Teil 15 Erkrankungen des Immunsystems, des Bindegewebes

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Teil 15 Erkrankungen des Immunsystems,
des Bindegewebes und der Gelenke
Abschnitt 1
Das Immunsystem beim Gesunden und beim
Kranken
Barton F. Haynes, Kelly A. Soderberg, Anthony S. Fauci
372e
Einführung in das Immunsystem
Für die deutsche Ausgabe Thomas Kamradt
DEFINITIONEN
• Adaptives Immunsystem: der phylogenetisch jüngere Anteil der Immunabwehr, der auf einer spezifischen Erkennung von Antigenen
durch T- und B-Lymphozyten beruht. Zur Erkennung dieser Antigene besitzen T- und B-Lymphozyten klonale Rezeptoren. Die Gene
für diese Rezeptoren entstehen während der Entwicklung dieser Zellen durch eine zufällige Rekombination einzelner Gensegmente. Zusätzlich gibt es verschiedene Typen Antigen-präsentierender Zellen.
• Angeborenes Immunsystem: phylogenetisch sehr altes immunologisches Abwehrsystem, das über keimbahnkodierte nicht klonale Rezeptoren, so genannte Mustererkennungsrezeptoren (engl. Pattern
Recognition Receptors; PRR) Pathogene erkennt und eine Reihe von
Mechanismen zu deren Elimination aktivieren kann. Zellen des angeborenen Immunsystems sind: natürliche Killer(NK)-Zellen, Monozyten/Makrophagen, dendritische Zellen, neutrophile Granulozyten, basophile Granulozyten, eosinophile Granulozyten, Mastzellen
und Epithelzellen.
• Antikörper: Moleküle, die von B-Lymphozyten produziert werden
und deren Gene durch zufällige Rekombination einzelner Gensegmente entstehen. Sie bestehen aus leichten und schweren Immunglobulinketten, die zusammen den B-Zell-Antigenrezeptor bilden.
Antikörper kommen entweder als membrangebundener Antigenrezeptor von B-Zellen oder in löslicher Form im Blut und anderen
Körperflüssigkeiten vor.
• Antigen: körperfremde oder körpereigene Moleküle, welche durch
die angeborene oder adaptive Immunabwehr erkannt werden und
zur Aktivierung von Immunzellen, wie beispielsweise T-Zellen und/
oder B-Zellen und zur Antikörperproduktion führen.
• Antimikrobielle Peptide: kleine Peptide mit weniger als 100 Aminosäuren, die von Zellen des angeborenen Immunsystems produziert
werden und antimikrobielle Wirkung haben.
• Apoptose: der Prozess des programmierten Zelltodes, hervorgerufen
z. B. durch eine Aktivierung so genannter Todesrezeptoren auf der
Zelloberfläche (z. B. CD95 oder Rezeptoren für Tumor-NekroseFaktor, TNF). Die Aktivierung dieser Rezeptoren führt über eine
Signalkaskade zur Aktivierung von Caspasen, diese bewirken eine
DNS-Fragmentierung und schließlich den Zelltod. Im Gegensatz
zum Zelluntergang infolge von Nekrose induziert die Apoptose keine entzündlichen Reaktionen.
• Autoimmunkrankheiten: Erkrankungen wie systemischer Lupus
erythematodes und rheumatoide Arthritis, bei denen die Zellen des
erworbenen Immunsystems (autoreaktive T- und B-Zellen) Selbstantigene erkennen und T-Zell- und Antikörperreaktionen gegen
körpereigene Gewebe auslösen.
• Autoinflammatorische Syndrome: hereditäre Erkrankungen, wie hereditäres periodisches Fieber (HPFs) mit rezidivierenden Episoden
mit schweren Entzündungen und Fieber. Verursacht durch Mutationen in Genen, welche für die Regulation der Entzündungsreaktion
wesentlich sind, z. B. Elemente des Inflammasoms (siehe unten und
Tab. 372e-6). HPF-Patienten leiden zudem unter Ekzemen, Serositis und Arthritis und haben häufig auch neurologische Symptome.
Autoinflammatorische Syndrome unterscheiden sich von Autoimmunerkrankungen dadurch, dass es keine Hinweise auf eine Aktivie-
•
•
•
•
•
•
•
rung der erworbenen Immunität gegen Selbstantigene gibt, wie autoreaktive B-Zellen.
B-Lymphozyten: aus dem Knochenmark stammende Lymphozyten,
die membrangebundene Immunglobuline (den Antigenrezeptor
von B-Zellen) exprimieren und nach ihrer Aktivierung durch Kontakt mit Antigen spezifische Antikörper sezernieren. B-Lymphozyten wurden zuerst in der Bursa Fabricii in Vögeln entdeckt, daher
die Bezeichnung B-Lymphozyt.
B-Zell-Antigenrezeptor: Komplex von Oberflächenmolekülen aus
membrangebundenem Immunglobulin (Ig) und damit assoziierten
Ig-αβ-Ketten. Die Antigene werden durch die variablen Anteile der
leichten und der schweren Kette der Immunglobuline erkannt und
diese Bindung von Antigen führt zur zellulären Aktivierung der BZelle und damit zu ihrer terminalen Differenzierung und zur Produktion Antigen-spezifischer Antikörper.
CD-Klassifikation humaner Leukozytendifferenzierungsantigene:
Die Entwicklung der Technologie zur Herstellung monoklonaler
Antikörper hat zur Entdeckung zahlreicher neuer Oberflächenmoleküle auf Leukozyten geführt. 1982 wurde durch den First International Workshop on Leukocyte Differentiation Antigens eine einheitliche Nomenklatur für Oberflächenmoleküle von humanen Leukozyten eingeführt, die man als Cluster-of-Differentiation(CD)-Klassifikation bezeichnet und die regelmäßig aktualisiert wird.
Chemokine: lösliche Moleküle, die die Migration und die Zirkulation der Immunzellen steuern.
Dendritische Zellen: Antigen-präsentierende Zellen des adaptiven
Immunsystems, die sich aus myeloiden und/oder lymphatischen
Vorläuferzellen entwickeln. Unreife dendritische Zellen sind Schlüsselkomponenten des angeborenen Immunsystems, die auf Infektionen mit einer starken Zytokinproduktion reagieren. Dendritische
Zellen sind zentrale Initiatoren sowohl der angeborenen Immunität
(durch Zytokinproduktion) als auch der adaptiven Immunabwehr
(durch Antigenpräsentation für T-Zellen).
Große granuläre Lymphozyten: Lymphozyten des angeborenen Immunsystems mit azurophilen Granula, die durch ihre NK-Zell-Aktivität in der Lage sind, fremde und körpereigene Zellen mit geringer
oder fehlender Major-Histokompatibilitätskomplex-Klasse-I(MHCI)-Expression abzutöten.
Fc-Rezeptoren: Fc-Rezeptoren (Fc) binden den Fc(constant fragment)-Teil der Antikörper. Sie sind üblicherweise spezifisch für bestimmte Isotypen. So binden FcgR Antikörper vom IgG-Typ und
FceR binden IgE-Antikörper. Verschiedene Zellen des hämatopoietischen Systems, z. B. Makrophagen, Neutrophile, Mastzellen, BZellen und NK-Zellen, exprimieren FcR. FcR verbinden die Antigenspezifität der Antikörper mit den Effektormechanismen des angeborenen Immunsystems. So werden z. B. Antikörper-beladene
(opsonisierte) Pathogene über den FcR leichter von Makrophagen
aufgenommen und natürliche Killerzellen können nach Bindung an
ihren FcR Antikörper-beladene Zellen töten. Dieser Vorgang wird
als Antikörper-vermittelte Zytotoxizität (engl. antibody-dependent
cytoxicity, ADCC) bezeichnet. Beispiele für Fc-Rezeptoren sind
CD16 (FcγRIIIa), CD32 (FcγRII), CD64 (FcγRI), CD23 (FcεR),
und CD89 (FcαR).
Suttorp et al., Harrisons Innere Medizin (ISBN 978-3-940615-50-3), © 2016 ABW Wissenschaftsverlag
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372e-1
Teil 15
Erkrankungen des Immunsystems, des Bindegewebes und der Gelenke
• Inflammasom: große zytoplasmatische Komplexe intrazellulärer
Proteine, die durch mikrobielle Produkte oder und zellulären Stress
aktiviert werden und die proteolytische Aktivierung von proinflammatorischen Zytokinen, insbesondere Interleukin (IL) 1β und IL-18
bewirken. Die Aktivierung der Moleküle im Inflammasom ist ein
Schlüsselschritt bei der Reaktion des angeborenen Immunsystems
und dient dem intrazellulären Erkennen von Mikroorganismen und
anderen gefährlichen Signalen bei pathologischen Veränderungen
und im Normalzustand.
• Komplement: Kaskade von Enzymen und Effektorproteinen, die direkt zur Lyse von Pathogenen oder deren verbesserter Phagozytose
durch Neutrophile, Granulozyten oder Monozyten/Makrophagen
führt.
• Kostimulatorische Moleküle: Moleküle, die von Antigen-präsentierenden Zellen exprimiert werden, wie CD80 (B7-1) und CD86 (B72) oder CD40, und deren Interaktion mit dem jeweiligen Liganden
auf T-Zellen (CD28 oder CD40-Ligand) zu deren Aktivierung
führt.
• Natürliche Killerzellen: große granuläre Lymphozyten, die beispielsweise maligne transformierte oder virusinfizierte Zielzellen abtöten
können. Die Erkennung dieser Zellen erfolgt über eine verminderte
oder fehlende MHC-I-Expression auf diesen Zellen. NK-Zellen besitzen Rezeptoren, die bei normaler MHC-I-Expression die Killerfunktion inhibieren.
• Natürliche Killer-T-Zellen: Lymphozyten des erworbenen Immunsystems, die eine invariante T-Zell-Rezeptor(T-cell receptor, TCR)α-Kette mit einem begrenzten Satz von TCR-β-Ketten und koexprimierten Rezeptoren verwenden, die oft auf NK-Zellen vorkommen.
NK-T-Zellen erkennen Lipidantigene von Bakterien, Viren, Pilzen
und Protozoen.
• Pathogen-associated Molecular Patterns (PAMPs): evolutionär hoch
konservierte Moleküle, die von einer ganzen Gruppe von Mikroorganismen exprimiert werden und von Pattern Recognition Receptors erkannt werden. Diese Erkennung führt zu einer Aktivierung
des angeborenen Immunsystems.
• Pattern Recognition Receptors (PRR): mustererkennende Rezeptoren, die das Produkt keimbahnkodierter Gene sind und von Zellen
des angeborenen oder erworbenen Immunsystems exprimiert werden; sie erkennen und reagieren mit PAMPs.
• Polyreaktive natürliche Antikörper: unabhängig von Antigenkontakt
bereits produzierte Antikörper mit geringer Affinität, die von B-Zellen hergestellt werden, mit zahlreichen Antigenen kreuzreagieren
und sich zum Infektionszeitpunkt an die eindringenden Pathogene
binden, sie opsonisieren und die Infektion mithilfe der angeborenen
Reaktion so lange eingrenzen, bis das erworbene Immunsystem
hochaffine, schützende Antikörper hergestellt hat.
• T-17-T-Zellen: CD4-T-Zellen, die IL-17 und IL-22 und IL-26 ausschütten, spielen eine Rolle bei der Abwehr von Pilz- und bakteriellen Infektionen. Th17-Zellen sind auch für die Entwicklung verschiedener Autoimmunkrankheiten (z. B. Psoriasis) von entscheidender Bedeutung.
• T-Lymphozyten: Lymphozyten, die im Thymus ausreifen und Träger
der zellulären adaptiven Immunantwort sind. Zu ihnen zählen THelfer-Zellen, zytotoxische T-Zellen und regulatorische T-Zellen.
• T-follikuläre Helferzellen (Tfh): CD4-T-Zellen, die in B-Zell-Follikeln in peripheren Lymphgeweben IL-4 und IL-21 produzieren und
dadurch die B-Zell-Entwicklung und Reifung beschleunigen.
• T-Zell-Erschöpfung: Zustand der T-Zellen bei Fortbestehen eines die
T-Gedächtniszellen störenden Antigens. Die T-Zell-Antwort ist hier
gestört. Sie tritt häufig bei Malignomen oder chronischen Viruserkrankungen wie HIV-1 und Hepatitis C auf.
• T-Zell-Rezeptor: Molekülkomplex aus dem klonalen heterodimeren
T-Zell-Rezeptor (TCR), dessen α- und β-Ketten mit dem CD3Komplex assoziert sind. Die α- und β-Ketten des TCR entstehen,
wie die Antigenrezeptoren von B-Zellen, durch eine somatische Rekombination verschiedener Gensegmente während der Entwicklung
der T-Zellen. Diese Ketten erkennen Peptidfragmente von Antigenen, die an MHC-Klasse-I- oder MHC-Klasse-II-Moleküle Antigen-präsentierender Zellen gebunden sind. Der CD3-Komplex besteht aus den invarianten CD3γ-, CD3δ-, CD3ε-, CD3ζ- und
CD3η-Ketten und ist für die Signaltransduktion in die T-Zellen verantwortlich.
• Toleranz: fehlende Reaktivität von T- und B-Zellen auf Antigene,
durch Kontakt mit körpereigenen oder -fremden Antigenen in Ab-
372e-2
wesenheit kostimulatorischer Signale durch Antigen-präsentierende
Zellen. Antigenspezifische Toleranz kann durch zentrale (im Thymus für T-Zellen, im Knochenmark für B-Zellen) und periphere
Mechanismen im gesamten Immunsystem hervorgerufen und aufrechterhalten werden.
• Zytokine: lösliche Proteine, die an spezifische Rezeptoren auf Immunzellen binden und dadurch das Wachstum und die Aktivierung
dieser Zellen regulieren können. Zytokine sind an der Regulation
normaler und pathologischer Immunreaktionen sowie entzündlicher Reaktionen beteiligt.
EINLEITUNG
Das menschliche Immunsystem hat sich über Millionen Jahre zu einem hocheffizienten Abwehrmechanismus entwickelt, der den Organismus vor Mikroorganismen und deren Pathogenitätsfaktoren
schützt. Das normale Immunsystem hat drei wesentliche Eigenschaften: ein hochgradig diversifiziertes Repertoire von Antigenrezeptoren,
das praktisch die Erkennung aller Pathogene ermöglicht; ein Gedächtnis, das stärkere und schnellere Reaktionen auf einen erneuten
Antigenkontakt ermöglicht, und immunologische Toleranz, um Gewebeschäden durch einen Angriff des Immunsystems auf normale
körpereigene Gewebe zu verhindern. Das Immunsystem enthält phylogenetisch ältere Anteile, die man bereits bei Invertebraten findet,
und jüngere Anteile, die ähnlich nur bei Vertebraten vorkommen. Invertebraten besitzen bereits ein Abwehrsystem, das mithilfe keimbahnkodierter Rezeptoren Pathogene erkennen kann. Dieses Erkennungssystem findet man im Wesentlichen unverändert auch beim
Menschen. Die Zellen des angeborenen Immunsystems, wie Makrophagen, dendritische Zellen und natürliche Killerzellen (NK-Zellen),
erkennen hochkonservierte molekulare Muster von Pathogenen (Pathogen-associated Molecular Patterns; PAMPs) über verschiedene
Mustererkennungsrezeptoren (Pattern Recognition Receptors; PRRs).
Wichtige Merkmale der Erkennung von Pathogenen durch das angeborene Immunsystem sind die Erkennung über keimbahnkodierte
Rezeptoren der Wirtszellen, wobei die erkannten molekularen Strukturen meist wichtige Virulenzfaktoren der Pathogene sind, die so im
Wirtsorganismus normalerweise nicht vorkommen. Harmlose
Fremdantigene oder körpereigene Strukturen werden im Normalfall
nicht erkannt. Nach dem Kontakt mit dem Pathogen können Makrophagen und NK-Zellen diese entweder direkt töten oder, gemeinsam
mit dendritischen Zellen, eine Reihe von Mechanismen aktivieren, die
den Verlauf der Infektion verlangsamen und die letztendlich zur Aktivierung des entwicklungsgeschichtlich jüngeren adaptiven Immunsystems führen.
Das adaptive Immunsystem existiert nur bei Vertebraten und basiert auf der spezifischen Erkennung von Antigenen durch Antigenrezeptoren von B- und T-Zellen. Diese Rezeptoren entstehen während
der Entwicklung dieser Zellen durch mehr oder weniger zufällige Rekombination bestimmter Gensegmente. Das führt dazu, dass jeder Boder T-Lymphozyt einen eigenen, individuellen Antigenrezeptor besitzt. Dadurch ist es möglich, dass nahezu alle Mikroorganismen in
der Umwelt durch das Immunsystem erkannt werden können. Durch
verschiedene Mechanismen wird dabei sichergestellt, dass die zufällig
entstehenden Antigenrezeptoren nicht auf körpereigene Antigene reagieren, ein Phänomen, das man als immunologische Toleranz bezeichnet. T- und B-Lymphozyten sind sowohl Träger der spezifischen
Immunantwort als auch des immunologischen Gedächtnisses.
Dieses Kapitel beschreibt die zellulären Komponenten, Schlüsselmoleküle (Tab. 372e-1) und Mechanismen, auf denen die angeborene
und die adaptive Immunität basiert, sowie die Interaktionen zwischen
angeborener und adaptiver Immunität, auf denen letztendlich der
Schutz des Organismus vor Infektionen beruht. Die Kenntnis dieser
grundlegenden Mechanismen ist notwendig für ein Verständnis der
Pathogenese von entzündlichen und Autoimmunerkrankungen, Infektionskrankheiten und Immundefizienz.
DAS ANGEBORENE IMMUNSYSTEM
Alle vielzelligen Organismen, einschließlich des Menschen, benutzen
wenige keimbahnkodierte Rezeptoren, um ganze Gruppen von Pathogenen zu erkennen. Diese „Gefahrensignale“, durch die das angeborene Immunsystem aktiviert wird, beruhen entweder auf der Erkennung von Pathogen-associated Molecular Patterns (PAMPs), den gemeinsamen molekularen Strukturen vieler Pathogene oder auf der Er-
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Einführung in das Immunsystem
372e
TABELLE 372e-1 Menschliche Leukozytenoberflächenantigene – die Cluster-of-Differentiation-Klassifikation der Leukozytendifferenzierungsantigene
Oberflächenantigen
(CD und andere
Bezeichnung)
Familie
Molekulargewicht, kDa
Ort der Expression
Ligand(en)
Funktion
CD1a (T6, HTA-1)
Ig
49
DZ, kortikale Thymozyten,
dendritische Zellen vom
Langerhans-Typ
TCR-γδ-T-Zellen
CD1-Moleküle präsentieren Lipidantigene
von intrazellulären Bakterien wie M. leprae
und M. tuberculosis für TCR-γδ-T-Zellen
CD1b
Ig
45
DZ, kortikale Thymozyten,
dendritische Zellen vom
Langerhans-Typ
TCR-γδ-T-Zellen
CD1c
Ig
43
DZ, kortikale Thymozyten,
TCR-γδ-T-Zellen
Subpopulationen von B-Zellen,
dendritische Zellen vom Langerhans-Typ
CD1d
Ig
?
Kortikale Thymozyten, intesti- TCR-γδ-T-Zellen
nale Epithelzellen, dendritische
Zellen vom Langerhans-Typ
CD2 (T12, LFA-2)
Ig
50
T, NK
CD58, CD48, CD59, CD15
Alternative T-Zell-Aktivierung, T-Zell-Anergie, T-Zell-Zytokinproduktion, T- oder
NK-vermittelte Zytolyse, T-Zell-Apoptose,
Zelladhäsion
CD3 (T3, Leu-4)
Ig
γ: 25–28
T
Assoziiert mit TCR
T-Zell-Aktivierung und Funktion; ζ ist die
Signaltransduktionskomponente des CD3Komplexes
δ: 21–28
ε: 20–25
η: 21–22
ζ: 16
CD4 (T4, Leu-3)
Ig
55
T, myeloide Zellen
MHC-II, HIV, gp120, IL-16,
SABP
T-Zell-Selektion, T-Zell-Aktivierung, Signaltransduktion mit p56lck, primärer Rezeptor
für HIV
CD7 (3A1, Leu-9)
Ig
40
T, NK
K-12 (CD7L)
T- und NK-Zell-Signaltransduktion und Regulation von IFN-γ und TNF-α-Produktion
CD8 (T8, Leu-2)
Ig
34
T
MHC-I
T-Zell-Selektion, T-Zell-Aktivierung und
-Signaltransduktion mit p56lck
CD14 (LPS-Rezeptor)
LRG
53–55
MP, G (schwach), nicht bei
myeloiden Vorläuferzellen
Endotoxin (Lipopolysaccharid),
Lipoteichoinsäure, PI
TLR4-vermittelt mit LPS und anderen PAMPs
Aktivierung des angeborenen Immunsystems
CD16 (FcγRIIIa)
Ig
50–80
NK, Makrophagen, Neutrophile Fc-Teil des IgG
Vermittelt Phagozytose und ADCC
CD19 (B4)
Ig
95
B (außer Plasmazellen), FDZ
Nicht bekannt
Bildet mit CD21 und CD81 einen Komplex,
der bei der Signaltransduktion bei der BZell-Entwicklung, -Aktivierung und -Differenzierung beteiligt ist
CD20 (B1)
Nicht zugeordnet
33–37
B (außer Plasmazellen)
Nicht bekannt
Signaltransduktion, möglicherweise wichtig
bei der B-Zellaktivierung und Proliferation
CD21 (B2, CR2, EBV-R, RCA
C3dR)
145
Reife B, FDZ, Subpopulation
von Thymozyten
C3d, C3dg, iC3b, CD23, EBV
Bildet mit CD19 und CD81 einen Komplex,
der an der Signaltransduktion bei B-ZellEntwicklung, -Aktivierung und -Differenzierung beteiligt ist; EBV-Rezeptor
CD22 (BL-CAM)
Ig
130–140
Reife B
CDw75
Zelladhäsion, Signaltransduktion durch Assoziation mit p72sky, p53/56lyn, PI3-Kinase,
SHP1, fLCγ
CD23 (FcεRII, B6,
Leu-20, BLAST-2)
C-Typ-Lektin 45
B, M, FDZ
IgE, CD21, CD11b, CD11c
Reguliert IgE-Synthese, Zytokinfreisetzung
durch Monozyten
CD28
Ig
44
T, Plasmazellen
CD80, CD86
Kostimulatorisch für T-Zell-Aktivierung,
wichtig bei der Entscheidung zwischen TZell-Aktivierung oder Induktion von Anergie
CD32 (FcλRII)
Ig
40
NK, Makrophagen, Neutrophile Fc-Teil des IgG
Vermittelt Phagozytose und ADCC
CD40
TNFR
48–50
B, DZ, EZ, Thymusepithelzellen, MP, Tumorzellen
CD154
B-Zell-Aktivierung, -Proliferation und -Differenzierung, Bildung von Keimzentren, Isotypwechsel, verhindert Apoptose
CD45 (LCA, T200,
B220)
PTP
180, 200, 210, 220 Alle Leukozyten
Galektin-1, CD2, CD3, CD4
T- und B-Aktivierung, Thymozytenentwicklung, Signaltransduktion, Apoptose
CD45RA
PTP
210, 220
Subpopulation von T, medulläre Galektin-1, CD2, CD3, CD4
Thymozyten, naive T
Isoform von CD45 mit Exon 4 (A), beschränkt
auf eine Subpopulation von T-Zellen
CD45RB
PTP
200, 210, 220
Alle Leukozyten
Isoform von CD45 mit Exon 5 (B)
CD45RC
PTP
210, 220
Subpopulation von T, medulläre Galektin-1, CD2, CD3, CD4
Thymozyten, naive T
Galektin-1, CD2, CD3, CD4
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Isoform von CD45 mit Exon 6 (C), beschränkt
auf eine Subpopulation von T-Zellen
372e-3
Teil 15
Erkrankungen des Immunsystems, des Bindegewebes und der Gelenke
Tabelle 372e-1 (Fortsetzung)
Oberflächenantigen
(CD und andere
Bezeichnung)
Familie
Molekulargewicht, kDa
Ort der Expression
Ligand(en)
Funktion
CD45RO
PTP
180
Untergruppe T, kortikale Thymozyten, Gedächtnis-T
Galektin-1, CD2, CD3, CD4
Isoform von CD45 mit nicht alternativ
gespleißten Exons, beschränkt auf eine
Subpopulation von T-Zellen
CD64 (FcγRI)
Ig
45–55
Makrophagen/Monozyten
Fc-Teil des IgG
Vermittelt Phagozytose und ADCC
CD80 (B7-1, BB1)
Ig
60
Aktivierte B und T, MP, DZ
CD28, CD152
Reguliert T-Zell-Aktivierung, Signalvermittlung durch CD28 stimuliert, durch CD152
inhibiert die T-Zell-Aktivierung
CD86 (B7-2, B70)
Ig
80
Subpopulationen von B, DZ, EZ, CD28, CD152
aktivierte T, Thymusepithelzellen
Reguliert T-Zellaktivierung, Signalvermittlung
durch CD28 stimuliert, durch CD152 inhibiert die T-Zell-Aktivierung
CD 89 (FcαR)
Ig
55–100
Neutrophile, Eosinophile, Monozyten und Makrophagen
Fc-Teil des IgG
Vermittelt Phagozytose und ADCC der von
IgA opsonisierten Pathogene
CD95 (APO-1, Fas)
TNFR
43
Aktivierte T und B
Fas-Ligand
Vermittelt Apoptose
CD152 (CTLA-4)
Ig
30–33
Aktivierte T
CD80, CD86
Inhibiert T-Zell-Proliferation
CD154 (CD40L)
TNF
33
Aktivierte CD4+-T, Subpopula- CD40
tion CD8+-T, NK, M, Basophile
Kostimulatorisch bei T-Zell-Aktivierung, BZell-Proliferation und -Differenzierung
CD279 (PD-1)
Ig
50–55
B-Zellen, T-Zellen, T-follikuläre PD-L 1, PD-L 2
Helferzellen
Hemmt die T-Zell-Proliferation
Abkürzungen: ADCC = Antikörper-abhängige Zytotoxizität; CTLA = zytotoxisches T-Lymphozyten-assoziiertes Antigen; DZ = dendritische Zellen; EBV = Epstein-Barr-Virus; EZ = Endothelzellen;
EZM = extrazelluläre Matrix; FcγRIIIA = niedrig affine IgG-Rezeptor-Isoform IIIA; FDZ = follikuläre dendritische Zellen; G = Granulozyten; GPI = Glykosylphosphatidylinositol; HTA = humanes
Thymozytenantigen; Ig = Immunglobulin; IgG = Immunglobulin G; LCA = gemeinsames Leukozytenantigen; LPS = Lipopolysaccharid; MHC-I = Haupthistokompatibilitätskomplex Klasse I (MHCKlasse-I-Molekül); MP = Makrophagen; NK = natürliche Killerzellen; P = Thrombozyten; PBT = T-Zellen des peripheren Blutes; PD-1 = programmierter Zelltod 1; PI = Phosphatidylinositol; PI3K =
Phosphatidylinositol-3-Kinase; PLC = Phospholipase C; PTP = Proteintyrosinphosphatase; TCR = T-Zell-Rezeptor; TNF = Tumor-Nekrose-Faktor; TNFR = Tumor-Nekrose-Faktor-Rezeptor. Komplette
Liste der CD-Antigene des letzten Workshops über Leukozytendifferenzierungsantigene (VII) siehe www.ncbi.nlm.nih.gov/prow/guide.
Quelle: Ausgewählt und zusammengestellt mit frdl. Genehmigung aus T Kishimoto et al (Hrsg.): Leukocyte Typing VI, New York, Garland Publishing 1997; R Brines et al: Immunology Today 18S:1,
1997; und S Shaw (Hrsg.): Protein Reviews im Web unter www.mpr.nci.nih.gov/prow/. http://mpr.nci.nih.gov/prow/.
TABELLE 372e-2 Hauptkomponenten des angeborenen Immunsystems
Mustererkennungsrezeptoren (Pattern Recognition
Receptors; PRRs)
Toll-like-Rezeptoren (TLRs), Typ-C Lektin-Rezeptoren
(CLRs), RIG-1-like-Rezeptoren (RLRs) und NOD-likeRezeptoren (NLRs)
Antimikrobielle Peptide
α-Defensine, β-Defensine, Cathelin, Protegrin, Granulysin, Histatin, sekretorischer Leukoproteasenhemmer und probiotische Peptide
Zellen
Makrophagen, dendritische Zellen, NK-Zellen, NK-TZellen, Neutrophile, Eosinophile, Mastzellen, Basophile und Epithelzellen
Komplementkomponenten
Klassischer und alternativer Komplementweg; Proteine, die Komplementkomponenten binden
Zytokine
Autokrine, parakrine, endokrine Zytokine, die Wirtszellabwehr und Entzündung vermitteln und regulative
adaptive Immunantworten rekrutieren, dirigieren und
regulieren
Abkürzungen: NK-Zellen = natürliche Killerzellen; NOD = nucleotide-binding oligomerization
domain; RIG = Retinolsäure-induzierbares Gen.
kennung von Molekülen der Wirtszelle, die als Reaktion auf eine Infektion produziert werden, wie beispielsweise Hitzeschockproteine
oder Fragmente der extrazellulären Matrix. PAMPs sind konservierte
Strukturen, die meist essenziell für die Virulenz und das Überleben
von Pathogenen sind, sodass diese sich nicht durch eine Mutation dieser Strukturen der Immunabwehr entziehen können. Die Erkennung
dieser molekularen Muster oder Gefahrensignale erfolgt über Pattern
Recognition Receptors (PRRs) (Tab. 372e-2, 372e-3). Die Erkennung
von Pathogenen durch hämatopoetische und nicht hämatopoetische
Zellen führt zur Aktivierung und Produktion von Komplementfaktoren sowie zur Produktion von Zytokinen und antimikrobiellen Peptiden als Effektormolekülen der angeborenen Immunantwort. Darüber hinaus führt diese Erkennung zur Aktivierung dendritischer Zellen, die dann ausreifen und Oberflächenmoleküle exprimieren, die
für die Antigenpräsentation und damit für eine optimale Aktivierung
der adaptiven Immunantwort wichtig sind.
372e-4
MUSTERERKENNUNG
Die Hauptfamilien der PRRs sind Transmembranproteine wie die
Toll-like receptors (TLRs), Typ-C-Lektin-Rezeptoren (CLRs) und zytoplasmatische Proteine, wie der Retinolsäure-induzierbare-Gen(RIG)-1-like-Rezeptor (RLR) und NOD-like-Rezeptoren (NLRs)
(Tab. 372e-3). Eine Hauptgruppe der Typ-C-Lektine sind die Kollektine, Glykoproteine mit Typ-C-Lektin-Domänen, deren wichtigster
Vertreter das Mannose-bindende Lektin (MBL) ist. MBL und andere
Kollektine sowie Plasma-Pentraxine (wie C-reaktives Protein und Serum-Amyloid P) und Makrophagen-Scavenger-Rezeptoren haben die
gemeinsame Fähigkeit zur Opsonisierung. Opsonisierung beschreibt
das Beschichten von Bakterien mit diesen Proteinen, was entweder
zur verbesserten Phagozytose dieser Pathogene durch Makrophagen
oder zur Aktivierung der Komplementkaskade und zur Lyse der Mikroorganismen führt. Integrine sind Adhäsionsmoleküle auf der Zelloberfläche, die Zell-Zell-Kontakte oder das Anhaften von Zellen mit
der extrazellulären Matrix bewirken. Die resultierende Signalkaskade
informiert die Zelle, bildlich gesprochen, über die chemische Zusammensetzung der Zellumgebung. Integrine können beispielsweise nach
der Bindung von bakteriellem Lipopolysaccharid (LPS) die Zelle aktivieren und Phagozyten zur Aufnahme von Pathogenen stimulieren.
Es gibt zahlreiche Verbindungen zwischen angeborenem und adaptivem Immunsystem. Dazu gehören z. B. die Toll-like-Receptor-Proteine (TLRs) (Abb. 372e-1, Tab. 372e-3 und 372e-4). TLRs werden
von Makrophagen, dendritischen Zellen, B-Zellen und verschiedenen
nicht hämatopoetischen Zellen exprimiert, wie respiratorischen Epithelzellen. Inzwischen wurden beim Menschen 11 TLRs identifiziert
und bei der Maus 13 (Tab. 372e-4 und 372e-5). Sie erkennen evolutionär konservierte Strukturen (z. B. LPS, doppelsträngige Virus-RNS,
bestimmte Lipoproteine). Ihre Ligandenbindung löst eine Signalkaskade aus, die eine Reihe intrazellulärer Prozesse in Gang setzt, die zur
Zytokinproduktion und zur Abtötung bakteriell oder virusinfizierter
Zellen und letztendlich zur Rekrutierung und Aktivierung Antigenspezifischer T- und B-Lymphozyten führen (Abb. 372e-1). Mithilfe
dieser TLRs findet also die Unterscheidung zwischen „nicht infektiösem Selbst“ (= ungefährlich) und infektiösem Nicht-Selbst (= gefährlich) im Immunsystem statt. Bakterielle Lipopolysaccharide werden
im Serum von LPS-bindendem Protein gebunden und zum LPS-Re-
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Einführung in das Immunsystem
372e
TABELLE 372e-3 Mustererkennungsrezeptoren (PRRs) und ihre Liganden
PRRs
Lokalisation
Liganden
Herkunft des Liganden
Plasmamembran
Triacyl-Lipoprotein
Bakterien
TLR
TLR1
TLR2
Plasmamembran
Lipoprotein
Bakterien, Viren, Parasiten, eigene
TLR3
Endolysosom
dsRNA
Viren
TLR4
Plasmamembran
LPS
Bakterien, Viren, eigene
TLR5
Plasmamembran
Flagellin
Bakterien
TLR6
Plasmamembran
Diacyl-Lipoprotein
Bakterien, Viren
TLR7 (TLR8 beim Menschen)
Endolysosom
ssRNA
Viren, Bakterien, eigene
TLR9
Endolysosom
CpG-DNA
Viren, Bakterien, Protozoen, eigene
TLR10
Endolysosom
Unbekannt
Unbekannt
TLR11
Plasmamembran
Profilin-like-Molekül
Protozoen
Zytoplasma
Kurze dsRNA, Triphosphat-dsRNA
RNS-Viren, DNS-Viren
RLR
RIG-I
MDA5
Zytoplasma
Lange dsRNA
RNS-Viren (Picornaviridae)
LGP2
Zytoplasma
Unbekannt
RNS-Viren
NOD1
Zytoplasma
iF-DAP
Bakterien
NOD2
Zytoplasma
MDP
Bakterien
Plasmamembran
β2-Glucan
Pilze
Dectin-2
Plasmamembran
β2-Glucan
Pilze
MINCLE
Plasmamembran
SAP130
Pilze, eigene
NLR
CLR
Dectin-1
Abkürzungen: CLR = C-Typ-Lektin-Rezeptoren; dsRNA = Doppelstrang-RNS; iE-DAP = D-glutamyl-meso-diaminopimelic acid moiety; LGP2 = Laboratory of Genetics and Physiology 2 Protein;
MDA5 = melanoma differentiation-associated protein 5; MDP = MurNAc-L-Ala-D-isoGln; MINCLE = Makrophagen-induzierbares C-Typ-Lektin; NLR = NOD-like-Rezeptor; NOD = nucleotide-binding
oligomerization domain receptors; RIG = Retinolsäure-induzierbares Gen; RLR = RIG-like-Rezeptor; TLR = Toll-like-Rezeptor.
Triacetylierte
Lipopeptide
LPS
CD14
TLR4
Diacetylierte
Lipopeptide
TLR2
TLR1
TLR2
TLR6
Flagellin
Flagellin Unbekannt
TLR5
TLR11
TLR10
Zellmembran
MyD88
TRIF
TRAM
MyD88
TIRAP
MyD88
TLR9
TRIF
CpG
IRAK
IRF3
ssRNA
TLR7
or TLR8
TRAF-6
Endosom
TLR3
dsRNA
MAPK
NF-κB
Endosom
NF-κB
IRF3
Zellkern
IFN-β
Inflammatorische Zytokine
und/oder
Chemokine
Abbildung 372e-1 Überblick über die wesentlichen TLR-Signaltransduktionswege. Alle TLR vermitteln Signale über MyD88 (mit Ausnahme von TLR3). Die TLR4- und die TLR2-Subfamilie (TLR1, TLR2, TLR6) benutzen außerdem TIRAP. TLR3 vermittelt seine Signale über TRIF. TRIF wird gemeinsam mit TRAM von TLR4 im MyD88-unabhängigen Signaltransduktionsweg
benutzt. Die gestrichelten Pfeile zeigen die Translokation von Transkriptionsfaktoren in den Zellkern an. dsRNS = Doppelstrang-RNS; IRF3 = interferon regulatory factor 3; LPS = Lipopolysaccharid; MAPK = mitogen-activated protein kinases; NF-κB = nukleärer Faktor κB; ssRNS = Einzelstrang-RNS. (Nach D van Duin, R Medzhitov, AC Shaw, 2005, mit frdl. Genehmigung.)
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372e-5
Teil 15
Erkrankungen des Immunsystems, des Bindegewebes und der Gelenke
TABELLE 372e-4 Die Rolle von Mustererkennungsrezeptoren (PRR) bei der Modulation von T-Zell-Antworten
PRR-Familie
PRR
Ligand
Zytokinantwort von DZ oder Makrophagen
Adaptive Immunantwort
TLRs
TLR2 (Heterodimer
mit TLR1 oder -6)
Lipopeptide
IL-12p70 (niedrig)
TH1
Pam-3-cys (TLR 2/1)
IL-10 (hoch)
TH2
MALP (TLR 2/6)
IL-6
Regulatorische T-Zelle
dsRNS
IL-12p70
TH1
TLR3
IFN-α
IL-6
TLR4
E. coli LPS
IL-12p70 (hoch)
TH1
IL-10 (mittel)
IL-6
TLR5
TLR7/8
Flagellin
IL-12p70 (hoch)
TH1
IL-12p70 (niedrig)
TH2
ssRNS
IL-12p70 (hoch)
TH1
Imidazoquinoline
IFN-α
IL-6
TLR9
CpG DNA
IL-12p70 (hoch)
TH1
IL-10 (niedrig)
IL-6
IFN-α
Typ-C-Lektine
TLR10
?
?
?
DC-SIGN
Env von HIV; Core-Protein von HCV; Komponenten von M. tuberculosis; H. pylori,
Lewis-Ag
H.-pylori-Lewis-Ag
TH2
Supprimiert IL-12p70
Regulatorische T-Zelle
Induziert IL-10 in DZ
Supprimiert Signaltransduktion von TLRs in DZ
NOD
NOD2
Muramyldipeptid von Peptidoglycan
Mannoserezeptor
Mannoserezeptor
Mannosylierte Lipoarabinomannane von Ba- Suppression von IL-12 und Signaltransduktion
cillus Calmette-Guérin und M. tuberculosis von TLRs in DZ
Schwache T-Zell-Antwort
(tolerogen?)
Schwache T-Zell-Antwort
(tolerogen?)
Abkürzungen: CpG = DNS-Sequenz, die von TLR-9 erkannt wird; DC-SIGN = DC-specific C-type lectin (DZ-spezisches Typ-C-Lektin); dsRNS = Doppelstrang-RNS; DZ = dendritische Zelle; HCV =
Hepatitis-C-Virus; HIV = humanes Immunodefizienz-Virus; LPS = Lipopolysaccharid; MALP = Makrophagen-aktivierendes Lipopeptid; NOD = nucleotide-binding oligomerization domain; ssRNS =
Einzelstrang-RNS; TH1 = T-Helfer-1-Zelle; TH2 = T-Helfer-2-Zelle; TLR = Toll-like Receptor.
Quelle: B Pulendran, J Immunol 174:2457, 2005. Copyright 2005 The American Association of Immunologists, Inc.; mit frdl. Genehmigung.
zeptor von Makrophagen (CD14) transferiert, der mit TLR 4 assoziiert ist. Durch die Freisetzung einer großen Menge LPS, beispielweise
bei einer systemischen Infektion, kann es zu einer massiven Zytokinausschüttung kommen, die zum septischen Schock führt. Mäuse mit
Mutationen im TLR-4-Protein sind gegen einen solchen LPS-induzierten Schock geschützt und auch Menschen mit TLR-4-Mutationen
sind vor LPS-induzierten entzündlichen Erkrankungen, wie der LPSinduzierten bronchialen Hyperreaktivität, geschützt (Abb. 372e-1).
Zwei weitere Familien intrazellulärer PRRs sind die NLRs (NODlike Receptors) und die RLHs (RIG-like Helicases). Im Gegensatz zu
den TLRs bestehen diese Familien überwiegend aus löslichen intrazellulären Proteinen, die im Zytoplasma nach intrazellulären Pathogenen
suchen (Tab. 372e-2 und 372e-3).
Die intrazellulären Sensoren von Mikroorganismen, NLRs, bilden
nach ihrer Aktivierung große zytoplasmatische Komplexe, die Inflammasome. Dabei handelt es sich um Aggregate von Molekülen, wie
NOD-like-Receptor-Pyrin(NLRP)-Proteinen, die zur NLR-Familie gehören (Tab. 372e-3). Inflammasome aktivieren inflammatorische Kaspasen und IL-1β in der Gegenwart von bakteriellen (PAMPs) oder
nicht bakteriellen (Zellstress) Gefahrensignalen. Mutationen von Proteinen des Inflammasoms sind die Ursache verschiedener periodischer Fiebersyndrome, genannt autoinflammatorische Syndrome
(Tab. 372e-6).
EFFEKTORZELLEN DES ANGEBORENEN IMMUNSYSTEMS
Die Zellen des angeborenen Immunsystems und ihre Rolle bei der
initialen Immunabwehr von Pathogenen sind in Tabelle 372e-5 aufgeführt. Ebenso bedeutsam wie ihre Rolle als Mediatoren der angeborenen Immunantwort ist die Rolle dieser Zellen bei der Rekrutierung
und Aktivierung von T- und B-Lymphozyten und damit bei der Aktivierung der spezifischen adaptiven Immunabwehr von Pathogenen.
372e-6
& MONOZYTEN/MAKROPHAGEN
Monozyten entwickeln sich aus Vorläuferzellen im Knochenmark
(Abb. 372e-2) und zirkulieren mit einer mittleren Lebensdauer von
1–3 Tagen. Monozyten verlassen die periphere Zirkulation über die
Kapillaren und wandern in die Gewebe ein. Gewebemakrophagen
entstehen aus diesen in die Gewebe eingewanderten Monozyten oder
durch In-situ-Proliferation von Makrophagenvorläufern direkt im
Gewebe. Gewöhnlich findet man Gewebemakrophagen (und deren
verschiedenen gewebespezifischen Formen) in Lymphknoten, Milz,
Knochenmark, perivaskulärem Bindegewebe, serösen Körperhöhlen
wie Peritoneum und Pleura, Hautbindegewebe, Lunge (Alveolarmakrophagen), Leber (Kupffer-Sternzellen), Knochen (Osteoklasten),
ZNS (Mikroglia) und Synovium (Typ-A-Synoviozyten).
Generell sind Monozyten/Makrophagen an der initialen Abwehr
von Pathogenen beteiligt. Sie phagozytieren und zerstören Mikroorganismen durch die Freisetzung toxischer Produkte wie Wasserstoffperoxid (H2O2) und Stickstoffmonoxid (NO). Über entzündliche
Mediatoren, die von Monozyten/Makrophagen freigesetzt werden,
können zusätzliche Effektorzellen, wie neutrophile Granulozyten,
zum Ort der Infektion hingelockt werden. Diese Mediatoren sind unter anderem Prostaglandine, Leukotriene, Zytokine wie Interleukin
(IL) 1, Tumor-Nekrose-Faktor (TNF) α, IL-6 und IL-12 sowie Chemokine (Tab. 372e-7 bis 372e-9).
Ursprünglich wurde angenommen, dass Monozyten/Makrophagen
die effizientesten Antigen-präsentierenden Zellen sind. Erst in jüngerer Zeit wurde klar, dass dendritische Zellen die potentesten und effizientesten Antigen-präsentierenden Zellen sind (siehe unten). Monozyten/Makrophagen vermitteln einen Teil der Effektorfunktionen des
angeborenen Immunsystems, wie die Zerstörung antikörperbeladener
Bakterien, Tumorzellen oder sogar normaler hämatopoetischer Zellen
bei Autoimmunzytopenien. Monozyten/Makrophagen, die Bakterien
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Einführung in das Immunsystem
372e
TABELLE 372e-5 Zellen des angeborenen Immunsystems und ihre Hauptfunktionen bei der Aktivierung der adaptiven Immunität
Zelltyp
Hauptrolle bei der natürlichen Immunität
Hauptrolle bei der erworbenen Immunität
Makrophagen
Phagozytose und Abtötung von Bakterien; produzieren Produzieren Interleukin (IL) 1 und Tumor-Nekrose-Faktor (TNF) α zur Hochantimikrobielle Peptide; binden Lipopolysaccharide
regulation von Adhäsionsmolekülen und Chemokinen, um Antigen-spezifische
(LPS); produzieren proinflammatorische Zytokine
Lymphozyten anzulocken; produzieren IL-12 zur Rekrutierung einer TH1-T-Antwort;
Hochregulation kostimulierender und MHC-Moleküle zur Unterstützung der
Aktivierung von T- und B-Lymphozyten; Makrophagen, B-Zellen und dendritische
Zellen exprimieren TLRs und regulieren die kostimulatorischen Moleküle B7-1
(CD80) und B7-2 (CD86) z. B. nach LPS-Bindung herauf, was für die Aktivierung
von antigenspezifischen T-Zellen erforderlich ist. Außerdem gibt es Toll-likeProteine auf den B-Zellen und den dendritischen Zellen, die nach LPS-Ligation auf
diesen Zellen die Exprimierung von CD80 und CD86 zur Antigenpräsentation der TZellen stimulieren
Plasmazytoide dendritische
Zellen (lymphoide DZ)
Produzieren große Mengen von Interferon (IFN) α, das IFN-α ist ein starker Aktivator von Makrophagen und reifen dendritischen Zellen für
Antitumor- und antivirale Aktivität besitzt, befinden sich die Phagozytose und die Präsentation von Antigen an T- und B-Zellen
in T-Zell-Regionen lymphatischer Organe, zirkulieren im
Blut
Myeloide dendritische Zellen:
interstitielle und LangerhansZellen
Interstitielle DZ produzieren große Mengen IL-12 und
IL-10 und befinden sich in den T-Zell-Regionen
lymphatischer Organe, zirkulieren im Blut und finden
sich im Interstitium von Lunge, Herz, Niere; Langerhans-DZ produzieren IL-12; befinden sich in T-ZellRegionen von Lymphknoten, Hautepithelien und im
medullären Thymus, zirkulieren im Blut
Natürliche Killer(NK)-Zellen
Töten körperfremde und Wirtszellen, die wenig MHC- Produzieren TNF-α und IFN-γ, die TH1-Antworten auslösen
Selbst-Peptid-Komplexe exprimieren. Exprimieren inhibitorische Rezeptoren, die die NK-Funktion bei starker
MHC-Selbst-Peptid-Expression hemmen
NK-T-Zellen
Lymphozyten mit T-Zell- und auch NK-OberflächenProduzieren IL-4, um TH2-Antworten, IgG1- und IgE-Produktion zu stimulieren
markern, die Lipidantigene intrazellulärer Bakterien, wie
Mycobacterium tuberculosis, mithilfe von CD1-Molekülen erkennen und die mit intrazellulären Bakterien
infizierte Zellen abtöten
Neutrophile
Phagozytose und Abtötung von Bakterien, produzieren Produzieren Stickstoffmonoxid(NO)-Synthetase und Stickstoffmonoxid, das die
antimikrobielle Peptide
Apoptose in Lymphozyten hemmt und zu einer verlängerten Immunantwort des
adaptiven Immunsystems führt
Interstitielle DZ sind starke Aktivatoren von Makrophagen und reifen dendritischen
Zellen zur Phagozytose von Erregern und zur Antigenpräsentation
Eosinophile
Abtötung von Parasiten
Produzieren IL-5, das IgE-Antikörperantworten fördert
Mastzellen und Basophile
Setzen TNF-α, IL-6 und IFN-γ als Antwort auf eine
Vielzahl von bakteriellen PAMPs frei
Produzieren IL-4, das TH2-Antworten sowie IgG- und IgE-Produktion fördert
Epithelzellen
Produzieren antimikrobielle Peptide; gewebespezifische Produzieren TGF-β, das die IgA-Produktion fördert
Epithelien produzieren Mediatoren der lokalen angeborenen Immunität, z. B. produzieren Lungenepithelien
Surfactant-Proteine (Proteine der Kollektinfamilie), die
an Erreger binden und ihre Beseitigung fördern können
Abkürzungen: DZ = dendritische Zellen; IL = Interleukin; LPS = Lipopolysaccharid; MHC = Major histocampatiblity complex, Haupthistokompatibilitätskomplex; PAMP = Pathogen-assoziiertes
molekulares Muster; TNF-α = Tumor-Nekrose-Faktor α.
Quelle: Nach R Medzhitov, CA Janeway. Innate immunity: Impact on the adaptive immune response. Curr Opin Immunol 9:4, 1997, mit frdl. Genehmigung.
aufgenommen haben oder durch Viren infiziert wurden, werden oft
apoptotisch. Makrophagen, die durch solche intrazelluläre Erreger
„gestresst“ oder apoptotisch werden, werden dann von dendritischen
Zellen phagozytiert. Dadurch können dendritische Zellen infektiöses
Material aus infizierten Makrophragen für T-Zellen „kreuzpräsentieren“. Aktivierte Makrophagen besitzen unspezifische lytische Aktivität
und können so beispielsweise Tumorzellen auch ohne spezifische Antikörper gegen diese Zellen lysieren. Diese lytische Aktivität wird vorwiegend über Zytokine (z. B. TNF-α und IL-1) vermittelt. Monozyten/
Makrophagen exprimieren charakteristische Oberflächenmoleküle
(z. B. den Rezeptor für LPS; CD14) und besitzen Oberflächenrezeptoren für eine Reihe von Molekülen, wie den Fc-Teil von IgG, aktivierte
Komplementfaktoren und verschiedene Zytokine (Tab. 372e-7).
& DENDRITISCHE ZELLEN
Die dendritischen Zellen (DZ) des Menschen enthalten mehrere Untergruppen, wie myeloide dendritische Zellen und plasmazytoide dendritische Zellen. Myeloide dendritische Zellen können sich entweder
in Makrophagen/Monozyten oder in gewebespezifische dendritische
Zellen differenzieren. Plasmazytoide dendritische Zellen sind relativ
ineffiziente Antigen-präsentierende Zellen, können aber nach viralen
Infektionen große Mengen Typ-1-Interferone (IFN; z. B. IFN-α) produzieren. Die Ausreifung von dendritischen Zellen wird durch ZellZell-Kontakte und lösliche Faktoren reguliert und dendritische Zellen
können Effektorzellen des Immunsystems über die Sekretion von
Chemokinen attrahieren. Wenn dendritische Zellen in Kontakt mit
Bakterien, Viren oder Wirtsproteinen kommen, die als Gefahrensignal von infizierten Wirtszellen produziert werden, kommt es über eine Triggerung verschiedener Toll-like-Rezeptoren (TLRs) zur Aktivierung der dendritischen Zellen (Abb. 372e-2, Abb. 372e-3). Diese produzieren dann Zytokine und Chemokine, die wiederum andere Zellen
des angeborenen Immunsystems zur Abwehr der Erreger stimulieren
und zusätzlich B- und T-Lymphozyten, also die adaptive Immunabwehr, aktivieren. Plasmazytoide dendritische Zellen produzieren
IFN-α, das selbst antivirale Wirkung besitzt und natürliche Killerzellen (NK-Zellen) zur Abtötung virusinfizierter Zellen aktiviert. Weiterhin ist es auch an der Induktion der zytolytischen Aktivität zytotoxischer T-Zellen beteiligt. Sowohl plasmazytoide als auch myeloide dendritische Zellen produzieren nach Kontakt mit Pathogenen Chemokine, die chemotaktisch auf naive und Gedächtnis-T-Helfer-Zellen, BZellen, Granulozyten und auch auf regulatorische T-Zellen wirken,
die an der Beendigung der Immunantwort nach der Beseitigung des
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372e-7
Teil 15
Erkrankungen des Immunsystems, des Bindegewebes und der Gelenke
Ig
IgG
IgA
IgD
IgE
Knochenmark
B-Zelle
Thymus
CD8-positive zytotoxische T-Zelle
T-Zelle
Lymphoider
Vorläufer
ÜberCD4-positive T-Zelle
wachung
des Immunsystems
von HLA-Klasse-Inegativen Zellen
TH1
Natürliche Killerzellen (maligne und virusinfizierte Zellen)
TH2
IL-12
IL-4
IFN-αAntigenpräsentation
Stammzelle
Plasmazytoide dendritische Zellen
IFN-γ
intrazelluläre
Mikrobe
TH0
IL-4,IL-5
extrazelluläre
Mikrobe
IL-12-Antigenpräsentation
TR
Myeloide dendritische Zelle
CD4-positive, CD8-positive
regulatorische Zellen
IL-1-, IL-6Phagozytose
von Erregern
Monozyten/Makrophagen
Phagozytose von
Erregern; Sekretion
inflammatorischer
Substanzen
Neutrophiler
Granulozyt
Abbildung 372e-2 Schematisches Modell der interzellulären Interaktionen der Zellen des adaptiven Immunsystems. Die Pfeile zeigen an, wie sich die Zellen aus den
entsprechenden Vorläuferzellen entwickeln oder Zytokine beziehungsweise Antikörper produzieren, Querstriche am Ende weisen auf inhibitorische interzelluläre Interaktionen hin.
Stammzellen differenzieren sich entweder zu T-Zellen, Antigen-präsentierenden dendritischen Zellen, natürlichen Killerzellen, Makrophagen, Granulozyten und B-Zellen. Fremdantigene
werden von dendritischen Zellen prozessiert und Peptidfragmente werden CD4- und/oder CD8-positiven T-Zellen präsentiert. Die Aktivierung von CD8-positiven T-Zellen führt zur
Induktion direkter zytotoxischer Funktionen sowie zur Zytokinproduktion. Für die Produktion von Antikörpern gegen das gleiche Antigen muss dieses über sIg gebunden werden. Dies
führt zur Aktivierung der B-Zelle und zu ihrer Differenzierung zu Plasmazellen. TH1- oder TH2-Zellen, die Interferon (IFN) γ oder Interleukin (IL) 4 oder Interleukin 5 produzieren, regulieren den Ig-Klassenswitch und legen so den Typ des Antikörpers, der produziert wird, fest. TH17-Zellen sezernieren IL-17, IL-22 und andere Zytokine, die vor allem an Schleimhautoberflächen an der Abwehr von extrazellulären Bakterien und Pilzen beteiligt sind. CD4-positive und CD25-positive regulatorische T-Zellen regulieren nach der Beseitigung der Pathogene unter Beteiligung von IL-10 die T- und B-Zell-Antwort herunter. GM-CSF = Granulocyte-macrophage Colony-stimulating Factor; TNF = Tumor-Nekrose-Faktor.
Pathogens beteiligt sind. Die Triggerung der TLR von dendritischen
Zellen führt zur Heraufregulation von MHC-Klasse II, B7-1 (CD80)
und B7-2 (CD86), also von Molekülen, die wesentlich für die Antigenpräsentation und damit die Aktivierung von T-Zellen sind und als
Feedbackmechanismus auch die Zytokinproduktion der dendritischen
Zellen steigern können (Tab. 372e-7). Somit sind dendritische Zellen
entscheidende Bindeglieder zwischen der frühen angeborenen und
der später einsetzenden adaptiven Immunabwehr. Diese Zellen steuern und modulieren die entstehende Immunantwort gegen die Pathogene über die unterschiedlichen TLRs, die von ihnen exprimiert werden (TLR7-9 überwiegend von plasmazytoiden dendritischen Zellen,
TLR4 überwiegend von myeloiden dendritischen Zellen) und über die
Adaptorproteine, die mit diesen TLRs assoziiert und an der Signaltransduktion beteiligt sind (Abb. 372e-1, Tab. 372e-4). Zusätzlich
können auch andere Pattern Recognition Receptors, wie Typ-C-Lektine, NLRs und Mannoserezeptoren, durch die Erkennung von Pathogenen die Zellen des adaptiven Immunsystems aktivieren und, ebenso
wie die TLRs, über zahlreiche Faktoren den Typ und die Qualität der
entstehenden Immunantwort beeinflussen (Tab. 372e-4).
372e-8
& GROßE GRANULÄRE LYMPHOZYTEN/NATÜRLICHE KILLERZELLEN
Große granuläre Lymphozyten (Large granular Lymphocytes, LGL)
oder natürliche Killerzellen (NK-Zellen) machen 5–15 % der Lymphozyten im peripheren Blut aus. NK-Zellen sind nicht adhärente,
nicht phagozytierende Zellen mit großen azurophilen zytoplasmatischen Granula. Sie exprimieren Oberflächenrezeptoren für den FcTeil von IgG (CD16) und für NCAM-1 (CD56). Viele NK-Zellen exprimieren zusätzlich einige T-Zell-Marker, besonders CD8, und proliferieren nach Stimulation mit IL-2. NK-Zellen entwickeln sich sowohl im Knochenmark als auch im Thymus.
Funktionell sind NK-Zellen sowohl mit Monozyten/Makrophagen
als auch Neutrophilen vergleichbar. Sie sind einerseits befähigt zur Lyse von Zielzellen, indem sie über ihre Fc-Rezeptoren opsonisierte (mit
Antikörper beladene) Zielzellen erkennen und lysieren (Antibody-dependent Cellular Cytotoxicity; ADCC). Andererseits besitzen sie NKZell-Aktivität, damit bezeichnet man eine antigenunabhängige (d. h.
die Effektorzelle hatte vorher niemals Kontakt zur Zielzelle), nicht
durch MHC restringierte und nicht über Antikörper vermittelte Abtötung von Zielzellen. Solche Zielzellen sind typischerweise maligne
entartete Zellen, transplantierte körperfremde oder virusinfizierte
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Einführung in das Immunsystem
Dendritische/LangerhansZellen
Dendritische/LangerhansZellen
Aktivierung von TH1-CD4-positiven-T-Zellen
Aktivierung von TH2-CD4-positiven-T-Zellen
IL-2, IFN-γ, IL-3
TNF-α, TNF-β, GM-CSF
IL-3, IL-4, IL-5, IL-6,
IL-10, IL-13
Unterdrückung
der TH2-TypAntwort
Unterdrückung
der TH1-TypAntwort
Eosinophile
Induziert CD8- B-Zell-IgGpositive zyto- Antikörper
toxische T-Zellen
Abtöten
mikrobiell
infizierter
Zellen
Opsonisiert
Mikroben zur
Phagozytose
Makrophagenaktivierung
Tötet opsonisierte
Mikroben
372e
Mastzellen,
Basophile
Töten von Regulation der vasParasiten
kulären Permeabilität, Allergien, protektive Immunantworten gegen bakterielle, virale und
parasitäre Infektionen
B-Zell-IgM-, -G-, -Aund -E-Antikörper
Direkte antikörpervermittelte
Abtötung von
Mikroben und
Opsonisierung
für mikrobielle
Phagozytose
Abbildung 372e-3 CD4-positive T-Helfer-1(TH1)- und TH2-Zellen produzieren unterschiedliche, aber überlappende Zytokinmuster. TH1-Zellen werden häufig zur Abwehr
intrazellulärer Bakterien oder Viren benötigt, während TH2-Zellen für die Produktion verschiedener Antikörper beispielsweise gegen Parasiten oder extrazelluläre bekapselte Bakterien
notwendig sind; sie sind auch an allergischen Erkrankungen beteiligt. GM-CSF = Granulocyte-macrophage Colony-stimulating Factor; IL = Interleukin; TNF = Tumor-Nekrose-Faktor.
(Nach S Romagnani: CD4 effector cells, in J Gallin, R Snyderman [Hrsg.]: Inflammation: Basic Principles and Clinical Correlates, 3rd ed. Philadelphia, Lipincott Williams & Wilkins, 1999,
mit frdl. Genehmigung.)
Zellen. Die NK-Zell-Aktivität spielt also eine wichtige Rolle in der Erkennung und Abwehr von malignen oder virusinfizierten Zellen
durch das Immunsystem. Eine verminderte NK-Zell-Aktivität findet
man bei Patienten mit dem Chédiak-Higashi-Syndrom, einer autosomal rezessiven Erkrankung, die mit einer Fusion der zytoplasmatischen Granula und einer Störung der Degranulation der Neutrophilen assoziiert ist.
NK-Zellen besitzen zahlreiche Oberflächenrezeptoren mit inhibierender oder aktivierender Funktion, die zu zwei Familien gehören: der Superfamilie der Immunglobuline und der Familie der Lectin-like-type-IITransmembranproteine. Zur Familie der Immunoglobulinrezeptoren
gehören aktivierende oder inhibitorische Killer-cell-immunoglobulinlike-Rezeptoren (KIR), von denen viele MHC-Klasse-I-Liganden haben.
KIRs bestehen aus Proteinen mit zwei (KIR2D) oder drei (KIR3D) extrazellulären Immunglobulindomänen (D). Außerdem legt die Nomenklatur ihre Funktion als inhibitorische KIRs mit langem (L) zytoplasmatischem Schwanz und Immunoreceptor Tyrosine-based inhibitory Motif
(ITIM) (KIRDL) oder als aktivierende KIRs mit kurzem (S) zytoplasmatischem Schwanz fest (KIRDS). Die Inaktivierung der NK-Zellen
durch KIRs ist ein Schlüsselmechanismus für den Schutz gesunder
Wirtszellen. Genetische Studien haben einen Zusammenhang zwischen
KIRs und der Suszeptibilität für virale Infektionen und Autoimmunkrankheiten belegt (Tab. 372e-10).
Neben den KIRs exprimieren NK-Zellen eine zweite Gruppe aus
der Superfamilie der Immunoglobulinrezeptoren: die natürlichen Zytotoxozitätsrezeptoren (NCRs) NKp46, NKp30 und NKp44. Diese Rezeptoren helfen bei der NK-Zell-Aktivierung gegen Zielzellen. Die Liganden, an die NCRs auf den Zielzellen binden, wurden kürzlich als
molekulare Bestandteile von Pathogenen wie Influenza, Vaccinia und
Malaria, aber auch als körpereigene Moleküle auf Tumorzellen identifiziert.
Die Aktivierung von NK-Zellen ist also die Folge von komplizierten
Wechselwirkungen aktivierender und inhibitorischer Signale, sodass
nicht infizierte, nicht maligne Zellen nicht angegriffen werden, während maligne entartete oder virusinfizierte Zellen attackiert werden
(Abb. 372e-4). Es gibt Hinweise, wonach NK-Zellen an sekundären
Immunreaktionen, beispielsweise bei Kontakthypersensitivität, beteiligt sind, obwohl sie nicht über rearrangierte Antigenrezeptoren verfügen.
Manche NK-Zellen exprimieren CD3 und invariante T-Zell-Rezeptor(TCR)-α-Ketten und werden deshalb als NKT-Zellen bezeichnet.
Die TCRs der NKT-Zellen erkennen Lipidmoleküle intrazellulärer
Bakterien im Kontext mit CD1-Molekülen auf APZ. Nach der Aktivierung sezernieren NKT-Zellen Effektorzytokine, wie IL-4 und IFNγ. Diese Form der Erkennung intrazellulärer Bakterien wie Listeria
monocytogenes oder Mycobacterium tuberculosis führt dann zur Aktivierung von dendritischen Zellen und zu einer Modulation der entstehenden T-Zell-Antwort. Es wird angenommen, dass dies ein bedeutender Abwehrmechanismus gegen diese Erreger ist.
Die Rezeptoren für den Fc-Teil eines IgG (FcγRs) sind auf NK-Zellen, B-Zellen, Makrophagen, Neutrophilen und Mastzellen. Antikörper-NK-Zell-Interaktion via Antikörper-Fc-Teil und NK-Zell-FcR
verbindet somit das adaptive und das angeborene Immunsystem miteinander und reguliert die IgG-Antikörperfunktionen wie die ADCC.
Es gibt sowohl inhibitorische als auch stimulierende FcγRs. Aktivierende, wie FcγRI (CD64), FcγRII (CD32) und FcγRIII (CD64), sind
durch eine Immunoreceptor-tyrosine-based-activator-motif(ITAM)Sequenz charakterisiert, während inhibitorische FcγRs wie der FcγRIIb eine Immunoreceptor-tyrosine-based-inhibitory-motif(ITIM)-Sequenz beinhalten. Eine Dysregulation der IgG-FcγR-Interaktion spielt
eine Rolle in der Pathologie der Arthritis, der Multiplen Sklerose und
des systemischen Lupus erythematodes.
Suttorp et al., Harrisons Innere Medizin (ISBN 978-3-940615-50-3), © 2016 ABW Wissenschaftsverlag
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372e-9
Teil 15
Erkrankungen des Immunsystems, des Bindegewebes und der Gelenke
TABELLE 372e-6 Krankheiten mit Inflammasomaktivität
Krankheit
Klinische Merkmale
Mutiertes Gen
Auslöser
Inflammasombeteiligung Anakinra-Reaktion*
Familiäres Kälte-Urtikaria-Syndrom Fieber, Arthralgie, kälteinduzierte Urtikaria
(FCAS)
NALP3
Überaktiv
Ja
Muckle-Wells-Syndrom (MWS)
NAPL3
Überaktiv
Ja
Chronisches infantiles neuroloFieber, starke Arthralgie, Urtikaria, neurologi- NALP3
gisch-kutanes und artikuläres Syn- sche Beschwerden, schwere Amyloidose
drom (CINCA, NOMID)
Überaktiv
Ja
Familiäres Mittelmeerfieber (FMF)
Fieber, Peritonitis, Pleuritis, Amyloidose
Pyrin
Überaktiv
Partial
Pyogene Arthritis, Pyoderma gangraenosum und Akne (PAPA)
Pyogene sterile Arthritis
PSTPIP1
Überaktiv
Ja
Hyperimmunoglobulin-D-Syndrom
(HIDS)
Arthralgie, Bauchschmerzen, Lymphadenopathie
Mevalonatkinase
Noch zu belegen
Ja
TNF-R1
Noch zu belegen
Ja
Fieber, Arthralgie, Urtikaria, sensorineurale
Taubheit, Amyloidose
Tumor-Nekrose-Faktor-Rezeptor-1- Fieber, Bauchschmerzen, Hautläsionen
assoziiertes Syndrom (TRAPS)
Systemische juvenile idiopathische Chronische Gelenkentzündung
Arthritis (SOJIA)
Unbekannt
Noch zu belegen
Ja
Adulte Still-Krankheit (AOSD)
Arthralgie, Fieber
Unbekannt
Noch zu belegen
Ja
Behçet-Krankheit
Arthralgie, Uveitis, Ulzera
Unbekannt
Noch zu belegen
Ja
Schnitzler-Syndrom
Urtikaria, Fieber, Arthralgie
Unbekannt
Noch zu belegen
Ja
Gicht
Metabolische Arthritis, Schmerzen
Harnsäure
(MSU)
Aktiviert
Ja
Pseudogicht
Arthritis
CPPD
Aktiviert
Ja
Kontaktdermatitis
Urtikaria
Reizstoffe
Aktiviert
Unbekannt
Fiebersyndrom
Fieber
NALP12
Unbekannt
Unbekannt
Blasenmole
Blasenmole
NALP7
Unbekannt
Unbekannt
Vitiligo
Hautdepigmentierung, Autoimmunität
NLRP1
Hochaktiv
Unbekannt
NLRP3
Minderaktiv
Unbekannt
Morbus Crohn
Multiple Sklerose
NLRP3
Aktiviert
Unbekannt
Psoriasisarthritis
NLRP3
Aktiviert
Ja
* Anakinra ist ein rekombinanter IL-1-Rezeptorantagonist, der die biologische Aktivität von natürlich auftretendem Interleukin 1 (IL-1) blockiert.
Abkürzung: CPPD = Calcium pyrophosphate dihydrate (Chondrokalzinose).
Quelle: Aus F Martinon et al: Ann Rev Immunol 27:229, 2009. Copyright 2009, mit frdl. Genehmigung von Annual Reviews Inc.
TABELLE 372e-7 Zytokine und Zytokinrezeptoren
Zytokin
Rezeptor
Produktion durch
IL-1α, β
Typ-I-IL-1R, Typ-2IL-1R
Monozyten/Makrophagen, BAlle Zellen
Zellen, Fibroblasten, die meisten Epithelzellen inkl. Thymusepithelien, Endothelzellen
IL-2
IL-2Rα, β, gemein- T-Zellen
same γ-Kette
IL-3
IL-3R, gemeinsame T-Zellen, NK-Zellen, Mastzellen Monozyten/Makrophagen, Mastzellen, Neu- Stimulation von hämatopoetischen Vorläuferzellen
β-Kette
trophile, Eosinophile, Vorläuferzellen im
Knochenmark
IL-4
IL-4Rα, gemeinsame γ-Kette
T-Zellen, Mastzellen, Basophile T-Zellen, B-Zellen, NK-Zellen, Monozyten/
Stimuliert Differenzierung und Proliferation von TH2Makrophagen, Neutrophile, Eosinophile, En- Zellen; stimuliert B-Zell-Ig-Klassen-Switch zu IgG1 und
dothelzellen, Fibroblasten
IgE; antiinflammatorische Aktivität für T-Zellen und
Monozyten durch T-follikuläre Helferzellen innerhalb von
B-Zell Keimzentren
IL-5
IL-5Rα, gemeinsame γ-Kette
T-Zellen, Mastzellen, Eosinophile
IL-6
IL-6R, gp130
Monozyten/Makrophagen, BT-Zellen, B-Zellen, Epithelzellen, HepatozyZellen, Fibroblasten, die meisten ten, Monozyten/Makrophagen
Epithelien einschließlich Thymusepithelien, Endothelzellen
Induktion der Produktion von Akute-Phase-Proteinen,
Differenzierung und Wachstum von T- und B-Zellen,
fördert Wachstum von Myelomzellen und Osteoklasten
sowie deren Aktivierung
IL-7
IL-7Rα, gemeinsame γ-Kette
Knochenmark, Thymusepithel- T-Zellen, B-Zellen, Knochenmarkzellen
zellen
Differenzierung von B-, T- und NK-Zellvorläufern,
Aktivierung von T- und NK-Zellen
372e-10
Zielzelle
T-Zellen, B-Zellen, NK-Zellen, Monozyten/
Makrophagen
Eosinophile, Basophile, murine B-Zellen
Biologische Aktivität
Hochregulation der Expression von Adhäsionsmolekülen, Einwanderung von Neutrophilen und Makrophagen
in Gewebe, Auslösung von Fieber und Schock,
verstärkte Produktion von Akute-Phase-Proteinen in der
Leber, fördert Hämatopoese
T-Zell-Aktivierung und -Proliferation, B-Zell-Proliferation, NK-Zell-Proliferation und -Aktivierung, verstärkt
zytolytische Aktivität von Monozyten/Makrophagen
Reguliert Migration und Aktivierung von Eosinophilen
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Einführung in das Immunsystem
372e
Tabelle 372e-7 (Fortsetzung)
Zytokin
Rezeptor
Produktion durch
Zielzelle
IL-8
CXCR1, CXCR2
Monozyten/Makrophagen, TNeutrophile, T-Zellen, Monozyten-MakroZellen, Neutrophile, Fibroblas- phagen, Endothelzellen, Basophile
ten, Endothelzellen, Epithelzellen
Induziert Migration von Neutrophilen, Monozyten und TZellen; induziert Neutrophilenadhärenz an Endothelzellen und Histaminfreisetzung aus Basophilen; stimuliert Angiogenese; unterdrückt die Proliferation von
hepatischen Vorläuferzellen
IL-9
IL-9Rα, gemeinsame γ-Kette
T-Zellen
Vorläuferzellen im Knochenmark, B-Zellen,
T-Zellen, Mastzellen
Induziert die Proliferation und Funktion von von Mastzellen, fördert gemeinsam mit IL-4 die Produktion von
IgG und IgE, T-Zell-Wachstum, -Aktivierung, -Differenzierung
IL-10
IL-10R
Monozyten/Makrophagen, TMonozyten/Makrophagen, T-Zellen, B-ZelZellen, B-Zellen, Keratinozyten, len, NK-Zellen, Mastzellen
Mastzellen
Hemmt die proinflammatorische Zytokinproduktion von
Makrophagen; reguliert MHC-Klasse-II, B7-1- und B72-Expression herunter; hemmt die Differenzierung von
TH1-Zellen, hemmt NK-Zell-Funktion; stimuliert Mastzellproliferation und Funktion sowie B-Zell-Aktivierung
und -Differenzierung
IL-11
IL-11, gp130
Knochenmark, Stromazellen
Megakaryozyten, B-Zellen, Hepatozyten
Induziert Megakaryozyten-Kolonieformation und -Reifung; unterstützt Antikörperantwort; stimuliert Produktion von Akute-Phase-Proteinen
IL-12 (35IL-12R
kDa und 40kDa-Untereinheiten)
Aktivierte Makrophagen, dendritische Zellen, Neutrophile
T-Zellen, NK-Zellen
Induziert Differenzierung von TH1- und lymphokinaktivierten Killerzellen; erhöht zytolytische Aktivität von
CD8-positiven T-Zellen, ↑ IFN-γ und ↓ IL-17
IL-13
IL-13R/IL-4Rα
T-Zellen (TH2)
Monozyten/Makrophagen, B-Zellen, Endothelzellen, Keratinozyten
Hochregulation von VCAM-1 und C-C-Chemokinexpression auf Endothelzellen; B-Zell-Aktivierung und
-Differenzierung; hemmt proinflammatorische Zytokinproduktion von Makrophagen
IL-14
Unbekannt
T-Zellen
Normale und maligne B-Zellen
Induziert B-Zell-Proliferation und unterdrückt die Antikörperausschüttung, vergrößert die Menge von B-Zell
Untergruppen
IL-15
IL-15Rα, gemeinsame γ-Kette, IL2Rβ
Monozyten/Makrophagen, Epithelzellen, Fibroblasten
T-Zellen, NK-Zellen
T- und NK-Zell-Aktivierung und -Proliferation. Fördert
Angiogenese
IL-16
CD4
Mastzellen, Eosinophile, CD8- CD4-positive T-Zellen, Monozyten/Makropositive T-Zellen, Epithelien des phagen, Eosinophile
Respirationstraktes
Chemoattraktion von CD4-positiven T-Zellen, Monozyten und Eosinophilen. Hemmt HIV-Replikation. Hemmt
T-Zell-Aktivierung über den T-Zell-Rezeptor/CD3-Komplex
IL-17
IL-17R
CD4-positive T-Zellen
Fibroblasten, Endothel, Epithel, Makrophagen
Erhöhte Zytokinsekretion, begünstigt Hypersensitivitätsreaktionen vom verzögerten Typ
IL-18
IL-18R (IL-1R-verwandtes Protein)
Keratinozyten, Makrophagen
T-Zellen, B-Zellen, NK-Zellen
Hochregulation der IFN-γ-Produktion, verstärkte NKZell-Zytotoxizität
IL-21
IL-δγ-Kette/IL-21R
CD4-positive T-Zellen
NK-Zellen
Reguliert aktivierende NK-Zell-Rezeptoren herunter
(NKG2D/DAP10), wird durch T-follikuläre Helferzellen
innerhalb von B-Zell-Keimzentren produziert
IL-22
IL-22 R1/IL-10R2
DZ, T-Zellen
Epithelzellen
Angeborene Abwehr gegen bakterielle Antigene, begünstigt das Überleben von Hepatozyten
IL-23
IL-12Rb1/IL23R
Makrophagen, andere Zellen
T-Zellen
Umgekehrte Wirkung wie IL-12 (↓ IFN-γ, ↑ IL-17)
IL-24
IL-20 R1/IL-20R2
Makrophagen
Begünstigt die Wundheilung
IL-22R1/IL20R2
TH2-Zellen
Nicht hämatopoetische Zellen wie Fibroblasten
IL-25 (oder
IL-17F)
IL-17RB
CD4-positive T-Zellen, Mastzellen
Fibroblasten, Endothelzellen, Epithelzellen,
Makrophagen
Proinflammatorisch, induziert die Zytokinproduktion
IL-26
IL-20R1/IL-10R2
TH1-Zellen, TH17-Zellen, Zellen Epithelzellen
der Synovia
IFN-α
Typ-I-Interferon-Re- Alle Zellen
zeptor
Alle Zellen
Biologische Aktivität
Proinflammatorisch, induziert die Zytokinproduktion
Antivirale Aktivität; stimuliert T-Zellen, Makrophagen
und NK-Zellaktivität; direkte Antitumoreffekte
Hochregulation von MHC-Klasse-I-Antigenexpression;
therapeutischer Einsatz bei viralen und Autoimmunerkrankungen
IFN-β
Typ-I-Interferon-Re- Alle Zellen
zeptor
Alle Zellen
Antivirale Aktivität; stimuliert T-Zellen, Makrophagen
und NK-Zellaktivität; direkte Antitumoreffekte
Hochregulation von MHC-Klasse-I-Antigenexpression;
therapeutischer Einsatz bei viralen und Autoimmunerkrankungen
IFN-γ
Typ-II-Interferon-Re- T-Zellen, NK-Zellen
zeptor
Alle Zellen
Reguliert Makrophagen- und NK-Zell-Aktivierung; stimuliert Immunglobulinsekretion durch B-Zellen; Induktion von MHC-Klasse-II-Molekülen; TH1-Differenzierung
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372e-11
Teil 15
Erkrankungen des Immunsystems, des Bindegewebes und der Gelenke
Tabelle 372e-7 (Fortsetzung)
Zytokin
Rezeptor
Produktion durch
TNF-α
TNFrI, TNFrII
Monozyten/Makrophagen,
Alle Zellen außer Erythrozyten
Mastzellen, Basophile, Eosinophile, NK-Zellen, B-Zellen, TZellen, Keratinozyten, Fibroblasten, Thymusepithelzellen
Fieber, Anorexie, Schock, Capillary-leak-Syndrom, erhöhte Leukozytenzytotoxizität, gesteigerte NK-Zellfunktion, Akute-Phase-Proteinsynthese, Induktion
proinflammatorischer Zytokine
TNF-β
TNFRI, TNFRII
T-Zellen, B-Zellen
Alle Zellen außer Erythrozyten
Zytotoxizität, Entwicklung von Lymphknoten und Milz
LT-β
LTβR
T-Zellen
Alle Zellen außer Erythrozyten
Zytotoxizität, normale Entwicklung der Lymphknoten
G-CSF
G-CSFR; gp130
Monozyten/Makrophagen, Fibroblasten, Endothelzellen,
Thymusepithelzellen, Stromazellen
Myeloide Zellen, endotheliale Zellen
Reguliert Myelopoese; unterstützt Überleben und
Funktion von Neutrophilen; klinischer Einsatz bei
Neutropenie nach zytotoxischer Chemotherapie
GM-CSF
GM-CSFR; gemeinsame β-Kette
T-Zellen, Monozyten/MakroMonozyten/Makrophagen, Neutrophile, Eophagen, Fibroblasten, Endosinophile, Fibroblasten, Endothelzellen
thelzellen, Thymusepithelzellen
Reguliert Myelopoese; verstärkt bakterizide und tumorizide Aktivität von Makrophagen; Mediator der Reifung
und Funktion von dendritischen Zellen, Hochregulation
von NK-Zellfunktion; klinischer Einsatz bei Neutropenie
nach zytotoxischer Chemotherapie
M-CSF
M-CSFR (c-fmsProto-Onkogen)
Fibroblasten, Endothelzellen,
Monozyten/Makrophagen, TZellen, B-Zellen, Epithelzellen
einschließlich Thymusepithelien
Monozyten/Makrophagen
Reguliert Monozyten-Makrophagenproduktion und
Funktion
LIF
LIFR; gp130
Aktivierte T-Zellen, Stromazellen des Knochenmarks, Thymusepithelien
Megakaryozyten, Monozyten, Hepatozyten,
wahrscheinlich auch auf Subpopulationen
von Lymphozyten
Induziert die Produktion von Akut-Phase-Proteinen in
der Leber. Stimuliert Makrophagen-Differenzierung.
Fördert das Wachstum von Myelomzellen und hämatopoetischen Vorläuferzellen. Stimuliert Thrombopoese
OSM
OSMR; LIFR; gp130 Aktivierte Monozyten/Makrophagen und T-Zellen, Stromazellen des Knochenmarks,
einige Mammakarzinom-Zelllinien, Myelomzellen
Neuronen, Hepatozyten, Monozyten/Makrophagen, Adipozyten, alveolare Epithelzellen,
embryonale Stammzellen, Melanozyten,
Endothelzellen, Fibroblasten, Myelomzellen
Induziert die Produktion von Akut-Phase-Proteinen in
der Leber. Stimuliert Makrophagendifferenzierung. Fördert das Wachstum von Myelomzellen und hämatopoetischen Vorläuferzellen. Stimuliert Thrombopoese.
Stimuliert das Wachstum von Kaposi-Sarkomzellen
SCF
SCFR (c-kit-ProtoOnkogen)
Stromazellen des Knochenmarks und Fibroblasten
Embryonale Stammzellen, myeloide und
lymphoide Vorläuferzellen, Mastzellen
Stimuliert das Wachstum hämatopoetischer Vorläuferzellen und Mastzellen sowie die Migration von
embryonalen Stammzellen
TGF-β (3
Isoformen)
Typ I, II, III TGF-βRezeptor
Fast alle Zellen
Fast alle Zellen
Reguliert Aktivität von T-Zellen, Makrophagen und
Granulozyten herunter. Fördert die Synthese von
Matrixproteinen, stimuliert Angiogenese
Lymphotaktin/SCM-1
Unbekannt
NK-Zellen, Mastzellen, CD4T-Zellen, NK-Zellen
und CD8-negative Thymozyten,
aktivierte CD8-positive T-Zellen
Chemotaktisch für Lymphozyten, einzig bekanntes CChemokin
MCP-1
CCR2
Fibroblasten, glatte Muskelzel- Monozyten/Makrophagen, NK-Zellen, Gelen, aktivierte mononukleäre
dächtnis-T-Zellen, Basophile
periphere Blutzellen
Chemoattraktiv für Monozyten, aktivierte Gedächtnis-Tund NK-Zellen. Induziert Freisetzung von Granulae aus
CD8-positiven T- und NK-Zellen. Induziert Histaminfreisetzung aus Basophilen. Supprimiert die Proliferation hämatopoetischer Stammzellen. Reguliert die
Proteaseproduktion von Monozyten
MCP-2
CCR1, CCR2
Fibroblasten, aktivierte mononukleäre periphere Blutzellen
Monozyten/Makrophagen, T-Zellen, Eosinophile, Basophile, NK-Zellen
Chemotaktisch für Monozyten, naive und Gedächtnis-TZellen, Eosinophile und evtl. NK-Zellen. Aktiviert
Basophile und Eosinophile. Reguliert die Proteaseproduktion von Monozyten
MCP-3
CCR1, CCR2
Fibroblasten, aktivierte mononukleäre periphere Blutzellen
Monozyten/Makrophagen, T-Zellen, Eosinophile, Basophile, NK-Zellen, dendritische
Zellen
Chemotaktisch für Monozyten, naive und Gedächtnis-TZellen, Eosinophile und evtl. NK-Zellen. Aktiviert
Basophile und Eosinophile. Reguliert die Proteaseproduktion von Monozyten
MCP-4
CCR2, CCR3
Lunge, Kolon, Epithelzellen des Monozyten/Makrophagen, T-Zellen, EosinoDünndarms, aktivierte Endophile, Basophile
thelzellen
Chemotaktisch für Monozyten, T-Zellen, Eosinophile
und Basophile
Eotaxin
CCR3
Epithelzellen der Lunge, Herz
Eosinophile, Basophile
Stark chemotaktisch für Eosinophile und Basophile.
Induziert allergische Atemwegserkrankungen. Kann
gemeinsam mit IL-5 Eosinophile aktivieren. Antikörper
gegen Eotaxin hemmen Atemwegsentzündungen
TARC
CCR4
Thymus, dendritische Zellen,
aktivierte T-Zellen
T-Zellen, NK-Zellen
Chemotaktisch für T- und NK-Zellen
MDC
CCR4
Monozyten/Makrophagen, den- Aktivierte T-Zellen
dritische Zellen, Thymus
372e-12
Zielzelle
Biologische Aktivität
Chemotaktisch für aktivierte T-Zellen. Hemmt Infektion
mit T-Zell-trophen HIV
Suttorp et al., Harrisons Innere Medizin (ISBN 978-3-940615-50-3), © 2016 ABW Wissenschaftsverlag
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Einführung in das Immunsystem
372e
Tabelle 372e-7 (Fortsetzung)
Zytokin
Rezeptor
Produktion durch
Zielzelle
MIP-1α
CCR1, CCR5
Monozyten/Makrophagen, TZellen
Monozyten/Makrophagen, T-Zellen, dendri- Chemotaktisch für Monozyten, T-Zellen, dendritische
tische Zellen, NK-Zellen, Eosinophile, Baso- Zellen, NK-Zellen, schwach chemotaktisch für Eosinophile
phile und Basophile. Aktiviert NK-Zellen. Supprimiert die
Proliferation hämatopoetischer Vorläuferzellen. Notwendig für Coxsackie-assoziierte Virusmyokarditis.
Hemmt Infektion mit monozytotrophen HIV
MIP-1β
CCR5
Monozyten/Makrophagen, TZellen
Monozyten/Makrophagen, T-Zellen, dendritische Zellen, NK-Zellen
RANTES
CCR1, CCR2, CCR5
Monozyten/Makrophagen, TZellen, Fibroblasten, Eosinophile
Monozyten/Makrophagen, T-Zellen, dendri- Chemotaktisch für Monozyten/Makrophagen, CD4-potische Zellen, NK-Zellen, Eosinophile, Baso- sitive CD45RO-positive T-Zellen, CD8-positive T-Zellen,
phile
NK-Zellen, Eosinophile und Basophile. Induziert Histaminfreisetzung aus Basophilen. Hemmt Infektion mit
monozytotrophen HIV
LARC/MIPCCR6
3α/Exodus-1
Dendritische Zellen, fetale Leberzellen, aktivierte T-Zellen
T-Zellen, B-Zellen
Chemotaktisch für Lymphozyten
ELC/MIP-3β
Thymus, Lymphknoten, Appendix
Aktivierte T- und B-Zellen
Chemotaktisch für B- und T-Zellen. Rezeptor auf EBVinfizierten B- und HSV-infizierten T-Zellen heraufreguliert
I-309/TCA-3 CCR8
Aktivierte T-Zellen
Monozyten/Makrophagen, T-Zellen
Chemotaktisch für Monozyten, verhindert Glukokortikoid-induzierte Apoptose in einigen T-Zell-Linien
SLC/TCA-4/
Exodus-2
Unbekannt
Thymusepithelzellen, Lymphknoten, Appendix, Milz
T-Zellen
Chemotaktisch für T-Zellen. Hemmt Hämatopoese
DC-CK1/
PARC
Unbekannt
Dendritische Zellen in sekundär-lymphatischen Geweben
Naive T-Zellen
Evtl. Rolle bei der Induktion von Immunantworten
TECK
Unbekannt
Dendritische Zellen, Thymus,
Leber, Dünndarm
T-Zellen, Monozyten/Makrophagen, dendritische Zellen
Zytokin, das von dendritischen Zellen im Thymus
produziert wird, möglicherweise an der T-Zell-Entwicklung beteiligt
CCR7
Biologische Aktivität
Chemotaktisch für Monozyten, T-Zellen, dendritische
Zellen und NK-Zellen. Aktiviert NK-Zellen. Hemmt
Infektion mit monozytotrophen HIV
GROα/MGSA CXCR2
Aktivierte Granulozyten, Mono- Neutrophile, Epithelzellen, evtl. Endothelzyten/Makrophagen und Epizellen
thelzellen
Wirkt chemotaktisch auf und aktiviert Neutrophile.
Mitogene Wirkung auf einige Melanomzelllinien. Hemmt
Proliferation von hämatopoetischen Vorläuferzellen.
Fördert Angiogenese
GROβ/MIP2α
CXCR2
Aktivierte Granulozyten, Mono- Neutrophile, evtl. Endothelzellen
zyten/Makrophagen
Wirkt chemotaktisch auf und aktiviert Neutrophile.
Fördert Angiogenese
NAP-2
CXCR2
Thrombozyten
Spaltprodukt von Platelet Basic Protein. Wirkt chemotaktisch auf und aktiviert Neutrophile
IP-10
CXCR3
Monozyten/Makrophagen, TAktivierte T-Zellen, tumorinfiltrierende Lym- Durch IFN-γ-induzierbares Protein, das chemotaktisch
Zellen, Fibroblasten, Endothel- phozyten, evtl. Endothel- und NK-Zellen
für T-Zellen ist. Hemmt Proliferation von hämatopoetizellen, Epithelzellen
schen Vorläuferzellen
MIG
CXCR3
Monozyten/Makrophagen, TZellen, Fibroblasten
Aktivierte T-Zellen, Tumor-infiltrierende
Lymphozyten
SDF-1
CXCR4
Fibroblasten
T-Zellen, dendritische Zellen, evtl. Basophile Niedrigpotenter, aber hocheffizienter chemotaktischer
und Endothelzellen
Faktor für T-Zellen. Notwendig für die Entwicklung von
B-Lymphozyten. Verhindert die Infektion von CD4positiven und CXCR4-positiven Zellen durch T-Zelltrophe HIV
Fraktalkin
CX3CR1
Aktivierte Endothelzellen
NK-Zellen, T-Zellen, Monozyten/Makrophagen
Hybridmoleküle aus zelloberflächengebundenem Chemokin und Muzin, das chemotaktisch und als Adhäsionsmolekül wirkt sowie Leukozyten aktivieren kann
PF-4
Unbekannt
Thrombozyten, Megakaryozyten
Fibroblasten, Endothelzellen
Chemotaktisch für Fibroblasten. Hemmt Proliferation
von hämatopoetischen Vorläuferzellen. Hemmt Proliferation von Endothelzellen und Angiogenese
Neutrophile, Basophile
Durch IFN-γ-induzierbares Protein das chemotaktisch
für T-Zellen ist. Hemmt Proliferation von hämatopoetischen Vorläuferzellen
Abkürzungen: B7-1 = CD80; B7-2 = CD86; CCR = CC-Typ-Chemokinrezeptor; CXCR = CXC-Typ-Chemokinrezeptor; DC-CK = Dendritic Cell Chemokine; EBV = Epstein-Barr-Virus; ELC = EB11
Ligand Chemokine (MIP-1β); IL = Interleukin; G-CSF = Granulocyte Colony-stimulating Factor; GM-CSF = Granulocyte-macrophage Colony-stimulating Factor; GRO = Growth-related Oncogene; GRP
= Growth-related Peptide; HIV = Human Immundeficiency Virus; HSV = Herpes-simplex-Virus; IFN = Interferon; Ig = Immunglobulin; IP-10 = IFN-γ-induzierbares Protein-10; LARC = Liver and
Activation-regulated Chemokine; LIF = Leukemia Inhibitory Factor; LT = Lymphotoxin; MCP = Monozyten-chemotaktisches Protein; M-CSF = Macrophage Colony-stimulating Factor; MDC =
Macrophage-derived Chemokine; MGSA = Melanoma Growth-stimulating Activity; MHC = Haupthistokompatibilitätskomplex; MIG = Monoteine Induced by IFN-γ; MIP = Macrophage Inflammatory
Protein; NAP = Neutrophil-activating Protein; NK = natürliche Killerzellen; OSM = Onkostatin M; PARC = Pulmonary and Activation-regulated Chemokine; PF = Platelet factor; RANTES = Regulated on
Activation, Normally T-Cell Expressed and Secreted; SCF = Stem Cell Factor; SDF = Stromal Cell-derived Factor; SLC = Secondary Lymphoid Tissue Chemokine; TARC = Thymus and Activationregulated Chemokine; TCA = T-cell Activation Protein; TECK = Thymus Expressed Chemokine; TGF = Transforming Growth Factor; TH1 und TH2 = T-Helfer-Zell-Subpopulationen; TNF = TumorNekrose-Faktor; VCAM = vaskuläres Zelladhäsionsmolekül.
Quelle: Mit frdl. Genehmigung aus Sundy JS, Patel DD, und Haynes BF: Appendix B, in Inflammation, Basic Principles and Clinical Correlates, 3rd ed, J Gallin and R Snyderman (Hrsg.). Philadelphia,
Lippincott Williams and Wilkins, 1999.
Suttorp et al., Harrisons Innere Medizin (ISBN 978-3-940615-50-3), © 2016 ABW Wissenschaftsverlag
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372e-13
Teil 15
Erkrankungen des Immunsystems, des Bindegewebes und der Gelenke
TABELLE 372e-8 CC-, CXC1-, CX3-, C1- und XC-Chemokine und Chemokinrezeptoren
Chemokinrezeptor
Liganden (Chemokine)
Expression auf
Assoziiert mit
CCR1
CCL3 (MIP-1α), CCL5 (RANTES), CCL7
(MCP-3), CCL14 (HCC1)
T-Zellen, Monozyten, Eosinophile, Basophile
Rheumatoide Arthritis, Multiple Sklerose
CCR2
CCL2 (MCP-1), CCL8 (MCP-2), CCL7 (MCP- Monozyten, unreife dendritische Zellen, Ge3), CCL13 (MCP-4), CCL16 (HCC4)
dächtnis-T-Zellen
Atherosklerose, rheumatoide Arthritis, Multiple Sklerose,
Resistenz gegen intrazelluläre Erreger, Typ-2-Diabetes
CCR3
CCL11 (Eotaxin), CCL13 (Eotaxin-2), CCL-7 Eosinophile, Basophile, Mastzellen, TH2,
(MCP-3), CCL5 (RANTES), CCL8 (MCP-2), Thrombozyten
CCL13 (MCP-4)
Allergische Rhinitis und allergisches Asthma
CCR4
CCL17 (TARC), CCL22 (MDC)
Infektion mit Parasiten, Transplantatabstoßung, Migration
von T-Zellen in die Haut
CCR5
CCL3 (MIP-1α), CCL4 (MIP-1β), CCL5
T-Zellen, Monozyten
(RANTES), CCL11 (Eotaxin), CCL14 (HCC1),
CCL16 (HCC4)
HIV-Korezeptor (monozytentrophe Stämme), Transplantatabstoßung
CCR6
CCL20 (MIP-3α, LARC)
T-Zellen (regulatorische und Gedächtnis), BZellen, dendritische Zellen
Mukosale humorale Immunantwort, allergisches Asthma, TZell-Migration in Darm
CCR7
CCL19 (ELC), CCL21 (SLC)
T-Zellen, reife dendritische Zellen
Migration von T- und dendritischen Zellen in Lymphknoten,
Antigen-Präsentation und zelluläre Immunität
CCR8
CCL1 (1309)
T-Zellen (TH2), Monozyten, dendritische Zellen Migration dendritischer Zellen in Lymphknoten, Typ-2Antworten, Granulombildung
CCR9
CCL25 (TECK)
T-Zellen, IgA-positive Plasmazellen
Migration von T-Zellen und IgA-positiven Plasmazellen in den
Darm, chronisch entzündliche Darmerkrankungen
CCR10
CCL27 (CTACK), CCL28 (MEC)
T-Zellen
Migration von T-Zellen in Haut und Darm
CXCR1
CXCL8 (Interleukin-8), CXCL6 (GCP2)
Neutrophile, Monozyten
Entzündliche Lungenerkrankungen, COPD
CXCR2
CXCL8, CXCL1 (GROα), CXCL2 (GROα),
CXCL3 (GROα), CXCL5 (ENA-78), CXCL6
Neutrophile, Monozyten, mikrovaskuläre Endothelzellen
Entzündliche Lungenerkrankungen, COPD, Angiogenese bei
Tumoren
CXCR3-A
CXCL9 (MIG), CXCL10 (IP-10), CXCL11 (ITAC)
TH1-Zellen, Mastzellen, Mesangiumzellen
Entzündliche Hauterkrankungen, Multiple Sklerose, Transplantatabstoßung
CXCR3-B
CXCL4 (PF4), CXCL9 (MIG), CXCL10 (IP-10), Mikrovaskuläre Endothelzellen, neoplastische
CXCL11 (I-TAC)
Zellen
Angiostatisch bei Tumorwachstum
CXCR4
CXCL12 (SDF-1)
Häufig exprimiert
HIV-Korezeptor (T-Zell-trophe Stämme), Tumormetastasen,
Hämatopoese
CXCR5
CXCL13 (BCA-1)
B-Zellen, follikuläre T-Helfer-Zellen
Bildung von B-Zell-Follikeln
CXCR6
CXCL16 (SR-PSOX)
CD8-positive T-Zellen, natürliche Killerzellen,
CD4-positive Gedächtnis-T-Zellen
Entzündliche Lebererkrankungen, Atherosklerose (CXCL-16)
CX3CR1
CX3CL1 (Fraktalkin)
Makrophagen, Endothelzellen, glatte Muskel- Atherosklerose
zellen
XCR1
XCL1 (Lymphotaktin), XCL2
T-Zellen, natürliche Killerzellen
T-Zellen (TH2), reife dendritische Zellen,
Basophile, Makrophagen, Thrombozyten
Rheumatoide Arthritis, IgA-Nephropathie, Tumorantwort
Abkürzungen: BCA-1 = B-Cell Chemoattractant 1; COPD = chronisch obstruktive Lungenerkrankung; CTACK = Cutaneous T-Cell-attracting Chemokine; ELC = Epstein Barr 11 Ligand Chemokine;
ENA = Epithelial-Cell-derived Neutrophil-activating Peptide; GCP = Granulocyte Chemotactic Protein; GRO = Growth-related Oncogene; MIP = Macrophage Inflammatory Protein; HCC = Hemofiltrate
Chemokine; HIV = Human Immunodeficiency Virus; IP-10 = IFN-γ-induzierbares Protein-10; I-TAC = Interferon-inducible T-Cell alpha Chemoattractant; MCP = Monocyte Chemoattractant Protein;
MDC = Macrophage Derived Chemokine; MEC = Mammary-enriched Chemokine; MIG = Monokine induced by Interferon-γ; LARC = Liver and Activation-regulated Chemokine; PF = Platelet Factor;
SDF = Stromal Cell-derived Factor; SLC = Secondary Lymphoid Tissue Chemokine; SR-PSOX = Scavenger-Rezeptor für Phosphatidylserin-enthaltende oxidierte Lipide; TARC = Thymus and
Activation-Regulated Chemokine; TECK = Thymus Expressed Chemokine; TH2 = T-Helfer-2-Zelle.
Quelle: Aus IF Charo, RM Ranshohoff: N Engl J Med 354:610, 2006, mit frdl. Genehmigung. Copyright Massachusetts Medical Society. All rights reserved.
TABELLE 372e-9 Zytokinfamilien nach ihren strukturellen Gemeinsamkeiten
Hämatopoetine
IL-2, IL-3, IL-4, IL-5, IL-6, IL-7, IL-9, IL-11, IL-12, IL-15, IL-16, IL-17, IL-21, IL-23, EPO, LIF, GM-CSF, G-CSF, OSM, CNTF, GH und TPO
TNF-α, LT-α, LT-β, CD40L, CD30L, CD27L, 4-1BBL, OX40, OPG und FasL
IL-1 IL-1α, IL-1β, IL-1ra, IL-18, bFGF, aFGF und ECGF
PDGF
PDGF A, PDGF B und M-CSF
TGF-β
TGF-β und BMPs (1, 2, 4 etc.)
CXC-Chemokine
IL-8, Gro-α/β/γ, NAP-2, ENA78, GCP-2, PF-4, CTAP-3, Mig und IP-10
CC-Chemokine
MCP-1, MCP-2, MCP-3, MIP-1α, MIP-1β, RANTES
Abkürzungen: aFGF = Acidic Fibroblast Growth Factor; 4-1BBL = 4-1BB-Ligand; bFGF = Basic Fibroblast Growth Factor; BMP = Bone Marrow Morphogenetic Proteins; CC = Cystein-Cystein; CD =
Cluster of Differentiation; CNTF = Ciliary Neurotrophic Factor; CTAP = Connective Tissue Activating Peptide; CXC = Cystein-X-Cystein; ECGF = Endothelial Cell Growth Factor; EPO = Erythropoetin;
FasL = Fas-Ligand; GCP-2 = Granulocyte Chemotactic Protein-2; G-CSF = Granulocyte Colony-stimulating Factor; GH = Growth Hormone; GM-CSF = Granulocyte-macrophage Colony-stimulating
Factor; Gro = Growth-related Gene Products; IFN = Interferon; IL = Interleukin; IP = Interferon-γ-induzierbares Protein; LIF = Leukemia inhibitory Factor; LT = Lymphotoxin; MCP = Monocyte
Chemoattractant; M-CSF = Macrophage Colony-stimulating Factor; Mig = Monokine induced by Interferon-γ; MIP = Macrophage Inflammatory Protein; NAP-2 = Neutrophil Activating Protein-2;
OPG = Osteoprotegerin; OSM = Onkostatin M; PDGF = Platelet-derived Growth Factor; PF = Platelet Factor; R = Rezeptor; RANTES = Regulated on Activation; Normal T Cell-expressed and -secreted;
TGF = Transforming Growth Factor; TNF = Tumor-Nekrose-Faktor; TPO = Thyreoperoxidase.
372e-14
Suttorp et al., Harrisons Innere Medizin (ISBN 978-3-940615-50-3), © 2016 ABW Wissenschaftsverlag
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Einführung in das Immunsystem
372e
TABELLE 372e-10 Krankheitsassoziationen von KIRs
Krankheit
KIR-Assoziation
Beobachtung
Psoriasisarthritis
KIR2DS1/KIR2DS2; HLA-Cw-Gruppenhomozygotie
Suszeptibilität
Spondylarthritiden
Vermehrte KIR3DL2-Expression
Evtl. an der Pathologie beteiligt
Interaktion von HLA-B27-Homodimeren mit KIR3DL1/ KIR3DL2; unabhängig
von der Peptidbeladung
Evtl. an der Pathologie beteiligt
Ankylosierende Spondylitis
KIR3DL1/3DS1, HLA-B27-Genotypen
Suszeptibilität
Rheumatoide Vaskulitis
KIR2DS2, HLA-Cw*03
Suszeptibilität
Erhöhtes KIR2L2/2DS2 bei extraartikulären Manifestationen
Evtl. unterschiedlicher KIR-Genotyp der Symptome
Reduziertes KIR2DS1/3DS1 bei Patienten ohne Knochenerosionen
Suszeptibilität
KIR2DS4; HLA-Cw4
Suszeptibilität
Sklerodermie
KIR2DS2+/KIR2DL2-
Suszeptibilität
Behçet-Krankheit
Veränderte KIR3DL1-Expression
Mit schwererer Augenbeteiligung assoziiert
Psoriasis vulgaris
2DS1; HLA-Cw*06
Suszeptibilität
Rheumatoide Arthritis
2DS1; 2DL5; Haplotyp B
Suszeptibilität
IDDM
KIR2DS2; HLA-C1
Suszeptibilität
Typ-1-Diabetes
KIR2DS2; HLA-C1 und kein HLA-C2, kein HLA-Bw4
Beschleunigte Krankheitsprogression
Präeklampsie
KIR2DL1 mit weniger KIR2DS (Mutter); HLA-C2 (Kind)
Beschleunigte Krankheitsprogression
AIDS
KIR3DS1; HLA-Bw4Ile80
Verlangsamte Krankheitsprogression
KIR3DS1-Homozygotie; No HLA-Bw4Ile80
Beschleunigte Krankheitsprogression
HCV-Infektion
KIR2DL3-Homozygotie; HLA-C1-Homozygotie
Verlangsamte Krankheitsprogression
Zervikale Neoplasie (HPV-induziert)
KIR3DS1; HLA-C1-Homozygotie und kein HLA-Bw4
Beschleunigte Krankheitsprogression
Malignes Melanom
KIR2DL2 und/oder KIR2DL3; HLA-C1
Beschleunigte Krankheitsprogression
Abkürzungen: HCV = Hepatitis-C-Virus; HLA = humanes Leukozytenantigen; HPV = humanes Papillomavirus; IDDM = insulinabhängiger Diabetes mellitus; KIR = Killer Cell Immunoglobulin-like
Receptor.
Quelle: Nach Diaz-Pena et al: Adv Exp Med Biol 649:286, 2009.
& NEUTROPHILE, EOSINOPHILE, BASOPHILE
Granulozyten sind an nahezu allen Formen von Entzündung beteiligt
und wirken als Effektorzellen und Verstärker von Antworten des angeborenen Immunsystems (Abb. 372e-2 und 372e-3). Eine unkontrollierte Akkumulation und Aktivierung von Granulozyten kann Gewebeschäden zur Folge haben, wie bei der systemischen nekrotisierenden
Vaskulitis, an der neutrophile und eosinophile Granulozyten beteiligt
sind. Granulozyten entstehen aus Stammzellen im Knochenmark. Die
drei Arten von Granulozyten (Neutrophile, Eosinophile und Basophile) gehen aus jeweils unterschiedlichen Vorläuferzellen hervor, die
durch Kolonie-stimulierende Faktoren zur Proliferation angeregt werden (Tab. 372e-7). Nach ihrer terminalen Differenzierung erlauben
die typische Morphologie der Zellkerne und die unterschiedliche Anfärbbarkeit der Zellkerne die histologische Unterscheidung der verschiedenen Arten von Granulozyten.
Neutrophile Granulozyten exprimieren Fc-Rezeptor IIIa für IgG
(CD16) und Rezeptoren für aktivierte Komplementfaktoren (C3b-Rezeptor oder CD35). Durch die Interaktion von Neutrophilen mit opsonisierten Bakterien oder Immunkomplexen kommt es zur Freisetzung von azurophilen Granula, die Myeloperoxidase, Lysozym, Elastase und andere Enzyme enthalten, und spezifischen Granula, die
Laktoferrin, Lysozym, Kollagenase und andere Enzyme enthalten. Außerdem werden an der Zellmembran Superoxidradikale (O2–) gebildet, die mikrobizidielle Wirkung haben. Die Bildung von Superoxidradikalen führt über direkte Gewebeschädigung und eine Schädigung
von Makromolekülen wie Kollagen und DNS zur Entzündung.
Eosinophile exprimieren Fc-Rezeptor II für IgG (CD32) und sind
potente zytotoxische Effektorzellen gegen verschiedene Parasiten. Bei
der experimentellen Infektion mit dem Helminthen Nippostrongylus
brasiliensis sind Eosinophile wesentlich an der Abwehr der Erreger
beteiligt. Gesteuert wird die zytotoxische Aktivität der Eosinophilen
durch Antigen-spezifische T-Helfer-Zellen, die IL-4 und IL-5 produzieren. Dieses Beispiel illustriert, wie Immunantworten des angeborenen Immunsystems durch das adaptive Immunsystem, insbesondere durch Antigen-spezifische T-Zellen, gesteuert und moduliert
werden. Im Zytoplasma von Eosinophilen befinden sich Proteine, wie
Major Basic Protein, Eosinophil Cationic Protein und Eosinophil-de-
rived Neurotoxin, die direkt Gewebeschäden verursachen können und
an der Pathogenese der Organdysfunktionen beim hypereosinophilen
Syndrom beteiligt sind (Kap. 80). Die Granula der Eosinophilen enthalten auch antiinflammatorisch wirkende Enzyme, wie Histaminase,
Arylsulfatase und Phospholipase D und sind damit an der homöostatischen Regulation und Beendigung von Entzündungen beteiligt.
Basophile und Mastzellen enthalten große Mengen präformierter
Zytokine, wie Interleukin-4 (IL-4) und können nach ihrer Aktivierung
weitere Zytokine und andere Mediatoren produzieren. Sie besitzen verschiedene Toll-like-Rezeptoren und können deswegen direkt durch Viren oder Bakterien aktiviert werden. Mastzellen und Basophile können
auch über die Bindung pathogenspezifischer Antikörper an der Immunabwehr beteiligt sein. Dies ist ein besonders wichtiger Mechanismus bei der Abwehr von Parasiten. Basophile exprimieren hochaffine
Rezeptoren für IgE (FcεRII; CD23). Wenn an solche Rezeptoren gebundenes IgE durch die Bindung von Antigenen kreuzvernetzt wird,
kommt es zur Aktivierung dieser Zellen und zur Ausschüttung von
Histamin, Eosinophil Chemotactic Factor of Anaphylaxis und Neutral
Protease, jeweils wichtigen Mediatoren der allergischen Reaktion von
Soforttyp (Anaphylaxie; Tab. 372e-11). Zusätzlich exprimieren Basophile Komplementrezeptoren (für C3a und C5a), über deren Aktivierung auch direkt die Ausschüttung dieser Mediatoren ausgelöst werden kann. Basophile können daher, wie fast alle anderen Zellen des
Immunsystems auch, neben ihrer Rolle an der Abwehr von Pathogenen auch durch eine ungesteuerte Aktivierung und Mediatorfreisetzung an der Pathogenese von allergischen und entzündlichen Erkrankungen beteiligt sein. Auf die Rolle von Mastzellen wird im Kapitel
376 näher eingegangen.
& KOMPLEMENTSYSTEM
Als Komplementsystem, eine bedeutende humorale Komponente des
angeborenen Immunsystems, bezeichnet man eine Reihe von Plasmaenzymen, regulatorischer und anderer Proteine, die kaskadenartig aktiviert werden, was letztendlich zur Zelllyse führt. Es gibt drei Hauptwege des Komplementsystems: den klassischen Aktivierungsweg, der
durch Antigen/Antikörper-Komplexe aktiviert wird, den MBL-Aktivierungsweg (gehört zur Familie der Kollektine, Tab. 372e-3), der
Suttorp et al., Harrisons Innere Medizin (ISBN 978-3-940615-50-3), © 2016 ABW Wissenschaftsverlag
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372e-15
Teil 15
Erkrankungen des Immunsystems, des Bindegewebes und der Gelenke
TABELLE 372e-11 Aus humanen Mastzellen und basophilen Granulozyten freigesetzte Mediatoren
Mediator
Wirkung
Histamin
Kontraktion der glatten Muskulatur, Erhöhung der Gefäßpermeabilität
Langsam reagierende Substanzen der Anaphylaxie (SRSA, Slow-reacting
Substance of Anaphylaxis; z. B. Leukotrien C4, D4, E4)
Kontraktion der glatten Muskulatur
Eosinophil Chemotactic Factor of Anaphylaxis (ECF-A)
Chemoattraktion von Eosinophilen
Plättchenaktivierender Faktor
Aktivierung von Thrombozyten zur Freisetzung von Serotonin und anderen Mediatoren:
Kontraktion der glatten Muskulatur; Erhöhung der vaskulären Permeabilität
Neutrophiler chemotaktischer Faktor (NCF)
Chemoattraktion von Neutrophilen
Leukotaktische Aktivität (Leukotrien B4)
Chemoattraktion von Neutrophilen
Heparin
Antikoagulans
Basophiles Kallikrein der Anaphylaxie (BK-A)
Spaltet Kininogen zur Bildung von Bradykinin ab
A
Inhibitorischer Rezeptor
Keine
MHC-Klasse I
Keine Antwort
Keine aktivierenden Liganden
Zielzelle
NK
Aktivierender Rezeptor
B
MHC-Klasse I
Keine Antwort
Keine aktivierenden Liganden
NK
Zielzelle
C
Keine
MHC-Klasse I
NK-Zellen greifen
Zielzellen an
Aktivierende
Liganden
NK
Zielzelle
D
MHC-Klasse I
Aktivierende
Liganden
NK
Zielzelle
Ergebnis hängt
von der Signalintegration durch
die NK-Zelle ab
Abbildung 372e-4 Antigenerkennung von NK-Zellen: mögliche Ziele und Konsequenzen. Das Ausmaß der Aktivierung und die inhibitorischen Rezeptoren auf den NKZellen sowie die Anzahl der Liganden auf der Zielzelle und die qualitativen Unterschiede
der Signaltransduktion bestimmen die Stärke der NK-Reaktion. A. Zielzellen ohne MHCKlasse I und aktivierende Liganden können von den NK-Zellen nicht abgetötet werden.
B. Zielzellen mit Selbst-MHC können von den NK-Zellen nicht getötet werden. C. Infizierte
Zielzellen mit herabreguliertem MHC, die aktivierende Liganden exprimieren, können von
NK-Zellen getötet werden. D. Wenn die NK-Zellen auf eine Zielzelle mit Selbst-MHC und
aktivierenden Rezeptoren treffen, hängt das Ergebnis der Antigenerkennung durch die
NK-Zelle von dem Gleichgewicht zwischen inhibitorischen und aktivierenden Signalen für
die NK-Zelle ab. MHC = Major Histocompatibility Complex; NK = natürliche Killerzellen.
(Nach Lanier; mit frdl. Genehmigung von Annual Reviews Inc. Copyright 2011 by Annual
Reviews Inc.)
durch Pathogene mit terminalen Mannosegruppen aktiviert wird,
und den alternativen Aktivierungsweg, der durch Pathogene oder Tumorzellen aktiviert wird. Diese drei unterschiedlichen Aktivierungswege münden im gemeinsamen terminalen Aktivierungsweg, der
über die Bildung eines Membran-Attacken-Komplexes in der Lyse
von Zielzellen endet (Abb. 372e-5). Die Enzyme der Komplementkaskade gehören zu den Serinproteinasen.
Die Aktivierung des klassischen Aktivierungsweges über die Bindung von C1q an Immunkomplexe, die Antigen-spezifische Antikör-
372e-16
per enthalten, ist ein klassisches Beispiel einer Verbindung zwischen
adaptivem und angeborenem Immunsystem. Der alternative Aktivierungsweg ist von Antikörpern unabhängig und wird durch die direkte
Bindung von C3 an Pathogene oder „alteriertes Selbst“, wie es beispielsweise bei Tumorzellen auftritt, aktiviert. Bei der IgA-Nephropathie, einer Form der Glomerulonephritis, kommt es zu einer Aktivierung des alternativen Aktivierungsweges durch IgA, die dann zu
einer glomerulären Schädigung mit konsekutiver Nierenfunktionseinschränkung führt. Die Aktivierung des klassischen Aktivierungsweges
über C1, C4 und C2 und des alternativen Weges durch C3, Faktor D
und Faktor B führt zur Spaltung und damit zur Aktivierung von C3.
Fragmente von C3, die durch die Aktivierung dieses Moleküls entstehen und an Oberflächen von Bakterien oder anderen Fremdantigenen
gebunden werden, sind wichtig für die Opsonisierung (Beladung von
Oberflächen mit Antikörpern und Komplement) und damit für eine
verbesserte Phagozytose. Der MBL-Aktivierungsweg ist im Prinzip
mit dem klassischen Aktivierungsweg vergleichbar, wobei die MBLassoziierten Serin-Proteasen (MASP) 1 und 2 den Komplex aus C1q,
C1r und C1s für die Aktivierung von C4 ersetzen. Der MBL-Weg
wird durch die Bindung von Mannose-bindendem Lektin (MBL) an
Mannosegruppen auf der Oberfläche von Bakterien und Viren aktiviert.
Die drei Wege der Komplementaktivierung laufen alle im gemeinsamen terminalen Aktivierungsweg zusammen. Durch die Spaltung
von C3 durch die einzelnen Aktivierungswege kommt es zur Aktivierung von C5, C6, C7, C8 und C9 und dadurch zur Bildung des Membran-Angriffs-Komplexes, der über die Bildung einer Pore in der
Membran von Zielzellen oder Bakterien zu deren Lyse führt.
Das Komplementsystem ist eine wichtige Komponente des angeborenen Immunsystems zur Abwehr von Infektionen. Die funktionellen
Konsequenzen einer Aktivierung des Komplementsystems durch die
drei unterschiedlichen Aktivierungswege und den gemeinsamen terminalen Aktivierungsweg sind in Abbildung 372e-5 zusammengefasst. Generell kommt es durch die bei der Komplementaktivierung
entstehenden Spaltprodukte der Komplementproteine zu einem verbesserten Abbau von Mikroorganismen oder geschädigten Zellen
(C1q, C4, C3), zur Aktivierung und Aufrechterhaltung von entzündlichen Vorgängen (Anaphylatoxine, C3a, C5a) und zur direkten Lyse
von Mikroorganismen durch den Membran-Angriffskomplex.
ZYTOKINE
Zytokine sind lösliche Proteine, die von einer Vielzahl von Zellen produziert werden können (Tab. 372e-7 bis 372e-9). Sie spielen sowohl
bei der angeborenen als auch bei der adaptiven Immunität eine wichtige Rolle und eine gestörte Expression kann daher an Autoimmunerkrankungen, Entzündungen und Infektionskrankheiten beteiligt sein.
Zytokine regulieren das Wachstum, die Entwicklung und die Aktivierung von Immunzellen und sind an entzündlichen Erkrankungen
beteiligt. Generell ist die Wirkung vieler Zytokine funktionell redundant, d. h., verschiedene Zytokine haben die gleiche Funktion. Zusätzlich wirken Zytokine pleiotrop, können also viele verschiedene Zelltypen beeinflussen. Diese Pleiotropie beruht auf der Expression von
Zytokinrezeptoren für dasselbe Zytokin auf verschiedenen Zellen und
führt zur Bildung so genannter Zytokinnetzwerke. Zytokine können
entweder autokrin wirken, wenn die Zielzelle dieselbe Zelle ist, die
Suttorp et al., Harrisons Innere Medizin (ISBN 978-3-940615-50-3), © 2016 ABW Wissenschaftsverlag
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Einführung in das Immunsystem
Klassischer
Aktivierungsweg
Antigen-/AntikörperKomplex
Mannose-bindender
LektinAktivierungsweg
Erreger mit terminalen
Mannose-Gruppen
Alternativer
Aktivierungsweg
Bakterien, Pilze, Viren
oder Tumorzellen
MBL-MASP1-MASP2
C3 (H2O)
C1q-C1r-C1s
C4
B
C4
D
C2
C2
P
Anaphylatoxin
Beseitigung von
Immunkomplexen
C3
C3b
Beseitigung apoptotischer Zellen
Terminaler
Aktivierungsweg
C5
C6
Opsonin
Lymphozytenaktivierung
Anaphylatoxin
C7
C8
poly-C9
Lyse der Zelle
Zerstörung der Zellmembran
Abbildung 372e-5 Die vier Aktivierungswege und die Effektormechanismen des
Komplementsystems. Die gestrichelten Pfeile bezeichnen die jeweiligen Effektorfunktionen der einzelnen Komplementkomponenten. (Nach Morley und Walport: The Complement Facts Books. London, Academic Press, 2000, Chap. 2; mit frdl. Genehmigung,
Copyright Academic Press, London 2000.)
das Zytokin produziert, oder parakrin, wenn die Zielzelle in unmittelbarer Nähe ist, oder endokrin, wenn das Zytokin in die Zirkulation
sezerniert wird und entfernt vom Ursprungsort wirkt.
Zytokine werden entsprechend ihren mutmaßlichen Zielzellen oder
ihrer Funktion benannt. Die Zytokine, die bevorzugt auf Leukozyten
wirken, werden als Interleukine bezeichnet (IL-1, -2, -3 usw.). Viele
Zytokine, von denen ursprünglich angenommen wurde, dass sie nur
eine bestimmte Funktion haben, haben diesen Namen behalten (z. B.
Granulozyten-Kolonie-stimulierender Faktor oder G-CSF). Zytokine
lassen sich in drei strukturell unterschiedliche Gruppen einteilen: die
Hämatopoetin-Familie, die TNF-, IL-1-, Platelet-derived-GrowthFactor(PDGF)- und die Transforming-Growth-Factor(TGF)-Familie
sowie die Familien der CXC- und CC-Chemokine (Tab. 372e-9).
Chemokine sind Zytokine, welche die Motilität und Migration von
Zellen steuern. Sie besitzen eine ganz bestimmte dreidimensionale
Struktur und ihre Wirkung wird über G-Protein-gekoppelte Rezeptoren vermittelt. IL-8 (CXCR8) ist das einzige Chemokin, das ursprünglich als Interleukin bezeichnet wurde (Tab. 372e-7).
Zytokine vermitteln ihre Effekte über die Aktivierung von Genen,
die für die zelluläre Aktivierung, die Expression von funktionell wichtigen Oberflächenmolekülen und für die Effektorfunktionen der jeweiligen Zellen verantwortlich sind. Deswegen sind Zytokine essenziell
für die Regulation von Immunantworten und damit für die Pathogenese mehrerer Erkrankungen. So lassen sich T-Helfer-Zellen anhand ihres Zytokinmuster in funktionell unterschiedliche Subpopulationen
einteilen, die entweder zellulär vermittelte Immunantworten (TH1)
oder humorale Immunantworten (TH2) steuern. Ein dritter T-Helferzell-Typ ist die TH17-Zelle, die insbesondere an der Abwehr von extrazellulären Bakterien und Pilzen beteiligt ist (Tab. 372e-2).
Aufgrund der Ähnlichkeiten in den extrazellulären Aminosäurensequenzen und konservierten strukturellen Domänen lassen sich Zytokinrezeptoren in fünf Gruppen einteilen. Als Immunglobulin(Ig)-Superfamilie werden viele verschiedene sezernierte und Oberflächenmoleküle zusammengefasst. Die IL-1-Rezeptoren (Typ 1, Typ 2) sind
Beispiele für Zytokinrezeptoren mit extrazellulären Ig-Domänen.
Charakteristisch für die Familie der Hematopoietic-Growth-Factor(Typ 1)-Rezeptoren ist, dass die extrazelluläre Region jedes Rezeptors
zwei konservierte Motive enthält. Das N-terminale Motiv enthält viele
Cystein-Reste. Das andere Motiv befindet sich am C-Terminus proximal der Transmembranregion und besteht aus fünf Aminosäuren,
372e
nämlich Tryptophan-Serin-X-Tryptophan-Serin (WSXWS). Diese
Gruppe kann anhand der Anzahl der Rezeptoruntereinheiten und von
mehreren Zytokinrezeptoren gemeinsam benutzten Untereinheiten
weiter unterteilt werden. Mehrere Zytokinrezeptoren (z. B. für IL-6,
IL-11, IL-27 und Leukemia Inhibitory Factor) benutzen gp130 als gemeinsame Untereinheit. Die Rezeptoren für IL-3, IL-5 und Granulocyte-Macrophage Colony-stimulating Factor (GM-CSF) besitzen eine gemeinsame, 150-kDa-schwere Untereinheit. Die γ-Kette (Common
Gamma Chain; γc) des IL-2-Rezeptors ist eine Untereinheit, die man
auch bei den Rezeptoren für IL-4, IL-7, IL-9 und IL-15 findet. Der jeweilige Zytokinrezeptor ist also für die Liganden-spezifische Bindung
des jeweiligen Zytokins verantwortlich, während die gemeinsamen
Untereinheiten wie gp130, die 150-kDa-Untereinheit und die gemeinsame γc für die Signaltransduktion verantwortlich sind. Das Gen für
die γc befindet sich auf dem X-Chromosom und Mutationen in diesem
Protein können ursächlich für das Krankheitsbild der X-linked Form
of severe combined immune deficiency Syndrome (X-SCID; X-chromosomaler schwerer kombinierter Immundefekt; Kap. 374) sein.
Die Interferon-Rezeptor-Familie besteht aus den Rezeptoren für
IFN-γ und IFN-β, die beide eine die gleichen 210 Aminosäuren umfassende Bindungsdomäne haben. Diese besitzen jeweils am Aminound am C-terminalen Ende konservierte Paare von Cystein-Resten.
Alle Rezeptoren der TNF-Rezeptor-Familie (Typ 3) besitzen eine gemeinsame Bindungsdomäne mit repetitiven Cystein-reichen Regionen. Mitglieder dieser Familie sind unter anderem die p55- und p75Rezeptoren für TNF (TNF-Rezeptor 1 und 2) sowie CD40, das ein
wichtiges Oberflächenmolekül auf B-Zellen ist und beim Isotypenswitch von Immunglobulinen beteiligt ist. Weitere Vertreter sind Fas/
Apo-1, welches an der Induktion von Apoptose beteiligt ist, CD27
und CD30, die von aktivierten T-Zellen exprimiert werden, und der
Rezeptor für Nerve Growth Factor.
Das gemeinsame Motiv der Sieben-Helix-Transmembranrezeptoren
wurde ursprünglich in GTP-bindenden Protein-gekoppelten Rezeptoren beschrieben. Zu dieser Familie gehören die Chemokinrezeptoren
(Tab. 372e-8), β-adrenerge Rezeptoren und retinales Rhodopsin. Zwei
Chemokinrezeptoren, CXC-Chemokin-Rezeptor 4 (CXCR4) und der
β-Chemokin-Rezeptor 5 (CCR5) sind hier besonders erwähnenswert,
da diese als Korezeptoren für die Bindung und das Eindringen von
HIV in CD4-positive Wirtszellen dienen (Kap. 226).
Bedeutende Fortschritte wurden bei der Aufklärung der Signalübertragungswege gemacht, durch die Zytokine ihre intrazellulären Effekte
vermitteln. Eine Gruppe von Tyrosinkinasen, die so genannte JanusKinase-Familie (JAK), ist ein zentrales Element bei der Signaltransduktion über Rezeptoren für Zytokine der Hämatopoetinfamilie. Vier
Janus-Kinasen (JAK1, JAK2, JAK3 und Tyk2) binden bevorzugt an
bestimmte unterschiedliche Untereinheiten von Zytokinrezeptoren.
Die Bindung der Zytokine an den jeweiligen Rezeptor bringt die Untereinheiten in enge Nachbarschaft, wodurch sich ein Paar von JanusKinasen gegenseitig transphosphorylieren und dadurch aktivieren
kann. Die aktivierten Janus-Kinasen phosphorylieren dann Tyrosinreste am Zytokinrezeptor selbst, wodurch dann weitere Signaltransduktionsmoleküle gebunden und phosphoryliert werden können. Die
Bindung dieser Adaptorproteine erfolgt über Domänen, mit denen sie
an phosphorylierte Tyrosinreste binden können (SH2- oder src2-homology-Domäne). Es gibt eine ganze Reihe solcher Signalingmoleküle, wie beispielsweise SHC, über das der Mitogen-aktivierte Proteinkinase(MAP-Kinase)-Signalweg aktiviert wird. Eine weitere Gruppe
wichtiger Substrate für Janus-Kinasen sind Transkriptionsfaktoren
(Signal Transducer and Activators of Transcription; STAT). STATs besitzen SH2-Domänen, mit denen sie an phosphorylierte Zytokinrezeptoren binden können und dann selbst von Janus-Kinasen phosphoryliert werden. Die STAT-Proteine besitzen offensichtlich eine gewisse Spezifität für verschiedene Rezeptor-Untereinheiten. Nach ihrer
Bindung dissoziieren die STAT-Moleküle vom Rezeptor und bewegen
sich in den Zellkern. Dort binden sie an bestimmte DNS-Motive und
regulieren die Genexpression. Da die verschiedenen STAT-Proteine
vorzugsweise an unterschiedliche DNS-Abschnitte binden, können sie
die Transkription ganz bestimmter Gene regulieren. Eine besondere
Rolle spielt dieser Signaltransduktionsweg bei der Entwicklung von
Lymphozyten: So führen Mutationen von JAK3 zu einem Krankheitsbild, das klinisch identisch mit dem X-SCID ist. Da das Gen für JAK3
auf dem Chromosom 19 und nicht auf dem X-Chromosom liegt,
kann diese Erkrankung sowohl bei Jungen als auch bei Mädchen auftreten (Kap. 374).
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372e-17
Teil 15
Erkrankungen des Immunsystems, des Bindegewebes und der Gelenke
DAS ADAPTIVE IMMUNSYSTEM
Die adaptive Immunabwehr ist gekennzeichnet durch eine Antigenspezifische Antwort auf Fremdantigene oder Pathogene. Eine der
wichtigsten Eigenschaften des adaptiven Immunsystems ist, dass nach
dem initialen Antigenkontakt (immunologisches Priming) bei einem
erneuten Kontakt mit dem gleichen Antigen eine schnellere und stärkere Immunantwort entsteht (immunologisches Gedächtnis). Das
adaptive Immunsystem vermittelt sowohl zelluläre als auch humorale
Immunantworten, wobei T-Lymphozyten Träger der zellulären Immunabwehr sind, während B-Zellen und die von ihnen produzierten
Antikörper Träger der humoralen Immunabwehr sind. Sowohl T- als
auch B-Lymphozyten gehen aus hämatopoetischen Stammzellen hervor (Abb. 372e-6).
Die Verteilung von immunkompetenten Zellen in den jeweiligen
Geweben und der relative Anteil der einzelnen Subpopulationen hängen vom Migrations- und Homingverhalten sowie den funktionellen
Eigenschaften der jeweiligen Zellen ab. Im Knochenmark entstehen
aus pluripotenten Stammzellen unter dem Einfluss verschiedener Kolonie-stimulierender Faktoren alle hämatopoetischen Zellen. Während B-Lymphozyten, Monozyten/Makrophagen, dendritische Zellen
und Granulozyten im Knochenmark ausreifen, verlassen T-Zell-Vorläufer, die auch aus pluripotenten Stammzellen entstehen, das Knochenmark und reifen im Thymus aus. Knochenmark und Thymus
werden daher auch als primäre lymphatische Organe bezeichnet. Reife T- und B-Lymphozyten sowie Monozyten und dendritische Zellen
verlassen die primär-lymphatischen Organe und wandern in die sekundären lymphatischen Organe, wie Milz, Lymphknoten, MALT
(Mucosa Associated Lymphoid Tissue) und die peripheren Gewebe
(z. B. Haut, Schleimhäute).
& T-ZELLEN
Der periphere T-Zell-Pool entsteht relativ früh im Leben und wird
während des gesamten Lebens durch die Neuproduktion von T-Zellen
im Thymus und durch die durch Kontakt zu Antigenen ausgelöste
Proliferation und Differenzierung von naiven T-Zellen zu Gedächtnis-T-Zellen in den sekundären lymphatischen Organen aufrechterhalten. Während des gesamten Lebens verlassen ungefähr 2 % der
Thymozyten den Thymus täglich als reife T-Zelle, wobei die Gesamtzahl dieser Zellen in den ersten 4 Lebensjahrzehnten jährlich um etwa
3 % absinkt.
Reife T-Zellen machen beim Gesunden ungefähr 70–80 % der Lymphozyten des peripheren Blutes (wobei sich nur etwa 2 % aller Lymphozyten im Blut befinden) sowie 90 % der Lymphozyten im Ductus
thoracicus, 30–40 % aller Lymphknotenzellen und 20–30 % der mononukleären Zellen der Milz aus. In den Lymphknoten befinden sich
die T-Zellen im Parakortex und umgeben somit die Keimzentren, in
denen sich die B-Zellen befinden. In der Milz befinden sich die T-Zellen im periarteriolaren Anteil der weißen Pulpa (Kap. 79). T-Lymphozyten sind die Effektorzellen der zellulären Immunantwort. Eine
Subpopulation, die CD8+-zytotoxischen T-Zellen, sind auf die ZerstöThymusmedulla
und periphere T-Zellen
Pro-T
Pro-T
Prä-T
CD34+
CD7lo+ oder -
CD34+
α,β-Keimbahn
α,β-Keimbahn
Hämatopoetische
Stammzelle
CD7
CD2
cCD3
α-Keimbahn
β-V-DJ Rekombiniert
Reife T
Unreife T
CD7
CD2
cCD3, TCRαβ
CD4
CD7
CD2
cCD3, TCRαβ
CD1
CD4, CD8
α-V-J Rekombiniert
β-V-DJ Rekombiniert
Reife T
CD7
CD2
cCD3, TCRαβ
CD8
Reife T
CD7
CD2
cCD3, TCRγδ
CD8
CD34+
Frühe
Pro-B-Zelle
Späte
Pro-B-Zelle
Große
Prä-B-Zelle
Kleine
Prä-B-Zelle
Reife
B-Zelle
Unreife
B-Zelle
IgM
IgM
SchwerDJ
ketten-Gen Rekombiniert
VDJ
Rekombiniert
VDJ
Rekombiniert
VDJ
Rekombiniert
VDJ
Rekombiniert
VDJ
Rekombiniert
LeichtKeimbahn
ketten-Gen
Keimbahn
Keimbahn
VDJ
Rekombiniert
VDJ
Rekombiniert
VDJ
Rekombiniert
Oberflächen-Ig
Nicht
exprimiert
Nicht
exprimiert
μ-Schwerkette
auf der Oberfläche als Teil
des Prä-BZell-Rezeptors
μ-Schwerkette IgM wird auf der
im Zytoplasma Zelloberfläche
exprimiert
und auf der
Oberfläche
Oberflächenmarker
CD34
CD10
CD19
CD38
CD10
CD19
CD20
CD38
CD40
CD19
CD20
CD38
CD40
CD19
CD20
CD38
CD40
CD19
CD20
CD40
IgD und IgM
entstehen
durch alternatives Spleißen der Transkripte für
schwere Kette
CD19
CD20
CD21
CD40
Abbildung 372e-6 Entwicklungsstadien von T- und B-Zellen. Die Einteilung der verschiedenen B-Zell-Entwicklungsstadien erfolgt anhand der Rekombination der Gene der leichten (L) und der schweren (H) Ketten der Immunglobuline (Ig) sowie der Expression bestimmter Oberflächenmoleküle. (Nach: JA Janeway et al [eds]: Immunbiology: The Immune System
in Health and Disease. 4th ed, New York, Garland 1999, mit frdl. Genehmigung.)
372e-18
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Einführung in das Immunsystem
rung virusinfizierter oder körperfremder Zellen spezialisiert, die andere besteht aus CD4+-T-Zellen, die die Reifung der CD8+-T-Zellen
und B-Zellen unterstützen. Während solche Effektorzellen relativ
kurzlebig sind, entstehen im Verlauf von T-Zell-Antworten auch langlebige Gedächtniszellen, die man in zwei Populationen unterteilen
kann. Effektor-Gedächtniszellen, die sich in nicht lymphatischen Organen befinden, können sehr schnell mit Zytokinproduktion und zytotoxischen Effektorfunktionen auf einen wiederholten Pathogenkontakt reagieren. Zentrale Gedächtniszellen dagegen befinden sich in
den lymphatischen Organen und können von dort den T-Zell-Pool,
bestehend aus kurz- und langlebigen sowie Effektor-Gedächtniszellen,
aufrechterhalten.
CD4-positive T-Helfer-Zellen sind essenziell für die Regulation von
T- und B-Zell-Antworten sowie von Monozyten/Makrophagen. Diese
Regulation erfolgt über Zell-Zell-Kontakte und Zytokine (Abb. 372e2). Darüber hinaus regulieren T-Helfer-Zellen die Reifung von Erythrozytenvorläufern im Knochenmark und wirken über CD40/CD40Ligand-Interaktionen an der Aktivierung von B-Zellen und, in Kombination mit Zytokinen, beim Klassenwechsel mit. Es gibt nun Hinweise darauf, dass die Kommensalen des Darmtrakts für die funktionelle Entwicklung des peripheren CD4+-T-Zell-Kompartiments bei
Kindern und Erwachsenen von Bedeutung sind.
Die T-Zellen des Menschen exprimieren Oberflächenmoleküle, die
charakteristisch für bestimmte intrathymische Entwicklungsstadien
oder funktionelle Subpopulationen reifer T-Zellen sind. Viele diese
Moleküle sind an der Regulation der T-Zell-Funktion beteiligt
(Tab. 372e-1, Abb. 372e-6).
Der früheste identifizierbare T-Zell-Vorläufer im Knochenmark ist
die CD34-positive Pro-T-Zelle, in der noch keine Rekombination der
Gene für die TCR-Ketten stattgefunden hat, die demzufolge daher
auch nicht exprimiert werden. Nach ihrer Einwanderung in den Thymus beginnen diese T-Zell-Vorläufer mit der zytoplasmatischen (c)
Expression von TCR-assoziierten Molekülen des CD3-Komplexes
(Abb. 372e-6). Die Rekombination der Gene für den T-Zell-Rezeptor
(TCR) in den T-Zell-Vorläufern führt zu zwei verschiedenen T-ZellPopulationen, die entweder einen T-Zell-Rezeptor aus einer αβ-Kette
oder aus einer γδ-Kette besitzen. T-Zellen mit einem αβ-TCR stellen
den Hauptteil der T-Lymphozyten im peripheren Blut, Lymphknoten
und Milz und differenzieren sich entweder in CD4-positive oder
CD8-positive Zellen. T-Zellen mit einem γδ-TCR befinden sich als
kleine Subpopulation im Blut und in Epithelien. Obwohl ihre Funktion noch nicht genau verstanden ist, wird angenommen, dass sie eine
Überwachungsfunktion an epithelialen Oberflächen wahrnehmen sowie über die Erkennung bakterieller Lipide an der Abwehr von Mykobakterien und anderen intrazellulären Erreger beteiligt sind.
T-Zell-Rezeptoren erkennen Peptide, die an MHC-Moleküle gebunden sind. Die MHC-Moleküle des Menschen sind polymorph,
d. h., es existieren in der Population viele verschiedene Allele, von denen jeweils nur einzelne im Individuum exprimiert werden
(Kap. 373e). Dieser Polymorphismus und die Tatsache, dass die Rekombination der Gensegmente für die T-Zell-Rezeptoren zufällig erfolgt, machen es erforderlich, dass das Repertoire von T-Zell-Rezeptoren individuell auf die vorhandenen MHC-Allele angepasst oder selektioniert wird. Diese Selektionsprozesse erfolgen im Thymus, wo
Thymusepithelzellen, Makrophagen und dendritische Zellen Selbstantigene im Kontext mit MHC-Molekülen präsentieren. Einerseits
wird sichergestellt, dass die durch Rekombination entstandenen TZell-Rezeptoren überhaupt mit körpereigenen MHC-Molekülen interagieren können (positive Selektion) und andererseits werden TZellen mit T-Zell-Rezeptoren mit hoher Affinität für Autoantigene
eliminiert (negative Selektion). Dieser Prozess findet statt, wenn unreife kortikale Thymozyten erstmals auf der Zelloberfläche einen TZell-Rezeptor exprimieren, und hat zur Folge, dass nur Thymozyten,
die in der Lage sind, mit den körpereigenen MHC-Molekülen zu interagieren und die dabei nicht autoreaktiv sind, weiter ausreifen können. Die Elimination der autoreaktiven T-Zellen erfolgt über Apoptose, während die T-Zellen, die nicht mit MHC-Molekülen interagieren
können, keine Überlebenssignale erhalten, also einen „Tod durch Vernachlässigung“ erleiden. Reife Thymozyten, die positiv selektioniert
wurden, sind entweder CD4-positive T-Helfer-Zellen oder MHC-IIrestringierte Killerzellen oder MHC-I-restringierte zytotoxische TZellen. MHC-Klasse-I- oder -II-Restriktion bedeutet hierbei, dass die
T-Zellen nur Peptide erkennen, die in der antigenbindenden Grube
von MHC-Klasse-I- oder -II-Molekülen gebunden sind (Kap. 373e).
372e
Nach der Selektion und Reifung der Thymozyten verlassen diese
als CD4-positive oder CD8-positive Zelle den Thymus und besiedeln
das periphere Immunsystem. Zeitlebens trägt der Thymus zur Aufrechterhaltung des peripheren T-Zell-Pools bei, sowohl beim Gesunden als auch bei einer Alteration, wie sie beispielsweise im Rahmen
einer HIV-Infektion oder Chemotherapie stattfindet.
Molekulare Mechanismen der Antigenerkennung
Der Antigenrezeptor von T-Zellen ist ein komplexes Molekül, das aus
dem antigenbindenden Heterodimer entweder aus einer αβ- oder γδKette besteht, die nicht kovalent mit den fünf Untereinheiten des
CD3-Komplexes (γ, δ, ε, ζ und η) assoziiert ist (Abb. 372e-7). Die
CD3-ζ-Ketten sind entweder über Disulfidbrücken verbundene Homodimere (CD-3ζ2) oder Heterodimere aus einer ζ- und einer η-Kette. TCR-αβ- oder -γδ-Ketten müssen mit dem CD3-Komplex assoziiert sein, um auf der Zelloberfläche exprimiert zu werden. Dabei wird
TCR-α mit TCR-β gepaart und TCR-γ mit TCR-δ. Der CD3-Komplex
ist notwendig für die Signalübertragung, während die beiden Ketten
des T-Zell-Rezeptors für die Antigenerkennung verantwortlich sind.
Die α-, β-, γ- und δ-Ketten des T-Zell-Rezeptors weisen Sequenzhomologien und strukturelle Ähnlichkeiten zu den leichten und schweren Ketten von Immunglobulinen auf und sind Moleküle der Immunglobulin-Gen-Superfamilie. Die Gene für die Ketten des T-Zell-Rezeptors (TCR) liegen als Gruppe von Gensegmenten in der Keimbahn vor
und werden während der T-Zell-Entwicklung rekombiniert. Dadurch
ist es möglich, mit einer relativ begrenzten Anzahl von Genen eine ungeheure Vielzahl unterschiedlicher T-Zell-Rezeptoren zu generieren.
Die Gensegmente für die TCR-α-Kette befinden sich auf dem Chromosom 14 und bestehen aus einer Reihe von V(variabel)-, J(joining)und C(constant)-Segmenten. Der Gencluster für die TCR-β-Kette befindet sich auf dem Chromosom 7 und besteht aus verschiedenen V-,
D(diversity)-, J- und C-Segmenten. Die Gensegmente für die TCR-γ
und -δ-Ketten befinden sich auch auf dem Chromosom 7 beziehungsweise auf dem Chromosom 14 inmitten des Genclusters für die TCRα-Kette. Die T-Zell-Rezeptor-Ketten enthalten also konstante Anteile
(aus C-Segmenten) und variable Anteile (aus V-, D-, J-Segmenten).
Die Rekombination der jeweiligen Gensegmente und die Expression
des rekombinierten Genproduktes finden im Thymus statt. Sowohl bei
T- als auch bei B-Zell-Vorläufern sind an der Rekombination der DNS
die gleichen Enzyme, Rekombinase-aktivierendes Gen (RAG) 1 und 2
(DNS-abhängige Proteinkinasen) beteiligt.
Die Diversität der T-Zell-Rezeptoren entsteht durch die vielen
möglichen Kombinationen der verschiedenen V-, D- und J-Gensegmente für eine einzelne Kette (Diversität durch Rekombination). Bei
der Rekombination der Gensegmente werden zur Bildung homologer
Enden noch zusätzliche Nukleotide in die Verbindungstellen der Gensegmente eingefügt (junktionale Diversität). Zusätzlich kann sich jede
entstehende TCR-α-Kette mit jeder β-Kette einem funktionellen TCR
bilden (kombinatorische Diversität). Während der Reifung der T-Zellen im Thymus wird dann das zufällig entstandene TCR-Repertoire
modifiziert, indem T-Zellen mit einer mittleren Affinität zum MHC/
Selbst-Peptid proliferieren und weiter ausreifen, während T-Zellen
mit einer zu geringen Affinität zum MHC durch Vernachlässigung
(keine Überlebenssignale) absterben. T-Zellen mit einer hohen Affinität, also autoreaktive T-Zellen, werden zum größten Teil durch Apoptose eliminiert (zentrale immunologische Toleranz).
αβ-T-Zellen erkennen grundsätzlich keine nativen Proteine oder
Kohlenhydratantigene, sondern kurze (ungefähr 9–13 Aminosäuren
lange) Peptidfragmente, die von Antigen-präsentierenden Zellen aufgenommen oder produziert wurden. Fremdantigene können durch
Endozytose in intrazelluläre Vesikel oder durch Phagozytose aufgenommen werden und werden dort zu Peptidfragmenten abgebaut,
die sich an MHC-II-Moleküle binden (exogener Weg der AntigenPräsentation). Andere Fremdantigene entstehen direkt im Zytosol
(z. B. replizierende Viren) und werden zu Peptiden abgebaut, die an
MHC-Klasse-I-Moleküle binden (endogener Weg der Antigen-Präsentation). Die Aufgabe von Antigen-präsentierenden Zellen ist es also, Fremdproteine proteolytisch abzubauen und die Peptidfragmente
dieser Proteine, gebunden von MHC-Molekülen, auf der Zelloberfläche für T-Zellen zu präsentieren. Die relative schwache Bindung des
TCR an MHC-II-Moleküle (HLA-DR, -DP, -DQ) wird durch die direkte Bindung des Korezeptors CD4 am MHC-Molekül verstärkt
(Abb. 372e-7). Die gleiche Aufgabe erfüllt CD8 bei der Bindung des
TCR an MHC-I-Molekülen (HLA-A, -B oder -C).
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372e-19
Teil 15
Erkrankungen des Immunsystems, des Bindegewebes und der Gelenke
Lipid-Raft
LCK
RAS
CD2
CD28
TZR
LFA-1
CD3
Phosphatidyl-Inositol-(4,5)-bisphosphat
ICAM-1
β α
LFA-3
B7-1
APZ
K
IT
DAG
Reorganisation
des Zytoskeletts
ZAP70
SOS
LAT
Kalziumfreisetzung, Translokation
von NFAT in den Zellkern
GRB2
Inositol-(1,4,5)
-trisphosphat
VAV1
PLCγ
NCK
GADS
PKC
RASGRP
HPK1
Aktivierung von Effektormolekülen
wie NFκB, AP1 und NFAT,
die dann zur Transkription spezifischer Gene und zur Zelldifferenzierung und -proliferation führen
ADAP
Integrin-Aktivierung
MAPK-Aktivierung
Abbildung 372e-7 Signaltransduktion des T-Zell-Rezeptors. Die Aktivierungssignale werden über Immunoreceptor-Tyrosine-based-Activation-motif(ITAM)-Sequenzen vermittelt,
die sich an den Ketten des CD3-Komplexes und LAT befinden. Diese binden und aktivieren dann Enzyme, die über die dargestellten intrazellulären Signalwege die Signale in den
Zellkern weiterleiten. Die Ligation des TCR durch MHC-Peptid-Komplexe führt zu einer sequenziellen Aktivierung der ζ-assoziierten Proteinkinase (ZAP-70). ZAP-70 phosphoryliert
verschiedene Zielproteine, darunter LAT (Linker for Activation of T Cells) und SLP76 (src Homology 2 (SH2) Domain-containing Leukocyte Protein mit einem Molekulargewicht von
76 kDa). SLP76 bindet an membranständiges LAT über seine konstitutive Interaktion mit GADS (GRB2-related Adaptor Protein). SLP76 und LAT bilden gemeinsam den Kern eines
Multimolekül-Komplexes, der eine Reihe intrazellulärer Prozesse wie Kalzium-Flux, MAPK(Mitogen Activated Protein Kinase)-Aktivierung, Integrinaktivierung und zytoskelettale Reorganisation induziert. ADAP = Adhesion- and Degranulation-promoting Adaptor Protein; AP1 = Activator Protein 1; DAG = Diacylgycerol; GRB2 = Growth-Factor-Receptor-bound Protein 2;
HPK1 = Hematopoetic Progenitor Kinase 1; ITK = Interleukin-2-inducible T Cell Kinase; NCK = Non-catalytic Regions of Tyrosine Kinase; NFκB = nukleärer Faktor κB; PKC = Proteinkinase C; PLC = Phospholipase C; RASGRP = RAS Guanyl Releasing Protein; SOS = Son of Sevenless Homologue. (Nach GA Koretzky, F Abtahaian, M Silverman. Nat Rev Immunol
6:67, 2006, mit frdl. Genehmigung von McMillan Publishers.)
Antigene, die im Zytosol entstehen und für den endogenen Weg
der Antigenpräsentation prozessiert werden, werden durch einen zytosolischen Komplex von Proteasen, der als Proteasom bezeichnet
wird, abgebaut. Aus dem Proteasom kommende Peptide werden dann
vom Zytosol in das Lumen des endoplasmatischen Retikulums (ER)
transportiert. Dieser aktive Transport erfolgt mithilfe eines heterodimeren Komplexes, der als Transporter Associated with Antigen Processing (TAP) bezeichnet wird. Im ER assoziieren die Peptide dann
mit den MHC-Klasse-I-Molekülen und gelangen dann über den Golgi-Apparat auf die Zelloberfläche, wo sie von CD8-positiven T-Zellen
erkannt werden können.
Antigene, die aus dem extrazellulären Raum über Endozytose aufgenommen werden, gelangen in intrazelluläre Vesikel mit einem niedrigen pH-Wert (Lysosom) und werden von Proteasen, die sich in diesen Vesikeln befinden, zu Peptiden degradiert. Intrazelluläre Vesikel,
die MHC-Klasse-II-Moleküle enthalten, fusionieren dann mit den Lysosomen, wodurch eine Bindung der Peptide an die MHC-Klasse-IIMoleküle ermöglicht wird. Diese werden dann zur Zelloberfläche
transportiert, wo sie von CD4-positiven T-Zellen erkannt werden
können (Kap. 373e).
Während allgemeine Übereinstimmung darüber besteht, dass der
TCR-αβ-Rezeptor Peptidantigene in Anwesenheit von MHC-Klasse-Ioder -II-Molekülen erkennt, werden Lipide in der Zellwand intrazelluärer Bakterien wie M. tuberculosis einer ganzen Reihe von T-ZellSubpopulationen präsentiert (TCR-γδ-T-Zellen und eine Subpopulation CD8-positiver αβ-T-Zellen. Die Präsentation dieser bakteriellen
Lipidantigene erfolgt jedoch nicht im Kontext von klassischen MHCKlasse-I- oder -II-Molekülen, sondern über die mit den damit verwandten CD1-Molekülen. Manche γδ-T-Zellen, die solche Lipidantigene erkennen, haben ein sehr eingeschränktes TCR-Repertoire, benötigen kein Antigen-Priming und stellen daher eher eine Form der
angeborenen als der adaptiven Immunabwehr dar.
372e-20
Körpereigene Proteine können genauso wie Fremdantigene prozessiert und ihre Peptidfragmente im Kontext mit MHC-I oder -II- Molekülen präsentiert werden. Tatsächlich gibt es im peripheren Immunsystem auch T-Zellen, die diese Antigene erkennen können, aber diese
sind normalerweise anerg oder tolerant, d. h., sie reagieren nicht auf
diesen Antigenkontakt, weil die Präsentation körpereigener Peptide
normalerweise nicht von einer Heraufregulation kostimulatorischer
Moleküle wie B7-1 (CD80) oder B7-2 (CD86) begleitet ist (siehe unten).
Nachdem der T-Zell-Rezeptor am Peptid/MHC-Komplex gebunden hat, wird diese Bindung durch die Interaktionen verschiedener
Adhäsionsmoleküle, wie CD54 mit CD11/CD18 oder CD58 mit CD2,
stabilisiert. Gleichzeitig wird die Expression dieser Adhäsionsmoleküle weiter heraufreguliert (Abb. 372e-7). Nach der Ligation des T-ZellRezeptors kommt es zur Bildung von Lipidmembranmikrodomänen
oder Lipid Rafts in der Zellmembran der T-Zellen, die die für die Signaltransduktion essenziellen Moleküle enthalten. Diese Moleküle sind
unter anderem der Komplex aus TCR und CD3, CD28, CD2, LAT
(Linker for Activation of T Cells), intrazelluläre aktivierte (dephosphorylierte) Protein-Tyrosinkinasen (PTK) aus der src-Familie sowie
die CD3ζ-assoziiertes-Protein-70-PTK (ZAP-70) (Abb. 372e-7).
Während der T-Zell-Aktivierung entfernt sich CD45, ein Protein mit
Phosphotyrosin-Phosphatase-Aktivität, vom TCR/CD3-Komplex,
wodurch aktivierende Anlagerungen von Phosphatgruppen erst ermöglicht werden. Die enge räumliche Anordnung der Signalmoleküle
in Mikrodomänen lässt vermuten, dass sich die Interaktionen zwischen T-Zellen und Antigen-präsentierenden Zellen in einer immunologischen Synapse abspielen, ähnlich wie bei Synapsen im Nervensystem.
Nachdem die Bindung zwischen T-Zell-Rezeptor (TCR) und MHC
stabilisiert ist, werden Aktivierungssignale in den Zellkern übertragen, was dort zur Expression einer Reihe von Genen führt, die für das
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Einführung in das Immunsystem
breite Spektrum von T-Zell-Funktionen notwendig sind. Ein Beispiel
dafür ist die Produktion von IL-2. Der TCR selbst kann keine Signale
ins Innere der Zelle weiterleiten, diese Signaltransduktion erfolgt über
die so genannten ITAMs (Immunoreceptor Tyrosine-based Activation
Motif) an den verschiedenen Ketten des CD3-Komplexes. Diese phosphorylierten ITAMs können dann verschiedene so genannte Adaptorproteine binden und aktivieren, die dann die weitere Signaltransduktion in Gang setzen. Die Bindung des Peptid/MHC-Komplexes an
den TCR induziert die Aktivierung src-Tyrosinkinasen fyn und lck
(lck ist mit CD4- oder CD8-Korezeptoren assoziiert) zur Phosphorylierung der CD3ζ-Kette und zur Aktivierung der Tyrosinkinasen
ZAP-70 und syk. Die distale Signaltransduktion erfolgt über den Kalzium-abhängigen Kalzineurinweg, den ras-Weg und den Proteinkinase-C-Weg. Jeder dieser Signaltransduktionswege führt zur Aktivierung einer spezifischen Familie von Transkriptionsfaktoren (beispielsweise NF-AT, fos und jun sowie rel/NF-κB), die dann wiederum die
Transkription von IL-2, des IL-2-Rezeptors, IL-4, TNF-α und anderer
T-Zell-Mediatoren in Gang setzen.
Zusätzlich zu den Signalen über den TCR/CD3-Komplex und CD4
oder CD8 benötigen T-Zellen so genannte kostimulatorische Signale
über die Interaktion von CD28 mit B7-1 (CD80) oder B7-2 (CD86)
auf Antigen-präsentierenden Zellen. Weitere kostimulatorische Signale werden über ICOS (Inducible Co-stimulator) vermittelt. Eine
Antigenerkennung durch T-Zellen in Abwesenheit dieser kostimulatorischen Signale führt nicht zur Aktivierung der T-Zelle, sondern
zur Induktion von Anergie (siehe unten „Immuntoleranz und Autoimmunität“). CTLA-4 (CD152) bindet wie CD28 an CD80 und
CD86, jedoch mit deutlich höherer Affinität. Außerdem sendet
CTLA-4 im Gegensatz zum CD28 inhibitorische Signale an T-Zellen
im Sinne eines Aus-Schalters.
T-Zell-Erschöpfung bei viralen Infektionen und Malignomen
Bei chronischen viralen Infektionen wie HIV-1 und Hepatitis B und
C sowie bei Tumoren wird die Funktion der T-Zellen durch eine permanente Präsenz des Antigens gestört. Hieraus resultieren Störungen
in der T-Zell-Antwort. Dieses Phänomen wurde als T-Zell-Erschöpfung definiert und ist verknüpft mit der Expression des T-Zell-vermittelten programmed cell-death protein-1 (PD-1; CD279). Erschöpfte T-Zellen haben eine geringere Proliferationsrate und verlieren die
Fähigkeit, Effektormoleküle wie IL-2, TNF-α und INF-γ zu produzieren. PD-1 reguliert die T-Zell-Antwort herunter und wird wesentlich
für die T-Zell-Erschöpfung verantwortlich gemacht. Aus diesem
Grund wird die Hemmung der T-Zell-PD-1-Aktivität zur Verbesserung der T-Zell-Funktion als immunologische Therapieoption sowohl bei Virusinfektionen als auch bei Tumoren erforscht. Neuere
Studien haben deutliche Erfolge der Checkpoint-Inhibitoren z. B. bei
Patienten mit malignem Melanom gezeigt.
T-Zell-Superantigene
Konventionelle Antigene sind in der antigenbindenden Grube der
MHC-Moleküle gebunden und werden über die variablen Anteile beider Ketten des T-Zell-Rezeptors erkannt. Superantigene hingegen binden an den lateralen Anteil des V-Segmentes der TCR-β-Kette sowie
an der β-Kette des MHC-Klasse-II-Moleküls. Diese Bindung erfolgt
also unabhängig von den verwendeten Vα- oder D- und/oder J-Genen. Superantigene sind Proteine, die in der Lage sind, bis zu 20 %
der T-Zellen gleichzeitig zu aktivieren, während konventionelle Antigene weniger als eine von 10.000 T-Zellen aktivieren. T-Zell-Superantigene sind beispielsweise Staphylokken-Enterotoxine und andere
bakterielle Produkte. Beim durch Staphylokokken ausgelösten toxischen Schocksyndrom kommt es durch die Freisetzung von Superantigenen zu einer massiven T-Zell-Aktivierung, deren Zytokine dann
wiederum zu Hypotension und Schock führen (Kap. 172).
& B-ZELLEN
Reife B-Zellen machen beim Gesunden etwa 10–15 % der Lymphozyten des peripheren Blutes, 20–30 % der Lymphknotenzellen, 50 % der
Milzzellen und ungefähr 10 % der Zellen des Knochenmarks aus. BZellen exprimieren auf ihrer Oberfläche membrangebundenes Immunglobulin (surface Ig, sIg), das zusammen mit invarianten Igαund -β-Ketten den Antigenrezeptor der B-Lymphozyten bildet (BZell-Rezeptor, BZR), dessen Eigenschaften mit dem T-Zell-Rezeptor
vergleichbar sind (Abb. 372e-8). Im Gegensatz zu T-Zellen, die nur
prozessierte Antigene in Form von Peptidfragmenten, gebunden an
372e
MHC-I- oder -II-Moleküle auf Antigen-präsentierenden Zellen, erkennen, sind B-Zellen in der Lage, native unprozessierte Antigene
über ihren Antigenrezeptor zu erkennen, und können so aktiviert
werden. B-Zellen exprimieren auch Oberflächenrezeptoren für den
Fc-Teil von IgG, so genannte Fc-Rezeptoren (z. B. CD32) und Rezeptoren für aktivierte Komplementproteine (C3d oder CD21 bzw. C3b
oder CD35). Die Hauptfunktion von B-Zellen ist die Produktion von
Antikörpern. B-Zellen können aber effizient Antigene prozessieren
und dienen auch als Antigen-präsentierende Zellen. Die Funktion als
Antigen-präsentierende Zellen wird von verschiedenen Zytokinen verstärkt. Reife B-Zellen entstehen während des gesamten Lebens aus
Vorläuferzellen im Knochenmark (Abb. 372e-6).
Die B-Zell-Entwicklung kann in eine antigenunabhängige und in
eine antigenabhängige Phase unterteilt werden. Die antigenunabhängige Phase findet in den primären lymphatischen Organen statt und
umfasst alle Stufen der Entwicklung bis hin zur sIg-positiven reifen
B-Zelle. Die antigenabhängige Phase beginnt mit der Bindung des
Antigens am sIg und führt zur Bildung von Gedächtnis-B-Zellen,
zum Ig-Klassen-Switch und zur Bildung von Plasmazellen. Die antigenabhängige B-Zell-Reifung findet in den sekundären lymphatischen Organen, u. a. also in Lymphknoten, Milz und Peyer-Plaques,
statt. Im Gegensatz zu T-Zellen, bei denen das TCR-Repertoire bereits
im Thymus ohne Kontakt zu Fremdantigen festgelegt wird, kann das
Repertoire an B-Zell-Rezeptoren nach Antigenkontakt durch eine
Veränderung der Ig-Gene noch modifiziert werden. Dieser Prozess
wird als somatische Hypermutation bezeichnet und findet in den
Keimzentren der Lymphknoten statt.
Die antigenbindende Region von Immunglobulinen wird während
der Entwicklung der B-Zellen durch Rekombination einzelner Gensegmente, ähnlich wie bei den α-, β-, γ- und δ-Ketten der T-Zell-Rezeptoren, gebildet. Bei der schweren Kette findet zuerst die Rekombination eines D-Segmentes an ein J-Segment statt und im zweiten
Schritt die Umlagerung des neugebildeten DJ-Segmentes an ein VSegment. Das C-Segment wird als letztes an das VDJ-Segment angelagert, wodurch ein funktionelles Ig-Schwerketten-Gen, bestehend aus
V-D-J-C-Segmenten, entsteht. Später kommt es zur Bildung funktioneller leichter Ketten (κ oder λ) durch Rekombination eines V- an ein
J-Segment, wodurch letztendlich ein intaktes Ig-Molekül, bestehend
aus leichten und schweren Ketten, entstehen kann.
Dieser Rekombinationsprozess ist so reguliert, das jede B-Zelle nur
Antikörper einer Spezifität, bestehend aus jeweils einem Typ leichter
und schwerer Ketten, produzieren kann. Obwohl jede B-Zelle je zwei
Kopien der Gene für die leichten und schweren Ketten besitzt, kommt
es nur bei jeweils einer zu einer produktiven Rekombination und Expression. Dieser Prozess wird als allelische Exklusion bezeichnet.
Es gibt ca. 300 Vκ- und 5 Jκ-Gene, sodass insgesamt mehr als 1500
Kombinationsmöglichkeiten für κ-Leichtketten existieren. Ferner gibt
es etwa 70 Vλ- und 4 Jλ-Gene für mehr als 280 Kombinationen für λLeichtketten. Die Anzahl der verschiedenen κ-Leichtketten kann
durch somatische Mutationen in den Vκ- und Jκ-Segmenten noch erhöht werden, sodass aus einer relativ begrenzten Anzahl genetischer
Information eine große Menge unterschiedlicher Rezeptoren entstehen kann. Da die schweren Ketten aus 3 Segmenten bestehen, die miteinander rekombiniert werden (VH, DH und JH, siehe oben), ist hier
die Anzahl der verschiedenen Kombinationen und damit die Diversität der variablen Region der schweren Ketten noch größer als bei
den leichten Ketten.
Sehr unreife B-Zell-Vorläufer (frühe Pro-B-Zellen) exprimieren weder zytosolisches (cIg) noch oberflächengebundenes (sIg) Immunglobulin (Abb. 372e-6). Die große Prä-B-Zelle beginnt mit der Expression eines Prä-B-Zell-Rezeptors, der aus einer μ-Schwerkette (Heavy
Chain, H) und einer Prä-B-Leichtkette (Light Chain, LC), die als ψLC
bezeichnet wird, besteht. Die ψLC ist eine Surrogat-Leichkette, für die
die nicht rekombinierten V-prä-B- und λ5-Leichtketten-Loci kodieren. Über Signale aus den Stromazellen des Knochenmarks, vor allem
IL-7, werden Pro- und Prä-B-Zellen zur Proliferation und Reifung angeregt. Die Rekombination der leichten Kette erfolgt im Stadium der
kleinen Prä-B-Zelle, sodass der komplette B-Zell-Rezeptor in Form
von sIgM bereits von unreifen B-Zellen exprimiert wird. Wenn sich
die unreifen B-Zellen zu reifen B-Zellen weiterentwickeln, kommt es
neben der Expression von sIgM auch zur Expression von sIgD. Damit
ist die Entwicklung der B-Zellen im Knochenmark abgeschlossen und
sie wandern über die periphere Zirkulation in die sekundär-lymphatischen Organe ein.
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372e-21
Teil 15
Erkrankungen des Immunsystems, des Bindegewebes und der Gelenke
Schwere Kette
Fab-Region
Leichte Kette
B
BZR
Igα
Phosphatidyl-Inositol-(4,5)-bisphosphat
RAS
LYN
SYK
b
Inositol-(1,4,5)trisphosphat
Igβ
MAPKAktivierung
Reorganisation
des Zytoskeletts
a
Kalziumfreisetzung
VAV1
SLP65
PLCγ
RASGRP
PKCβ
GRB2
SOS
DAG
BTK
NCK
Aktivierung
von Effektormolekülen
Abbildung 372e-8 Die Aktivierung des B-Zell-Rezeptors (BZR) führt zur sequenziellen Aktivierung von Protein-Tyrosinkinasen, die zur Bildung eines Signaling-Komplexes und zur
Aktivierung von Effektor-Signalwegen führen. Während SLP76 über GADS und LAT zur Membran rekrutiert wird, ist der Mechanismus der Rekrutierung von SLP65 unklar. Es werden
zwei Mechanismen vermutet: (1) eine direkte Bindung der SH2-Domäne des SLP76-Moleküls am Immunglobulin des B-Zell-Rezeptor-Komplexes oder (2) über einen amino-terminalen
Leuzin-Zipper im SLP65 und einen unbekannten Bindungspartner. BTK = Bruton’s Tyrosine Kinase; DAG = Diacylgycerol; GRB2 = Growth-Factor-Receptor-bound Protein 2; NCK =
Non-catalytic Regions of Tyrosine Kinase; PKC = Proteinkinase C; PLC = Phospholipase C; RASGRP = RAS Guanyl Releasing Protein; SOS = Son of Sevenless Homologue; SYK =
Spleen Tyrosine Kinase. (Nach GA Koretzky, F Abtahaian, M Silverman, Nat Rev Immunol 6:67, 2006, mit frdl. Genehmigung.)
Durch die zufällig ablaufende Rekombination der ImmunglobulinGene können autoreaktive Antikörper entstehen. Um dies zu verhindern, existieren verschiedene Kontrollmechanismen. Einer dieser Mechanismen ist das BZR-Editing, bei dem autoreaktive B-Zell-Rezeptoren (BZR) so mutiert werden, dass sie nicht mehr mit Autoantigenen
reagieren können. Falls durch diesen Mechanismus der autoreaktive
BZR nicht erfolgreich eliminiert werden konnte, kommt es durch
Kontakt der B-Zelle zu dem von ihr erkannten Autoantigen im Knochenmark zur negativen Selektion, also der Induktion von Apoptose.
Nachdem sie das Knochenmark verlassen haben, besiedeln die BZellen die B-Zell-Areale in Milz und Lymphknoten, wo sie auf den
Kontakt zu dem über ihren klonotypischen B-Zell-Rezeptor erkannten Antigen warten. Die Aktivierung der B-Zellen erfolgt über die
Bindung von Antigenen an diesen Rezeptor und resultiert in einem
Prozess, der als somatische Hypermutation bezeichnet wird. Bei der
somatischen Hypermutation kommt es durch die Einführung von
Punktmutationen in die bereits rekombinierten Schwer- und Leichtketten-Gene zur Bildung veränderter Immunglobuline, von denen einige das Antigen besser binden können als das originale Ig-Molekül.
Diese Zellen besitzen dann einen Überlebensvorteil, sodass durch die
somatische Hypermutation Gedächtnis-B-Zellen mit einer höheren
Affinität zum Antigen entstehen. Der Prozess der Bildung affinerer
Antikörper durch die somatische Hypermutation wird auch als Affinitätsreifung von Antikörpern bezeichnet.
B-Lymphozyten, die IgG, IgA oder IgE produzieren, entstehen alle
aus reifen B-Zellen, die ursprünglich sIgM- und sIgD-positiv waren.
Der Wechsel von Immunglobulinklasse oder -isotyp erfolgt in den
Keimzentren der Lymphknoten oder anderen sekundären lymphatischen Organen. CD40, das von B-Zellen exprimiert wird, und CD40Ligand (CD154) auf aktivierten T-Zellen sind ein wichtiges RezeptorLiganden-Paar für den Isotypenwechsel. Die Interaktion von CD40/
CD154 durch direkten Kontakt der B-Zellen mit den T-Zellen sowie
T-Zell-Zytokine wie IL-4 oder TGF-β steuern den Isotypenwechsel.
Andere Zytokine wie IL-1, -2, -4, -5 und -6 wirken synergistisch an
372e-22
der Proliferation und Differenzierung der B-Zellen zu Ig-produzierenden Zellen mit.
& LÖSLICHE MEDIATOREN DER ADAPTIVEN IMMUNITÄT:
IMMUNGLOBULINE
Immunglobuline werden von ausdifferenzierten B-Zellen produziert
und bilden den humoralen Arm der adaptiven Immunität. Die
Hauptfunktion der Antikörper ist es, spezifisch an Antigene zu binden und damit beispielsweise Toxine, Mikroorganismen, Parasiten
oder andere Fremdantigene zu neutralisieren oder zu eliminieren.
Das Verständnis der strukturellen Basis der Funktion von Immunglobulinen und der Organisation der Ig-Gene gibt einen Einblick in die
Rolle von Antikörpern bei normalen protektiven Immunantworten
sowie bei Immunpathologie, die durch Immunkomplexe oder Autoantikörper verursacht werden können.
Alle Immunglobuline bestehen aus je zwei leichten und zwei schweren Ketten (Abb. 372e-8). Der jeweilige Isotyp (IgG, IgM, IgA, IgD,
IgE) wird durch die Art der schweren Kette festgelegt. IgG und IgA
können anhand struktureller Unterschiede in den schweren Ketten
weiterhin in Subklassen (IgG1, IgG2, IgG3, IgG4 und IgA1 und A2)
unterteilt werden. Die Eigenschaften der verschiedenen Immunglobulin-Isotypen sind in Tabelle 372e-12 dargestellt. Die vier Ketten von
Antikörpern sind durch Disulfidbrücken kovalent miteinander verbunden. Jede Kette besteht aus einer V- und einer unterschiedlichen
Anzahl C-Regionen (auch als Domänen bezeichnet) die jeweils aus
etwa 110 Aminosäuren bestehen. Leichte Ketten besitzen eine variable
(VL) und eine konstante (CL) Region, während schwere Ketten aus einer variablen (VH) und drei bis vier konstanten (CH) Regionen bestehen. Wie bereits aus dem Namen ersichtlich, besitzen die konstanten
oder C-Regionen die gleiche Primärstruktur, also homologe Sequenzen, die bei allen anderen Immunglobulinen des gleichen Isotyps und
der gleichen Subklasse gleich sind. Die konstanten Regionen bestimmen die biologische Funktion der jeweiligen Antikörper. So sind die
CH2-Domäne von IgG und die CH4-Domäne von IgM für die Bindung
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372e
Einführung in das Immunsystem
TABELLE 372e-12 Physikalische, chemische und biologische Eigenschaften von menschlichen Immunglobulinen
Eigenschaft
IgG
IgA
IgM
IgD
IgE
Gewöhnliche molekulare Form
Monomer
Monomer, dimer
Pentamer, hexamer
Monomer
Monomer
Andere Ketten
Keine
J-Ketten, SC
J-Kette
Keine
Keine
Subklassen
G1, G2, G3, G4
A1, A2
Keine
Keine
Keine
Schwere Ketten-Allotypen
Gm (= 30)
Keine A1, A2m (2)
Keine
Keine
Keine
Molekularmasse, kDa
150
160, 400
950, 1150
175
190
Sedimentationskonstante, Sw20
6,6S
7S, 11S
19S
7S
8S
Kohlenhydratanteil, %
3
7
10
9
13
Serumspiegel eines durchschnittlichen Er- 9,5–12,5
wachsenen, mg/ml
1,5–2,6
0,7–1,7
0,04
0,0003
Prozentualer Anteil des gesamten Serum-Ig 75–85
7–15
5–10
0,3
0,019
Serumhalbwertszeit, Tage
23
6
5
3
2,5
Syntheserate, mg/kg/d
33
65
7
0,4
0,016
Antikörpervalenz
2
2,4
10,12
2
2
Klassische Komplementaktivierung
+(G1, 2?, 3)
–
++
–
–
Alternative Komplementaktivierung
+(G4)
+
–
+
–
Fc-bindende Zellen
Makrophagen, Neutrophile, große granuläre
Lymphozyten
Lymphozyten
Lymphozyten
Keine
Mastzellen, Basophile,
B-Zellen
Biologische Eigenschaften
Plazentatransfer, seSekretorisches Immun- Primäre Antikörperkundärer Antikörper für globulin
antwort
die meisten antipathogenen Antworten
Marker für reife
B-Zellen
Allergie, antiparasitäre
Reaktion
Quelle: Nach L Carayannopoulos und JD Capra, in WE Paul (Hrsg.): Fundamental Immunology, 3rd ed., New York, Raven, 1993, mit frdl. Genehmigung.
von C1q, einem Bestandteil des C1-Makromoleküles während der
Komplementaktivierung verantwortlich. Die CH-Region am Carboxyterminalen Ende des IgG-Moleküls wird auch als Fc-Teil bezeichnet
und vermittelt die Bindung von IgG an Fc-Rezeptoren (CD16, CD32,
CD64) auf der Zelloberfläche von Makrophagen, dendritischen Zellen, NK-Zellen, B-Zellen sowie neutrophilen und eosinophilen Granulozyten. Die Fc-Anteile der IgA binden an FcαR (CD23).
Die variablen Regionen (VL und VH) bilden gemeinsam die antigenbindende Region (Fab) von Ig-Molekülen. In den VL- und den
VH-Regionen befinden sich hypervariable Regionen, die eine extreme
Sequenzvariabilität aufweisen und die die für jeden Antikörper einzigartige Struktur bilden, über die das Antigen gebunden wird. Als
Idiotyp eines Antikörpers wird die spezifische Region des Fab-Teils
bezeichnet, an die das Antigen bindet. Antikörper, die gegen diesen
Idiotyp eines Antikörpers gerichtet sind, werden als Anti-Idiotyp-Antikörper bezeichnet. Die Bildung solcher Antikörper in vivo kann negativ regulierend auf normale B-Zell-Antworten wirken und die Antikörperproduktion beenden.
Etwa 75–85 % des Serumimmunglobulins bestehen aus IgG. Die
vier Subklassen werden entsprechend der Menge der jeweiligen Subklasse im Serum nummeriert; IgG1 stellt den größten Anteil und
IgG4 den kleinsten. Die IgG-Subklassen besitzen klinische Relevanz
aufgrund ihrer unterschiedlichen Fähigkeit zur Bindung an Fc-Rezeptoren von Makrophagen und Neutrophilen und zur Komplementaktivierung (Tab. 372e-12). Ein selektiver Mangel an bestimmten
IgG-Subklassen ist die Ursache bestimmter klinischer Syndrome, bei
denen Patienten eine gesteigerte Suszeptibilität gegenüber bestimmten
bakteriellen Infektionen aufweisen. IgG-Antikörper sind häufig der
vorherrschende Isotyp, der bei einem sekundären Kontakt mit dem
Antigen produziert wird (sekundäre Antikörper-Antwort).
IgM-Antikörper findet man im Serum normalerweise als 950 kDa
großes Pentamer, das aus 160 kDa großen bivalenten Monomeren besteht. Diese werden durch die so genannte J-Kette, ein 15 kDa großes
Molekül, das nicht zur Immunglobulinfamilie gehört, verbunden. Die
J-Kette ist auch für die Polymerisation von IgA-Molekülen verantwortlich. IgM kann bereits von Neugeborenen gebildet werden und
ist generell das erste Immunglobulin, das während einer primären
Immunantwort produziert wird. Membrangebundenes IgM in monomerer Form ist der hauptsächliche Antigenrezeptor auf der Oberflä-
che reifer B-Zellen (Tab. 372e-12). IgM ist eine wichtige Komponente
von Immunkomplexen, die bei verschiedenen Autoimmunerkrankungen auftreten. So findet man IgM-Antikörper gegen IgG-Moleküle
(Rheumafaktor) in hohen Titern bei der rheumatoiden Arthritis, Kollagenosen und einigen Infektionskrankheiten (subakute bakterielle
Endokarditis).
IgA macht nur 7–15 % des Serumimmunglobulins aus und wird
vorwiegend auf Körperoberflächen sezerniert. IgA ist in Tränenflüssigkeit, Speichel, Nasensekret, Sekreten der Schleimhaut des Gastrointestinaltrakts sowie Muttermilch als sekretorisches IgA (sIgA) enthalten. sIgA ist ein Polymer, bestehend aus 2 IgA-Monomeren, die durch
eine J-Kette miteinander verbunden sind, und einem Glykoprotein,
das als sekretorisches Protein bezeichnet wird. Die Verteilung der
IgA-Subklassen ist etwas unterschiedlich: IgA1 findet sich vorwiegend
im Serum, während IgA2 vorwiegend sezerniert wird. IgA kann die
Komplementkaskade über den alternativen Weg aktivieren und hat
antivirale Aktivität, indem es die Virusbindung an Epithelzellen des
Respirations- und Gastrointestinaltrakts verhindert.
IgD findet man nur in geringen Mengen im Serum. Hauptsächlich
kommt es, zusammen mit IgM, als Antigenrezeptor auf B-Zellen vor.
IgE, das im Serum nur in geringer Konzentration vorkommt, dient
hauptsächlich zur Beladung von Fc-Rezeptoren von Mastzellen und
Basophilen. Ein Cross-Linking der an die Fc-Rezeptoren gebundenen
IgE-Moleküle führt zur Mediatorenfreisetzung aus diesen Zellen und
damit zur Überempfindlichkeitsreaktion vom Soforttyp (Tab. 372e12).
ZELLULÄRE INTERAKTIONEN BEI DER REGULATION VON IMMUNANTWORTEN
Die Folge einer Aktivierung des humoralen (B-Zellen) und zellulären
(T-Zellen) Armes des adaptiven Immunsystems ist die Beseitigung
des Antigens entweder durch spezifische Effektor-T-Zellen allein oder
gemeinsam mit Antikörpern. In Abbildung 372e-2 sind die wesentlichen Interaktionen von T- und B-Zellen miteinander sowie mit anderen Immunzellen vereinfacht in einem Schema dargestellt.
Letztlich ist die Aktivierung des adaptiven Immunsystems die Folge
einer komplexen Serie von immunregulatorischen Ereignissen, die in
bestimmten Phasen verlaufen. Sowohl T- als auch B-Zellen sind Effektorzellen der adaptiven Immunität, die, nachdem sie entsprechen-
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372e-23
Teil 15
Erkrankungen des Immunsystems, des Bindegewebes und der Gelenke
de Stimuli erhalten haben, verschiedene Phasen durchlaufen. Diese
Phasen umfassen Aktivierung und Induktion, Proliferation und Differenzierung und schließlich die Effektorfunktionen. Die Effektorfunktion kann entweder ein direkter Effektormechanismus, wie beispielsweise die Produktion von Antikörpern durch differenzierte Plasmazellen, oder ein regulierender Mechanismus sein, der die Funktionen
anderer Zellen moduliert, wie CD4-positive und CD8-positive TLymphozyten, welche die Aktivierung und Differenzierung von BZellen und zytotoxischen T-Zellen steuern.
CD4-positive T-Helfer-Zellen werden anhand der Zytokine, die von
ihnen produziert werden, in verschiedene Subpopulationen eingeteilt
(Abb. 372e-2): Aktivierte TH1-Zellen sezernieren IL-2, IFN-γ, IL-3,
TNF-α, GM-CSF und TNF-β, während aktivierte TH2-Zellen IL-3, -4,
-5, -6, -10 und -13 produzieren. TH1-Zellen spielen über die Sekretion
von IFN-γ eine zentrale Rolle bei der Elimination intrazellulärer Erreger. Sie helfen auch bei der Differenzierung zytotoxischer T-Zellen
und bei der Produktion bestimmter opsonierender Antikörper und
sind wesentlich an Hypersensitivitätsreaktionen vom verzögerten Typ
(DTH) beteiligt, die beispielsweise an der Abwehr von intrazellulären
Erregern wie HIV oder Mycobacterium tuberculosis beteiligt sind. Im
Gegensatz dazu sind TH2-Zellen besonders wichtig für die Regulation
humoraler Immunantworten und den Klassenwechsel. Durch die Produktion von IL-4 und IL-10 können TH2-Zellen auch der Differenzierung und der proinflammatorischen Funktion von TH1 entgegenwirken (Abb. 372e-2). Zusätzlich helfen sie B-Zellen bei der Produktion
spezifischer Antikörper. Sie sind daher besonders wichtig für Immunantworten gegen Antigene, zu deren Elimination hohe Antikörpertiter benötigt werden. Solche Erreger sind häufig verkapselte extrazelluläre Erreger wie Streptococcus pneumoniae oder bestimmte Parasiten. Vor kurzem wurde eine neue Untergruppe der TH-Familie beschrieben, die TH17-Zellen, die Zytokine wie IL-17, -22 und andere
sezernieren. TH17-Zellen sind an der Pathogenese von Autoimmunkrankheiten beteiligt und verteidigen den Körper vor allem gegen
mukosale Infektionen mit extrazellulären Bakterien und Pilzen
(Abb. 372e-3). Insgesamt wird die Art der entstehenden Immunantwort somit reguliert über: die Art der Pathogen-associated Molecular
Patterns der Erreger beziehungsweise über die Toll-like-Rezeptoren,
die von ihnen aktiviert werden; die Art der aktivierten dendritischen
Zellen und die produzierten Zytokine (Tab. 372e-4). Im Allgemeinen
produzieren myeloide dendritische Zellen IL-12 und induzieren TH1Antworten, die dann in der Produktion von IFN-γ und der Aktivierung von zytotoxischen T-Zellen münden. Die Aktivierung von plasmazytoiden dendritischen Zellen führt über die Bildung von IFN-α
zu einer TH2-Antwort, die mit einer verstärkten IL-4-Produktion und
Antikörperantwort einhergeht.
Wie in Abbildung 372e-2 und Abbildung 372e-3 dargestellt, produzieren T-Zellen nach ihrer Aktivierung durch dendritische Zellen
entweder IL-2, IL-3, IFN-γ oder IL-4, -5, -6 und können so EffektorT- und B-Zellen positiv und negativ beeinflussen. B-Zell-Antworten
werden von zahlreichen Zytokinen reguliert (z. B. IL-3, -4, -5, -6), die
auf den unterschiedlichen Entwicklungsstadien die Ausreifung, die
Proliferation und damit letztendlich die Antikörperproduktion beeinflussen. Faktoren, über die zytotoxische T-Zellen moduliert werden,
sind unter anderem IL-2, IFN-γ und IL-12.
Ein wichtiger Typ immunmodulatorischer T-Zellen, die Immunantworten kontrollieren sind CD4-positive und CD8-positive regulatorische T-Zellen. Diese Zellen exprimieren konstitutiv die α-Kette des
IL-2-Rezeptors (CD25), produzieren große Mengen IL-10 und können sowohl T- als auch B-Zell-Antworten unterdrücken. Regulatorische T-Zellen können durch immature dendritische Zellen induziert
werden und spielen eine Schlüsselrolle bei der Aufrechterhaltung der
immunologischen Toleranz gegenüber Selbstantigenen in der Peripherie. Eine verringerte Anzahl regulatorischer T-Zellen kann bei
Mäusen unter bestimmten Umständen die Ursache für organspezifische Autoimmunerkrankungen wie Thyreoiditis, Adrenalitis und
Oophoritis sein (siehe auch Abschnitt „Immunologische Toleranz
und Autoimmunität“). Regulatorische T-Zellen spielen auch eine
Schlüsselrolle bei der Kontrolle der Intensität und der Dauer von Immunantworten gegen Pathogene. Normalerweise werden regulatorische T-Zellen aktiviert, nachdem die intitale Immunantwort die Erreger beseitigt hat, um die Immunantwort zu beenden und Gewebeschäden zu verhindern. Einige Mikroorganismen haben sich so angepasst, dass sie in der Lage sind, am Ort der Infektion regulatorische
T-Zellen zu aktivieren, um ihr Überleben zu sichern. Bei Infektionen
372e-24
mit Leishmanien kommt es beispielsweise zur Akkumulation regulatorischer T-Zellen am Infektionort in der Haut, die die gegen die
Leishmanien gerichtete Immunantwort abschwächen und somit für
eine Persistenz der Erreger sorgen. Es ist anzunehmen, das viele chronische Infektionen, wie beispielsweise mit M. tuberculosis, mit einer
solchen Aktivität von regulatorischen T-Zellen assoziiert sind, die die
Elimination der Erreger verhindern.
Obwohl B-Zellen native Antigene über ihren B-Zell-Rezeptor erkennen können, benötigen sie zur Produktion hochaffiner Antikörper
verschiedener Isotypen, die am effektivsten Fremdantigene eliminieren können, Hilfe durch T-Zellen. Diese T-Zell-Abhängigkeit ist ein
wichtiger Regulationsmechanismus für humorale Immunantworten
und verhindert die Bildung von Autoantikörpern. Für eine effektive
T-B-Zell-Interaktion, die zu einer Produktion hochaffiner Antikörper
führt, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein: (1) Die B-Zellen
erkennen das Antigen über ihren B-Zell-Rezeptor, nehmen es auf,
prozessieren es und präsentieren es in Form von Peptidfragmenten
für die Erkennung durch T-Zellen. (2) T-Zellen erkennen das Antigen
und aktivieren B-Zellen über CD40/CD40-Ligand-Interaktionen, wodurch es (3) zur Induktion des Isotyp-Switches in den Antigen-spezifischen B-Zellen und (4) zur somatischen Hypermutation der Ig-Gene
und damit zur Affinitätsreifung der Antikörper in den Keimzentren
in Lymphknoten und Milzen kommt.
Naive B-Zellen exprimieren IgM und IgD und der initiale Kontakt
zum Antigen erfolgt über oberflächengebundenes IgM. T-Zell-Zytokine, freigesetzt durch einen direkten Kontakt einer TH2-Zelle mit einer
B-Zelle oder als „Bystander-Effekt“, induzieren konformationelle Veränderungen der Ig-Gene, die die Rekombination dieser Gene fördern.
Dies führt zu einer Veränderung oder „Switching“ der Expression der
Exons für den konstanten Anteil der schweren Kette und damit zur
Produktion von IgG, IgA oder auch IgE mit der identischen Spezifität
der V-Region wie der originale IgM-Antikörper. Diese Antikörper
sind besser geeignet zur Abwehr von extrazellulären Bakterien, Protozoen und Helminthen. Die Expression von CD40-Ligand durch aktivierte T-Zellen ist essenziell für die Induktion des Klassenwechsels
und für die Stimulierbarkeit von B-Zellen durch Zytokine. Patienten
mit Mutationen im CD40-Liganden auf T-Zellen oder im CD40 selbst
sind nicht zum Klassenwechsel und zur Bildung von Memory-B-Zellen in der Lage. Dieses Immunmangelsyndrom wird als Hyper-IgMSyndrom bezeichnet (Kap. 374).
IMMUNOLOGISCHE TOLERANZ UND AUTOIMMUNITÄT
Als immunologische Toleranz wird die Abwesenheit pathogener Autoreaktivität bezeichnet. Als Autoimmunerkrankungen werden Syndrome bezeichnet, die durch eine Aktivierung von T- und/oder B-Zellen in Abwesenheit von Infektionen oder maligner Erkrankungen
hervorgerufen werden (Kap. 377e). Während man früher angenommen hat, dass sich immunologische Toleranz und Autoimmunität gegenseitig ausschließen, wird zunehmend klar, dass beide Zustände im
normalen Immunsystem gleichzeitig vorkommen und die jeweiligen
Extremzustände darstellen. So weiß man, dass ein geringes Maß an
Autoreaktivität von T- und B-Zellen zu ihrem Überleben im peripheren Immunsystem beiträgt, weil niedrigaffine Interaktionen mit
Selbstantigenen Überlebenssignale liefern. Auch im Thymus stellen
Interaktionen zwischen autoreaktiven Thymozyten mit den dort präsentierten Autoantigenen sicher, dass normale T-Zellen positiv selektioniert werden, also ausreifen und den Thymus verlassen können,
und dass T-Zellen, die sehr stark autoreaktiv sind, negativ selektioniert werden, also im Thymus sterben und daher nicht in die Peripherie gelangen. Dies wird auch als zentrale Toleranz bezeichnet. Allerdings werden nicht alle Autoantigene im Thymus exprimiert und deshalb können auch nicht alle autoreaktiven T-Zellen dort eliminiert
werden. Es existieren daher noch Mechanismen, die zur so genannten
peripheren Toleranz autoreaktiver T-Zellen beitragen. Im Gegensatz
zur Präsentation mikrobieller Antigene durch ausgereifte dendritische
Zellen führt die Präsentation von Autoantigen durch unreife dendritische Zellen weder zur Aktivierung noch zur Ausreifung dendritischer
Zellen, also zur Heraufregulation kostimulatorischer Moleküle, wie
B7-1 (CD80) oder B7-2 (CD86). Wenn periphere T-Zellen durch
Selbstpeptid/MCH-Komplexe solcher unreifer dendritischer Zellen
stimuliert werden, bekommen sie eine ausreichende Stimulation zum
Überleben, sie bleiben aber anerg, d. h. funktionell inaktiv. Sie können
nur dann aktiviert werden, wenn sie in Kontakt zu einer ausgereiften
dendritischen Zelle kommen, die mikrobielle Peptide präsentiert und
Suttorp et al., Harrisons Innere Medizin (ISBN 978-3-940615-50-3), © 2016 ABW Wissenschaftsverlag
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Einführung in das Immunsystem
gleichzeitig hohe Mengen kostimulatorischer Moleküle exprimiert.
Wenn B-Zellen autoreaktive Antigenrezeptoren exprimieren, kommt
es durch Kontakt zum Autoantigen durch Rezeptorediting zur Expression eines weniger autoreaktiven Rezeptors oder zur Elimination
der Zelle im Knochenmark. Bei vielen Autoimmunerkrankungen treten Autoantikörper auf (Tab. 372e-13), deren pathogenetische Relevanz bei den meisten Erkrankungen jedoch unklar ist, die jedoch zum
Teil als labordiagnostische Marker verwendet werden. Die meisten
Autoimmunerkrankungen werden wahrscheinlich durch eine Kombination aus T- und B-Zell-Autoreaktivität verursacht.
Zum Auftreten von Autoimmunsyndromen tragen verschiedene
Faktoren, wie genetische Suszeptibilität (Tab. 372e-13), Umweltfaktoren wie Medikamente (z. B. Procainamid, Dilantin mit arzneimittelinduziertem systemischen Lupus erythematodes), Infektionen (z. B.
Epstein-Barr-Virus, Autoantikörper gegen Erythrozyten und Thrombozyten) sowie eine verringerte Anzahl regulatorischer T-Zellen
(führt zu Thyreoiditis, Adrenalitis und Oophoritis) bei.
& IMMUNITÄT AN SCHLEIMHAUTOBERFLÄCHEN
Die Schleimhäute, die die Oberfläche des Respirations-, Gastrointestinal- und Urogenitaltraktes sowie die Konjunktiven, das Innenohr und
die Ausführungsgänge aller exokrinen Drüsen bedecken, enthalten
Zellen des angeborenen und des adaptiven Immunsystems. Dieses
372e
Mukosa-assoziierte lymphatische Gewebe (mucosa associated lymphatic tissue, MALT) enthält 80 % aller Immunzellen des Körpers und ist
damit das bei Säugetieren größte lymphatische Organsystem.
Das MALT hat drei Hauptfunktionen: (1) Es schützt die Schleimhautoberflächen vor invasiven Pathogenen, (2) es verhindert die Aufnahme von Fremdantigenen aus der Nahrung oder der physiologischen Keimflora oder von Fremdstoffen und Pathogenen aus der Luft,
und (3) es verhindert pathologische Immunreaktionen gegen Fremdantigene, falls diese doch die Schleimhautbarrieren überwinden können (Abb. 372e-9).
Das MALT ist ein kompartimentalisiertes System von Immunzellen, deren Funktion unabhängig von den systemischen Immunorganen ist. Während die systemischen Immunorgane normalerweise steril sind und auf jedes Pathogen mit einer starken Antwort reagieren,
sind die Zellen des MALT ständig in Kontakt mit Fremdantigenen
und der physiologischen Keimflora der Schleimhäute. Es müssen
durch das MALT daher die pathogenen Antigene selektioniert werden, die eliminiert werden sollen. Das MALT enthält anatomisch definierte Ansammlungen von Immunzellen im Darm, in den Tonsillen,
der Appendix und peribronchialen Gebieten, in denen mukosale Immunantworten induziert werden. Von dort wandern T- und B-Zellen
an den Effektorort (z. B. im Parenchym oder der Schleimhaut oder
der exokrinen Drüsen) ein, um dort infizierte Zellen zu eliminieren.
TABELLE 372e-13 Rekombinante oder aufgereinigte Autoantigene, die von Autoantikörpern erkannt werden, die mit Autoimmunerkrankungen
des Menschen assoziiert sind
Autoantigen
Autoimmunerkrankungen
Autoantigen
Autoimmunerkrankungen
Zell- oder organspezifische Autoimmunität
Acetylcholinrezeptor
Myasthenia gravis
Insulinrezeptor
Typ-B-Insulinresistenz, Akanthose, systemischer
Lupus erythematodes (SLE)
Actin
Chronisch-aktive Hepatitis, primär biliäre Zirrhose
Intrinsic Factor Typ 1
Perniziöse Anämie
Adenin nucleotide Translator
(ANT)
Dilatative Kardiomyopathie, Myokarditis
Leukozytenfunktion-assoziiertes Antigen (LFA-1)
Therapierefraktäre Lyme-Arthritis
β-Adrenorezeptor
Dilatative Kardiomyopathie
Myelin-assoziiertes Glykoprotein (MAG)
Polyneuropathie
Aromatische L-AminosäureDecarboxylase
Autoimmunes polyendokrines Syndrom Typ 1 (APS-1)
Myelin-basisches Protein
Multiple Sklerose, demyelinisierende Erkrankungen
Asialoglykoproteinrezeptor
Autoimmunhepatitis
Myelin-oligodendrozytäres
Glykoprotein (MOG)
Multiple Sklerose
Bakterizides/Permeabilitätssteigerndes Protein (Bpi)
Vaskulitiden bei zystischer Fibrose
Myosin
Rheumatisches Fieber
„Calcium-sensing“-Rezeptor
Erworbener Hypoparathyreoidismus
p-80-Collin
Atopische Dermatitis
Cholesterol-Seitenketten-Clea- Autoimmunes polyglanduläres Syndrom-1
vage-Enzym (CYPlla)
Pyruvatdehydrogenase-Komplex E2 (PDC-E2)
Primäre biliäre Zirrhose
Kollagen-Typ-IV-α3-Kette
Goodpasture-Syndrom
Natriumiodidsymporter (NIS)
Basedow-Krankheit, autoimmune Hypothyreose
Cytochrom P450 2D6
(CYP2D6)
Autoimmunhepatitis
SOX-10
Vitiligo
Desmin
Crohn-Krankheit, koronare Herzkrankheit
Thyreoid- und Augenmuskula- Thyroidea-assoziierte Ophthalmopathie
tur-Protein
Desmoglein 1
Pemphigus foliaceus
Thyreoglobulin
Autoimmunthyreoiditis
Desmoglein 3
Pemphigus vulgaris
Thyreoidperoxidase
Autoimmune Hashimoto-Thyreoiditis
F-Actin
Autoimmunhepatitis
Thyreotropinrezeptor
Basedow-Krankheit
GM-Ganglioside
Guillain-Barré-Syndrom
Gewebeständige Transglutaminase
Zöliakie
Glutamatdecarboxylase
(GAD65)
Diabetes mellitus Typ 1, Stiff-Man-Syndrom
Transkriptionskoaktivator p75
Atopische Dermatitis
Glutamatrezeptor (GLUR)
Rasmussen-Enzephalitis
Thyreotropinrezeptor
Autoimmunes polyglanduläres Syndrom-1
H/K-ATPase
Autoimmungastritis
Tyrosinase
Vitiligo, metastasierendes Melanom
17-α-Hydroxylase (CYP17)
Autoimmunes polyglanduläres Syndrom-1
Tyrosinhydroxylase
Autoimmunes polyglanduläres Syndrom-1
21-Hydroxylase (CYP21)
Addison-Krankheit
IA-2 (ICA512)
Diabetes mellitus Typ 1
Insulin
Diabetes mellitus Typ 1, Insulin-hypoglykämisches
Syndrom (Hirata-Erkrankung)
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372e-25
Teil 15
Erkrankungen des Immunsystems, des Bindegewebes und der Gelenke
Tabelle 372e-13 (Fortsetzung)
Autoimmunerkrankungen
Autoantigen
Autoimmunerkrankungen
ACTH
ACTH-Mangel
Histon H2A-H2B-DNS
Systemischer Lupus erythematodes
Aminoacyl-tRNS-Histidylsynthetase
Myositis, Dermatomyositis
IgE-Rezeptor
Chronisch-idiopathische Urtikaria
Aminoacyl-tRNS-Synthetase
(mehrere)
Polymyositis, Dermatomyositis
Keratin
Rheumatoide Arthritis
Cardiolipin
Systemischer Lupus erythematodes, Antiphospholipid-Syndrom
Ku-DNS-Proteinkinase
Systemischer Lupus erythematodes
Carbonat-Dehydratase II
Systemischer Lupus erythematodes, Sjögren-Syndrom, systemische Sklerose
Ku-Nukleoprotein
Bindegewebeerkrankungen
La-Phosphoprotein (La 55-B)
Sjögren-Syndrom
Rheumatoide Arthritis, systemischer Lupus erythematodes, progressive systemische Sklerose
Myeloperoxidase
Nekrotisierende und pauci-immune (crescentic)
Glomerulonephritis mit extrakapillärer Proliferation
(NCGN), systemische Vaskulitis
Zentromer-assoziierte Proteine Systemische Sklerose
Proteinase 3 (PR3)
Granulomatöse Polyangiitis, Churg-Strauss-Syndrom
DNS-abhängige Nukleosin-sti- Dermatomyositis
mulierte ATPase
RNS-Polymerase I–III (RNP)
Systemische Sklerose, systemischer Lupus erythematodes
Fibrillarin
Sklerodermie
Signalerkennungsprotein
(SRP54)
Polymyositis
Fibronektin
Systemischer Lupus erythematodes, rheumatoide
Arthritis, Morphea
Topoisomerase-1 (Scl-70)
Sklerodermie, Raynaud-Syndrom
Glukose-6-Phosphat-Isomera- Rheumatoide Arthritis
se
Tublin
Chronische Lebererkrankung, viszerale Leishmaniose
β2-Glykoprotein I (B2-GPI)
Primäres Antiphospholipidsyndrom
Vimentin
Systemische Autoimmunerkrankungen
Golgin (95, 97, 160, 180)
Sjögren-Syndrom, systemischer Lupus erythematodes, rheumatoide Arthritis
Hitze-Schock-Protein
Verschiedene immunologische Erkrankungen
Hemidesmosomales Protein
180
Bullöses Pemphigoid, Herpes gestationis, vernarbendes Schleimhautpemphigoid (cicatricialer
Pemphigus)
Autoantigen
Systemische Autoimmunität
Kollagen (mehrere Typen)
Plasmaprotein- und zytokinabhängige Autoimmunität
C1-Inhibitor
Autoimmuner C1-Mangel
Glykoprotein IIb/IIIg und Ib/IX
Autoimmune thrombozytopenische Purpura
C1q
Systemischer Lupus erythematodes, membranproliferative Glomerulonephritis
IgA
Immunmangelkrankheit, assoziiert mit SLE, perniziöser Anämie, Thyreoiditis, Sjögren-Syndrom
und chronisch-aktiver Hepatitis
Oxidiertes LDL (OxLDL)
Atherosklerose
Neuropathie, kleinzelliges Bronchialkarzinom
p62 (IGF-II mRNS-bindendes
Protein)
Hepatozelluläres Karzinom (China)
Cyclin B1
Hepatozelluläres Karzinom
Recoverin
Karzinom-assoziierte Retinopathie
DNS-Topoisomerase II
Leberkarzinom
Ri-Protein
Paraneoplastische opsoklone myoklone Ataxie
Desmoplakin
Paraneoplastischer Pemphigus
βIV-Spektrin
Unteres Motoneuronensyndrom
Gephyrin
Paraneoplastisches Stiff-Man-Syndrom
Synaptotagmin
Lambert-Eaton-Myasthenie-Syndrom
Hu-Proteine
Paraneoplastische Enzephalomyelitis
Spannungsabhängige Kalziumkanäle
Lambert-Eaton-Myasthenie-Syndrom
Neuronaler nikotinischer Azetylcholinrezeptor
Subakute autonome Neuropathie, Karzinom
Yo-Protein
Paraneoplastische zerebelläre Degeneration
p53
Karzinom, systemischer Lupus erythematodes
Zytokine (TNF-a, IL-1α, IL-1β, Rheumatoide Arthritis, systemische Sklerose, GeIL-6, IL-10, LIF)
sunde
Faktor II, Faktor V, Faktor VII, Verlängerte aPTT
Faktor VIII, Faktor IX, Faktor X,
Faktor XI, Thrombin, vWF
Maligne und paraneoplastische Autoimmunität
Amphiphysin
Quelle: Aus A Lernmark et al: J Clin Invest 108:1091, 2001; mit frdl. Genehmigung.
Zusätzlich zur mukosalen Immunantwort besitzen alle mukosalen
Oberflächen eine starke mechanische und chemische Barrierefunktion und durch den gerichteten Schleimtransport eine Reinigungsfunktion, die das Eindringen von Pathogenen erschwert.
Zu den Hauptbestandteilen des MALT gehören spezialisierte Epithelzellen, so genannte „Membran-“ oder M-Zellen, die Antigene aufnehmen und an dendritische Zellen oder andere Antigen-präsentie-
372e-26
rende Zellen weitergeben können. Effektorzellen des MALT sind beispielsweise B-Zellen, die gegen Pathogene gerichtete Antikörper (sekretorisches IgA oder IgG) produzieren, T-Zellen, die ähnliche
Zytokine produzieren wie bei systemischen Immunantworten, sowie
T-Helfer- und zytotoxische T-Zellen, die direkt infizierte Zellen eliminieren können.
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Einführung in das Immunsystem
Intakte Barriere
Barriere, die auf Antigenaufnahme spezialisiert ist
Antigen-Transport in die
Peyer-Plaques über
Follikel-assoziiertes Epithel
Keine Antigene in
der Lamina propria
372e
Durchlässige Barriere
Antigene in der
Lamina propria
T-Zellen sterben
durch Apoptose
Schädigung des
Epithels durch
Zytokine
T-Zell-Sensibilisierung
Emigration
INF-γ
TNF-α
T-ZellAntwort
Mesenterialer
Lymphknoten
Extravasation in die Lamina propria
Chronische
Entzündung
Blut
Abbildung 372e-9 Erhöhte epitheliale Permeabilität kann bei T-Zell-abhängigen chronisch entzündlichen Darmerkrankungen eine Rolle spielen. CD4-positive T-Zellen, die durch
Antigene aus dem Darm aktiviert werden, wandern in die Lamina propria (LP). Bei gesunden Personen sterben diese Zellen durch Apoptose. Eine erhöhte epitheliale Permeabilität
ermöglicht jedoch den Durchtritt einer ausreichenden Menge Antigen in die Lamina propria und führt dadurch zur T-Zell-Aktivierung und zur Durchbrechung der immunologischen
Toleranz, die durch immunsuppressive Zytokine und eventuell regulatorische T-Zellen aufrechterhalten wird. Proinflammatorische Zytokine können dann wiederum die epitheliale Permeabilität erhöhen und so einen Teufelskreis in Gang setzen. (Nach T MacDonald, G Monteleone: Science 307:1924, 2005, mit frdl. Genehmigung.)
Sekretorisches IgA wird in Mengen von mehr als 50 mg/kg in
24 Stunden produziert und inhibiert die Adhäsion von Bakterien, blockiert die Absorption von Makromolekülen im Darm, neutralisiert
Viren und verstärkt die Elimination von Antigenen im Gewebe, indem es an sie bindet und den rezeptorvermittelten Transport von Immunkomplexen durch Epithelzellen fördert.
Neuere Studien haben gezeigt, dass der physiologischen Keimflora
eine wichtige Rolle bei der Aufrechterhaltung eines normalen Immunsystems zukommt. Die normale Keimbesiedlung induziert antiinflammatorische Funktionen im Darm und schützt die Epithelzellen
vor Pathogenen durch die Aktivierung von Toll-like-Rezeptoren und
anderen Pattern Recognition Receptors. Wenn die physiologische
Keimbesiedlung des Darmes zerstört wird, kommt es zur Abnahme
der TH1-Zellen und zu anderen Veränderungen des Immunsystems.
Eine Wiederherstellung der physiologischen Keimflora kann auch die
gestörte Balance der T-Helfer-Zell-Subsets wiederherstellen. Bei einer
intakten Darmbarriere können Antigene diese entweder nicht überwinden oder werden durch eine selbstlimitierende protektive mukosale Immunantwort eliminiert (Abb. 372e-9). Wenn die Darmbarriere
zerstört wird, kann die mukosale Immunantwort gegen die kommensale Flora des Darmes chronisch entzündliche Darmerkrankungen
wie die Crohn-Krankheit und möglicherweise auch die Colitis ulcerosa
verursachen (Abb. 372e-9; Kap. 351). Unkontrollierte Immunantworten des MALT gegen Antigene aus der Nahrung, wie Gluten, sind
die Ursache der Zöliakie (Kap. 351).
ZELLULÄRE UND MOLEKULARE KONTROLLE DES PROGRAMMIERTEN ZELLTODES
Der Prozess der Apoptose oder des programmierten Zelltodes spielt
eine wichtige Rolle bei der Regulation normaler Immunantworten.
Grob vereinfachend kann eine Aktivierung eines der verschiedenen
Apoptosewege durch eine Vielzahl von Stimuli zur Elimination von
infizierten Zellen, Zellen mit DNS-Schäden oder aktivierte Immunzellen, die nicht weiter benötigt werden, führen (Abb. 372e-10). Die
größte bekannte Familie der so genannten Todesrezeptoren ist die Tumor-Nekrose-Faktor-Rezeptor(TNF-R)-Familie, bestehend aus TNFR1, TNF-R2, Fas (CD95), Death Receptor 3 (DR3), Death Receptor 4
(DR4, TRAIL-R1) und Death Receptor 5 (DR5, TRAIL-R2). Die Liganden für diese Rezeptoren gehören alle zur TNF-Familie. Die Bindung dieser Liganden an die jeweiligen Rezeptoren führt über die Ak-
tivierung einer Signalkaskade zur Aktivierung von Proteinen aus der
Familie der Caspasen, die die DNS der Zelle abbauen und damit den
Tod der Zelle verursachen. Zwei andere Wege des programmierten
Zelltodes werden durch nukleäres p53 oder mitochondrales Cytochrom C in vorgeschädigten Zellen in Gang gesetzt (Abb. 372e-10).
Mehrere Erkrankungen des Menschen werden durch Mutationen von
Apoptoseproteinen verursacht oder sind damit assoziiert (Tab. 372e14). Dazu gehören Mutationen von Fas oder Fas-Liganden bei autoimmunen und lymphoproliferativen Syndromen sowie Mutationen
apoptotischer Gene bei malignen Erkrankungen.
MECHANISMEN VON IMMUNOLOGISCH VERMITTELTEN SCHÄDEN AN MIKROORGANISMEN ODER WIRTSGEWEBEN
Die verschiedenen Reaktionen des angeborenen und adaptiven Immunsystems gegen Fremdantigen führen zu einer raschen und effizienten Beseitigung des Pathogens. Dabei interagieren die klassischen
Träger der adaptiven Immunantwort (T- und B-Zellen) mit Zellen
(Makrophagen, dendritische Zellen, Neutrophile, Eosinophile, Basophile) und löslichen Mediatoren (antimikrobielle Peptide, Pentraxine,
Komplement- und Gerinnungssystem) des angeborenen Immunsystems (Kap. 80 und 376).
Im Allgemeinen lässt sich die Abwehr von Pathogenen in fünf Phasen einteilen: (1) Migration von Leukozyten an den Ort, an dem sich
das Pathogen befindet, (2) Erkennung der Anwesenheit eines Pathogens durch Makrophagen sowie andere Zellen und Proteine des angeborenen Immunsystems, (3) spezifische Erkennung der Antigene
durch T- und B-Lymphozyten, (4) Verstärkung der entzündlichen
Antwort durch eine verstärkte Rekrutierung von spezifischen und unspezifischen Effektorzellen durch Komplementproteine, Zytokine, Kinine, Arachidonsäuremetaboliten und Mediatoren aus Mastzellen
und Basophilen, (5) Zusammenwirken von Makrophagen, Neutrophilen und Lymphozyten bei der Destruktion des Antigens und seiner
endgültigen Elimination durch Phagozytose (durch Makrophagen
und Neutrophile) oder durch direkte zytotoxische Mechanismen (vermittelt durch Makrophagen, Neutrophile, dendritische Zellen und
Lymphozyten). Unter normalen Umständen sorgt das geordnete
Durchlaufen dieser Phasen für eine kontrollierte Immun- und inflammatorischen Antwort, die den Wirt vor dem Angriff des Pathogens
schützt. Eine Störung der daran beteiligten Systeme kann jedoch zur
Gewebezerstörung und damit zu klinischen Krankheitsbildern beitra-
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372e-27
Teil 15
Erkrankungen des Immunsystems, des Bindegewebes und der Gelenke
TABELLE 372e-14 Molekulare Defekte des Immunsystems von Tieren oder Menschen, die autoimmune oder maligne Syndrome verursachen
Protein
Defekt
Erkrankung oder Syndrom
Untersuchungen am
Tiermodell oder beim
Menschen
Tumor-Nekrose-Faktor (TNF) α
Überexpression
Chronisch entzündliche Darmerkrankung (CED),
Arthritis, Vaskulitis
Mäuse
TNF-α
Verminderte Expression
Systemischer Lupus erythematodes (SLE)
Mäuse
Interleukin-1-Rezeptor-Antagonist
Verminderte Expression
Arthritis
Mäuse
IL-2
Überexpression
CED
Mäuse
IL-7
Überexpression
CED
Mäuse
IL-10
Überexpression
CED
Mäuse
IL-2-Rezeptor
Überexpression
CED
Mäuse
IL-10-Rezeptor
Überexpression
CED
Mäuse
IL-3
Überexpression
Demyelinisierendes Syndrom
Mäuse
Interferon-δ
Überexpression in der Haut
SLE
Mäuse
STAT-3
Verminderte Expression
CED
Mäuse
STAT-4
Überexpression
CED
Mäuse
Transforming Growth Factor (TGF) β
Verminderte Expression
Systemisches „Wasting-Syndrom“ und CED
Mäuse
TGF-β-Rezeptor auf T-Zellen
Verminderte Expression
SLE
Mäuse
Programmed death (PD-1)
Verminderte Expression
SLE-ähnliches Syndrom
Mäuse
Cytotoxic T-lymphocyte antigen-4 (CTLA-4)
Verminderte Expression
Systemische lymphoproliferative Erkrankung
Mäuse
IL-10
Verminderte Expression
CED (Maus)
Mäuse und Menschen
Zytokine und Signalproteine
Typ-1-Diabetes, Schilddrüsenerkrankung, primär
(Mensch)
Moleküle des Haupthistokompatibilitätskomplexesa
HLA-B27
Allelexpression oder Überexpression
Komplementfaktormangel für C1, 2, 3 oder 4
Verminderte Expression
Entzündliche Darmerkrankung
Ratten und Menschen
LIGHT (TNF-Superfamilie 14)
Überexpression
Systemisch lymphoproliferativ (Maus) und Autoimmunität
Mäuse
HLA-Klasse-II-DQB10301, -DQB10302
Allelexpression
Typ-1-Diabetes
Menschen
HLA-Klasse-II-DQB10401, -DQB10402
Allelexpression
Rheumatoide Arthritis
Menschen
HLA-Klasse-I-B27
Allelexpression
Ankylosierende Spondylitis, CED
Ratten und Menschen
TNF-Rezeptor 1 (TNF-R1)
Verminderte Expression
Familiäres periodisches Fiebersyndrom
Menschen
Fas (CD95; Apo-1)
Verminderte Expression
Autoimmunes lymphoproliferatives Syndrom Typ I
(ALPS I); malignes Lymphom; Blasenkarzinom
Menschen
Fas-Ligand
Verminderte Expression
SLE (nur 1 Fall identifiziert)
Menschen
Perforin
Verminderte Expression
Familiäre hämophagozytäre Lymphohistiozytose
(FHL)
Menschen
Caspase 10
Verminderte Expression
Autoimmunes lymphoproliferatives Syndrom Typ II
(ALPS II)
Menschen
bcl-10
Verminderte Expression
Non-Hodgkin-Lymphom
Menschen
P53
Verminderte Expression
Verschiedene maligne Neoplasien
Menschen
Bax
Verminderte Expression
Kolonkarzinom; hämatologische Malignome
Menschen
bcl-2
Verminderte Expression
Non-Hodgkin-Lymphom
Menschen
c-IAP2
Verminderte Expression
Niedriggradiges MALT-Lymphom
Menschen
NAIP1
Verminderte Expression
Spinale Muskelatrophie
Menschen
Menschen
Apoptose-Proteine
a
Die meisten Autoimmunerkrankungen sind mit mehreren HLA-Allelen assoziiert. Hier sind nur Beispiele aufgeführt.
Abkürzung: MALT = Mucosa-associated Lymphoid Tissue.
Quelle: Nach L Mullauer et al: Mutat Res 488:211; 2001 und A Davidson, Diamond B: N Engl J Med 345:340; 2001, mit frdl. Genehmigung.
gen. Außerdem kann bei bestimmten Infektionen auch die normale
Immunantwort bereits zu Gewebeschäden führen. Zum Beispiel führt
die entzündliche und Immunantwort gegen Infektionen mit Mycobacterium tuberculosis im zentralen Nervensystem zu einer hohen
Morbidität der Tuberkulose, wenn sie in diesem Organsystem auftritt
372e-28
(Kap. 202). Auch die Morbidität bei bestimmten Pneumonien, beispielsweise bei der Pneumocystis-jiroveci-Pneumonie, ist eher Folge
der entzündungsbedingten Gewebezerstörung als einer direkten gewebeschädigender Wirkung der Erreger (Kap. 244).
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Einführung in das Immunsystem
Todesrezeptor-vermittelt
Mitochondrial vermittelt
(FAS, TNF, TRAIL)
(Gammastrahlung)
Todesligand
Sauerstoffradikale
DNS-Schaden
BIM, PUMA und andere
BH3-only-Proteine
Todesrezeptor
?
BCL-XL-BCL2
FADD
BCL2-BCL-XL
BAX
Caspase 8
IAPS
BAK
c-FLIP
tBID
BID
SMAC/DIABLO
Cytochrom C
SMAC/DIABLO
Caspase 3
Cytochrom C
APAF1
Substratspaltung
Caspase 9
Apoptose
IAPS
Abbildung 372e-10 Signalwege der zellulären Apoptose. Es gibt zwei Hauptwege:
den Todesrezeptor-Signalweg, der durch die Aktivierung von Todesrezeptoren vermittelt
wird, und den BCL2-regulierten mitochondrialen Signalweg, der von Noxen ausgelöst
wird, die schließlich zur Schädigung der Mitochondrien führen. Durch die Bindung von
Fas-Ligand (FasL) an den Todesrezeptor Fas wird Fas trimerisiert und seine so genannte
Todesdomäne aktiviert. An diese aktivierte Fas-Todesdomäne bindet das Adaptorprotein
FADD (Fas-associated via Death Domain). FADD wiederum rekrutiert Pro-Caspase 8, die
daraufhin aktiviert wird und ihrerseits die Caspase 3 aktiviert, die exekutive Schlüsselcaspase. Cellular FLICE-inhibitory Protein (c-FLIP) kann die Bindung von FADD und Caspase 8 konzentrationsabhängig fördern oder hemmen. Beim intrinsischen Signalweg
werden durch noxische Reize proapoptotische BH3-Proteine aktiviert, die mit antiapoptotischem BCL2 oder BCL-XL interagieren und es hemmen. Dadurch sind BAX und BAK in
der Lage, die Permeabilität der Mitochondrien zu erhöhen und Cytochrom C freizusetzen,
was schließlich zur Aktivierung von Caspase 9 durch das Apoptosom führt. Caspase 9
aktiviert dann Caspase 3. Auch SMAC/DIABLO wird nach der mitochondrialen Permeabilisierung freigesetzt und blockiert die Inhibitoren des Apoptoseproteins (IAPs), welche die
Caspaseaktivierung hemmen. Es bestehen Querverbindungen zwischen beiden Signalwegen durch die trunkierte Form von BID (tBID), das durch die BID-Spaltung durch Caspase 8
entsteht; tBID hemmt den BCL2-BCL-XL-Signalweg und aktiviert BAX und BAK. Es besteht Uneinigkeit darüber, ob die proapoptotischen BH3-Moleküle (z. B. BIM und PUMA)
direkt auf BAX und BAK wirken und die mitochondriale Permeabilität auslösen, oder ob
sie nur auf BCL2-BCL-XL wirken. APAF1 = apoptotischer Protease-aktivierender Faktor 1;
BH3 = BCL-Homolog; TNF = Tumor-Nekrose-Faktor; TRAIL = TNF-related apoptosisinducing ligand. (Aus RS Hotchkiss et al: N Engl J Med 361:1570, 2009, mit frdl. Genehmigung.)
& MOLEKULARE BASIS VON INTERAKTIONEN ZWISCHEN LYMPHOZYTEN
UND ENDOTHELZELLEN
Die Kontrolle der Zirkulation der Lymphozyten zwischen dem Blutstrom und den peripheren lymphatischen Organen erfolgt auf der Basis von Interaktionen von Lymphozyten mit Endothelzellen, über die
die Einwanderung bestimmter Subpopulationen der Lymphozyten in
die entsprechenden Organe reguliert wird. Ähnlich wird die Einwanderung von Lymphozyten in entzündete Gewebe reguliert. Die Expression von Adhäsionsmolekülen und Endothelzellen reguliert die
Retention und die Auswanderung von Lymphozyten aus Geweben, in
denen sie durch Antigene stimuliert werden, verzögert damit ihren
Austritt aus diesen Geweben und verhindert, dass sie wieder in den
Pool der zirkulierenden Lymphozyten eintreten (Abb. 372e-11). Jegliche Art von Migration der Lymphozyten beginnt mit der Anheftung
der Lymphozyten an spezielle Regionen in den Gefäßen, so genannten High Endothelial Venules (HEV). Ein wichtiges Konzept bei der
Migration von Lymphozyten ist, dass Adhäsionsmoleküle so lange
nicht an ihren Liganden binden können, bis es zu einer Änderung der
Konformation des Adhäsionsmoleküls (Ligand-Aktivierung) kommt,
die dann wiederum erst die Bindung des Liganden erlaubt. Die In-
372e
duktion der konformationsabhängigen Determinante eines Adhäsionsmoleküls kann durch Zytokine oder durch die Ligation anderer
Adhäsionsmoleküle auf der Zelle erfolgen.
Der erste Schritt in der Lymphozyten-Endothel-Interaktion, das
Anheften und Rollen, geschieht, wenn die Lymphozyten in den postkapillären Venolen den laminaren Blutstrom verlassen und an den
Endothelzellen entlangrollen (Abb. 372e-11). Das Rollen der Lymphozyten wird vermittelt durch die L-Selektine (LECAM-1, LAM-1,
CD62L) und verringert die Geschwindigkeit der Lymphozyten in den
Venolen, um so eine Aktivierung der adhärenten Zellen zu ermöglichen.
Für den zweiten Schritt der Lymphozyten-Endothel-Interaktion,
die Adhäsion und den aktivierungsabhängigen stabilen Arrest, müssen
die Lymphozyten durch chemotaktisch wirkende Substanzen oder
von durch Endothelzellen produzierte Zytokine aktiviert werden. Zytokine und andere Mediatoren, die an diesem Prozess unter anderem
beteiligt sind, sind Mitglieder der IL-8-Familie, Platelet-activating
Factor, Leukotrien B4 sowie C5a. Zusätzlich exprimieren die HEV
Chemokine wie SLC (CCL21) und ELC (CCL19), die auch an diesem
Prozess beteiligt sind. Nach ihrer Aktivierung durch diese chemoattraktiven Mediatoren verlieren die Lymphozyten die Expression von
CD62L auf ihrer Oberfläche (shedding) und regulieren die Expression
von CD11b/18 (Mac-1) oder CD11a/18 (LFA-1) herauf, was eine feste
Bindung an die HEV ermöglicht.
An der Einwanderung von Lymphozyten in periphere Lymphknoten ist eine Interaktion zwischen L-Selektin und Glykoproteinen, die
von den Endothelzellen der HEV exprimiert werden, beteiligt. Diese
Glykoproteine werden kollektiv als Peripheral Lymph Node Addressin
(PNAd) bezeichnet. Im Gegensatz dazu erfolgt die Migration von
Lymphozyten in die Peyer-Plaques im Darm vorwiegend über die Adhäsion des Integrins α4β7 an von den HEV der Peyer-Plaques exprimiertes Mucosal Addressin Cell Adhesion Molecule-1 (MAdCAM-1).
Allerdings benutzen naive Lymphozyten zur Einwanderung in die
lymphoiden Aggregate der Peyer-Plaques bevorzugt L-Selektine, während Gedächtnis-Lymphozyten vorwiegend das α4β7-Integrin benutzen. Die Interaktion zwischen dem Integrin α4β1 (CD49d/CD29,
VLA-4) mit VCAM-1 ist besonders wichtig für die initale Adhäsion
von Gedächtnis-Lymphozyten mit den HEV vieler Organe bei Entzündungen (Tab. 372e-15).
Der dritte Schritt der Emigration von Leukozyten aus den HEV
wird als Adhäsion und Transmigration bezeichnet. Dieses feste Anheften der Leukozyten an den Endothelzellen erfolgt über die Bindung des αLβ2-Integrins LFA-1 an ICAM-1 auf HEV. Während die
ersten drei Schritte des Anhaftens der Lymphozyten an die HEV nur
wenige Sekunden benötigen, dauert der vierte Schritt, die transendotheliale Migration, ungefähr 10 Minuten. Obwohl die molekularen Mechanismen der transendothelialen Migration noch nicht genau
bekannt sind, wird angenommen, dass CD44 und andere Moleküle
der Glykokalyx der Endothelzellen der HEV wichtige Regulatoren
dieses Prozesses sind (Abb. 372e-11). Weiterhin ist auch die Expression von Matrix-Metalloproteinasen notwendig, um die subendotheliale Basalmembran, die reich an nicht fibrillärem Kollagen ist, zu zerstören und damit die Penetration der Zellen in den extravaskulären
Raum zu ermöglichen.
Die abnormale Induktion einer HEV-Bildung und der Moleküle,
die oben diskutiert wurden, wird mit der Entstehung und Aufrechterhaltung von Entzündungen bei mehreren chronisch entzündlichen
Erkrankungen in Verbindung gebracht. So wurde in Tiermodellen des
Typ-1-Diabetes gezeigt, dass MAdCAM-1 und GlyCAM-1 in den entzündeten Langerhans-Inseln überexprimiert werden und das eine Behandlung dieser Tiere mit Inhibitoren von L-Selektin und α4-Integrinen die Entwicklung des Typ-1-Diabetes verhindern kann (Kap. 417).
Eine ähnliche Rolle von abnormal exprimierten Adhäsionsmolekülen
wird auch bei der rheumatoiden Arthritis (Kap. 380), der HashimotoThyreoiditis (Kap. 405), der Basedow-Krankheit (Kap. 405), der Multiplen Sklerose (Kap. 458), der Crohn-Krankheit (Kap. 351) und der
Colitis ulcerosa (Kap. 351) vermutet.
& IMMUNKOMPLEXBILDUNG
Die Bildung von Komplexen aus Antigen und spezifischen Antikörpern, so genannter Immunkomplexe, und damit eine Beseitigung des
Antigens ist ein hocheffektiver Abwehrmechanismus. Immunkomplexe können abhängig von ihrer Menge und ihren physikochemischen
Eigenschaften Schäden von körperfremden Zellen oder körpereigenen
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372e-29
Teil 15
Erkrankungen des Immunsystems, des Bindegewebes und der Gelenke
Gefäßlumen
1. Anheften und Rollen
2. Signal durch
Chemokine
3. Arrest
4. Polarisierung
und Diapedese
5. Junktionales
Rearrangement
6. Proteolyse
Basalmembran
Zytokinstimulierte
Parenchymzelle
DZ
Lymphgefäß
Untergegangene oder
entzündete
Gewebe
8. Wanderung der DZ in die
drainierenden Lymphknoten
Selektin
Inaktiv
Sialomycin
Aktive Integrine
Proinflammatorische
chemotaktische
Mediatoren
ICAM-1
oder
VCAM-1
7. Interstitielle
Migration
GPCR
EZM mit GAG
CCL19
CCL21
CCR7
Kollagen
Abbildung 372e-11 Die wichtigsten Schritte der Migration von Immunzellen in entzündete Gewebe. Eine durch Infektion oder Gewebezerstörung verursachte Entzündung
induziert eine Freisetzung von Zytokinen (nicht dargestellt) und anderen chemotaktisch wirksamen Mediatoren (rote Pfeilspitzen) aus Stromazellen und „professionellen“ Wächterzellen,
wie Mastzellen und Makrophagen (nicht dargestellt). Diese inflammatorischen Signale führen zu einer Heraufregulation endothelialer Selektine und Mitglieder der Immunglobulin-Superfamilie (insbesondere ICAM-1 und/oder VCAM-1). Chemokine und andere chemotaktisch wirkende Mediatoren werden entweder direkt durch Endothelzellen von Venen produziert oder
von ihnen transloziert und gelangen so ins Lumen der Blutgefäße. Die Leukozyten, die die entsprechenden Rezeptoren exprimieren, durchlaufen eine mehrstufige „Adhäsionskaskade“
(Schritt 1–3), polarisieren sich und durchdringen durch Diapedese die Gefäßwand (Schritt 4 und 5). Während der Diapedese kommt es zu einer zeitweiligen Auflösung der Verbindung
der Epithelzellen untereinander und zur Penetration der darunter liegenden Basalmembran (Schritt 6). Wenn sich die Zellen im extravaskulären Raum befinden, interagieren sie mithilfe
verschiedener Integrine mit Kollagenfaser, Laminin, Fibronektin und anderen Bestandteilen der extrazellulären Matrix (EZM) und mit ICAM-1 auf der Oberfläche von Parenchymzellen
(Schritt 7). Diese gerichtete Bewegung wird durch Chemokine und andere Mediatoren gesteuert, die durch Glukosaminoglykane (GAG), die sich an Bestandteilen der extrazellulären
Matrix und an Stromazellen befinden, immobilisiert werden können. Proinflammatorische Signale führen auch zur Ausreifung gewebeständiger dendritischer Zellen. Nachdem diese
dendritischen Zellen Antigene des zerstörten Gewebes und von Pathogenen aufgenommen haben, regulieren sie CCR7 herauf. Durch die Interaktion mit den CCR7-Liganden CCL21
und CCL19 gelangen sie über die drainierenden Lymphgefäße in den lokalen Lymphknoten. Dort können sie naive T-Zellen aktivieren und Gedächtnis-T-Zellen expandieren, die dann
wieder über das Blut den Ort der Entzündung erreichen können. Auch T-Zellen in peripheren Geweben nutzen diesen CCR7-abhängigen Weg, um über afferente Lymphgefäße wieder
in die lokalen Lymphknoten einwandern zu können. (Nach AD Luster, R Alon, UH von Andrian, Nat Immunol 6:1182, 2005, mit frdl. Genehmigung.)
Geweben verursachen. Nach einem Antigenkontakt können verschiedene Formen von Antigen-Antikörper-Komplexen frei zirkulieren,
die, wenn sie nicht durch das retikuloendotheliale System abgebaut
werden, in den Wänden von Blutgefäßen oder anderen Organe wie
Glomeruli der Niere abgelagert werden können, wo sie dann Vaskulitiden oder Glomerulinephritiden verursachen können (Kap. 338 und
Kap. 385). Der Mangel früher Komplementkomponenten führt bei
Autoimmunsyndromen zur unzureichenden Clearance von Immunkomplexen und einem immunkomplexvermittelten Gewebeschaden,
während der Mangel später Komplementkomponenten für rezidivierende Infektionen mit Neisseria prädisponiert (Tab. 372e-16).
ÜBEREMPFINDLICHKEITSREAKTION VOM SOFORTTYP
Die Bildung von IgE-Antikörpern gegen Allergene wird vorwiegend
von TH2-Zellen, die IL-4, -5, -6 sowie IL-10 produzieren, gesteuert.
Mastzellen und Basophile besitzen hochaffine Rezeptoren für den FcTeil von IgE (FcεRI) und die zellgebundenen allergenspezifischen IgEAntikörper können dann nach einer Kreuzvernetzung dieser Rezeptoren durch die Bindung des Allergens effektiv aktiviert werden. Mediatoren, die nach einer solchen Aktivierung freigesetzt werden, sind verantwortlich für die pathophysiologischen Veränderungen bei allergischen Erkrankungen (Tab. 372e-11). Diese Mediatoren können in
drei funktionelle Gruppen eingeteilt werden: (1) solche, die die vaskuläre Permeabilität erhöhen und zu einer Kontraktion glatter Muskel-
372e-30
zellen führen (Histamin, Plättchen-aktivierender Faktor, SRS-A, BKA), (2) Faktoren mit chemotaktischer oder aktivierender Wirkung auf
inflammatorische Zellen (ECF-A, NCF, Leukotrien B4) und (3) solche,
die die Freisetzung anderer Mediatoren modulieren (BK-A, Plättchen-aktivierender Faktor) (Kap. 376).
ANTIKÖRPER-VERMITTELTE ZYTOTOXIZITÄT
Bei dieser Form der durch das Immunsystem vermittelten Gewebsschäden kommt es durch die Bindung von Komplement-fixierenden
Antikörpern (IgM, IgG1, IgG2, IgG3) an normale oder fremde Zellen
oder Gewebe zur Aktivierung des klassischen Komplementwegs.
Ähnlich wie bei der Komplementaktivierung durch Immunkomplexablagerungen führt dies zur Zelllyse oder zu Gewebeschäden. Beispiele für eine Antikörper-vermittelte Zytotoxizität sind die Lyse von Erythrozyten bei Transfusionsreaktionen, die Schädigung der glomerulären Basalmembran durch Antikörper beim Goodpasture-Syndrom
und bei Pemphigus vulgaris, bei dem es durch antiepidermale Antikörper zur Blasenbildung der Haut kommt.
& KLASSISCHE VERZÖGERTE ÜBEREMPFINDLICHKEITSREAKTION
Als verzögerte Überempfindlichkeitsreaktion bezeichnet man entzündliche Reaktionen, die durch mononukleare Leukozyten und nicht nur
durch Antikörper initiiert werden. Als verzögert werden diese Reaktionen bezeichnet, weil sie als sekundäre zelluläre Immunreaktionen
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Einführung in das Immunsystem
372e
TABELLE 372e-15 Adhäsionsmoleküle, die an entzündlichen Erkrankungen beteiligt sind
Erkrankung
Haupteffektorzelle
Vermutete Rezeptoren der Leukozyten für endotheliale Migrationssignale
L-Selektin, Ligand
Integrina
GPCR
Akute Entzündung
Myokardinfarkt
Neutrophile Granulozyten
PSGL-1
CXCR1, CXCR2, PAFR, BLT1
LFA-1, Mac-1
Schlaganfall
Neutrophile Granulozyten
L-Selektin, PSGL-1
CXCR1, CXCR2, PAFR, BLT1
LFA-1, Mac-1
PSGL-1
CXCR1, CXCR2, PAFR, BLT1
LFA-1, Mac-1
Reperfusionsschäden nach Ischämie Neutrophile Granulozyten
TH1-vermittelte Entzündung
Atherosklerose
Monozyten
PSGL-1
CCR1, CCR2, BLT1, CXCR2, CX3CR1
VLA-4
TH1
PSGL-1
CXCR3, CCR5
VLA-4
Multiple Sklerose
TH1
PSGL-1 (?)
CXCR3, CXCR6
VLA-4, LFA-1
Monozyten
PSGL-1 (?)
CCR2, CCR1
VLA-4, LFA-1
Rheumatoide Arthritis
Monozyten
PSGL-1
CCR1, CCR2
VLA-1, VLA-2, VLA-4, LFA-1
TH1
PSGL-1
CXCR3, CXCR6
VLA-1, VLA-2, VLA-4, LFA-1
Neutrophile Granulozyten
L-Selektin, PSGL-1
CXCR2, BLT1
LFA-1b
Psoriasis
TH1 in der Haut
CLA
CCR4, CCR10, CXCR3
VLA-4c, LFA-1
Crohn-Krankheit
TH1 im Darm
PSGL-1
CCR9, CXCR3
α4, β7, LFA-1
Typ-1-Diabetes
TH1
PSGL-1 (?)
CCR4, CCR5
VLA-4, LFA-1
CD8
L-Selektin (?), PSGL-1 (?) CXCR3
VLA-4, LFA-1
CD8
PSGL-1
CXCR3, CX3CR1, BLT1
VLA-4, LFA-1
Transplantatabstoßung
B-Zellen
L-Selektin, PSGL-1
CXCR5, CXCR4
VLA-4, LFA-1
Hepatitis
CD8
PSGL-1
CXCR3, CCR5, CXCR6
VLA-4
Lupus
TH1
Keine
CXCR6
VLA-4d
Plasmazytoide dendritische Zelle L-Selektin, CLA
CCR7, CXCR3, ChemR23
LFA-1, Mac-1
B-Zelle
CLA (?)
CXCR5, CXCR4
LFA-1
TH2
PSGL-1
CCR4, CCR8, BLT1
LFA-1
Eosinophile
PSGL-1
CCR3, PAFR, BLT1
VLA-4, LFA-1
Mastzellen
PSGL-1
CCR2, CCR3, BLT1
VLA-4, LFA-1
TH2 in der Haut
CLA
CCR4, CCR10
VLA-4, LFA-1
TH2-vermittelte Entzündung
Asthma bronchiale
Atopische Dermatitis
Verschiedene β1-Integrine spielen auch eine Rolle bei der Migration verschiedener Zelltypen durch Basalmembranen und interstitielles Bindegewebe unter entzündlichen Bedingungen.
Unter bestimmten Bedingungen spielt Mac-1 eine Rolle bei der Transmigration.
c CD44 kann gemeinsam mit VLA-4 an bestimmten Formen des Leukozyten-Arrests beteiligt sein.
d T 2-Zellen benötigen VAP-1, um in die entzündete Leber zu migrieren.
H
Quelle: Nach AD Luster, UH von Adrian: Nature Immunol, vol. 6, 2005, mit frdl. Genehmigung.
a
b
nach dem Antigenkontakt zur vollen Ausprägung 48–72 Stunden
brauchen. Im Gegensatz dazu spielen sich Reaktionen vom Soforttyp
innerhalb von 12 Stunden nach dem Antigenkontakt ab, weil sie
durch präformierte Antikörper und anschließende Aktivierung von
Mastzellen und Basophilen verursacht werden. Ein Beispiel für eine
verzögerte Überempfindlichkeitsreaktion ist der Tuberkulintest. Hierbei wird aufgereinigtes Protein von M. tuberculosis intradermal gespritzt. Wenn der Patient Kontakt zu Mycobacterium tuberculosis hatte, kommt es 48–72 Stunden nach der Injektion zur Induration an
der Injektionsstelle.
An den zellulären Interaktionen, die zu einer verzögerten Überempfindlichkeitsreaktion führen, sind vorwiegend T-Helfer-1-Zellen
beteiligt, die IFN-γ, IL-2 und TNF-α produzieren. Neuerdings wird
angenommen, dass auch natürliche Killerzellen an bestimmten Formen verzögerter Überempfindlichkeitsreaktionen beteiligt sind, die
durch Kontakt von Immunogenen mit der Haut verursacht werden.
Im ersten Schritt kommt es zu einer lokalen entzündlichen Antwort
auf das Fremdantigen mit Heraufregulation von Adhäsionsmolekülen
auf Endothelzellen und dadurch zu einer lokalen Akkumulation von
Lymphozyten. In den Übersichtsdarstellungen Abbildung 372e-2
und Abbildung 372e-3 wird dargestellt, wie Antigene von dendritischen Zellen prozessiert und für Antigen-spezifische T-Zellen präsentiert werden. Die Produktion von IL-12 durch Antigen-präsentierende
Zellen führt dann zur Induktion der IFN-γ-Produktion (TH1-Zelle).
Unter dem Einfluss von IFN-γ kommt es zur epitheloidenzellartigen
TABELLE 372e-16 Komplementdefekte und assoziierte Erkrankungen
Komponente
Assoziierte Erkrankung
Klassischer Weg
C1q, C1r, C1s, C4
Immunkomplexsyndromea, pyogene Infektionen
C2
Immunkomplexsyndromea, manchmal mit pyogener Infektion
C1-Inhibitor
Seltene Immunkomplexerkrankung, manchmal mit pyogenen
Infektionen
C3 und alternativer Weg C3
C3
Immunkomplexsyndromea, pyogene Infektionen
D
Pyogene Infektionen
Properdin
Neisseria-Infektionen
I
Pyogene Infektionen
H
Hämolytisch-urämisches Syndrom
Membranangriffskomplex
C5, C6, C7, C8
Rezidivierende Neisseria-Infektionen, Immunkomplexerkrankung
C9
Seltene Neisseria-Infektionen
a Immunkomplexsyndrome einschließlich systemischer Lupus erythematodes (SLE) und SLEähnlicher Syndrome, Glomerulonephritis und vaskulitischer Syndrome.
Quelle: Nach JA Schifferli, DK Peters, Lancet 88:957, 1983, mit frdl. Genehmigung.
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372e-31
Teil 15
Erkrankungen des Immunsystems, des Bindegewebes und der Gelenke
Transformation und zur Bildung von multinuklearen Riesenzellen.
Dieser Typ eines Infiltrats aus mononukleären Zellen wird auch als
granulomatöse Entzündung bezeichnet. Beispiele für Erkrankungen,
bei denen verzögerte Überempfindlichkeitsreaktionen eine wichtige
Rolle spielen, sind Pilzinfektionen (Histoplasmose, Kap. 236), mykobakterielle Infektionen (Tuberkulose, Lepra; Kap. 202 und Kap. 203),
Chlamydieninfektionen (Lymphogranulomum venereum; Kap. 213),
Infektionen mit Helminthen (Schistosomiasis; Kap. 259), Reaktionen
auf Toxine (Berylliose, Kap. 311) und Überempfindlichkeitsreaktionen auf organische Stäube (Hypersensitivitätspneumonie; Kap. 310).
Außerdem wird angenommen, dass verzögerte Überempfindlichkeitsreaktionen eine bedeutende Rolle bei der Gewebeschädigung spielen,
die bei Autoimmunerkrankungen wie der rheumatoiden Arthritis, der
Arteriitis temporalis und der granulomatösen Polyangiitis auftreten
(Kap. 380 und Kap. 385).
UNTERSUCHUNG DER FUNKTION DES IMMUNSYSTEMS
Zur Einschätzung der Funktion des Immunsystems ist es notwendig,
seine vier Hauptkomponenten, die an der Immunabwehr oder auch
an der Pathogenese von Autoimmunerkrankungen beteiligt sein können, zu untersuchen. Dazu gehören (1) die humorale Immunität (BZellen), (2) die zellvermittelte Immunität (T-Zellen, Monozyten),
(3) phagozytierende Zellen des retikuloendothelialen Systems (Makrophagen und Neutrophile) und (4) das Komplementsystem. Klinische Probleme, die zur Untersuchung des Immunsystems veranlassen sollten, sind chronische, rezidivierende oder ungewöhnliche Infektionen sowie einige Autoimmunsyndrome. Der Typ des klinischen
Syndroms kann bereits Hinweise auf mögliche Immundefekte liefern
(Kap. 374). Störungen der zellulären Immunität verursachen häufig
virale, mykobakterielle oder Pilzinfektionen. Ein Extrembeispiel eines
zellulären Immundefektes ist AIDS (Kap. 226). Antikörpermangel
führt zu rezidivierenden bakteriellen Infektionen, besonders mit
Streptococcus pneumoniae oder Haemophilus influenzae (Kap. 374).
Defekte von Phagozyten führen zu häufigen rezidivierenden Hautinfektionen mit Staphylococcus aureus (Kap. 80) und Defekte von
frühen oder späten Komplementproteinen sind assoziiert mit Autoimmunphänomen und rezidivierenden Infektionen mit Neisserien
(Tab. 372e-16). Für eine weiterführende Diskussion initialer Screeningtests für die Untersuchung des Immunsystems siehe Kapitel 374.
IMMUNTHERAPIE
Die meisten derzeitigen Therapien für autoimmune und entzündliche
Erkrankungen beruhen auf der Behandlung mit unspezifischen Immunmodulatoren oder Immunsuppressiva, wie Glukokortikoiden
oder zytotoxischen Substanzen. Das Ziel der Entwicklung neuer immunmodulatorischer Therapien ist es, pathologische Immunreaktionen gezielt zu unterdrücken, während gleichzeitig normale Immunreaktionen intakt bleiben. Neue Ansätze sind hierbei unter anderem
die Verwendung antiinflammatorischer Zytokine oder spezifischer
Zytokin-Inhibitoren als antientzündliche Strategien, gegen T- oder BZellen gerichtete monoklonale Antikörper sowie die Verwendung intravenöser Immunglobuline für die Behandlung von Infektionen und
Immunkomplex-vermittelten Erkrankungen. Weitere Behandlungsstrategien beruhen auf der Verwendung spezifischer Zytokine, um bestimmte Zellen des Immunsystems zu rekonstituieren, und die Knochenmarktransplantation, mit der ein erkranktes Immunsystem mit
einem normal funktionierenden ersetzt werden kann (Kap. 80, 374
und Kap. 226). Ein monoklonaler Antikörper, der gegen ein Membranprotein von B-Lymphozyten gerichtet ist (Rituximab, Anti-CD20
MAb) und schon länger zur Behandlung des Non-Hodgkin-Lymphoms zugelassen (Kap. 134) ist, ist inzwischen auch zur Behandlung
Erwachsener mit schwerer rheumatoider Arthritis zugelassen
(Kap. 380). Die US-amerikanische Food and Drug Administration
(FDA) hatte im Jahr 2010 CTLA-4-Antikörper (Ipilimumab) als Immuntherapie bei Malignomen zugelassen, um die Hemmung der Aktivierung von T-Zellen verhindern. Es war das erste Mittel, das Überlebensvorteile bei fortgeschrittenen malignen Melanomen aufzeigen
konnte. Neuere Studienergebnisse zeigten ferner, dass PD-1-Inhibitoren eine T-Zell-Erschöpfung verhindern und so eine Tumorregression
bewirken können.
Zelluläre Therapien wurden bereits seit Jahren untersucht, darunter
Ex-vivo-Aktivierung und Reinfusion von NK-Zellen bei malignen Er-
372e-32
krankungen und Ex-vivo Priming und Reinfusion von dendritischen
Zellen mit Priming auf Antigene maligner Erkrankungen. Letztere
Methode wurde bereits von der FDA bei der Behandlung des höhergradigen Prostatakarzinoms zugelassen.
& ZYTOKINE UND ZYTOKININHIBITOREN
Verschiedene TNF-Inhibitoren werden zur Therapie der rheumatoiden Arthritis angewandt. Dazu gehören monoklonale Antikörper,
TNF-R-Fc-Fusionsproteine und Fab-Fragmente. Die Verwendung
von Anti-TNF-α-Antikörpern wie Adalimumab, Infliximab, Certolizumab oder Golimumab führte zur Verbesserung des klinischen
Krankheitsbildes bei dieser Erkrankung und darüber hinaus wird dieses Therapieprinzip auch bei anderen schweren autoimmunen oder
entzündlichen Erkrankungen eingesetzt wird. Die Blockade von
TNF-α ist wirksam bei rheumatoider Arthritis, Psoriasis, CrohnKrankheit und ankylosierender Spondylitis. Anti-TNF-α MAb (Infliximab) wurde von der FDA zur Behandlung der rheumatoiden Arthritis zugelassen.
Weitere Zytokininhibitoren sind ein Fusionsprotein aus einem rekombinanten löslichen TNF-α-Rezeptor (R) und humanem Immunglobulin sowie Anakinra (löslicher IL-1-Rezeptorantagonist oder IL1Ra). Die Behandlung autoentzündlicher Syndrome (Tab. 372e-6)
mit rekombinantem IL-1-Rezeptorantagonisten kann die Symptome
unterdrücken, da die Überproduktion von IL-1β Leitsymptom dieser
Krankheiten ist.
Das TNF-αR-Fc Protein (Etanercept) und IL-1Ra hemmen die pathogenen Zytokine bei rheumatoider Arthritis, d. h., TNF-α bzw. IL1. Auch Anti-IL-6, IFN-β und IL-11 hemmen pathogene proinflammatorische Zytokine. Anti-IL-6 (Tocilizumab) hemmt die IL-6-Aktivität, während IFN-β und IL-11 die Produktion von IL-1 und TNF-α
reduzieren.
Besonders bemerkenswert ist der erfolgreiche Einsatz von Interferon γ bei der Behandlung der chronischen Granulomatose (Chronic
Granulomatous Disease), einem Syndrom, das infolge verminderter
Phagozytenfunktion auftritt (Kap. 80).
& MONOKLONALE ANTIKÖRPER GEGEN T- ODER B-LYMPHOZYTEN
Der gegen humane T-Zellen gerichtete monoklonale Antikörper
OKT3 wird seit vielen Jahren als T-Zell-spezifisches Immunsuppressivum bei der Transplantation solider Organe verwendet. OKT3 ist eine
Alternative zu polyklonalem Antithymozytenglobulin (ATG), das aus
dem Serum von Kaninchen oder Pferden aufgereinigt wird, weil es
weniger allergische Reaktionen verursacht. Allerdings führt es häufig
zur Bildung von Human-anti-Maus-Antikörpern, die den Einsatz des
Medikamentes limitieren. Anti-CD4-Antikörper wurden in Studien
mit Patienten mit rheumatoider Arthritis untersucht. Diese Antikörper verursachen eine starke Immunsuppression und steigern dadurch
die Suszeptibilität für schwere Infektionen. Die Blockade von CD40CD40-Ligand-Interaktionen durch monoklonale Antikörper gegen
CD40L ist im Tiermodell zwar Erfolg versprechend, klinische Studien
ruhen jedoch zur Zeit wegen prothrombotischer Effekte, die in PhaseI/II-Studien aufgetreten waren. Monoklonale Antikörper gegen CD25
(IL-2-Rezeptor-α-Kette; Basiliximab) werden zur Behandlung der
Graft-versus-Host-Krankheit nach Knochenmarktransplantationen
eingesetzt und Anti-CD20-Antikörper (Rituximab) zur Therapie von
hämatologischen Neoplasmen, Autoimmunkrankheiten der Abstoßungsreaktion nach Nierentransplantation. Ein monoklonaler AntiIgE-Antikörper (Omalizumab) wird zur Blockade von IgE-Antikörpern verwendet, die Heuschnupfen und allergische Rhinitis verursachen (Kap. 376). Allerdings ist ein erhöhtes Anaphylaxierisiko eine
der Nebenwirkungen von Anti-IgE. Studien haben gezeigt, dass
TH17-Zellen, ebenso wie TH1, bei der Crohn-Krankheit als Entzündungsmediatoren fungieren; die Therapie mit Anti-IL-12/IL-23p40Antikörper wurde untersucht.
Wichtig sind die potenziellen Risiken dieser immunsuppressiven
monoklonalen Antikörper. Natalizumab ist ein humanisierter IgGAntikörper gegen ein α4-Integrin, das die Leukozytenmigration in die
Gewebe hemmt, und ist unter bestimmten Bedingungen zur Behandlung der Multiplen Sklerose zugelassen. Sowohl Natalizumab als auch
der Anti-CD20-Antikörper (Rituximab) wurden mit der Auslösung
einer progressiven multifokalen Leukenzephalopathie (PML) in Verbindung gebracht, einer schweren und für gewöhnlich tödlich verlaufenden ZNS-Infektion mit dem JC-Polyomavirus. Efalizumab, ein humanisierter monoklonaler IgG-Antikörper, der zur Behandlung der
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Einführung in das Immunsystem
Plaque-Psoriasis zugelassen war, wurde inzwischen wegen der Reaktivierung des JC-Virus mit letaler PML vom Markt genommen. Daher
sollten alle derzeit zugelassenen immunsuppressiven Immuntherapien
gemäß Leitlinien, mit Vorsicht und unter sorgfältiger Überwachung
erfolgen.
& TOLERANZINDUKTION
Große Hoffnung wird bei der spezifischen Immuntherapie auf die
Blockade der Kostimulation von T-Zellen durch lösliches CTLA-4Protein gesetzt. Bislang zugelassen für die Therapie der rheumatoiden
Arthritis, zeigen tierexperiementelle und frühe klinische Studien bei
der Transplantation von Knochenmark oder soliden Organe vielversprechende Ergebnisse. Die Behandlung des zu transplantierenden
Knochenmarkes mit löslichem CTLA-4 verringert die Abstoßung des
Transplantates bei HLA-inkompatiblen Spender/Empfänger-Kombinationen. Auch bei anderen Autoimmunerkrankungen, wie Psoriasis und systemischem Lupus erythematodes (Kap. 378), wird lösliches
CTLA-4 im Rahmen von Studien eingesetzt.
& INTRAVENÖSE IMMUNGLOBULINE (IVIG)
Intravenöse Immunglobuline werden erfolgreich zur Blockade des retikuloendothelialen Systems und des Abbaus von Immunkomplexen
bei verschiedenen immunologisch vermittelten Zytopenien (wie der
idiopathischen thrombozytopenischen Purpura; Kap. 140) eingesetzt.
IVIG können zudem Gewebeschäden bei verschiedenen entzündlichen Erkrankungen, wie dem Kawasaki-Syndrom (Kap. 385), verhindern und werden zur Aufrechterhaltung des IgG-Spiegels bei verschiedenen Antikörpermangelsyndromen eingesetzt (Kap. 374). Klinische Studien zeigen, dass IVIG auch bei bestimmten Patienten mit
Graft-versus-Host-Disease, Multipler Sklerose, Myasthenia gravis,
Guillain-Barré-Syndrom und chronischer demyelinisierender Polyneuropathie erfolgreich eingesetzt werden können.
372e
& STAMMZELLTRANSPLANTATION
Die Transplantation hämatopoetischer Stammzellen wird (im Rahmen von Studien) nun umfassend auf ihr Potenzial zur Behandlung
verschiedener Autoimmunerkrankungen, wie systemischem Lupus
erythematodes (SLE), Multipler Sklerose und Sklerodermie, untersucht. Das Ziel dieser Behandlung bei Autoimmunerkrankungen ist
die Rekonstitution des dysfunktionalen Immunsystems durch ein Immunsystem mit einem normalen, wenig autoreaktiven Immunzell-Repertoire. Die bisherigen Daten bei Patienten mit SLE zeigen vielversprechende Ergebnisse. Zurzeit werden kontrollierte Studien zu SLE,
Sklerodermie und Multipler Sklerose in den USA und Europa durchgeführt, um die Toxizität und Wirksamkeit konventioneller Immunsuppression mit der myeloablativen autologen Stammzelltransplantation zu vergleichen.
Insgesamt hat ein verbessertes Verständnis der Funktionen des Immunsystems zur Einführung einer ganzen Reihe neuer interventioneller Immuntherapien geführt, die langfristig in der Entwicklung spezifischer und nicht toxischer Therapieoptionen für entzündliche Erkrankungen münden werden. Kürzlich wurde eine Stammzelltransplantation bei einem Patienten mit HIV-1-Infektion durchgeführt.
Diese Infektion der CD4+-T-Zellen ist vom Vorhandensein des CD4Oberflächenrezeptors und dem Korezeptor Chemokinrezeptor 5
(CCR5) abhängig. Studien konnten demonstrieren, dass Patienten
mit einer homozygoten 32-bp-Deletion des CCR5 auf ihren CD4+-TZellen keine CCR5-Korezeptoren besitzen und sie deshalb eine Resistenz gegenüber jenen HIV-1-Infektionen haben, deren Stämme diesen
Korezeptor benötigen. Stammzellen eines für CCR5-delta32 homozygoten Patienten wurden einem Patienten mit HIV-1-Infektion nach
Standardkonditionierung transplantiert. Der Patient konnte in einer
Langzeitbeobachtung ohne Verabreichung antiretroviraler Medikamente die Infektion in Remission halten. Das schnell wachsende Verständnis für die Funktionen des Immunsystems eröffnet ein neues
Feld an Möglichkeiten für Immuntherapien und ermöglicht viele Wege zur Entwicklung spezifischerer, aber nebenwirkungsärmerer Therapien für immunologische und entzündliche Therapien.
Suttorp et al., Harrisons Innere Medizin (ISBN 978-3-940615-50-3), © 2016 ABW Wissenschaftsverlag
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