Tierarzneimittel im Fokus – Nutzen, Risiken, Resistenzen Klinische Wirksamkeit von Tierarzneimitteln, Nutzen-Risiko Abwägung für das Tier BVL Symposium Herausforderungen 2014 Gesine Hahn, BVL • 7. November 2013 • Seite 1 Gesine Hahn Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit Abteilung „Tierarzneimittel“ Referat 303 Veterinärmedizinische Prüfung von Tierarzneimitteln, Umweltverträglichkeit Gesine Hahn, BVL • 7. November 2013 • Seite 2 Therapeutischer Nutzen von Tierarzneimitteln • Der direkte Nutzen eines Tierarzneimittels ergibt sich aus der vorgesehenen Anwendung im oder am Tier zu therapeutischen zootechnischen oder diagnostischen Zwecken und der vom pU ausgelobten Wirkung z.B. Behandlung oder Verhütung von Krankheiten Verbesserung der Lebensqualität Steigerung der Lebenserwartung Kontrolle enzootischer Zoonosen Östrussynchronisation Diagnostisches Hilfsmittel Nicht immer ergibt sich aus der vorgesehenen Anwendung eines Arzneimittels ein gesundheitlicher Nutzen für das Tier Gesine Hahn, BVL • 7. November 2013 • Seite 3 Therapeutischer Nutzen von Tierarzneimitteln • Zusätzliche Vorteile, die nicht in direktem Zusammenhang mit der Indikation stehen sind z.B. Verbesserte Palatabilität Leicht anzuwenden/ verbesserte Compliance Einmalige Anwendung mit lang anhaltender Wirkung Reduziert die Notwendigkeit von Behandlungen mit Antibiotika Aber: Zusätzliche Vorteile rechtfertigen für sich allein nicht den Nutzen eines Tierarzneimittels. Gesine Hahn, BVL • 7. November 2013 • Seite 4 Evaluierung der klinische Wirksamkeit • Für jede Zieltierart, Indikation, und Verabreichungsweg Pharmakologisches Wirkungsprofil (Wirkungsspektrum, Dosis(Konzentration-) Wirkungsbeziehung) Bioverfügbarkeit Resistenzentwicklung Zieltierverträglichkeit Wirksamkeitsstudien (Dosisfindungs-, Dosisbestätigungs- und Feldstudien) Studien zu anderen Eigenschaften, z.B. Palatabilität (Anhang I, Titel I, Teil 4 der RL 2001/82/EC, wissenschaftliche Leitlinien) Gesine Hahn, BVL • 7. November 2013 • Seite 5 Bewertung der klinischen Wirksamkeit • Bewertung der Studienergebnisse unter Berücksichtigung der – Vollständigkeit der eingereichten Unterlagen – Qualität (Stand der Wissenschaft, Guidelines) der Studien und deren Zielsetzung im Vergleich zur vorgeschlagenen Anwendung des Tierarzneimittels – Relevanz der Ergebnisse in Bezug auf die vorgeschlagene Anwendung – Fehlende Informationen, Unklarheiten Gesine Hahn, BVL • 7. November 2013 • Seite 6 Welcher Nutzen für das Tier? • Feststellung der Wirksamkeit in klinischen Studien: – In wenigen Ausnahmen ist eine „Mindestwirksamkeit“ vorgegeben (Antiparasitika: 80-100%) – Üblich ist der Vergleich mit einer Kontrollgruppe: Standardtherapie (Referenzarzneimittel, non-inferiority, ist die Regel) Plazebo (superiority, mit Möglichkeit zum Aus- oder Umstieg, nur bei bestimmten Tierarzneimitteln) Gesine Hahn, BVL • 7. November 2013 • Seite 7 Bewertung der Zieltierverträglichkeit • Kenntnisse aus pharmakologisch-toxikologischen Untersuchungen an Labortieren zur Charakterisierung des Wirkungsprofils werden genutzt • Experimentelle Studie am Zieltier mit Überdosierung und Überschreitung der Anwendungsdauer – Häufigkeit und Schwere von Nebenwirkungen – Dosis- (Konzentrations-) Wirkungs-Beziehung – Verträglichkeitsbreite • Feldstudien Informationen in der Produktliteratur, um eine sichere Anwendung beim Tier zu gewährleisten Gesine Hahn, BVL • 7. November 2013 • Seite 8 Nutzen-Risiko Abwägung • Ein quantitative Abwägung, wie im Gesetzestext impliziert, ist nicht möglich • Es erfolgt eine Bewertung auf qualitativer Grundlage, daher sind Fachwissen und Erfahrung essentiell Gesine Hahn, BVL • 7. November 2013 • Seite 9 Nutzen-Risiko Abwägung für das Tier • Im Rahmen der Nutzen-Risiko Abwägung können nur die klinische Wirksamkeit und die Verträglichkeit direkt in ihrer wechselseitigen Beziehung geprüft werden • Abhängig von der Zweckbestimmung des Tierarzneimittels • Tierarzneimittel mit therapeutischem Potenzial: Akzeptanz von Nebenwirkungen (Häufigkeit und Schwere) für das Tier hängt ab von der klinischen Bedeutung des therapeutischen Nutzens • Ein Null-Risiko gibt es nicht Gesine Hahn, BVL • 7. November 2013 • Seite 10 Nutzen-Risiko Abwägung für das Tier • Zootechnika werden nicht primär zum Wohl der Tiere eingesetzt, sondern zur Maximierung der Tierleistung und Optimierung des Tiermanagements Möglichst keine oder nur geringfügige Nebenwirkungen! Beispiel Östrussynchronisation bei Sauen Gesine Hahn, BVL • 7. November 2013 • Seite 11 Nutzen-Risiko Abwägung • Alle anderen Risken für den Menschen (Verbraucher, Anwender) und für die Umwelt sind individuell zu betrachten • Festlegung von Risikominderungsmaßnahmen sind ein wichtiger Bestandteil Risiken Nutzen Bestmögliche Wirksamkeit Minimierung von Risiken Gesine Hahn, BVL • 7. November 2013 • Seite 12 Nutzen-Risikoabwägung bei Generika Verkürzter Ansatz: Gleiche pharmazeutische Form Gleiche quantitative Zusammensetzung der Wirkstoffe Bioäquivalenznachweis (90% Konfidenzintervalle des Quotienten der für die zu vergleichenden Kenngrößen ermittelten Durchschnittswerte für das Test- und das Referenzprodukt müssen innerhalb fest definierter Grenzen liegen (80%-125%). Gleiche Nutzen-Risiko Bewertung wie für das Referenzpräparat Gesine Hahn, BVL • 7. November 2013 • Seite 13 Antibiotika Design von präklinischen und klinische Studien, Charakterisierung des antimikrobiellen Wirkungsprofils „maßgeschneiderte“ Therapie, Begründung der klinischen Indikation EMA/ Focus group meeting mit Fachöffentlichkeit, pharmazeutischer Industrie am 9. Dezember 2012 geplant Gesine Hahn, BVL • 7. November 2013 • Seite 14 Fixe Kombinationen Antiparasitika für Hund und Katze (3-4 Wirkstoffe): - - Mischinfektionen Ektoparasiten + Nematoden + Zestoden selten Restriktive Anwendung nur nach Diagnosestellung Hohes Risiko „off-label use“ (Bequemlichkeit) Risiko schädlicher Wirkungen steigt mit Zahl der Wirkstoffe Hoher „Verbrauch“ von Versuchstieren (Hund, Katze) Zulassung wenn Nutzen-Risiko Verhältnis positiv für das Fertigprodukt - Eigenverantwortlichkeit des Unternehmers? Gesine Hahn, BVL • 7. November 2013 • Seite 15 Onkologika • Anders als beim Menschen steht beim Tier die Palliation im Vordergrund - Tumorwachstum verlangsamen, Krankheitssymptome lindern, Lebensdauer verlängern, Lebensqualität erhalten oder verbessern • Nutzen-Risiko-Abwägung: – – – – – Klinisch relevanter Effekt auf Tumorwachstum? Überlebenszeit verlängert? Deutliche Linderung krankheitsbedingter Symptome? Lebensqualität erhalten oder verbessert? Nebenwirkungen im Verhältnis zum therapeutischen Nutzen akzeptabel? Nutzen-Risiko-Verhältnis nur dann positiv, wenn die Lebensqualität des Tieres durch die Behandlung erhalten bleibt oder verbessert wird Gesine Hahn, BVL • 7. November 2013 • Seite 16 Neue Therapien • Phagentherapie als Alternative zu Antibiotika • Stammzelltherapie • Rekombinante Proteine • Monoklonale Antikörper Gesine Hahn, BVL • 7. November 2013 • Seite 17 Harmonisierung in der EU • Überwiegend EU (MR, DC) mit Beteiligung vieler EU MS und zentrale Zulassungsverfahren • Inkonsistente Bewertungen und Entscheidungen bleiben nicht aus Kontinuierlicher fachlicher Dialog und Austausch von Argumentationen essentiell, um zu konsistenten, tragfähigen Bewertungen/ Entscheidungen zu gelangen (CMDv) Gesine Hahn, BVL • 7. November 2013 • Seite 18 Partner und Aufgaben • EMA – CVMP: u.a. zentrale Zulassungsverfahren – EWP: (Weiter-) Entwicklung von wissenschaftlichen Methoden und Bewertungskriterien zum Nachweis der Wirksamkeit von Tierarzneimitteln – Scientific Advice – Assessor Training • VICH – Fortsetzung der Harmonisierung von wissenschaftlichen Methoden und Bewertungskriterien global Gesine Hahn, BVL • 7. November 2013 • Seite 19 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit Gesine Hahn, BVL • 7. November 2013 • Seite 20