Akute bakterielle Infektionen des Gastrointestinaltraktes Teil 1

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Infektionen im Gastrointestinaltrakt
Akute bakterielle Infektionen des Gastrointestinaltraktes
Teil 1: Übersicht über die Krankheitserreger
T. Jelinek, O. Wichmann, M. Günther
Zusammenfassung
In der Primärversorgung von Patienten gehört akuter Durchfall zu
den am häufigsten genannten Symptomen. Da im Verlauf häufig
selbstlimitierend, können diagnostische und therapeutische Maßnahmen in der Mehrzahl der Fälle auf ein vernünftiges Mindestmaß beschränkt werden. Weltweit stehen bakterielle Infektionen
als Ursache akuter Durchfälle an erster Stelle, hier weit überwiegend durch enterotoxigene Escherichia coli (ETEC). Obwohl diese
Infektionen in Industrienationen meist unkompliziert verlaufen,
stellen sie eine der wichtigsten Ursachen der Mortalität bei Kindern in Entwicklungsländern dar. Unter anderem Reisediarrhöe,
Diarrhöe durch Clostridium difficile und durch E. coli verursachen
jedoch auch in Deutschland erhebliche Morbidität. Diagnostik
und Management sollten sich vor allem am klinischen Erscheinungsbild orientieren.
Schlüsselwörter
Akute Diarrhöe, Reisediarrhöe, Escherichia coli, Clostridium
Summary
Acute bacterial infection of the gastrointestinal tract
Diarrhoea is one of the most common symptoms in primary
healthcaresettings. Sincemostepisodesareself-limiting,diagnostic and therapeutic measures can be kept to a sensible minimum.
Worldwide, bacterial infections are a major cause of diarrhoea,
generally caused by enterotoxigenic Echerichia coli (ETEC). Although these infections generally take a mild course in industrialized nations, they are a major cause of child mortality in developing countries. Travel diarrhoea, diarrhoea caused by Clostridium
difficile and by E. coli cause significant annual morbidity in Germany. Routine diagnostic and therapeutic management of acute
diarrhoea should be oriented at the clinical picture.
Key words
Acute diarrhoea, travellers’ diarrhoea, Escherichia coli, Clostridium
Einführung
Akute Diarrhöe ist als Passage von ungeformten Stühlen
in erhöhter Frequenz (>3/die) für weniger als vier Wo-
Fallbeispiel
Ein 18 Jahre alter Mann stellte sich beim Hausarzt vor mit blutigem Durchfall, abdominellen Schmerzen und Erschöpfung.
Die Beschwerden hatten drei Tage zuvor mit wässriger Diarrhöe und krampfartigen Bauchschmerzen begonnen. Der Patient verneinte Auslandsreisen und besondere diätetische
Belastungen. Er erinnerte sich jedoch daran, in der Vorwoche
ungenügend gebratenes Hackfleisch gegessen zu haben. Die
Therapie erfolgte zunächst empirisch mit Cotrimxazol über
drei Tage. Eine Stuhlprobe wurde zur Untersuchung auf enteropathogene Bakterien eingesandt, zusätzlich wurde die
Anzüchtung auf Spezialnährböden zum Nachweis von enterohämorrhagischen Escherichia coli (EHEC) angefordert. Die
Labordaten des Patienten zeigten 13.000 Leukozyten/mm3
mit Linksverschiebung, Hb 8,5g/dl, Thrombozyten 80.000/
mm3 und ein Kreatinin von 2,8mg/dl. Ein peripherer Blutausstrich zeigte zahlreiche fragmentierte Erythrozyten. Die
Diagnose eines hämolytisch-urämischen Syndromes wurde
gestellt. In der Stuhlkultur konnte E. coli O157:H7 nachgewiesen werden. Der Patient wurde nach Absetzen der Antibiose unter stationären Bedingungen supportiv behandelt.
chen definiert. Obwohl die meisten Episoden selbstlimitierend verlaufen, bleibt akute Diarrhöe eine wichtige
Ursache für Morbidität und Mortalität, insbesondere unter Kindern und älteren Patienten. In der Primärversorgung von Patienten gehört Durchfall zu den am häufigsten genannten Symptomen. Für Deutschland werden
30 Millionen Durchfallepisoden pro Jahr bei Erwachsenen geschätzt. Daten aus den USA geben eine Durchfallrate von 1,5 % bei hospitalisierten Patienten an. In Entwicklungsländern ist die Durchfallrate 2–3 mal so hoch
wie in Industrienationen.
Die möglichen Ursachen akuter Diarrhöe sind zahlreich
(Tabelle 1). Grob einteilend kann zwischen Medikamenten, infektiöser Erreger und derer Toxine, entzündlicher
PD Dr. med. Tomas Jelinek
Institut für Tropenmedizin
Spandauer Damm 130, D-14050 Berlin
E-Mail: [email protected]
Z. Allg. Med. 2003; 79: 373–376. © Hippokrates Verlag in MVS Medizinverlage Stuttgart GmbH & Co. KG, Stuttgart 2003
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Infektionen im Gastrointestinaltrakt
und ischämischer Colitis, alimentären Ursachen, abdominellen Entzündungen und funktionellen Beschwerden unterschieden werden. In Industrienationen sind
meist virale Infektionen die Ursache akuter Durchfälle,
der Verlauf ist hier weit überwiegend selbstlimitierend.
Weltweit stehen bakterielle Infektionen als Ursache an
erster Stelle, hier weit überwiegend durch enterotoxigene E. coli (ETEC). Obwohl diese Infektionen in Industrienationen meist unkompliziert verlaufen, stellen sie eine
der wichtigsten Ursachen der Mortalität bei Kindern in
Entwicklungsländern dar. Unter anderem Reisediarrhöe,
Diarrhöe durch C. difficile und durch EHEC verursachen
jedoch auch in Deutschland erhebliche Morbidität.
Tabelle 1: Auswahl wichtiger Ursachen akuter Diarrhöe
Infektionen
1. Bakterien
Aeromonas, Campylobacter, Clostridium difficile,
Clostridium perfringens
Escherichia coli
• enterotoxigen
• enteroinvasiv
• enterohämorrhagisch
• enterpathogen
Listeria monocytogenes, Salmonella, Shigella,
Staphylococcus aureus, Vibrio, Yersinia enterocolitica
2. Parasiten und Protozoen
Cryptosporidium parvum, Entamoeba histolytica, Giardia lamblia
3. Viren
Adenoviren, Norwalkvirus, Rotaviren
Medikamente
Antazida, Antiarrhytmika, Antibiotika, Antihypertensiva,
Chemotherapeutika, Cholinergika, Kalium, Laxantien,
Magnesium, Nichtsteroidale Antiphlogistika, Prokinetika,
Prostaglandine, Protonenpumpeninhibitoren, Theophylline
Intestinale Ischämie
Entzündungen im Abdomen und Becken
Einnahme von Zuckerersatzstoffen oder schwerverdaulichen Zuckern
Funktionelle Beschwerden
Problemkreis
Reisediarrhöe
Reisediarrhöe betrifft jedes Jahr Millionen von Deutschen. Auch wenn letale Verläufe extrem selten sind, ist
die assoziierte Morbidität substantiell. Ca. 40 % der Betroffenen müssen ihre Reisepläne ändern, 20 % werden
für mindestens einen Tag bettlägerig und 1 % müssen
hospitalisiert werden. Den größten Anteil von Reisediarrhöe findet man bei Reisenden, die sich aus Gebieten mit
niedrigem Risiko (westliche Industrienationen mit einer
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durchschnittlichen Inzidenz von 7 %) in Gebiete mit hohem Risiko begeben (z. B. Teile Asiens, Lateinamerikas
und Afrikas mit einer Inzidenz von 20–50 %). Zahlreiche
Studien haben ETEC als Hauptverursacher der Reisediarrhöe identifiziert. Andere Pathogene sind unter anderem
Campylobacter jejuni, Shigella, Salmonella, Vibrio, Giardia, Entaemoeba histolytica, Rotaviren und Norwalkviren. Die Übertragung erfolgt in der Regel durch die Ingestion fäkal kontaminierter Nahrungsmittel. Es ist heute obsolet zu glauben, dass ein Wechsel der Lebensumstände, Jet Lag, »Reisefieber«, Klimawechsel, Staub oder
fremde Zuatzstoffe zur Nahrung wesentliche Ursachen
der Reisediarrhöe sind. Symptome treten meist innerhalb der ersten zwei Reisewochen auf, die Inzidenz lässt
danach deutlich nach. Zusätzlich zum Durchfall treten
meist noch Begleitsymptome wie Nausea, Vomitus, abdominelle Schmerzen auf. Beim Übergang zur komplizierten Reisediarrhöe kommen Fieber und/oder blutige
Stühle hinzu.
Escherichia coli
Verschiedene Kategorien von E. coli können Diarrhöen
durch ganz unterschiedliche Pathomechanismen hervorrufen. Weiterhin bestehen wesentliche Unterschiede
in Bezug auf die Serotypen von E. coli der normalen
Darmflora in westlichen Industrienationen und in Entwicklungsländern. Es ist unklar, welche Faktoren zur lokalen Dominanz bestimmter Serotypen führen. Wechselt man von einem Gebiet in ein anderes, lässt sich
innerhalb weniger Tage eine Veränderung der E. coliSerotypen im Darm nachweisen.
Bei enterotoxigenen E. coli (ETEC) ist die unterschiedliche Toxinproduktion bedeutsam, die durch zwei verschiedene Bakterienstämme erfolgt. Es werden hitzelabile, sekretorische Toxine produziert, von denen eines
antigenetisch und funktionell dem Choleratoxin ähnlich
ist. Erwachsene in Endemiegebieten sind gegen diese Toxine immun. Weiterhin wird ein hitzestabiles Toxin gebildet, das ebenfalls sekretorische Effekte hat. In den einzelnen ETEC-Stämmen ist die Toxinproduktion variabel:
es können die Toxine einzeln vorkommen, aber auch
Kombinationen aus hitzelabilem und -stabilem Toxin
sind möglich. Letzteres führt regelmäßig zu schweren
Krankheitsbildern.
Nach einer Inkubationszeit von 1–9 Tagen führt eine Infektion mit ETEC zu individuell sehr variablen Krankheitsbildern, von weitgehend asymptomatischem Befund bis hin zur schweren, Cholera-ähnlichen Symptomatik. Begleitsymptome wie Tenesmen und Fieber sind
möglich, im Stuhl sind in aller Regel weder Erythrozyten
noch Leukozyten nachweisbar. Nach ungefähr einer Woche sistieren die Beschwerden spontan. Somit lohnt sich
eine umfangreiche Diagnostik in der Regel nicht, zumal
Z. Allg. Med. 2003; 79: 373–376. © Hippokrates Verlag in MVS Medizinverlage Stuttgart GmbH & Co. KG, Stuttgart 2003
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der Nachweis von ETEC aufwändig ist. Therapeutisch ist
die orale Rehydrierung in der Regel ausreichend (s. Teil
2).
Enteropathogene E. coli (EPEC) produzieren weder Toxine noch sind sie enteroinvasiv. Sie führen jedoch zu charakteristischen Läsionen im Dünndarm mit Zerstörung
der Mikrovilli. Klinisch imponiert eine Infektion mit
EPEC meist mit persitierender, wässriger Diarrhöe ohne
Blut- oder Schleimbeimengungen. Begleitsymptome wie
Fieber oder Erbrechen können auftreten. Eine durchgemachte Infektion führt zu längerfristiger Immunität. Der
Nachweis der Erreger ist aufwändig. Neben adäquater
Rehydrierung kann eine antibiotische Therapie hilfreich
sein, jedoch ist mit Multiresistenzen zu rechnen.
Enteroinvasive E. coli (EIEC) dringen in die Mukosa des
Colons ein, vermehren sich dort und bewirken dadurch
ein ruhrartiges Krankheitsbild mit schmerzhaften
Durchfällen, Blut- und Schleimbeimengungen im Stuhl
und Fieber. Hier sind im Schleim reichlich Leukozyten
nachweisbar. Werden bei der Diagnostik einer komplizierten, akuten Diarrhöe weder Shigellen, noch Campylobacter oder Salmonellen gefunden, sind EIEC ursächlich zu erwägen. Die mikrobiologischen Nachweisverfahren sind jedoch aufwändig.
Enterohämorrhagische E. coli (EHEC, O157:H7) bilden
ein Verotoxin, das mit dem von Shigellen verwandt ist. Es
wird geschätzt, dass E. coli O157:H7 für bis zu 30 % der
akuten hämorrhagischen Colitiden in der westlichen
Welt verantwortlich ist. In der Regel wird die Infektion
durch den Verzehr von nicht ausreichend gebratenem
Rindfleisch erworben, jedoch sind auch andere Infektionsquellen wie frisch gepresster Apfelsaft und Haushaltskontakte zu Infizierten identifiziert worden. Das
Spektrum der Symptomatik reicht von wässrigen Stuhlentleerungen bis hin zu ruhrartigen, blutigen Durchfällen. E. coli O157:H7 ist mit dem hämolytisch-urämischen
Syndrom und der thrombotischen thrombozytopenischen Purpura assoziiert, das vor allem unter einer
antibiotischen Therapie dieser Infektion auftreten kann.
Wird E. coli O157:H7 als mögliche Ursache der Beschwerden eines Patienten in Erwägung gezogen, muss
das mikrobiologische Labor darüber informiert sein, damit die Probe mit entsprechenden Nährmedien (z. B.
Sorbitol-MavCongey-Agar) angesetzt werden kann.
Salmonella
Enteritische Salmonellosen werden durch mehr als 2000
verschiedene Serotypen ausgelöst, die im Tierreich ihre
primären Wirte haben. Nach oraler Ingestion kommt es
innerhalb von zwei Tagen zur Symptomatik, die sehr variabel sein kann. Neben dem häufigen Erscheinungsbild
des akuten Brechdurchfalls treten auch komplizierte
Verläufe mit blutigen Stühlen oder septischen Krank-
heitsbildern auf. Für gewöhnlich ist die Diarrhöe selbstlimitierend und dauert nur selten länger als eine Woche.
Bei der bakteriellen Diagnostik eignet sich als Untersuchungsmaterial nur frischer oder mittels Transportmedien konservierter Stuhl. Dies ist der Grund für häufige
falsch-negative Befunde beim Versand nicht konservierter Proben. Therapeutisch sind symptomatische Maßnahmen bei der unkomplizierten Salmonellenenteritis
in aller Regel ausreichend (s. Teil 2). Antibiotische Therapie hat hier keinen nachweislichen Vorteil für den
Krankheitsverlauf und kann zudem die Ausscheidungszeit verlängern. Somit sollte sie für Patienten mit kompliziertem Verkauf reserviert bleiben.
Shigella
Die sehr umweltresistenten Shigellen zeichnen sich
durch eine sehr geringe Infektionsdosis aus: bereits 100
Organismen reichen bei 40 % gesunder Probanden aus,
um eine Erkrankung auszulösen. Es werden vier Serogruppen unterschieden: A (S. dysenteriae), B (S. flexneri),
C (S. boydii) und D (S. sonnei). Shigellen setzen bei Autolyse ein hitzelabiles Endotoxin frei, S. dysenteriae produziert zusätzlich ein Exotoxin. Nach einer Inkubationszeit
von wenigen Stunden bis fünf Tagen kommt es zu einem
sehr variablen Krankheitsbild, das von mildem, wässrigem Durchfall bis hin zur schweren bakteriellen Ruhr
mit septischem Verlauf reicht. Letzteres ist nahezu ausschließlich bei Infektionen mit S. dysenteriae zu finden.
In hygienisch schlechten Bedingungen kommt es immer
wieder zu Epidemien mit signifikanter Letalität vor allem bei Kindern und älteren Erwachsenen. Konservative
Schätzungen gehen von jährlich ca. 280 Millionen Erkrankungsfällen mit 1 Millionen Toten aus. Der Nachweis von Shigellen ist aus der bakteriellen Stuhlkultur
ohne größeren Aufwand zu führen. Therapeutisch sind
Chinolone Mittel der ersten Wahl.
Campylobacter
Innerhalb der Gattung wird nahezu immer Campylobacter jejeuni als Enteritiserreger beim Menschen nachgewiesen. Der Erreger stammt aus der Darmflora diverser
Haus- und Wildtiere und wird vor allem über Hühner auf
den Menschen übertragen. Weitere Infektionsmöglichkeiten stellen nichtpasteurisierte Milchprodukte, Fleisch
sowie kontaminierte Getränke dar. In Endemiegebieten
werden symptomatische Infektionen nahezu ausschließlich bei Kindern beobachtet, Erwachsene profitieren von einer erworbenen Immunität.
Hat der auf Magensäure sehr empfindliche Keim in ausreichender Zahl (>500 Organismen) den Darm erreicht,
beginnt das Krankheitsbild drei bis fünf Tage nach Infektion. Hierbei ist die Symptomatik sehr variabel, was
durch unterschiedliche Virulenzfaktoren der einzelnen
Z. Allg. Med. 2003; 79: 373–376. © Hippokrates Verlag in MVS Medizinverlage Stuttgart GmbH & Co. KG, Stuttgart 2003
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Stämme erklärt wird: Das Spektrum reicht von relativ
milder, akuter Diarrhöe über ruhrartige Beschwerden
bis hin zur persistierenden oder rezidivierenden Diarrhöe. Im Stuhl sind gelegentlich Leukozyten und Erythrozyten nachweisbar. Bei längerem Verlauf der Beschwerden kann es zum Auftreten einer Begleitarthritis
kommen.
Wird eine Infektion mit Campylobacter vermutet, sollte
das Labor bei einer Stuhldiagnostik hiervon informiert
werden, da die notwendigen Nährböden nicht notwendigerweise routinemäßig angelegt werden. Häufig ist
eine symptomatische Therapie ausreichend. Wird eine
Antibiose erwogen, sind Makrolide Mittel der ersten
Wahl, da ca. 25 % der Campylobacter-Stämme resistent
gegen Chinolone sind.
Aeromonas
Insbesondere Aeromonas hydrophila kann mit Süß- und
Salzwasser, aber auch mit Nahrungsmitteln aufgenommen werden. In den Tropen wird der Keim häufig auch
bei Gesunden nachgewiesen. Aeromonas produziert hitzestabile und -labile Toxine, die zu wässriger Diarrhöe,
seltener auch zu ruhrartigen Beschwerden führen.
Clostridium difficile
Bei ca. 20 % aller Patienten mit antibiotika-assoziierter
Diarrhöe ist C. difficile der Verursacher. In verschiedenen
Untersuchungen bei asymptomatischen Erwachsenen in
Krankenhäusern und in Altenheimen konnte C. difficile
in bis zu 30 % der Fälle nachgewiesen werden. Der Erreger gilt mittlerweile als eine der Hauptursachen für Hospital-erworbene Diarrhöe.
Die Einnahme von Antibiotika und diversen Chemotherapeutika spielt eine wesentliche Rolle bei der Entwicklung einer symptomatischen Infektion. Hierbei kommen
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prinzipiell alle Antibiotika als Ursache in Frage, am häufigsten werden jedoch Clindamycin, Cephalosporine und
Penicilline genannt. Die Einnahme dieser Substanzen
zerstört die normale, protektive Darmflora und ermöglicht die Ansiedlung von C. difficile unter Freisetzung der
Toxine A und B, die nach der Adhärenz der Bakterien an
der Mukosa zur Zellschädigung führen.
Das Spektrum der Erkrankung reicht von selbstlimitierenden Durchfällen bis hin zu pseudomembranöser
Colitis, hämorrhagischer Colitis, toxischem Megacolon,
und Colonperforation. Beschwerden treten innerhalb
weniger Tage bis hin zu mehreren Wochen nach antibiotischer Therapie auf. Zunächst imponieren wässrige
Durchfälle, Fieber, abdominelle Krämpfe und Leukozytose. Typischerweise ist das Colon descendens befallen,
jedoch kann sich die Infektion auch im Colon ascendens
manifestieren. Dann kommt es häufig erst zum späten
Auftreten von Durchfällen: die Patienten präsentieren
sich zunächst mit rechtsseitigen abdominellen Beschwerden und Fieber. Dies kann zu erheblichen Verzögerungen in der Diagnostik führen.
Bei 20 % der Patienten kommt es zu Rückfällen. Diese
können sich häufig wiederholen, bei einzelnen Patienten
sind bis zu 20 Rezidive beschrieben. Ursachen für klinische Rückfälle sind entweder echte Rezidive durch denselben Stamm, der im Darm in Sporenform überdauert
hat, oder Neuinfektionen durch andere C. difficile-Stämme. Letzteres wird nach verschiedenen Studien für
38–56 % der klinischen Rückfälle angenommen. Rezidive können zwei Wochen bis zwei Monate nach Beendigung einer Clostridien-spezifischen Therapie auftreten.
Eine erhöhte Zahl von Rückfällen geht nicht notwendigerweise mit einem erhöhten Schweregrad der Erkrankung einher.
Z. Allg. Med. 2003; 79: 373–376. © Hippokrates Verlag in MVS Medizinverlage Stuttgart GmbH & Co. KG, Stuttgart 2003
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