3 Biografisch-historischer Hintergrund 1 Zur Biografie des Sophokles Sophokles gilt neben Aischylos und Euripides als größter Tragödiendichter der griechischen Antike. Die von ihm überlieferten Stücke sind Klassiker und haben trotz der riesigen Zeitspanne, die zwischen ihrer Entstehung und unserer Gegenwart liegt, nichts an Anziehungskraft und Faszination verloren. Noch heute kommen sie, vor allem Antigone und Ödipus, in Theatern der ganzen Welt zur Aufführung. Geboren wurde der schon zu Lebzeiten als „Götterliebling“ verehrte Dichter vermutlich um 497/496 v. Chr. in Kolonos bei Athen. Als Sohn eines wohlhabenden Waffenhändlers genoss Sophokles eine für die damalige Zeit hervorragende Ausbildung. Er erhielt nicht nur Unterricht in Gymnastik, Tanz und Musik, sondern verkehrte auch schon sehr früh in den Intellektuellenkreisen Athens. Bereits als Junge soll Sophokles bei den Agonen, so nannte man die sportlichen und musischen Wettbewerbe, die in der Antike regelmäßig stattfanden, Siege davon getragen haben. Von Kindheit an war er in das geistige und politische Leben Athens eingebunden und machte dabei Bekanntschaft mit den führenden Persönlichkeiten der Stadt. Er unterhielt zum Beispiel 4 Biografisch-historischer Hintergrund Beziehungen zu Athens führendem Staatsmann Perikles, dem Historiker Herodot, dem Dichter Aischylos oder dem Philosophen Anaxagoras. Als derart angesehener Bürger konnte Sophokles später auch bedeutende Ämter übernehmen. So bekleidete er beispielsweise 443/442 v. Chr. die Position des Schatzmeisters im attischen Seebund, den man als Kampfgemeinschaft griechischer Staaten zur Vertreibung der Perser gegründet hatte. Daneben war er zweimal Stratege, also militärischer Befehlshaber: einmal 441/440 v. Chr. im Samischen Krieg und schließlich 428 v. Chr. in der ersten Phase des Peloponnesischen Krieges. Das erstgenannte Amt soll er aufgrund des Erfolgs seiner Antigone erhalten haben. Außerdem war Sophokles Priester des Halbgottes Halon und führte den Kult des Asklepios, den die Griechen als Gott der Heilkunst verehrten, in Athen ein. An den Ämtern, die Sophokles im Laufe seines Lebens innehatte, wird bereits deutlich, dass er eine äußerst ereignisreiche Zeit miterlebte. Leben und Werk sind daher eng mit der griechischen Polis und vor allem mit seinem Geburtsort Athen verknüpft, dem er trotz zahlreicher Berufungen ausländischer Könige nie den Rücken zukehrte. Er erlebte sowohl den kulturellen und politischen Aufstieg der Stadt als auch ihren Niedergang. Den endgültigen Fall Athens musste Sophokles jedoch nicht mehr mitansehen, da er ein Jahr, bevor Athen vom Gegner Sparta zur Kapitulation gezwungen wurde, im hohen Alter von etwa 90 Jahren 405/406 v. Chr. starb. Was die Ursache seines Todes betrifft, gibt es mehrere Überlieferungen. Eine davon besagt, Sophokles habe sich bei einer Vorlesung seiner Antigone überanstrengt. Sicher ist jedoch, dass der Dichter kurz nach seinem Tod von den Bürgern Athens als Halbgott gefeiert und ihm zu Ehren ein Tempel errichtet wurde.