249_297_BIOsp_0310.qxd 260 21.04.2010 14:37 Uhr Seite 260 W I S S E N SCH AFT Genetik und Medizin Genetische Hintergründe der Parkinsonerkrankung KATHRIN BROCKMANN, THOMAS GASSER ABTEILUNG FÜR NEURODEGENERATIVE ERKRANKUNGEN UND HERTIE-INSTITUT FÜR KLINISCHE HIRNFORSCHUNG, UNIVERSITÄT TÜBINGEN Im Verlauf der letzten Jahre ist es gelungen, eine Reihe von Genen zu identifizieren, die ursächlich für monogen vererbte Parkinson-Syndrome sind. Intensive Untersuchungen dieser familiären Formen haben darüber hinaus eindrücklich zum Verständnis der sporadischen Erkrankung beigetragen. During the last decade mutations in a growing number of genes are found to cause monogenic forms of Parkinson’s disease (PD). Moreover, many studies shed light on their contribution to sporadic variants of PD. ó Morbus Parkinson (MP) ist die zweithäufigste neurodegenerative Erkrankung und zeigt eine altersabhängige Prävalenz (1,4 Prozent bei 65-Jährigen, 3,5 Prozent bei 85-Jährigen). Die Erkrankung manifestiert sich mit den Kardinalsymptomen Rigor, Akinese, Tremor sowie posturale Instabilität. Neben diesen motorischen Charakteristika weisen viele Patienten nicht-motorische Symptome wie etwa Riechstörung, Demenz, Depression und autonome Störungen auf. Im Zentrum der Erkrankung steht die Degeneration dopaminerger Neurone der Substantia nigra pars compacta (SNc) sowie charakteristische Proteinablagerungen (LewyKörper), die sich in überlebenden Neuronen nachweisen lassen. Hauptbestandteil dieser Lewy-Körper ist das Protein α-Synuklein. MP tritt meist sporadisch auf, jedoch rücken genetische Faktoren zunehmend in den Fokus. So haben Angehörige von ParkinsonPatienten gegenüber Kontrollpersonen ohne positive Familienanamnese ein 3-fach erhöhtes Risiko, an MP zu erkranken. Zudem wurden in den letzten zehn Jahren Genorte (PARK1–15) bzw. Gene identifiziert, die bei vorliegender Mutation ursächlich für familiär vererbte Formen sind und etwa fünf bis zehn Prozent aller Parkinson-Syndrome (PS) ausmachen (Tab. 1). Des Weiteren kommt Suszeptibilitätsgenen als genetische Risikofaktoren für die Entstehung der sporadischen Erkrankung eine wesentliche Rolle zu (Tab. 2). Familiäre Parkinson-Syndrome: Autosomal-dominant vererbte Formen α-Synuklein). PARK1 und PARK4: SNCA (α SNCA war das erste entdeckte Parkinson-Gen. Das codierte Protein, α-Synuklein, ist Hauptbestandteil der Lewy-Körper, sodass diesem Gen eine zentrale Rolle in der Pathogenese des familiären, aber auch des sporadischen PS sowie anderer α-Synukleinopathien zuzukommen scheint. Neben Punktmutationen, die relativ selten vorkommen, verursachen auch Duplikationen und Triplikationen des gesamten Gens ein autosomal-dominant vererbtes PS. Das durch Punktmutationen hervorgerufene klinische Bild ist dem des sporadischen MP ähnlich, wobei häufig eine Demenz sowie psychiatrische Auffälligkeiten zu beobachten sind. Im Fall von Gen-Multiplikationen zeigen Patienten mit Triplikationen einen schwerwiegenderen Phänotyp mit früherem Erkrankungsbeginn, schnellerer Progression, ausgeprägter Demenz und autonomen Dysfunktionen im Vergleich zu Patienten mit Duplikationen. Aufgrund dieser Beobachtung wird bezüglich des Phänotyps ein Gen-DosisEffekt diskutiert. Insgesamt liegt ein toxic gain-of-function-Mechanismus des α-Synuklein-Proteins vor [1]. Wie auch andere Proteine (Tau, PolyQ), die mit Neurodegeneration assoziiert sind, hat αSynuklein die Neigung, über Oligomere und Fibrillen Proteinaggregate zu bilden. Mutationen verstärken dieses Phänomen. Wodurch die neurotoxische Wirkung dieser Aggregate letztlich verursacht wird, ist noch unklar. PARK8: LRRK2 (leucine-rich repeat kinase 2). Mutationen im LRRK2-Gen stellen die häufigste Form des autosomal-dominant vererbten PS dar. Sie lassen sich in ca. zehn Prozent der familiären Fälle sowie in zwei bis drei Prozent des sporadischen MP nachweisen. Aus diesem Grund ist bei einem Erkrankungsbeginn jenseits des 50. Lebensjahres sowie dominanter Familienanamnese die molekulargenetische Diagnostik für PARK8 sinnvoll. Die Mutation G2019S (G/A-Transition an Position 6.055) ist besonders häufig. Ihre hohe Prävalenz in sporadischen Fällen spricht für eine reduzierte Penetranz. Die Altersabhängigkeit der Penetranz (28 Prozent bei 59-Jährigen, 74 Prozent bei 79-Jährigen) ist bei der genetischen Beratung zu berücksichtigen. Klinisch unterscheidet sich diese Form nicht vom sporadischen MP. LRRK2 ist mit 51 Exons ein relativ großes Gen. Das codierte Protein besitzt fünf funktionelle Domänen. Mutationen innerhalb der Kinase-Domäne scheinen die Fähigkeit der (Auto-)Phosphorylierung über einen gain-offunction-Mechanismus zu erhöhen [2]. Ob dadurch therapeutische Optionen im Sinne spezifischer Kinase-Inhibitoren möglich werden, bleibt abzuwarten. Familiäre Parkinson-Syndrome: Autosomal-rezessiv vererbte Formen PARK2: PRKN (Parkin). Homozygote Mutationen im PRKN-Gen sind die häufigste Ursache des früh beginnenden rezessiv vererbten PS. Der Erkrankungsbeginn liegt vor dem 40. Lebensjahr. Klinisch zeigt sich ein reines PS mit langsamem Erkrankungsverlauf. Teilweise treten frühzeitig dystone Verkrampfungen auf. L-Dopa-induzierte Fluktuationen und Dyskinesien stellen sich im Verlauf häufig dar. BIOspektrum | 03.10 | 16. Jahrgang 249_297_BIOsp_0310.qxd 262 21.04.2010 14:37 Uhr Seite 262 W I S S E N SCH AFT Tab. 1: Überblick PD-assoziierter Loci (PARK) und Gene. Gen Locus Erbmodus Beginn Klinische Charakteristika Kommentar PARK1 SNCA 4q21 AD EO ähnlich des sporadischen PS, häufig kognitive/ psychiatrische Beeinträchtigung α-Synuklein-Protein ist Hauptbestandteil von LB; Punktmutationen PARK2 PRKN 6q25 AR EO häufig Dystonie zu Beginn, Dopa-induzierte Fluktuationen, langsame Progression WT-Protein ist E3-Ubiquitin Ligase in UPS; Ko-Expression von WT-Protein mildert SNCA-, DJ-1- und LRRK2–Phänotyp; heterozygote Mutationen ↑ Risiko für LOPS PARK3 ? 2p13 AD LO ähnlich des sporadischen PS PARK4 SNCA 4q21 AD EO schwerwiegendere Progression, Demenz, autonome Dysfunktion in Triplikationen PARK5 UCHL1 4p14 AD LO ähnlich des sporadischen PS PARK6 PINK1 1p35 AR EO ähnlich PARK2 WT-Protein protektiv gegen oxidativen Stress; heterozygote Mutationen ↑ Risiko für LOPS PARK7 DJ-1 1p36 AR EO langsame Progression WT-Protein als Antioxidans vermutet; heterozygote Mutationen ↑ Risiko für LOPS PARK8 LRRK2 12q12 AD LO ähnlich des sporadischen PS häufigste Form des AD-LOPS PARK9 ATP13A2 1p36 AR EO Parkinsonismus, Spastik, Blickparese, Demenz Kufor-Rakeb-Syndrom (KRS); WT-Protein als ATPase in Lysosomen; heterozygote Mutationen ↑ Risiko für LOPS PARK10 ? 1p32 AD LO ähnlich des sporadischen PS bisher nur in isländischer Population gefunden PARK11 GIGYF2 2q36 AD LO ähnlich des sporadischen PS WT-Protein in Insulin-Signalkaskade involviert PARK12 ? Xq ? LO PARK13 OMI/HTRA2 2p13 AD LO ähnlich des sporadischen PS bisher nur in deutschen Patienten gefunden PARK14 PLA2G6 22q13.1 AR EO Dystonie-Parkinsonismus, Pyramidenbahnzeichen, kognitive Beeinträchtigung PLA2G6-Mutationen zuvor in Neurodegeneration mit Eisenakkumulation gefunden (infantile neuroaxonale Dystrophie) PARK15 FBXO7 22q12 AR EO Parkinson, Spastik, Demenz WT-Protein in UPS involviert Duplikationen/Triplikationen; Gen-Dosis-Effekt AD: autosomal-dominant; AR: autosomal-rezessiv; EO: early-onset; LO: late-onset; PS: Parkinson-Syndrom; LOPS: late-onset-Parkinson-Syndrom; LB: Lewy-Body, LewyKörper; WT: Wildtyp; UPS: Ubiquitin-Proteasom-System; KRS: Kufor-Rakeb-Syndrom. Es wird diskutiert, dass heterozygote Mutationen das Risiko zur Entwicklung eines spät beginnenden PS erhöhen. So zeigen heterozygote Mutationsträger klinisch sowie mittels bildgebender Verfahren ([18F]-Fluorodopa- PET) eine Basalgangliendysfunktion im Sinne der Parkinson-Erkrankung [3]. Parkin ist eine E3-Ubiquitin-Ligase im Ubiquitin-Proteasom-System (UPS), das unter anderem für den Abbau fehlgefalteter Protei- Tab. 2: Suszeptibilitätsgene, die als Risikofaktor für die Entwicklung des sporadischen Parkinson-Syndroms gelten. Gen Chromosom Kommentar SNCA 4 ↑ Risiko für sporadisches PS um Faktor 1,5–2 ↑ Risiko für Multisystematrophie (MSA) auf einem Chromosom um Faktor 1,5 auf beiden Chromosomen um Faktor 6 MAPT 17 ↑ Risiko für sporadisches PS ↑ Risiko für Progressive supranukleäre Blickparese (PSP) Ursache familiär vererbter Frontotemporaler Demenz (FTD) GBA 1 ↑ Risiko für sporadisches PS bei heterozygoten Mutationen Prävalenz 3 % Homozygote Mutationen verursachen Morbus Gaucher ne verantwortlich ist. Mutationsbedingte Funktionsbeeinträchtigungen des Proteins im Sinne eines loss-of-function-Mechanismus könnten daher zur Akkumulation von Parkin-assoziierten Substraten mit nachfolgender Zellschädigung führen. Zell- und Tiermodelle belegen, dass die aufgrund von Mutationen in anderen PARK-Genen (SNCA, LRRK2, DJ-1) hervorgerufene ParkinsonSymptomatik mit α-Synuklein-Pathologie durch Überexpression von Wildtyp-Parkin deutlich gemildert wird, sodass Parkin möglicherweise neuroprotektiv wirkt [1]. Zudem scheint es mitochondriale DNA gegen oxidativen Stress und Sauerstoffradikale abzuschirmen [4]. PARK6: PINK1 (PTEN-induced putative kinase 1). Homozygote Mutationen im PINK1Gen sind die zweithäufigste Ursache für ein früh beginnendes PS. Klinisch präsentiert sich diese Form wie PARK2. Es wird ebenfalls BIOspektrum | 03.10 | 16. Jahrgang 249_297_BIOsp_0310.qxd 264 21.04.2010 14:44 Uhr Seite 264 W I S S E N SCH AFT ˚ Abb. 1: Manhattan-Plot der bisher größten genomweiten Assoziationsstudie beim Parkinson-Syndrom (t-Test). Dargestellt sind logarithmisch aufgetragene p-Werte von über 500.000 untersuchten genetischen Varianten, nach Chromosomen geordnet. Man erkennt die beiden Gene mit den signifikantesten p-Werten, α-Synuklein (SNCA) und Tau (MAPT). Aufgrund der hohen Zahl untersuchter Varianten wurde eine Korrektur für multiple Testung angewandt (Bonferroni-Korrektur), sodass p-Werte erst ab einer Schwelle von ca. 10-7 als statistisch signifikant gelten [7]. ein erhöhtes Risiko zur Entwicklung eines spät beginnenden PS bei heterozygoten Mutationsträgern diskutiert. Die eindeutige Funktion von PINK1 bleibt noch unklar, in vitro-Studien haben jedoch gezeigt, dass dieses Protein in Mitochondrien lokalisiert ist und dort protektiv gegen oxidativen Stress und dadurch verursachten Zelltod wirkt [5]. In Tiermodellen wurde die durch Mutationen im PINK1-Gen verursachte nigrale Degeneration mit Parkinson-Phänotyp durch Überexpression von Parkin deutlich gemildert. PARK7: DJ-1. Homozygote Mutationen in diesem Gen verursachen ebenfalls ein früh beginnendes PS, ähnlich wie Parkin und PINK1, sind jedoch selten. Das codierte Protein ist weniger in Neuronen, sondern in Astrozyten lokalisiert und soll als Antioxidans regulierend bei oxidativem Stress nach Ischämie, aber auch bei neuroinflammatorischen und neurodegenerativen Erkrankungen wirken [6]. Andere PARK-Loci und Gene. Es sind eine Reihe weiterer PARK-Loci und Gene beschrieben, die mit dem Auftreten eines familiären PS assoziiert sind (Tab. 1). Ihre Funktion sowie Relevanz in Bezug auf die Erkrankung sind teilweise jedoch noch unklar, da viele ˚ Abb. 2: Schematische Übersicht pathophysiologischer Kaskaden in monogenen Parkinson-Syndromen (PS). Sowohl Punktmutationen als auch Multiplikationen im SNCA-Gen führen über Oligomerisation und Aggregation von α-Synuklein zu neurotoxischen Ablagerungen. Auch beim sporadischen PS finden sich α-Synuklein-Aggregate und bilden den Hauptbestandteil der charakteristischen Lewy-Körper. Das mutationsbedingt veränderte LRRK2-Protein scheint zelluläre Funktionen zu stören und ebenfalls α-Synuklein-Aggregationen zu begünstigen. Mutationsbedingte Funktionsminderung von Parkin, PINK1, DJ-1 und GBA hat mitochondriale, proteasomale, lysosomale sowie antoxidative Dysfunktionen zur Folge. Damit einher geht eine erhöhte Anfälligkeit gegenüber oxidativem Stress und pathologischen Proteinablagerungen. von ihnen bisher nur in einzelnen Familien oder isolierten Populationen nachgewiesen werden konnten. Sporadisches Parkinson-Syndrom: genetische Risikofaktoren für sporadische und atypische Parkinson-Syndrome Im letzten Jahr haben Studien gezeigt, dass häufige genetische Varianten in verschiedenen Genen erheblich zum Risiko der Entwicklung eines sporadischen MP, aber auch atypischer PS wie der Multisystematrophie (MSA) oder der Progressiven supranukleären Blickparese (PSP) beitragen können. In einer genomweiten Assoziationsuntersuchung an mehr als 3.000 Patienten und 6.000 Kontrollpersonen wurden genetische Varianten in den Genen für α-Synuklein (SNCA) und Tau (MAPT) als Hauptrisikofaktoren für das sporadische PS identifiziert (Abb. 1 [7]). Es handelt sich dabei nicht um krankheitsverursachende Mutationen, sondern um genetische Risikofaktoren, die das Erkrankungsrisiko um einen Faktor von 1,5 bis 2 erhöhen. Sie sagen damit zwar wenig über das individuelle Krankheitsrisiko aus, sind aber so häufig, dass sie auf Populationsebene etwa zehn Prozent des Erkrankungsrisikos erklären können. Interessanterweise zeigte sich in weiteren Untersuchungen, dass die gleichen genetischen Varianten im α-Synuklein-Gen, die als Risikofaktoren des sporadischen PS gefunden wurden, auch das Risiko für die MSA erhöhen [8]. Dies ist der erste Hinweis auf eine genetische Ursache der MSA überhaupt. Liegt auf einem Chromosom eine Risikovariante des α-Synuklein-Gens vor, so ist die Wahrscheinlichkeit an einer MSA zu erkranken, um den Faktor 1,5 erhöht. Liegen jedoch auf beiden Chromosomen die Risikovarianten vor, beträgt das relative Risiko 6. Auch für die PSP bestätigt sich die Beobachtung, dass genetische Varianten in Genen, die für monogene Erkrankungsformen verantwortlich sind (im Fall der PSP das Gen für das Mikrotubuli-assoziierte Protein Tau, MAPT, dessen Mutationen zu erblicher Frontotemporaler Demenz führen), das Erkrankungsrisiko für die sporadische Erkrankung mitbestimmen. Dies wurde für die PSP schon vor einigen Jahren festgestellt und nun in einer noch nicht veröffentlichten genomweiten Assoziationsstudie bestätigt. Unlängst wurden heterozygote Mutationen im Gen für die Glukocerebrosidase (GBA) als BIOspektrum | 03.10 | 16. Jahrgang 249_297_BIOsp_0310.qxd 21.04.2010 14:37 Uhr Seite 265 265 weiterer bedeutender genetischer Risikofaktor für das sporadische PS identifiziert und in einer großen Metaanalyse gesichert [9]. Diese Untersuchung an mehr als 3.000 Parkinson-Patienten konnte nachweisen, dass Mutationen im GBA-Gen bei etwa zwei bis vier Prozent der Patienten mitteleuropäischer Herkunft vorliegen. Homozygote oder compound-heterozygote Mutationen sind schon lange als Ursache des Morbus Gaucher, einer lysosomalen Speichererkrankung mit vielgestaltigen neurologischen Ausfällen, bekannt. Möglicherweise trägt ein gestörter lysosomaler Abbau, z. B. von fehlgefaltetem α-Synuklein, zur Entstehung des PS bei. Hieraus könnten sich in Zukunft Ansätze zu einer gezielten Therapie ergeben. PITX3 ist ein weiteres Gen, das mit Parkinson in Zusammenhang gebracht wird. Das codierte Protein PITX3 (Pituitary homeobox 3) ist ein Transkriptionsfaktor, der in Linse, Skelettmuskel sowie Gehirn, insbesondere in dopaminergen Neuronen des Mittelhirns, exprimiert wird und an der Ausdifferenzierung mesencephaler dopaminerger Neurone beteiligt ist. Mutationen in diesem Gen verursachen in Mäusen neben einem ophthalmologischen Phänotyp (Aphakie, Blindheit) motorische Beeinträchtigungen und nichtmotorische Symptome (Angststörung, gestei- gerte Schmerzempfindlichkeit) ähnlich des PS [10]. Histologisch ist ein Verlust dopaminerger Neurone der SNc sowie deren efferenter Projektionen in die Basalganglien nachweisbar. In Anlehnung daran wurde in Assoziationsstudien an etwa 1.000 ParkinsonPatienten und 1.300 Kontrollpersonen eine genetische Variante im PITX3-Gen als möglicher Risikofaktor für das sporadische PS identifiziert [11]. Zusammenfassung Da ein großer Anteil unseres aktuellen Wissens über das sporadische PS aus Studien der monogenetisch vererbten Erkrankungen stammt (Abb. 2), kommt der weiteren Erforschung genetischer Formen große Bedeutung für die Gesamtpopulation der ParkinsonErkrankten zu. Die Frage, wie Mutationen Proteinfunktionen und Stoffwechselkaskaden beeinträchtigen und letztlich die Entstehung der Parkinson-Erkrankung bedingen und welche Therapien daraus entwickelt werden können, ist eine der wesentlichen Herausforderungen der aktuellen Forschung. ó Literatur [1] Hatano T, Kubo SI, Sato S et al. (2009) Pathogenesis of familial Parkinson’s disease: new insights based on monogenic forms of Parkinson’s disease. J Neurochem 111:1075–1093 [2] Toft M, Mata I, Kachergus J et al. (2005) LRRK2 mutations and Parkinsonism. Lancet 365:1229–30 [3] Klein C, Pramstaller PP, Kis B et al. (2000) Parkin deletions in a family with adult-onset, tremor-dominant parkinsonism: expanding the phenotype. 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Humanmedizinstudium, Universität Freiburg sowie Yale Universität, USA. 1985 Promotion. 1985–1991 Ärztlich-wissenschaftlicher Mitarbeiter am Max-Planck-Institut München sowie der Neurologie, LMU München. 1991–1993 Aufenthalt an der Molecular Neurogenetics Unit, Harvard Universität, USA. 1993–1997 Ärztlich-wissenschaftlicher Mitarbeiter der Neurologie, LMU München. 1996 Direktor Molekular-Neurogenetisches Labor, LMU München. 1996 Habilitation. 1997 Oberarzt Neurologie, LMU München. 2002 Direktor Neurologie, Abteilung für Neurodegenerative Erkrankungen und Hertie-Institut für klinische Hirnforschung, Universität Tübingen. BIOspektrum | 03.10 | 16. Jahrgang