Gastzugang: Leseumfang auf eine Seite begrenzt. Weitergabe sowie Online-Angebot dieses Dokuments verboten. copyright by hpsmedia GmbH 2015 Pflegewissenschaft. Einzelbeitrag | ISSN 1662-3029 | Verlag hpsmedia GmbH | D-63667 Nidda Pflegewissenschaft www.pflege-wissenschaft.info Gastzugang: Leseumfang auf eine Seite begrenzt. Weitergabe sowie Online-Angebot dieses Dokuments verboten. copyright by hpsmedia GmbH 2015 Körperliche Gesundheitsrisiken von Menschen mit schweren psychischen Störungen Sulin Bänziger Christoph Abderhalden Sulin Bänziger Universitäre Psychiatrische Dienste Bern sulin.baenziger@ stud.unibas.ch Christoph Abderhalden Universitäre Psychiatrische Dienste Bern [email protected] Sulin Bänziger, Christoph Abderhalden Menschen mit schweren psychischen Störungen wie Schizophrenie oder bipolare Störungen sind besonders gefährdet, medizinische Begleiterkrankungen zu entwickeln. Obwohl die überdurchschnittlichen Gesundheitsrisiken dieser Population international seit langem bekannt und erforscht sind, werden sie häufig nicht diagnostiziert und behandelt. Aus dem deutschsprachigen Raum liegen kaum Publikationen zu körperlichen Gesundheitsrisiken von Menschen mit schweren psychischen Störungen vor. Das Ziel dieser Literaturübersicht ist es, einen Überblick über die körperlichen Gesundheitsrisiken von ambulant behandelten Menschen mit schweren psychischen Störungen zu verschaffen. Es wurde eine systematische Literatursuche in den Datenbanken Medline (PubMed), Cochrane, Cochrane Central Register of Controlled Clinical Trials, Cinahl, EMBASE/Elsevier, Pro Quest (Dissertationen) und PsycINFO durchgeführt. Die Resultate wurden narrativ zusammengefasst. Menschen mit schweren psychischen Störungen leiden unter wesentlich mehr Gesundheitsrisiken, als die Allgemeinbevölkerung. Zu den häufig auftretenden Komorbiditäten gehören Adipositas, Hypertonie, Dyslipidämie und Diabetes mellitus, aber auch erhöhte Raten von chronischen Atemwegserkrankungen und Obstipation. Beeinflussbare Ursachen dieser Probleme sind Psychopharmaka, Lebensstil (Ernährung, Bewegung, Rauchen) und eine angemessene medizinische Prävention. Es scheint (noch) nicht selbstverständlich zu sein, dass ein systematisches Monitoring der körperlichen Gesundheit von Menschen mit schweren psychischen Störungen durchgeführt wird. Es gilt sicherzustellen, dass auch bei Menschen mit psychischen Erkrankungen somatische Risiken und Komorbiditäten erfasst und behandelt werden. Die Aufmerksamkeit sowohl für körperliche, als auch für psychische Elemente der Gesundheit muss bei somatischen und psychiatrischen Fachpersonen geschärft werden. Einleitung Schlüsselwörter Schwere psychische Störung Schizophrenie affektive Störung Screening körperliche Gesundheit Seite 531-537 Eingereicht am: 27.10.2011 Akzeptiert am: 22.08.2012 DOI: 10.3936/1177 Psychische und körperliche Gesundheit bedingt sich gegenseitig. Diese banale Tatsache ist lange bekannt und wissenschaftlich gut gestützt (Prince et al., 2007). Menschen mit schweren psychischen Störungen haben eine bis zu 22 Jahre kürzere Lebenserwartung als die Allgemeinbevölkerung (Hennekens, Hennekens, Hollar, & Casey, 2005; Tiihonen et al., 2009). Die Mehrheit von ihnen leidet unter mindestens einer somatischen Begleiterkrankung (Dixon, Postrado, Delahanty, Fischer, & Lehman, 1999). Beispielsweise treten kardiovaskuläre Erkrankungen, Diabetes mellitus und Atemwegserkrankungen wesentlich häufiger auf als in psychisch gesunden Vergleichsgruppen (Robson & Gray, 2007). Die Ursachen für diese erhöhte Morbidität und Mortalität sind multifaktoriell. Einerseits sind atypische Antipsychotika und verschiedene Antidepressiva als kardiovaskuläre Risikofaktoren bekannt (Bell, Farmer, Ries, & Srebnik, 2009; Herdegen, 2008). Andererseits trägt ein ungesunder Lebensstil mit einseitiger Ernährung, Nikotinabusus und einem Mangel an Bewegung zur Entwicklung verschiedener Komorbiditäten bei (Robson & Gray, 2007). Kritisch ist außerdem, dass Patienten mit schweren psychischen Störungen zu selten hinsichtlich spezifischer Risikofaktoren untersucht und behandelt werden. Eine Gewichtung der Ursachen für die zusätzliche Morbidität und Mortalität ist schwierig (Müller, Baciu, & Saner, 2010). Das Problem der erhöhten Prävalenz medizinischer Begleiterkrankungen bei Menschen mit schweren psychischen Störungen wurde von den europäischen Fachgesellschaften für Psychiatrie (EPA), Diabetologie (EASD), und Kardiologie (ESC) erkannt. Sie weisen in einem gemeinsamen Positionspapier darauf hin, dass ein regelmäßiges Screening metabolischer und kardiovaskulärer Risikofaktoren bei dieser Patientengruppe notwendig sei (De Hert et al., 2009). Bislang werden jedoch auch im deutschsprachigen Raum die körperlichen Gesundheitsrisiken und -probleme von 531 PFLEGEWISSENSCHAFT10/12