Karlsruher Institut für Technologie Institut für Algebra und Geometrie PD Dr. Stefan Kühnlein Dipl.-Math. Jochen Schröder Einführung in Algebra und Zahlentheorie – Übungsblatt 9 – Musterlösung Aufgabe 1 (4 Punkte) Die Begriffe linear (un-)abhängig“ und Erzeugendensystem“ sind in der Modulwelt definiert wie bei ” ” Vektorräumen. Eine Basis ist ein linear unabhängiges Erzeugendensystem. a) Finde einen kommutativen Ring R und einen R-Modul M , {0}, so dass jede nichtleere Teilmenge linear abhängig ist. Begründe, warum M keine Basis besitzt. b) Gegeben sei Q als Z-Modul. Zeige, dass Q keine Basis besitzt. Lösung a) Betrachte R = Z und M = Z/42Z. M ist – nach der Vorlesung – ein Z-Modul vermöge z · a B za für alle z, a ∈ Z. Ist L ⊆ M eine nichtleere Menge, so gibt es y ∈ L und wegen 42 · y = 0 finden wir eine nichttriviale Linearkombination von 0, also ist L linear abhängig. Eine mögliche Basis B von M muss also leer sein, denn B ist linear unabhängig. Aber natürlich gilt h∅i = {0} , M. b) Seien ba , 0, dc , 0 ∈ Q. Dann ist (bc) · ba − (ad) · dc = 0 eine nichttriviale Linearkombination der Null. Wir folgern, dass jede Menge L ⊆ Q mit #L ≥ 2 linear abhängig ist. Gäbe es in Q eine Basis, so hätte diese höchstens ein Element. Annahme: Q = h ba i mit a ∈ Z, b ∈ N. Sicher ist a , 0 und ohne Einschränkung ist a ∈ N – denn h ba i = h −a b i. 1 1 Aber wegen 0 · ba < b+1 < 1 · ab ist b+1 < h ba i = {z · ab : z ∈ Z} (WIDERSPRUCH). Aufgabe 2 (4 Punkte) Gegeben sei der Monoidring Z[M] mit M = (Z/2Z, ·). a) Einen halben Punkt erhältst du, wenn du ein allgemeines Element aus Z[M], das Ergebnis des Produktes zweier solcher Elemente sowie das Null- und das Einselement explizit angibst. b) Bestimme nun die Einheitengruppe Z[M]× . c) Bestimme alle Nullteiler. Bestimme weiterhin für jeden Nullteiler x ∈ Z[M] die Menge N x = {y ∈ Z[M] : xy = 0}. Lösung a) Ein allgemeines Element hat die Form a · 0 + b · 1 mit a, b ∈ Z. Länger kann man auch δ0 anstatt 0 und δ1 anstatt 1 schreiben. Für allgemeine Elemente a · 0 + b · 1, c · 0 + d · 1 (mit a, b, c, d ∈ Z) gilt (a · 0 + b · 1) · (c · 0 + d · 1) = (ac + ad + bc) · 0 + bd · 1. Das additive Neutralelement ist N = 0 · 0 + 0 · 1, das multiplikative Neutralelement E = 0 · 0 + 1 · 1. b) Ein Element a · 0 + b · 1 ist dann invertierbar, wenn es c · 0 + d · 1 gibt, so dass ! (a · 0 + b · 1)(c · 0 + d · 1) = 0 · 0 + 1 · 1. Mit der Multiplikationsformel aus Aufgabenteil a) gibt dies folgende Bedingung: Es gibt c, d ∈ Z, so dass ac + ad + bc = 0 und bd = 1. Letztere ist äquivalent zu b = d ∈ {±1}. Fall 1: b = d = 1. Dann ist die zweite Bedingung erfüllt, die erste wird zu ac + a + c = 0, was wir umformen zu 0 = ac+a+c = (c+1)a+c = (c+1)a+c+1−1 = (c+1)(a+1)−1 ⇒ (a+1)(c+1) = 1. Ein solches c existiert offensichtlich genau dann, wenn a + 1 ∈ {±1} liegt, was zwei Einheiten gibt: (−2) · 0 + 1 · 1 und 0 · 0 + 1 · 1 = E. Fall 2: b = d = −1. Multiplikation mit −1 = −E bringt uns in den Fall 1 und wir erhalten die Einheiten 2 · 0 − 1 · 1 und 0 · 0 − 1 · 1 = −E. Insgesamt erhalten wir die Einheitengruppe Z[M]× = {E, −E, (−2) · 0 + 1 · 1, 2 · 0 − 1 · 1}. c) a · 0 + b · 1 ist ein Nullteiler, wenn es c, d gibt, die nicht beide 0 sind, so dass ! (a · 0 + b · 1)(c · 0 + d · 1) = 0 · 0 + 0 · 1. Dies gibt die Bedingungen bd = 0 und ac + ad + bc = 0. Fall 1: Sei zunächst b , 0. Dann muss d = 0 sein, genau dann ist die erste Bedingung erfüllt. Damit wird die zweite Bedingung zu 0 = ac + bc = (a + b)c. Da es (c, d) , (0, 0) geben soll, muss hier a = −b (, 0) sein. Für diese Belegung existieren passende c, d, nämlich d = 0 (siehe oben), c beliebig. Für b , 0 finden wir Nullteiler der Form (−b) · 0 + b · 1 mit N(−b)·0+b·1 = {c · 0 + 0 · 1 : c ∈ Z}. Fall 2: b = 0, die erste Bedingung ist dann automatisch erfüllt. Die zweite Bedingung wird zu 0 = ac + ad = a(c + d) und stets finden wir passende c, d, etwa c = 1, d = −1. Also sind alle Elemente der Form a · 0 + 0 · 1 Nullteiler. Ist dabei a , 0, so ist a(c + d) = 0 genau dann erfüllt, wenn c = −d, also ist dann Na·0+0·1 = {c · 0 − c · 1 : c ∈ Z}. Für a = 0 ist natürlich a · 0 + b · 1 = N und NN = Z[M]. Aufgabe 3 (3 Punkte) Seien R ein kommutativer Ring und A eine R-Algebra. Weiterhin sei s ∈ A× . Zeige, dass die Konjugation mit s, also die Abbildung x 7→ sxs−1 , ein R-Algebren-Automorphismus von A ist. Lösung Mit K s sei die Konjugation mit s bezeichnet. Sicher ist K s eine Abbildung von A nach A. Desweiteren ist K s−1 invers zu K s , also K s bijektiv. Nun zeigen wir, dass K s ein Ringhomomorphismus ist: Es ist K s (1A ) = s1A s−1 = ss−1 = 1A . Außerdem gilt für alle x, y ∈ A: K s (xy) = sxys−1 = sxs−1 sys−1 = K s (x)K s (y) und K s (x + y) = s(x + y)s−1 = (sx + sy)s−1 = sxs−1 + sys−1 = K s (x) + K s (y). (!) Es bleibt zu zeigen, dass K s R-linear ist, das ist äquivalent dazu, dass K s ◦ σ = σ für den Strukturhomomorphismus σ : R → A ist. Lösungsweg 1: Für r ∈ R ist σ(r) im Zentrum Z(A) enthalten. σ(r)∈Z(A) Also ist K s (σ(r)) = sσ(r)s−1 = σ(r)ss−1 = σ(r). Lösungsweg 2: Sei r ∈ R, x ∈ A. Zur Erinnerung: Der Strukturhomomorphismus σ gibt die skalare Multiplikation durch r · x = σ(r) · x, analog natürlich auch r · K s (x) = σ(r) · K s (x). Dann ist K s (rx) = K s (σ(r) · x) = sσ(r)xs−1 σ(r)∈Z(A) = σ(r)sxs−1 = σ(r) · K s (x) = r · K s (x). Nachsatz: Besonders einsichtig ist es, wenn R ⊆ A und der Strukturhomomorphismus σ die Einbettung ist. Die skalare Multiplikation ist dann einfach die Multiplikation in A, eingeschränkt auf R × A. Dann ist ein Ringhomomorphismus ϕ : A → A (oder A → B, wenn B....) R-linear, wenn ϕ(ra) = rϕ(a) für alle r ∈ R, a ∈ A, so wie wir das kennen! müssen wir Skalare nach vorne ziehen können. Wegen der Ringhomomorphie gilt aber stets ϕ(ra) = ϕ(r)ϕ(a) für alle r ∈ R, a ∈ A und die R-Linearität wird zur Bedingung ϕ(r) = r für alle r ∈ R (setze a = 1 für eine Richtung). Aber das ist doch genau ϕ ◦ σ = σ. Vielleicht hilft dieser Spezialfall, den Zusammenhang zwischen R-Linearität und dem Strukturhomomorphismus etwas genauer zu verstehen. Aufgabe 4 (5 Punkte) Seien K ein! Körper und! A = K 2×2 die K-Algebra der 2 × 2-Matrizen über K. In A seien die Matrizen 0 1 0 0 e1 = ,e = gegeben. Zeige die folgenden Aussagen: 0 0 2 1 0 a) A besitzt nur zwei Ideale. Folgere, dass jeder Endomorphismus1 von A ein Isomorphismus ist. b) Ist ϕ ∈ AutK−Alg (A) ein Automorphismus von A, dann gibt es eine Matrix S ∈ GL2 (K), so dass ϕ(ei ) = S ei S −1 für i = 1, 2 gilt. (Eine mögliche Art, das zu zeigen, ist folgende: Warum ist ϕ(ei ) konjugiert zu ei und wieso ist sogar – ohne Einschränkung – ϕ(e1 ) = e1 ? Variiere die zweite Gleichung ϕ(e2 ) = T · e2 · T −1 (mit T ∈ GL2 (K)) geeignet durch Konjugation, ohne die Bedingung ϕ(e1 ) = e1 zu zerstören.) c) In der Situation von b) gilt sogar ϕ(M) = S MS −1 für alle M ∈ A. d) Die Gruppen AutK−Alg (A) und GL2 (K)/{aI2 | a ∈ K × } sind isomorph. Lösung a) {0} und A sind die einzigen Ideale, denn: ! b11 b12 Sei J , {0}. Dann gibt es eine Matrix B = ∈ J, B , 0. Ohne Einschränkung sei b11 , 0 b21 b22 1 als Endomorphismus von K-Algebren (sonst analog). 1 b11 ! ! ! 0 1 0 1 0 Wegen A · J · A = J, ist dann auch ·B· = C E11 ∈ J. 0 0 0 0 0 0 ! ! ! ! ! 0 1 0 1 0 1 0 0 0 1 Weiterhin sind E12 B = E11 · , E21 B · E11 und E22 B = · 0 0 1 0 1 0 0 1 1 0 ! 0 1 E1 1 · ∈ J. 1 0 ! ! ! ! ! a b a 0 b 0 c 0 d 0 Schlussendlich ist = · E11 + · E12 + · E21 + · E22 ∈ J für alle c d 0 a 0 b 0 c 0 d a, b, c, d ∈ K und damit gilt J = A. Sei nun ψ ∈ End(A). ψ ist ein Ringhomomorphismus, also ist der Kern ein Ideal. Wegen ψ(I2 ) = I2 , 0 ist Kern(ψ) , A. Wegen der Vorüberlegung ist Kern(ψ) = {0}, also ψ (als Gruppenhomomorphismus) injektiv. ψ ist zusätzlich ein Vektorraumhomomorphismus zwischen zwei vierdimensionalen Vektorräumen, aus der Injektivität folgt damit die Surjektivität (LA). b) Vorüberlegung: Nach Aufgabe 3 sind alle Konjugationen KB mit B ∈ GL2 (K) K-Automorphismen. Behauptung: Es gibt genau dann S 1 ∈ GL2 (K) mit ϕ(e1 ) = S 1 e1 S 1−1 und ϕ(e2 ) = S 1 e2 S 1−1 , wenn es eine Matrix S 2 ∈ GL2 (K) mit (KB ◦ ϕ)(e1 ) = S 2 e1 S 2−1 und (KB ◦ ϕ)(e2 ) = S 2 e2 S 2−1 . Beweis der Behauptung: ⇒“ Nachrechnen zeigt S 2 = B · S 1 beziehungsweise ⇐“ S 1 = B−1 S 2 . ” ” Schritt 1: Es ist e21 = 0, also auch ϕ(e1 )2 = ϕ(e21 ) = 0. Es folgt, dass 0 Eigenwert von ϕ(e1 ) ist (denn der Rang ist nicht voll) und zwar der einzige (denn ist λ Eigenwert von ϕ(e1 ), dann ist λ2 Eigenwert von ϕ(e1 )2 = 0). Jedes Polynom vom Grad 2, das eine Nullstelle besitzt, zerfällt in Linearfaktoren. Da 0 der einzige Eigenwert des charakteristischen Polynoms f (X) der Matrix ϕ(e1 ), gilt f (X) = X 2 . Wegen e1 , 0 und der Injektivität von ϕ gilt ϕ(e1 ) , 0. Also besitzt ϕ(e1 ) die Jordannormalform e1 (bzw. e2 , es ist egal, wo die 1 steht) – insbesonders sind ϕ(e1 ) und e1 ähnlich, also gilt ϕ(e1 ) = T 0 e1 T 0−1 für ein T 0 ∈ GL2 (K). Das analoge Argument gilt für e2 : Also ist ϕ(e2 ) = T e2 T −1 für ein T ∈ GL2 (K). Schritt 2: Mit der Vorüberlegung können wir ϕ0 = KT 0−1 ◦ ϕ anstelle von ϕ betrachten. Dann ist ϕ0 (e1 ) = e1 . Ohne Einschränkung war bereits T 0 = I. Situation: Es ist ϕ(e1 ) = e1 , ϕ(e2 ) = T e2 T −1 für ein T ∈ GL2 (K). ! ! Aufgabe: Finde U ∈ GL2 (K), so dass Ue1 U −1 = e1 , UT e2 T −1 U −1 = e2 . Dann erfüllt KU ◦ ϕ die Bedingung, also mit der Vorüberlegung auch ϕ. ! ! a b d −b 1 −1 Schritt 3: Ansatz für U: Sei U = ∈ GL2 (K) mit Inverser U = ad−bc · . c d −c a ! −ca a2 1 Dann ist U · e1 · U −1 = ad−bc · . −c2 ac ! 2 2 a a Die Bedingung U · e1 · U −1 = e1 ergibt c = 0 und dann ad−bc = ad = 1, also a = d. ! a b Damit ist für jedes U von der Gestalt (mit a , 0) auch (KU ◦ ϕ)(e1 ) = e1 und wegen Kon0 a ! 1 0 jugation mit a 1 können wir uns auf den Fall a = 1 beschränken. 0 a Schritt 4: Bestimmen von U in Abhängigkeit von T ! e f Es ist T = ∈ GL2 (K) eine feste Matrix. g h ! fh −f2 Analog zu 3 berechnen wir ϕ(e2 ) = T · e2 · = . h2 − f h Insbesondere ist dabei h , 0, sonst wäre ϕ(e2 ) = kj · e1 = kj · ϕ(e1 ) = ϕ( kj · e1 ), aber ϕ ist injektiv. ! ! ! 1 b fh −f2 0 0 −1 Nun suchen wir b ∈ K beziehungsweise U = , so dass U · 2 ·U = . 0 1 h −fh ∗ 0 ! f h + bh2 −2 f bh − b2 h2 − f 2 Ausrechnen ergibt U ·e2 ·U −1 = · eh−1 f g und Koeffizientenvergleich h2 −bh2 − f h ergibt b = −l j . T −1 1 eh− f g 2 h Schritt 5: Es verbleibt nur zu zeigen, dass der letzte Eintrag ∗ (konkret ist das ∗ = eh− f g ) in −1 −1 UT e2 t U tatsächlich 1 ist. Sei nun also ϕ0 = KU ◦ ϕ, also ϕ0 (e1 ) = e1 , ϕ0 (e2 ) = ∗ · e2 . Es ist e1 e2 + e2 e1 = I2 , also I2 = ϕ(I2 ) = ϕ(e1 )ϕ(e2 ) + ϕ(e2 )ϕ(e1 ) = ∗ · I2 und damit ist ∗ = 1. UFF! c) e1 , e2 erzeugen A als K-Algebra, denn mit E11 = e2 e1 , E12 = e1 , E21 = e2 , E22 = e1 e2 sind alle Elementarmatrizen in he1 , e2 i und diese erzeugen A als K-Vektorraum, also insbesondere als KAlgebra. Es gilt ϕ(e1 e2 ) = ϕ(e1 )ϕ(e2 ) = S e1 S −1 S e2 S −1 = S e1 e2 S −1 und analog ϕ(e2 e1 ) = S e2 e1 S −1 , also ϕ(Ei j ) = S Ei j S −1 für ! alle Elementarmatrizen Ei j , i, j ∈ {1, 2}. a b Sei nun B = ∈ A beliebig, so ist B = aE11 + bE12 + cE21 + dE22 und ϕ(B) = ϕ(aE11 + bE12 + c d cE21 + dE22 ) = aϕ(E11 ) + bϕ(E12 ) + cϕ(E21 ) + dϕ(E22 ) = aS E11 S −1 + bS E12 S −1 + cS E21 S −1 + dS E22 S −1 = S BS −1 . d) Nach Aufgabe 3 sind alle Konjugationen Automorphismen. Dies gibt eine Abbildung ψ : GL2 (K) → AutK−Alg (A), S 7→ KS . (!) Das ist ein Gruppenhomomorphismus, denn ψ(S T ) = KS T = KS ◦ KT = ψ(S ) ◦ ψ(T ) für alle S , T ∈ GL2 (K), wie man für x ∈ A nachrechnet: KS T (x) = (S T )x(S T )−1 = S (T xT −1 )S −1 = (KS ◦ KT )(x). In 4c) haben wir gesehen, dass jeder K-Automorphismus eine Konjugation ist, also ist ψ surjektiv. Der Kern von ψ ist das Zentrum von A, aber das ist gerade {aI2 | a ∈ K × }, wie man weiß oder leicht nachrechnet.1 1 Oder seinen Tutor fragt?