Inferenzmethoden Einheit 16 Modallogiken 1. Syntax & Semantik 2. Erweiterung des Extensionsverfahrens Modallogiken • Erweiterung der Prädikatenlogik um ‘Modalitäten’ – Modellierung von Schlußfolgerungen, die im Alltag verwendet werden · Formel F ist beweisbar · Ich bin sicher oder glaube, daß F gilt · Möglicherweise ist F gültig • Syntax: Prädikatenlogik + Modaloperatoren ,3 – , 3 sind Meta-Operatoren, die Aussagen über Formeln treffen – Lesart: F : “notwendigerweise F ” 3F : “möglicherweise F ” • Semantik abhängig von vorgesehener Anwendung – Je nachdem, ob als “beweisbar”, “wissen”, “glauben” verstanden wird – (∀x P x) ⇒ (∃x P x) ist nicht für jede Interpretation gültig • Beweisverfahren: – (Erweiterte) Sequenzenkalküle – Konnektionsbeweiser + Transformation der Formeln in Prädikatenlogik – Modifizierter Konnektionsbeweiser mit Präfixen für Modaloperatoren Inferenzmethoden §16 1 Modallogiken Semantik von Modallogiken • Interpretation von Formeln abhängig von Welten – In der Prädikatenlogik wird eine unveränderliche Welt modelliert – Modaloperatoren interpretieren relativ zu denkbaren Welten · mögliche zukünftige Entwicklung · mögliche vergangene Ereignisse · mögliche Wissens- oder Glaubenszustände · mathematische Theorien der Beweisbarkeit • Kripke Semantik über Weltmodelle (W, R, U , u) – W: Menge der (denkbaren) Welten – R: Erreichbarkeitsrelation zwischen Welten aus W – U : Universum aller Objekte aller Welten ˆ die in Welt w existierenden Objekte – u:W→P(U ): u(w) = Eigenschaften von R bestimmen Bedeutung der Modaloperatoren Inferenzmethoden §16 2 Modallogiken Kripke-Semantik von Modaloperatoren Betrachte von aktueller Welt erreichbare Welten : : • F : F gilt in allen erreichbaren Welten F F 1 F * q - F R F • 3F : F gilt in mindestens einer erreichbaren Welt z F F F j F q F F ••• : z F F F : : z 1 3F q R * j ••• F : z q • F : F gilt in allen Welten Inferenzmethoden §16 3 Modallogiken Erreichbarkeit und modale Axiome • Allgemeine Eigenschaften aller Modallogiken (Df) (K) (RN) (PL) (MP) 3F ⇔ ¬ ¬F (F ⇒ G) ⇒ ( F ⇒ G) aus ⊢ F folgt ⊢ F Axiome der (klassischen) Prädikatenlogik Modus Ponens Regel aus ⊢ F und ⊢ F ⇒ G folgt ⊢ G Definition von 3 Distributivität Notwendigkeitsregel • Mögliche Eigenschaften der Erreichbarkeitsrelation (D) (T) (B) (4) (5) seriell reflexiv symmetrisch transitiv euklidisch Für alle w1 ∈ W gibt es ein w2 ∈ W mit w1Rw2 wRw für alle Welten w ∈ W w1Rw2 ⇒ w2 Rw1 für alle w1 , w2 ∈ W w1Rw2 & w2Rw3 ⇒ w1Rw3 für alle w1, w2, w3 ∈ W w1Rw2 & w1Rw3 ⇒ w2Rw3 oder w3Rw2 für alle w1, w2 , w3 ∈ W • Durch R induzierte Axiome für (D) (T) (B) (4) (5) seriell F ⇒ 3F reflexiv F ⇒F symmetrisch F ⇒ 3F transitiv F⇒ F euklidisch 3F ⇒ 3F Inferenzmethoden §16 “Was ich glaube, ist auch möglich” “Was beweisbar ist, ist auch gültig” “Ist F wahr, dann weiß man, daß F möglich ist” “Ich weiß, was ich weiß” 4 Modallogiken Die wichtigsten Modallogiken Name K K4 D D4 B T S4 S5 Eigenschaften von R keine transitiv seriell seriell, transitiv symmetrisch reflexiv reflexiv, transitiv reflexiv, transitiv, symmetrisch Axiome PL, Df, K PL, Df, K, PL, Df, K, PL, Df, K, PL, Df, K, PL, Df, K, PL, Df, K, PL, Df, K, 4 D D, 4 B T T, 4 T, B, 4 (+5) • F ⇒ F gilt trotz der Notwendigkeitsregel nicht ⊢F ⊢ = ˆ “F gilt in jeder Welt w ∈ W” F = ˆ “Für alle w ∈ W gilt F gilt in jeder von w erreichbaren Welt” ⊢F⇒ F = ˆ “In jeder Welt w ∈ W folgt F aus F ” Deduktionstheorem “⊢F folgt aus ⊢E genau dann, wenn ⊢ E ⇒ F gilt” gilt nicht für Modallogiken (und konstruktive Logik) Inferenzmethoden §16 5 Modallogiken Beweise in der Modallogik • In K folgt 3F ⇒ 3G aus F ⇒ G – Es gelte F ⇒ G – Dann gilt ¬G ⇒ ¬F (Kontraposition) – Dann gilt (¬G ⇒ ¬F ) (RN) – Dann gilt ¬G ⇒ ¬F (K, MP) – Dann gilt ¬ ¬F ⇒ ¬ ¬G (Kontraposition) – Es folgt 3F ⇒ 3G • In K folgt (Df) F ⇒ G aus F ⇒ G – Aus F ⇒ G folgt (F ⇒ G) mit RN und hieraus F ⇒ G mit K • In T gilt F ⇒ 3F – Es gilt ¬F ⇒ ¬F (T) – Daraus folgt ¬¬F ⇒ ¬ ¬F (Kontraposition) – Es folgt F ⇒ 3F Inferenzmethoden §16 (PL, Df) 6 Modallogiken Extensionsverfahren für Modallogiken Modifikationen analog zur Konstruktiven Logik • Erweitere Matrixcharakterisierung der Gültigkeit – F ist gültig gdw. alle Pfade durch F komplementär – Betrachtung von Nichtnormalform-Matrizen erforderlich – Erweiterter Komplementaritätsbegriff erforderlich · Unifizierbarkeit der konnektierten Terme · Erreichbarkeit beider Literale bei Einschränkungen an Regelreihenfolge • Erweitertes Beweissuchverfahren – Uniformes Pfadüberprüfungsverfahren für Nichtnormalform-Matrizen – Erweiterter Komplementaritätstest · Termunifikation liefert Substitution σQ von γ-Variablen durch Terme · Präfixunifikation liefert Substitution σM für modale Präfixe – Substitutionen codieren Einschränkungen an Reihenfolge der Regeln – Eigenschaften von R codiert in Bedingungen an Zulässigkeit von σM Inferenzmethoden §16 7 Modallogiken Modale Präfixe P a5F P a2T ∀T T a3 γ a2 ν a1 α ⇒F a 0 a7 ν 3F a 6 δ ∀F a 5 π F a4 A1 :P a2 F a4 A6 :P a5 A1 :P a2 F A6 :P a5 K, D, D4, S4, T T S5 T • Weise Positionen modale Typen zu – Typ ν: – Typ π: T , 3F F , 3T Variablen Konstante • Bestimme Präfix eines Atoms P – Liste der modalen Positionen zwischen Wurzel und P – Letzte modale Position vor P für Logik S5 • Definiere modale Substitution σM – Abbildung von ν-Positionen in Strings über modalen Positionen – σM induziert Reduktionsordnung ⊑M auf modalen Positionen: Ist σM (u) = v1...vn dann gilt vi⊑M u für jede π-Position vi Inferenzmethoden §16 8 Modallogiken Komplementarität und Gültigkeit • Komplementarität unter σ = (σQ, σM ) – Terme konnektierter Literale sind unter σQ unifizierbar, Präfixe unter σM • σQ: Ersetze quantifizierte γ-Variablen durch Terme – Termunifikation versucht Terme konnektierter Atome gleich zu machen • σM : Ersetze ϕ-Variablen durch Strings – Präfixunifikation versucht Präfixe konnektierter Atome gleich zu machen • Zulässigkeit von (σQ, σM ) – Gesamte Reduktionsordnung := (< ∪ ⊑Q ∪ ⊑M )+ ist azyklisch – Kommt eine δ-Position v in σ Q(u) vor, so gilt |σM (prev )|≤|σM (preu))| (|σM (prev )|≤|σM (preu))|≤|σM (prev )|+1 für T und D) – σ M (ai) hat maximal (T), genau (D), mindestens (D4) Länge 1 • Modale Multiplizität µM (ai) – Anzahl der Kopien des ν-Knotens im Baum Eine modale Formel F ist gültig, wenn es eine Multiplizität µ= (µQ, µM ), eine zulässige Substitution σ = (σQ, σM ) und eine Menge C von σ-komplementären Konnektionen gibt, so daß jeder Pfad durch F eine Konnektion aus C enthält Inferenzmethoden §16 9 Modallogiken Modaler Matrixbeweis P a5F P a2T ∀T T a3 γ a2 ν a1 α ⇒F a 0 a7 ν 3F a 6 δ ∀F a 5 F π a4 A1 :P a2 F a4 A6 :P a5 A1 :P a2 F A6 :P a5 T T K, D, D4, S4, T S5 • Einziger Pfad {a3a7} durch Konnektion abgedeckt • Terme gleich unter σ Q = [a5/a2] – Induzierte Reduktionsordnung a5⊑Qa2 • Drei allgemeinste Unifikatoren – σ M1 = [a4A6/A1] zulässig für D4 und S4 zulässig für S4 und T – σ M2 = [a4/A1, ε/A6] – σ M3 = [a4/A1, a4/A6] zulässig für für S5 – σ M1 und σ M2 verletzt Längenbedingung für D – σ M1 verletzt Bedingung an δ-Positionen für T, σ M2 für D4 • Die Formel ist gültig in D4, T, S4, S5 aber nicht in D Inferenzmethoden §16 10 Modallogiken Extensionsverfahren für Modallogik • Pfadüberprüfungsverfahren bleibt unverändert – Nicht-Normalform-Verfahren aus Einheit 14 • Komplementaritätstest unify check wird erweitert – Bekanntes Termunifikationsverfahren – Präfixunifikationsverfahren mit Logik-spezifischen Regeln – Überprüfung der Zulässigkeit • Anwendbar auf D, D4, T, S4, S5 – Regeln für Präfixunifikation in K, K4 vorhanden – Matrixcharakterisierung für K, K4, B formal noch nicht abgesichert Weitere Details in Literatur auf Webseite Inferenzmethoden §16 11 Modallogiken