiden Gruppen keine signifikanten Unterschiede feststellen, weder im Bereich des erreichten Intelligenzniveaus, noch in der Ausprägung der autistischen Symptomatik und den damit verbundenen Beeinträchtigungen für das Funktionsniveau. Weiterhin konnte gezeigt werden, dass die Personengruppe, für die im Kindesalter anamnestisch über keine Sprachentwicklungsverzögerung berichtet wurde, im Erwachsenenalter unter einer deutlichen Beeinträchtigung ihrer expressiven und rezeptiven sprachlichen Fähigkeiten leiden können. Besonders fiel hier ein signifikanter Unterschied zwischen chronologischem Alter und Sprachverständnisalter auf, der sich nicht von der Personengruppe mit einer anamnestisch gesicherten Sprachentwicklungsverzögerung unterschied. Deutliche Unterschiede zwischen beiden Gruppen wurden lediglich im Bereich der frühen Symptome festgestellt: Die geschilderten Probleme, über die sich die Eltern in den ersten Jahren besorgt zeigten, differieren deutlich, zudem wurden bei der Gruppe ohne Sprachentwicklungsverzögerung die Auffälligkeiten etwas später beobachtet. Howlin kommt somit zu dem Ergebnis, dass im Erwachsenenalter keine Unterschiede zwischen beiden Gruppen imponieren und beide Gruppen trotz eines Intelligenzquotienten Funktionsbeeinträchtigungen im innerhalb Erwachsenenalter normaler aufgrund der Grenzen schwere Persistenz ihrer fundamentalen Defizite erfahren müssen. Eine Metaanalyse von Macintosh et al. (Macintosh & Dissanayake, 2004) kommt zu dem Ergebnis, dass Unterschiede zwischen HighFunctioning-Autisten und Patienten mit einem Asperger-Syndrom beschrieben werden können, die Studienlage jedoch nicht ausreicht, um das Asperger-Syndrom als eine eigene Entität zu betrachten, die sich valide vom High-functioning Autismus unterscheiden lässt. 29 1.8 Theoretischer Hintergrund Ätiologie und Pathogenese Vielfältige Forschungsbemühungen der letzten Jahrzehnte lassen heute keinen Zweifel mehr an einer biologischen Pathogenese der autistischen Störung, wie sie schon Kanner in seinen frühen Beobachtungen vermutete (Kanner, 1943). Bis heute ist jedoch keine genaue Ursache für die Entstehung einer autistischen Störung identifiziert, auch existieren keine somatischen Marker, wie z.B. mögliche spezifische Veränderungen der EEG-Aktivität oder neurochemische Veränderungen, die evtl. durch Bluttests nachzuweisen wären. Besonders gut erforscht Hirnschädigungen bzw. sind die Bereiche Genetik, Hirnfunktionsstörungen assoziierte sowie Erkrankungen, neuropsychologische Beeinträchtigungen und assoziierte Erkrankungen. Insgesamt fehlt jedoch ein schlüssiges Konzept, welches die identifizierten Einflussfaktoren integrieren kann, so dass weiterhin von einem multifaktoriellen Geschehen auszugehen ist, dessen Anteile vermutlich in Wechselwirkung zueinander stehen. Genetik Vor allem beim frühkindlichen Autismus kann aufgrund von Ergebnissen aus Familienuntersuchungen, Zwillingsstudien sowie zytogenetischen und molekulargenetischen Untersuchungen von einer starken Beeinflussung durch genetische Faktoren ausgegangen werden. In Familienuntersuchungen konnte ein erhöhtes Wiederholungsrisiko von 3-8% bei Geschwistern nachgewiesen werden (Folstein & Rutter, 1988), das Wiederholungsrisiko liegt damit um ein fünfzig- bis hundertfaches höher als in der Allgemeinbevölkerung. Zwillingsstudien (Folstein & Rutter, 1977; Bailey et al., 1995; Steffenburg et al., 1989) zeigten eine sehr hohe Konkordanzrate (bis zu 90%) bei monozygoten Zwillingen sowie eine sehr geringe Konkordanzrate bei dizygoten Zwillingen. Zudem fiel auf, dass unter den monozygoten Zwillingen, die diskonkordant für eine autistische Störung waren, auch das nicht-autistische Geschwisterkind deutliche kognitive und soziale Defizite hatte. Hier fielen z.B. Sprachentwicklungsverzögerungen und sozialer Rückzug auf. Verlaufsuntersuchungen im Erwachsenenalter bestätigten diesen Eindruck. Dies führte zu einer Reihe von Untersuchungen nicht betroffener Verwandter 1.Grades von autistischen Kindern (Fombonne, Bolton, Prior, Jordan, & Rutter, 1997), mit dem Ergebnis, dass auch hier einzelne Merkmale aus dem Vollbild einer autistischen Störung wie z.B. sozialer Rückzug, Schwierigkeiten in der wechselseitigen Kommunikation oder Sprachentwicklungsverzögerungen gehäuft auftreten, aber eine deutlich mildere Ausprägung haben. In diesem Fall spricht man von einem „breiteren Phänotyp“ des Autismus („broader autism phenotype“) (Pickles, 2000). 30 Theoretischer Hintergrund Alle bisherigen Erkenntnisse aus den o.g. Familien- und Zwillingsstudien weisen darauf hin, dass Autismus durch ein komplexes, multifaktorielles Vererbungsmodell mit einer bis dato unbekannten Anzahl an beteiligten Genen bedingt wird. Derzeit geht man davon aus, dass bestimmte Suszeptibilitätsgene zur Erkrankung beitragen und somit erst eine bestimmte Anzahl funktionell gestörter Krankheitsgene zur Vollausprägung der Störung führen. Die aktuellen, auch international kooperierenden Forschungsbemühungen versuchen, einzelne Kandidaten-Gene oder Genregionen zu identifizieren, die hier einen Einfluss haben könnten. In den letzten Jahren wurden Regionen auf den Chromosomen 2, 7, 15 und dem XChromosom von mehreren Arbeitsgruppen als mögliche Kandidaten identifiziert, mögliche Transmissionswege sind jedoch noch völlig unklar (Folstein et al., 2001). Chromosomenanomalien als Ursache für die Entstehung einer autistischen Störung wurden ebenfalls in vielen Studien diskutiert, am häufigsten wird hier über Veränderungen in Form von Duplikationen oder Deletionen auf Chromosom 15 berichtet, insgesamt tritt diese Veränderung jedoch nur in 5% aller Fälle auf. Auch die mögliche Assoziation zwischen Autismus und HLA-Allelen ist Gegenstand klinischer Forschung (Folstein et al., 2001). Die Ergebnisse der genetischen Untersuchungen haben in den letzten Jahren zudem das Konzept der sog. Autismus-Spektrum-Störungen (ASD) geprägt, das die verschiedenen Ausprägungen der autistischen Phänotypen von geistig behinderten Autisten mit Epilepsie und fehlender Sprachentwicklung bis hin zu den High-Functioning Autisten und dem Asperger-Syndrom sowie milden Formen autistischer Verhaltensweisen integriert (Folstein et al., 2001). Assoziierte Erkrankungen Bei 5-30% aller Kinder mit einer autistischen Störung tritt im Verlauf eine Epilepsie auf. Der erste Manifestationsgipfel liegt zwischem dem 3. und 5. Lebensjahr, der 2. oberhalb des 10. Lebensjahres. Besonders Kinder mit einer Intelligenzminderung und den damit verbundenen Beeinträchtigungen scheinen signifikant häufiger von einer Epilepsie betroffen zu sein (Gabis, Pomeroy, & Andriola, 2005). In ca. 10% aller Fälle liegt der autistischen Störung ein monogenetischer Defekt bekannter Ätiologie zugrunde, u.a. das fragile X-Syndrom und die tuberöse Sklerose. Auch die Assoziation mit Neurofibromatose und anderen, noch selteneren genetischen Defekten wurden berichtet. Überzufällig häufig wird auch über das Auftreten von metabolischen Störungen (Phenylketonurie, Histidinämie) sowie von Infektionskrankheiten (Röteln, Herpes simplex) berichtet (Folstein et al., 2001). 31 Theoretischer Hintergrund Hirnschädigungen/Hirnfunktionsstörungen Die Assoziation mit Epilepsie und die hohe Rate an Intelligenzminderungen untermauert die Hypothese für eine neurobiologische Ursache bei der Entstehung von Autismus. Forschungsergebnisse der letzten Jahre konnten verschiedene neurobiologische Korrelate aufzeigen: MRT-Studien zeigen, dass die Gehirngröße bei Kindern mit einer autistischen Störung 2-10% größer als in gesunden Kontrollgruppen ist, auch die Phasen des Gehirnwachstums scheinen sich von dem gesunder Kontrollgruppen zu unterscheiden (Herbert, 2005). In post-mortem Studien konnten zudem neuroanatomische Veränderungen in Form von verminderter Neuronenzahl und reduzierter Neuronenverästelung in Bereichen des Limbischen Systems (z.B. Amygdala, Hippocampus) nachgewiesen werden (Volkmar & Pauls, 2003). Andere Studien konnten hypoperfundierte Areale (z.B. im Bereich des Temporallappens) und durch chronische Entzündungsreize veränderte Gehirnstrukturen nachweisen (Herbert, 2005). Auch Veränderungen im Stoffwechsel bestimmter Neurotransmitter konnten nachgewiesen werden, im Besonderen dem serotonergen System, die Bedeutung dieser Ergebnisse ist jedoch noch unklar (Volkmar & Pauls, 2003). Befunde, die mittels funktionellem Kernspintomogramm (fMRT) versuchen, gängige neuropsychologische Modellvorstellungen zur Entstehung der autistischen Symptomatik (u.a. Theory of Mind) mit neuronalen Korrelaten zu untermauern, konnten z.B. hypoaktivierte Areale im Bereich des Gyrus fusiformis nachweisen, einer Struktur, die mit der Erkennung von Gesichtern assoziiert ist. Im Vergleich zu gesunden Kontrollpersonen weisen autistische Personen bei der Verarbeitung von Gesichtern eine verminderte rechtshemisphärische Aktivierung auf (Schultz, 2005). Im rechtshemisphärischen Gyrus temporalis inferior, einer Struktur, die mit der Funktion der Objekterkennung assoziiert ist, zeigt sich bei autistischen Personen hingegen eine erhöhte neuronale Aktivität im Gegensatz zur gesunden Kontrollgruppe (Schultz et al., 2003). Allgemein ist die Datenlage zu morphologischen Veränderungen der beschriebenen Regionen noch sehr uneinheitlich, jedoch geben die neuroanatomischen und funktionellen Studien insgesamt Hinweise auf eine mögliche mangelnde bzw. abweichende Vernetzung bestimmter Gehirnareale untereinander, den sog. Diskonnektionssyndromen (Geschwind & Levitt, 2007) und den damit verbundenen Konsequenzen auf soziale Lernprozesse, kognitive Funktionen oder emotionaler Reizverarbeitung, die bei Menschen mit Autismus deutlich beeinträchtigt sind. 32 Theoretischer Hintergrund Neuropsychologische Beeinträchtigungen Derzeit existieren eine Reihe unterschiedlicher neuropsychologischer Erklärungsmodelle zur Ätiologie des Autismus. In den letzten Jahren wurden besonders drei kognitive Ansätze häufig untersucht:„Theory of Mind“ (ToM), Defizit der Exekutivfunktionen (EF) und die Theorie der schwachen zentralen Kohärenz (SZK), ein weiterer Ansatz beschäftigt sich mit der „Spiegelneuronensystem-Dysfunktion“ (MNS-dysfunction of mirror neuron system). Unter “Theory of Mind“ (Baron-Cohen, 2001) wird die Fähigkeit verstanden, den psychischen Zustand anderer Menschen (Meinungen, Überzeugungen, Wünsche) zu erfassen. Viele Studien konnten zeigen, dass autistische Personen Schwierigkeiten haben, mentale Zustände anderer Menschen korrekt zu erfassen (Yirmiya, Sigman, Kasari & Mundy, 1992). Die Annahme eines Defizit der Exekutivfunktionen (Pennington & Ozonoff , 1996) wird über das Vorhandensein typischer rigider und stereotyper Verhaltensmuster und Gedanken autistischer Personen erklärt. Exekutive Funktionen sind Vorgänge, die für die willentliche und zielgerichtete Handlungsplanung wichtig sind. Hierunter fallen Aspekte wie Flexibilität, Planen, Impulskontrolle und Initiierung von Handlungen. Viele Untersuchungen zeigen, dass Menschen mit einer autistischen Störung große Defizite in diesen Bereichen haben. Die Theorie der schwachen zentralen Kohärenz (Frith, 1989) besagt, dass Personen mit einer autistischen Störung Probleme im Bereich der bedeutungsgeleiteten Verarbeitung und Stärken im Bereich der detailorientierten Verarbeitung zeigen, d.h. sie haben Schwierigkeiten, die Zusammenhänge von Gegenständen oder Objekten zu beachten und richten ihr Interesse eher auf isolierte Details. Unter „Spiegelneuronensystem-Dysfunktion“ (Williams et al., 2006) wird ein bei Personen mit einer autistischen Störung beobachtetes defizitäres Imitationslernen in den Bereichen Motorik und Sprache verstanden, welches weitere Defizite in davon abhängigen kognitiven Leistungen wie z.B. geteilte Aufmerksamkeit (joint attention), Empathie oder auch Theory of Mind Funktionen nach sich zu ziehen scheint. Sämtliche vorgestellte Erklärungsmodelle beleuchten nur Teilaspekte der autistischen Symptomatik, zudem mangelt es an konsistenten Studienergebnissen. Die Abhängigkeit der einzelnen Modelle voneinander ist noch weitestgehend unklar, weshalb es neuere Forschungsbemühungen gibt, die den Versuch unternehmen, Zusammenhänge zwischen den unterschiedlichen Ansätzen herzustellen (Geschwind & Levitt, 2007; Frith & Happe, 1994). 33 1.9 Theoretischer Hintergrund Frühe Indikatoren für autistische Störungen Die in der Literatur häufig beschriebene Tatsache, dass das Diagnosealter einer autistischen Störung nicht zwangsläufig mit den ersten, von Eltern oder Umfeld (Erzieher, Therapeuten) beobachteten Verhaltensauffälligkeiten zusammenfällt, hat in den letzten Jahren zu vielfältigen Forschungsbemühungen im Bereich Frühsymptome und möglichen ersten Anzeichen für das Vorliegen einer autistischen Störung geführt (Zwaigenbaum et al., 2005; Chawarska et al., 2007; Wetherby et al., 2004). Mögliche Frühsymptome im Bereich der sozialen Interaktion (Zwaigenbaum et al., 2005; Chawarska et al., 2007; Wetherby et al., 2004): - Kind ist lieber alleine - möchte nicht im Arm gehalten werden - kaum soziales Lächeln, wenig Mimik - abnormer Blickkontakt - kaum Interesse an sozialen Spielen, ignoriert andere Kinder, nimmt keinen Kontakt zu anderen Kindern auf - kaum /fehlende Imitation Mögliche Frühsymptome im Bereich der Sprache und Kommunikation (Zwaigenbaum et al., 2005; Chawarska et al., 2007; Wetherby et al., 2004): - verzögerte oder ausbleibende Sprachentwicklung - deutliche Einschränkungen in der nonverbalen Kommunikation: kaum Gebrauch von Mimik, Gestik, Körpersprache Mögliche Frühsymptome im Bereich eingeschränkte Interessen und stereotype Verhaltensweisen (Zwaigenbaum et al., 2005; Chawarska et al., 2007; Wetherby et al., 2004): - Überempfindlichkeit oder fehlende Empfindlichkeit für Schmerzen, Temperaturreize, Geschmack - ungewöhnliche Reaktionen auf akustische oder visuelle Reize - ungewöhnliche Körperhaltung - unangemessener Gebrauch von Gegenständen - ungewöhnliches Spielverhalten 34 Theoretischer Hintergrund Auch eine Reihe unspezifischer Frühsymptome werden in der Literatur beschrieben, so berichten Eltern über Auffälligkeiten im Schlaf-, Schrei- oder Essverhalten. Manche Kinder schreien ohne Pause, egal welche Form der Zuwendung sie von den Eltern erhalten, andere Kinder schlafen von Beginn ihres Lebens sehr wenig oder sehr unruhig, auch werden gehäuft Probleme in der Zeit der Nahrungsumstellung von flüssiger auf feste Nahrung bis hin zur kompletten Verweigerung jeglicher festen Nahrung berichtet (Ornitz, 1983). Alter bei Auftreten erster Symptome Verschiedene Studien konnten mittels retrospektiver Elternbefragung sowie retrospektiver Analyse von Videoaufnahmen der Eltern (die entstanden, bevor das Kind die Diagnose Autismus erhielt) zeigen, dass das Auftreten der ersten autistischen Symptome bei einem Durchschnittsalter von 16 - 20 Monaten liegt. Zudem wird bei über der Hälfte der Kinder ein Beginn der Symptomatik im 1. Lebensjahr beschrieben, bis zum Ende des 2. Lebensjahres sind über 95% der Kinder retrospektiv auffällig, nur bei wenigen Kindern fallen erste Symptome im 3. Lebensjahr zum ersten Mal auf (DeGiacomo A. & Fombonne, 1998; Werner, Dawson, Munson & Osterling, 2005; Howlin & Asgharian, 1999). Verhaltensauffälligkeiten, die Eltern beunruhigen In der Literatur werden hier nahezu einheitlich folgende Auffälligkeiten beschrieben: Eine nur unzureichende oder ausbleibende Sprachentwicklung sowie fehlendes Interesse am sozialen Umfeld (Desinteresse an sozialen Spielen, kein Interesse an anderen Kindern) werden von den Eltern am häufigsten als Grund zur Besorgnis genannt. Durchschnittlich haben die Kinder zu diesem Zeitpunkt ein Alter von 18 Monaten. Stereotypes und repetitives Verhalten, wie es von den diagnostischen Kriterien gefordert wird, scheint in diesem Alter noch nicht ausgeprägt genug zu imponieren (Chawarska et al., 2007; Howlin & Asgharian, 1999; DeGiacomo A. & Fombonne, 1998). Einige Eltern berichten zudem über das fehlende Erreichen von Meilensteilen der Entwicklung oder über den Verlust bestimmter Fähigkeiten. Über eine Regression im Bereich der sprachlichen Entwicklung wird von 25-30,0% der Eltern berichtet (Werner, Dawson, Munson & Osterling, 2005), oft stellt sich jedoch in retrospektiver Befragung heraus, dass die Entwicklung des Kindes schon vor diesem Verlust von sprachlichen Fähigkeiten nicht vollkommen unauffällig war. Alter bei Diagnosestellung Trotz dieser früh erkennbaren Auffälligkeiten wird die Diagnose eines frühkindlichen Autismus in der Regel erst um das 6. Lebensjahr gestellt, (Filipek et al.,1999; Howlin & Asgharian, 1999), bei Kindern mit einer autistischen Störung auf einem höheren 35 Theoretischer Hintergrund Funktionsniveau liegt das Durchschnittsalter bei 12 Jahren. Gründe für diese Unterschiede werden u.a. darin gesehen, dass den Eltern von Low-Functioning-Autisten die Begleitsymptome und Schwierigkeiten wie eine Intelligenzminderung, Epilepsie oder andere körperliche Beeinträchtigungen deutlich mehr Sorgen macht (DeGiacomo & Fombonne, 1998), auch das Vorhandensein perinataler Komplikationen scheint eine frühere Diagnosestellung zu beeinflussen (Baghdadli, Picot, Pascal, Pry & Aussilloux, 2003). 1.10 Diagnose, Differenzialdiagnose und verwandte Störungen Die Diagnose Autismus ist eine klinische Diagnose, d.h. sie wird hauptsächlich durch die Vorgeschichte und die Beobachtung des Kindes in verschiedenen Situationen gestellt. Der Diagnose zugrunde gelegt werden die diagnostischen Kriterien der beiden internationalen Klassifikationssysteme psychischer Störungen und Erkrankungen ICD-10 (World Health Organization, 1992) und DSM-IV (APA, 1994). Zur Überprüfung der diagnostischen Kriterien werden standardisierte Interviews, u.a. das ADI-R: Diagnostisches Interview für Autismus - Revidiert (Rutter, LeCouteur & Lord, 2003) sowie Beobachtungsskalen, u.a. ADOS (Lord, Rutter, DiLavore & Risi, 2001) durchgeführt. Zusätzlich wurden in den letzten Jahren spezifische Screeningbögen entwickelt, u.a. die Marburger Beurteilungsskala zum Asperger-Syndrom (MBAS), oder der Fragebogen zur Sozialen Kommunikation (FSK), die als erste Orientierung für den Untersucher dienen können. Differentialdiagnosen und verwandte Störungen Abgegrenzt werden muss die Diagnose (frühkindlicher) Autismus von anderen tiefgreifenden Entwicklungsstörungen wie dem Asperger-Syndrom, dem atypischen Autismus oder dem Rett-Syndrom. In der Abgrenzung zum Asperger-Syndrom liegen die Unterschiede laut diagnostischer Kriterien vorrangig im Bereich der sprachlichen und intellektuellen Fähigkeiten sowie dem Krankheitsbeginn, die nosologische Validität des Asperger-Syndroms wird zudem als unsicher beschrieben (vgl. ICD-10 / DSM-IV, World Health Organization, 1992, APA, 1994). Neuere Forschungsergebnisse plädieren dafür, diese Unterschiede im Rahmen eines diagnostischen Kontinuums als Form einer Autismus-Spektrum-Störung zu differenzieren, da die durch die beiden großen Klassifikationssysteme vorgenommene Abgrenzung in vielen Studien nicht repliziert werden konnten (Howlin, 2003). Der atypische Autismus unterscheidet sich vom frühkindlichen Autismus entweder durch das Alter bei Krankheitsbeginn oder dadurch, dass die diagnostischen Kriterien nicht in allen 3 36 Theoretischer Hintergrund geforderten Bereichen erfüllt werden. Beim Rett-Syndrom kommt es im Gegensatz zum Autismus zum Verlust bereits erworbener Fähigkeiten (z.B. der Sprachentwicklung), verbunden mit zahlreichen neurologischen Symptomen. Zudem kommt das Rett-Syndrom fast ausschließlich bei Mädchen vor und wird durch eine Mutation im distalen Abschnitt der XChromosoms (Lokalisation MECP 2-Gen) verursacht. Eine weitere Differentialdiagnose des frühkindlichen Autismus ist die Intelligenzminderung. Bei einer isoliert vorliegenden Intelligenzminderung im Sinne einer geistigen Behinderung bilden die Defizite in der sozialen Interaktion, der Kommunikation und der motorischen Beeinträchtigung nicht das Zentrum des klinischen Erscheinungsbildes. Die sprachlichen und motorischen Besonderheiten der autistischen Symptomatik fehlen meist, zudem haben geistig behinderte Kinder und Jugendliche deutlich weniger oder gar nicht gestörte emotionale Beziehungen zu ihrem Umfeld. Auch Sinnesdefekte (z.B. Taubheit) können als Differenzialdiagnose in Frage kommen. Auch der Symptomenkomplex um das Deprivationssyndrom kommt als mögliche Differentialdiagnose zum (frühkindlichen) Autismus in Frage. Hierunter versteht man Verhaltensauffälligkeiten, die ebenfalls mit einer Kontaktstörung einhergehen können, ursächlich ist hier aber die extreme Vernachlässigung oder mangelnde Förderung eines Kindes. Meistens entwickeln diese Kinder jedoch nach einem Umfeldwechsel soziale Strategien, einhergehend mit einer Verbesserung der Kommunikation und einem Abklingen der motorischen Stereotypien. Auch die Abgrenzung zur Schizophrenie ist von klinischer Bedeutung, besonders im Bereich der sog. Negativsymptomatik sind Überschneidungen zur autistischen Symptomatik möglich. Bei Schizophrenie tritt zusätzlich meist eine ausgeprägte Positivsymptomatik auf, u.a. mit Wahnsymptomen und Halluzinationen. Seit der Erstbeschreibung der autistischen Symptomatik wurden immer wieder Bezüge zur Schizophrenie hergestellt, in den siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts wurden viele Kinder mit Autismus noch mit der Diagnose einer „kindlichen Psychose“ klassifiziert, dies sicherlich auch wegen noch fehlender operationalisierender diagnostischer Kriterien für den Autismus. Multiple-Complex Developmental Disorder Verschiedene klinischer Beobachtungen berichten über Kinder, die sowohl Symptome aus dem autistischen Spektrum, wie z.B. die Unfähigkeit zum Aufbau sozialer Beziehungen, als auch eine Reihe affektiver Symptome und Symptome aus dem schizophrenen Formenkreis, wie Denkstörungen oder Wahnerleben, zeigen. Diese Symptome wurden in der Literatur lange Zeit u.a. als „Borderline Störung des Kindesalters“, „schizotypische Erkrankung“ oder 37 Theoretischer Hintergrund „schizoide Persönlichkeitsstörung im Kindesalter“ (Cohen, Paul & Volkmar, 1986) bezeichnet. Aus der Beschreibung der Symptome entwickelten einige Autoren die diagnostischen Kriterien für ein noch nicht vollständig untersuchtes Störungsbild, der Multiple-Complex Developmental Disorder (MCDD) (Cohen, Paul, & Volkmar, 1986; Towbin, Dykens, Pearson & Cohen, 1993). Es handelt sich hierbei um einen Symptomenkomplex „in the borderlands of autism“, d.h. Patienten mit oben beschriebener Symptomatik, welche sich wie beim Autismus in den ersten Lebensjahren manifestiern, jedoch eine stark fluktuierende Symptomatik zeigen (Towbin, Dykens, Pearson & Cohen, 1993). Bei den Patienten wird zudem über eine hohe Rate an komorbiden Erkrankungen wie z.B. umschriebene Entwicklungsstörungen, ADHD, Depressionen, bipolar affektiven Störungen, Angststörungen, soziale Phobien, Tourette-Syndrom, Persönlichkeitsstörungen sowie Epilepsien berichtet. Einige Studien konnten nachweisen, dass Patienten mit diesem Symptomenkomplex ein stark erhöhtes Risiko haben, im Laufe ihres Lebens an einer Schizophrenie zu erkranken (van der Gaag & Buitelaar, 2005). Zunächst wurden die genannten Symptome als Multiplex Developmental Disorder (MDD) bezeichnet, dies führte jedoch häufig zu einer Begriffsverwechslung mit der Major Depressive Disorder, so dass seit 1993 der Begriff Multiple-Complex Developmental Disorder geprägt (MCDD) wurde (Towbin, Dykens, Pearson, & Cohen, 1993). Bis heute gelten die oben beschriebenen Kriterien als methodische Anleitung zu Forschungszwecken, in die beiden großen Klassifikationssysteme DSM und ICD haben sie bisher keinen Einzug gefunden, als mögliche Differentialdiagnose zu den Autismus-Spektrum-Störungen sollten sie jedoch in Betracht gezogen werden. Die Abgrenzung und Überschneidung der Symptomatik zu den AutismusSpektrum-Störungen sind Inhalt aktueller Forschungsbemühungen. 38 2. Fragestellungen Fragestellung der vorliegenden Studie Ziel der vorliegenden Studie ist es, durch den Vergleich einer Stichprobe von Patienten mit einem High-Functioining-Autismus mit einer Stichprobe von Patienten mit einem LowFunctioning-Autismus mögliche Hinweise auf das Vorliegen von unterschiedlichen Symptomprofilen innerhalb der kategorialen Diagnosegruppe F84.0 (Frühkindlicher Autismus) zu erlangen. Anhand einer katamnestischen Untersuchung einer Inanspruchnahmepopulation von Patienten der Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters der Universitätsklinik Freiburg sollte untersucht werden, ob in folgenden Bereichen zwischen den beiden Stichproben Unterschiede und Übereinstimmungen zu beschreiben sind: 1. In der klinischen Ausprägung der diagnostischen Kriterien nach ICD-10 und DSMIV: - Sprachliche Fertigkeiten und Kommunikation - Repetitive und sterotype Verhaltensweisen - Soziale Interaktion - Katamnestische Überprüfung einer möglichen Symptomüberschneidung zu den Multiple-Complex Developmental Disorder (MCDD) 2. Im Bereich der Frühsymptome: - Entwicklungsauffälligkeiten - Frühe Indikatoren für autistische Störungen 3. Im Erkrankungsverlauf: - Diagnostik, - Therapie - Versorgung (Kindergarten, Schule) - psychosoziale Anpassung - Intelligenzstruktur 4. Im Bereich allgemeiner demographischer Beschreibungsfaktoren der Stichproben: - Familienanamnese - Wohnsituation 39 3. Stichproben- und Datenerhebung Stichproben- und Datenerhebung Die vorliegenden Daten wurden im Rahmen einer Katamnese-Untersuchung von Patientinnen und Patienten der Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie im Kindes- und Jugendalter des Universitätsklinikums Freiburg erhoben. Ausgewählt wurden Patientinnen und Patienten, bei denen zwischen dem 01.01.2000 und dem 31.12.2005 die Diagnose oder Verdachtsdiagnose eines Frühkindlichen Autismus gestellt wurde. Im Rahmen eines klinischen Untersuchungstermins wurde die (Verdachts-) Diagnose mittels eines eigens für diese Untersuchung entwickelten Spezialinstruments (Freiburger Autismus Inventar) bestätigt bzw. ausgeschlossen. Außerdem wurde eine Katogerienbildung Highfunctioning/ Low-functioning Frühkindlicher Autismus innerhalb der Diagnosegruppe vorgenommen. Die Unterscheidung erfolgte definitionsgemäß ab einem Gesamt-IQ von 70. Patienten, die diesen IQ-Wert erreichten oder darüber lagen wurden der Gruppe der HighFunctioning-Autisten zugeordnet, Patienten mit einem IQ-Wert von unter 70 Punkten wurden zur Gruppe der Low-Functioning-Autisten gezählt. Im Anschluss sollten die anhand des Freiburger Autismus Inventar gesammelten Daten der beiden Stichproben auf mögliche Unterschiede überprüft werden. Bei 78 Patientinnen und Patienten der Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie im Kindes-und Jugendalter lag zum Zeitraum der Katamnese-Untersuchung die (Verdachts-) Diagnose eines Frühkindlichen Autismus (F84.0) vor. Aus dieser Ausgangsstichprobe wurden zunächst 18 Patienten aus unterschiedlichen Gründen von der Katamnese-Untersuchung ausgeschlossen: 14 Patienten lehnten explizit die Teilnahme an der Katamnese-Untersuchung ab, bei zehn Patienten war trotz intensiver Recherche zu keinem Zeitpunkt eine neue Adresse oder Telefonnummer zu ermitteln, zwei Patienten erschienen nicht zum vereinbarten Untersuchungstermin und waren zu keiner weiteren Teilnahme bereit, bei zwei Patienten konnte durch Auswertung Hyperaktivitätsstörung des (ADHS) Patientenblatts sowie eine eine Aufmerksamkeitsdefizit-/ Teilleistungsstörung (Lese-/ Rechtsschreibschwäche) als aktuelle Diagnose bestätigt werden. Zunächst wurden 50 Patienten in die Katamnese-Untersuchung aufgenommen, mit 46 Patienten und Patienteneltern wurde die Diagnostische Beobachtungsskala für autistische Störungen (ADOS) (Ruehl et al., 2004) und das Diagnostische Interview für Autismus Revidiert (ADI-R) (Boelte et al., 2005) durchgeführt und evtl. noch fehlende Informationen im Freiburger-Autismus-Inventar (FAI) ergänzt. Bei einem Patienten konnte lediglich das ADI-R 40 Stichproben- und Datenerhebung durchgeführt werden, bei einem Patienten nur die ADOS, im Anschluss wurden die noch fehlenden Informationen im Freiburger Autismus Inventar (FAI) ergänzt, um das Vorliegen der Diagnose eines High-Functioning- oder Low-Functioning-Autismus zum Katamnesezeitpunkt zu bestätigen bzw. auszuschließen. Bei zwei Patienten wurde das FAI in einem telefonischen Gespräch mit den Eltern ergänzt, eine ausführliche Gold-Standard-Untersuchung wurde abgelehnt. Von den ehemals 50 Patienten, die in die Katamnese-Untersuchung aufgenommen wurden, mussten zehn Patienten aus der endgültigen Stichprobe ausgeschlossen werden. Acht Patienten wechselten innerhalb der Autismus-Spektrum-Störungen in eine andere Diagnosegruppe: Sechs Patienten erhielten die Diagnose eines atypischen Autismus (F84.1) und 2 Patienten die Diagnose eines Asperger-Syndrom (F84.5). Bei zwei Patienten wurde eine Diagnose aus dem autistischen Spektrum ausgeschlossen, sie erhielten die Diagnose einer Hyperkinetischen Störung mit Störung des Sozialverhaltens (F90.1). Bei 40 Patienten wurde die Diagnose eines Frühkindlichen Autismus (F84.0) bestätigt, 28 Patienten wurden der Gruppe des Low-Functioning-Autismus (LFA) zugerechnet, zwölf Patienten erhielten die Diagnose eines High-Functioning-Autismus (HFA). 41 Stichproben- und Datenerhebung Abbildung 1: Flussdiagramm zum Ein- und Ausschluss der Patienten n=14: keine Einwilligung erteilt n=78 Ausgangsstichprobe n=10:Keine Antwort; nicht erreichbar n=2:Zum Termin nicht erschienen n=2:andere Diagnose n=6: Diagnose F84.1 n=50 Einschluss in Katamnese Ausschluss nach GoldStandard-Untersuchung n=2: Diagnose F84.5 n=2: Diagnose F90.1 n=36: Gold-Standard durchgeführt; FAI-Ergänzung n=40 Bestätigung der Diagnose LFA=28, HFA=12 n=2: Interview mit Patienteneltern durchgeführt; FAI-Ergänzung n=1: ADOS mit Patienten durchgeführt; FAI-Ergänzung n=1: ADI-R mit Patienteneltern durchgeführt; FAI-Ergänzung 3.1 Zur Planung und Durchführung der Untersuchung Ermittlung der Ausgangsstichprobe wurden die durch die elektronischen Dokumentationssysteme und Patientenblätter erhobenen Daten derjenigen Patienten ermittelt, bei denen die (Verdachts-) Diagnose eines Frühkindlichen Autismus gestellt wurde. Die vorhandenen Daten wurden im Anschluss in eine Spezialdokumentation übertragen, hierbei handelt es sich um ein Inventar zur Erfassung Tiefgreifender Entwicklungsstörungen aus dem autistischen Spektrum, das Freiburger-Autismus-Inventar (FAI-Katamnese-Version). Dieses Untersuchungsinstrument wurde von der Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie 42 Stichproben- und Datenerhebung im Kindes- und Jugendalter des Universitätsklinikums Freiburg zur Erfassung der für diese Katamnese-Untersuchung relevanten Daten entwickelt. Das Freiburger-Autismus-Inventar dient zur Erfassung folgender Inhalte: Bestätigung und Ausprägung der diagnostischen Kriterien eines Frühkindlichen Autismus nach ICD-10 und DSM-IV (Saß, 2003) Dokumentation aller relevanten Quellen zu Vorbefunden sowie kinder- und jugendpsychiatrischer Untersuchungen Dokumentation möglicher Frühsymptome, die von den Eltern beobachtete wurden Chronologische Dokumentation des Diagnose- und Therapieverlaufs Dokumentation soziodemographischer Daten Nach Abschluss der Dokumentation wurden die Patienten angeschrieben und zur Teilnahme an der Katamnese-Untersuchung eingeladen. Auf einer beigelegten Antwortkarte konnten die Patienten bzw. deren Erziehungsberechtigte ihr grundsätzliches Interesse an einer Kontaktaufnahme signalisieren. Bei einer positiven Antwort erfolgte ein telefonischer Erstkontakt. Hier wurde der Ablauf der Katamnese-Untersuchung detailliert besprochen und bei Interesse ein Untersuchungstermin vereinbart. Im Anschluss wurden den Erziehungsberechtigten die Marburger Beurteilungsskala zum Asperger-Syndrom (MBAS) (Kamp-Becker et al., 2005) und der Fragebogen zur Sozialen Kommunikation (FSK) (Boelte et al., 2005) zugeschickt und mit der Untersuchungstermin ausgefüllt mitzubringen. Bitte versehen, die Fragebögen zum 43 Stichproben- und Datenerhebung Abbildung 2: Flussdiagramm zum Ablauf des Studientermins Fragebögen MBAS/FSK (vor Termin zugeschickt) Eltern Studientermin Interview ADI-R + MCDD Kriterien Verhaltensbeobachtung ADOS Testpsychologische Untersuchung CFT-20 bzw. CPM, wenn testbar Kind Während des vereinbarten Untersuchungstermins wurde mit den Erziehungsberechtigten das Diagnostische Interview für Autismus - Revidiert (ADI-R) durchgeführt, zusätzlich wurden differentialdiagnostische Kriterien der Multiple-Complex Developmental Disorder (MCDD) (Buitelaar & van der Gaag, 1998) erhoben und die noch fehlenden Informationen für das Freiburger Autismus Inventar (FAI) ergänzt. Mit den Patienten wurde zeitgleich die Diagnostische Beobachtungsskala für Autistische Störungen (ADOS) durchgeführt. Um eine hinreichende Reliabilität der Untersuchungsergebnisse zu ermöglichen, wurden alle an der Katamnese beteiligten untersuchenden Personen zuvor in der Anwendung der Instrumente geschult. 44 Stichproben- und Datenerhebung Im Anschluss wurde eine orientierende Leistungsdiagnostik (CFT-20 bzw. CPM) (Weiss, 2006; Raven, 2002) vorgenommen, teilweise war dies nicht möglich, da die Patienten aufgrund der Schwere der autistischen Störung nicht zur Mitarbeit bereit waren. Daher musste bei einer Anzahl von Patienten aus der Low-Functioning-Gruppe eine klinische Einschätzung des aktuellen Intelligenzniveaus vorgenommen werden. Anhand vorrausgegangener Leistungstestungen die im Patientenblatt dokumentiert waren bzw. anhand vorliegender Untertests von Leistungstestungen und der klinischen Präsentation konnte so eine Klassifizierung durch eine Fachärztin für Kinder- u. Jugendpsychiatrie vorgenommen werden. 3.2 Eingesetzte Untersuchungsinstrumente Die Datenerhebung wurde mittels folgender standardisierter Untersuchungsinstrumente durchgeführt: Freiburger Autismus Inventar - Katamnese Version (FAI) Marburger Beurteilungsskala zum Asperger-Syndrom (MBAS) (Kamp-Becker et al., 2005) Fragebogen zur Sozialen Kommunikation (FSK) (Rutter, Bailey, Berument, Lord, & Pickles, 2001; Boelte et al., 2005) Diagnostische Beobachtungsskala für Autistische Störungen (ADOS) (Lord, Rutter, DiLavore, & Risi, 2001; Ruehl et al., 2004) Diagnostisches Interview für Autismus - Revidiert (ADI-R) (Rutter, LeCouteur, & Lord, Bölte et al., 2005) Orientierende Leistungsdiagnostik (CFT 20-R, CPM) (Weiss, 2006), (Raven, 2002) Diagnostische Kriterien für Multiple-Complex Developmental Disorder (MCDD) (Buitelaar & van der Gaag, 1998) Die Diagnostische Beobachtungsskala für Autistische Störungen (ADOS) (Lord, Rutter, DiLavore, & Risi, 2001; Ruehl et al., 2004) und das Diagnostische Interview für Autismus Revidiert (ADI-R) (Rutter, LeCouteur, & Lord, Boelte et al., 2005) gehören zum international anerkannten Standard Entwicklungsstörungen. („Gold-Standard“) in der Diagnostik Tiefgreifender 45 Stichproben- und Datenerhebung FAI: Freiburger Autismus Inventar - Katamnese Version Das Freiburger Autismus Inventar wurde als katamnesespezifisches Untersuchungsinstrument innerhalb der Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie im Kindes- und Jugendalter des Universitätsklinikums Freiburg entwickelt. Konzipiert wurde der FAI für die drei möglichen Diagnosen aus dem Bereich der Autismus-Spektrum-Störungen: F84.0 (Frühkindlicher Autismus), F84.1 (Atypischer Autismus) und F84.5 (Asperger-Syndrom). Ziel des Inventars in der vorliegenden Studie ist die Dokumentation folgender Inhalte: 1. Das Vorliegen der Diagnostischen Kriterien für den Frühkindlichen Autismus laut ICD-10 und DSM-IV. Diese Kriterien wurden im FAI zusammengefasst (s. S.4-7, Abschnitt „Diagnostische Kriterien“) Somit wurde überprüft, ob für den jeweilig dokumentierten Patienten alle erforderlichen Kriterien überhaupt jemals aufgetreten waren. Zudem wurde dokumentiert, in welchem Alter die erforderlichen Kriterien aufgetreten waren. Die Altersangaben wurden in folgenden zeitlichen Intervallen erhoben: Vor dem Kindergartenalter (bis zum 3. Lebensjahr) Kindergartenalter (4.-6. Lebensjahr) Grundschulalter (7.-11. Lebensjahr) Nach der Grundschulzeit (ab dem 12. Lebensjahr) Weiterhin wurde dokumentiert, zu welchem Zeitpunkt ein Kriterium vorhanden war: Zu Diagnostikbeginn Am Ende der Behandlung in der Kinder- und Jugendpsychiatrie Aktuell (zum Katamnesezeitpunkt) Bei bestimmten Kriterien waren Freitextangaben zu Dokumentation der individuellen Interessen und Gewohnheiten sowie spezifischer Objektteile möglich: „Umfassende Beschäftigung mit einem oder mehreren stereotypen Interessen, wobei Inhalt und Intensität abnorm sind“ „Auffällig starres Festhalten an bestimmten nichtfunktionalen Gewohnheiten und Ritualen“ „Ständige Beschäftigung mit Teilen von Objekten“ Die Inhalte der Freitextfelder wurden im Anschluss in ein Kategoriensystem eingeordnet, welches von zwei Studienmitarbeiterinnen unabhängig voneinander durchgeführt wurde. 46 Stichproben- und Datenerhebung Die Übereinstimmung lag in allen Bereichen bei über 70%, unklare Fälle wurden noch einmal besprochen und dann entsprechend zugeordnet. Weiterhin wurden Angaben zu möglichen Auffälligkeiten vor Vollendung des 3. Lebensjahres in folgenden Bereichen dokumentiert: Soziale Interaktion Sprache als soziales Kommunikationsmittel Symbolisches Spiel oder Fantasiespiel 2. Ausschluss sämtlicher relevanter Differentialdiagnosen: Rett-Syndrom Desintegrative Störung des Kindesalters/Morbus Heller Schizophrenie Elektiver Mutismus Sprachentwicklungsstörungen 3. Dokumentation aller relevanten Quellen zu Vorbefunden sowie Kinder- und jugendpsychiatrischer Untersuchungen: Zu diesem Abschnitt wurden folgende Inhalte dokumentiert Vorbefunde, Kindergarten- und Schulberichte Ergebnisse der Autismus-spezifischen Diagnostik ADI-R und ADOS alle Ergebnisse bisher durchgeführter psychologischer Leistungs- und Psychodiagnostik (Ergebnisse, Durchführungszeitpunkte und Diagnostiker) 4. Dokumentation möglicher Frühsymptome: Zu diesem Abschnitt wurden folgende Inhalte dokumentiert: Erfassung des Zeitpunkt erster Verhaltensauffälligkeiten Erfassung des Inhaltes derVerhaltensauffälligkeiten in Freitextfeldern Zuordnung der Freitext-Felder in spezifisches Kategoriesystem Die Inhalte der Freitextfelder wurden ebenfalls im Anschluss in ein Kategoriensystem eingeordnet, welches von zwei Studienmitarbeiterinnen unabhängig voneinander durchgeführt wurde. Die Übereinstimmung lag in allen Bereichen bei über 70%, unklare Fälle wurden noch einmal besprochen und dann entsprechend zugeordnet. 47 Stichproben- und Datenerhebung Abfragen bereits in der Literatur beschriebener Frühsymptome (Zwaigenbaum et al., 2005; Chawarska et al., 2007; Wetherby et al., 2004) (s. Auflistung sämtlicher Frühsymptome im FAI, s. Anhang) 5. Chronologische Dokumentation des Diagnose- und Therapieverlaufs: Zu diesem Abschnitt wurden folgende Inhalte dokumentiert: Zeitpunkt des erstmaligen Kontakts mit Versorgungseinrichtung/Dokumentation der Versorgungseinrichtung Zeitpunkt erstmaliger Verdacht auf Störung aus autistischem Formenkreis (nicht durch Spezialist geäußert, d.h. durch Erzieher, Verwandte ) Zeitpunkt der erstmaligen Verdachtsdiagnose, Art des Diagnostikers, Art der Diagnose (F84.0, F84.1, F84.5) Zeitpunkt erstmalig gesicherter Diagnosestellung F84.0, Art des Diagnostikers Um eine spezifischere Auswertung des Diagnose- und Therapieverlaufs vornehmen zu können, wurden weiterhin folgende Angaben erfasst: „Konsultationen“, hier erfolgte die Dokumentation der Zeitpunkte und Art der Versorgungseinrichtungen , die konsultiert wurden „Diagnosen“, hier wurden die Diagnosezeitpunkte, Art der Diagnosen sowie die Art des Diagnostikers dokumentiert „Ambulante Therapien“, hier erfolgte die Dokumentation aller bis zum Katamnesezeitpunkt durchgeführten ambulanten Therapien, der Zeitraum sowie die Art der Therapie und des Therapeuten „Stationäre Therapien“, hier erfolgte die Dokumentation aller bis zum Katamnesezeitpunkt durchgeführten stationären Therapien (incl. tagesklinischer Aufenthalte, stationäre Rehabilitationsmaßnahmen und stationärer Jugendhilfemaßnahmen), der Zeitraum sowie die Art der Therapie und des Therapeuten „Medikamentöse Therapien“, hier wurden die Wirkstoffgruppe sowie Dauer einer medikamentösen Therapie dokumentiert „Bildungsweg“, hier erfolgte die Dokumentation aller bis zum Katamnesezeitpunkt besuchten Kindergärten und Schulen, die Dauer des Besuchs sowie ein eventuell erfolgter Wechsel einer Bildungseinrichtung 48 Stichproben- und Datenerhebung „Familienanamnese“, hier wurden relevante psychiatrische Diagnosen dokumentiert, die Frage nach einer möglichen Häufung von Diagnosen aus dem autistischen Formenkreis stand hier im Mittelpunkt des Interesses 6. Dokumentation soziodemographischer Daten Anhand der Basisdokumentation (BaDO) (Kommission Qualitätssicherung in der Kinderund Jugendpsychiatrie 2007) der Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie des Kindesund Jugendalters des Universitätsklinikums Freiburg wurden für jeden in die Katamneseuntersuchung eingeschlossenen Patienten folgende Daten erhoben: derzeitige Wohnsituation Schulabschluss, Schichtzugehörigkeit der Eltern Dokumentation von Befunden der Achsen I-VI des multiaxialen Klasifikationssystem für psychische Störungen des Kindes- und Jugendalters nach ICD-10 der WHO Befunde der Achse VI „Globalbeurteilung der psychosozialen Anpassung“ wurden jeweils bei KJP-Erstkontakt und bei Behandlungsende erhoben, als Behandlungsende wurde in diesem Fall der Zeitpunkt des katamnestischen Untersuchungstermins gewählt MBAS: Marburger Beurteilungsskala zum Asperger-Syndrom (Kamp-Becker et al., 2005) Bei der Marburger Beurteilungsskala zum Asperger-Syndrom handelt es sich um ein Screening-Verfahren für Kinder und Jugendliche zwischen 6,0 und 20,0 Jahren, bei denen der Verdacht auf eine autistische Störung auf hohem Funktionsniveau besteht. Der Aufbau und die 65 Fragen orientieren sich an den diagnostischen Kriterien der gebräuchlichen Klassifikationsssysteme ICD-10 und DSM-IV. Zusätzlich werden weitere relevante Symptome abgefragt. Der Fragebogen umfasst die folgenden drei Symptombereiche: (1) Qualitative Beeinträchtigung: Soziale Interaktion (Kontaktverhalten, soziale Motivation, Theory of Mind, Nonverbales Verhalten, Mangel an geteilter Freude/ sozioemotionale Gegenseitigkeit), (2) Qualitative Beeinträchtigung: Kommunikation (Intonation, Sprechweise, Sprachverständnis, Verständnis sozialer Regeln, Spielverhalten), (3) Begrenzte, repetitive und stereotype Verhaltensweisen, Interessen und Aktivitäten 49 Stichproben- und Datenerhebung (Sonderinteressen, Veränderungsängste/ Zwänge, Motorik, Manierismen, sensorische Interessen). Eine enge Bezugsperson schätzt die Symptomatik auf einer 5-stufigen Ratingskala ein (Items 1-58). Die Fragen beziehen sich zum Teil auf den aktuellen Zustand, zum Teil auf die Symptomatik im 4. bis 5. Lebensjahr. Zur weiteren Differenzierung innerhalb der AutismusSpektrum-Störungen werden zusätzlich Fragen (Items 59 bis 65) zum Sprachbeginn, zu Sprachauffälligkeiten und zu kognitiven Beeinträchtigungen gestellt. Die Auswertung erfolgt über den Summenwert der als auffällig kodierten Items. Die interne Konsistenz der gesamten Skala ist als sehr hoch zu bewerten (Cronbachs α =. 91). Es liegt eine konvergente Validität der Ergebnisse aus der MBAS und dem ADI-R vor (r = 0.61, p < .01). Bei einer Sensitivität von 95,5% und einer Spezifität von 95,7% kommt es nur zu wenigen Fehlklassifikationen. Die Bearbeitungsdauer beträgt circa 10 bis 15 Minuten. FSK: Fragebogen zur sozialen Kommunikation (Rutter, Bailey, Berument, Lord, & Pickles, 2001; Bölte et al., 2005) Hierbei handelt es sich um die deutsche Fassung des Social Communication Questionnaire (SCQ) (Rutter, Bailey, Berument, Lord, & Pickles, 2001). Der FSK ist ein aus dem Diagnostischen Interview für Autismus - Revidiert (ADI-R) abgeleiteter ScreeningFragebogen. Er dient der Erfassung von abnormen sozialen Interaktions- und Kommunikationsmustern sowie stereotypen Verhaltensweisen im Vorfeld einer ausführlichen klinischen Diagnostik. Der Einsatz erfolgt bei Personen mit Verdacht auf eine Störung aus dem autistischen Spektrum ab einem Alter von 4,0 Jahren. Die Anwendung des FSK ist ab einem Alter von 2,0 Jahren möglich, falls das Intelligenz-/ Entwicklungsniveau altersentsprechend ist. Der FSK ist ein 40 binäre Items umfassendes Screening-Instrument. Es liegt eine LebenszeitFassung sowie eine Aktuell-Fassung zur Einschätzung des Verhaltens in den letzten drei Monaten vor. 50 Stichproben- und Datenerhebung ADOS: Diagnostische Beobachtungsskala für Autistische Störungen (Lord, Rutter, DiLavore, & Risi, 2001; Ruehl et al., 2004) Das ADOS ist ein strukturiertes Verfahren zur Erfassung von Kommunikation, sozialer Interaktion und Spielverhalten oder Fantasiespiel mit Gegenständen bei Menschen (Kindern wie Erwachsenen), bei denen das Vorliegen einer autistischen Störung oder einer anderen tiefgreifenden Entwicklungsstörung vermutet wird. Die Diagnostische Beobachtungsskala für Autistische Störungen (ADOS) ist ein zuverlässiges, valides und klinisch sehr anschauliches Verfahren zur Abklärung und Klassifikation von qualitativen Auffälligkeiten der sozialen Interaktion und reziproken Kommunikation im Sinne des Autismus. In Abhängigkeit vom Alter und Sprachniveau des jeweiligen Patienten wird eine von vier Untersuchungsstrategien (Modulen) gewählt, um anhand von gezielt inszenierten spielerischen Elementen, Aktivitäten und Gesprächen für die Diagnose des Autismus relevante Sachverhalte und Symptome prüfen zu können. Die Ergebnisse der ADOS werden anhand der von den Patienten erreichten Punkte ermittelt, es können 3 unterschiedliche Diagnosen vergeben werden: „Autismus“, „Autismus-SpektrumStörung“ und „Keine Störung aus dem autistischen Formenkreis“. Der kritische Wert (= Cutoff-Wert), der mindestens erreicht werden muss, um die Diagnosen „Autismus“, oder „Autismus-Spektrum-Störung“ zu erhalten, ist abhängig von Alter und Sprachniveau des Patienten. Interrater- und Retestreliabilität sind sowohl auf Diagnosen- (kappaw = 1.00 bzw. .62) als auch auf Skalenebene (rtt = .84 bzw. .79) gut. Ebenso zufriedenstellend sind die internen Konsistenzen der Algoritmusskala Kommunikation und soziale Interaktion der Module 1 bis 4 α = .78 bis .89). Die Diagnosekonvergenz mit dem Diagnostischen Interview für Autismus Revidiert (ADI-R) lag bei 79% (kappaw = .23), bei gleichermaßen moderater Korrelation der korrespondierenden Subskalen der Verfahren (rtc = .31 bis .45). Die Übereinstimmung von ADOS und klinischer Konsensusdiagnose liegt bei 77% (kappaw = .37), bei einer Sensitivität des Verfahrens von 90,4% und einer Spezifität von 48,1% für die Diskrimination von Autismus und anderen autistischen Störungen. 51 Stichproben- und Datenerhebung ADI-R: Diagnostisches Interview für Autismus - Revidiert (Rutter, LeCouteur, & Lord, 2003 ; Boelte et al. 2005) Das ADI-R wird für Kinder, Jugendliche und Erwachsene mit Verdacht auf eine Störung aus dem autistischen Spektrum ab einem Entwicklungsalter von 2; 0 Jahren eingesetzt. Das ADI-R eignet sich sowohl zur psychiatrischen Statusdiagnostik als auch zur Interventionsplanung. Es beinhaltet 93 Items zur frühkindlichen Entwicklung, zu Spracherwerb und möglichem Verlust von sprachlichen Fertigkeiten, verbalen und nonverbalen kommunikativen Fähigkeiten, Spiel- und sozialem Interaktionsverhalten, stereotypen Interessen und Aktivitäten sowie komorbiden Symptomen (Aggression, Selbstverletzung, Epilepsie). Informanten sind in der Regel die Eltern oder seltener andere Bezugspersonen, die mit der Entwicklung und aktuellen Symptomatik des Probanden sehr gut vertraut sind. Die Auswertung und Interpretation der Ergebnisse erfolgt über die Verrechnung einer Auswahl von Items in einem empirisch generierten diagnostischen Algorithmus, der sich streng an den Richtlinien zur klinischen Klassifikation nach ICD-10 und DSM-IV-TR orientiert. Anhand von erreichten kritischen Werten (= Cut-Off) in den ADI-R Bereichen A, B, C und D können folgende Befunde ermittelt werden: Negativer Befund: „Keine Störung aus dem autistischen Spektrum“ = keine Domäne erreicht kritischen Wert, Positiver Befund: „Störung aus dem autistischen Spektrum“ = alle Domänen erreichen kritischen Wert, oder „gemischter Befund“ = z.B nur eine Verhaltensdomäne erreicht kritischen Wert. Die Interrater-Reliabilität der Algorithmus-Items: Kappa = .31 bis .95. Interraterreliabilität der ADI-R-Subskalen (soziale Interaktion, Kommunikation, Stereotypien, abnorme Entwicklung): Kappa = .75 bis .84. Interne Konsistenz der Subskalen: Cronbachs α = .64 bis α = .91. Weitere Reliabilitätsstudien (z.B. Retest-Reliabilität) zur englischen Originalfassung und anderssprachigen Adaptationen liegen vor. Das ADI-R ist aufgrund seiner Ableitung von der ICD-10 und dem DSM-IV ein kontentvalides Verfahren. Der diagnostische Algorithmus besitzt eine hohe diskriminative Kraft in Bezug auf die Abgrenzung von Autismus-SpektrumStörungen und anderen psychiatrischen Störungen. Durch Hinzunahme von Iteminformationen, die außerhalb des Algorithmus liegen, kann ferner zuverlässig die Differenzialdiagnostik von tiefgreifenden Entwicklungsstörungen untereinander erfolgen. Für die deutschsprachige Fassung liegen separate Untersuchungen zur diagnostischen Validität des ADI-R in Bezug auf Sprachentwicklungsstörungen vor. Darüber hinaus wurde die faktorielle Validität geprüft. Die Diagnosekonvergenz der deutschsprachigen Versionen des 52 Stichproben- und Datenerhebung ADI-R und der Diagnostischen Beobachtungsskala für Autistische Störungen (ADOS) beträgt 76,0%. CFT 20-R: Grundintelligenztest Skala 2-Revision (Weiss, 2006) Der CFT 20-R erfasst das allgemeine intelektuelle Niveau (Grundintelligenz) im Sinne der „general fluid ability“ nach Cattell. Hierbei wird die Fähigkeit überprüft, figurale Beziehungen und formal-logische Denkprobleme mit unterschiedlichem Komplexitätsgrad zu erkennen und innerhalb einer bestimmten Zeit zu verarbeiten. Dies geschieht mittels sprachfreier und anschaulicher Testaufgaben. Der CFT 20-R kann bei Kindern und Jugendlichen im Alter von 8,5 bis 19 Jahren eingesetzt werden. Der Test besteht aus zwei gleichartig aufgebauten Testteilen mit 4 Untertests (Reihenfortsetzen, Klassifikationen, Matritzen und topologische Schlussfolgerungen). Die faktorielle Validität des CFT 20-R zeigt sich in hohen Ladungen aller 4 Subtests auf dem Faktor „general fluid ability“. Die Korrelationen mit anderen Intelligenztests (z.B. PSB, HAWIK, CPM, WIP) liegen im Durchschnitt für den CFT 20 bei r = .64 und reichen von r = .57 bis r = .73. CPM: Coloured Progressive Matrices (Raven, 2002) Die Coloured Progressive Matrices (CPM) wurden zur sprachfreien Erfassung des allgemeinen Intelligenzpotentials entwickelt. Sie eignen sich gut zur Anwendung bei Personen, die die deutsche Sprache weder ausreichend noch verstehen, bei Personen, die unter körperlicher Behinderung, Aphasie oder Cerebralparese leiden oder gehörlos sind und bei geistig behinderten Personen, bei denen ein Nachlassen der intellektuellen Fähigkeiten unterstellt werden kann. Die CPM kann mit Kindern zwischen 3,9 bis 11,8 Jahren durchgeführt werden. Der Test besteht aus 36 Items in 3 Sets zu je 12 Items und ist so angeordnet, dass die wichtigsten kognitiven Prozesse, die Kinder im Alter unter 11 Jahren im Allgemeinen beherrschen, gemessen werden können. Der Test kann mittels eines Testheftes vorgelegt werden oder in der „Board-Form“, einer Version des Tests, die das Einfügen der Antwortmöglichkeiten nach Art eines Puzzles erlaubt. Die Board-Form ermöglicht 53 Stichproben- und Datenerhebung unabhängig von ethnischer Zugehörigkeit und Sprache eine verständliche Demonstration der Testaufgaben und ist darüber hinaus einer der wenigen Tests, die mit zufrieden stellenden Ergebnissen bei Personen mit Teillähmungen, Taubheit oder Sprachstörungen angewendet werden können. Verschiedene Untersuchungen belegen eine Halbierungsreabilität von r= .85 bis .90 für unterschiedliche Länder und Altersstufen der Kinder. Höhere Werte werden bei älteren, etwas niedrigere bei jüngeren Kindern gefunden. Für die Testwiederholung im Abstand von ein bis zwei Wochen wurden Werte von r= .86 bis r= .90 ermittelt. Der Faktor „simultanes Verarbeiten“ wird mit Ladungen zwischen .75 und .85 erfasst. Diagnostische Kriterien für Multiple-Complex Developmental Disorder (MCDD) (Buitelaar & van der Gaag, 1998) Diese als methodische Anleitung zu Forschungszwecken vorliegenden Kriterien wurden zunächst innerhalb der Abteilung in eine deutschsprachige Version übersetzt. Während des Studientermins wurden die Kriterien im Anschluss an das ADI-R bei den Bezugspersonen abgefragt, es handelt sich nicht um eine Selbstauskunft der Patienten. 1. Beeinträchtigungen in der Regulation von affektiven Zuständen bzw. Angst [Impairment in regulation of affective state and anxiety as manifested by at least one of the following:] a) generalisierte Ängstlichkeit, diffuse Anspannungen/ Spannungen oder Erregbarkeit [generalized anxiety ,diffuse tension, or irritability] b) Ängste und Phobien (eingeschlossen Schulphobie) [fears and phobias (including school phobia)] c) Panikattacken, panische Angst oder „von Ängsten überrollt werden“ [panic episodes, terror, or „flooding with anxiety”] d) Minuten bis Tage andauernde Verhaltensauffälligkeiten oder Regressionen mit Auftreten von deutlich unreifem/ unpassenden Verhalten [episodes (lasting from minutes to days) of behavioral disorganization or regression with the emergence of markedly immature behavior] e) deutliche emotionale Labilität, die auch durch umgebungsbedingte Einflüsse ausgelöst werden kann [significant emotional lability (variability) with or without environmental precipitants] 54 Stichproben- und Datenerhebung 2. Beeinträchtigungen im Sozialverhalten/ soziales Gespür [Impairments in social behavior and social sensitivity including at least one of the following:] a) Gleichgültigkeit/Desinteresse am sozialen Umfeld, Vermeidungsverhalten bzw. Rückzug bei Konfrontation, bei sozialer Interaktion, besonders auch im Umgang mit den Eltern [social disinterest, detachement, avoidance or withdrawal in the face of evident competence (at times) of social engagement, particularly with parents] b) Unfähigkeit Freundschaften aufzubauen und zu pflegen [inability to initiate or maintain peer relationships] c) Gestörte Beziehung zu Erwachsenen, besonders zu Eltern, gekennzeichnet durch Klammern, übermäßige Kontrolle (Eltern dürfen nichts ohne das Kind erledigen, unselbstständiges Verhalten (nichts kann ohne die Hilfe der Eltern erledigt werden), aggressives Verhalten, oppositionelles Verhalten, ambivalentes Verhalten mit einem Wechselspiel zwischen „Liebe und Hassgefühlen“ gegenüber Eltern, Lehrern und Therapeuten. [disturbed attachments to adults ,particularly parents ,as manifested by clinging ,overly controlling ,needful behavior and/or aggressive ,oppositional behavior, ambivalence, and “splitting” with shifting love-hate behavior toward parent, teacher, or therapist] 3. Kognitives Verarbeitungsdefizite (Denkstörungen) [Impaired cognitive processing (thinking disorder) including at least one of the following to a degree not found in children of the same developmental level:] (a) Denkstörung: beinhaltet “magisches Denken“, irrationale Gedanken, plötzliche Intrusionen im Denkprozess [thought problems, including magical thinking, irrationality, sudden intrusions on normal thought process] b) Probleme Realität und Fantasie auseinanderzuhalten [confusion between reality and fantasy] (c) Ratlos und leicht verwirrbar im sozialen Miteinander/ Gedankenabreißen („den roten Faden verlieren“) [perplexity and easy confusability (trouble with understanding ongoing social processes and keeping one’s thoughts “straight”)] (d) Wahnvorstellungen, beinhaltet Größenwahnfantasien, Beschäftigung mit paranoiden Denkinhalten und übermäßige Beschäftigung mit Fantasieinhalten/ Fantasiefiguren 55 Stichproben- und Datenerhebung [delusions, including fantasies of personal omnipotence, paranoid preoccupations, and overengagement with fantasy figures] 4. Beim Patienten wurde kein Autismus diagnostiziert. 5. Symptome bestehen mindestens seit 6 Monaten. Um eine Zuordnung der Symptome zum Komplex der Multiple-Complex Developmental Disorder (MCDD) vornehmen zu können müssen folgende Kriterien erfüllt sein:Insgesamt mehr als 5 oder mehr Symptome aus den Bereichen 1,2 und 3, wobei mindestens 1 Symptom aus Bereich 1, mindestens 1 Symptome aus Bereich 2 sowie 1 Symptom aus Bereich 3 stammen soll. 3.3 Statistische Auswertung Nach Beendigung der Katamnese-Untersuchungen wurden die gesammelten Daten innerhalb der Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters mit Hilfe des Statistical Analysis System (SAS) ausgewertet. Um die beiden Stichproben bei möglichen Unterschieden auf statistisch signifikante Effekte untersuchen zu können, wurden einfaktorielle Varianzanalysen (ANOVA) sowie Fishers exakter Test (Fragestellung zweiseitig) gerechnet. 3.4 Ethikkommission Die Durchführung der Katamnese-Untersuchung und der damit verbundene Einsatz der beschriebenen Instrumente wurden von der Ethikkommission der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg (Votum-Nr. 192/06) genehmigt. Die Erlaubnis zur statistischen Auswertung der Patientendaten wurde im informed-consent Verfahren eingeholt. 56 Ergebnisse 4. Ergebnisse 4.1 Beschreibung der Stichprobe 4.1.1 Alter und Geschlecht Die vorliegende Gesamtstichprobe von 40 Patienten setzt sich aus 8 (20,0%) weiblichen und 32 (80,0%) männlichen Personen zusammen. Die Gesamtstichprobe aus 40 Patienten wurde in eine Gruppe von 12 Patienten mit einem High-Functioning-Autismus (HFA), sowie in eine Gruppe von 28 Patienten mit einem Low-Functioning-Autismus (LFA) unterteilt. Das Alter zum Untersuchungszeitpunkt lag bei der Gesamtstichprobe für die weiblichen Personen im Mittel bei 8,7 ± 4,7 Jahren (Minimum 3,9 Jahre, Maximum 16,3 Jahre) und für die männlichen Personen bei 12,1 ± 6,5 Jahren (Minimum 3,9 Jahre, Maximum 37,9 Jahre). Für die Gesamtstichprobe ergab sich ein Mittelwert von 11,4 ± 6,5 Jahren (Minimum 3,9 Jahre, Maximum 37,9 Jahre; s. Tabelle 1). Tabelle 1. Alter zum Zeitpunkt der Katamnese WEIBLICH (N=8) MÄNNLICH (N=32) GESAMT (N=40) M SD MIN MAX 8,7 4,7 3,9 16,3 12,1 6,5 3,9 37,9 11,4 6,3 3,9 37,9 HFA- Stichprobe Die Gruppe der HFA setzt sich aus einer Stichprobengröße bestehend aus einer (8,3%) weiblichen Person und elf (91,7%) männlichen Personen zusammen. Das Geschlechterverhältnis dieser Stichprobe entspricht somit 11:1. Das Alter zum Untersuchungszeitpunkt lag bei dieser Stichprobe für die weibliche Person bei 16,3 Jahren, für die männlichen Personen im Mittel bei 16,4 ± 8,5 Jahren (Minimum 7,5 Jahre, Maximum 37,9 Jahre; s. Tabelle 1a). Der männliche Stichprobenanteil zeigt eine homogene Altersstruktur mit einer Altersspanne von 7-21 Jahren, lediglich ein Patient zeigt ein deutlich abweichendes Alter von fast 38 Jahren. 57 Ergebnisse Tabelle 1a. Alter zum Zeitpunkt der Katamnese für die HFA-Stichprobe M SD MIN MAX WEIBLICH (N=1) 16,3 - 16,3 16,3 MÄNNLICH (N=11) 16,4 8,5 7,5 37,9 GESAMT (N=12) 16,4 8,1 7,5 37,9 LFA-Stichprobe Die Gruppe der LFA setzt sich aus einer Stichprobengröße bestehend aus 28 Personen zusammen, davon sieben (25,0%) weibliche Personen und 21 (75,0%) männliche Personen. Das Geschlechterverhältnis für die LFA-Stichprobe betrug somit 3:1. Das Alter zum Untersuchungszeitpunkt lag für die weiblichen Personen im Mittel bei 7,6 ± 3,8 Jahren (Minimum 3,9 Jahre, Maximum 14,9 Jahre) und für die männlichen Personen im Mittel bei 9,9 ± 3,7 Jahren (Minimum 3,9 Jahre, Maximum 18,9 Jahre; s. Tabelle 1b). Tabelle 1b. Alter zum Zeitpunkt der Katamnese für die LFA-Stichprobe M SD MIN MAX WEIBLICH (N=7) 7,6 3,8 3,9 14,9 MÄNNLICH (N=21)) 9,9 3,7 3,9 18,9 GESAMT (N=28) 9,3 3,8 3,9 18,9 Zwischen dem Alter beider Stichproben konnte mittels einfaktorieller Varianzanalyse (ANOVA) ein signifikanter Unterschied nachgewiesen werden (F (1, 38) = 14.31, p<.001). 4.1.2 Intelligenzniveau Zur Einschätzung des Intelligenzniveaus wurden zunächst die in den Patientenblättern vorliegenden Intelligenztestungen verwendet. Lag die letzte Intelligenztestung länger als ein Jahr zurück, so wurde am Untersuchungstermin eine orientierende Leistungsdiagnostik mittels des CFT-20 bzw. des CPM durchgeführt. Für insgesamt 20 Personen der Gesamtstichprobe (n= 40) konnte das Intelligenzniveau über eine standardisierte Leistungsdiagnostik ermittelt werden. Tabelle 2 zeigt den Mittelwert der zeitlich zuletzt durchgeführten Leistungsdiagnostik sowie den Mittelwert der zeitlich zuletzt durchgeführten ausführlichen Leistungsdiagnostik. 58 Ergebnisse Das Intelligenzniveau der mit einer ausführlichen Leistungsdiagnostik untersuchten Patienten lag im Mittel bei 76 ± 19,7. Alle Patienten, bei denen eine Leistungsdiagnostik ohne Schwierigkeiten durchführbar war, erreichten Ergebnisse, die einen IQ von 45 nicht unterschritten (Bereich der mittelgradigen Intelligenzminderung). Tabelle 2 Intelligenzniveau n=20a) IQ letzter Test b) IQ mittlerer Test c) IQ ausführlicher Test d) Gesamtstichprobe HFA LFA M±SD M±SD M±SD (Min –Max) (Min –Max) (Min –Max) 76,6±20,6 90,1±14,9 56,5±5,0 (49-113) (72-113) (49-63) 75,8±19,1 87,8±14,2 57,7±6,8 (47,5-113) (72-113) (47,5-67) 76±19,7 88,8±13,3 56,6±13,3 (45-113) (72-113) (45-71) a) Angabe als IQ-Wert, Populationswert (M = 100, SD = 15) b) IQ-Wert der pro Person zeitlich zuletzt durchgeführten Leistungsdiagnostik c) Mittelwert aller pro Patient vorliegenden IQ-Werte d) IQ-Wert der zeitlich zuletzt durchgeführten, ausführlichen Leistungsdiagnostik Abbildung 3 zeigt die IQ-Bereiche der mit einer ausführlichen Leistungsdiagnostik getesteten Patienten (n=20). 59 Ergebnisse Abbildung3: IQ-Bereiche der Gesamtstichprobe im Vergleich zur Normalverteilung Intelligenzniveau HFA-Stichprobe Innerhalb der HFA-Stichprobe lag für alle zwölf Patienten eine ausführliche Leistungsdiagnostik vor, bzw. für diese Patienten konnte am Untersuchungstermin mittels einer orientierenden Leistungsdiagnostik eine aktuelle Einschätzung ihres Intelligenzniveaus vorgenommen werden. Das Intelligenzniveau der ausführlichen Leistungsdiagnostik lag im Mittel bei 88,8 ± 13,3. Bei insgesamt fünf (41,7%) Patienten lag das Ergebnis der Intelligenztestung im Bereich der durchschnittlichen Intelligenz, das beste Ergebnis wurde mit einem Gesamt-IQ von 113 erzielt. Bei sieben (58,3%) Patienten lag das Intelligenzniveau im Bereich der niedrigen Intelligenz (s. Tabelle 3a). Statistisch weicht die IQ-Verteilung der HFA-Stichprobe signifikant von der Normalverteilung ab (Kolmogorov-Smirnov–Test: D=0.49, p<.004). Zudem weicht der empirische Mittelwert signifikant von dem Populationsparameter µ=100 ab (t-Test: t (11) = -2.96, p<.0, 02) (s. Abbildung 4). 60 Ergebnisse Abbildung 4: IQ-Verteilung der HFA-Stichprobe im Vergleich zur Normalverteilung Intelligenzniveau LFA-Stichprobe Für acht (28,6%) Patienten lag eine ausführliche Leistungsdiagnostik vor. Hier lag das Intelligenzniveau im Mittel bei 56,6 ± 13,3 (s. Tabelle 2b). Bei sechs (75,0%) Patienten lag ein Intelligenzniveau im Bereich der leichten Intelligenzminderung vor, zwei (25,0%) Patienten wiesen eine mittelgradige Intelligenzminderung auf (s. Tabelle 3). Bei 20 (71,4%) Patienten aus der LFA-Stichprobe war eine orientierende Leistungsdiagnostik aufgrund der Schwere der autistischen Symptomatik (u.a. mit fehlender Kooperation und Motivation) am Untersuchungstermin nicht möglich, zudem lagen in den Patientenblättern teilweise nur Untertests ausführlicherer Leistungstestungen vor, da die oben beschriebene Problematik auch in der Vergangenheit aufgetreten war. Die vorliegenden Untertests wurden zusammen mit der klinischen Präsentation der Personen zur Einschätzung des Intelligenzniveaus verwendet. Die Einschätzung des Intelligenzniveaus erfolgte durch eine auf dem Gebiet der tiefgreifenden Entwicklungsstörungen erfahrene Fachärztin für Kinderund Jugendpsychiatrie. Vier (20,0%) Patienten wurden dem Bereich einer leichten 61 Ergebnisse Intelligenzminderung zugeordnet, 15 (75,0%) Patienten wurden dem Bereich einer mittelgradigen Intelligenzminderung zugeordnet und eine Patientin dem Bereich der schweren Intelligenzminderung (s. Tabelle 3). Tabelle 3. IQ-Bereiche für HFA (IQ > 70) und LFA (IQ < 70) HFA LFA Gemessen a) Gemessen a) Geschätzt a) n % n % n % Durchschnittliche Intelligenz (IQ 85 - 114) 5 41,7 - - - - Niedrige Intelligenz (IQ 70 - 84) 7 58,3 - - - - Leichte Intelligenzminderung (IQ 50 - 69) - - 6 75 4 20 Mittelgradige Intelligenzminderung (IQ 35 - 49) - - 2 25 15 75 Schwere Intelligenzminderung (IQ >35) - - - - 1 5 12 100 8 100 20 100 Gesamt a) Die für diese Tabelle verwendeten IQ-Werte sind die Mittelwerte aller pro Patient vorliegenden IQ-Werte 4.1.3 Körperliche Symptomatik Bezüglich körperlicher Erkrankungen konnte innerhalb der HFA-Stichprobe keine Häufung einzelner Erkrankungen dokumentiert werden, hier wurde einmalig über familiären Minderwuchs berichtet, ein Patient war ein ehemaliges Zwillingsfrühgeborenes der 28. SSW Innerhalb der LFA-Stichprobe wurde einmalig über das Auftreten einer Schrumpfniere sowie einer Hypothyreose berichtet. Hier fand sich jedoch eine Häufung von ehemaligen Frühgeborenen unter vier (14,2%) Patienten, sowie das Auftreten von Epilepsie bei drei (10,7%) Patienten. 62 Ergebnisse 4.2 Diagnostische Kriterien nach ICD-10 und DSM-IV 4.2.1 Ergebnisse des FAI: Auftretenshäufigkeiten und -zeitpunkte der diagnostischen Kriterien Die nun folgenden Ergebnisse beschreiben die Auftretenshäufigkeiten und Auftretenszeitpunkte der diagnostischen Kriterien des Frühkindlichen Autismus nach ICD-10 und DSM-VI durch Einschätzung der Eltern bzw. Bezugspersonen. Die Einteilung erfolgte gemäß den Kriterien in die Bereiche „Qualitative Beeinträchtigung der sozialen Interaktion“, „Beschränkte, repetitive und stereotype Verhaltensweisen, Interessen und Aktivitäten“ und „Qualitative Beeinträchtigung der Kommunikation“. Die Auftretenszeitpunkte wurden in vier Zeitintervalle eingeteilt: Vor-Kindergartenalter (0-2;11 Jahre), Kindergartenalter (3-5;11 Jahre), Grundschulalter (6-10;11 Jahre) und Nach-Grundschulalter (ab 11;0 Jahre). 4.2.1.1 Qualitative Beeinträchtigungen der sozialen Interaktion Die Auftretenshäufigkeiten der Kriterien im Bereich „Qualitative Beeinträchtigung der sozialen Interaktion“ sind in Tabelle 4 für die HFA-Stichprobe, aufgeführt, in Tabelle 4a finden sich die entsprechenden Daten für die LFA-Stichprobe. Die Auftretenszeitpunkte der einzelnen Kriterien werden in Tabelle 5 für die HFA-Stichprobe dargestellt, Tabelle 5a gibt die Ergebnisse für die LFA-Stichprobe wieder. Das Kriterium „Mangel, spontan Freude, Interessen oder Erfolge mit anderen zu teilen“ traf bei einem Drittel der Patienten aus der HFA-Stichprobe (s. Tabelle 4) nicht zu, lediglich 1 Patient stammt aus der LFA-Stichprobe. Im „Bereich qualitative Beeinträchtigung der sozialen Interaktion“ ist dieses Kriterium somit das einzige, welches nicht nahezu bei allen Patienten auftritt. Der Auftretenszeitpunkt dieses Kriteriums lag bei 6 Patienten aus der HFA-Stichprobe bereits im Vor-Kindergartenalter, bei 5 Patienten trat dieses Kriterium im Kindergartenalter auf (s. Tabelle 5a), ein Patient aus dieser Stichprobe zeigte zu keinem Zeitpunkt den Einsatz nonverbaler Verhaltensweisen. Im Gegensatz dazu zeigten alle Patienten der LFA-Stichprobe dieses Verhalten. Der Auftretenszeitpunkt dieses Kriteriums lag bei 10 Patienten aus der LFA-Stichprobe im Vor-Kindergartenalter, bei 18 Patienten im Kindergartenalter (s. Tabelle 5b). Der Auftretenszeitpunkt dieses Kriteriums liegt somit sowohl in der HFA- als auch in der LFA-Stichprobe bei der Mehrzahl der Patienten im Kindergartenalter (s. Tabelle 5 und 5a). 63 Ergebnisse Tabelle 4. Beeinträchtigung der sozialen Interaktion: Auftretenshäufigkeiten der diagnostischen Kriterien, HFA (n=12) und LFA (n=28) HFA Nonverb. Verhaltensweisen a) Freunde b) Geteilte Freude c) Gegenseitigkeit d) LFA Jemals aufgetreten n % Niemals augetreten n % Jemals aufgetreten n % Niemals aufgetreten n % 11 91,7 1 8,3 28 100 0 0 12 100 0 0 28 100 0 0 8 66,7 4 33,3 27 96,4 1 3,6 12 100 0 0 28 100 0 0 a) Kriterium „Beeinträchtigung im Gebrauch vielfältiger nonverbaler Verhaltensweisen“ b) Kriterium „Unfähigkeit, entwicklungsgemäße Beziehungen zu Gleichaltrigen aufzubauen“ c) Kriterium „Mangel, spontan Freude, Interessen oder Erfolge mit anderen zu teilen“ d) Kriterium „Mangel an sozio-emotionaler Gegenseitigkeit“ Tabelle 5. Beeinträchtigung der sozialen Interaktion: Zeitliches Auftreten der Kriterien für die HFAStichprobe Nonverbale V. a) Freundeb) Geteilte Freudec) Gegenseitigkeit d) n % e) n % e) n % e) n % e) Vor-Kindergartenalter 6 54,5 5 41,7 3 37,5 5 41,7 Kindergartenalter 5 45,5 7 58,3 5 62,5 7 58,3 Gesamt 11 12 8 12 a) Kriterium „Beeinträchtigung im Gebrauch vielfältiger nonverbaler Verhaltensweisen“ [n=11 f] b) Kriterium „Unfähigkeit, entwicklungsgemäße Beziehungen zu Gleichaltrigen aufzubauen“ [n=12 f] c) Kriterium „Mangel, spontan Freude, Interessen oder Erfolge mit anderen zu teilen“ [n=8 f] d) Kriterium „Mangel an sozio-emotionaler Gegenseitigkeit“ [n=12 f] e) Prozentangaben beziehen sich auf die Anzahl der Patienten, die Angaben zum zeitlichen Auftreten des jeweiligen Kriteriums gemacht haben f) In eckigen Klammern ist die Anzahl der Patienten angegeben, die Angaben zum zeitlichen Auftreten des jeweiligen Kriteriums gemacht haben 64 Ergebnisse Tabelle 5a. Beeinträchtigung der sozialen Interaktion: Zeitliches Auftreten der Kriterien für die LFAStichprobe Nonverbale V. a) Freundeb) Geteilte Freudec) Gegenseitigkeitd) n % e) n % e) n % e) n % e) Vor-Kindergartenalter 10 35,7 5 17,8 7 25,9 7 25,0 Kindergartenalter 18 64,3 22 82,2 20 74,1 21 75,0 Gesamt 28 28 27 28 f a) Kriterium „Beeinträchtigung im Gebrauch vielfältiger nonverbaler Verhaltensweisen“ [n=28 ] b) Kriterium „Unfähigkeit, entwicklungsgemäße Beziehungen zu Gleichaltrigen aufzubauen“ [n=28 f] c) Kriterium „Mangel, spontan Freude, Interessen oder Erfolge mit anderen zu teilen“ [n=27 f] d) Kriterium „Mangel an sozio-emotionaler Gegenseitigkeit“ [n=28 f] e) Prozentangaben beziehen sich auf die Anzahl der Patienten, die Angaben zum zeitlichen Auftreten des jeweiligen Kriteriums gemacht haben f) In eckigen Klammern ist die Anzahl der Patienten angegeben, die Angaben zum zeitlichen Auftreten des jeweiligen Kriteriums gemacht haben Zusammenfassend lässt sich sagen, dass nicht alle Symptome dieses diagnostischen Kriteriums vor dem 3. Lebensjahr vollständig ausgeprägt waren. Bestimmte Symptome wurden zumindest für die Bezugspersonen der HFA-Stichprobe als auch der LFA-Stichprobe zu einem späteren Zeitpunkt, in den meisten Fällen im Kindergartenalter (3-5 Jahre) manifest. 4.2.1.2 Qualitative Beeinträchtigungen der Kommunikation Vergleicht man die Ergebnisse der beiden Stichproben miteinander so werden folgende Unterschiede deutlich: Ein verzögertes Einsetzen der Sprachentwicklung (Definition lt. ADI-R (Rutter, 2003): Nach dem 24. Lebensmonat erste Worte, nach dem 33. Lebensmonat funktionaler Gebrauch von Zwei- oder Dreiwortsätzen) wird in der HFA-Stichprobe für alle Patienten berichtet. In der LFA-Stichprobe traf diese Definition nur für die Hälfte der Patienten zu (n=14), die andere Hälfte zeigte zum Katamnesezeitpunkt keine Sprachentwicklung im o.g. Sinne und musste daher als nicht-sprechend klassifiziert werden. Innerhalb der LFA-Patientengruppe mit einer verzögerten Sprachentwicklung ließen sich zudem Unterschiede in der entwickelten Sprache beobachten: Nur drei Patienten zeigten zum Katamnesezeitpunkt eine flüssige Sprache, die im befriedigenden Maße zur Kommunikation eingesetzt werden konnte, elf Patienten zeigten eine reduzierte Sprache, d.h. das erlangte Sprachniveau konnte lediglich zur Befriedigung basaler Bedürfnisse eingesetzt werden (Nahrungsaufnahme, Willens- und Wunschäußerungen, etc.), der kommunikative Aspekt war 65 Ergebnisse nur geringfügig ausgeprägt. Somit unterschied sich dieser Anteil der LFA-Stichprobe noch deutlich von den sprachlichen Fähigkeiten der HFA-Stichprobe. Innerhalb der Hälfte der LFA-Stichprobe, die zum Katamnesezeitpunkt als nicht-sprechend klassifiziert wurde, ließen sich folgende Beobachtungen machen: fünf Patienten zeigten die Entwicklung von verständlichen Lautäußerungen im Sinne von Echolalien und stereotypen Wortwiederholungen, jedoch nicht im kommunikativen Gebrauch. neun Patienten entwickelten keine solchen Fähigkeiten. Bei einem Patient dieser Gruppe, der zum Katamnesezeitpunkt keine Sprache zeigte, berichteten die Eltern über eine beginnende, leicht verzögerte Sprachentwicklung im Alter von drei Jahren; mit kurz darauf aufgetretenen epileptischen Anfällen sei es jedoch zu einer Regression der Sprachentwicklung gekommen, bereits erworbene sprachliche Fähigkeiten seien verloren gegangen. Die Ergebnisse der Auftretenshäufigkeiten der HFA-Stichprobe (n=12) sowie der LFAStichprobe (n=14) sind in Tabelle 6 dargestellt, die Auftretenszeitpunkte der einzelnen Kriterien werden in Tabelle 7 (HFA-Stichprobe) sowie Tabelle 7a (LFA-Stichprobe) dargestellt. Der Zeitraum des beobachteten Auftretens der verzögert erfolgten Sprachentwicklung wird innerhalb der HFA-Stichprobe bei jeweils über der Hälfte der Patienten in der Kindergartenzeit beobachtetet, ein kleiner Anteil entwickelte erst im Grundschulalter ein ausreichendes Sprachniveau (vgl. Tabelle 7). Innerhalb der LFA-Teilstichprobe (n=14), die eine verzögerte Entwicklung der Sprache gezeigt hatte, wurde ebenfalls bei über der Hälfte der Gruppe der Beginn der Sprachentwicklung im Kindergartenalter beobachtet. Das Kriterium „Deutliche Beeinträchtigung der Fähigkeit, ein Gespräch zu beginnen oder fortzuführen“ erfüllten in beiden Stichproben 100% der Patienten, bei denen die Eltern eine Angabe machen konnten. Innerhalb der HFA-Stichprobe war dies allen Eltern möglich, aus der LFA-Stichprobe (n=14) fehlen die Informationen bei zwei Patienten. Somit waren in beiden Stichproben die Patienten zum Katamnesezeitpunkt in der kommunikativen Anwendung ihrer vorhandenen sprachlichen Fähigkeiten deutlich beeinträchtigt, jedoch in unterschiedlicher Ausprägung. Aufgefallen war die beobachtete Beeinträchtigung in beiden Stichproben meist im Kindergartenalter. Bei allen Patienten der LFA-Teilstichprobe, die eine verzögerte Entwicklung der Sprache zeigten, wurde zu 100% auch ein repetitiver Gebrauch von Sprache beobachtet im Gegensatz zur HFA-Stichprobe, bei der dieses Merkmal laut Einschätzung der Bezugspersonen bei 75,0% der Patienten beobachtet wurde. Die Beobachtungen bezüglich des Auftretenszeitpunkts dieses Kriteriums zeigt ein homogenes Verteilungsprofil in beiden 66 Ergebnisse Stichproben. Bezüglich des Kriteriums „Fehlen von entwicklungsgemäßen Rollenspielen“ zeigt sich ein ähnliches Profil in beiden Stichproben: Sowohl in der HFA-Stichprobe als auch in der LFA-Stichprobe traf dieses Kriterium bei nahezu allen Patienten zu. Nach Einschätzung der Bezugspersonen zeigten lediglich zwei Patienten aus der HFA-Stichprobe und ein Patient aus der LFA-Stichprobe (n= 28) adäquate Rollenspiele. Zum Auftretenszeitpunkt dieses Kriteriums ist anzumerken, dass keine zeitlichen Angaben möglich waren, da nach dem Fehlen eines Kriteriums gefragt wurde. 67 Ergebnisse Tabelle 6. Beeinträchtigungen in der Kommunikation: Auftretenshäufigkeiten der diagnostischen Kriterien, HFA (n=12) und LFA (n=28) HFA LFA Jemals aufgetreten n % Niemals augetreten n % Jemals aufgetreten n % Niemals aufgetreten n % 12 100 - - 28 100 - - - - - - 14 50,0 - - 12 100 - - 14 50,0 - - 12 100 - - 12 f) 85,7 - - Repetitive Sprache 9 75,0 3 25,0 14 f) 100 - - Rollenspielef) 10 83,3 2 16,7 27 96,4 1 3,5 Sprache a) Völliges Ausbleiben b) c) Verzögertes Einsetzen Gespräch d) e) a) Kriterium „Verzögertes Einsetzen/ völliges Ausbleiben der Entwicklung gesprochener Sprache insgesamt“ b) Kriterium „Verzögertes Einsetzen der Entwicklung gesprochener Sprache“ c) Kriterium „Deutliche Beeinträchtigung der Fähigkeit, ein Gespräch zu beginnen oder fortzuführen d) Kriterium „Stereotyper oder repetitiver Gebrauch der Sprache oder idiosynkratische Sprache“ e) Kriterium „Fehlen von entwicklungsgemäßen Rollenspielen oder sozialen Imitationsspielen f) nur anwendbar, wenn Kriterium „Verzögertes Einsetzen der Entwicklung gesprochener Sprache“ erfüllt Tabelle 7. Beeinträchtigungen in der Kommunikation: Zeitliches Auftreten der Kriterien für die HFAStichprobe Sprache a) Gespräch b) Repet. Sprache c) Rollenspiele d) n % e) n % e) n % e) n Vor-Kindergartenalter 3 25,0 2 16,7 3 33,3 - - Kindergartenalter 7 58,3- 9 75,0 6 66,7 - - Grundschulalter 2 16,7- 1 8,3 0 0 - - Gesamt 12 - - 12 9 % a) Kriterium „Verzögertes Einsetzen / völliges Ausbleiben der Entwicklung gesprochener Sprache“ [n=12f] b) Kriterium „Deutliche Beeinträchtigung der Fähigkeit, ein Gespräch zu beginnen oder fortzuführen“ [n=12 ] c) Kriterium „Stereotyper oder repetitiver Gebrauch der Sprache oder idiosynkratische Sprache“ [n=9 ] d) Kriterium „Fehlen von entwicklungsgemäßen Rollenspielen oder sozialen Imitationsspielen“: da es sich um das Fehlen handelt, sind hier keine Angaben bezüglich des zeitlichen Auftretens des Fehlens möglich e) Prozentangaben beziehen sich auf die Anzahl der Patienten, die Angaben zum zeitlichen Auftreten des jeweiligen Kriteriums gemacht haben f) In eckigen Klammern ist die Anzahl der Patienten angegeben, die Angaben zum zeitlichen Auftreten des jeweiligen Kriteriums gemacht haben 68 Ergebnisse Tabelle 7a. Beeinträchtigungen in der Kommunikation: Zeitliches Auftreten der Kriterien für die LFAStichprobe Sprache a) Gespräch b) Repet. Sprache c) Rollenspiele d) n % e) n % e) n % e) n Vor-Kindergartenalter 3 21,4 0 0 4 28,6 - - Kindergartenalter 8 57,1 12 100 10 71,4 - - Grundschulalter 3 21,4 - - - - - - Gesamt 14 - - 12 14 % f a) Kriterium „Verzögertes Einsetzen der Entwicklung gesprochener Sprache “ [n=14 ] b) Kriterium „Deutliche Beeinträchtigung der Fähigkeit, ein Gespräch zu beginnen oder fortzuführen“ [n=12 f] c) Kriterium „Stereotyper oder repetitiver Gebrauch der Sprache oder idiosynkratische Sprache“ [n=14 f] d) Kriterium „Fehlen von entwicklungsgemäßen Rollenspielen oder sozialen Imitationsspielen“: da es sich um das Fehlen handelt, sind hier keine Angaben bezüglich des zeitlichen Auftretens des Fehlens möglich “ [n=28 f] e) Prozentangaben beziehen sich auf die Anzahl der Patienten, die Angaben zum zeitlichen Auftreten des jeweiligen Kriteriums gemacht haben f) In eckigen Klammern ist die Anzahl der Patienten angegeben, die Angaben zum zeitlichen Auftreten des jeweiligen Kriteriums gemacht haben 4.2.1.3 Beschränkte, repetitive und stereotype Verhaltensweisen, Interessen und Aktivitäten Tabelle 8 zeigt die Auftretenshäufigkeiten der Kriterien im Bereich „Beschränkte, repetitive und stereotype Verhaltensweisen, Interessen und Aktivitäten“ für die HFA-Stichprobe und die LFA-Stichprobe. Insgesamt zeigt sich ein unterschiedliches Profil der beiden Stichproben in Bezug auf die Kriterien „Auffällig starres Festhalten an bestimmten nichtfunktionalen Gewohnheiten oder Ritualen“, „Stereotype und repetitive motorische Manierismen“ und „Ständige Beschäftigung mit Teilen von Objekten“: Innerhalb der LFA-Stichprobe traten die Kriterien für „Objektteile“ sowie für „Manierismen“ bei nahezu allen Patienten auf, während das Kriterium „Rituale“ bei 60,0% der Patienten dieser Stichprobe nicht aufgetreten ist. Innerhalb der HFAStichprobe zeigt sich eine homogene Verteilung der einzelnen Kriterien, ausgenommen für das Kriterium „Sonderinteressen“. Für die Mehrzahl der Patienten trafen die genannten Kriterien zu, insbesondere das Kriterium „Rituale“ traf bei über der Hälfte der Patienten zu. Das Kriterium „Sonderinteressen“ zeigt in beiden Stichproben ein nahezu identisches Profil, für über 90% der Patienten beider Stichproben trifft dieses Kriterium zu. 69 Ergebnisse Tabelle 8. Beschränkte, repetitive und stereotype Verhaltensweisen, Interessen und Aktivitäten: Auftretenshäufigkeiten der diagnostischen Kriterien, HFA (n=12) und LFA (n=28) HFA Sonderinteressen a) Rituale b) Manierismen Objektteile c) d) LFA Jemals aufgetreten n % Niemals augetreten n % Jemals aufgetreten n % Niemals aufgetreten n % 12 100,0 0 0 26 92,8 2 7,2 7 58,3 5 41,7 11 39,3 17 60,7 8 66,7 4 32,3 27 96,4 1 3,6 7 58,3 5 41,7 27 96,4 1 3,6 a) Kriterium „Umfassende Beschäftigung mit einem oder mehreren stereotypen und begrenzten Interessen“ b) Kriterium „Auffällig starres Festhalten an bestimmten nichtfunktionalen Gewohnheiten oder Ritualen“ c) Kriterium „Stereotype und repetitive motorische Manierismen“ d) Kriterium „Ständige Beschäftigung mit Teilen von Objekten“ Tabelle 9 zeigt die Auftretenszeitpunkte der einzelnen Kriterien für die HFA-Stichprobe und Tabelle 9a für die LFA-Stichprobe. Auffällig ist auch in diesem Bereich, dass die Kriterien sowohl in der HFA-Stichprobe als auch in der LFA-Stichprobe bei der Mehrzahl der Kinder erst im Kindergartenalter zur Ausprägung gekommen sind, teilweise wurden die Symptome auch erst in der Grundschulzeit oder danach entwickelt, bzw. erst zu diesem Zeitpunkt beobachtet. Tabelle 9. Zeitliches Auftreten der Kriterien, Beschränkte, repetitive und stereotype Verhaltensweisen, Interessen und Aktivitäten: Zeitliches Auftreten der Kriterien für die HFA-Stichprobe Sonderinteressena) Ritualeb) Manierismenc) Objektteiled) n % e) n % e) n % e) n % e) Vor-Kindergartenalter 4 33,3 1 14,3 3 37,5 0 0 Kindergartenalter 6 50,0 5 71,4 4 50,0 7 100 Grundschulalter 2 16,7 0 0 1 12,5 0 0 Nach Grundschulzeit 0 0 1 14,3 0 0 0 0 Gesamt 12 7 8 7 a) Kriterium „Umfassende Beschäftigung mit einem oder mehreren stereotypen und begrenzten Interessen“ [n=12 f] b) Kriterium „Auffällig starres Festhalten an bestimmten nichtfunktionalen Gewohnheiten oder Ritualen“[n=7 f] c) Kriterium „Stereotype und repetitive motorische Manierismen“ [n=8 f] d) Kriterium „Ständige Beschäftigung mit Teilen von Objekten“ [n=7 f] e) Prozentangaben beziehen sich auf die Anzahl der Patienten, die Angaben zum zeitlichen Auftreten des jeweiligen Kriteriums gemacht haben f) In eckigen Klammern ist die Anzahl der Patienten angegeben, die Angaben zum zeitlichen Auftreten des jeweiligen Kriteriums gemacht haben 70 Ergebnisse Tabelle 9a. Beschränkte, repetitive und stereotype Verhaltensweisen, Interessen und Aktivitäten: Zeitliches Auftreten der Kriterien für die LFA-Stichprobe Sonderinteressen a) Rituale b) Manierismen c) Objektteile d) n % e) n % e) n % e) n % e) Vor-Kindergartenalter 9 34,6 0 0 9 33,3 8 29,6 Kindergartenalter 15 57,7 13 81,3 18 66,7 18 66,7 Grundschulalter 1 3,8 2 12,5 0 0 1 3,7 Nach der Grundschulzeit 1 3,8 1 6,2 0 0 0 0 Gesamt 26 16 27 27 a) Kriterium „Umfassende Beschäftigung mit einem oder mehreren stereotypen und begrenzten Interessen“ [n=26 f] b) Kriterium „Auffällig starres Festhalten an bestimmten nichtfunktionalen Gewohnheiten oder Ritualen“[n=16 f] c) Kriterium „Stereotype und repetitive motorische Manierismen“ [n=27 f] d) Kriterium „Ständige Beschäftigung mit Teilen von Objekten“ [n=27 f] e) Prozentangaben beziehen sich auf die Anzahl der Patienten, die Angaben zum zeitlichen Auftreten des jeweiligen Kriteriums gemacht haben f) In eckigen Klammern ist die Anzahl der Patienten angegeben, die Angaben zum zeitlichen Auftreten des jeweiligen Kriteriums gemacht haben Tabelle 10 gibt die Inhalte der Sonderinteressen wider, die im Kriterium „Umfassende Beschäftigung mit einem oder mehreren stereotypen Interessen, wobei Inhalt und Intensität abnorm sind“ erfasst wurden. Die Nennungshäufigkeiten wurden getrennt für die HFA- und die LFA-Stichprobe ermittelt. Insgesamt wird deutlich, dass die Patienten der LFA-Stichprobe deutlich ausgeprägte Interessen im repetitiven Gebrauch von Alltagsgegenständen wie z.B. dem Betätigen von Toilettenspülungen oder Wasserhähnen sowie großes Interesse an Schaltern elektrischer Geräte und Straßenfahrzeuge zeigen. Im Gegensatz dazu spiegeln die Sonderinteressen der HFA-Stichprobe eine größere Variationsbreite wider und lassen sich nicht nur einem bestimmten Gebiet zuordnen. 71 Ergebnisse Tabelle 10. Sonderinteressen aufgeschlüsselt nach HFA und LFA HFA 1 0 2 1 LFA 8 1 1 Verkehr Straßenfahrzeuge Schienenfahrzeuge Verkehrszeichen Straßenkarten Bücher Lexika/ Sachbücher Wörterbücher Umwelt/Natur Dinosaurier Tiere Skelette Steine 1 1 0 1 1 0 1 Alltagsgegenstände Fernbedienungen Telefon Toilettenspülungen Wasserhähne Schalter elektr. Geräte Werkzeuge 0 0 1 1 2 2 1 1 5 6 13 Malen / Basteln Ausschneiden Kreise malen Buchstaben abmalen 0 1 0 1 1 2 Zahlen / Datum Kalender Zahlen 0 1 1 0 Musik Spieluhren Plastikmusikinstrumente Kinderkeyboard Musik hören 0 0 0 1 1 1 1 0 Nahrungsaufnahme Restaurants besuchen Fast-Food-Ketten Einkaufen v. Lebensmitteln 0 1 0 1 0 1 Film/ Fernsehen Fernsehen Star-Wars Videokassetten sammeln,stapeln 0 1 0 1 0 1 Sonstiges Schmuck Glocken Handpuppen schwarze Magie 0 0 0 1 1 1 1 0 1 1 1 Mehrfachnennungen sind möglich; pro Patient jedoch nur eine Nennung pro Sonderinteresse In Tabelle 11 sind die Inhalte, auf die sich das Kriterium „Nichtfunktionale Gewohnheiten und Rituale“ bezieht, für die Gesamtstichprobe sowie für die HFA- und LFA-Stichprobe dargestellt. Innerhalb der HFA-Stichprobe betraf die häufigste Nennung nichtfunktionale Wiederholungen, während innerhalb der LFA-Stichprobe verbale Rituale am häufigsten 72 Ergebnisse genannt wurden. Die zweithäufigste Nennung betraf in beiden Gruppen Rituale bezüglich des Essverhaltens. Vorlieben für komplexe Ordnungssysteme wiesen zumeist Patienten der HFAStichprobe auf. Tabelle 11. Nichtfunktionale Gewohnheiten oder Rituale Gesamt HFA LFA n % n % n % Rituale bzgl. Essverhalten 8 20,0 3 25 5 17,8 Nichtfunktionale Wiederholungen 8 20,0 4 33,3 4 14,3 Verbale Rituale 7 17,5 1 8,3 6 21,4 Starrer Tagesablauf 5 12,5 0 0 5 17,8 Rituale bzgl. Kleidung 5 12,5 2 16,7 3 10,7 sonstige ritualisierte Abläufe 5 12,2 1 8,3 4 14,3 Sammel-Rituale 5 12,5 3 25 1 3,6 Ordnungssysteme (z.B. Wohnungseinrichtung, etc.) 4 10,0 2 16,7 2 7,1 Rituale bzgl. Körperhygiene 3 7,5 1 8,3 2 7,1 Zu-Bett-Geh-Rituale 1 2,5 0 0 1 3,6 Mehrfachnennungen sind möglich; pro Patient jedoch nur eine Nennung pro Sonderinteresse Die ermittelten Manierismen wurden in 3 Gruppen zusammengefasst, Tabelle 12 zeigt die Häufigkeitsverteilung der einzelnen Manierismen für die Gesamtstichprobe, für die HFAStichprobe sowie für die LFA-Stichprobe. Im Vergleich der beiden Stichproben zeigt sich, dass alle Patienten der LFA-Stichprobe Manierismen aus dem Bereich „komplexe Bewegungen des ganzen Körpers“ sowie dem Bereich „Finger- und Handmanierismen“ zeigen, während dies innerhalb der HFA-Gruppe nur für den Bereich „Finger- und Handmanierismen“ zutreffend ist . 73 Ergebnisse Tabelle 12. Manierismen Gesamt HFA LFA n a) % d) n b) % d) n c) % d) 34 97,1 5 62,5 28 100 5 14,7 0 0 4 14,9 Flattern mit den Armen 9 26,6 1 20 7 25 Hüpfbewegungen 4 11,8 0 0 4 14,9 Rollbewegungen 2 5,9 0 0 2 7,1 Stereotypes Hin- und Herlaufen 4 11,8 0 0 3 10,7 Kopfanschlagen 2 5,9 0 0 3 10,7 Drehen um die eigene Achse 6 17,6 2 40 5 17,8 Sonstige 2 5,9 2 40 3 10,7 Finger- / Handmanierismen 28 80,0 8 100 28 100 Gesichtsmanierismen 5 14,3 2 25 2 7,1 Komplexe Bewegungen des ganzen Körpers Wiegende Körperbewegungen Mehrfachnennungen sind möglich; pro Patient jedoch nur eine Nennung pro Manierismus a) n=35 b) n=8 c) n=28 d) Prozentangaben beziehen sich auf die Anzahl der Patienten, die Angaben zum Auftreten des Kriteriums gemacht haben 4.2.2 Auffälligkeiten vor Vollendung des dritten Lebensjahres Tabelle 13 stellt die Auffälligkeiten in den Bereichen „Soziale Interaktion“, „Sprache als soziales Kommunikationsmittel“ und „Symbolisches oder Fantasiespiel“ für die HFAStichprobe und die LFA-Stichprobe dar: Um die Diagnose Autismus stellen zu können, muss mindestens eine Auffälligkeit in einem der Bereiche vor dem vollendeten 3.Lebensjahr bestehen. In den Bereichen „Soziale Interaktion“ sowie „Sprache als soziales Kommunikationsmittel“ bestehen in beiden Stichproben Auffälligkeiten vor dem 3. Lebensjahr. Lediglich im Bereich „Symbolisches- oder Fantasiespiel“ zeigt ein Patient aus der HFA-Stichprobe laut Angaben der Bezugspersonen keine Auffälligkeiten. 74 Ergebnisse Tabelle 13. Auffälligkeiten vor Vollendung des dritten Lebensjahres, HFA (n=12) und LFA (n=28) HFA Auffällig LFA Unauffällig Auffällig Unauffällig n % n % n % n % Soziale Interaktion 12 100 0 0 28 100 0 0 Sprache als soziales Kommunikationsmittel 12 100 0 0 28 100 0 0 Symbolisches- oder Fantasiespiel 11 91,7 1 8,3 28 100 0 0 Vergleicht man jedoch die Auftretenszeitpunkte der jeweiligen Symptome in den drei psychopathologischen Bereichen der sozialen Interaktion, der Kommunikation und im eingeschränkten repetitiven Verhalten, so wird deutlich, dass hier große interindividuelle Schwankungen sowohl in der HFA-Stichprobe als auch in der LFA-Stichprobe bestehen und nicht alle Symptome gleichermaßen vor Vollendung des dritten Lebensjahres imponieren. Trotzdem schätzen die Eltern ihre Kinder nach Beendigung des Interviews in allen Bereichen schon vor dem 3. Lebensjahr als „auffällig“ ein, die Auftretenszeitpunkte einzelner Symptome wichen jedoch teilweise erheblich von dem in den diagnostischen Kriterien geforderten Alter ab. 4.2.3 Ergebnisse im ADOS und ADI-R Die Tabellen 14 und 14a zeigen die Ergebnisse der „Diagnostischen Beobachtungsskala für Autistische Störungen (ADOS)“ für die HFA-Stichprobe und die LFA-Stichprobe. Bei insgesamt 38 Patienten wurde eine ADOS durchgeführt, davon stammen 10 Patienten aus der HFA-Stichprobe und 28 Patienten aus der LFA-Stichprobe. Die diagnostischen Kriterien für Autismus nach ICD-10 und DSM-IV wurden in diese diagnostischen Instrumente implementiert. 75 Ergebnisse Tabelle 14. ADOS (Diagnostische Beobachtungsskala für Autistische Störungen): Erzielte Ergebnisse und vergebene Diagnosen für die HFA-Stichprobe Keine Diagnose c) Autismus Spektrum d) Autismus e) n % f) n % f) n % f) ADOS Bereich A a) 1 10,0 3 30.0 6 40 b) 0 0 4 40,0 6 60,0 1 10,0 4 40,0 5 50,0 ADOS Bereich B ADOS gesamt a) ADOS-Bereich A erfasst die „Kommunikation“ b) ADOS-Bereich B erfasst die „Wechselseitige soziale Interaktion“ c) Patienten haben den Cut-off für eine ADOS-Diagnose aus dem autistischen Formenkreis nicht erreicht d) Patienten haben den Cut-off für die ADOS-Diagnose „Autismus Spektrum Störung“ erreicht e) Patienten haben den Cut-off für die ADOS-Diagnose „Autismus“ erreicht f) Prozentangaben beziehen sich auf die Anzahl der durchgeführten ADOS; n=10 Innerhalb der HFA-Stichprobe erreichten fünf Patienten den kritischen Wert für eine ADOSDiagnose „Autismus“, vier Patienten erreichten den kritischen Wert für eine ADOS-Diagnose „Autismus-Spektrum-Störung“, eine Patientin erreichte nicht den erforderlichen kritischen Wert für eine ADOS-Diagnose aus dem autistischen Formenkreis, war jedoch auffällig im Bereich der sozialen Interaktion. Diese Patientin erhielt bereits im Alter von 18 Monaten die klinische Diagnose „Autismus“ und wurde über lange Jahre störungsspezifisch gefördert, so dass sie in der ADOS aufgrund des niedrigeren Wertes im Bereich „Kommunikation“ den Cut-Off-Wert nicht erreichte. Innerhalb der LFA-Stichprobe erhielten alle 28 Patienten die ADOS-Diagnose „Autismus“. 76 Ergebnisse Tabelle 14a. ADOS (Diagnostische Beobachtungsskala für Autistische Störungen): Erzielte Ergebnisse und vergebene Diagnosen für die LFA-Stichprobe Keine Diagnose c) Autismus Spektrum d) Autismus e) n % f) n % f) n % f) ADOS Bereich A a) 1 3,5 2 7,2 25 89,3 b) 1 3,5 2 7,2 25 89,3 0 0 0 0 28 100 ADOS Bereich B ADOS gesamt a) ADOS-Bereich A erfasst die „Kommunikation“ b) ADOS-Bereich B erfasst die „Wechselseitige soziale Interaktion“ c) Patienten haben den Cut-off für eine ADOS-Diagnose aus dem autistischen Formenkreis nicht erreicht d) Patienten haben den Cut-off für die ADOS-Diagnose „Autismus Spektrum Störung“ erreicht e) Patienten haben den Cut-off für die ADOS-Diagnose „Autismus“ erreicht f) Prozentangaben beziehen sich auf die Anzahl der durchgeführten ADOS; n=28 Mittels einfaktorieller Varianzanalyse (ANOVA) lassen sich im Vergleich beider Stichproben signifikante Unterschiede zwischen den einzelnen ADOS-Bereichen sowie dem Gesamtergebnis der ADOS-Untersuchung nachweisen, nämlich für den ADOS-Bereich A: F (1, 36) = 4.46, p<.042, den ADOS-Bereich B: F (1, 36) = 10.02, p<.002 und für das ADOSGesamtergebnis: F (1, 36) = 8.61, p<.006. Diese Ergebnisse sprechen für eine in der ADOS gemessene stärkere Ausprägung der autistischen Symptomatik für die LFA-Stichprobe zum Untersuchungszeitpunkt. Es ist dabei zu bemerken, dass die ADOS die autistische Symptomatik zum Katamnesezeitpunkt erfasst, dies könnte somit für eine geringere Ausprägung der autistischen Symptomatik für die HFA-Stichprobe im Laufe der Entwicklung sprechen. Die Tabellen 15 und 15a zeigen die Ergebnisse des „Diagnostischen Interviews für Autismus - Revidiert (ADI-R)“ für die Gesamtstichprobe sowie für die HFA und LFA-Stichprobe. 77 Ergebnisse Tabelle 15. ADI-R (Diagnostisches Interview für Autismus - Revidiert): Erzielte Summenwerte Gesamtstichprobe Median HFA M±SD Median (Min-Max) ADI-R Bereich Aa) 26,0 24,7±4,7 ADI-R Bereich B 14,0 24,0 ADI-R Bereich C 17,0 ADI-R Bereich D 25,5±4,6 (8-34) 14,0 15,1±5,3 (6-22) 6,7±2,6 4,0 (Min-Max) 26,0 16,3±4,5 6,5 (6-24) 6,3±3,2 (1-12) d) M±SD (13-27) 15,4±5,1 7,0 Median 22,6±4,7 (6-24) c) M±SD (Min-Max) (8-34) b) LFA 7,0 6.9±2,5 (1-11) 3,5±0,9 4,0 (2-12) 3,5±0,9 (2-5) 4,0 3,5±1,0 (2-5) (2-5) a) Bereich A erfasst die qualitativen Auffälligkeiten in der reziproken sozialen Interaktion (Cut-off:10) b) Bereich B erfasst die qualitativen Auffälligkeiten in der Kommunikation (Cut-off:8) c) Bereich C erfasst repetitives, restriktives und stereotypes Verhalten (Cut-off:3) d) Bereich D erfasst eine abnorme Entwicklung bis einschließlich 36. Lebensmonat (Cut-off:1) Tabelle 15a. ADI-R (Diagnostisches Interview für Autismus - Revidiert): Cut-off erreicht a) Gesamtstichprobe HFA LFA n % f) n % f) n % f) ADI-R Bereich A b) 36 100 9 100 27 100 ADI-R Bereich B c) 35 97,2 9 100 26 96,2 ADI-R Bereich C d) 34 94,4 9 100 25 92,6 ADI-R Bereich D e) 36 100 9 100 27 100 a) Anzahl der Patienten, die den Cut-off des jeweiligen Bereiches erreicht haben b) Bereich A erfasst die qualitativen Auffälligkeiten in der reziproken sozialen Interaktion (Cut-off:10) c) Bereich B erfasst die qualitativen Auffälligkeiten in der Kommunikation (Cut-off:8) d) Bereich C erfasst repetitives, restriktives und stereotypes Verhalten (Cut-off:3) e) Bereich D erfasst eine abnorme Entwicklung bis einschließlich 36. Lebensmonat (Cut-off:1) f) Prozentangaben beziehen sich auf die Anzahl der durchgeführten ADI-R; Gesamtstichprobe n=36, HFA n=9, LFA n=27 Innerhalb der HFA-Stichprobe erreichten alle neun Patienten, bei denen das Elterninterview durchgeführt wurde, in allen vier ADI-R Bereichen den kritischen Wert für einen positiven Befund, die autistische Symptomatik war somit im Alter zwischen vier und fünf Jahren in allen Bereichen deutlich ausgeprägt. Dieses Profil weicht demnach von den Ergebnissen der Interaktionsbeobachtung ADOS ab, die die Ausprägung der Symptomatik zum Untersuchungszeitpunkt widergibt. Innerhalb der LFA-Stichprobe wurde in den ADI-R Bereichen A und D von allen Patienten der kritische Wert erreicht, im ADI-R Bereich B wurde von 26 Patienten der kritische Wert erreicht, im ADI-R Bereich C erreichten 25 Patienten den kritischen Wert für eine positive ADI-R Diagnose. Im Bezug auf die erreichten 78 Ergebnisse Summenwerte ist hervorzuheben, dass zwischen der HFA-Stichprobe und der LFAStichprobe bezüglich der im Alter von vier bis fünf Jahren erinnerten Verhaltensweisen keine Unterschiede objektivierbar sind, was sich auch in den nicht-signifikanten Ergebnissen der ANOVA zeigt. ADI-R Bereich A: F(1, 35) = 2.93, p<.09, ADI-R Bereich B: F(1, 35) = .37, p<.54, ADI-R Bereich C: F(1, 35) = 0.36, p<.55, ADI-R Bereich D: F(1, 35) = 0.01, p<.92. 4.2.4 Katamnestische Überprüfung verwandter Störungen Im Rahmen der katamnestischen Überprüfung der Diagnose Frühkindlicher Autismus anhand der Diagnostischen Kriterien nach ICD-10 und DSM-IV sollte zusätzlich eine mögliche Symptomüberlappung zum Komplex der Multiple-Complex Developmental Disorder (MCDD) (Towbin, 1993) überprüft werden, auch um eventuell Hinweise auf das Vorliegen komorbider Erkrankungen zu erhalten. Wie bereits im Abschnitt „Differentialdiagnosen“ (Kapitel Theoretischer Hintergrund) beschrieben, handelt es sich hierbei um Verhaltensauffälligkeiten „in the borderlands of autism“, d.h. Patienten, die sowohl Symptome aus dem autistischen Spektrum zeigen, wie z.B. die Unfähigkeit zum Aufbau sozialer Beziehungen, als auch eine Reihe affektiver Symptome und Symptome aus dem schizophrenen Formenkreis, wie beispielsweise Denkstörungen oder Wahnerleben. Aufgrund der Notwendigkeit einer Beurteilung von inhaltlichen Denkstörungen im 3. Bereich der Symptomatik wurden die 14 Patienten, die zum Katamnesezeitpunkt als nicht-sprechend klassifiziert wurden, aus der Befragung ausgeschlossen. In der Literatur wurden die MCDDKriterien auch an Patienten mit einer Intelligenzminderung untersucht (Towbin, 1993), daher wurden die Patienten der LFA-Stichprobe mit einer ausreichenden Sprachentwicklung in der vorliegenden Studie ebenso eingeschlossen. Die Ergebnisse der überprüften Kriterien zeigt Tabelle 16 für die HFA-Stichprobe und die LFA-Stichprobe. Fünf oder mehr Symptome aus den drei Domänen müssen positiv sein, wobei mindestens ein Symptom aus der ersten Domäne („Beeinträchtigungen in der Regulation von affektiven Zuständen bzw. Angst“), der zweiten Domäne („Beeinträchtigungen im Sozialverhalten/ soziale Sensitivität“) und der dritten Domäne („Kognitives Verarbeitungsdefizite/ Denkstörungen“) zutreffen müssen, um die beschriebene Symptomatik einer MCDD zuordnen zu können. 79 Ergebnisse Tabelle 16. MCDD-Krierien, HFA und LFA HFA n a) LFA % b) n a) % b) 1. Beeinträchtigungen in der Regulation von affektiven Zuständen bzw. Angst Generalisierte Ängstlichkeit; diffuse Anspannung; Spannung/ Erregbarkeit Ängste und Phobien (auch Schulphobie) 8 66,6 6 42,8 3 25,0 1 7,1 Panikattacken; panische Angst 2 16,6 1 7,1 3 Verhaltensauffälligkeiten/ Regressionen/ unpassendes Verhalten 3 Emotionale Labilität durch umgebungs-bedingte Einflüsse 2. Beeinträchtigungen im Sozialverhalten/ soziale Sensitivität 25,0 2 14,3 25,0 3 21,4 8 66,6 12 85,7 10 83,3 14 100 Gestörte Beziehung zu Erwachsenen/ unselbstständiges Verhalten/ Aggressionen 3. Kognitives Verarbeitungsdefizite (Denkstörungen) 3 25,0 3 21,4 Denkstörung: „magisches Denken“/ irrationale Gedanken Probleme Realität und Phantasie auseinander zu halten Ratlos und leicht verwirrbar im soz. Miteinander 3 25,0 0 0 4 33,3 2 14,3 2 16,6 1 7,1 Wahnvorestellungen/ Größenwahnphantasien/ paranoide Denkinhalte/ übermäßige Beschäftigung mit Phantasieinhalten 2 16,6 1 7,1 Gleichgültigkeit/ Desinteresse am sozialen Umfeld/ Vermeidungsverhalten Unfähigkeit Freundschaften aufzubauen/ pflegen a) Anzahl der Patienten, die dieses Symptom angaben b) Prozentagaben beziehen sich auf die Gesamtzahl der Patienten, HFA (n=12), LFA (n=14) Vergleicht man die Ergebnisse beider Stichproben miteinander, so fällt auf, dass sowohl innerhalb der HFA-Stichprobe als auch in der LFA-Stichprobe viele Eltern über „Generalisierte Ängstlichkeit; diffuse Anspannung; Spannung/ Erregbarkeit“ bei ihren Kindern berichten. Nicht verwunderlich sind die vielen Nennungen in der Domäne 2, dem Bereich der „Beinträchtigungen im Sozialverhalten und der sozialen Sensitivität“, einem Kernstück der autistischen Symptomatik. Der Unterpunkt „Gestörte Beziehung zu Erwachsenen/ unselbstständiges Verhalten/ Aggressionen“ wurde nur von einer geringen Anzahl der Eltern beider Stichproben bejaht. Dies ist besonders aus Sicht der LFA-Stichprobe bemerkenswert, da im Bereich der ersten beobachteten Auffälligkeiten häufig Wutanfälle sowie aggressives Verhalten genannt wurden (vgl. Tabelle 23). Innerhalb der 3. Domäne, dem Bereich der kognitiven Verarbeitungsdefizite, bestehen deutlich Unterschiede zwischen beiden Stichproben: Innerhalb der HFA-Stichprobe werden für mehr als ein Viertel der Patienten Auffälligkeiten in diesen Bereichen bestätigt. 80 Ergebnisse Die Auswertung der erzielten Summenwerte führte zu folgendem Ergebnis: Innerhalb der HFA-Stichprobe erfüllten fünf Patienten die MCDD-Kriterien, also fast die Hälfte der Stichprobe, innerhalb der LFA-Stichprobe waren es nur zwei Patienten. 4.3 Erkrankungsverlauf: Von den ersten Auffälligkeiten bis zur Diagnosestellung Die folgenden Ergebnisse, zusammengefasst in Tabelle 17, zeigen den durch die katamnestische Datenerhebung dokumentierten Krankheitsverlauf der Gesamtstichprobe, der HFA-Stichprobe sowie der LFA-Stichprobe. Tabelle 17. Mittleres Alter bei Auftreten der 1. Auffälligkeiten, der 1. Konsultation, der 1. Verdachtsdiagnose und der 1. Diagnosestellung Gesamtstichprobe Median M±SD HFA Median (Min-Max) Alter 1. Auffälligkeiten a) 1,5 1,5±0,9 LFA M±SD (Min-Max) 1,0 1,3±1,2 (0-3,1) Alter 1. Konsultation b) 2,9 3,4±2,3 4,9 Alter 1. Verdacht 4,0 4,3±2,5 4,6 Alter 1. Diagnose e) 6,1 6,0±3,8 8,0 6,8±3,6 8,7 9,7±4,6 2,7 (3,0-24) 12,5±4,8 2,7±1,3 (0-5,3) 3,8 3,4±1,4 (1,1-5,2) 4,3 (1,6-17,6) 10,1 1,5±0,8 (0-3,1) (1,6-9,6) (1,6-17,6) 7,8±4,4 1,5 (0,6-13,2) (1,1-9,6) Alter 1. Verdachtsdiagnose d) 4,8±3,3 M±SD (Min-Max) (0-2,5) (0-13,2) c) Median 4,4±1,8 (1,8-10,3) 5,4 (8,0-24,0) 5,7±1,9 (3,0-10,3) a) Alter in Jahren, in dem den Eltern erstmals etwas an der Entwicklung ihres Kindes auffiel; n=31, HFA: n=5, LFA: n=26 b) Alter in Jahren, in dem die erste Konsultation stattfand; n=38, HFA: n=12; LFA: n=26 c) Alter in Jahren, in dem erstmals der Verdacht auf eine Störung aus dem autistischen Formenkreis geäußert wurde; n=15 HFA: n=4; LFA: n=11 d) Alter in Jahren, in dem zum ersten Mal die Verdachtsdiagnose eines Frühkindlichen Autismus gestellt wurde; n=40; HFA: n=12; LFA: n=28 e) Alter in Jahren, in dem zum ersten Mal die Diagnose eines Frühkindlichen Autismus gestellt wurde; n=40; HFA: n=12; LFA: n=28 f) Kind seit Geburt auffällig, z.B. Frühgeburt; seit Geburt in Behandlung 4.3.1 Zeitpunkt der ersten Auffälligkeiten Bezüglich der ersten beobachteten Auffälligkeiten der beiden untersuchten Stichproben zeigt sich, dass die Eltern der HFA-Stichprobe im wesentlichen zur selben Zeit wie die Eltern der LFA-Stichprobe Verhaltensauffälligkeiten registrierten (vgl. Tabelle 17). Dabei ist zu bemerken, dass lediglich fünf Bezugspersonen von Patienten der HFA-Stichprobe die ersten 81 Ergebnisse Auffälligkeiten zeitlich einordnen konnten, somit ist davon auszugehen, dass die Patienteneltern, die eine zeitliche Einordnung früher Verhaltensauffälligkeiten nicht vornehmen konnten, Auffälligkeiten ungefähr beim Alter der ersten Konsultation bemerkten. Die frühesten unspezifischen Auffälligkeiten beobachteten einige die Eltern der LFAStichprobe bereits in den ersten Lebenstagen des Kindes. Hierbei handelte es sich durchgehend um Patienten, die vor der vollendeten 38. SSW zur Welt kamen und damit als Frühgeburt galten. 4.3.2 Frühe Indikatoren 4.3.2.1 Erste Auffälligkeiten Tabelle 18 zeigt die Auffälligkeiten, die als erstes die Aufmerksamkeit der Eltern weckten für die HFA-Stichprobe und die LFA-Stichprobe. Während des katamnestischen Untersuchungstermins wurden diese Symptome bei den Eltern als Auswahlmöglichkeiten bei der Vervollständigung des Freiburger-Autismus-Inventar (FAI) abgefragt. Falls die angegebene Auffälligkeit keiner Auswahlmöglichkeit zugeordnet werden konnte, wurde sie in einem Freitextfeld notiert. Die in den Freitext-Feldern gesammelten Auffälligkeiten wurden wiederum in einzelnen Kategorien zusammengefasst: Unter dem Begriff „Unspezifische Frühsymptome“ wurden von den Eltern beobachtete Auffälligkeiten im ersten Lebensjahr subsumiert, (u.a. „stilles Baby, mit sich zufrieden“, „als Säugling stundenlang bis zur Erschöpfung gestrampelt“, sehr unruhiger Säugling“, sehr pflegeleichtes Kind“, „viel geschlafen als Säugling“), weitere Kategorien bildeten „Auffälligkeiten in der Sprachentwicklung“, „Inadäquate Kontaktaufnahme“, „Frühgeburt“, „Motorische Unruhe“, „Auffälligkeiten in der Kommunikation". Deren Häufigkeiten sind in Tabelle 19 für die Gesamtstichprobe sowie für die HFA- Stichprobe und die LFA-Stichprobe dargestellt. Vergleicht man die Ergebnisse beider Stichproben miteinander, so zeigt sich, dass in beiden Gruppen ungefähr gleichhäufig unspezifische Entwicklungsauffälligkeitn auffielen (jeweils etwa bei 40,0%). Ein signifikanter Unterschied war lediglich bei dem Symptom „Patient schreit viel“ zu beobachten, dieses wurde deutlich häufiger von Eltern der LFA-Stichprobe beobachtet. Interessanterweise gaben die Eltern der HFA-Stichprobe deutlich seltener die Auffälligkeit „Kein Interesse an anderen Kindern“ an. 82 Ergebnisse Tabelle18. Erste Auffälligkeiten: Auswahlmöglichkeiten, HFA-Stichprobe u. LFA-Stichprobe Fishers HFA LFA exakter Test p٭ n % n % Unspezifische Entwicklungsauffälligkeiten 1.00 5 41,7 13 46,4 Schlafstörungen .70 2 16,7 7 25,0 Auffälliges Ernährungverhalten .70 2 16,7 7 25,0 Patient schreit viel .001 1 8,3 14 50,0 Kein Interesse an anderen Kindern 1.00 4 33,3 9 32,1 Körperkontakt gemieden .45 4 33,3 6 21,4 Motorische Stereotypien .41 4 33,3 5 17,8 Auffälliges Spielverhalten (spielt anders als andere .21 4 33,3 4 14,2 Monotones Spielverhalten .70 2 16,7 7 25,0 „Lebt in eigener Welt“ .23 1 8,3 8 25,5 Inadäquate Kontaktaufnahme 1.00 3 25,0 6 21,4 Eltern haben nichts bemerkt .30 1 8,3 - - Kinder) Mehrfachnennungen sind möglich; pro Patient jedoch nur eine Nennung pro Auffälligkeit möglich Die in Tabelle 19 dargestellten Ergebnisse der Freitext-Antworten unterscheiden sich im Vergleich zu Tabelle 18 in folgenden Aspekten: Hier wurde aufgrund der Freitext-Antworten eine Kategorie „Unspezifische Frühsymptome“ gebildet. Diese Beobachtungen wurden lediglich von Eltern der der LFA-Stichprobe gemacht. Die Frühgeburtlichkeit des Kindes war eine weitere, für die LFA-Stichprobe spezifischere Auffälligkeit, ebenso wie beobachtete Auffälligkeiten in der Sprachentwicklung bei 25,0% der Patienten. Insgesamt machten die Eltern der HFA-Stichprobe deutlich weniger Nennungen zum Bereich der ersten, bewusst beobachteten Auffälligkeiten. Dieser Umstand ist auch einschränkend bei der durchschnittlichen Altersangabe erster Auffälligkeiten zu berücksichtigen. 83 Ergebnisse Tabelle19. Erste Auffälligkeiten: Freitext-Felder Gesamtstichprobe HFA LFA n % n % n % Unspezifische Früh-Symptome 6 15,0 - - 6 21,4 Auffälligkeiten Sprachentwicklung 9 22,5 2 16,6 7 25,0 Inadäquate Kontaktaufnahme 7 17,5 3 25,0 4 14,3 Frühgeburt 5 12,5 1 8,3 4 14,3 Motorische Unruhe 4 10,0 1 8,3 3 10,7 Auffälligkeiten Kommunikation 1 2,5 1 8,3 - - Übersensibilität gegenüber Tönen 1 2,5 1 8,3 - - und Berührungen Mehrfachnennungen sind möglich; pro Patient jedoch nur eine Nennung pro Auffälligkeit möglich 4.3.2.2 Frühe Auffälligkeiten Im Anschluss wurden die Eltern nach weiteren, bereits in der Literatur beschriebenen ersten Auffälligkeiten und Frühsymptomen befragt. Tabelle 20 stellt die Ergebnisse für die HFAStichprobe und die LFA-Stichprobe dar: Innerhalb der LFA-Stichprobe werden bei über 90% der Patienten die Auffälligkeiten „Mangel an Gestik“ sowie „Mangel an Mimik“ beobachtet, hier besteht ein signifikanter Unterschied zu den Ergebnissen der HFA-Stichprobe (Fishers exakter Test: p<.02 bzw. p<.01). Bei fast 80% der Patienten der LFA-Stichprobe wurde ein Fehlen von sozialem Lächeln beobachtet, gefolgt von der Beobachtung, dass fast 70% der Patienten motorische Stereotypien (z.B. „Flattern mit den Händen“) zeigten. Auch bei diesen Auffälligkeiten besteht ein signifikanter Unterschied zur HFA-Stichprobe (Fishers exakter Test: p<.01 bzw. p<.01). Ebenfalls signifikant war der Unterschied zwischen beiden Stichproben bei den Auffälligkeiten „Selbstschädigende Verhaltensweisen“ sowie „Übersensibilität gegenüber Tönen und Berührungen“ (Fishers exakter Test: p<.04 bzw. p<.03). Auffälligkeiten aus den Bereichen „Wutanfälle“ sowie „Auffälligkeiten beim Essen“ wurden bei über 50% aller Patienten der LFA-Stichprobe beobachtet. Auch das Auftreten von hyperaktivem Verhalten wurde bei 40,0% der Patienten dieser Stichprobe beobachtet. Die Eltern von Patienten aus der HFA-Stichprobe beobachteten zusätzlich zu den zu zwei Drittel beobachteten Auffälligkeiten von fehlender Gestik und Mimik auch Auffälligkeiten wie „Faszination von gewissen Reizen“, „Kuschelte nicht als Säugling oder Kleinkind“ sowie „Probleme mit Feinmotorik“ mit jeweils über 30%. Im Vergleich zur LFA-Stichprobe 84 Ergebnisse konnten Unterschiede im Bereich „Sprache: Lautstärke“ sowie „Altkluge Sprache“ als signifikant nachgewiesen werden (Fishers exakter Test: p<.03 bzw. p<.03). Besonders selten Schmerzschwelle“, wurden in beiden Stichproben „Temperaturunempfindlichkeit“ und Auffälligkeiten wie „Hohe „Jahreszeitenunangemessene Kleidung“ beobachtet. Teilweise wurden von den Eltern noch weitere Anmerkungen zu Auffälligkeiten gemacht, deren Inhalte nicht in den Auswahlmöglichkeiten beschrieben waren: Das Auftreten von zerebralen Krampfanfällen sowie der Verlust von sprachlichen Fähigkeiten nach Entwicklung einer Sprache auf dem Niveau von Zwei- bzw. Dreiwortsätzen wurde jeweils einmal von Eltern aus der LFA-Stichprobe genannt. Insgesamt lässt sich somit beobachten, dass einige wenige Unterschiede hinsichtlich der Symptomprofile bereits in der Literatur beschriebener Auffälligkeiten zwischen beiden Stichproben existieren. Besonders die Symptomprofile der Auffälligkeiten, die als erstes die Aufmerksamkeit der Eltern weckten, zeigen vergleichbare Ergebnisse (vgl. Tabelle 19) in beiden Stichproben. 85 Ergebnisse Tabelle 20. Weitere Auffälligkeiten: Auswahlmöglichkeiten, HFA-Stichprobe u. LFA-Stichprobe Fishers exakter HFA LFA Test p٭ n % n % Benutzt wenig Mimik .01 7 58,3 27 96,4 Kein soziales Lächeln .01 4 33,3 22 78,6 Flattern mit den Händen .01 2 16,7 19 67,9 Benutzt wenig Gestik .02 8 66,7 27 96,4 Übersensibilität geg Tönen und Berührungen .03 2 16,7 16 57,1 Selbstschädigende Verhaltensweisen .03 2 16,7 16 57,1 Sprache: Lautstärke .03 4 33,3 1 3,8 Sprache: Altkluge Sprache .03 3 25,0 0 0 Sprache: Geschwindigkeit / Flüssigkeit .06 6 50,0 5 17,9 Hyperaktivität .06 1 8,3 12 42,9 Niedriges Körpergewicht .08 2 16,7 14 50,0 „Unkompliziertes Kind“ („als wäre es nicht da“) .17 4 33,3 3 10,7 Kuschelte nicht als Säugling oder Kleinkind .17 4 33,3 3 10,7 Auffälligkeiten beim Essen .17 3 25,0 15 53,6 Probleme mit Feinmotorik .21 4 33,3 4 14,3 Sprache: Rhythmus .21 2 16,7 1 3,8 Auffälligkeiten beim Schlafen .23 0 0 4 14,3 Wutanfälle .32 4 33,3 15 53,6 Sprache: Tonfall .41 3 25,0 4 14,3 Übermäßige Furcht vor harmlosen Dingen .45 4 33,3 6 21,4 Aggressivität .45 3 25,0 11 39,3 Reagiert nicht auf elterliche Stimme .49 3 25,0 11 39,3 Faszination von gewissen Reizen .50 4 33,3 13 46,4 Jahreszeitunangemessene Kleidung .52 1 8,3 1 3,8 Hohe Schmerzschwelle .57 2 16,7 2 7,1 steifes Gangbild/ kein Mitschwingen der Arme .65 1 8,3 5 17,9 Auffälligkeiten der Stimmung oder des Affekts .66 1 8,3 6 21,4 Furchtlosigkeit vor wirklichen Gefahren .67 2 16,7 8 28,6 Kurze Aufmerksamkeitsspanne .67 2 16,7 8 28,6 Hält sich nicht an Regeln 1.00 2 16,7 6 21,4 Impulsivität 1.00 2 16,7 6 21,4 Übersteigerte Reaktionen auf Licht und Gerüche 1.00 2 16,7 6 21,4 Zehenspitzengang 1.00 2 16,7 5 17,9 Temperaturunempfindlichkeit 1.00 1 8,3 2 7,1 Unfähigkeit, andere um Hilfe zu bitten 1.00 0 0 2 7,1 86 Ergebnisse 4.3.2 Erste Konsultation Im Vergleich beider Stichproben konsultierten die Patienteneltern der LFA-Stichprobe im Durchschnitt drei Jahre vor den Patienteneltern der HFA-Stichprobe eine Versorgungseinrichtung, da sie sich um die Entwicklung ihres Kindes sorgten bzw. deutliche Auffälligkeiten in der Entwicklung ihres Kindes beobachteten. Dieser Unterschied ist statistisch signifikant (ANOVA:F (1, 38) = 4.84, p<.04). Der älteste Patient innerhalb der HFA-Stichprobe wurde zum ersten Mal mit 13 Jahren wegen Verhaltensauffälligkeiten vorgestellt, innerhalb der LFA-Stichprobe war der älteste Patient zum Zeitpunkt der ersten Konsultation fünf Jahre alt. Somit zeigt sich ein deutlicher Unterschied zwischen beiden Gruppen. Tabelle 21 zeigt die konsultierten Versorgungseinrichtungen für die Gesamtstichprobe sowie für die HFA-Stichprobe und die LFA-Stichprobe. Auch hier fallen Unterschiede zwischen den Stichproben auf: Innerhalb der LFA-Stichprobe wurde der größte Anteil der Patienten in einem Sozial-Pädiatrischen Zentrum oder direkt einem Pädiater vorgestellt, während in der HFA-Stichprobe nur ein Patient in einem Sozial-Pädiatrischen Zentrum vorgestellt wurde. Zudem wurden Frühförderstellen von Eltern aus der LFA-Stichprobe gehäuft konsultiert. Tabelle 21. Erste konsultierte Versorgungseinrichtung Gesamtstichprobe HFA (n=12) LFA (n=28) n % n % n % Kinderarzt 12 30,0 4 33,3 8 28,6 Sozial-Pädiatrisches Zentrum (SPZ) 10 25,0 1 8,3 9 32,1 Frühfördersstelle 7 17,5 2 16,7 5 17,8 Kinder- und Jugendpsychiater 2 5,0 2 16,7 0 0 Andere Beratungsstelle 2 5,0 0 0 2 7,1 Erziehungsberatungsstellen 1 2,5 0 0 1 3,5 Pädaudiologie 1 2,5 1 8,3 0 0 Sprachtherapie 1 2,5 1 8,3 0 0 Ergotherapie 1 2,5 0 0 1 3,5 Keine Angabe 3 7,5 1 8,3 2 7,1 87 Ergebnisse 4.3.3 Erster Verdacht auf eine Störung aus dem autistischen Formenkreis Der Vergleich der beiden Stichproben bezüglich des Erstverdachts zeigt folgende Unterschiede: Innerhalb der HFA-Stichprobe lag das durchschnittliche Alter bei einem ersten Verdacht durchschnittlich 3 Jahre über dem durchschnittlichen Alter eines Patienten aus der LFA-Stichprobe. Der älteste Patient aus der HFA-Stichprobe war bei einem ersten Verdacht bereits fast 10 Jahre alt, hingegen war der älteste Patient aus der LFA-Stichprobe 5 Jahre alt. Hinsichtlich der jüngsten Patienten, bei denen ein erster Verdacht für eine Störung aus dem autistischen Formenkreis geäußert wurde, herrscht ein nahezu homogenes Profil: Der Verdacht wurde jeweils im 2. Lebensjahr geäußert. Tabelle 22 zeigt für die Gesamtstichprobe und für die LFA-Stichprobe die Personen auf, die erstmalig den Verdacht auf eine Störung aus dem autistischen Formenkreis äußerten. Innerhalb der HFA-Stichprobe wurde lediglich bei einem Patienten der Verdacht auf eine Störung aus dem autistischen Formenkreis durch eine Lehrerin geäußert, bei den anderen Patienten der HFA-Stichprobe wurde zu keiner Zeit ein solcher Verdacht geäußert. Insgesamt ist jedoch auch für die LFA-Stichprobe die Anzahl der Personen, die jemals einen solchen Verdacht äußerten, als sehr gering einzustufen. Tabelle 22. Person, die den ersten Verdacht auf eine Störung aus dem autistischen Formenkreis äußerte a) Gesamt n a) LFA % b) n c) % d) Kinderarzt 6 60,0 6 66,6 Frühförderstelle 2 20,0 2 22,2 Verwandte und Bekannte 1 10,0 1 11,2 Lehrer/-in 1 10,0 0 0 a) Gesamtanzahl der Personen, die einen Verdacht äußerten: n= 10 b) Prozentangaben beziehen sich auf die Gesamtanzahl derer, die einen Verdacht äußerten: n=10 c) Gesamtanzahl der Personen, die einen Verdacht äußerten: n= 9 d) Prozentangaben beziehen sich auf die Gesamtanzahl derer, die einen Verdacht äußerten: n=9 88 Ergebnisse 4.3.4 Zeitpunkt der ersten Verdachtsdiagnose Vergleicht man die Daten von Tabelle 17 miteinander, so lassen sich folgende Unterschiede zwischen beiden Stichproben beschreiben: Der Unterschied des Alters bei der ersten Verdachtsdiagnose eines Frühkindlichen Autismus betrug zwischen der HFA-Stichprobe und der LFA-Stichprobe im Mittel 5,3 Jahre. Dieser Unterschied ist statistisch signifikant (ANOVA: F (1, 38)= 30.39, p<.001). 4.3.5 Zeitpunkt der ersten Diagnosestellung Der Vergleich beider Stichproben verdeutlicht, dass die Patienten der HFA-Stichprobe im Mittel 5,3 Jahre später die Erstdiagnose eines Frühkindlichen Autismus erhielten (vgl. Tabelle 17). Auch dieser Unterschied zwischen beiden Stichproben ist statistisch signifikant (ANOVA: F (1, 38) = 41.14, p<.001). Tabelle 23 zeigt für die HFA-Stichprobe und die LFA-Stichprobe die Personen, die konsultiert wurden, bevor die Diagnose eines Frühkindlichen Autismus gestellt wurde. Zusammenfassend lassen sich folgende Unterschiede zwischen beiden Stichproben beschreiben: Mehr als die Hälfte aller Patienten der HFA-Stichprobe wurden bei einem Kinder- und Jugendpsychiater vorgestellt, innerhalb der LFA-Stichprobe wurden die meisten Patienten zunächst in einem Sozialpädiatrischen Zentrum vorgestellt, gefolgt von Kinderärzten sowie Kinder- und Jugendpsychiater. Innerhalb der LFA-Stichprobe wurden zudem die Pädaudiologie bei V.a. Hörminderung konsultiert. Ebenso konsultierten die Eltern dieser Stichprobe Psychologen bzw. psychologische Beratungsstellen. 89 Ergebnisse Tabelle 23. Diagnostiker, die vor Diagnosestellung konsultiert wurden, HFA-Stichprobe und LFAStichprobe HFA LFA n a) % b) n c) % d) n a) % b) n c) % d) SPZ (Sozialpädiatrisches Zentrum) 27 54,0 6 50,0 34 38,3 17 60,7 Kinderarzt 8 16,0 5 41,6 24 27,0 13 46,4 Kinder- und Jugendpsychiater 8 16,0 8 66,6 20 22,5 13 46,4 Pädaudiologie 1 Psychologe 0 0 0 Hausarzt 0 0 0 1 8 5 0 9 4 0 1 1,1 1 3,6 a) Gesamtanzahl der Konsultationen HFA: n=50; LFA: n=89 b) Prozentangaben bezogen auf die Gesamtanzahl der Konsultationen c) Anzahl der Konsultationen, wobei pro Patient nur eine Nennung pro Diagnostiker erfolgte d) Prozentangaben bezogen auf die Patientenzahl HFA: n=12; LFA: n=28; pro Patient nur eine Nennung pro jeweiligem Diagnostiker Abbildung 5 stellt zusammenfassend den Krankheitsverlauf der beiden Stichproben dar. Innerhalb der HFA-Stichprobe verging durchschnittlich ein Zeitraum von 5,7 Jahren zwischen dem Alter der ersten Verdachtsdiagnose und der endgültigen Diagnosestellung, sowie ein Zeitraum von 11,2 Jahren, der zwischen der Beobachtung erster Auffälligkeiten durch die Eltern und der endgültigen Diagnosestellung lag. Innerhalb der LFA-Stichprobe vergingen ein Zeitraum von 1,3 Jahren zwischen dem mittleren Alter der ersten Verdachtsdiagnose und der endgültigen Diagnosestellung, sowie ein Zeitraum von 4,2 Jahren, der zwischen der Beobachtung erster Auffälligkeiten durch die Eltern und der endgültigen Diagnosestellung lag. 90 Ergebnisse Abbildung 5: Zeitachse zum Krankheitsverlauf HFA Erste Erste Konsultation Erste Diagnose Auffälligkeiten 1,3* 4,8 0 12,5 5 1,5 2,7 10 Alter in Jahren 5,7 Erste Auffälligkeiten Erste Diagnose Erste Konsultation LFA *HFA: n=5 4.3.6 Psychiatrische Diagnosen vor Diagnosestellung Anhand der vorliegenden Arztbriefe und die durch den Untersuchungstermin vorliegenden Informationen wurden alle psychiatrischen Diagnosen erhoben, die der jeweilige Patient vor der endgültigen Diagnosestellung eines Frühkindlichen Autismus erhalten hatte. Tabelle 24 zeigt die Ergebnisse für die HFA-Stichprobe und Tabelle 24a für die LFA-Stichprobe. Die ermittelten Diagnosen wurden in 8 Gruppen zusammengefasst: 1. Nicht näher bezeichnete Entwicklungsstörung 2. Umschriebene Entwicklungsstörungen des Sprechens und der Sprache 3. ADHS und HKS 4. Intelligenzminderung 5. Tiefgreifende Entwicklungsstörung, nicht näher bezeichnet 6. Emotionale Störungen 7. Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen 8. Affektive Störungen 91 Ergebnisse Die ermittelten Diagnosen wurden jeweils in Hauptdiagnosen und Verdachtsdiagnosen aufgeschlüsselt. Innerhalb der HFA-Stichprobe wurde eine Diagnose aus dem Bereich „Umschriebene Entwicklungsstörung des Sprechens und der Sprache“ für die Hälfte aller Patienten vergeben, gefolgt von einer Diagnose aus dem Bereich „Nicht näher bezeichnete Entwicklungsstörungen“ sowie einer Diagnose aus dem Bereich „ADHS und HKS“ . Im Vergleich dazu wurde innerhalb der LFA-Stichprobe die Diagnose „Nicht näher bezeichnete Entwicklungsstörung“ am häufigsten vergeben, gefolgt von einer Diagnose aus dem Bereich „Umschriebene Entwicklungsstörung des Sprechens und der Sprache“. Insgesamt zeigt sich im Vergleich beider Gruppen ein homogenes Profil bei der Vergabe psychiatrischer Diagnosen im Krankheitsverlauf. Bei keinem Patienten der HFA-Stichprobe wurde im Vorfeld die Diagnose „Tiefgreifende Entwicklungsstörung, nicht näher bezeichnet“ vergeben. Im Gegensatz dazu erhielten 4 Patienten aus der LFA-Stichprobe eine solche Diagnose. Auch Anzeichen hyperkinetischer Symptome scheinen in beiden Stichproben zu beobachten gewesen sein: Bei 25,0% der Patienten der HFA-Stichprobe wurde eine solche Diagnose im Verlauf gestellt. 92 Ergebnisse Tabelle 24. Psychiatrische Diagnosen vor Diagnosestellung des Frühkindlichen Autismus für die HFAStichprobe Diagnosen Hpt. D. a) Hpt. D.b) % n d) Umschriebene Entwicklungsstörungen des Sprechens und der Sprache Entwicklungsstörung, nicht näher bezeichnet ADHS und HKS 5 41,6 4 V.a. D. c) Insg. Insg. n % d) 1 6 50,0 33,3 0 4 33,3 3 25,0 1 4 33,3 Emotionale Störungen 2 16,7 1 3 25,0 Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen Intelligenzminderung 1 8,3 0 1 8,3 1 8,3 0 1 8,3 Affektive Störungen 1 8,3 0 1 8,3 Tiefgreifende Entwicklungsstörung, nicht näher bezeichnet 0 0 0 0 0 Mehrfachnennungen sind möglich, pro Patient jedoch nur eine Nennung pro jeweiliger Diagnosegruppe a) Haupt-Diagnosen n b) Haupt-Diagnosen % c) Verdachtsdiagnosen n d) Prozentangaben beziehen sich auf die Gesamtstichprobe n=12 Tabelle 24a. Psychiatrische Diagnosen vor Diagnosestellung des Frühkindlichen Autismus für die LFAStichprobe Diagnosen Hpt. D. a) Hpt. D.b) % n d) Entwicklungsstörung 14 50,0 Umschriebene Entwicklungsstörungen des Sprechens und der Sprache ADHS und HKS 11 V.a. D. c) Insg. Insg. n % d) 2 16 57,1 39,3 0 11 39,3 3 10,7 2 5 17,8, Tiefgreifende Entwicklungsstörung nicht näher bezeichnet Intelligenzminderung 4 14,3 0 4 14,3 3 10,7 1 4 14,3 Emotionale Störungen 2 7,1 0 2 7,1 Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen Affektive Störungen 1 3,6 0 1 3,6 0 0 0 0 0 Mehrfachnennungen sind möglich, pro Patient jedoch nur eine Nennung pro jeweiliger Diagnosegruppe a) Haupt-Diagnosen n b) Haupt-Diagnosen % c) Verdachtsdiagnosen n d) Prozentangaben beziehen sich auf die Gesamtstichprobe n=28 93 4.4 Therapeutische Interventionen 4.4.1 Ambulante Therapien Ergebnisse Tabelle 25 zeigt die Anzahl und die Art der durchgeführten ambulanten Therapien der HFAStichprobe und der LFA-Stichprobe. In Tabelle 26 werden zusätzlich die durchgeführten ambulanten Therapien vor Diagnosestellung aufgeführt. Zusammenfassend lässt sich beobachten, dass die Patienten der HFA-Stichprobe insgesamt weniger ambulante Therapien im Vergleich zur LFA-Stichprobe erhielten, auch nach der Diagnosestellung ändert sich diese Tatsache nicht. Die Patienten der LFA-Stichprobe erhielten vor Diagnosestellung besonders Ergotherapie und Logotherapie, nach Diagnosestellung wurde die Ergotherapie weiter erteilt, ergänzt wurde die Unterstützung durch störungsspezifische verhaltenstherapeutische Interventionen z.B. im Autismus-Therapie-Zentrum. Es zeigt sich ein sehr heterogenes Profil an ambulanten Therapien, die Kinder aus der LFA-Stichprobe erhielten zusätzlich noch Frühförderung oder heilpädagogische Unterstützung sowie Krankengymnastik, wobei diese Therapien innerhalb der HFA-Stichprobe nicht vertreten waren. Insgesamt wird deutlich, dass die nicht störungsspezifische Ergotherapie in beiden Stichproben am häufigsten durchgeführt wurde. 94 Ergebnisse Tabelle 25. Durchgeführte ambulante Therapien, HFA-Stichprobe und LFA-Stichprobe HFA LFA n a) % b) n c) % d) n a) % b) n c) % d) Ergotherapie 4 28,6 4 33,3 8 19,0 8 28,6 Verhaltenstherapie 1 7,1 1 8,3 8 19,0 8 28,6 Kinder- und 3 21,4 3 25,0 2 4,8 2 7,1 Spieltherapie 2 14,3 2 16,7 3 7,1 3 10,7 Krankengymnastik - - - - 5 11,9 4 14,3 Hippo-Therapie - - - - 2 4,8 2 7,1 Logopädie 2 14,3 2 16,7 4 9,5 4 14,3 Heilpädagogik - - - - 2 4,8 2 7,1 Frühförderung - - - - 4 9,5 4 14,3 Sonstige ambulante Therapien e) 3 21,4 2 16,7 2 4,8 2 7,1 Jugendpsychiatrische Therapie 100 Summe 100 Mehrfachnennungen sind möglich a) Gesamtanzahl der jeweilig durchgeführten ambulanten Therapie b) Prozentangaben bezogen auf die Anzahl der insgesamt durchgeführten Therapien; HFA: n=14; LFA: n=42 c) Anzahl der Patienten, die die jeweilige ambulante Therapie erhalten haben; pro Patient nur eine Nennung pro jeweiliger Therapie d) Prozentangaben bezogen auf die Gesamtstichprobe HFA: n=12; LFA: n=28; pro Patient nur eine Nennung pro jeweiliger Therapie e) Musiktherapie, Psychomotorikbehandlung, sonstige nicht näher bezeichnete ambulante Therapien Tabelle 26. Durchgeführte ambulante Therapien vor Diagnosestellung Gesamtstichprobe HFA (n=12) LFA (n=28) n % n % n % Ergotherapie 11 27,5 3 25,0 8 28,6 Logopädie 7 17,5 2 16,6 5 17,9 Spieltherapie 5 12,5 2 16,6 4 14,3 Krankengymnastik 4 10,0 1 8,3 3 10,7 Frühförderung 4 10,0 1 8,3 3 10,7 Hippo-Therapie 2 5,0 1 8,3 2 7,1 Heilpädagogische Therapie 2 5,0 0 0 2 7,1 Kinder- und Jugendpsychiatrische 2 5,0 0 0 2 7,1 Verhaltenstherapie 1 2,5 0 0 1 3,6 Psychomotorik-Behandlung 1 2,5 0 0 0 0 Sonstige ambulante Therapien 5 12,5 0 0 5 17,9 Therapie a) Mehrfachnennungen sind möglich; pro Patient jedoch nur eine Nennung pro jeweiliger Therapie b) Prozentangaben bezogen auf die Gesamtstichprobe n=40; HFA: n=12; LFA: n=28 95 4.4.2 Ergebnisse Stationäre Therapien Tabelle 27 zeigt die durchgeführten stationären Therapien für die HFA-Stichprobe und die LFA-Stichprobe, Tabelle 28 stellt gesondert die Ergebnisse stationärer Therapien vor Diagnosestellung dar. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass nahezu die Hälfte der Patienten aus beiden Stichproben keinen stationären Therapieaufenthalt in ihrer Krankengeschichte aufweist. Vor Diagnosestellung erhielten Aufenthalte in der Kinder- und Jugendpsychiatrie in beiden Stichproben die häufigsten Nennungen, Patienten aus der LFAStichprobe wurden zudem in pädiatrischen Einrichtungen stationär behandelt, innerhalb der HFA-Stichprobe wurde dies nur für einen Patienten dokumentiert. Nach Diagnosestellung wurden die Patienten beider Stichproben zusätzlich in Jugendhilfeeinrichtungen stationär behandelt. Tabelle 27. Durchgeführte stationäre Therapien, HFA-Stichprobe und LFA-Stichprobe HFA LFA n a) % b) n c) % d) n a) % b) n c) % d) Kinder- und Jugendpsychiatrie 8 43,7 5 41,6 7 35,0 6 21,4 Stationäre Jugendhilfeeinrichtungen 3 21,9 3 25,0 6 30,0 6 21,4 Pädiatrie - - - - 4 20,0 3 10,7 Sonstige stationäre Einrichtung 1 12,5 1 8,3 3 15,0 3 10,7 Kein stationärer Aufenthalt im - - 5 41,6 - - 13 46,4 12 100 20 100 Therapieverlauf Summe Mehrfachnennungen sind möglich a) Gesamtanzahl stationärer Therapieaufenthalte HFA: n=12; LFA: n=20 b) Prozentangaben beziehen sich auf die Gesamtanzahl der stationären Therapieaufenthalte HFA: n=12; LFA: n=20 c) Anzahl der Patienten, die einen stationären Therapieaufenthalt in der jeweiligen Einrichtung im Therapieverlauf hatten; pro Patient nur eine Nennung pro jeweiliger stationärer Einrichtung d) Prozentangaben bezogen auf HFA: n=12 und LFA: n=28; pro Patient nur eine Nennung pro jeweiliger stationärer Einrichtung 96 Ergebnisse Tabelle 28. Durchgeführte stationäre Therapien vor Diagnosestellung Gesamtstichprobe HFA LFA n % n % n % Kinder- und Jugendpsychiatrie 8 20,0 5 41,6 3 10,7 Pädiatrie 7 17,5 1 8,3 6 21,4 Stationäre Jugendhilfe 2 5,0 - - 2 7,1 Sonstiger stationärer Aufenthalt vor 2 5,0 1 8,3 1 3,6 1 2,5 - - 1 3,6 17 42,5 6 50,0 11 39,3 Diagnosestellung Reha-Einrichtungen Kein stationärer Aufenthalt vor Diagnosestellung a) Mehrfachnennungen sind möglich; pro Patient jedoch nur eine Nennung pro jeweiliger stationärer Therapie b) Prozentangaben bezogen auf die Gesamtstichprobe n=40; HFA: n=12; LFA: n=28 4.4.3 Medikamentöse Therapien Aus den in den Patientenblättern vorliegenden Arztbriefen und den am Untersuchungstermin erhaltenen Informationen wurden die im Therapieverlauf verschriebenen und eingenommenen Medikamente zusammengestellt. Tabelle 29 zeigt die erhobenen Daten für die Gesamtstichprobe sowie für die HFA- und die LFA-Stichprobe. Tabelle 29. Medikation, HFA-und LFA-Stichprobe Gesamtstichprobe HFA LFA n % n % n % Atypisches Neuroleptikum 10 25,0 2 16,7 8 28,6 Sonstiges (Truxal, Carbamazepin) 3 7,5 0 0 3 10,7 Methylphenidat 3 7,5 1 8,3 2 7,1 Klassisches Neuroleptikum 3 7,5 0 0 3 10,7 Keine Medikation 26 65,0 9 75,0 17 60,7 a) Mehrfachnennungen sind möglich; pro Patient jedoch nur eine Nennung pro jeweiliger Medikamentenklasse b) Prozentangaben bezogen auf die Gesamtstichprobe n=40; HFA: n=12; LFA: n=28 Der größte Anteil beider Stichproben erhielt keine medikamentöse Therapie, innerhalb der HFA-Stichprobe liegt der Anteil von Patienten ohne medikamentöse Therapie bei 75,0%. Die Daten spiegeln folgende Unterschiede zwischen beiden Stichproben: Innerhalb der LFA-Stichprobe wurde am häufigsten mit einem atypischen Neuroleptikum behandelt, gefolgt von einem klassischen Neuroleptikum sowie einer antiepileptischen Therapie. Die Indikation zur Behandlung mit einer neuroleptischen Medikation erfolgte in allen Fällen wegen fremdaggressivem oder selbstverletzendem Verhalten. Zwei Patienten der LFA-Stichprobe wurden mit Methylphenidat behandelt, da sie zunächst die Diagnose einer 97 Ergebnisse hyperkinetischen Störung erhalten hatten. Die Medikation wurde in beiden Fällen wegen fehlender Wirksamkeit abgesetzt, für den mit Methylphenidat behandelten Patienten aus der HFA-Stichprobe trat derselbe Fall ein. Vier Patienten aus der LFA-Stichprobe setzten die Medikation mit einem atypischen Neuroleptikum wieder ab (bzw. die Eltern). Der kürzeste Einnahmezeitraum belief sich auf zwei Monate (Absetzen wegen Gewichtszunahme), gefolgt von vier Monaten Einnahmedauer (Absetzen wegen extrapyramidaler Nebenwirkungen), gefolgt von acht Monaten Einnahmedauer (Absetzen wegen Enuresis diurna). Die längste Einnahmedauer vor Absetzen wegen unerwünschter Arzneimittelwirkungen belief sich auf ein Jahr und sieben Monate, hier wurde das Atypikum in einer anthroposophisch orientierten Einrichtung aus weltanschaulichen Gründen abgesetzt. 4.4.4 Besuchte Bildungseinrichtungen Die Tabellen 30, 30a und 30b zeigen die besuchten Bildungseinrichtungen der Gesamtstichprobe sowie der HFA-und der LFA-Stichprobe. Im Vergleich beider Stichproben zeigt sich, dass nahezu alle Patienten der LFA-Stichprobe bereits im Kindergartenalter eine sonderpädagogische Einrichtung besucht haben, während die Verteilung innerhalb der HFAStichprobe sowohl den Besuch im Regelkindergarten als auch in einer sonderpädagogischen Einrichtung dokumentiert. Tabelle 30. Besuchte Bildungseinrichtungen zw. 3;0. - 5;11. Lebensjahr Gesamt HFA LFA n %a) n %a) n %a) Sonderkindergarten 28 70,0 4 33,3 24 85,7 Regelkindergarten 11 27,5 5 41,6 6 21,4 Privater Kindergarten (Waldorf, 1 2,5 - - 1 3,5 Montessori) Mehrfachnennungen sind möglich; pro Patient jedoch nur eine Nennung pro jeweiliger Bildungseinrichtung a) Prozentangaben beziehen sich auf die Gesamtstichprobe; n=40, HFA; n=12, LFA;n=28 Auch der dokumentierte Schulbesuch zeigt, dass die Hälfte aller Patienten aus der HFAStichprobe an einer Regelgrundschule beschult wurde. Interessanterweise wurden zwei Patienten aus der HFA-Stichprobe auch an einer G-Schule beschult, d.h. eigentlich unter dem Niveau ihrer Leistungsfähigkeit. Der größte Anteil der LFA-Stichprobe besuchte bereits mit Beginn der Schullaufbahn eine G-Schule (vgl. Tabelle 30a). 98 Ergebnisse Tabelle 30b dokumentiert, dass etwa 60% der HFA-Stichprobe zum Katamnesezeitpunkt eine weiterführende Regelschule besuchen konnten. Ein Patient bereitete sich zum Katamnesezeitpunkt auf das Abitur vor, zwei Patienten hatten zum Katamnesezeitpunkt eine Hauptschullaufbahn mit entsprechendem Abschluss beendet. Innerhalb der LFA-Stichprobe konnten über 80% der Patienten zum Katamnesezeitpunkt keine reguläre weiterführende Schule besuchen. Ein Patient aus dieser Stichprobe besuchte durch die Initiative der Mutter mit Hilfe eines Schulbegleiters und gestützter Kommunikation ein Gymnasium, wobei die Validität der dort erbrachten Leistungen nicht überprüfbar war. Tabelle 30a. Besuchte Bildungseinrichtungen zw. 6;0. - 10;1. Lebensjahr Gesamt n a) HFA LFA %b) n a) %b) n a) %b) Regelgrundschule 8 22,2 6 46,2 2 8,7 Fördergrundschule 5 13,8 3 23,1 2 8,7 (Grund-)Schule für Erziehungshilfe 2 5,5 1 7,7 1 4,3 Private Schule (Waldorf, Montessori…) 1 2,7 1 7,7 - - Grundschule für Körperbehinderte 1 2,7 - - 1 4,3 Grundschule für geistig Behinderte 21 58,3 2 15,4 18 78,2 Mehrfachnennungen sind möglich; pro Patient jedoch nur eine Nennung pro jeweiliger Bildungseinrichtung a) Gesamtstichprobe n=37, HFA n=13, LFA n=24, bedingt durch Schulwechsel, die von einigen Patienten vollzogen wurden b) Prozentangaben beziehen sich auf die Anzahl der Patienten, die älter als 5,11 Jahre sind, n=36, HFA n= 13, LFA n=23 Tabelle 30b. Besuchte Bildungseinrichtungen ab dem 11. Lebensjahr Gesamt n a) HFA b) % n a) LFA a) % n a %a) Gymnasium 2 11,8 1 12,5 1 11,1 Hauptschule 2 11,8 2 25,0 - - Realschule 2 11,8 2 25,0 - - Hauptschule für Geistigbehinderte 2 11,8 - - 2 22,2 Förderhauptschule 3 17,6 2 25,0 1 11,1 10 58,8 2 25,0 8 88,8 Sonstige Bildungseinrichtungen c) Mehrfachnennungen sind möglich; pro Patient jedoch nur eine Nennung pro jeweiliger Bildungseinrichtung a) Gesamtstichprobe n= 21, HFA n=9, LFA n= 12 , bedingt durch Schulwechsel, die von einigen Patienten vollzogen wurden b) Prozentangaben beziehen sich auf die Anzahl der Patienten, die älter als 10;11 Jahre sind, n= 17, HFA n= 8, LFA n=9 c) Jugendhilfeeinrichtungen, Heimsonderschulen, geschützte Werkstätten 99 4.5 Globalbeurteilung Anpassung der Ergebnisse Defizite der psychosozialen Die Erhebung und Auswertung dieser Daten ist der sechsten Achse des „Multiaxialen Klassifikationsschema für psychische Störungen des Kindes-und Jugendalters nach ICD-10 der WHO“(WHO 1992) entlehnt. Die Einschätzung auf dieser Achse „sollte die psychische, soziale und berufliche (schulische) Leistungsfähigkeit des Patienten zum Zeitpunkt der klinischen Evaluation widerspiegeln“ (Remschmidt, 2001). Die hier vorgenommenen Klassifikationen betreffen Funktionsbeeinträchtigungen, die als direkte Folge aus einer psychischen Störung, einer spezifischen Entwicklungsstörung oder einer intellektuellen Beeinträchtigung entstanden sind. Die Beurteilung bezieht sich auf den Zeitraum der zurückliegenden drei Monate mit den folgenden Abstufungen: 1. Hervorragende/ gute soziale Anpassung 2. Befriedigende soziale Anpassung 3. Leichte soziale Beeinträchtigung 4. Mäßige soziale Beeinträchtigung 5. Deutliche soziale Beeinträchtigung 6. Deutliche und übergreifende (durchgängige) soziale Beeinträchtigung 7. Tiefgreifende und schwerwiegende soziale Beeinträchtigung 8. Braucht beträchtliche Betreuung 9. Braucht ständige Betreuung (24-Stunden-Versorgung) Im Rahmen der vorliegenden Untersuchung wurde die „Globalbeurteilung der psychosozialen Anpassung“ zu folgenden Zeitpunkten erhoben: Zu Beginn der Behandlung in der Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters des Universitätsklinikums Freiburg erfolgte die Klassifikation durch den/die aufnehmende(n) Arzt/ Ärztin im Rahmen der Basis-Dokumentation (BaDo). Eine zweite Klassifizierung erfolgte zum Katamnesezeitpunkt (= Behandlungsende) durch eine Fachärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie sowie durch die Leiterin der Untersuchung. Zu Behandlungsbeginn zeigen sich folgende Unterschiede zwischen beiden Stichproben: Innerhalb der HFA-Stichprobe konnte ein Patient im Bereich „Deutliche soziale Beeinträchtigung“ klassifiziert werden, der größte Anteil der Stichprobe wurde im Bereich „Deutliche und übergreifende (durchgängige) soziale Beeinträchtigung“ klassifiziert. Innerhalb der LFA-Stichprobe wurden der größte Anteil der Patienten im Bereich „Braucht beträchtliche Betreuung“ klassifiziert, neun Patienten dieser Stichprobe erhielten die 100 Ergebnisse Klassifizierung „Braucht ständige Betreuung (24-Stunden-Versorgung)“, in der HFAStichprobe wurde kein Patient in dieser Kategorie klassifiziert. Zum Katamnesezeitpunkt (= Behandlungsende) konnten folgende Ergebnisse erhoben werden: Die beste psychosoziale Anpassung wurde für einen Patienten aus der HFAStichprobe im Bereich „mäßige soziale Beeinträchtigung“ kodiert. Der überwiegende Anteil der Patienten aus der HFA-Stichprobe wurde wiederum im Bereich „deutliche und übergreifende (durchgängige) soziale Beeinträchtigung“ kodiert, für einen Patienten war zum Katamnesezeitpunkt kein Ergebnis zu erheben, da die diesbezüglichen Informationen als unzureichend eingeschätzt wurden. Tabelle 31. Häufigkeitenverteilung der Globalbeurteilung der psychosozialen Anpassung, Gesamtstichprobe, HFA und LFA Gesamtstichprobe LFA Beginn Ende Beginn Ende Beginn Ende % % % % % % n=28 n=28 n=40 0 (hervorrag.) - 2: (leichte sB) HFA n=39 b) n=11 n=12 b) - - - - - - - 2,6 - 9,1 - - a) 2,5 5,1 8,3 18,2 - - 5:deutliche u. übergreifende sB 12,5 18,0 41,7 63,6 - - 6: tiefgreifende u.schwerwiegende sB 25,0 23,1 25,0 9,1 25,0 28,6 7: braucht beträchtliche Betreuung 37,5 33,3 25,0 - 42,9 46,4 8: braucht ständige Betreuung 22,5 18,0 - - 32,1 25,0 3: mäßige sB a) 4: deutliche sB a) sB= soziale Beeinträchtigung b) bei 1 HFA Patienten mit anfänglichen Anpassungsniveau von „7“ konnte zum Katamnesezeitpunkt kein Wert bestimmt werden Wie in Tabelle 31 gezeigt, lässt sich zusammenfassend sagen, dass sich die Patienten der HFA-Stichprobe zwischen dem Behandlungsbeginn und der Erhebung zum Katamnesezeitpunkt in ihrer psychosozialen Anpassung verbessern konnten, innerhalb der LFA-Stichprobe ist das Niveau der psychosozialen Anpassung fast unverändert geblieben. Die Veränderungen der psychosozialen Anpassung von Behandlungsbeginn bis zum Katamnesezeitpunkt konnten auch mittels statistischer Tests belegt werden: Die Differenz der Psychosozialen Anpassung von Katamnesezeitpunkt zu Behandlungsanfang zeigt innerhalb der HFA-Stichprobe einen signifikanten Unterschied (Wilcoxon-MannWhitney-Test, S = -10.5, p<.04). Innerhalb der LFA-Stichprobe besteht bezüglich dieses Zusammenhanges kein signifikanter Unterschied (Wilcoxon-Mann-Whitney-Test, S = -4.5, p<.54). 101 Ergebnisse Abbildung 6: Psychosoziale Anpassung, HFA-Stichprobe und LFA-Stichprobe Abbildung 6 stellt die oben beschriebene Veränderung der psychosozialen Anpassung zusätzlich farblich gruppiert für IQ-Bereiche, für die HFA-Stichprobe und die LFAStichprobe graphisch dar. Die blau eingefärbten Anteile der Graphik stellen den Bereich der durchschnittlichen Intelligenz dar (IQ 85-114), die grün eingefärbten Anteile stellen den Bereich der niedrigen Intelligenz dar (IQ 70-84) und repräsentieren somit die HFA-Stichprobe. Die gelb eingefärbten Anteile stellen den Bereich der leichten Intelligenzminderung (IQ 5069), die rot eingefärbten Anteile den Bereich der mittelgradigen Intelligenzminderung (IQ 3549) dar und repräsentieren somit die LFA-Stichprobe. Vergleicht man nun die beiden Stichproben bezüglich der psychosozialen Anpassung zu Beginn der Behandlung miteinander, so lässt sich ein signifikanter Unterschied nachweisen (Wilcoxon-Signed-Ranks-Test, S = 127.5, p<.0001). Ebenfalls signifikant ist der Vergleich 102 Ergebnisse beider Stichproben bezüglich der psychosozialen Anpassung zum Ende der Behandlung (Wilcoxon-Signed-Ranks-Test, S = 70.0, p<.001). Zudem kann man im Vergleich beider Stichproben einen Zusammenhang zwischen psychosozialer Anpassung und kognitivem Leistungsniveau herstellen: Wie sich schon in der Auswertung zur Veränderung der psychosozialen Anpassung für die Gesamtstichprobe und besonders getrennt für die HFA-Stichprobe und die LFA-Stichprobe andeutet, scheint es einen systematischen Zusammenhang zwischen dieser Variable und dem IQ zu geben. Es zeigt sich ein spezifischeres Ergebnismuster, wenn die beiden Gruppen getrennt ausgewertet werden: Während sich im unteren IQ-Bereich kein signifikanter monotoner Zusammenhang feststellen lässt (LFA-Stichprobe [n=8]: Spearmans Rho = -.11, p<.80), zeigt sich ein solcher sehr deutlich im oberen IQ-Bereich (HFA-Stichprobe [n=12]: Spearmans Rho = -.67, p<.02). Dabei ist einschränkend zu bemerken, dass die Korrelationen aufgrund der geringen Anzahl regelhaft durchführbarer Intelligenztestungen in der LFA-Stichprobe mit Vorsicht zu interpretieren sind. Zudem könnte die Signifikanz der Ergebnisse auch auf die unterschiedliche Gruppengröße zurückgeführt werden. Auf der anderen Seite ist jedoch anzunehmen, dass bei all denjenigen Beobachtungen in der LFA-Stichprobe, bei denen keine IQ-Testung vorliegt, auch nahezu keine Veränderung der psychosozialen Anpassung zu verzeichnen war und sich von daher die Spearman-Rho-Korrelation nur unwesentlich ändern würde. Abbildung 7 stellt die oben beschriebenen Zusammenhänge graphisch dar. 103 Ergebnisse Abbildung 7: Zusammenhang zwischen psychosozialer Anpassung und kognitivem Leistungsniveau 104 4.6 Ergebnisse Demographische Faktoren der Stichproben 4.6.1 Familienanamnese psychiatrischer Erkrankungen Innerhalb der HFA-Stichprobe wurde bei einer Schwester eines Patienten ein AspergerSyndrom diagnostiziert, bei vier Familienangehörigen innerhalb der Stichprobe wurde von autistischen Persönlichkeitszügen berichtet, während bei keinem Patienten die gesicherte Diagnose eines Frükindlichen Autismus in der Familie bekannt war. Ein Drogenabusus war innerhalb der HFA-Stichprobe bei jeweils einem Bruder, Vater oder Großvater aufgetreten, Depressionen kamen bei zwei Müttern der Patienten vor. Innerhalb der LFA-Stichprobe wurden über zwei Familienangehörige mit autistischen Persönlichkeitszügen berichtet, die Diagnose eines Frühkindlichen Autismus trat bei den Verwandten innerhalb der Stichprobe nicht auf, ein Bruder erhielt die Diagnose eines Atypischen Autismus. Innerhalb dieser Stichprobe trat unter dem Kriterium „Sonstige psychiatrische Erkrankungen“ gehäuft die Diagnose „geistige Behinderung“ bei insgesamt drei Brüdern der Patienten auf, zwei Brüder hatten die Diagnose einer Entwicklungsverzögerung erhalten. Ein Onkel war an einer Schizophrenie erkrankt, bei weiteren Verwandten wurde in einem Fall von einer gesicherten Epilepsie berichtet. Depressionen traten bei insgesamt sechs Familienangehörigen auf. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sich für die untersuchten Stichproben keine Häufung von Erkrankungen aus dem autistischen Spektrum objektivieren ließ. Die Anzahl der Nennungen war insgesamt so gering, dass auf eine Darstellung in tabellarischer Form verzichtet wurde. 4.6.2 Schichtzugehörigkeit der Eltern Die Schichtzugehörigkeit der Eltern wurde aus den Daten der Basisdokumentation ermittelt, wobei jeweils die Schichtzugehörigkeit des sozial höhergestellten Elternteils herangezogen wurde. Tabelle 32 zeigt die Schichtzugehörigkeit der Eltern für HFA-Stichprobe und die LFA-Stichprobe. 105 Ergebnisse Tabelle 32. Schichtzugehörigkeit der Eltern, HFA (n =12) u. LFA (n=23) a) HFA LFA Schichtzugehörigkeit n % n % Ungelernte Arbeiter 1 8,3 5 21,7 Angelernte Arbeiter 0 0 1 4,4 Facharbeiter, Handwerker, Angestellte, Beamte im einf. Dienst 5 41,8 7 30,4 Mittlere Angestellte, Beamte im mittleren Dienst 4 33,3 2 8,7 Kleine selbständige Gewerbetreibende 0 0 3 13,0 Selbständige Handwerker, Landwirte, Gewerbetreibende (kleine 0 0 1 4,4 1 8,3 0 0 1 8,3 4 17,4 Betriebe) Selbständige Handwerker, Landwirte, Gewerbetreibende (mittlere Geschäfte, Betriebe) Akademiker, freie Berufe, größere Unternehmer a) Bei 5 Patienten fehlt die Angabe bezüglich Schichtzugehörigkeit der Eltern, Prozentangaben beziehen sich auf n=23 Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Patienteneltern beider Stichproben ein homogenes Profil bezüglich ihrer sozialen Herkunft zeigen: Der größte Anteil beider Stichproben lässt sich der Schicht der „Facharbeiter, Handwerker, Angestellte sowie Beamte im einfachen Dienst“ zuordnen. Eine Überrepräsentation einer besonders bildungsfernen oder bildungsnahen Schicht konnte nicht objektiviert werden, mit der Ausnahme, dass innerhalb der LFA-Stichprobe ein etwas größerer Anteil der Eltern zur Schicht der ungelernten Arbeiter gezählt wurde. Auch der Schulabschluss der Patienteneltern wurde aus der Basisdokumentation ermittelt: Die Ergebnisse sind in Tabelle 33 für die HFA-Stichprobe und die LFA-Stichprobe dargestellt. Innerhalb der HFA-Stichprobe war bei den Müttern ein Hauptschulabschluss am häufigsten repräsentiert, bei den Vätern war es ein Realschulabschluss. Im Vergleich dazu war sowohl bei den Müttern als auch bei den Vätern der LFA-Stichprobe ein Realschulabschluss am häufigsten repräsentiert. Im Gegensatz zur HFA-Stichprobe besaßen zudem vier Mütter und zwei Väter der LFA-Stichprobe überhaupt keinen Schulabschluss, dies entspricht den Ergebnissen von Tabelle 32. 106 Ergebnisse Tabelle 33. Schulabschluss Eltern für die HFA-Stichprobe und die LFA-Stichprobe HFA LFA Mutter Vater Mutter n % n % 0 0 0 0 Sonderschule 0 0 1 Hauptschule 5 41,7 Realschule 4 Abitur (Fach-)Hochschule/ Vater % n % 4 14,3 2 7,1 8,3 0 0 0 0 1 8,3 2 7,1 1 3,6 33,3 6 50,0 10 35,7 10 35,7 1 8,3 1 8,3 0 0 0 0 0 0 2 16,7 2 7,1 5 17,9 Im Ausland 0 0 0 0 1 3,6 2 7,1 Unbekannt 2 16,7 1 8,3 9 32,2 8 28,6 Gesamt 12 100 12 100 28 100 28 100 Kein n Schulabschluss Universität 4.6.3 Familiäre Situation Tabelle 34 stellt die ebenfalls mittels der Basisdokumentation erhobenen Daten bezüglich der familiären Situation dar. In beiden Stichproben lebt über 50% der Eltern zusammen, innerhalb der HFA-Stichprobe waren die Patienten in zwei Fällen Halbwaisen. Tabelle 34. Familiäre Situation für die HFA-Stichprobe und die LFA-Stichprobe Gesamtstichprobe HFA LFA n % n % n % Leben zusammen 26 65,0 7 58,3 19 67,9 Getrennt/ geschieden/ haben nie 12 30,0 3 25,0 9 32,1 2 5,0 2 16,7 0 0 zusammen gelebt Durch Tod getrennt 4.6.4 Wohnsituation Tabelle 35 stellt die aus der Basisdokumentation ermittelte Wohnsituation für die Gesamtstichprobe sowie die HFA/LFA-Stichprobe dar. Nahezu 70% der Patienten der HFAStichprobe lebt nicht mehr bei den Eltern, sondern ist in einer Jugendhilfeeinrichtung oder 107 Ergebnisse einer ähnlichen Einrichtung untergebracht, innerhalb der LFA-Stichprobe lebt die Hälfte der Patienten vermutlich aufgrund deutlich stärkerer psychosozialer Beeinträchtigung sowie einem insgesamt jüngeren Durchschnittsalter bei den Eltern. Tabelle 35. Wohnsituation für die HFA-Stichprobe und die LFA-Stichprobe Gesamtstichprobe HFA LFA n % n % n % (Leibl., Stief-, Adoptiv-)Eltern 18 45,0 4 33,3 14 50,0 Stat.Jugendhilfemaßnahme, 21 52,5 8 66,7 13 46,4 1 2,5 0 0 1 3,6 Rehabilitations- und Therapieeinrichtung Andere Wohnsituation 108 5. Diskussion Diskussion Ziel der vorliegenden Studie war es, durch den Vergleich einer Stichprobe von Patienten mit einem High-Functioning-Autismus mit einer Stichprobe von Patienten mit einem LowFunctioning-Autismus mögliche Hinweise auf das Vorliegen von unterschiedlichen Symptomprofilen innerhalb der Diagnosegruppe F84.0 (Frühkindlicher Autismus) zu erlangen. Damit soll den Ergebnissen aktueller Forschungsarbeiten entsprochen werden, die das Konzept der Autismus-Spektrum-Störungen in das Zentrum ihrer Überlegungen bezüglich diagnostischer Einschätzungen stellt, und somit der oft heterogenen Ausprägung der autistischen Symptomatik bei betroffenen Personen begegnen will. Die innerhalb der Studie untersuchten Stichproben wurden aus einer InanspruchnahmePopulation der Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie im Kindes- und Jugendalter des Universitätsklinikums Freiburg generiert. Die Teilnahmebereitschaft der vorliegenden katamnestischen Untersuchung ist insgesamt als gut zu bewerten. Nahezu zwei Drittel der ursprünglichen Gesamtstichprobe konnten in die Studie eingeschlossen werden, nur ein Sechstel der angeschriebenen Familien verweigerten eine Kontaktaufnahme. Der Ausschluss der anderen Patienten erfolgte aufgrund fehlender Kontaktadressen oder veränderter diagnostischer Einschätzung. In über 90% der Fälle erfolgte eine persönliche Kontaktaufnahme mit Durchführung der aktuellen Gold-Standard-Untersuchungen zur Diagnostik eines Frühkindlichen Autismus. Die Vollständigkeit der Angaben konnte somit gesichert werden. Die Kooperationsbereitschaft der teilnehmenden Eltern und Patienten war durchweg hoch. Der Gesamtverlauf der Untersuchung ist als durchweg positiv zu bewerten. 5.1 Diskussion der Ergebnisse 5.1.1 Klinische Ausprägung der diagnostischen Kriterien nach ICD-10 und DSM-IV bei High-Functioning und LowFunctioning Autismus Sprachliche Fertigkeiten und Kommunikation In der vorliegenden Untersuchung fiel im Vergleich beider Stichproben eine sehr heterogene Ausprägung der Sprachentwicklung bzw. der erworbenen sprachlichen Fähigkeiten auf. Es fielen deutliche Schweregradsunterschiede bei der Beeinträchtigung der expressiven und 109 Diskussion rezeptiven sowie der pragmatischen sprachlichen Fähigkeiten auf. Die Unterscheidungen zwischen einer Beeinträchtigung der Kommunikation in den Bereichen expressiver und rezeptiver sprachlicher Fähigkeiten (als sog. „struktureller“ Anteil) und den pragmatischen Anteilen sprachlicher Fähigkeiten (Prosodie, Fähigkeiten zur wechselseitigen Kommunikation) wird in verschiedenen Studien beschrieben. Auch die heterogene Ausprägung sprachlicher Fähigkeiten bei Patienten mit einer Störung aus dem autistischen Spektrum ist in der Literatur bekannt (Tager-Flusberg, 1999; Kjelgaard & Tager-Flusberg, 2001; Tager-Flusberg & Caronna, 2007). Der Bereich der sogenannten strukturellen Beeinträchtigungen bezieht sich auf die Beobachtungen, dass einige Patienten innerhalb des autistischen Spektrums aufgrund einer mangelhaft ausgeprägten rezeptiven und expressiven Sprachentwicklung niemals Sprache im kommunikativen Sinn verwenden können und daher „nicht-sprechend“ bleiben. Im Gegensatz dazu können andere Patienten hervorragende expressive und rezeptive sprachliche Fähigkeiten entwickeln, der pragmatische Aspekt der sprachlichen Fähigkeiten bleibt jedoch aufgrund der vorhandenen autistischen Symptomatik beeinträchtigt (z.B. in den Bereichen der wechselseitige Kommunikation, Soziales Geplauder). Bei allen Patienten der untersuchten High-Functioning-Stichprobe wurde über eine Sprachentwicklungsverzögerung berichtet (lt. Definition ADI-R: Erste Worte nach dem 24. Lebensmonat, Zwei- oder Dreiwortsätze nach dem 33. Lebensmonat; Rutter, LeCouteur, & Lord, 2003). Zum Untersuchungszeitpunkt hatten alle Patienten der High-FunctioningStichprobe ein Sprachniveau entwickelt, welches den funktionalen Gebrauch von Sprache im Alltag ermöglichte (lt. Definition ADI-R: funktionaler Gebrauch spontaner oder echolalischer oder stereotyper Sprache, die täglich benutzt wird und die Sätze mit drei oder mehr Wörtern beinhaltet, welche zumindest manchmal ein Verb enthalten und die für andere Menschen verständlich ist; Rutter, LeCouteur, & Lord, 2003). Nahezu alle Patienten der HFAStichprobe hatten sprachliche Fähigkeiten entwickelt, die über dieses Niveau hinausgingen. Dies spiegelt sich in den Ergebnissen der direkten Interaktionsbeobachtung ADOS wider. 30,0% der Patienten aus der HFA-Stichprobe erhielten in der ADOS im Bereich der Kommunikation zum Untersuchungszeitpunkt nur noch eine Diagnose aus dem Bereich des autistischen Spektrums. Die Beeinträchtigung im Bereich der strukturellen Auffälligkeiten der Sprache wurde bei diesen Patienten geringer eingeschätzt als die der restlichen Patienten innerhalb der HFA-Stichprobe. Dies kann auf eine Verbesserung der sprachlichen Fähigkeiten im Laufe der Zeit hinweisen. Diese Beobachtungen werden ebenfalls durch Forschungsergebnisse verschiedener Studien unterstützt, die eine deutlich Verbesserung der 110 Diskussion sprachlichen Fähigkeiten bei Patienten mit einem High-Functioning-Autismus im Laufe der Entwicklung nachweisen konnten (Gilchrist et al., 2001). Dies lässt sich sicherlich auch aus der engen Korrelation zwischen Intelligenzniveau und Sprachentwicklung erklären. Bei über der Hälfte der Patienten der High-Functioning-Stichprobe wurde im Laufe der Entwicklung das Auftreten repetitiver Sprache beobachtet. Die Beeinträchtigung in der pragmatischen Anwendung ihrer sprachlichen Fähigkeiten war bei allen Patienten zum Zeitpunkt der Untersuchung vorhanden (in den Bereichen wechselseitige Konversation, soziales Geplauder). Diese Beobachtung wird in der Literatur bestätigt. Auch findet sich in diesem Zusammenhang der Hinweis auf den notwendigen Förderbedarf von Patienten mit guten expressiven und rezeptiven sprachlichen Fähigkeiten im Bereich ihrer stark beeinträchtigten pragmatischen sprachlichen Fähigkeiten (Reichow& Klin, 2008). Die Entwicklung expressiver und rezeptiver sprachlicher Fähigkeiten innerhalb der LowFunctioning–Stichprobe zeigte ein sehr heterogenes Bild: 50,0% der Patienten wurden, den diagnostischen Kriterien entsprechend, als „nicht-sprechend“ klassifiziert (d.h. ihre sprachlichen Fähigkeiten entsprachen nicht dem im ADI-R geforderten Umfang). Innerhalb der Gruppe der als „nicht-sprechend“ klassifizierten Patienten konnten weitere Unterschiede beobachtet werden: So entwickelten einige Patienten verständliche Lautäußerungen im Sinne von Echolalien und stereotypen Lautäußerungen, setzten diese jedoch nicht oder nur selten im kommunikativen Gebrauch ein. Andere Patienten dieser Stichprobe hatten solche Fähigkeiten zum Untersuchungszeitpunkt nicht entwickelt. Bei einem als „nicht-sprechend“ klassifizierten Patienten konnte ein Fall von Regression im Bereich sprachlicher Fähigkeiten nachgewiesen werden. Dies wurde im Zusammenhang mit dem Auftreten epileptischer Anfälle beobachtet; auch in der Literatur wird dieser Zusammenhang beschrieben (Lewine et al., 1999). Die als „sprechend“ klassifizierten Patienten der Low-Functioning-Stichprobe lagen mit ihren strukturellen sprachlichen Fähigkeiten allgemein noch deutlich unter dem Niveau der HighFunctioning-Stichprobe, wobei alle Patienten dieser Stichprobe repetitive Sprache zeigten. Die Beobachtung, dass besonders Patienten im niedrigen IQ-Bereich mit nahezu identischen Intelligenzprofilen sehr heterogene Profile bezüglich ihrer strukturellen Sprachentwicklung zeigen, wird in der Literatur erwähnt (Kjelgaard & Tager-Flusberg, 2001). In diesem Zusammenhang wurden verbale Fähigkeiten von Patienten mit einer autistischen Störung mit einer deutlichen Beeinträchtigung expressiver und rezeptiver sprachlicher Fähigkeiten mit verbalen Fähigkeiten nichtautistischer Patienten verglichen, die an einer spezifischen Sprachentwicklungsstörung litten. Die Ergebnisse der Patienten mit einer autistischen Störung zeigten eine Überlappung zu den Ergebnissen nichtautistischer Patienten mit einer 111 Diskussion spezifischen Sprachentwicklungsstörung. Dies wird in der Literatur als möglicher Hinweis für das Vorhandensein genetischer Subgruppen innerhalb des autistischen Spektrums gewertet, welche eine Erklärung für die heterogene Entwicklung strukturell-sprachlicher Fähigkeiten liefern könnte (Kjelgaard & Tager-Flusberg, 2001). Repetitive und stereotype Verhaltensweisen In der Literatur existieren verschiedene Studien, die sich mit der Ausprägung des diagnostischen Kriteriums „Beschränkte, repetitive und stereotype Verhaltensweisen, Interessen und Aktivitäten“ in den Bereichen Sonderinteressen, Rituale, Manierismen und Objektteilen und deren Zusammenhang mit Alter und Intelligenzniveau beschäftigt haben (South, Ozonoff & McMahon, 2005; Bishop, Richler, & Lord, 2006; Esbensen, Seltzer, & Bodfish, 2008). Die Ergebnisse der vorliegenden Studien zeigen, dass die Ausprägung repetitiver und stereotyper Verhaltensweisen stärker abhängig vom Alter der Patienten als vom Intelligenzniveau zu sein scheint. Mit zunehmendem Alter wird eine Veränderung der Ausprägung repetitiver und stereotyper Verhaltensweisen von einem senso-motorischen Profil hin zu einem mehr durch Verhaltensweisen wie z.B. starres Festhalten an bestimmten Gewohnheiten und Ritualen geprägtem Profil beobachtet. Die Literatur beschreibt verschiedene Gruppen von stereotypen und repetitiven Verhaltensweisen. So wird z.B. über „higher-level“ repetitive Verhaltensweisen wie Sonderinteresen und Rituale sowie über „lower-level“ repetitive Verhaltensweisen wie Hand-und Fingermanierismen und Dyskinesien berichtet, die sich sowohl in unterschiedlichen Altersgruppen als auch bei unterschiedlichem Funktionsniveau in ihrer Ausprägung unterscheiden. Diese Beobachtung bedeutet jedoch nicht, dass bestimmte stereotype Verhaltensweisen, die besonders bei Patienten mit einem High-Functioning-Autismus einer bestimmten Altersgruppe zu beobachten sind, bei den altersentsprechenden Patienten mit einem Low-Functioning-Autismus überhaupt nicht auftreten. Der umgekehrte Fall wurde ebenso beschrieben: Besonders stereotype Verhaltensweisen wie Hand- und Fingermanierismen sowie Bewegungsstereotypien wurden auch bei Patienten mit einem hohen Funktionsniveau beobachtet, so dass nicht alleine das Funktionsniveau ursächlich für die Ausprägung dieser Verhaltenweisen sein kann. Stereotype Verhaltensweisen wie z.B. Sonderinteressen, v.a. im Bereich von intensiven Interessen sowie Zwängen und Ritualen, wurden aber tendenziell häufiger bei Patienten mit einem höheren Funktionsniveau beobachtet. Die Patienten der in der vorliegenden Studie untersuchten LFA-Stichprobe zeigten in über 90% stereotype Verhaltensweisen aus den Bereichen „motorische Manierismen“, „ständige Beschäftigung mit Teilen von Objekten“ sowie „stereotype und begrenzte Interessen“. 112 Diskussion Stereotype Verhaltensweisen in Form von Ritualen oder nichtfunktionalen Gewohnheiten waren bei über 60% der LFA-Stichprobe nicht aufgetreten, dies steht im Einklang mit den Daten der Literatur (Bishop, Richler, & Lord, 2006). Motorische Manierismen wie z.B. Hand- und Fingerbewegungen sowie Flattern mit den Armen ist bei über 60% der untersuchten HFA-Stichprobe aufgetreten, diese Patienten zeigten jedoch im Vergleich zu den Patienten der LFA-Stichprobe seltener zusätzliche „komplexe Manierismen“ wie z.B. „um die eigene Achse drehen“ oder „den Kopf an die Wand schlagen“. Über 60% der Patienten der HFA-Stichprobe zeigten ein „Starres Festhalten an nichtfunktionalen Gewohnheiten und Ritualen“. Im Bereich der Sonderinteressen fiel auf, dass Sonderinteressen innerhalb der HFAStichprobe eine größere Variationsbreite zeigten und sich eher mit der im ADI-R gewählten Beschreibung „intensive Interessen“ deckten, wohingegen die Patienten der LFA-Stichprobe ein deutlich ausgeprägtes Interesse an sog. „abnormen Interessen“ (ADI-R, Rutter, LeCouteur, & Lord, 2003) zeigten (z.B. Wasserspülungen, elektrische Geräte). Das Hauptinteresse lag hier zudem auf dem repetitiven Gebrauch dieser Alltagsgegenstände, während die Patienten der HFA-Stichprobe durchaus inhaltliche Kompetenzen im Bereich ihrer Sonderinteressen (z.B. Zahlen, Musik, Werkzeuge) entwickelten. Für die untersuchte LFA-Stichprobe konnten die oben beschriebenen inhaltlichen Kompetenzen in einem umschriebenen Bereich nicht eindeutig objektiviert werden. Trotz ausführlicher Befragung der Eltern nach evtl. vorliegenden Fähigkeiten im Sinne eines „talentierten“ Savant (Treffert, 1988) berichteten nahezu alle Eltern meist über die Entwicklungsdefizite ihrer Kinder. Der Fokus der Beobachtung war zumeist auf diesen Bereich beschränkt. Trotzdem ist durch Beschreibungen der Eltern und direkter Beobachtung der Patienten davon auszugehen, dass ein oder zwei Kinder aus der untersuchten LFAStichprobe Fähigkeiten im Sinne eines „talentierten“ Savant besitzen. Soziale Interaktion Die klinische Ausprägung des diagnostischen Kriteriums „Qualitative Beeinträchtigung der sozialen Interaktion“ zeigt im Vergleich der beiden untersuchten Stichproben die wenigsten Unterschiede. In beiden Stichproben zeigt sich eine nahezu identische Ausprägung in allen Symptombereichen. Lediglich im Bereich „Mangel, spontan Freude, Interessen oder Erfolge mit anderen zu teilen“ ließen sich Unterschiede zwischen den beiden Stichproben beobachten. Innerhalb der HFA-Stichprobe war dieses Kriterium bei über 30% der Patienten nicht aufgetreten: alle anderen Bereiche der qualitativen Beeinträchtigung der sozialen Interaktion waren bei beiden Stichproben in nahezu 100% der Fälle aufgetreten. Die Ergebnisse der 113 Diskussion HFA-Stichprobe im Bereich „Mangel, spontan Freude, Interessen oder Erfolge mit anderen zu teilen“ decken sich mit den Daten der ebenfalls in der Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie des Kindes-und Jugendalters der Universitätsklinik Freiburg durchgeführten Katamnesestudie von Patienten mit der Diagnose eines Asperger-Syndroms (Heß, 2008). Auch in dieser Studie wurde bei 30,0% der Patienten dieses diagnostische Kriterium nicht beobachtet. Die stabile Ausprägung der Symptomatik im Bereich der sozialen Interaktion wird auch in der Literatur beschrieben. Einige soziale Fähigkeiten sind im Laufe der Entwicklung zwar „trainierbar“, jedoch persistiert die tiefgreifende Beeinträchtigung im Bereich der sozialen Interaktion auch bei Patienten mit einem hohen Funktionsniveau ein Leben lang. Auch ein höheres Intelligenzniveau führt nicht dazu, diese Defizite vollständig zu kompensieren (Grossmann, 1997). Katamnestische Überprüfung verwandter Störungen: Multiple-Complex Developmental Disorder (MCDD) Die in der Literatur beschriebenen Komorbiditäten autistischer Störungen wie z.B. Angststörungen oder das Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitässyndrom, die jeweils mit einer Häufigkeit von bis zu 30% angegeben werden (Leyfer et al., 2006, Simonoff et al. 2008), waren in den Erkrankungsverläufen der in der vorliegenden Studie untersuchten Patienten sehr selten dokumentiert. Viele Eltern beschrieben jedoch einzelne Symptome dieser Störungsbilder: Unter anderem fielen diese im Bereich der Beschreibung früher Auffälligkeiten auf. Einige Patienten hatten im Erkrankungsverlauf die Diagnose einer ADHS erhalten. Zum Untersuchungszeitpunkt wurde jedoch für keinen Patienten eine weitere eigenständige psychiatrische Diagnose gestellt. Dies deckt sich mit den Daten der AspergerKatamnesestudie (Heß, 2008). Auch bei diesen Patienten wurden zum Untersuchungszeitpunkt keine komorbiden Störungsbilder diagnostiziert, wogegen im Verlauf 30,0% der Patienten die Diagnose eines ADHS erhalten hatten. Bei der Überprüfung auf eine Überlappung der Symptomatik zur Multiple-complex Developmental Disorder (MCDD) konnten einige interessante Beobachtungen bezüglich zusätzlich aufgetretener Symptome gemacht werden, die im Rahmen der autismusspezifischen Diagnostik nicht abgefragt werden. Wie schon im Ergebnisteil beschrieben, handelt es sich bei der MCDD um Verhaltensauffälligkeiten „in the borderlands of autism“, d.h. Patienten, die sowohl Symptome aus dem autistischen Spektrum wie z.B. die Unfähigkeit zum Aufbau sozialer Beziehungen zeigen, als auch eine Reihe affektiver 114 Diskussion Symptome und Symptome aus dem schizophrenen Formenkreis wie Denkstörungen oder Wahnerleben (Cohen, Paul & Volkmar, 1986). Sowohl die Patienteneltern der LFA-Stichprobe, deren Kinder über ein ausreichendes Sprachniveau verfügten, als auch die Patienteneltern der HFA-Stichprobe berichteten über Auffälligkeiten im Bereich von „Generalisierter Ängstlichkeit; diffuser Anspannung; Spannung oder Erregbarkeit“. In diesem Bereich fallen Symptome wie Ängste und Phobien sowie Panikattacken auf. Für über 60% der Patienten der HFA-Stichprobe und für über 40% der Patienten der LFA-Stichprobe mit ausreichender Sprachentwicklung wurde über das Auftreten solcher Symptome berichtet. Im Kernbereich der autistischen Symptomatik, dem Bereich der „Beeinträchtigungen im Sozialverhalten und der sozialen Sensitivität“, bestätigten nahezu alle Eltern beider Stichproben erwartungsgemäß die beschriebene Symptomatik. Im Bereich der „kognitiven Verarbeitungsdefizite“ zeigten mehr als ein Viertel der Patienten der HFA-Stichprobe Auffälligkeiten. Dieser Komplex umfasst Symptome wie z.B. Denkstörungen, “magisches Denken“, irrationale Gedanken, plötzliche Intrusionen im Denkprozess, Probleme Realität und Fantasie auseinanderzuhalten oder Beschäftigung mit paranoiden Denkinhalten sowie übermäßige Beschäftigung mit Fantasieinhalten/ Fantasiefiguren. In diesem Bereich war nahezu kein Patient der LFA-Stichprobe auffällig. Insgesamt erfüllten fünf Patienten der HFA-Stichprobe die Kriterien für das Vorliegen einer Multiple-complex Developmental Disorder. Einschränkend ist aber zu bemerken, dass nach formalen Kriterien die Diagnose eines Autismus ein Ausschlusskriterium für das Vorliegen einer MCDD darstellt (Buitelaar & van der Gaag, 1998). Das Ergebnis der vorliegenden Studie deckt sich mit den Daten einer schwedischen Studie, in der 8,0% der Patienten mit autistischen Störungen auf einem hohen Funktionsniveau die Kriterien für eine MCDD erfüllten (Sturm, Fernell & Gillberg, 2004). Ziel dieser Studie war es ebenfalls, Informationen über das Vorliegen von assozierten Beeinträchtigungen bei autistischen Störungen auf einem hohen Funktionsniveau zu erlangen. In der Literatur finden sich einige Arbeiten, die der Überlappung von autistischer Symptomatik mit schizoaffektiver Symptomatik in dieser Patientengruppe eine klinische und ätiologische Bedeutung zuschreiben (Buitelaar & van der Gaag, 1998; Tonge et al., 1999). Besonders interessant war für die untersuchte HFA-Stichprobe der vorliegenden Studie die häufige Nennung im Bereich von Symptomen, die Hinweise auf eine eventuell komorbid 115 Diskussion vorliegende Angststörung geben könnte. Dieses Ergebnis deckt sich auch mit den oben beschriebenen Daten der Literatur, die das Vorliegen einer Angststörung neben einer Störung aus dem autistischen Spektrum mit einer Häufigkeit von bis zu 30% angeben (Simonoff et al., 2008). 5.1.2 Erste Verhaltensauffälligkeiten und frühe Indikatoren für autistische Störungen Erste Verhaltensauffälligkeiten Forschungsbemühungen der letzten Jahre haben die Früherkennung autistischer Störungen zu einem der zentralen Themen werden lassen, sicherlich auch aufgrund von Studien, die eine frühe Diagnose und therapeutische Intervention als prognostisch günstigen Faktor für das spätere Outcome der Patienten identifizieren konnten (Venter, Lord & Schopler, 1992; Klin et al., 2007). Es existieren daher einige Studien, die mögliche Frühsymptome autistischer Störungen vor dem 3. Lebensjahr beschrieben haben (Wetherby et al., 2004; Eaves & Ho, 2004; Zwaigenbaum et al., 2005; Chawarska et al., 2007). Dabei fällt eine Vielzahl von möglichen Symptomen auf, die in ihrer Ausprägung als eher „diskret“ autistisch oder sogar „unspezifisch“ imponieren. Die „klassische“ autistische Symptomatik in den beeinträchtigten Bereichen von sozialer Interaktion, Kommunikation sowie repetitiven und stereotypen Verhaltensweisen ist aufgrund des Entwicklungsstands in diesem Alter zunächst noch rudimentär ausgebildetet. Auch scheint die gebotene Symptomatik in den verschiedenen Alterstufen gewissen Veränderungen zu unterliegen (Amorosa & Noterdaeme, 2002). Diese Einschätzung konnten die Daten der vorliegenden Studie unterstützen: Hier fiel ebenfalls auf, dass nicht alle Symptome vor dem 3. Lebensjahr vollständig ausgeprägt waren. Die volle Ausprägung bestimmter Symptome wurde für die Bezugspersonen der untersuchten Stichprobe häufig zu einem späteren Zeitpunkt beobachtet. In den meisten Fällen geschah dies im Kindergartenalter, also zwischen dem 3. und 5. Lebensjahr, wenn entsprechende soziale Fähigkeiten entwickelt sein können. In der klinischen Praxis treten daher zahlreiche Schwierigkeiten und Unsicherheiten bezüglich der Einschätzung der sich präsentierenden Symptomatik auf, obwohl in der Literatur verschiedene Daten vorliegen, die eine sichere und stabile Diagnosestellung im Alter von 18 Monaten für möglich halten (Stone et al., 1999; Lord et al., 2006). Die Validität einer frühen Diagnose ist dabei abhängig von der klinischen Erfahrung des Diagnostikers, der die in 116 Diskussion diesem Alter gezeigten Symptome als sicher autistisch einschätzen kann (Turner & Stone, 2007). Bei der in der vorliegenden Studie vorgenommenen Befragung der Eltern bezüglich beobachteter Frühsymptome fiel auf, dass viele Eltern bei einer zunächst durchgeführten unstrukturierten Befragung (d.h. die Eltern wurden gefragt, ob sie sich an erste bewusst beobachtete Auffälligkeiten in der Entwicklung ihres Kindes erinnern konnten) nur sehr unspezifische Antworten geben konnten und z.B. sehr allgemein berichteten, dass ihr Kind im Vergleich zu einem Geschwisterkind „immer anders“ gewesen sei. Am häufigsten wurde übereinstimmend über „unspezifische Verhaltensauffälligkeiten“ des Kindes berichtet, wie z.B. „stilles Baby, mit sich zufrieden“, „als Säugling stundenlang bis zur Erschöpfung gestrampelt“, „sehr unruhiger Säugling“, „sehr pflegeleichtes Kind“ oder „viel geschlafen als Säugling“. Diese Auffälligkeiten werden in der Literatur als unspezifische Frühsymptome für Störungen aus dem autistischen Spektrum beschrieben (Remschmidt et al., 2006). Auch bei der Katamnesestudie von Patienten mit der Diagnose eines Asperger-Syndroms (Heß, 2008) wurden diese Symptome bei über einem Drittel der Patienten beobachtet. In der vorliegenden Studie berichteten die Eltern beider Stichproben über Auffälligkeiten in der Sprachentwicklung sowie inadäquate Kontaktaufnahme als erste beobachtete Auffälligkeiten. In der Studie von Howlin (1999) berichteten die Eltern der Patienten mit einem Autismus ebenfalls über die oben geschilderten Auffälligkeiten. Ein Drittel der Patienten der LFA-Stichprobe waren vor der vollendeten 37. SSW zur Welt gekommen. Die Eltern waren schon seit der Geburt aufgrund von spezifischen, durch die Frühgeburt verursachte Probleme beunruhigt. Der Einfluss von Frühgeburtlichkeit als möglicher Risikofaktor für die Entwicklung einer autistischen Störung wurde in einigen Studien untersucht: Die Ergebnisse sind jedoch inkohärent (Juul-Dam, Towsend & Courchesne, 2001; Kolevzon, Gross & Reichenberg, 2007). Bei strukturierter Abfrage der in der Literatur beschriebenen möglichen Frühsymptome trat bei vielen Eltern ein „Wiedererkennungseffekt“ auf: Viele Eltern berichteten, dass sie die beschriebenen Symptome bei ihrem Kind beobachtet hätten, aber sehr unsicher gewesen seien, ob diese Symptome als Anzeichen für das Vorliegen einer Störung aus dem autistischen Spektrum gewertet werden konnten. Diese Beobachtung bestätigt die Ergebnisse der Literatur, die häufig eine große Unsicherheit bezüglich der Einschätzung der frühen Symptome beschreibt, da die psychopathologischen Merkmale früher autistischer Verhaltensweisen häufig Eltern und auch Fachleuten nicht bekannt sind (Amorosa & Noterdaeme, 2002 ). 117 Diskussion Frühe Indikatoren Bei der Eltern-Befragung bezüglich früher, in der Literatur beschriebener Auffälligkeiten, (Filipek et al., 1999; Eaves & Ho, 2004; Wetherby et al., 2004; Chawarska et al., 2007) ergaben sich leicht abweichende Rangreihenfolgen der Nennungen im Vergleich beider untersuchter Stichproben: Fast alle Eltern der LFA-Stichprobe beobachteten frühe Auffälligkeiten wie einen „Mangel an Gestik“ und „Mangel an Mimik“, sowie in über 80% das „Fehlen von sozialem Lächeln“. Bei über 70% der Patienten wurden „motorische Stereotypien“ beobachtet „Wutanfälle“ und „Auffälligkeiten beim Essen“ beobachteten über die Hälfte der Eltern der LFA-Stichprobe. Bei 40% der Patienten der LFA-Stichprobe traten laut Angaben der Bezugspersonen hyperaktive Verhaltensweisen auf. Über die Hälfte der Eltern der HFA-Stichprobe beobachteten ebenfalls die in der Literatur beschriebene fehlende affektive Modulation mit einem Mangel an Gestik und Mimik. Diese Daten decken sich mit den Ergebnissen der katamnestischen Untersuchung von Patienten mit einem Asperger-Syndrom (Heß, 2008): Dort zeigten zwei Drittel der Patienten einen fehlenden Gebrauch von Mimik und Gestik. Das Auftreten von Hyperaktivität wurde in der Studie von Heß bei 30,0% der Patienten mit einem Asperger-Syndrom beobachtet. Bei der untersuchten HFA-Stichprobe wurden bei 25,0% der Patienten über hyperaktive Verhaltensweisen berichtet. Über ein Drittel der Eltern der hier untersuchten HFA-Stichprobe beobachteten des Weiteren in der Literatur beschriebene Auffälligkeiten wie „Faszination von gewissen Reizen“, (d.h. bestimmte Geräusche oder Materialien), „Kuschelte nicht als Säugling oder Kleinkind“ oder „Probleme mit der Feinmotorik“. Im Vergleich beider Stichproben wurden in der LFA-Stichprobe signifikant häufiger folgende frühe Auffälligkeiten genannt: „Benutzt wenig Mimik“, „Kein soziales Lächeln“, „Motorische Stereotypien“, „Selbstschädigende Verhaltensweisen“, und „Übersensibilität gegenüber Tönen und Berührungen“. In der Studie von Heß (2008) zeigten ebenfalls nahezu alle Patienten mit einem Asperger-Syndrom eine sensorische Überempfindlichkeit. Die Eltern der HFA-Stichprobe beobachteten signifikant häufiger Auffälligkeiten, die die Sprache betrafen, so z.B. die Lautstärke der Sprache. Dieses Ergebnis ist jedoch aufgrund der großen Unterschiede bezüglich der Sprachentwicklung in beiden Stichproben nicht erstaunlich. Insgesamt fiel jedoch auf, dass es den Eltern der untersuchten HFA-Stichprobe eher Schwierigkeiten bereitete, sich im Vergleich zu Eltern der LFA-Stichprobe an frühe Auffälligkeiten zu erinnern. Diese Tatsache fließt auch in die Berechnung des durchschnittlichen Alters bei Auftreten erster Auffälligkeiten für die HFA-Stichprobe ein und muss in diesem Zusammenhang entsprechend berücksichtigt werden. 118 Diskussion Insgesamt lassen sich zwischen beiden Stichproben keine signifikanten Unterschiede im Bereich früher Auffälligkeiten objektivieren. Der Bereich der „klassischen“ psychopathologischen Ausprägung der autistischen Symptomatik wie z.B. stereotypes und repetitives Verhalten scheint bei jüngeren Kindern vor dem 3. Lebensjahr noch gering ausgeprägt zu sein, dies stimmt auch mit Daten der Literatur überein (Amorosa & Noterdaeme, 2002). Interessant ist sicherlich die Beobachtung, dass viele Eltern erst bei Vorgabe konkreter Verhaltensweisen frühe Auffälligkeiten ihrer Kinder identifizieren konnten. Allem Anschein nach haben Eltern große Schwierigkeiten, spontan über spezifische Verhaltensauffälligkeiten ihrer Kinder zu berichten sowie ihre häufig berechtigten Sorgen zu konkretisieren. Diesem Umstand ist bei der Früherkennung autistischer Störungen große Bedeutung beizumessen. Eine strukturierte, spezifische Befragung von Verhaltensauffälligkeiten sollte daher im Rahmen einer Checkliste bei einer der regelmäßigen Vorsorgeuntersuchungen im Kleinkindalter konkret abgefragt werden. Die „American Academy of Pediatrics“ hat in diesem Zusammenhang einen Algorithmus für Pädiater entwickelt, der Strategien aufzeigt, um mögliche frühe Anzeichen für das Vorliegen einer autistischen Störung mittels einer solchen Checkliste zu identifizieren und somit eine rasche Zuweisung der Kinder zu einer spezialisierten Einrichtung veranlassen zu können (Johnson & Myers, 2007). 5.1.3 Erkrankungsverlauf Diagnosealter In der Literatur existieren mehrere Studien, die sich mit dem Erkrankungsverlauf von autistischen Störungen befasst haben, u.a. existiert eine große Studie, die den Erkrankungsverlauf von 770 Patienten mit der Diagnose eines frühkindlichen Autismus oder eines Asperger-Syndroms untersucht hat, ohne die Patienten mit einem frühkindlichen Autismus zusätzlich in eine Low-Functioning-Gruppe und eine High-Functioning-Gruppe zu unterscheiden (Howlin & Asgharian,1999). In dieser Studie beobachteten Eltern der Patienten mit Autismus erste Auffälligkeiten ab einem durchschnittlichen Alter von eineinhalb Jahren. Die erste Konsultation erfolgte durchschnittlich im Alter von zwei Jahren, die erste Diagnose wurde im Durchschnitt mit 5,5 Jahren gestellt. Vergleicht man die Ergebnisse der in der vorliegenden Studie untersuchten Stichproben mit den Daten der oben genannten Studie, so werden folgende Unterschiede deutlich: Zwischen der HFA-Stichprobe und der LFA-Stichprobe existieren große Unterschiede bezüglich des 119 Diskussion Zeitpunkt der ersten Konsultation sowie der ersten Diagnosestellung. Die Daten der LFAStichprobe sind nahezu identisch mit den Ergebnissen der Studie für die Stichprobe der Patienten mit einem Frühkindlichen Autismus von Howlin et al. (1999): Die ersten Auffälligkeiten wurden durchschnittlich im Alter von eineinhalb Jahren beobachtet, die erste Konsultation erfolgte mit durchschnittlich 2,7 Jahren etwas später als in der oben erwähnten Studie. Die erste Diagnose wurde durchschnittlich im Alter von 5,7 Jahren gestellt, also nur zwei Monate später als in der genannten Studie. Die Ergebnisse der untersuchten HFA-Stichprobe zeigten große Abweichungen von den Ergebnissen der Literatur bezüglich des durchschnittlichen Alters bei der ersten Konsultation. Mit 4,8 Jahren weicht das durchschnittliche Konsultationsalter 2,8 Jahre vom durchschnittlichen Alter der ersten Konsultation der englischen Studie ab. Auch das Alter der ersten Diagnosestellung weicht mit durchschnittlich 12,5 Jahren fast 6 Jahre von der englischen Studienstichprobe von Patienten mit einem Frühkindlichen Autismus ab. Erste Auffälligkeiten beobachteten die Eltern der hier untersuchten HFA-Stichprobe durchschnittlich mit 1,3 Jahren, wobei einschränkend zu bemerken ist, dass weniger als die Hälfte der Eltern dieser Stichprobe eine genaue zeitliche Einordnung der ersten Auffälligkeiten vornehmen konnten. Daher ist wahrscheinlich davon auszugehen, dass bei über der Hälfte der Patienten der HFA-Stichprobe, bei denen die Eltern nur unsichere Angaben machen konnten, das Alter der ersten Auffälligkeiten zeitlich ungefähr mit dem Alter bei erster Konsultation zusammenfällt, da die Eltern oder das Umfeld zu diesem Zeitpunkt das Kind als deutlich auffällig einschätzten und professionelle Hilfe suchten. Die Daten der in der vorliegenden Studie untersuchten HFA-Stichprobe zeigen deutliche Parallelen zu den Daten der AS-Stichprobe in der Studie von Howlin et al. (1999): Für die AS-Stichprobe konnte in der englischen Studie ein durchschnittliches Diagnosealter von 11,1 Jahren ermittelt werden, wobei die erste Konsultation im Alter von durchschnittlich 3,5 Jahren erfolgte. Von der ersten Konsultation bis zur Diagnosestellung vergingen somit 7,6 Jahre. Dabei beobachteten die Eltern dieser AS-Stichprobe erste Auffälligkeiten mit durchschnittlich zweieinhalb Jahren. Das durchschnittliche Alter bei der ersten Konsultation und erster Diagnosestellung lag bei der untersuchten HFA-Stichprobe somit noch über der englischen AS-Stichprobe. Das Durchschnittalter der Diagnosestellung ist nahezu identisch mit den Daten der Katamnesestudie von Patienten mit der Diagnose eines Asperger-Syndroms (Heß, 2008): Hier betrug das Durchschnittsalter bei Diagnosestellung 11,6 Jahre. Die Daten von Eisenmajer et al. (Eisenmajer, 1996), die dass Erstdiagnosealter für ein AspergerSyndrom (M = 8,9 Jahre) durchschnittlich fast 3 Jahre später als die Diagnose eines High- 120 Diskussion Functioning-Autismus (M = 6,0 Jahre) dokumentierte, konnten in der vorliegenden Studie nicht bestätigt werden. Interessant ist sicherlich die Beobachtung, dass die erste Konsultation der hier untersuchten LFA-Stichprobe durchschnittlich 3 Jahre vor der ersten Konsultation der HFA-Stichprobe lag. Die erste Diagnosestellung erfolgte für die Patienten der LFA-Stichprobe durchschnittlich sogar 5,3 Jahre vor der HFA-Stichprobe. Beide Ergebnisse konnten als statistisch signifikant nachgewiesen werden. Die Gründe für die großen Abweichungen können möglicherweise in der heterogenen klinischen Ausprägung der autistischen Symptomatik innerhalb der beiden Stichproben gesehen werden. Auch die Beobachtung, dass einige Symptome in ihrer „klassisch autistischen“ Ausprägung nicht bei allen Kindern ab einem bestimmten Alter vorhanden sind, könnte zu einer diagnostischen Verunsicherung führen. Auch die Sorge des Diagnostikers, aufgrund einer Fehleinschätzung einer noch „unklar“ imponierenden Symptomatik möglicherweise eine Stigmatisierung der betroffenen Person durch eine Diagnose aus dem autistischen Spektrum zu erzeugen, könnte eine Erklärung für die deutliche spätere Diagnosestellung bei der HFA-Stichprobe sein. Bei den Patienten der LFA-Stichprobe scheinen die oben genannten Vorbehalte aufgrund der vorhandenen eindeutigen Beeinträchtigungen, besonders auch im Bereich der Intelligenz, deutlich weniger ausgeprägt. Auch die deutlichen Beeinträchtigungen im Bereich der sozialen Motivation (z.B. Freude zeigen) scheint die Einordnung der Symptomatik im Vergleich zur HFA-Stichprobe sowie zu den Patienten mit einem Asperger-Syndrom zu vereinfachen. Auch das Auftreten von komorbiden Symptomen, wie z.B. hyperaktive Verhaltensweisen, erschwert die Deutung der gebotenen Symptomatik als „autistisch“, da sie die Kernsymptomatik maskieren können. Dies wurde in der vorliegenden Studie bei der Auswertung psychiatrischen Diagnosen, die vor endgültiger Diagnosestellung eines Autismus vergeben wurden deutlich: So wurden z.B. bei 25,0% der Patienten der HFA-Stichprobe eine Diagnose aus dem Bereich des Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätssyndroms gestellt. In der Studie von Heß (2008) erhielten 30,0% der Patienten mit einem Asperger-Syndrom die Verlaufsdiagnose „ADHS“. Diese Beobachtung wirft die grundsätzliche Frage auf, ob es sich bei der beobachteten hyperaktiven Symptomatik eventuell um einen Teil der autistischen Symptomatik handelt. Neuere Forschungsbemühungen vermuten, ähnlich wie bei der Ausprägung der heterogenen sprachlicher Fertigkeiten, das Vorliegen genetischer Subgruppen 121 Diskussion innerhalb des autistischen Spektrums mit der Ausprägung einer zusätzlichen hyperaktiven Symptomatik bei einem Teil der Patienten (Holtmann et al., 2007). Konsultierte Versorgungseinrichtungen Bezüglich der ersten konsultierten Versorgungseinrichtungen fiel auf, dass sowohl die Patienteneltern der LFA-Stichprobe als auch die Patienteneltern der HFA-Stichprobe in über 60% bzw. über 40% der Fälle einen niedergelassenen Pädiater oder ein Sozial-PädiatrischesZentrum konsultierten. In beiden Stichproben wurde in über der Hälfte der Fälle Diagnosen vergeben, die Teilbereiche der autistischen Symptomatik erfassten, so z.B. die Diagnosen „Nicht näher bezeichnete Entwicklungsstörung“ oder „Umschriebene Entwicklungsstörung des Sprechens und der Sprache“. 10,0% der Patienteneltern der LFA-Stichprobe konsultierten zunächst eine Frühförderstelle, lediglich 16,0% der Patienteneltern der HFA-Stichprobe konsultierten einen Kinder- und Jugendpsychiater. Dies scheint ein weiterer Hinweis für die erschwerte diagnostische Zuordnung der autistischen Symptomatik besonders bei jüngeren Kindern zu sein. Wie schon erwähnt, scheint die Einschätzung der (frühen) Symptomatik häufig zu Verunsicherung zu führen, z.B. weil die in den Klassifikationssystemen beschriebenen Kriterien ein gewisses kognitives und sprachliches Entwicklungsniveau voraussetzen (Amorosa & Noterdaeme, 2002). Trotz steigender Prävalenzzahlen ist Autismus eine seltene Erkrankung. Pädiater, die aufgrund der unklaren Auffälligkeiten und den vorgeschriebenen Vorsorgeuntersuchungen von den Patienteneltern konsultiert werden, fehlt daher häufig die Erfahrung mit der heterogenen Symptomausprägung. Zudem gibt es im deutschsprachigen Raum kaum Instrumente, die innerhalb einer Kinderarztpraxis routinemäßig als Screeninginstrumente, z.B. bei den Vorsorgeuntersuchungen, eingesetzt werden können. Therapeutische Interventionen Der Vergleich beider Stichproben bezüglich therapeutischer Interventionen kommt zu folgenden Ergebnissen: Patienten der HFA-Stichprobe erhielten im Vergleich zur LFAStichprobe insgesamt weniger ambulante Therapien: auch nach der Diagnosestellung ändert sich diese Tatsache nicht. Die Patienten der LFA-Stichprobe erhielten vor Diagnosestellung besonders Ergotherapie und Logotherapie, nach Diagnosestellung wurde die Ergotherapie weiter erteilt. Ergänzt wurde die Unterstützung durch störungsspezifische verhaltenstherapeutische Interventionen z.B. im Autismus-Therapie-Zentrum. Insgesamt wird deutlich, dass die nicht auf die spezifischen Verhaltensprobleme orientierte Ergotherapie in 122 Diskussion beiden Stichproben am häufigsten durchgeführt wurde. Diese Daten decken sich mit den Ergebnissen der Katamnesestudie von Patienten mit der Diagnose eines Asperger-Syndroms (Heß, 2008), auch in dieser Stichprobe erhielten über die Hälfte aller Patienten vor Diagnosestellung Ergotherapie. Insgesamt zeigt sich ein sehr heterogenes Profil an ambulanten Therapien. Dies sicherlich auch aufgrund der Tatsache, dass es bis zum heutigen Tag keine für autistische Störungen generell gültige und erfolgversprechende Therapie gibt. Die gut evaluierten verhaltenstherapeutische Therapieansätze wie ABA (Applied Behavior Analysis, Lovaas, 1981), oder an verhaltenstherapeutische Therapieansätzen orientierte pädagogische Konzepte wie TEACCH („Treatment and Education of Autistic and related Communication handicapped Children“, Schopler, 1972) (Ospina et al., 2008) werden bis heute nur wenig flächendeckend angeboten. Dies sicherlich in erster Linie aus Kostengründen und fehlender Information der Kostenträger, so dass hier eine deutliche Unterversorgung festzustellen ist. Insbesondere Frühförderstellen und Autismus-Therapie-Zentren sollten auf diesem Gebiet (finanziell) unterstützt werden, um diese Therapieansätze anbieten zu können. Bezüglich einer medikamentösen Therapie fiel in der vorliegenden Studie auf, dass über 75% der Patienten aus der HFA-Stichprobe und über 60% der Patienten aus der LFA-Stichprobe im Therapieverlauf nie eine Medikation erhielten. Innerhalb der LFA-Studie wurden 30,0% der Patienten mit einem atypischen Neuroleptikum behandelt, 10,0% der Patienten mit einem klassischen Neuroleptikum, 7,0% wurden mit Stimulanzien behandelt. Innerhalb der HFAStichprobe erhielten zwei Patienten ein Atypikum, ein Patient wurde mit Stimulanzien behandelt. Die Wirkung atypischer Neuroleptika, im besonderen Risperidon, konnte in einigen Studien als therapeutische Unterstützung bei Aggressionen, Reizbarkeit, selbstverletzendes Verhalten und Erregungszuständen für Kinder mit einer autistischen Störung mit Intelligenzminderung nachgewiesen werden (McCracken et al., 2002). Ziele der medikamentösen Therapie bei Autismus sind vor allem eine Beeinflussung von Begleitstörungen wie selbstverletzendes oder fremdaggressives Verhalten. Die Kernsymptomatik des Autismus ist jedoch durch eine pharmakologische Therapie bis heute kaum beeinflussbar (McDougle et al., 2005). Psychosoziale Anpassung In der vorliegenden Studie konnten deutliche Unterschiede zwischen beiden untersuchten Stichproben bezüglich einer Verbesserung der Defizite der psychosozialen Anpassung zu Behandlungsbeginn und zum Untersuchungszeitpunkt beobachtet werden: Die untersuchte 123 Stichprobe der Patienten Untersuchungszeitpunkt mit im einem Vergleich Diskussion High-Functioning-Autismus zum Behandlungsbeginn zeigte eine zum signifikante Verbesserung im Bereich der psychosozialen Anpassung. Allerdings wiesen über 60% der Patienten der HFA-Stichprobe zum Untersuchungszeitpunkt immer noch eine deutliche und übergreifende soziale Beeinträchtigung auf. Diese Ergebnisse decken sich mit den Daten der Asperger-Katamnesestudie (Heß, 2008). Drei Viertel der Patienten mit Asperger-Syndrom zeigten in dieser Studie ebenfalls eine deutliche oder sogar übergreifende soziale Beeinträchtigung. Interessanterweise zeigten in dieser Studie die Patienten mit einem niedrigeren IQ-Wert, der im Durchschnitt ungefähr den Patienten der HFA-Stichprobe entsprach, eine deutlichere Verbesserung ihrer psychosozialen Anpassung. Die Patienten mit einem deutlich höheren IQ-Wert zeigten hingegen keine wesentliche Verbesserung ihrer psychosozialen Anpassung zum Untersuchungszeitpunkt. Zu bemerken ist außerdem, dass bei über 70% der untersuchten HFA-Patienten eine außerhäusliche Unterbringung in einer Jugendhilfeeinrichtung während des beobachteten Behandlungszeitraums erfolgt war. Die Patienten der Low-Functioning-Stichprobe zeigten bezüglich der Defizite ihrer psychosozialen Anpassung Behandlungsbeginn bis nahezu zum keine Veränderungen Untersuchungszeitpunkt. für Zudem den konnte Zeitraum ein von direkter Zusammenhang zwischen einer fehlenden Verbesserung der psychosozialen Anpassung und dem Intelligenzniveau gezeigt werden. Über 40% der Patienten wiesen zum Untersuchungszeitpunkt eine psychosoziale Anpassung auf, die eine beträchtliche Betreuung notwendig machte, 25,0% Patienten dieser Stichprobe waren sogar auf eine 24-StundenBetreuung angewiesen. Dieses Ergebnis wird durch die Literatur bestätigt: Die Defizite in der psychosozialen Anpassung werden bei Patienten mit einer Intelligenzminderung als durchgängig schwer beschrieben (Howlin, 2004; Gilberg, 2007). Geschlechtsspezifische Unterschiede Die Beobachtung, dass deutlich mehr Jungen als Mädchen von einer autistischen Störung betroffen sind, konnte in der vorliegenden Studie für beide Stichproben bestätigt werden. Für den frühkindlichen Autismus wird das Verhältnis von männlich zu weiblich in den ICD-10Kriterien mit 3-4:1 angegeben (Dilling et al, 2004). Für die hier untersuchte LFA-Stichprobe mit einem Geschlechterverhältnis von 3:1 konnte das in der Literatur angegebene Geschlechterverhältnis bestätigt werden. Für die HFA-Stichprobe konnte ein 124 Diskussion Geschlechterverhältnis von 11:1 ermitteln. Dies liegt näher an dem für das Asperger-Syndrom in der Literatur angegebene Geschlechterverhältnis von 8:1 (Dilling et al., 2004), zudem unterstützen die vorliegenden Daten die Beobachtung von Folstein et al., die einen direkten Anstieg der Anzahl betroffener männlicher Personen mit dem Anstieg des Intelligenzniveaus beobachtet, zumindest bei Untersuchungen von Patienten im Kindes- und Jugendalter (Folstein & Rosen-Sheidley, 2001). Der Zusammenhang zwischen Geschlecht und Intelligenzniveau bei autistischen Störungen ist häufig untersucht worden: Unter anderem wurde nachgewiesen, dass weibliche Personen mit einer autistischen Störung eher im unteren Intelligenzniveau anzusiedeln sind. Die Beeinträchtigung weiblicher Personen durch die autistische Störung wird zudem als massiver beschrieben (Wing, 1981; Volkmar, Szatmari & Sparrow, 1993). Diese Beobachtungen konnten in der vorliegenden Stichprobe bestätigt werden. Jedoch fiel auf, dass die weiblichen Personen der LFA-Stichprobe teilweise gute sprachliche Fähigkeiten besaßen, die sich deutlich von ihrem sonstigen intellektuellen Funktionsniveau abhoben. Intelligenzniveau Der Vergleich der intellektuelle Leistungsfähigkeit der beiden untersuchten Stichproben ergibt folgende Ergebnisse: Obwohl es sich bei den untersuchten Patienten um keine repräsentative Stichprobe handelt, fiel auf, dass ein Drittel der Patienten ein Intelligenzniveau im normalen Durchschnittsbereich erreicht und bei zwei Drittel der Patienten eine Intelligenzminderung vorliegt. Damit können die Daten der Literatur bestätigt werden, die im Rahmen verschiedener Studien erhoben wurden (Fombonne, 2003). Für alle Patienten der HFA-Stichprobe lag in den Patientenblättern eine ausführliche Leistungsdiagnostik vor. Zudem war es allen Patienten möglich, am Untersuchungstag eine orientierende Leistungsdiagnostik zu absolvieren. Das Intelligenzniveau der HFA-Stichprobe liegt mit einem durchschnittlichen Mittelwert von 88,8 ± 13,3 IQ-Punkten unter dem durchschnittlichen IQ-Wert der Normalbevölkerung. Die Profile der Intelligenzdiagnostik zeigten keinen signifikanten Mittelwertsunterschied zwischen Verbal und Handlungs-IQ, wie er in der Katamnesestudie von Patienten mit der Diagnose eines Asperger-Syndroms (Heß, 2008) objektiviert werden konnte. Somit konnten die Daten der Literatur bestätigt werden, die einen solch fehlenden Unterschied bei Patienten mit einem High-Functioning-Autismus als eine mögliche Abgrenzung zum Asperger-Syndrom sehen (Ghaziuddin & Mountain-Kimchi, 2004; Ehlers et al., 1997). 125 Diskussion Bei acht Patienten der Low-Functioning-Stichprobe lag eine ausführliche Leistungstestung vor. Zudem konnten diese Patienten am Untersuchungtag eine orientierende Leistungsdiagnostik durchführen. Für die untersuchte Stichprobe fiel auf, dass mehr weibliche Patienten der Stichprobe in dieser Gruppe erschienen. Der Grund ist wahrscheinlich in den besseren sprachlichen Fähigkeiten zu sehen. Bezüglich der Einschätzung des Intelligenzniveaus der übrigen Patienten der LFA-Stichprobe müssen folgende Anmerkungen gemacht werden: Eine orientierende Leistungsdiagnostik konnte von vielen Patienten der LFA-Stichprobe am Untersuchungstag nicht realisiert werden. Diese Patienten waren aufgrund der Schwere der autistischen Symptomatik (mit fehlender Kooperation und Motivation) am Untersuchungstermin nicht in der Lage, in einem vorgegeben Zeitrahmen eine orientierende Leistungsdiagnostik zu erledigen. Daher musste bei diesen Patienten eine klinische Einschätzung des Intelligenzniveaus durch eine auf diesem Gebiet erfahrene Fachärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie vorgenommen werden. Das Problem der mangelnden Validierung des IQ-Niveaus durch standardisierte Leistungstestung bei bestimmten Patienten mit einem Low-Functioning-Autismus wird auch in der Literatur beschrieben (Tsatsanis, 2003; Tager-Flusberg, 2003), wobei sich die Vorgehensweise anderer Studien mit denen der vorliegenden Studie deckt. Das IQ-Niveau wird in diesen Studien z.B. mit Hilfe der „Vineland Adaptive Behavior Scales“ klinisch festgelegt. 5.1.4 Demographische Faktoren Besuchte Bildungseinrichtungen Die erhobenen Daten bezüglich besuchter Bildungseinrichtungen zeigt folgende Unterschiede zwischen beiden Stichproben: Über 80% der Patienten aus der untersuchten LFA-Stichprobe waren schon im Kindergartenalter in einer sonderpädagogischen Einrichtung eingegliedert. Die Patienten der HFA-Stichprobe besuchten zu einem Drittel eine sonderpädagogische Einrichtung. Nahezu die Hälfte der Patienten besuchte einen Regelkindergarten. Interessanterweise decken sich diese Daten mit den Daten der Asperger-Katamnesestudie (Heß, 2008). In dieser Studie besuchten ebenfalls ein Drittel der Patienten trotz normaler Intelligenz keinen Regelkindergarten. Die Patienten der LFA-Stichprobe besuchten mit Schuleintritt in nahezu 80% Grundschulen für Körper- oder Geistig-Behinderte. Hierbei ist in den meisten Fällen anzunehmen, dass trotz intensiver sonderpädagogischer Unterstützung keine störungsspezifische Förderung der Patienten erfolgte. Dieser Umstand ist auch auf die Tatsache zurückzuführen, dass es in 126 Diskussion Deutschland praktische keine Lehrkräfte gibt, die eine spezifische Ausbildung im Umgang mit autistischen Kindern besitzen. Auch sind viele Kinder aufgrund der immer noch bestehenden Latenz bis zur Diagnosestellung bei Schuleintritt nicht sicher als „autistisch“ identifiziert. Eine gezielte Förderung wird somit erschwert. In der weiterführenden Schulzeit waren nahezu alle Kinder der LFA-Stichprobe ihrem intellektuellen Leistungsniveau entsprechend in Sonderschulen beschult. Bei über 80% der Patienten der LFA-Stichprobe war ein Besuch einer regulären weiterführenden Schule nicht möglich, die meisten wurden in Heimsonderschulen oder geschützte Werkstätten untergebracht. Diese Daten entsprechen auch einer Arbeit von Bölte et al. (Boelte, Woerner & Poustka, 2005), in der 82,0% der Patienten mit einem Low-Functioning-Autismus im Alter zwischen 7 bis 16,11 Jahren in verschiedenen Sonderschultypen unterrichtet wurden. Bei Patienten mit einem LowFunctioning-Autismus ab einem Alter von 17 Jahren wurden 53,0% in Werkstätten beschäftigt. Diesbezüglich drängt sich die Frage auf, ob mit dieser Form der Versorgung eine optimale Förderung der autistischen Patienten erreicht werden kann, da die besuchten Bildungseinrichtungen im Wesentlichen eine Klientel mit anderen Problemschwerpunkten fördert (Boelte, Woerner & Poustka, 2005). Die Patienten der HFA-Stichprobe besuchten zur Hälfte Regelgrundschulen, die restlichen Patienten besuchten Grundschulen für Körper- oder Geistig-Behinderte, obwohl sie somit eigentlich unter ihren intellektuellen Fähigkeiten beschult waren. Diese Ergebnisse decken sich ebenfalls mit den Daten der Asperger-Katamnesestudie (Heß, 2008). Auch hier zeigte sich, dass ein Drittel der Patienten keine Regelgrundschule besuchen konnte. Nahezu 60% der hier untersuchten HFA-Stichprobe konnte zum Katamnesezeitpunkt eine weiterführende Regelschule besuchen. Ein Patient bereitete sich auf das Abitur vor, zwei Patienten hatten eine Hauptschullaufbahn mit entsprechendem Abschluss beendet. In der Studie von Heß konnten 50,0% der Patienten mit Asperger-Syndrom trotz höherem Intelligenzniveau keine weiterführende Regelschule besuchen. In dieser Studie wurde der Umstand damit begründet, dass die autistische Symptomatik besonders im Bereich der sozialen Interaktion im Alter zunimmt und somit eine Regelbeschulung erschwert. Somit können Studiendaten unterstützt werden, die mit zunehmendem Alter eine Annäherung in der Symptomausprägung in beiden Gruppen beobachteten und daraus schlussfolgerten, dass die Unterschiede zwischen HFA und AS mit zunehmenden Entwicklungsalter immer geringer werden (Gilchrist et al., 2001; Howlin, 2003). 127 Diskussion Familiäre Einflussfaktoren Die Daten der Katamnesestudie von Patienten mit der Diagnose eines Asperger-Syndroms (Heß, 2008) konnten eine deutliche familiäre Häufung autistischer Persönlichkeitszüge bei Verwandten 1. Grades der untersuchten Stichprobe nachweisen. Ein solcher Zusammenhang konnte in der vorliegenden Studie nicht eindeutig objektiviert werden. In der durchgeführten Studie von Patienten mit Asperger-Syndrom konnten laut Elternaussagen bei fast 40% der Eltern autistische Persönlichkeitszüge im Sinne eines „broader autism phenotype“ (Pickles, 2000) festgestellt werden. In den hier untersuchten Stichproben wurde lediglich in der LFAStichprobe bei 18,0% der Patienten über eine Intelligenzminderung oder Entwicklungsverzögerung von nahen Familienangehörigen berichtet. In der HFA-Stichprobe berichteten ein Drittel der Eltern über Familienangehörige mit autistischen Persönlichkeitszügen, wobei nie ein direkter Elternteil des Patienten betroffen war. 5.2 Limitationen der vorliegenden Studie Aufgrund des Studiendesigns als katamnestische Nachuntersuchung ergeben sich zwangsläufig einige Einschränkungen der vorliegenden Untersuchung. Da es sich um eine selektive, nicht repräsentative Inanspruchnahmepopulation handelt, kann auch nicht beantwortet werden, inwieweit es sich um eine für die gesamte Population von AutismusSpektrum-Störungen in dieser Region repräsentative Stichprobe handelt. Generalisierungen der Ergebnisse können daher nur mit der gebotenen Vorsicht vorgenommen werden. Die Stichprobengröße der High-Functioning-Stichprobe und der Low-Functioning-Stichprobe wurden nicht vor Beginn der Untersuchung festgelegt. Alleiniges, zwischen beiden Stichproben bereits vor Beginn der Untersuchung definiertes Unterscheidungsmerkmal stellte das Intelligenzniveau dar. Auf Grund der nicht allzu hohen Fallzahlen ist die vorliegende Katamnesestudie in der Lage, nur große Effekte nachzuweisen. Bei der Durchführung des Elteninterviews zeigte sich, dass besonders die zeitliche Einordnung der autistischen Symptomatik als auch der frühen Auffälligkeiten vielen Eltern Schwierigkeiten bereitete. Aussagen über das generelle Auftreten bestimmter Symptome bereiteten den Eltern hingegen keine Probleme. Die retrospektiven Aussagen der Eltern sind besonders für die HFA-Stichprobe als eingeschränkt aussagekräftig zu bewerten, da das Durchschnittsalter dieser Stichprobe mit 16,4 Jahren recht hoch ist. Aus der Gedächtnispsychologie ist bekannt, dass Erinnerungen an lange zurückliegende Ereignisse 128 Diskussion häufiger mit unsystematischen aber auch systematischen Fehlern behaftet sind (Hell, 1993). Das Durchschnittsalter der LFA-Stichprobe lag mit 9,3 Jahren deutlich unter dem der HFAStichprobe. Bei den Eltern dieser Stichprobe fiel auf, dass die zeitliche Einordnung der retrospektiven Aussagen weniger schwierig erschien. Bei der Überprüfung der Diagnostischen Kriterien der Multiple-complex Developmental Disorder ist zu bemerken, dass es sich um die Einschätzung einer aktuellen Symptomatik handelt. Jedoch können die Aussagen ebenfalls als nur eingeschränkt aussagekräftig bewertet werden, da sie sich in hohem Maße auf die Einschätzung der Bezugspersonen stützen und nicht durch Experten validiert wurden. Bezüglich der Familienanamnese psychiatrischer Erkrankungen ist zu bemerken, dass Angaben über Verwandte, die fraglich autistische Persönlichkeitszüge aufweisen, in den meisten Fällen Eltern-Aussagen sind, die nicht durch fachlich geschulte Personen objektiviert worden sind. Lediglich der Bericht über betroffene Geschwister konnte objektiviert werden, da die Diagnose in den betreffenden Fällen durch vorliegende Befunde eines Spezialisten gesichert waren. Der Vergleich der Defizite der psychosozialen Anpassung zu Behandlungsanfang und zum Katamnesezeitpunkt ist nur eingeschränkt als Verlaufsparameter zu verwenden. Zum einen sind die beobachteten Zeiträume in der vorliegenden Stichprobe unterschiedlich lang, zum anderen sind die Korrelationen aufgrund der geringen Anzahl regelhaft durchführbarer Intelligenztestungen in der LFA-Stichprobe mit Vorsicht zu interpretieren. Die Ergebnisse können zudem durch die unterschiedlichen Gruppengrößen beeinflusst sein. 5.3 Klinische Bedeutung der Ergebnisse Die vorliegende Studie zeigt für die beiden untersuchten Stichproben von Patienten mit einem High-Functioning und Low-Functioning Frühkindlichen Autismus bezüglich der klinischen Ausprägung der autistischen Symptomatik kein homogenes Symptommuster. Auch nach Ausdifferenzierung anhand des Intelligenzniveaus der untersuchten Patienten in eine Gruppe von Patienten mit einem High-Functioning-Autismus und eine Gruppe von Patienten mit einem Low-Functioning Autismus, wie sie in der Literatur beschrieben wird (Gilberg, 1998), lässt sich ein interindividuelles Symptommuster erkennen, dessen Varianz nicht nur durch das Intelligenzniveau der betroffenen Personen erklärbar ist. Es konnten zudem deutliche 129 Schweregradsunterschiede in der klinischen Diskussion Ausprägung der Symptomatik eines frühkindlichen Autismus innerhalb der untersuchten Stichproben beobachtet werden. Die beschriebenen Schweregradsunterschiede konnten ebenfalls nur teilweise in Abhängigkeit des Intelligenzniveaus der betroffenen Personen beobachtet werden. Besonders die extrem heterogen ausgeprägten Fähigkeiten im Bereich der Sprachentwicklung sowie der qualitativen sprachlichen Fähigkeiten nach erfolgtem Spracherwerb bei Patienten mit nahezu identischem Intelligenzniveau stützt die oben beschriebenen Beobachtungen. Auch der Bereich der repetitiven und stereotypen Verhaltensweisen imponierte bei den untersuchten Patienten als interindividuell schwankend. Lediglich der Symptombereich „Defizite in der sozialen Interaktion“ erweist sich in seiner Ausprägung bei beiden untersuchten Stichproben als stabil über die Zeit. Die Stärke der Beeinträchtigung wurde jedoch in beiden Bereichen nicht genauer quantifiziert. Dass auch in diesen Bereichen Schweregradsunterschiede existieren, lässt sich indirekt durch die Ergebnisse der standardisierten Verhaltensbeobachtung ADOS belegen. Die geschilderten Beobachtungen werfen die Frage auf, inwiefern die große interindividuelle Variabilität der autistischen Symptomatik auf klassifikatorischer Ebene adäquat abgebildet ist. Die Ergebnisse der vorliegenden Studie unterstützen die in der Literatur vorliegenden Daten, die eine hohe Variabilität und Bandbreite der autistischen Störungsbilder beschreibt. Eine Zuweisung dieser Symptomatik zu nur einer Kategorie scheint in hohem Maße unbefriedigend. Die Begriffsbildung der Autismus-Spektrum-Störungen (Macintosh & Dissanayake, 2004; Caronna, Milunsky & Tager-Flusberg, 2008) wurde in diesem Zusammenhang als klinisch sinnvolles Konzept entwickelt, um die große Variabilität der Symptomatik innerhalb und zwischen den einzelnen diagnostischen Kategorien beschreiben zu können. Auch die beobachteten Symptomüberlappung im Bereich der autistischen Störungen auf hohem Funktionsniveau, wie sie in der vorliegenden Studie anhand von Daten einer katamnestischen Untersuchung von Patienten mit einem Asperger-Syndrom beschrieben werden konnten, findet durch das Konzept der Autismus-Spektrum-Stöungen eine klinische Entsprechung. Hier fielen besonders die vielen Übereinstimmungen im Bereich der Frühsymptome auf. Auch die stabile Ausprägung der qualitativen Beeinträchtigung der sozialen Interaktion, die sowohl bei Patienten mit einem Asperger-Syndrom als auch bei den Patienten der HFA-Stichprobe zu beobachten ist, unterstützt diesen Ansatz. Die große Varianz innerhalb der Ausprägung der allgemeinen Entwicklungsverzögerung (u.a. im Bereich der sprachlichen Fähigkeiten und kognitiven Fähigkeiten) kann sicherlich als ein Einflussfaktor gewertet werden, welcher den deutlich voneinander abweichenden 130 Diskussion Erkrankungsverlauf der beiden Stichproben beeinflusst. Obwohl sich die beiden in der vorliegenden Studie untersuchten Stichproben in ihren ersten, durch die Eltern beobachteten Auffälligkeiten nicht unterscheiden, und sich auch im Alter zwischen 4-5 Jahren keine Unterschiede in der retrospektiven Erfassung der autistischen Symptomatik mittels ADI-R beschreiben lassen, weicht das Alter der ersten Diagnosestellung zwischen Patienten mit einem Low-Functioning-Autismus und einem High-Functioning-Autismus erheblich voneinander ab. Dieser Umstand lässt sich am ehesten mit dem bereits erwähnten interindividuellen unspezifischen Symptommuster (Vorhandensein/Fehlen sprachlicher Fähigkeiten, hyperaktive (Co)-Symptomatik, Verhaltensweisen der Säuglingszeit wie z.B. „Schreikind“ bis hin zum „pflegeleichten“ Säugling) sowie der Variabilität im Erscheinungsbild der autistischen Symptomatik erklären. Dies scheint bei Eltern und gleichermaßen bei Fachleuten für große Verunsicherung bezüglich der Einschätzung der Verhaltensauffälligkeiten als tatsächlich „autistisch“ zu führen. Eine sichere Zuordnung früher Verhaltensauffälligkeiten zu den Autismus-Spektrum-Störungen könnte eine raschere Diagnosestellung zur Folge haben und somit die Prognose und Therapieoptionen schon im Kleinkindalter verbessern. Der kategoriale Ansatz der beiden großen Klassifikationssysteme nach ICD-10 und DSM-IV scheint die vorhandene Verunsicherung bezüglich der Einschätzung gebotener Symptome besonders bei jüngeren Kindern (vor dem vollendeten 3. Lebensjahr) zusätzlich zu fördern, da in den Klassifikationssystemen nur Symptome beschrieben werden, die erst ab einem bestimmten Entwicklungsalter der betroffenen Kinder deutlich in Erscheinung treten. Der Umstand, dass viele Eltern erst durch konkretes Abfragen früher Symptome die Verhaltensauffälligkeiten ihrer Kinder zuordnen können, deutet auf Schwachpunkte bei der Früherkennung autistischer Störungen hin. Hier wäre ein konkretes Abfragen möglicher früher Indikatoren für das Vorliegen einer Störung aus dem autistischen Spektrum wünschenswert, z.B. im Rahmen einer der zahlreichen Vorsorgeuntersuchungen. Hierzu wäre die Einführung diagnostischer Algorithmen nach dem Beispiel der „American Academy of Pediatrics“ sinnvoll. Im Verlauf könnte dann die Verdachtsdiagnose durch die diagnostischen Kriterien weiter überprüft und ggf. verifiziert werden. Es wäre daher wünschenswert, dass Augenmerk stärker auf „Risikokinder“ (z.B. auch Geschwisterkinder) zu lenken und diesen eine zeitnahe spezielle Frühförderung zukommen zu lassen. Verhaltensauffälligkeiten werden bei den betroffenen Kinder in den meisten Fällen spätestens im Kindergartenalter beobachtet. Dies spiegelt auch das Alter bei erster Konsultation in 131 Diskussion beiden Stichproben wider. In vielen Fällen erfolgte bei den untersuchten Stichproben eine erste Konsultation in einem Sozialpädiatrischen Zentrum oder bei einem niedergelassenen Pädiater. Eine dort durchgeführte Screening-Untersuchung könnte sicherlich zu einer früheren Diagnosestellung verhelfen bzw. die Zuweisung zu einer entsprechenden, auf autistische Störungen spezialisierte Einrichtungen wie z.B. die Autismus-Ambulanz einer kinder- und jugendpsychiatrischen Klinik veranlassen. Die diagnostische Sicherung in einer spezialisierten Einrichtung ist besonders auch deshalb erforderlich, da die ausführliche Diagnostik nach aktuellem Gold-Standard ein Verfahren darstellt, dessen valide Anwendung eine gewisse Erfahrung im Umgang voraussetzt. Auch ist die Diagnosestellung einer Störung aus dem autistischen Spektrum nicht unwesentlich von der klinischen Erfahrung der involvierten Personen abhängig. Nach erfolgter Diagnosestellung steht sicherlich die optimale Förderung und Versorgung der Patienten im Vordergrund. In der vorliegenden Studie zeigten sich auf diesem Gebiet noch erhebliche Defizite. Die meisten Patienten mussten aufgrund fehlender spezifischer therapeutischer Versorgungsstrukturen auf eine optimale Versorgung verzichten. Zumeist wurden nicht spezifisch auf autistische Verhaltensweisen ausgerichtete Verfahren und Versorgungsmöglichkeiten wie z.B. eine ergotherapeutische oder krankengymnastische Behandlung angeboten. Erfreulicherweise lassen sich in den letzten Jahren jedoch zunehmende Entwicklungen auf dem Gebiet der störungsspezifischen therapeutischen Versorgung verzeichnen. Das Angebot an soziopädagogische Maßnahmen, in Form von Einrichtungen, die besondere Gruppen für Patienten mit autistischen Störungen anbieten, und somit zu einer Entlastung der Familien führen, oder die Bereitstellung von Schulbegleitern, die eine den intellektuellen Fähigkeiten der betroffenen Personen angemessene Beschulung ermöglichen können, sind einige Beispiele. Auch Initiativen, die die Eltern zu „Spezialisten“ im Umgang mit der Beeinträchtigung ihrer Kinder machen wollen, z.B. das Bremer Elterntrainingsprogramm (BET) (Cordes & Cordes, 2006) gehören zu den fortschrittlichen Ansätzen im Bereich der störungsspezifischen Förderung autistischer Kinder. Soziopsychiatrische Einrichtungen wie z.B. spezialisierte Autismusambulanzen, die mittlerweile auch im Bereich der ErwachsenenPsychiatrie initiiert werden, bilden einen weiteren Pfeiler der störungsspezifischen Förderung von Patienten mit einer Störung aus dem autistischen Spektrum. 132 6. Zusammenfassung und Ausblick Zusammenfassung und Ausblick Die Daten der vorliegenden Studie wurden im Rahmen einer katamnestischen Untersuchung von 40 Patienten der KJP des Universitätsklinikums Freiburg erhoben. Bei allen Patienten wurde eine durch den aktuellen Gold-Standard validierte Diagnose eines High-Functioning (Gesamt-IQ ≥70 Punkten) oder Low-Functioning Frühkindlicher Autismus bestätigt. Zusätzlich wurden die Bezugspersonen bezüglich Symptomentwicklung und früher Auffälligkeiten ihrer Kinder befragt. Der HFA- und der LFA-Frühkindliche Autismus gehören zu den tiefgreifenden Entwicklungsstörungen, die durch eine Beeinträchtigung in der sozialen Interaktion, der wechselseitigen Kommunikation sowie durch stereotype Verhaltensweisen gekennzeichnet sind. Bei den untersuchten Stichproben der vorliegenden Studie konnte bezüglich der klinischen Ausprägung der allgemeinen Entwicklungsverzögerung (Spracherwerb, Intelligenzniveau) sowie im Erscheinungsbild der autistischen Symptomatik eine hohe interindividuelle Variabilität beobachtet werden. In der Literatur werden diese Beobachtungen im Konzept der Autismus-Spektrum-Störungen (ASD) integriert, die den Frühkindlichen Autismus, den atypischen Autismus und das AspergerSyndrom als diagnostisches Kontinuum mit quantitativen und qualitativen Unterschieden beschreibt. Die Daten der vorliegenden Studie unterstützen das klinische Konzept der Autismus-Spektrum-Störungen aufgrund der hohen interindividuellen Symptomausprägung der untersuchten Patienten innerhalb der Diagnosegruppe F84.0. Dabei fiel besonders in der untersuchten LFA-Stichprobe die heterogene Ausprägung sprachlicher Fähigkeiten auf. Als stabil erwies sich die Beeinträchtigung der sozialen Interaktion als Kernstück der autistischen Symptomatik. Große Unterschiede konnten im Erkrankungsverlauf der untersuchten Stichproben festgestellt werden. Obwohl sich im Bereich früher Auffälligkeiten keine Unterschiede objektivieren ließen, wich insbesondere das Diagnosealter der beiden Stichproben signifikant voneinander ab. Im Bereich der Früherkennung autistischer Störungen wäre eine Einführung von Screening-Untersuchungen mit expliziter Abfrage möglicher Frühsymptome im Rahmen von Vorsorgeuntersuchungen wünschenswert, um eine frühe Identifizierung von Patienten mit einem erhöhten Risiko für das Vorliegen einer Störung aus dem autistischen Spektrum gewährleisten zu können. Zudem sollten störungsspezifische und gut evaluierte therapeutische Ansätze in den Fokus der Anwendung bei der frühen Förderung betroffener Kinder gelangen. 133 7. Anhang Anhang 7.1 ASD-Patienten-Datenbank: Absicherung der DSM-IV Diagnose Allgemeine (demografische) Daten: Bisherige Erstdiagnose aus PROMetheus bzw. BaDo: PIZ: Name: Vorname: Straße, Hausnummer: PLZ Ort: Telefon: Mobil T.: E-mail: _________________________________ Geburtsdatum: Geschlecht: weiblich □ männlich □ Anamnesebogen vorhanden? Ja □ Nein □ BaDo vorhanden? Ja □ Nein □ Psychologischer Befund vorhanden? Ja □ Nein □ Datum KJP-Erstkontakt (PROMetheus): Datum der KJP-Anamnese: Quelle: Psychologischer Befund von: ______________ Anamnesebogen □ Arztbrief □ Anamnese/BaDo □ _________________________________ Letzter KJP-Therapeut: Diagnose(n) lt. letztem Arztbrief: ________________________________________ ________________________________________ ________________________________________ 134 Anhang Diagnostische Kriterien DSM-IV1, Teil A: Anmerkung: Es müssen mindestens sechs Kriterien aus (1), (2) und (3) zutreffen, wobei mindestens zwei Punkte aus (1) und je ein Punkt aus (2) und (3) stammen müssen: (1) Qual. Beeinträchtigung der sozialen Interaktion in mind. 2 der folgenden Bereiche: (a) ausgeprägte Beeinträchtigung im Gebrauch vielfältiger nonverbaler Verhaltensweisen wie z. B. direkter Blickkontakt42, Skala von Gesichtsausdrücken, mit denen kommuniziert wird52, soziales Lächeln43, Körperhaltung und Gestik zur Steuerung sozialer Interaktionen Überhaupt jemals aufgetreten: Falls ja, in welchem Alter: (G)rundschule Vorhanden zu Diagnostikbeginn? Vorhanden bei KJP-Behandlungsende? Aktuell in 2006 vorhanden? Ja □ Nein □ Keine Info □ ____; _____ ___________________________ Jahr ; Monat (V)or Kinderg. (K)inderg. Ja □ Nein □ Keine Info □ Ja □ Nein □ Keine Info □ Ja □ Nein □ Keine Info □ (b) Unfähigkeit, entwicklungsgemäße Beziehungen zu Gleichaltrigen aufzubauen Überhaupt jemals aufgetreten: Falls ja, in welchem Alter: (G)rundschule Vorhanden zu Diagnostikbeginn? Vorhanden bei KJP-Behandlungsende? Aktuell in 2006 vorhanden? Ja □ Nein □ Keine Info □ ____; _____ ___________________________ Jahr ; Monat (V)or Kinderg. (K)inderg. Ja □ Nein □ Keine Info □ Ja □ Nein □ Keine Info □ Ja □ Nein □ Keine Info □ (c) Mangel, spontan Freude, Interessen oder Erfolge mit anderen zu teilen (z.B. Mangel, anderen Menschen Dinge, die für die Betroffenen von Bedeutung sind, zu zeigen, zu bringen oder darauf hinzuweisen), Überhaupt jemals aufgetreten: Falls ja, in welchem Alter: (G)rundschule Vorhanden zu Diagnostikbeginn? Vorhanden bei KJP-Behandlungsende? Aktuell in 2006 vorhanden? Überhaupt jemals aufgetreten: Falls ja, in welchem Alter: (G)rundschule Vorhanden zu Diagnostikbeginn? Vorhanden bei KJP-Behandlungsende? Aktuell in 2006vorhanden? 1 Ja □ Nein □ Keine Info □ ____; _____ ___________________________ Jahr ; Monat (V)or Kinderg. (K)inderg. Ja □ Nein □ Keine Info □ Ja □ Nein □ Keine Info □ Ja □ Nein □ Keine Info □ Ja □ Nein □ Keine Info □ ____; _____ ___________________________ Jahr ; Monat (V)or Kinderg. (K)inderg. Ja □ Nein □ Keine Info □ Ja □ Nein □ Keine Info □ Ja □ Nein □ Keine Info □ Hochgestellte Zahlen beziehen sich auf die Itemnummern im ADI-R (Deutsche Version, 3. Aufl.) 135 Anhang (2) Qual. Beeinträchtigung der Kommunikation in mind. einem der folgenden Bereiche: (a) verzögertes Einsetzen oder völliges Ausbleiben der Entwicklung von gesprochener Sprache (ohne den Versuch zu machen, die Beeinträchtigung durch alternative Kommunikationsformen wie Gestik oder Mimik zu kompensieren) (fehlendes Nicken32 oder Kopfschütteln33) Punkt (2) (a) insgesamt: Ja □ Nein □ Keine Info □ Unzutreffend □ Völliges Ausbleiben d. Entw. gespr. Sprache: Falls ja, vorhanden bei KJP-Behandlungsende? Falls ja, aktuell in 2006 vorhanden? Ja □ Nein □ Keine Info □ Unzutreffend □ Ja □ Nein □ Keine Info □ Ja □ Nein □ Keine Info □ Verzögertes Einsetzen d. Entw. gespr. Sprache: Ja □ Nein □ Keine Info □ Unzutreffend □ Falls ja, in welchem Alter: (G)rundschule Falls unzutreffend, aktuell in 2006 vorhanden? ____; _____ ___________________________ Jahr ; Monat (V)or Kinderg. (K)inderg. Ja □ Nein □ Keine Info □ Unzutreffend □ (b) bei Personen mit ausreichendem Sprachvermögen deutliche Beeinträchtigung der Fähigkeit, ein Gespräch zu beginnen oder fortzuführen ([Kein] Soziales Lautieren/Geplauder16, fehlende wechselseitige Konversation20) Überhaupt jemals aufgetreten: Falls ja, in welchem Alter: (G)rundschule Vorhanden zu Diagnostikbeginn? Vorhanden bei KJP-Behandlungsende? Aktuell in 2006 vorhanden? Ja □ Nein □ Keine Info □ ____; _____ ___________________________ Jahr ; Monat (V)or Kinderg. (K)inderg. Ja □ Nein □ Keine Info □ Ja □ Nein □ Keine Info □ Ja □ Nein □ Keine Info □ (c) Stereotyper oder repetitiver Gebrauch der Sprache oder idiosynkratische Sprache (Stereotype Lautäußerung und verzögerte Echolalie18, Unangepasste Fragen oder Feststellungen22, Pronominalumkehr23, Neologismen/Iidiosynkratische Sprache24) Überhaupt jemals aufgetreten: Falls ja, in welchem Alter: (G)rundschule Vorhanden zu Diagnostikbeginn? Vorhanden bei KJP-Behandlungsende? Aktuell in 2006 vorhanden? Ja □ Nein □ Keine Info □ ____; _____ ___________________________ Jahr ; Monat (V)or Kinderg. (K)inderg. Ja □ Nein □ Keine Info □ Ja □ Nein □ Keine Info □ Ja □ Nein □ Keine Info □ (d) Fehlen von verschiedenen entwicklungsgemäßen Rollenspielen ([nicht-soziale]„So-tunals-ob“-Spiele; Phantasievolles Spiel63) oder sozialen Imitationsspielen65; Überhaupt jemals aufgetreten: Falls ja, in welchem Alter: (G)rundschule Vorhanden zu Diagnostikbeginn? Ja □ Nein □ Keine Info □ ____; _____ ___________________________ Jahr ; Monat (V)or Kinderg. (K)inderg. Ja □ Nein □ Keine Info □ 136 Vorhanden bei KJP-Behandlungsende? Aktuell in 2006 vorhanden? Anhang Ja □ Nein □ Keine Info □ Ja □ Nein □ Keine Info □ (3) Beschränkte, repetitive und stereotype Verhaltensweisen, Interessen und Aktivitäten in mind. einem der folgenden Bereiche: (a) umfassende Beschäftigung mit einem oder mehreren stereotypen und begrenzten Interessen, wobei Inhalt und Intensität abnorm sind Überhaupt jemals aufgetreten: Falls ja, in welchem Alter: (G)rundschule Interessensgebiet(e): Ja □ Nein □ Keine Info □ ____; _____ ___________________________ Jahr ; Monat (V)or Kinderg. (K)inderg. ________________________________________ ________________________________________ Vorhanden zu Diagnostikbeginn? Vorhanden bei KJP-Behandlungsende? Aktuell in 2005 vorhanden? ________________________________________ Ja □ Nein □ Keine Info □ Ja □ Nein □ Keine Info □ Ja □ Nein □ Keine Info □ (b) auffällig starres Festhalten an bestimmten nichtfunktionalen Gewohnheiten oder Ritualen Überhaupt jemals aufgetreten: Falls ja, in welchem Alter: (G)rundschule Gewohnheit(en)/Ritual(e): Ja □ Nein □ Keine Info □ ____; _____ ___________________________ Jahr ; Monat (V)or Kinderg. (K)inderg. ________________________________________ ________________________________________ Vorhanden zu Diagnostikbeginn? Vorhanden bei KJP-Behandlungsende? Aktuell in 2005 vorhanden? ________________________________________ Ja □ Nein □ Keine Info □ Ja □ Nein □ Keine Info □ Ja □ Nein □ Keine Info □ (c) stereotype und repetitive motorische Manierismen (z.B. Biegen oder schnelle Bewegungen von Händen oder Fingern oder komplexen Bewegungen des ganzen Körpers) Überhaupt jemals aufgetreten: Falls ja, in welchem Alter: (G)rundschule Manierismen: Vorhanden zu Diagnostikbeginn? Vorhanden bei KJP-Behandlungsende? Aktuell in 2005 vorhanden? Ja □ Nein □ Keine Info □ ____; _____ ___________________________ Jahr ; Monat (V)or Kinderg. (K)inderg. ________________________________________ Ja □ Nein □ Keine Info □ Ja □ Nein □ Keine Info □ Ja □ Nein □ Keine Info □ (d) ständiges Beschäftigen mit Teilen von Objekten. Überhaupt jemals aufgetreten: Falls ja, in welchem Alter: (G)rundschule Objektteil(e): Vorhanden zu Diagnostikbeginn? Vorhanden bei KJP-Behandlungsende? Aktuell in 2005 vorhanden? Ja □ Nein □ Keine Info □ ____; _____ ___________________________ Jahr ; Monat (V)or Kinderg. (K)inderg. ________________________________________ Ja □ Nein □ Keine Info □ Ja □ Nein □ Keine Info □ Ja □ Nein □ Keine Info □ 137 Anhang DSM-IV, Teil B: Beginn vor dem dritten Lebensjahr und Verzögerung oder abnorme Funktionsfähigkeit in mindestens einem der folgenden Bereiche: *) (1) soziale Interaktion (2) Sprache als soziales Kommunikationsmittel (3) symbolisches oder Phantasiespiel Ja □ Nein □ Keine Info □ Ja □ Nein □ Keine Info □ Ja □ Nein □ Keine Info □ DSM-IV, Teil C: Differenzialdiagnosen Offen_ Nein_ 1. Rett-Syndrom Ð 0 2. Sonstige desintegrative Störung des Kindesalters / Morbus Heller (F84.3) Ja__ Ð Ð 1 2 0 1 2 3. Schizophrenie 0 1 2 4. Elektiver Mutismus 0 1 2 5. Sprachentwicklungsstörungen 0 1 2 138 Anhang Psychologische Diagnostik Autismus-Spektrum-Diagnostik „Gold-Standard“: ADOS-G ADI-R durchgeführt □ durchgeführt □ nicht durchgeführt □ nicht durchgeführt □ Psychologische Leistungsdiagnostik: Verfahren: Gesamt-IQ Datum Institution, falls nicht KJP-FR HAWIK-III □ ____ V-IQ: ____ H-IQ: ____ _________ ________________________ HAWIK-R □ ____ V-IQ: ____ H-IQ: ____ _________ ________________________ CFT 20 □ ____ Teil I: ____ Teil II: ____ Grundint.Skala 1: ____ _________ ________________________ CFT-1 □ ____ _________ ________________________ K-ABC □ ____ _________ ________________________ CPM □ ____ _________ ________________________ Anderes □ ____ Name: ___________________ _________ ________________________ nicht-testbar □ Weitere psychodiagnostische Verfahren: 1. CBCL liegt vor □ liegt nicht vor □ Name weiterer Verfahren: Wert + -typ 1) Datum 2. __________________________________ _______ ____ _________ ________________________ 3. __________________________________ _______ ____ _________ ________________________ 4. __________________________________ _______ ____ _________ ________________________ 5. __________________________________ _______ ____ _________ ________________________ 6. __________________________________ _______ ____ _________ ________________________ : Prozentrang ; T: T-Wert; R: Rohwert 1) Institution, falls nicht KJP-FR Bemerkungsfeld für qualitative Beschreibung der Auswertung 2): Zu 2.: __________________________________________________________________________________ Zu 3.: __________________________________________________________________________________ Zu 4.: __________________________________________________________________________________ Zu 5.: __________________________________________________________________________________ Zu 6.: __________________________________________________________________________________ Bei zu langen qualitativen Beschreibungen: „s. Akte“ 2) 139 Anhang Erste psychische Auffälligkeiten diagnostiziert durch KJP an Hand von Äußerungen des/r Erziehungsberechtigten*) Was? Zuordnung zu DSM-IV-Kriterien Wann? 1. ____________________ _____________________________ __________________ 2. ____________________ _____________________________ __________________ 3. ____________________ _____________________________ __________________ 4. ____________________ _____________________________ __________________ 5. ____________________ _____________________________ __________________ 6. ____________________ _____________________________ __________________ 7. ____________________ _____________________________ __________________ *) z.B. Schlafstörungen, „hält sich nicht an Regeln“, „Ausrasten während der Psychodiagnostik“, niedriges Körpergewicht, „Tonfall, Lautstärke, Rhythmus, Geschwindigkeit/Flüssigkeit“26, „altkluge Sprache“, Weitere Besonderheiten/Auffälligkeiten *) _______________________________________________________________________________________ _______________________________________________________________________________________ _______________________________________________________________________________________ _______________________________________________________________________________________ _______________________________________________________________________________________ _______________________________________________________________________________________ _______________________________________________________________________________________ *) z.B. Schlafstörungen, „hält sich nicht an Regeln“, „Ausrasten während der Psychodiagnostik“, niedriges Körpergewicht, „Tonfall, Lautstärke, Rhythmus, Geschwindigkeit/Flüssigkeit“26, „altkluge Sprache“, Erstmaliger Kontakt mit Versorgungseinrichtung □ □ □ □ □ □ □ □ Hausarzt Kinderarzt Kinder- und Jugendpsychiater Psychotherapeut Erziehungsberatungsstelle Andere Beratungsstelle Frühförderung Sonstige, und zwar: _______________________________ Datum: ____________ Datum: ____________ Datum: ____________ Datum: ____________ Datum: ____________ Datum: ____________ Datum: ____________ Datum: ____________ 140 Anhang Vorherige Therapien: □ Ergotherapie Dauer: ______ □ Spieltherapie Dauer: ______ □ Gestützte Kommunikation Dauer: ______ □ Verhaltenstherapie Dauer: ______ □ ________________________________________________ Dauer: ______ □ ________________________________________________ Datum: ____________ Datum: ____________ Datum: ____________ Datum: ____________ Datum: ____________ Datum: ____________ Dauer: Familienanamnese: Diagnose(n) im Freitext ICD- 10-Code □ Mutter _____________________________________________ _______ □ Vater _____________________________________________ _______ □ Geschwister : _________________ _____________________________________________ _______ □ Geschwister : _________________ _____________________________________________ _______ □ Geschwister : _________________ _____________________________________________ _______ □ Sonstige : _________________ _____________________________________________ _______ □ Sonstige : _________________ _____________________________________________ _______ □ Sonstige : _________________ _____________________________________________ Zeitpunkt der erstmaligen (F84.0|1|5)-Verdachtsdiagnose: Datum: ________________ Von wem? _____________________ Welche? F84. ______ Zeitpunkt der erstmaligen Diagnosestellung (F84.0|1|5): Datum: ________________ Von wem?: _____________________ Katamnese-Einverständniserklärung: Nicht vorhanden □ vorhanden, „Nein“ □ vorhanden, „Ja“ □ 141 Anhang Chronologische Krankheitsgeschichte: _____________ Diagn. □ _________________ ICD10: _____ Therapie □ _________________________ Am / Vom – Bis Welche? Welche ? (a)mb (s)tat Sonstiges: __________________________________________________________________ _____________ Diagn. □ _________________ ICD10: _____ Therapie □ _________________________ Am / Vom – Bis Welche? Welche ? (a)mb (s)tat Sonstiges: __________________________________________________________________ _____________ Diagn. □ _________________ ICD10: _____ Therapie □ _________________________ Am / Vom – Bis Welche? Welche ? (a)mb (s)tat Sonstiges: __________________________________________________________________ _____________ Diagn. □ _________________ ICD10: _____ Therapie □ _________________________ Am / Vom – Bis Welche? Welche ? (a)mb (s)tat Sonstiges: __________________________________________________________________ _____________ Diagn. □ _________________ ICD10: _____ Therapie □ _________________________ Am / Vom – Bis Welche? Welche ? (a)mb (s)tat Sonstiges: __________________________________________________________________ _____________ Diagn. □ _________________ ICD10: _____ Therapie □ _________________________ Am / Vom – Bis Welche? Welche ? (a)mb (s)tat Sonstiges: __________________________________________________________________ _____________ Diagn. □ _________________ ICD10: _____ Therapie □ _________________________ Am / Vom – Bis Welche? Welche ? (a)mb (s)tat Sonstiges: __________________________________________________________________ _____________ Diagn. □ _________________ ICD10: _____ Therapie □ _________________________ Am / Vom – Bis Welche? Welche ? (a)mb (s)tat Sonstiges: __________________________________________________________________ _____________ Diagn. □ _________________ ICD10: _____ Therapie □ _________________________ Am / Vom – Bis Welche? Welche ? (a)mb (s)tat Sonstiges: __________________________________________________________________ _____________ Diagn. □ _________________ ICD10: _____ Therapie □ _________________________ Am / Vom – Bis Welche? Welche ? (a)mb (s)tat Sonstiges: __________________________________________________________________ _____________ Diagn. □ _________________ ICD10: _____ Therapie □ _________________________ Am / Vom – Bis Welche? Welche ? (a)mb (s)tat Sonstiges: __________________________________________________________________ 142 7.2 Anhang Diagnostische Kriterien für Multiple-Complex Developmental Disorder (Buitelaar & van der Gaag, 1998) 1. Impairment in regulation of affective state and anxiety as manifested by at least two of the following: (a) Generalized anxiety, diffuse tension, or irritability (b) Fears and phobias (including school phobia) (c) Panic episodes, terror, or „flooding” with anxiety (d) Episodes (lasting from minutes to days) of behavioral disorganization or regression with the emergence of markedly immature behavior (e) Significant emotional lability (variability) with or without environmental precipitants 2. Impairments in social behavior and social sensitivity including at least two of the following: (a) Social disinterest, detachement, avoidance or withdrawal in the face of evident competence (at times) of social engagement, particularly with parents (b) Inability to initiate or maintain peer relationships (c) Disturbed attachments to adults ,particularly parents ,as manifested by clinging, overly controlling, needful behavior and /or aggressive ,oppositional behavior, ambivalence ,and “splitting” with shifting love-hate behavior toward parent, teacher, or therapist 3. Impaired cognitive processing (thinking disorder) including at least two of the following to a degree not found in children of the same developmental level: (a) Thought problems, including magical thinking, irrationality, sudden intrusions on normal thought process (b) Confusion between reality and fantasy (c) perplexity and easy confusability (trouble with understanding ongoing social processes and keeping one`s thoughts “straight”) (d) Delusions, including fantasies of personal omnipotence, paranoid preoccupations, and overengagement with fantasy figures 143 7.3 Anhang Danksagung Die Seiten 143-144 (Danksagung/Lebenslauf) enthalten persönliche Daten. Sie sind deshalb nicht Bestandteil der Online-Veröffentlichung." 144 . Anhang 145 7.4 Lebenslauf Die Seiten 143-144 (Lebenslauf) enthalten persönliche Daten. Sie sind deshalb nicht Bestandteil der Online-Veröffentlichung." Anhang 146 8. Literaturverzeichnis Literaturverzeichnis Amorosa, H., Noterdaeme, M. 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