28 Vorlesungen über Analysis in einer Variablen für Lehramtstudierende der Schulformen Grund-, Haupt- und Realschule Jens Jordan Universität Würzburg, Wintersemester 2016/17 Inhaltsverzeichnis Kapitel 1. R 1. Axiomatische Einführung der reellen Zahlen 2. Q in R 4 4 6 Kapitel 2. Folgen und Reihen 1. Konvergenz und Divergenz 2. Häufungspunkte und Teilfolgen 3. Geometrische Reihe und Harmonische Reihe 4. e 5. Absolute Konvergenz 6. Leibnizkriterium, Wurzelkriterium, Quotientenkriterium 7 7 9 10 11 12 13 Kapitel 3. Reelle Funktionen 1. Die Exponentialfunktion 2. Stetigkeit 3. Der Zwischenwertsatz 4. Globale Maxima und globale Minima 5. Grenzwerte 6. Differenzierbarkeit 7. Der Mittelwertsatz 8. Höhere Ableitungen 9. Potenzreihen 10. Integrierbare Funktionen 11. Stammfunktionen 12. Integrieren 13. Trigonometrische Funktionen 14. Uneigentliche Integrale 15. Taylorreihen 14 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 25 26 27 28 29 3 KAPITEL 1 R 1. Axiomatische Einführung der reellen Zahlen Die Axiome der reellen Zahlen: Die Menge R versehen mit der Addition + : R × R → R und der Multiplikation · : R → R erfülle (AI) das Körperaxiom, (A II) das Axiom der Anordnung und (A III) das Vollständigkeitsaxiom. A I: Das Körperaxiom: R ist bezüglich Addition und Multiplikation ein Körper. A II: Die Anordnungsaxiom: Es gibt eine Teilmenge R+ ⊂ R mit den Eigenschaften: (i) Für jedes x ∈ R gilt genau einer der Aussagen: x ∈ R+ , −x ∈ R+ bzw. x = 0. (ii) Sind x, y ∈ R+ so folgt x + y ∈ R+ . (iii) Sind x, y ∈ R+ so folgt xy ∈ R+ . Notation: Die Menge R+ nennen wir die Menge der positiven Zahlen. Die Menge R− := {x ∈ R | − x ∈ R+ } nennen wir die Menge der negativen Zahlen. Wir definieren x < y :⇔ y − x ∈ R+ und x ≤ y :⇔ y − x ∈ R+ ∪ {0} Satz 1.1. Die Relation ≤ ist eine Ordnungsrelation, d.h. es gilt: i) Für alle x ∈ R gilt x ≤ x Reflexivität ii) Aus x ≤ y und y ≤ z folgt x ≤ z Transitivität iii) Aus x ≤ y und y ≤ x folgt x = yAntisymmetrie Definition 1.2 (Beschränkte Mengen). a) Eine Menge M ⊂ R heißt beschränkt, falls es eine Zahl Z ∈ R gibt, so dass |m| ≤ Z für jedes m ∈ M gilt. b) Eine Menge heißt von oben beschränkt, falls es eine Zahl Z ∈ R gibt, so dass m ≤ Z für jedes m ∈ M gilt. Ein solche Zahl Z heißt obere Schranke von M . c) Eine Menge heißt von unten beschränkt, falls es eine Zahl Z ∈ R gibt, so dass Z ≤ m für jedes m ∈ M gilt. Ein solche Zahl Z heißt untere Schranke von M . Definition 1.3 (Supremum, Infimum, Maximum, Minimum). Es sei M eine Teilmenge von R. a) Die kleinste obere Schranke von M heißt Supremum. 4 b) Die größte untere Schranke von M heißt Infimum. c) Hat M ein Supremum, so heißt dieses Maximum, falls es ein Element der Menge M ist. d) Hat M ein Infimum, so heißt dieses Minimum, falls es ein Element der Menge M ist. A III: Das Vollständigkeitsaxiom (Supremumseigenschaft): Jede von oben beschränkte nichtleere Menge besitzt ein Supremum. 2. Q in R Definition 1.4 (Topologische Eigenschaften von Teilmengen in R). Eine Teilmenge M heißt a) offen in R falls es zu jedem m ∈ M ein ǫ > 0 gibt, so dass das Intervall ]m − ǫ, m + ǫ[ eine Teilmenge von M ist; b) abgeschlossen, falls R \ M offen in R ist; c) dicht in R falls zu jedem x ∈ R \ M und für jedes ǫ > 0 ein m ∈ M im Intervall ]x − ǫ, x + ǫ[ liegt. Satz 1.5 (Dichtheit von Q in R). . a) Q liegt dicht in R. b) R \ Q liegt dicht in R. Satz 1.6 (Das Archimedische Prinzip). Sind a, b ∈ R und b > 0, so gibt es ein n ∈ N, so dass nb > a. Korollar 1.7. a) Zwischen je zwei rationalen Zahlen gibt es irrationale Zahlen. Zwischen je zwei irrationalen Zahlen gibt es rationale Zahlen. b) Jede irrationale Zahl lässt sich mit rationalen Zahlen approximieren. c) Q ist weder offen noch abgeschlossen in R. Satz 1.8 (Kardinalität von Q und R). . a) Q ist abzählbar. b) R ist nicht abzählbar. c) R \ Q ist nicht abzählbar. Lemma 1.9. Abzählbare Vereinigungen abzählbarer Mengen sind abzählbar.