KAPITEL 1 Die reellen Zahlen 1. Zur Erinnerung N, Z, Q. Algebraische Strukturen (Gruppen, Ringe, Körper) Abbildungen, Verkettungen, Injektivität, Surjektivität, Bijektivität. Wiederholung 1.1 (Injektivität, Surjektivität, Bijektivität). Eine Abbildung f : M → N heißt (a) injektiv, wenn für alle x1 , x2 ∈ M gilt f (x1 ) = f (x2 ) ⇒ x1 = x2 . Eine äquivalente Definition ist: Zu jedem y ∈ N höchstens ein Element x ∈ M mit f (x) = y existiert. (b) surjektiv, wenn f (M ) = N . Eine äquivalente Definition ist: zu jedem y ∈ N mindestens ein Element x ∈ M mit f (x) = y existiert. (c) bijektiv, wenn f injektiv und surjektiv ist. Eine äquivalente Definition ist: zu jedem y ∈ N genau ein Element x ∈ M mit f (x) = y existiert. Eine weitere äquivalente Definition ist: es gibt eine Abbildung g : N → M so dass für alle x ∈ M und für alle y ∈ N gilt: g(f (x)) = x und f (g(y)) = y. Definition 1.2 (Verkettung). Die Verkettung oder Komposition der Abbildungen f : P → N und g : M → P ist die Abbildung f ◦ g : M → N, x 7→ f (g(x)). Falls Definitionsbereich und Wertebereich gleich sind (also f : M → M ) schreiben wir auch f 2 statt f ◦ f . Die Abbildung idM : M → M , x 7→ x ist die identische Abbildung (auf der Menge M ). Wiederholung 1.3. Sind f : P → N und g : M → P jeweils injektiv (bzw. surjektiv bzw. bijektiv) dann ist f ◦ g injektiv (bzw. surjektiv bzw. bijektiv). Definition 1.4 (Multiplikation und Addition für reelle Funktionen). Es sei M ⊂ R. Es seien f : M → R und g : M → R reelle Funktionen, dann nennen wir die Funktion f + g : M → R, x 7→ f (x) + g(x) Summe von f und g, und f · g : M → R, x 7→ f (x)g(x) das Produkt von f und g. 4 2. Axiomatische Einführung der reellen Zahlen Die Axiome der rellen Zahlen: Die Menge R versehen mit der Addition + : R × R → R und der Multiplikation · : R → R erfülle das Das Körperaxiom, das Axiom der Anordnung und das Vollständigkeitsaxiom. 1: Das Körperaxiom: R ist bezüglich Addition und Multiplikation ein Körper. 2: Die Anordnungsaxiom: Es gibt eine Teilmenge R+ ⊂ R mit den Eigenschaften: A1: Für jedes x ∈ R gilt genau einer der Aussagen: x ∈ R+ , −x ∈ R+ bzw. x = 0. A2: Sind x, y ∈ R+ so folgt x + y ∈ R+ . A3: Sind x, y ∈ R+ so folgt xy ∈ R+ . Die Menge R+ nennen wir die Menge der positiven Zahlen. Die Menge R− := {x ∈ R | − x ∈ R+ } nennen wir die Menge der negativen Zahlen. Wir definieren x < y :⇔ y − x ∈ R+ und x ≤ y :⇔ y − x ∈ R+ ∪ {0} Satz 1.5. Die Relation ≤ ist eine Ordnungsrelation, d.h. es gilt: i) Für alle x ∈ R gilt x ≤ x Reflexivität ii) Aus x ≤ y und y ≤ z folgt x ≤ z Transitivität iii) Aus x ≤ y und y ≤ x folgt x = yAntisymmetrie Definition 1.6 (Beschränkte Mengen). a) Eine Menge M ⊂ R heißt beschränkt, falls es eine Zahl Z ∈ R gibt, so dass |m| ≤ Z für jedes m ∈ M gilt. b) Eine Menge heißt von oben beschränkt, falls es eine Zahl Z ∈ R gibt, so dass m ≤ Z für jedes m ∈ M gilt. Ein solche Zahl Z heißt obere Schranke von M . c) Eine Menge heißt von unten beschränkt, falls es eine Zahl Z ∈ R gibt, so dass Z ≤ m für jedes m ∈ M gilt. Ein solche Zahl Z heißt untere Schranke von M . Definition 1.7 (Supremum, Infimum, Maximum, Minimum). Es sei M eine Teilmenge von R. a) Die kleinste obere Schranke von M heißt Supremum. b) Die größte untere Schranke von M heißt Infimum. c) Hat M ein Supremum, so heißt dieses Maximum, falls es ein Element der Menge M ist. d) Hat M ein Infimum, so heißt dieses Minimum, falls es ein Element der Menge M ist. 3: Das Vollständigkeitsaxiom (Supremumseigenschaft): Jede von oben beschränkte nichtleere Menge besitzt ein Supremum. Satz 1.8 (Das Archimedische Prinzip). Sind a, b ∈ R und b > 0 so gibt es ein n ∈ N, so dass nb > a. 3. Q in R (28.10.2010) Definition 1.9 (Topologische Eigenschaften von Teilmengen in R). Eine Teilmenge M heißt a) offen in R falls es zu jedem m ∈ M ein ǫ > 0 gibt, so dass das Intervall ]m − ǫ, m + ǫ[ eine Teilmenge von M ist; b) abgeschlossen, falls R \ M offen in R ist; c) dicht in R falls zu jedem x ∈ R \ M und für jedes ǫ > 0 ein m ∈ M im Intervall ]x − ǫ, x + ǫ[ liegt. Satz 1.10 (Dichtheit von Q in R). . a) Q liegt dicht in R. b) R \ Q liegt dicht in R. Korollar 1.11. a) Zwischen je zwei rationalen Zahlen gibt es irrationale Zahlen. Zwischen je zwei irrationalen Zahlen gibt es rationale Zahlen. b) Jede irrationale Zahl lässt sich mit rationalen Zahlen approximieren. c) Q ist weder offen noch abgeschlossen in R. Satz 1.12 (Kardinalität von Q und R). . a) Q ist abzählbar. b) R ist nicht abzählbar. c) R \ Q ist nicht abzählbar. Lemma 1.13. Abzählbare Vereinigungen abzählbarer Mengen sind abzählbar.