Aufgaben und Lösungen Ausarbeitung der Übungsstunde zur Vorlesung “Analysis I“ Andreas Moor Wintersemester 2008/2009 Anwesenheitsaufgaben ÜBUNGEN MATHEMATIK Übung am 02.12.2008 Andreas Moor Übung 7 Einleitung Vor den üblichen Fragen bezüglich der Unklarheiten in dem Hausaufgabenblatt soll eine 15-minutige Mikroklausur“ geschrieben werden. Wenn die Vorlesung nachgearbeitet ” wurde, sollten mit der Bearbeitung der Aufgaben keine Probleme auftreten. Folgende Aufgaben werden gestellt: i) Was ist eine Cauchyfolge? Was ist ein Häufungspunkt der Folge (an )? Definieren Sie limes superior und limes inferior einer beschränkten Folge. ii) Welche dieser Aussagen ist richtig bzw. falsch? Jede konvergente Folge hat einen Häufungspunkt. Jede beschränkte Folge hat einen Häufungspunkt. Jede beschränkte Folge ist konvergent. Jede monotone beschränkte Folge ist konvergent. Jede beschränkte Folge hat eine konvergente Teilfolge. Jede monotone Folge ist eine Cauchyfolge. Jede Cauchyfolge in R/C ist konvergent. Die Definitionen sollten aus der Vorlesung bekannt sein, die Antworten aus die Fragen auch. Hier geben wir jedoch diese kurz an, Begründung kann aus der Vorlesung erarbeitet werden. wahr (den Grenzwert) wahr (Bolzano-Weierstraß und Satz 2.3.9) falsch ((−1)n ) richtig (Monotonie und Begrenzung müssen aber i. A. zueinander passen, aber beschränkt“ bedeutet, daß die Folge nach oben und unten beschränkt ist) ” wahr (Bolzano-Weierstraß) falsch (an = n ist monoton, aber nicht Cauchyfolge) wahr (Satz 2.3.7) 2 Anwesenheitsaufgaben ÜBUNGEN MATHEMATIK Übung am 02.12.2008 Andreas Moor Wie bereits mehrmals erwähnt, lohnt es sich, die Vorlesung nachzuarbeiten, und zwar aus folgenden zusätzlichen Gründen: Erstens, ist es für den Studiengang Bachelor wichtig, sofort mitzukommen, denn, wenn der Diplom-Studiengang noch die Möglichkeit bot, relativ kurz nach Studienbeginn den Stoff notwendigerweise nachzuarbeiten (Vor-Diplom!), besteht bei Bachelor-Studiengang diese Möglichkeit nicht. Somit ist man, nachdem man die Grundlagen verpasst hat, später in einer mißlichen Lage. Zweitens, können wir in den Übungsgruppen effizienter arbeiten, denn, wenn Begriffe klar/bekannt sind, werden wir nicht bei deren Klärung sich aufhalten, sondern können zum eigentlichen Stoff kommen. Beim Begriff der Reihe soll darauf hingewiesen werden, daß der Begriff der Konvergenz einer Reihe auf den Konvergenzbegriff für Folgen zurückgeführt wird, und zwar ist die Folge, die man untersucht, die Folge von Partialsummen. Wenn der Grenzwert dieser Folge existiert, schreibt man für diesen symbolisch denselben Ausdruck wie für die Reihe selbst. Wichtig ist, bei der Untersuchung der Konvergenz von Reihen, daß, falls die Reihenglieder selbst keine Nullfolge bilden, kann die Reihe bereits nicht konvergent sein. Falls aber die Reihenglieder eine Nullfolge bilden, müssen weitere Untersuchungen erfolgen (dazu sind Konvergenzkriterien für Reihen wichtiges Werkzeug), denn aus der Nullfolgen-Eigenschaft der Reihenglieder folgt keinesfalls die Konvergenz der Reihe, wie das Beispiel der harmonischen Reihe zeigt. 3 Anwesenheitsaufgaben ÜBUNGEN MATHEMATIK Übung am 02.12.2008 Andreas Moor Aufgaben Aufgabe 1 Beweisen oder widerlegen Sie die folgende Aussage: Seien (an ) und (bn ) Folgen mit Häufungspunkten a und b. Dann ist (an + bn ) Folge mit Häufungspunkt a + b. Lösung Diese Aussage ist mit Hilfe einer der trivialen Folgen widerlegbar: Man wähle, beispielweise, an = (−1)n und bn = (−1)n+1 . Dann haben beide Folgen die Häufungspunkte a = ±1 und b = ±1. Dann gilt: Die Folge an + bn = 0 hat den Häufungspunkt 0, während a + b = 0, ±2 ergibt (je nach Wahl von a und b). Es ist also so, daß bei einer freien Wahl der Werte von a und b der Häufungspunkt von (an + bn ) nicht (a + b) ist. Aufgabe 2 Beweisen oder widerlegen Sie die folgende Aussage: Seien (an ) und (bn ) beschränkte Folgen, so gilt lim (an + bn ) ≤ lim an + lim bn . n→∞ n→∞ n→∞ Dazu kann Aufgabe 2 auf dem aktuellen Hausaufgabenblatt verwendet werden. Lösung Zunächst gilt, da (an ) und (bn ) beschränkt sind, daß die Folge (an + bn ) auch beschränkt ist. Damit hat sie einige Häufungspunkte (eventuell auch nur einen) und die Menge aller Häufungspunkte ist beschränkt. Es folgt, daß c := limn→∞ (an + bn ) existiert. Aus Aufgabe 2 auf dem aktuellen Übungsblatt folgt: Für eine beschränkte Folge reeller Zahlen (xn ) gilt: lim xn = x ⇔ 1. ∀ ε > 0 : xn < x + ε für fast alle n ∈ N n→∞ 2. xn > x − ε für unendlich viele n ∈ N. Sei nun a = limn→∞ an , b = limn→∞ bn und ε > 0 vorgegeben. Aus an + bn ≥ a + b + ε folgt: an ≥ a + 2ε oder bn ≥ b + 2ε . Das ist aber nur für endlich viele n ∈ N möglich. Damit gilt: limn→∞ (an + bn ) ≤ limn→∞ an + limn→∞ bn . Eine weitere Möglichkeit benutzt den Hinweis nicht, sondern führt auf direktem Wege zum Ziel. Betrachte dazu die Teilfolge (ank + bnk ), die gegen c konvergiert. Für die Folgen (ank )n∈N bzw. (bnk )n∈N gilt: sie sind Teilfolgen von (an )n∈N bzw. (bn )n∈N . Man kann die Folge (nk )k∈N so wählen, daß die Teilfolgen (ank )n∈N bzw. (bnk )n∈N konvergieren (gegen irgendwelche Häufungspunkte von (an )n∈N bzw. (bn )n∈N ). Dann gilt: lim (an + bn ) = lim (ank + bnk ) = lim ank + lim bnk ≤ lim an + lim bn . n→∞ k→∞ k→∞ k→∞ n→∞ n→∞ Dabei folgt das zweite Gleichheitszeichen aus den Rechenregeln für konvergente Folgen. Streng genommen, wäre noch die Behauptung zu zeigen, daß man die Folge (nk )k∈N so wählen kann, daß die Teilfolgen (ank )n∈N bzw. (bnk )n∈N tatsächlich konvergieren und dies keine Einschränkung darstellt. Dies wollen wir hier kurz vorführen. Da c = limn→∞ (an + bn ) ein Häufungspunkt ist, existiert eine Teilfolge (an + bn )nk0 = ank0 +bnk0 mit c = limk0 →∞ (ank0 +bnk0 ). Die Teilfolgen (ank0 ) bzw. (bnk0 ) von (an ) bzw. (bn ) 4 Anwesenheitsaufgaben ÜBUNGEN MATHEMATIK Übung am 02.12.2008 Andreas Moor haben im Allgemeinen Häufungspunkte. Dann folgt, daß wiederum Teilfolgen existieren (man beachte die Indizierung!), nämlich (ank0 ) von (ank0 ) (und damit auch von (an )) und l (bnk0 ) von (bnk0 ) (und damit auch von (bn )), mit der Eigenschaft, daß sie konvergieren und m zwar gegen einen bestimmten Häufungspunkt a0 von (ank0 ) bzw. b0 von (bnk0 ). Da diese Grenzwerte Häufungspunkte der Folgen (an ) bzw. (bn ) sind, gilt stets: a0 ≤ limn→∞ an und b0 ≤ limn→∞ bn . Ist nun der Durchschnitt der Indexmengen der Teilfolgen (ank0 ) l 0 und (bnk0 ) leer, so setze: nk = nkl0 = nkm (dies bedeutet einfach eine Umbenennung der m Indexvariablen). Wenn aber der Durchschnitt der Indexmengen nicht leer ist, so wähle man von den konvergenten Folgen (ank0 ) und (bnk0 ) gegen dieselben Grenzwerte a0 und m l 0 , d. h. die Indizes der b0 konvergierenden Teilfolgen (ank0 ) und (bnk0 ) so, daß nkl00 = nkm 0 l0 m0 neuen Teilfolgen sollen im Durchschnitt der Indexmengen von (ank0 ) und (bnk0 ) liegen m l (anschaulich ist dies das Wegstreichen“ der Folgenglieder von (ank0 ) und (bnk0 ) derart, m ” l daß, wenn man die ursprünglichen Folgen übereinander in Zeilen aufschreibt, nur die für (ank0 ) und (bnk0 ) übrig bleiben, die übereinander nach dem vorherigen Wegstreichen“ ” l0 m0 0 . Damit sind wir fertig. stehen). Dann setze: nk = nkl00 = nkm 0 Bemerkung Es wurde mehrmals der Satz 2.3.9 benutzt. Man mache sich außerdem klar, daß jede Teilfolge einer konvergenten Folge gegen denselben Grenzwert, wie die Folge selbst, konvergiert. Aufgabe 3 Beweisen oder widerlegen Sie die folgende Aussagen für Folgen (an ): i) Ist (an ) konvergent, so ist an − an+1 eine Nullfolge. ii) Ist an − an+1 eine Nullfolge, so ist (an ) konvergent. Lösung Die erste der beiden Aussagen ist richtig, die zweite falsch. i) Wir bemerken zuerst, daß definitionsgemäß: ∀ x, y ∈ R : |x − y| = |y − x|. Nun folgt der eigentliche Beweis der Richtigkeit dieser Aussage. Da (an ) konvergent ist, gilt: ∀ ε > 0 ∃ n0 ∈ N sodaß |an − a| < 2ε ∀ n ∈ N mit n ≥ n0 . Dann folgt: ε ε |an −an+1 | = |an −a+a−an+1 | ≤ |an −a|+|a−an+1 | = |an −a|+|an+1 −a| < + = ε 2 2 ab einem n0 ∈ N. Dabei haben wir im zweiten Schritt die Dreiecksungleichung ausgenutzt. ii) Es kann ein Gegenbeispiel gefunden werden, welches zeigt, daß diese Aussage falsch ist. Als ein√Beispiel nehme man die Folge, die durch die Folgende Vorschrift definiert ist: an = n. Es gilt: an − an+1 ist konvergent, jedoch divergiert die Folge an . (Die Tatsache, daß an − an+1 konvergiert kann analog zu der Aufgabe 4 a) auf dem Hausaufgabenblatt√4 gezeigt werden, denn es ist, bis auf das Vorzeichen, dieselbe Folge.) Daß an = n divergiert folgt u. A. daraus, daß a1n = √1n eine Nullfolge ist, oder auch daraus, daß die Menge der natürlichen Zahlen unbeschränkt ist. 5 Anwesenheitsaufgaben ÜBUNGEN MATHEMATIK Übung am 02.12.2008 Andreas Moor Aufgabe 4 Wieviele Häufungspunkte kann eine Folge maximal haben? i) endlich viele ii) unendlich viele (abzählbar unendlich) iii) überabzählbar viele Lösung Die richtige Antwort lautet: Eine Folge kann überabzählbar viele Häufungspunkte haben. Als Beweis dieser Aufgabe, die, eigentlich, eine gute Mikroklausur“-Aufgabe wäre, dient ” die Bemerkung nach Korollar 2.3.16, wonach es eine Folge existiert, die alle rationalen Zahlen durchläuft (die Existenz reicht völlig aus, eine Vorschrift für diese Folge ist nicht verlangt!). Bekanntlich ist jede reelle Zahl ein Häufungspunkt einer solchen Folge. Da, nach Satz 2.3.17, die Menge der reellen Zahleh überabzählbar ist, hat eine Folge, die die rationalen Zahlen durchläuft, überabzählbar viele Häufungspunkte. 6