Jun.-Prof. PD Dr. D. Mugnolo F. Stoffers Wintersemester 2012/13 29. Oktober 2012 Analysis II 2. Übungsblatt 1. Aufgabe (8 Punkte) Es seien a, b ∈ R mit a < b und f : [a, b] → R eine Funktion. Man sagt, dass f gleichmäßig stetig ist, wenn Folgendes gilt: ∀ > 0 ∃δ > 0 ∀x, y ∈ [a, b], |x − y| < δ : |f (x) − f (y)| < . Man beweise, dass jede stetige Funktion f : [a, b] → R bereits gleichmäßig stetig ist. Hinweis: Man nehme an, f sei nicht gleichmäßig stetig, schreibe diese negierte Aussage in Quantoren aus, folgere die Existenz zweier Folgen (xn )n∈N und (yn )n∈N in [a, b] mit |xn − yn | < n1 und |f (xn ) − f (yn )| ≥ für alle n ∈ N, n ≥ 1, mit einem gewissen > 0. Schließlich zeige man, dass es einen Punkt x0 ∈ [a, b] gibt, in dem f unstetig ist. Beweis. Wir nehmen an, dass f nicht gleichmäßig stetig ist. Dann existiert > 0, so dass (1) ∀δ > 0 ∃x = x(δ), y = y(δ) ∈ [a, b] : |x − y| < δ und |f (x) − f (y)| ≥ . Betrachte nun die Folge (δn )n∈N≥1 definiert durch δn := n1 für n ∈ N≥1 . Gemäß (1) existieren Folgen (xn )n∈N≥1 und (yn )n∈N≥1 in [a,b] mit |xn − yn | < n1 und |f (xn ) − f (yn )| ≥ für alle n ∈ N≥1 . Da das Intervall [a, b] kompakt ist, existiert eine konvergente Teilfolge (xnk )k∈N von (xn )n∈N≥1 mit Limes x0 := limk→∞ xnk ∈ [a, b]. Wegen |xn − yn | < n1 konvergiert ebenfalls (ynk )k∈N gegen x0 . Da f stetig ist, nimmt f auf [a, b] Maximum und Minimum an, womit die Folgen (f (xnk ))k∈N und (f (ynk ))k∈N beschränkt sind. Diese besitzen nach dem Satz von Bolzano-Weierstraß dann jeweils eine konvergente Teilfoge. Man kann leicht eine Teilfolge (nkj )∈N finden, so dass sowohl (f (xnkj ))j∈N als auch (f (ynkj ))j∈N konvergieren. Wegen |f (xn ) − f (yn )| ≥ für alle n ∈ N≥1 sind letztere Grenzwerte nicht identisch. Damit sind zwei gegen x0 konvergente Folgen gefunden, für die die Folgen der Funktionswerte unterschiedliche Limites besitzen, was die Unstetigkeit von f in x0 beweist. Damit ist der Widerspruchsbeweis dann vollendet. 2. Aufgabe (8 Punkte) Es seien a, b ∈ R mit a < b und (fn )n∈N : [a, b] → R eine Funktionenfolge, welche folgende Eigenschaften erfüllt: (1) Für jedes n ∈ N ist die Funktion fn monoton wachsend, d.h. für x, y ∈ [a, b] mit x ≤ y gilt stets fn (x) ≤ fn (y) . (2) Es gibt eine stetige Funktion f : [a, b] → R, gegen die die Funktionenfolge (fn )n∈N punktweise konvergiert. Man beweise, dass die Konvergenz der Funktionenfolge (fn )n∈N dann bereits gleichmäßig gegen f ist (und dass f monoton wachsend ist). Hinweis: Man zeige, dass zu gegebenem > 0 eine äquidistante Zerlegung des Intervalls [a, b], gegeben durch Punkte a = x0 < x1 < ... < xk = b, existiert mit |f (x) − f (y)| < für alle i = 0, 1, ..., k − 1 und x, y ∈ [xi , xi+1 ]. Zudem überzeuge man sich davon, dass N ∈ N existiert mit |fn (xi ) − f (xi )| < für alle n ≥ N und alle i = 0, 1, ..., k. Beweis. Sei > 0 vorgegeben. Zunächst einmal ist festzustellen, dass f : [a, b] → R nach Aufgabe 1 sogar gleichmäßig stetig ist. Aus diesem Grunde existiert eine äquidistante Zerlegung (in Intervalle konstanter Länge) des Intervalls [a, b], gegeben durch Punkte a = x0 < x1 < ... < xk = b, mit (2) |f (x) − f (y)| < für alle i = 0, 1, ..., k − 1 und x, y ∈ [xi , xi+1 ]. Aufgrund der punktweisen Konvergenz der Folge (fn )n∈N existiert zu jedem i ∈ {0, 1, ..., k} ein N (i) ∈ N, so dass für alle n ≥ N (i) gilt: |fn (xi ) − f (xi )| < . Setzt man N := maxi=0,1,...,k N (i), so gilt demnach für alle i ∈ {0, 1, ..., k} (3) |fn (xi ) − f (xi )| < für alle n ≥ N . Da die Funktionen fn , n ∈ N, monoton wachsend sind, gilt für alle x ∈ [xi , xi+1 ] und alle n ∈ N (4) fn (xi ) ≤ fn (x) ≤ fn (xi+1 ) Unter Anwendung von (2), (3) und (4) gilt nun für alle x ∈ [xi , xi+1 ] und alle i ∈ {0, 1, ..., k − 1} fn (x) − f (x) = fn (x) − fn (xi+1 ) + fn (xi+1 ) − f (xi+1 ) + f (xi+1 ) − f (x) ≤ fn (xi+1 ) − f (xi+1 ) + f (xi+1 ) − f (x) < 2 für alle n ≥ N . Völlig analog erhält man zudem für alle x ∈ [xi , xi+1 ] und alle i ∈ {0, 1, ..., k − 1} fn (x) − f (x) = fn (x) − fn (xi ) + fn (xi ) − f (xi ) + f (xi ) − f (x) ≥ fn (xi ) − f (xi ) + f (xi ) − f (x) > −2 für alle n ≥ N . Insgesamt also |fn (x) − f (x)| < 2 für alle n ≥ N und alle x ∈ [a, b], was die gleichmäßige Konvergenz der Funktionenfolge gegen f zeigt. 3. Aufgabe (5+5=10 Punkte) (a) Man zeige durch ein Gegenbeispiel, dass die im Satz von Ascoli-Arzela vorausgesetzte punktweise Beschränktheit der Funktionenfolge (fn )n∈N eine notwendige Voraussetzung ist. (b) Man zeige anhand der Funktionenfolge (fn )n∈N : [0, 1] → R, fn (x) := e−nx für x ∈ [0, 1] und n ∈ N, dass die im Satz von Ascoli-Arzela vorausgesetzte gleichgradige Stetigkeit eine notwendige Voraussetzung ist. Beweis. (a) Betrachte die Funktionenfolge fn : [0, 1] → R gegeben durch fn (x) := n für alle x ∈ [0, 1] und n ∈ N. Dann gilt: (fn )n∈N ist gleichgradig stetig, nicht punktweise beschränkt und besitzt keine gleichmäßig konvergente Teilfolge. Wir zeigen dieses: Da die fn konstante Funktionen sind, kann man zu gegebenem > 0 einfach δ := 1 wählen und es ist stets |fn (x) − fn (y)| = 0 < für alle x, y ∈ [0, 1] mit |x − y| < δ = 1 und alle n ∈ N erfüllt. Die Funktionenfolge ist nicht punktweise beschränkt. Sei dazu x ∈ [0, 1] beliebig. Dann gilt offenbar limn→∞ fn (x) = ∞. Sei nun (fnk )k∈N eine beliebige Teilfolge von (fn )n∈N und x ∈ [0, 1] beliebig. Dann gilt wieder limk→∞ fnk (x) = ∞, so dass die Teilfolge nicht einmal punktweise in x gegen einen endlichen Grenzwert konvergiert. Damit konvergiert (fnk )k∈N natürlich auch nicht gleichmäßig. (b) Wir zeigen, dass gilt: (fn )n∈N ist nicht gleichgradig stetig, punktweise beschränkt und besitzt keine gleichmäßig konvergente Teilfolge. Betrachte x0 := 0 ∈ [0, 1] und sei x ∈ (0, 1] beliebig. Es gilt |fn (x) − fn (x0 )| = |e−nx − 1| → |0 − 1| = 1 für n → ∞ Deshalb existiert zu := 1 2 kein δ > 0, so dass für x ∈ [0, 1] gilt: |x − x0 | < δ ⇒ |fn (x) − fn (x0 )| < für alle n ∈ N . Da die Exponentialfunktion im Intervall (−∞, 0] durch 0 von unten und durch 1 von oben beschränkt ist, gilt supn∈N |fn (x)| ≤ 1 für alle x ∈ [0, 1]. Also ist die Funktionenfolge punktweise beschränkt. Schließlich zeigen wir, dass (fn )n∈N keine gleichmäßig konvergente Teilfolge besitzt. Gäbe es nämlich doch eine solche Teilfolge (fnk )k∈N , so müsste die Grenzfunktion nach Vorlesung stetig sein, da die fn , n ∈ N, stetig sind. Für x ∈ (0, 1] gilt wie oben bereits benutzt limn→∞ fn (x) = limn→∞ e−nx = 0 und limn→∞ fn (0) = limn→∞ 1 = 1. Somit konvergiert die Folge (fn )n∈N punktweise gegen die nichtstetige Funktion f : [0, 1] → R gegeben durch 1 für x = 0 f (x) := 0 für x ∈ (0, 1] . Damit konvergiert auch die Folge (fnk )k∈N punktweise gegen f , welche nicht stetig ist, was den gewünschten Widerspruch liefert. 4. Aufgabe (8 Punkte) Es sei die Funktionenfolge (fn )n∈N≥1 : [− π2 , π2 ] → R definiert durch 1 x fn (x) := n sin n für alle x ∈ [− π2 , π2 ], n ∈ N≥1 . Man beweise, dass (fn )n∈N≥1 gleichmäßig gegen die Funktion f : [− π2 , π2 ] → R, f (x) := x für x ∈ [− π2 , π2 ] konvergiert. Hinweis: Man zeige zunächst die punktweise Konvergenz. Beweis. Wir zeigen die punktweise Konvergenz von (fn )n∈N≥1 gegen f . Dazu tun wir so, als sei der π π Parameterbereich der Indizes n die positiven reellen Zahlen. Betrachte also für festes x ∈ [− 2 , 2 ] die Funktion f˜x : R>0 → R, f˜x (n) := n sin 1 x . Nach Vorlesung ist f˜ differenzierbar und wir bestimmen n gemäß de l’Hospital : lim f˜x (n) = lim n→∞ n→∞ sin 1 nx 1 n = lim n→∞ 1 nx − n12 − cos x n2 = lim x cos n→∞ 1 x =x, n wobei die Stetigkeit von cos in 0 benutzt wurde und alle Limites existieren, weil der letzte existiert. Dieses zeigt die punktweise Konvergenz von (fn )n∈N≥1 gegen f auf dem Intervall [− π2 , π2 ], da die natürlichen Zahlen eine Teilmenge der positiven reellen Zahlen sind. Die gleichmäßige Konvergenz folgt nun direkt aus Aufgabe 2, da die fn , n ∈ N≥1 , offenbar monoton wachsend in x sind (was daran liegt, dass die Sinusfunktion im Intervall [− π2 , π2 ] monoton wachsend ist) und die punktweise Grenzfunktion x 7→ x stetig ist.