Ferienkurs Quantenmechanik SS 2011 zur Vorlesung - TUM

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Ferienkurs Quantenmechanik SS 2011
zur Vorlesung von Prof. Friedrich
Felix Rucker
5. - 9.9.2011
1
Inhaltsverzeichnis
1
2
3
Grundlagen und Motivation der Quantenmechanik
1.1 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.1.1 Vektorräume . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.1.2 Lineare Operatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.1.3 Matrixdarstellung von Operatoren . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.1.4 Kommutatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.1.5 Dirac-Notation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.2 Einführung der Quantenmechanik und Axiome . . . . . . . . . . . . . .
1.2.1 Die Wellenfunktion und ihre Wahrscheinlichkeitsinterpretation . .
1.2.2 Schrödingergleichung des freien Teilchens . . . . . . . . . . . .
1.2.3 Wellenpakete . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.2.4 Kontinuitätsgleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.2.5 Wellenfunktion im Impulsraum . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.2.6 Erwartungswerte und Schwankungen . . . . . . . . . . . . . . .
1.2.7 Korrespondenzprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.2.8 Ehrenfest-Theorem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.2.9 Unschärferelation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.2.10 Stationäre Lösungen der eindimensionalen Schrödinger-Gleichung
1.2.11 Eigenwertgleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.2.12 Zusammenfassed: Die Axiome der Quantenmechanik . . . . . . .
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11
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16
18
Eindimensionale Probleme
2.1 Problemstellung . . . . . . . . . . . .
2.2 Potentialtopf . . . . . . . . . . . . . .
2.2.1 Unendlich tiefer Potentialtopf
2.3 1D-Potentialstufe . . . . . . . . . . .
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23
Der harmonische Oszillator
3.1 Algebraische Methode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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25
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Dieses Skipt soll nur als Begleitung zum Ferienkurs Quantenmechanik 2011 dienen und ist
nicht zur Veröffentlichung gedacht :). Aufgrund der beschränkten Zeit des Ferienkurses können
weder alle Themen behandelt noch alle Herleitungen gezeigt werden. Das Skript stützt sich
auf das Vorlesungsskipts von Herrn Ratz, der Einführung in die Quantenmechanik von Franz
Schwabl (7.Auflage, Springer Verlag) und des Ferienkursskripts von Ahmed Omran vom 4.
August 2009, wobei teilweise Passagen wörtlich übernommen wurden!
3
1
Grundlagen und Motivation der Quantenmechanik
In diesem Abschnitt wollen wir die Grundlagen der Theorie der Quantenmechanik darstellen
und die mathematischen Voraussetzungen für die Lösung einfacher Probleme schaffen.
1.1
Grundlagen
Im Folgenden werden wir die wichtigsten mathematischen Begriffe zum Verständnis der Quantenmechanik einführen.
1.1.1
Vektorräume
Die mathematische Grundlage zur Betrachtung von quantenmechanischen Problemen ist die
Theorie des Hilbert-Raums. Diese gestattet, die Grundlagen allgemein und unabhängig von
speziellen Darstellungen zu formulieren.
Definition : Ein Hilbertraum ist ein Banachraum, auf dem ein inneres Produkt
definiert ist, sodass gilt:
p
kxk = hx, xi
Aus physikalischen Gründen, die spätern noch klar werden (Normierung), ist zur Beschreibung der QM ein spezieller Hilbertraum, der L2 nötig. Wir definieren den L2 als den Raum der
quadratintegrablen Funktionen:
Z
2
3
3
3
2
L (R , C) = ψ : R → C; d x|ψ(~x)| < ∞; ψ stetig
(1.1.1)
Definiert man als inneres Produkt auf L2 das Skalarprodukt
hψ, φ i :=
Z
d 3 x ψ ∗ (~x) φ (~x) mit
(ψ, φ ) ∈ L2
(1.1.2)
so kann man zeigen, dass (1.1.1) einen Hilbertraum definiert.
Es folgen einige Eigenschaften des Skalarproduktes:
1. Konjugationssymmetrie:
hψ, φ i∗ = hφ , ψi
(1.1.3)
hψ, c1 φ1 + c2 φ2 i = c1 hψ, φ1 i + c2 hψ, φ2 i
(1.1.4)
2. Linearität im zweiten Argument:
3. Positivität:
hψ, ψi =
Z
d 3 xψ ∗ (~x)ψ(~x) ≥ 0
(1.1.5)
wobei das Gleichheitszeichen genau dann gilt, wenn ψ(~x) ≡ 0
Aus (1.1.3) und (1.1.4) folgt außerdem:
hc1 ψ1 + c2 ψ2 , φ i = c∗1 hψ1 , φ i + c∗2 hψ2 , φ i
4
(1.1.6)
1.1.2
Lineare Operatoren
Wir wollen zuerst die Definition eines Operators für unseren Fall betrachten:
Ein Operator  ist eine Abbildung von L2 nach L2 :
ÂΨ(~x) = φ (~x) ∈ L2
In der Quantenmechanik beschäftigen wir uns hauptsächlich mit linearen Operatoren. Für
einen linearen Operator gilt:
Â(c1 ψ1 + c2 ψ2 ) = c1 Âψ1 + c2 Âψ2
∀ c1 , c2 ∈ C
(1.1.7)
Wir wollen kurz einige Eigenschaften linearer Operatoren aufzählen:
cÂψ = c(Âψ) für c ∈ C
(1.1.8)
(Â + B̂)ψ = Âψ + B̂ψ
(1.1.9)
(Â · B̂)ψ = Â(B̂ψ)
(1.1.10)
Wir werden es im Folgenden häufig mit einer Kombination von Operatoren und Skalarprodukt
zu tun bekommen. Hierfür gilt:
Z 3 ∗
φ , Âψ = d xφ (~x)Âψ(~x)
(1.1.11)
Wir definieren den Erwartungswert eines Operators  als:
Z 3 ∗
 = d xΨ (~x,t)ÂΨ(~x,t)
(1.1.12)
Im Folgenden betrachten wir noch einige spezielle Formen von Operatoren. Wir definieren
den zu  adjungierten Operator † als:
D
E ψ, † φ = Âψ, φ
(1.1.13)
Ein Operator heißt weiter hermitescher Operator, wenn gilt:
† = Â
(1.1.14)
Es folgen einige Eigenschaften hermitescher Operatoren:
1. Die Reihenfolge ist nicht beliebig:
(ÂB̂)† = B̂† †
(1.1.15)
2. Die Summe zweier hermitescher Operatoren ist wieder hermitesch:
3. Sei c ∈ C so gilt:
( + B̂)† = † + B̂†
(1.1.16)
(cÂ)† = c∗ †
(1.1.17)
4. Ist  hermitesch, so ist auch Ân , n ∈ N hermitesch.
Hermitesche Operatoren  besitzen reelle Erwartungswerte Â
Wir werden diese Aussage in Abschnitt (1.2.11) nochmals erläutern. Ein Operator heißt unitär,
wenn gilt:
†  = 1
(1.1.18)
5
1.1.3
Matrixdarstellung von Operatoren
Sei {ψn (~x)} ein System von L2 Funktionen, beispielsweise die Wellenfunktionen für gebundene
Zustände im Potentialtopf. Dann sind die Matrixelemente eines Operators  bzgl. der {ψn }
erklärt als:
Z
Amn = ψn∗ Âψm d 3 x
(1.1.19)
Ist  hermitesch, so ist auch die Matrix Amn hermitesch:
A∗nm = Amn
1.1.4
(1.1.20)
Kommutatoren
In den Betrachtungen zur Quantenmechanik spielt der sogenannte Kommutator eine wichtige
Rolle. Wir definieren den Kommutator zweier Operatoren  und B̂ als:
[Â, B̂] = ÂB̂ − B̂Â
(1.1.21)
Eigenschaften eines Kommutators:
1. Antisymmetrie:
[Â, B̂] = −[B̂, Â]
(1.1.22)
[ÂB̂, Ĉ] = Â[B̂, Ĉ] + [ÂĈ]B̂
(1.1.23)
2. Jacobi-Identität:
3. Kommutator zweier hermitescher Operatoren:
([ÂB̂])† = −[Â, B̂]
(1.1.24)
Man muss hierbei allerdings immer beachten, dass Operatoren auf Funktionen wirken. Wenn
wir also Operatoridentitäten oder Kommutatoren berechnen wollen, müssen wir diese immer
auf eine beliebige Testfunktion anwenden.
1.1.5
Dirac-Notation
Es ist oft übersichtlicher, eine Theorie unabhängig von einem speziellen Basissystem zu formulieren. Im Allgemeinen kann man in der Quantenmechanik einen Zustand ψ(x) in verschiedenen Basissystemen darstellen.
Z
ψ(x) = ∑ cn ψn (x) =
dξ cξ ψξ (x)
(1.1.25)
n
Diese Darstellungen bezeichnet man als Energiedarstellung, Ortsdarstellung, etc., wobei die
Energieeigenfunktionen ψn die Ortseigenfunktionen ξn etc., das jeweils zugehörige Basissystem bilden. Die jeweiligen Entwicklungskoeffizienten cn , cξ etc. charakterisieren den Zustand
ψ gleichermaßen. Wir wollen nun, anstatt eine der genannten Darstellungen zu verwenden, eine
von der Basis unabhängige Vektornotation, die Dirac-Notation einführen:
ψ(x) → |ψi
(1.1.26)
|ψi ist ein Vektor in einem unendlichdimensionalen Vektorraum, der alle Eigenschaften eines
Hilbertraums erfüllt. Wir schreiben deshalb |ψi ∈ H . Da die Wellenfunktionen ψ(x) einen
6
linearen Raum bilden, bilden auch die abstrakten ket-Vektoren einen linearen Raum. Folglich
gelten für alle ket-Vektoren die Rechenregeln für lineare Räume. Weiter definieren wir das
Skalarprodukt als ha|bi wie oben als
ha|bi = hψa , ψb i .
(1.1.27)
Um eine vollständige Beschreibung zu erreichen, ordnen wir ψ ∗ den sog. ’bra’ Vektor hψ| zu.
Der Vektor hψ| heißt zu |ψi dualer Vektor. Diese Vektoren sind Elemente des zu H Dualen
Raumes H ∗ . Es sei angemerkt, dass in der Quantenmechanik hier mit der Mathematik etwas
geschlampt wird, und daher Hilbert-Raum Zustände nicht direkt mit L2 Funktionen identifiziert
werden können. Dieses Problem ist für unsere Betrachtungen aber nicht von Bedeutung. Für das
jetzt in Dirac-Notation definierte Skalarprodukt gelten die selben Rechenregeln wie in (1.1.1).
Um von der abstrakten Darstellung in eine spezielle Darstellung wie die Ortsdarstellung zu
wechseln, müssen wir den abstrakten ket-Vektor |ψi auf die gewünschte Basis projizieren. Um
von der Dirac-Darstellung in die Ortsdarstellung zu wechseln, gehen wir also folgendermaßen
vor:
ψ(x) = hx|ψi
(1.1.28)
Wir haben also den abstrakten Dirac-Vektor |ψi auf die Ortsraumbasis |xi projeziert und erhalten die Wellenfunktion in Ortsdarstellung. Aquivalent können wir auch in jegliche andere Basis
|ζ i übergehen:
ψ(ζ ) = hζ |ψi
(1.1.29)
7
1.2
Einführung der Quantenmechanik und Axiome
Die Einführung der Quantenmechanik wurde Anfang des 20. Jahrhunderts nötig, da man verschiedene Experimente, wie zum Beispiel Interferenzerscheinungen bei der Streuung von Elektronen am Doppelspalt nicht mehr klassisch erklären konnte. Im Folgenden nahm man an, dass
Teilchen sowohl Teilchen- als auch Welleneigenschaften besitzen.
1.2.1
Die Wellenfunktion und ihre Wahrscheinlichkeitsinterpretation
Für freie Elektronen mit Impuls ~p und Energie E = ~p2 /2m kann man die Welleneigenschaften
im Einklang mit den Beugungsexperimenten als freie ebene Welle ansetzen:
~
ψ(~x,t) = Cei(k~x−ωt) mit ω = E/h̄, ~k = ~p/h̄
(1.2.1)
Man nennt diese Funktion Wellenfunktion. Um den Zusammenhang zwischen Wellenfunktion
und Experiment aufzustellen, folgern wir aus unseren Experimenten:
Hypothese: Die Wellenfunktion ψ(~x,t) liefert die Wahrscheinlichkeitsverteilung
ρ(~x,t) = |ψ(~x,t)|2
dafür, das Teilchen zur Zeit t am Ort ~x zu finden.
Wir wollen noch zwei wichtige Anmerkungen zu der eben aufgestellen Hypothese machen:
1. Wir halten fest, dass die Messung des Ortes eines Teilchens (z.B. der Einschlag eines
Elektrons auf einer Photoplatte) nicht ausgeschmiert ist. Wir erkennen deshalb, dass
ρ(~x,t) nicht die Ladungsverteilung des Elektrons angibt, sondern die Wahrscheinlichkeitsdichte dafür, das Teilchen am Ort ~x zur Zeit t zu messen.
2. Die Wahrscheinlichkeitsverteilung kommt nicht durch Interferenz vieler gleichzeitig einfallender Teilchen zustande, sondern man erhält das gleiche Interferenzbild auch für jedes einzelne Teilchen. Daraus folgt, dass die Wellenfunktion den Zustand jedes einzelnen
Teilchens beschreibt.
1.2.2
Schrödingergleichung des freien Teilchens
Wir wollen nun eine Bewegungsgleichung für ψ(~x,t) aufstellen. Hierzu müssen folgende grundsätzliche Forderungen erfüllt sein:
1. Sie muss Differenzialgleichung 1. Ordnung in der Zeit sein, damit ψ(~x,t) durch die Anfangsverteilung ψ(~x, 0) bestimmt ist.
2. Sie muss linear in ψ sein, damit das Superpositionsprinzip gilt.
3. Sie muss homogen sein, damit die Normierungsbedingung:
Z
d 3 x|ψ(~x,t)|2 = 1
zu allen Zeiten erfüllt bleibt.
4. Die ebenen Wellen
p2
1
ψ(~x,t) = C exp i ~p~x −
t
2m h̄
sollen Lösungen der Gleichung sein.
8
(1.2.2)
Wir erhalten aus unseren Forderungen die zeitabhängige Schrödinger-Gleichung für freie
Teilchen:
h̄2
∂
(1.2.3)
ih̄ ψ(~x,t) = − ~∇2 ψ(~x,t)
∂t
2m
1.2.3
Wellenpakete
Bei der Betrachtung einer ebenen Welle fällt auf, dass sie eine räumlich homogene Wahrscheinlichkeitsdichte |ψ(~x,t)|2 = C2 besitzt. Um die Normierungsbedingung erfüllen zu können, müssen wir uns das Teilchen
√ in eine Box mit Volumen V eingeschlossen denken. Für die Konstante
C folgt dann: C = 1/ V .
Eine weitere Möglichkeit, die Normierungsbedinung zu erfüllen, ist, von ebenen Wellen zu
Wellenpaketen überzugehen. Die Schrödinger-Gleichung ist eine lineare Differentialgleichung.
Falls also die ebene Welle eine Lösung darstellt, so ist auch jede Linearkombination eine
Lösung der Gleichung. Wir haben gesehen, dass ebene Wellen eine homogene räumliche Wahrscheinlichkeitsdichte besitzen. Wollen wir allerdings lokalisierte Zustände erhalten, d.h. solche
Zustände mit räumlich konzentrierter Ausdehnung, müssen wir Linearkombinationen ebener
Wellen betrachten:
Z
i
p2
d3 p
t
(1.2.4)
ϕ(~p)exp
~p~x −
ψ(~x,t) =
(2π h̄)3
2m
h̄
Gleichung (1.2.4) beschreibt ein Wellenpaket mit einer definierten Amplitudenverteilung ϕ(~p).
Es fällt auf, dass dieses Wellenpaket jetzt, anders als eine ebene Welle, keinen festen Impuls
mehr besitzt, vielmehr aus einer Überlagerung vieler verschiedener Impulse zusammengesetzt
ist. Wir wollen als Beispiel einer solchen Amplitudenverteilung eine eindimensionale GaußFunktion annehmen (Eine Verallgemeinerung auf 3 Dimensionen ist trivial). Wir betrachten
also folgende Amplitudenverteilung:
1 −(p − p0 )2
(1.2.5)
ϕ(p) = A exp
2 (∆p)2
Hierbei ist ∆p als Standardabweichung ein Maß für die Breite der Gauß-Funktion.
Einschub: Fouier-Transformation
Man erklärt die Fourier-Transformierte fˆ(k) zu f ∈ L2 durch:
fˆ(k) =
Z
dx
√ e−ikx f (x)
2π
(1.2.6)
dx
√ eikx fˆ(x)
2π
(1.2.7)
und die Fourier-Rücktransformierte durch:
Z
f (k) =
Der Nomierungsfaktor √12π ist hierbei Konvention, wird aber nicht von allen Lehrbüchern benutzt. Es lässt sich zeigen, dass die Fourier-Transformierte einer Gaußverteilung wiederum eine
Gaußverteilung ist. (Übung)
9
Wir müssen nun versuchen, die Wellenfunktion (1.2.4) explizit auszuwerten, um eine Aussage über die Wahrscheinlichkeitsdichte treffen zu können. Die Auswertung is mühselig und wir
werden uns hier aus Zeitgründen nur für das Ergebnis interessieren, und versuchen, dieses zu
interpretieren. Wir erhalten also nach Rechnung für die Wahrscheinlichkeitsdichte:
( 2 )
x
−
v
t
1
0
(1.2.8)
exp −
ρ(x,t) = |ψ(x,t)|2 = √
∆x(t)
π∆x(t)
Hierbei haben wir benutzt, dass:
h̄
∆x(t) =
∆p(t)
s
2
(∆p)2
1+ t
mh̄
(1.2.9)
Wir können das Ergebnis (1.2.8) in seiner Form interpretieren: Die Gaußkurve wandert mit
der Gruppengeschwindigkeit v0 = dω
dk wobei der zeitabhängige Faktor ∆x(t) ein Zerfließen des
Wellenpakets bewirkt. Wir sehen für den Zeitpunkt t = 0 einen Zusammenhang zwischen ∆x(t)
und ∆p(t):
∆x ∆p = h̄
(1.2.10)
Wir werden später sehen, dass das nur ein Spezialfall der allgemeinen
Heisenbergschen Unschärferelation
∆x ∆p ≥
h̄
2
(1.2.11)
ist.
Bemerkung: Der Zusammenhang tritt hier als eine Eigenschaft der Fourier-Tansformation auf
und bedeutet, dass eine rämlich weit ausgedehnte Welle einem kleinen Spektum von Impulswerten entspricht, während scharfe Wellenpakete nur durch ein breites Band von Fourier-Komponenten
konstruiert werden können.
1.2.4
Kontinuitätsgleichung
Wir wollen eine kurzen Einschub machen, und die zeitliche Änderung der Wahrscheinlichx,t)
berechnen. Es ergibt sich durch Einsetzen der freien Schrödinger-Gleichung
keitsdichte ∂ ρ(~
∂t
(1.2.3):
i
h̄ ~ h ~ ∗
∗
(
~
ρ̇(~x,t) =
∇ (∇ψ (~x,t))ψ(~x,t) − ψ (~x,t)∇ψ ~x,t)
(1.2.12)
2mi
und mit der Definition der Wahrscheinlichkeitsstromdichte
h
i
~j(~x,t) = h̄ ψ ∗ (~x,t)~∇ψ (~x,t) − (~∇ψ ∗ (~x,t))ψ(~x,t)
(1.2.13)
2mi
folgt die Kontinuitätsgleichung
ρ̇(~x,t) + ~∇~j · (~x,t) = 0
(1.2.14)
Wir können die Kontinuitätsgleichung analog zu Elektrodynamik interpretieren: Eine lokale Änderung der Wahrscheinlichkeitsdichte kann nur durch einen fließenden Wahrscheinlichkeitsstrom ~j hervorgerufen werden. Integriert man die Kontinuitätsgleichung über die gesamte
x-Achse, bekommt man:
Z∞
−∞
∂
d
|ψ (~x,t)|2 d 3 x =
∂t
dt
Z∞
−∞
∞
ih̄ ∗~
∗ ~
|ψ (~x,t)| d x =
ψ ∇ψ − ψ ∇ψ 2m
−∞
2 3
10
(1.2.15)
Die rechte Seite der Gleichung muss verschwinden, da eine Voraussetzung der Quadratintegrabilität von ψ ist, dass sie selbst und ihre Ableitung für |x| → ∞ hinreichend schnell gegen Null
konvergieren. Damit gilt:


d 
dt
Z∞
|ψ (~x,t)|2 dx = 0
(1.2.16)
−∞
Eine normierte Wellenfunktion bleibt für alle Zeiten gleichermaßen normiert, was die Konsistenz der Wahrscheinlichkeitsinterpretation zeigt.
1.2.5
Wellenfunktion im Impulsraum
Betrachten wir wiederum eine Superposition von ebenen Wellen im Ortsraum, so können wir
diese schreiben als:
Z
i
d3 p
√
ψ(~x,t) =
Φ(~p,t)e h̄ ~p~x
(1.2.17)
( 2π h̄)3
Φ(~p,t) bezeichnet die Impulsverteilung und kann als Wellenfunktion im Impulsraum interpretiert werden. Man erhält sie als Fourier-Transformierte der Ortswellenfunktion:
Z
i
d3x
√
(1.2.18)
Φ(~p,t) =
ψ(~x,t)e− h̄ ~p~x
3
( 2π h̄)
Man kann jetzt analog zum Ortsraum die Größe
w(~p,t) = |Φ(~p,t)|2
(1.2.19)
als Wahrscheinlichkeitsdichte im Impulsraum interpretieren, also als Wahrscheinlichkeit dafür,
das Teilchen zur Zeit t mit dem Impuls ~p zu messen. Wir sehen also, dass beide Wellenfunktionen die gleiche Information tragen und durch Fourier-Transformationen ineinander übergehen.
1.2.6
Erwartungswerte und Schwankungen
Erwartungswerte der Orts- und Impulsoperatoren
Wir haben in (1.1.12) schon die Definition des Erwartungswertes eines Operators kennengelernt
und wollen, angelehnt an diese Definition, den Erwartungswert des Ortsvektors definieren als:
h~xi =
Z
d 3 xψ ∗ (~x,t)~xψ(~x,t)
(1.2.20)
Zur Berechnung des Impulserwartungswertes verwenden wir Φ(~p,t) aus (1.2.18). Es ergibt
sich für den Impulserwartungswert:
h~pi =
Z
d 3 xΦ∗ (~p,t)~pΦ(~p,t)
(1.2.21)
Wir können alternativ in (1.2.21) Φ(~x,t) durch ψ(~x,t) ersetzen. Nach langer Rechnung, und
unter Beachtung dessen, dass ψ(~x,t) für x → ±∞ verschwindet, erhalten wir:
Z
h
i
h~pi = ψ ∗ (~x,t) −ih̄~∇ψ(~x,t)
(1.2.22)
Wir sehen also, dass der Impuls ~p im Ortsraum als Impulsoperator ~p → p̂ = −ih~∇ aufgefasst
werden muss. Allgemein halten wir also fest, abhängig davon, ob wir uns im Impuls- oder im
Ortsraum bewegen, werden Messgrößen durch einfache Vektoren oder durch Operatoren dargestellt. Als Verallgemeinerung dieses Phänomens führen wir das Korrespondenzprinzip (Abschnitt 1.2.7) ein.
11
Mittlere Schwankungsquadrate (Unschärfe)
Wir definieren als Schwankungsquadrat für den Ort:
Z 3
2
2
(∆x) = (∆x) = d x(x − hxi)2 |ψ(~x,t)|2
(1.2.23)
Analog können wir für die Impulsunschärfe schreiben:
Z 3
2
2
(∆px ) = (∆px ) = d p(px − hpx i)2 |Φ(~p,t)|2
(1.2.24)
1.2.7
Korrespondenzprinzip
Wir haben im vorherigen Abschnitt gesehen, dass dem Impuls im Ortsraum der Impulsoperator −ih~∇ zugeordnet wird. Wir können diese Betrachtung auch auf weitere Messgrößen er∂
weitern. So kann weiter der Energie ein ’Energieoperator’ E → ih̄ ∂t
zugeordnet werden. Eine
interessante Frage ist jetzt, inwiefern wir mittels dieser Zuordnungen klassische Beziehungen
in quantenmechanische Identitäten übersetzen können. Wir gehen von der klassischen Hamil~p
tonfunktion E = 2m
+V (~x) für ein Teilchen im Potential V (~x) aus. Wir erhalten durch Einsetzen
unserer Korrespondenzen folgende Gleichung:
2
∂
h̄ ~ 2
ih̄ ψ(~x,t) =
∇ +V (~x) ψ(~x,t)
(1.2.25)
∂t
2m
Wir sehen, dass dies für V (~x) = 0 genau die Schrödingergleichung (1.2.3)für ein freies Teilchen
ergibt. Wir definieren den Hamilton-Operator Ĥ folgendermaßen:
Ĥ =
h̄2 ~ 2
∇ +V (~x)
2m
(1.2.26)
Hieraus erhalten wir die allgemeine Schrödinger-Gleichung für ein Teilchen im Potenzial
V (~x):
∂
−ih̄ ψ(~x,t) = Ĥψ(~x,t)
(1.2.27)
∂t
1.2.8
Ehrenfest-Theorem
Da die Kenntnis der Erwartungswerte physikalischer Observablen für Messprozesse relevant
ist, interessiert man sich für die Zeitentwicklung dieser Erwartungswerte.
Dazu schauen wir uns die zeitabhängige Schrödinger-Gleichung an, sowie die Gleichung,
die sich durch die komplexe Konjugation der Schrödinger-Gleichung und eine Umwandlung
von ψ(~x,t) → ψ ∗ (~x,t) ergibt (Ĥ ist hermitesch, bleibt also unverändert).
∂
ψ(~x,t) = Ĥψ(~x,t)
∂t
∂
−ih̄ ψ ∗ (~x,t) = Ĥψ ∗ (~x,t)
∂t
ih̄
(1.2.28)
Berechnen wir nun die Ableitung des Mittelwerts eines allgemeinen Operators Â, finden wir:
Z
d d
 =
d 3 xψ ∗ (~x,t)Âψ(~x,t)
dt
dt
i ∂ Â
=
Ĥ, Â +
h̄
∂t
12
(1.2.29)
(1.2.30)
Diese Beziehung heißt auch Ehrenfest-Theorem
Als Beispiel setzen wir  = x̂ und beschränken uns hierbei auf eine Dimension. x̂ ist dann nicht
explizit zeitabhängig. Damit verschwindet die partielle Ableitung von x̂ nach der Zeit und wir
erhalten:
i
d hx̂i
=
h̄
dt
p̂2
x̂
+V (x̂),
2m =−ih̄
z}|{
h p̂i
i
=
p̂ [ p̂, x̂] + [ p̂, x̂] p̂ =
2mh̄
m
(1.2.31)
also der klassischen Impulsdefinition recht ähnlich. Das gleiche kann man für  = p̂ berechnen:
#+
*"
2
h
i
i
h̄ ∂
d p̂i
p̂
+V (x̂) , p̂
=
=
V (x̂) ,
(1.2.32)
dt
h̄
2m
h̄
i ∂x
Die Auswertung des Kommutators ist einleuchtender, wenn man ihn auf eine Testfunktion anwendet (Kommutatoren sind Operatoren!):
∂
∂Φ ∂
∂Φ
∂V
∂Φ
∂V
V (x) ,
Φ (x) = V
− (V Φ) = V
−
Φ −V
= −
Φ(x) (1.2.33)
∂x
∂x ∂x
∂x
∂x
∂x
∂x
d h p̂i
∂V
⇒
= −
= hF(x̂)i
(1.2.34)
dt
∂x
Hier verwendet man die klassische Definition der Kraft F als negative Ableitung des Potentials
nach dem Ort. Gleichungen (1.2.31) und (1.2.34) zusammen ergeben auch noch:
m
∂ 2 hx̂i
= hF(x̂)i
∂t 2
(1.2.35)
Soweit sehen also diese Gleichungen für die Erwartungswerte so aus wie die klassischen Bewegungsgleichungen, was einen Hinweis darauf gibt, dass die klassische Mechanik als Grenzfall
in der Quantenmechanik enthalten sein soll. Die Gleichung (1.2.35) sagt aber nicht, dass die
Erwartungswerte die klassische Bewegunsgleichung erfüllen. Damit das gilt, müsste die Gleichung stattdessen lauten:
∂ 2 hx̂i
m
= F (hx̂i)
(1.2.36)
∂t 2
Dass hF(x)i = F(hxi) gilt im Allgemeinen nicht immer, aber es gibt einige wenige Spezialfälle,
wo dies gültig ist. In diesen Fällen kann man die Erwartungswerte wie klassische Größen behandeln und in die gewöhnlichen Bewegungsgleichungen der klassischen Mechanik einsetzen.
1.2.9
Unschärferelation
Um die allgemeinen Unschärferelationen herzuleiten, gehen wir von der Schwarzschen Ungleichung aus, ohne diese zu beweisen (Übung):
| hϕ, ψi |2 ≤ hϕ, ϕi hψ, ψi
∀ ϕ, ψ ∈ L2
(1.2.37)
Um hieraus nun die allgemeine Unschärferelation herzuleiten, betrachten wir zwei hermitesche Operatoren Ĥ 0 1 und Ĥ 0 2 und einen beliebigen Zustand ψ. Weiter definieren wir Opeatoren
Ĥi0 indem wir von Ĥi den Mittelwert im Zustand ψ abziehen:
Ĥi0 = Ĥi − Ĥi = Ĥi − ψ, Ĥi ψ
(1.2.38)
13
Wir setzten Ĥ10 ψ und Ĥ20 ψ in Gleichung (1.2.37) ein:
| Ĥ10 ψ, Ĥ20 ψ |2 ≤ Ĥ10 ψ, Ĥ10 ψ Ĥ20 ψ, Ĥ20 ψ
(1.2.39)
Nach Ausnutzen der Hermizität folgt:
D
ED
E
2
2
0
0
ψ, Ĥ 1 ψ ψ, Ĥ 2 ψ
≥ | ψ, Ĥ10 Ĥ20 ψ |2
(1.2.40)
Wir können nun das Produkt Ĥ10 Ĥ20 in einen hermiteschen und einen antihermiteschen Anteil
aufspalten, wobei der Antikommutator definiert ist als:
{Â, B̂} = ÂB̂ + B̂Â
(1.2.41)
Wir können also schreiben:
1
1
Ĥ10 Ĥ20 = {Ĥ10 , Ĥ20 } + [Ĥ10 , Ĥ20 ]
2
2
0
0 †
0
0
{Ĥ1 , Ĥ2 } = {Ĥ1 , Ĥ2 }
[Ĥ10 , Ĥ20 ]† = −[Ĥ10 , Ĥ20 ]
wobei
(1.2.42)
hermitesch und
(1.2.43)
antihermitesch ist.
(1.2.44)
Wir wissen bereits, dass Mittelwerte von hermiteschen Operatoren immer reell und von antihermiteschen Operatoren immer imaginär sind. Unsere Aufspaltung entspricht somit einer
Zerlegung des Mittelwertes von Ĥ10 Ĥ20 in Real- und Imaginärteil:
2 1 1
ψ, {Ĥ10 , Ĥ20 }ψ + | ψ, [Ĥ10 , Ĥ20 ]ψ |2
| ψ, Ĥ10 Ĥ20 ψ |2 =
4
4
0
Weiter gilt, da die Mittelwerte Ĥi gewöhnliche Zahlen sind:
[Ĥ10 , Ĥ20 ] = [Ĥ1 , Ĥ2 ]
(1.2.45)
(1.2.46)
und daraus folgt dann:
1 | ψ, Ĥ10 Ĥ20 ψ |2 = | ψ, [Ĥ1 , Ĥ2 ]ψ |2
4
Nach der Definition der Unschärfe ∆A gilt:
(∆A)2 = ψ, (Â − Â )2 ψ
(1.2.47)
(1.2.48)
und wir erhalten durch Einsetzen die allgemeine Unschärferelation:
∆H1 ∆H2 ≤
1 | [Ĥ1 , Ĥ2 ] |2
2
(1.2.49)
Als Spezialfall dieser Ungleichung erhalten wir die Ort-Impuls-Unschärferelation:
h̄
∆xi ∆p j ≥ δi j
2
14
(1.2.50)
Anmerkung: minimale Unschärfe
Für eine minimale Unschärfe müssen wir die zwei Stellen betrachten, an denen wir abgeschätzt
haben. Wir müssen also forden, dass das Gleichheitszeichen in der Schwarzschen Ungleichung
gilt, sowie fordern, dass der Antikommutator {Ĥ10 , Ĥ20 } verschwindet. Einsetzen der ersten in
die zweite Bedingung und Ausrechnen führt uns zu einer Differentialgleichung der Form:
h̄ ∂
− hpi ψ = iλ (x − hxi)ψ
(1.2.51)
i ∂x
Man kann jetzt zeigen, dass diese Differentialgleichung von einem Gaußschen Wellenpaket
gelöst wird. Wir sehen also, dass ein Gaußsches Wellenpaket am Ausgangszeitpunkt t = 0 ein
minimales Unschärfeprodukt besitzt.
Energie-Zeit-Unschärfe
Wir können aus unserer allgemeinen Unschärferelation noch weitere Unschärferelationen erzeugen. Problematisch ist hierbei die Definition der Zeitunschärfe. Wir wollen auf dieses Problem nicht weiter eingehen, sondern nur anmerken, dass für Energie und Zeitunschärfe gilt:
∆E∆t ≥
1.2.10
h̄
2
(1.2.52)
Stationäre Lösungen der eindimensionalen Schrödinger-Gleichung
Für viele Systeme ist es zweckmäßig, ein zeitunabhängiges Potential anzuschauen, d.h. V =
V (x). Es scheint naheliegend, dass es auch Wellenfunktionen ψ geben wird, die ebenfalls nicht
von der Zeit abhängen und ihre Form (bis auf einen Phasenfaktor) beibehalten, selbst wenn man
die Zeit weiterlaufen lässt. Diese stationären Zustände sind von großem Interesse, da diese als
Basis zur Darstellung jedes beliebigen Zustands im System dienen können, und weil man bei
einer Energiemessung nur solche Eigenzustände registrieren kann.
Eine häufige Methode, partielle Differentialgleichungen in mehreren Variablen, wie die
Schrödingergleichung, zu lösen, stellt der sog. Separationsansatz dar. Für alle einfachen (nichtrelativistischen) Fälle kann man davon ausgehen, dass der räumliche und zeitliche Anteil eines quantenmechanischen Zustandes voneinander unabhängig sind. Die Wellenfunktion ψ (x,t)
kann man also aufspalten in ein Produkt aus einer orts- und einer zeitabhängigen Funktion:
ψ (x,t) = ψ (x) χ (t)
(1.2.53)
Eingesetzt in die Schrödingergleichung:
h̄2
∂ 2 ψ (x)
∂ χ (t)
+V (x) ψ (x) χ (t)
= − χ (t)
∂t
2m
∂ x2
Division durch ψ (x) χ (t) ergibt:
ih̄ψ (x)
ih̄
χ̇ (t)
h̄2 ψ 00 (x)
=−
+V (x)
χ (t)
2m ψ (x)
(1.2.54)
(1.2.55)
Die linke Seite hängt nur von der Zeit ab, die rechte nur vom Ort. Eine Variaton der einen
Seite dürfte keine Änderung auf der anderen hervorrufen, deswegen müssen beide Seiten konstant sein. Wir nennen diese Konstante E und betrachten die rechte Seite der letzten Gleichung:
Ĥψ(x) = −
h̄2 ∂ 2
ψ (x) +V (x) ψ (x) = Eψ (x)
2m ∂ x2
15
(1.2.56)
Dies ist die 1-dimensionale zeitunabhängige bzw. stationäre Schrödingergleichung. Sie
besagt lediglich, dass der Zustand der durch die Wellenfunktion ψ beschrieben wird, die Energie
E besitzt. Wir wollen noch zwei Bemerkungen machen:
−iEt
1. Die Zustände ψ(~x,t) = e h̄ ψ(~x) heißen stationäre Zustände, da die zugehörigen Wahrscheinlichkeiten |ψ(~x,t)|2 = |ψ(~x)|2 zeitunabhängig sind.
2. Wir werden sehen, dass die Normierungsbedingung die zulässigen Energieeigenwerte E
einschränken wird.
1.2.11
Eigenwertgleichungen
Gleichung (1.2.56) stellt eine Eigenwertgleichung dar. Wir wollen uns kurz Zeit nehmen, um
solche Gleichungen allgemein zu diskutieren. Wir sagen ψ ist Eigenfunktion zum Operator Â
mit Eigenwert a, wenn gilt:
Âψ = aψ
(1.2.57)
Sei  ein hermitescher Operator, so folgen einige Theoreme.
Eigenwerte hermitescher Operatoren sind reell
Wir wissen aus (1.2.57)dass gilt:
ψ, Âψ = hψ, aψi = a hψ, ψi
(1.2.58)
(1.2.59)
Weiter gilt für die komplex konjugierte Gleichung:
Âψ, ψ = haψ, ψi = a∗ hψ, ψi
(1.2.60)
Da  hermitesch ist, gilt Âψ, ψ = ψ, Âψ , und wir finden durch Differenzenbildung:
0 = (a − a∗) hψ, ψi
⇒ a = a∗
(1.2.61)
Hieraus folgt die Behauptung. Wir stellen also fest, dass allen Messgrößen hermitesche Operatoren zugeodent sind, damit die Erwartungswerte und somit auch die Messwerte reell sind.
Eigenfunktionen hermitescher Operatoren zu verschiedenen
Eigenwerten sind orthogonal
(1.2.62)
(1.2.63)
Gehört zu jedem Eigenwert nur eine Eigenfunktion (nicht entartet) so ist die Beweisführung klar
(Übung). Werden auch entartete Eigenfunktionen betrachtet ist die Argumentation schwieriger.
In diesem Fall können wir (ohne Beweis) folgende Aussagen treffen:
1. Die Eigenfunktionen eines hermieschen Operators können immer so gewählt werden,
dass die Orthogonalitätsrelation
hψm , ψn i = δmn
(1.2.64)
erfüllt ist.
2. Weiter erfüllen die Eigenfunktionen der von uns betrachteten Operatoren die Vollständigkeitsrelation
(1.2.65)
∑ ψn∗(x0)ψn(x) = δ (x − x0)
n
16
Die ψn bilden also ein vollständiges Orthonormalensystem. Daraus folgt, dass sich ein allgemeiner Zustand ψ(x) folgendermaßen entwickeln lässt:
ψ(x) = ∑ cn ψn (x)
(1.2.66)
n
wobei die Entwicklungskoeffizienten durch
cn = hψn , ψi
(1.2.67)
definiert sind. Für sie gilt als Folge der Normierung:
∑ |cn|2 = 1
(1.2.68)
n
Bemerkung: Eigenfunktionen kommutierender Operatoren
Wie wir später noch sehen und in der Übung beweisen werden, gilt:
Kommutierende Operatoren besitzen einen gemeinsamen Satz Eigenfunktionen
(1.2.69)
Beispiel: Enwicklung nach Eigenfunktionen des Hamilton-Operators
Wie eben gesehen, gelten für die Eigenfunktionen des Hamilton-Operators Vollständigkeitsund Orthogonalitätsrelation. Wir betrachten die Eigenwertgleichung:
Ĥψn = En ψ
mit
ψn (~x,t) = e−
iEn t
h̄
(1.2.70)
ψn (~x)
(1.2.71)
Hierbei nennen wir die En Energieeigenwerte und die ψ(~x) die Energieeigenfunktionen. Es
gilt mit Hilfe von Gleichung (1.2.66):
ψ(~x,t) = ∑ cn e−
iEn t
h̄
ψn (~x)
mit
cn = hψn , ψ(t = 0)i
(1.2.72)
n
Es ist leicht nachzuvollziehen, dass das so definierte ψ(~x,t) tatsächlich Lösung der SchrödingerGleichung ist. Wir sehen also, dass das Anfangswertproblem der Quantenmechanik durch die
Entwicklung nach stationären Zuständen gelöst werden kann.
Um diese Tatsache etwas allgemeiner zu formulieren, führen wir den Zeitentwicklungsoperator Û(t,t0 ) ein. Wir wissen, dass sich unter Kentniss der Zeitentwicklung des Systems
jeder beliebige Zustand ψ(~x,t) aus dem Anfangszustand zum Zeitpunkt t = t0 berechnen lässt.
Wir können also schreiben:
ψ(~x,t) = Û(t,t0 )ψ(~x,t = t0 )
(1.2.73)
Durch Einsetzen in die Schrödinger-Gleichung erhalten wir folgende Bestimmungsgleichung
für Û(t,t0 ):
∂
ih̄ Û(t,t0 ) = ĤÛ(t,t0 )
(1.2.74)
∂t
17
Als Lösung dieser Gleichung ergibt sich die allgemeine Form des Zeitentwicklungsoperators.
iĤ (t − t0 )
(1.2.75)
Û (t,t0 ) := exp −
h̄
Setzen wir t0 = 0 erkennen wir:
ψ(~x,t) = e−
iĤt
h̄
ψ(~x, 0) = ∑ e−
iEn t
h̄
cn ψn (~x)
(1.2.76)
n
Die Betrachtung ist also konsistent mit dem vorher gefundenen Ergebnis.
1.2.12
Zusammenfassed: Die Axiome der Quantenmechanik
• Der Zustand eines Teilchens wird durch die Wellenfunktion ψ(~x,t) beschrieben.
• Messbare physikalische Größen werden Observable genannt. Jeder Observablen wird ein
linearer Operator auf dem Hilbertraum H zugeordnet.
Ort → Ortsoperator
x → x̂
(1.2.77)
(1.2.78)
• Der Erwartungswert eines Operators  ist der einzig zugängliche Messwert im Experiment und ist gegeben durch:
Z ∗
 = ψ Âψd 3~x
(1.2.79)
Die zugehörige Schwankung (Unschärfe) ist definiert als:
q
∆A = hA2 i − hAi2
• Die Zeitentwickung eines Zustands wird durch die Schrödinger-Gleichung
bestimmt:
∂
h̄2
ih̄ ψ(~x,t) = Ĥψ(~x,t) mit Ĥ = − ~∇2 +V (~x)
∂t
2m
(1.2.80)
(1.2.81)
• Wird bei einer Messung von A der Wert an gefunden, so geht die Wellenfunktion in die
entsprechende Eigenfunktion ψn über.
Ergänzung: Es folgt aus Punkt 2 und 3, dass die möglichen Messwerte einer Observablen die
Eigenwerte des zugehörigen Operators  sind und die Wahrscheinlichkeiten gegeben sind durch
|cn |2 , wobei cn die Entwicklungskoeffizienten von ψ(~x) nach den Eigenfunktionen von  sind.
2
2.1
Eindimensionale Probleme
Problemstellung
Wir wollen in diesem Kapitel die quantenmechanische Beschreibung eines Teilchens in einer
Dimension in einem Potential V(x) erarbeiten. Wie wir gesehen haben, erfolgt die Beschreibung
durch die eindimensionale Schrödinger-Gleichung:
2 2
h̄ d
∂
+V (x) ψ(x,t)
(2.1.1)
ih̄ ψ(x,t) = −
∂t
2m dx2
18
Betrachten wir zunächst nur ein von t unabhängiges Potential V(x), so vereinfacht sich die
Lösung der Schrödinger-Gleichung auf die Lösung der stationären Schrödinger-Gleichung
2 2
h̄ d
−
+V (x) ψ(x) = Eψ(x),
(2.1.2)
2m dx2
wobei dann die volle Lösung der Schrödinger-Gleichung gegeben ist durch
ψ(x,t) = e−iEt/h̄ ψ(x)
(2.1.3)
Gesucht sind nun also die Energieeigenwerte E und die Energieeigenfunktionen ψ(x), die
die Eigenwertgleichung
Ĥψ(x) = Eψ(x)
(2.1.4)
erfüllen.
2.2
Potentialtopf
Ein sehr einfaches aber interessantes Beispiel für das typische Verhalten quantenmechanischer
Systeme ist der eindimensionale Potentialtopf, also eine Potentiallandschaft der Form:
V (x) = −V0 Θ(a − |x|)
oder
(
−V0
V (x) =
0
(a < |x|)
(a ≥ |x|)
(2.2.1)
(2.2.2)
Wir wollen zunächst die Schördinger-Gleichung für die verschiedenen Gebiete getrennt betrachten. Diese Betrachtung ist aber nur gültig, wenn wir passende Anschlussbedingungen an
den ’Zonengrenzen’ fordern. Als Anschlussbedingung wollen wir fordern:
ψ(x) muss stetig sein für alle x
(2.2.3)
Wir können uns weiter überlegen, dass für ein endliches Potenzial V(x) gilt:
ψ 0 (x) muss stetig sein für alle x und V (x) < ∞
(2.2.4)
Gebundene Zustände
Wir wollen zunächst nur gebundene Zustände betrachten, also Zustäde für die gilt:
−V0 ≤ E ≤ 0
Aus der Schrödinger-Gleichung ergeben sich folgende zwei Gleichungen:
p
2m(−E)
00
ψ (x) = κψ
mit κ =
für |x| > a
h̄
p
2m(E +V0 )
00
ψ (x) = −qψ
mit q =
für |x| > a
h̄
19
(2.2.5)
(2.2.6)
(2.2.7)
Lösungen im Außenbereich (|x| ≥ a)
Es gelten die allgemeinen Fundamentallösungen
ψ(x) = C1 e−κx +C2 eκx
(2.2.8)
Um die Normierbarkeit der Wellenfunktion gewährleisten zu können, muss für
|x| → ∞ gelten, dass ψ(x) → 0 geht. Dies schränkt die möglichen Lösungen ein und wir erhalten
als Lösungen für den Außenbereich:
(
C1 e−κx (x ≤ −a)
ψ(x) =
(2.2.9)
C2 eκx
(x ≥ a)
Lösungen im Innenbereich (|x| < a)
ψ(x) = C3 e−iqx +C4 eiqx = A cos(qx) + B sin(qx)
(2.2.10)
Einschub: Paritätsoperator
Wir wollen hier einen kurzen Einschub machen und den ParitätsoperatorP̂ einführen.
P̂ f (x) = f (−x)
für eine beliebige Funktion f(x)
(2.2.11)
Wir sehen leicht, dass der Paritätsoperator die Eigenwerte λ = ±1 besitzt. Wir können außerdem zeigen, dass in unserem Fall [P̂, Ĥ] = 0 gilt. Damit können wir aus Satz (1.2.69) folgern,
das Ĥ und P̂ einen gemeinsamen Satz an Eigenfunktionen besitzen.
Aufgrund der Spiegelsymmetrie des Problems können wir die Lösungen in gerade und ungerade Lösungen unterteilen. Es folgt:
• gerade Lösungen ((P̂ψ(x) = +1 · ψ(x)):


A cos(qx) (x ≤ |a|)
ψ(x) = Ce−κx
(x ≥ a)

 −κx
Ce
(x ≤ −a)
• ungerade Lösungen ((P̂ψ(x) = −1 · ψ(x)):


B sin(qx) (x ≤ |a|)
ψ(x) = C0 e−κx
(x ≥ a)

 0 κx
−C e
(x ≤ −a)
(2.2.12)
(2.2.13)
Wir müssen jetzt als letzten Schritt die Lösungen in Einklang mit unseren Anschlussbedingungen bringen. Wir betrachten zuerst die geraden Lösungen und erhalten aus Stetigkeit der
Wellenfunktion ψ und ihrer Ableitung ψ 0 bei x = a folgende Gleichungen.
A cos(qa) = Ce−κa
−κa
qA sin(qa) = κCe
20
(2.2.14)
(2.2.15)
wir erhalten druch Teilen der ersten durch die zweite Gleichung:
s
κ
|E|
tan(qa) = =
q
E +V0
(2.2.16)
Wir führen zur Lösung die zwei Substitutionen
z := qa
und
√
2mV0
ζ0 :=
a
h̄
(2.2.17)
ein. Hieraus erhalten wir eine transzendente Gleichung, die numerisch oder graphisch gelöst
werden kann. Die Gleichung nimmt unter Verwendung der neuen Variablen die Form
p
q
2m|E|
2
2
z tan(z) = ζ0 − z =
a
(2.2.18)
h̄
an. Wir erhalten einen diskreten Satz von Werten zn für die Lösungen dieser Gleichung. Wir
können dann die Energie E abhängig von ζ0 und z ausdrücken und erhalten eine Menge an
diskreten Energieeigenwerten En :
En = −V0 (1 −
z2n
)
ζ02
(2.2.19)
Anmerkungen
Zum Lösen der ungeraden Wellenfunktionen gehen wir genau gleich vor und erhalten einen
Satz von Lösungen z̄n . Wir können noch einige Aussagen zu den Lösungen treffen:
• Wir sehen aus der graphischen oder numerischen Lösung, dass für den niedrigsten Energiewert E1 > −V0 gilt, und dass dieser ein gerader Zustand ist.
• Wir können im allgemeinen festhalten, dass die Energien ungerader Zustände immer
höher liegen, als die der entsprechenden geraden Zustände.
• Es kann nur endlich viele gebundene Zustände geben
• Die Anzahl der gebundenen Zustände hängt von Teilchemasse, Potentialtiefe und Potentialbreite ab
2.2.1
Unendlich tiefer Potentialtopf
Wir wollen noch kurz diskutieren, was passiert, wenn wir ein Teilchen in einen unendlich hohen
Potenzialtopf einsperren. Wir betrachten folgendes Potential:
(
0 (a < |x|)
(2.2.20)
V (x) =
∞ (a ≥ |x|)
Schließt man ein Teilchen in diesen Topf ein, kann es sich prinzipiell überall innerhalb des
Topfes aufhalten, kann aber unter keinen Umständen in den Bereich kommen, wo das Potential
unendlich ist. Folglich ist seine Aufenthaltswahrscheinlichkeitsamplitude dort überall gleich
21
Null. Da die Wellenfunktion ψ stetig ist, muss an den Rändern offenbar gelten: ψ(0) = ψ(a) =
0. Innerhalb des Kastens gilt jedoch weiter:
2mE
ψ(x) = 0 für 0 < x < a
h̄2
Wir erhalten wiederum gerade und ungerade Lösungen.
(
An cos(qn x) für n = 0, 2, 4, ...
ψn (x) =
Bn sin(qn x) für n = 1, 3, 5, ...
ψ 00 (x) +
(2.2.21)
(2.2.22)
Dies ist eine direkte Folge aus dem Einsetzen der Randbedingungen, wobei wir dabei weiter
finden:
n+1 π
(2.2.23)
qn =
2
a
1
An = Bn = √
(2.2.24)
a
h̄2 π 2 n + 1 2
En =
(n = 0, 1, 2, 3, ...)
(2.2.25)
2ma2
2
Anmerkung
Im Vergleich zum Fall des freien Teilchens haben wir hier diskrete Energieniveaus, die quadratisch mit der sog. Quantenzahl n ansteigen. Das Vorhandensein diskreter Energieniveaus mit einem entsprechenden Satz an diskreten Eigenzuständen ist ganz typisch für gebundene Zustände
in der Quantenmechanik. Wichtig ist, dass n in diesem Fall den Wert 0 nicht annehmen darf,
weil sonst die Wellenfunktion überall identisch Null wäre, und wir kein Teilchen im Potentialtopf hätten. Für gebundene Zustände gibt es also eine niedrigste Energie die Angenommen
werden kann, wobei diese ungleich Null ist und Nullpunktsenergie genannt wird:
h̄2 π 2
Eg =
(2.2.26)
2ma2
Im Gegensatz zur klassischen Physik ist also die niedrigste Energie nicht Null, sondern endlich. Der gebundene Zustand geringster Energie heißt Grundzustand, alle anderen mit höheren
Energien heißen angeregte Zustände.
Ungebundene Zustände
Wir wollen hier nur qualitativ die Vorgehensweise zur Lösung eines solchen Problems mit (E >
0) aufzeigen, und wichtige Resultate zusammenfassen. Wir fordern wie gehabt die Gültigkeit
der Schrödinger-Gleichung in allen Bereichen separat, so dass wir für die 3 Bereiche folgenden
Ansatz machen können:
√
2mE
ikx
−ikx
(2.2.27)
ψI (x) = AI e + BI e
für (x ≤ −a) und k =
h̄
p
2m(E +V0 )
iqx
−iqx
ψII (x) = AII e + BII e
für (−a ≤ x ≤ a) und q =
(2.2.28)
h̄
√
2mE
ikx
−ikx
ψIII (x) = AIII e + BIII e
für (x ≥ a) und k =
(2.2.29)
h̄
(2.2.30)
22
Wir können die beiden ’Teile’ der Lösung als nach rechts und nach links laufende Wellen interpretieren. In unserem Problem nehmen wir an, dass wir eine Welle von links einlaufen lassen.
Wir können daher ausschliessen, dass eine Welle von rechts einläuft, und somit BIII = 0 setzten. Verwenden wir dann die Stetigkeit von ψ und ψ 0 an den Zonengrenzen, erhalten wir 4
Gleichungen. Somit können wir die Amplituden AI , AII , BI und BII in Abhängigkeit von AIII
bestimmen. Wir erklären den Transmissionskoeffizienten T als
h̄k
2
jtrans |ψtrans |2
m |AIII |
T =
=
= h̄k
(2.2.31)
2
jein |ψein |2
m |AI |
und den Reflexionskoeffizienten als
jre f |ψre f |2
=
R = =
jein |ψein |2
h̄k
2
m |BI |
h̄k
2
m |AI |
(2.2.32)
Einige kleine Anmerkungen:
• Wir finden T → 1 für q → k ⇔ V0 → 0. D.h. ohne Graben keine Reflexion.
• T + R = 1 ist immer gültig.
• Die Reflexion ist ein Quanteneffekt. Klassisch erwarten wir keine Reflexion!
2.3
1D-Potentialstufe
Ein Beispiel für ein System ohne gebundene Zustände ist die Potentialstufe:
(
0 (x < 0)
V (x) =
V0 (x ≥ 0)
(2.3.1)
Die stationäre Schrödingergleichung lautet (umgestellt):
ψ 00 (x) +
2m
(E −V (x)) ψ (x) = 0
h̄2
(2.3.2)
Wir definieren: k2 := 2mE/h̄2 und q2 = 2m(E −V0 )/h̄. Damit lautet die Schrödingergleichung:
ψ 00 + k2 ψ = 0
(x < 0)
ψ 00 + q2 ψ = 0
(x ≥ 0)
(2.3.3)
Für x < 0 können wir für die allgemeine Lösung folgenden Ansatz machen: ψ (x) = eikx + Re−ikx
eikx kann als von links einfallende Welle angesehen werden. Re−ikx stellt einen Anteil dar,
der von der Barriere zurückläuft. Die Stromdichte, definiert durch diese Wellenfunktion, lautet:
i
h̄ h −ikx
j (x) =
e
+ R∗ eikx ikeikx − ikRe−ikx − eikx + R−ikx −ike−ikx + ikR∗ eikx
2mi
h̄k =
1 − |R|2
(2.3.4)
m
Für x > 0 probieren wir folgenden Ansatz: ψ(x) = Teiqx . Eigentlich könnte man einen Anteil We−iqx dazu addieren, allerdings werden die Anschlussbedingungen dazu führen, dass W
23
unbestimmt bleibt, deswegen setzen wir es auf Null. Dieser Ansatz korrespondiert mit einer
transmittierten Welle. Damit lautet die Stromdichte:
h̄ ∗ −iqx
j (x) =
T e
iqTeiqx − Teiqx (−iq) T ∗ e−iqx
2mi
h̄q
h̄ |T |2
2 |T |2 iq =
(2.3.5)
=
2mi
m
Die Anschlussbedingungen besagen, dass die Funktion und ihre Ableitung bei x = 0 stetig
sein müssen:
1+R = T
ik − ikR = iqT
2k
k−q
T=
⇒R=
k+q
k+q
(2.3.6)
(2.3.7)
Die transmittierte und reflektierte Stromdichten lauten somit:
jT =
h̄q 2 h̄k 4kq
|T | =
m
m (k + q)2
(2.3.8)
jR =
h̄k 2 h̄k (k − q)2
|R| =
m
m (k + q)2
(2.3.9)
Wir machen die Fallunterscheidung:
• E > V0 : In diesem Fall ist q > 0, und es gibt eine reflektierte Welle, im Gegensatz zur
klassischen Lösung.
• E V0 : Hier ist k ≈ q, und die reflektierte Stromdichte jR geht damit gegen Null. Die
Welle wird fast vollständig transmittiert.
• E < V0 : In diesem Fall ist q rein imaginär. Im Bereich x > 0 ist ψ(x) = Te−|q|x und
|R|2 = 1. Die Wellenfunktion durchdringt zwar den klassisch verbotenen Bereich, klingt
aber exponentiell ab.
3
Der harmonische Oszillator
In der Physik treten harmonische (also linear von x abhängige) Kräfte sehr häufig auf, und
selbst bei anharmonischen Systemen lässt sich ziemlich oft eine harmonische Näherung rechtfertigen, um grundlegende Effekte zu erklären. Ein System mit harmonischem Potential ∝ x2
heißt harmonischer Oszillator.
Die zeitunabhängige Schrödingergleichung des einfachen 1-dimensionalen Oszillators lautet:
h̄2 ∂ 2
mω 2 x2
+
−
ψ (x) = Eψ (x)
(3.0.10)
2m ∂ x2
2
Die Standartvariante der Analysis zur Lösung der Differentialgleichung unter der Nebenbedingung, dass die Lösung quadratintegrabel sein soll, führt auf Wellenfunktionen, die proportional sind zum Produkt aus einer Gauß-Funktion exp(−cx2 ) und Hermite-Polynome:
2
2
z
d n
z
Hn (z) = exp
z−
exp −
(n ∈ N)
(3.0.11)
2
dz
2
24
Wie beim unendlich hohen Potentialtopf handelt es sich bei den Lösungen der Differentialgleichung um gebundene Zustände, beschrieben durch einen diskreten Satz an Eigenfunktionen,
die ebenfalls die Indizierung der Hermite-Polynome tragen. Ohne Beweis:
r
mω 1/4 1
mω mω
√
x2
(3.0.12)
Hn
ψn (x) =
x exp −
π h̄
2h̄
h̄
n!2n
Von größerem Interesse für uns sind allerdings die den Eigenfunktionen ψn (x) zugehörigen
Energieeigenwerte En . Diese wollen wir allerdings nicht mittels der analytischen Methoder ermitteln, sondern durch eine etwas geschicktere Betrachtung:
3.1
Algebraische Methode
Zunächst definiert man nicht-hermitesche, aber zueinander adjungierte Operatoren:
r
r
mω
mω
i p̂
i p̂
†
â =
x̂ +
; â =
x̂ −
2h̄
mω
2h̄
mω
und wertet das Produkt aus:
i p̂
i p̂
mω 2
p̂2
i
mω
†
x̂ −
x̂ +
=
x̂ + 2 2 +
(x̂ p̂ − p̂x̂)
â â =
2h̄
mω
mω
2h̄
m ω
mω | {z }
=ih̄
2
2
2
2
2
mω x̂
p̂
1
1
p̂
mω x̂
1
=
+
− =
+
−
2h̄
2mh̄ω 2 h̄ω 2m
2
2
{z
}
|
(3.1.1)
(3.1.2)
=Ĥ
Wir haben also eine Möglichkeit, den Hamiltonoperator durch diese beiden Operatoren darzustellen:
1
†
Ĥ = h̄ω â â +
(3.1.3)
2
Wir können natürlich andersherum auch die bekannten Operatoren x̂ und p̂ durch Auf- und
Absteigeoperatoren ausdrücken:
r
r
h̄
h̄ωm
(â + ↠) und p̂ = −i
(â − ↠)
(3.1.4)
x̂ =
2ωm
2
Analog dazu kann man das umgekehrte Produkt auswerten:
â↠=
1
1
Ĥ +
h̄ω
2
woraus wir sofort eine Kommutatorrelation für diese beiden Operatoren erhalten:
h
i
â, ↠= 1
(3.1.5)
(3.1.6)
Die Lösung des Problems hat sich jetzt auf das Finden der Eigenwerte des Besetzungszahloperators
n̂ = ↠â
(3.1.7)
reduziert. Wir wollen im Folgenden annehmen, dass ψν Eigenfunktionen zum Eigenwert ν sind,
d.h., dass gilt:
n̂ψν = νψν
(3.1.8)
25
Wir stellen folgende Behauptung auf (Beweis in Übung):
Wenn ψ Eigenfunktion von n̂ zum Eigenwertν ist, so ist ↠ψν Eigenfunktion von
n̂ mit Eigenwert ν + 1 und âψν Eigenfunktion zum Eigenwert ν − 1.
Diese Eigenschaften geben dem Operator ↠den Namen Aufsteige- oder Erzeugungsoperator
und â die Bezeichung Absteige- oder Vernichtungsoperator, da sie den Eigenwert eines bekannten Zustands jeweils um eins erhöhen oder absenken. Wir erkennen aber ein potenzielles
Problem: Wir können pinzipiell ν so lange erniedrigen, bis Zustände negativer Energien entstehen. Wir wissen natürlich, dass Zustände negativer Energien nicht möglich sind und können
deshalb folgende Bedingung formulieren:
âψ0 (x) = 0
Wir erhalten eine Differentialgleichung der Form:
#
"r
r
mω
h̄ d
ψ0 (x) = 0
x+
mω dx
h̄
(3.1.9)
(3.1.10)
Wir können diese Gleichung lösen und erhalten:
mω 2
ψ0 (x) = A0 e− 2h̄ x
(3.1.11)
Wir können jetzt, wie wir oben gesehen haben, jedes beliebige ψn (x) durch mehrmaliges Anwenden des Aufsteigeoperators ↠auf ψ0 (x) erzeugen:
"r
#n
r
mω 2
mω
h̄ d
x+
e− 2h̄ x
ψn (x) = An
(3.1.12)
h̄
mω dx
Wir haben gesehen, dass:
n̂ψ0 (x) = 0
(3.1.13)
Daraus sehen wir, dass n̂ den Eigenwert 0 besitzt, und damit h̄ω
2 der Eigenwert von Ĥ zu Eigenfunktion ψ0 (x) ist. Wir folgern also für den n-ten Energieeigenwert En aus (3.1.3):
1
En = h̄ω n +
(n ∈ N0 )
(3.1.14)
2
Bemerkungen zu einigen wichtigen Eigenschaften des harmonischen Oszillators:
• Der Grundzustand des harmonischen Oszillators ist nicht entartet. Hieraus kann man ableiten, dass auch alle übrigen Eigenwerte von n̂ nicht entartet sind.
• Wir haben mit den von uns gefundenen Eigenfunktionen ψn (x) alle Eigenfunktionen des
harmonischen Oszillators gefunden
• Wir haben eine minimale Energie h̄ω
2 für den niedrigsten Zustand des harmonischen Oszillators gefunden. Dieser Zustand heißt Grundzustand. Die zugehörige Energie heißt
Nullpunkts- oder Grundzustandsenergie.
• Die Lösungen ψn (x) sind orthogonal.
• Die Lösungen ψn (x) erfüllen die Vollständigkeitsrelation
26
Bemerkung: Kohärente Zustände
Die Theorie kohärenter Zustände ist komplex, allerdings von großem Interesse in Elektrodynamik sowie Quantenfeldtheorie. Wir wollen hier kohärente Zustände des harmonischen Oszillators untersuchen, dabei allerdings auf eine theoretische Herleitung verzichten, und nur deren
Eigenschaften aufzeigen.
Kohärente Zustände dienen als klassischer Grenzfall der Quantenmechanik, da sie, anders als
die oben berechneten Eigenzustände des Harmonischen Oszillators, einen Ortserwartungswert
hxi 6= 0 besitzen, und somit als klassische Bewegung eines Teilchens im Potenzial identifiziert
werden können.
Kohärente Zustände sind Eigenzustände des Absteigeoperators oder Vernichtungsoperators â.
â |αi = α |αi
(3.1.15)
Wir sehen, dass dieser, anders als der Aufsteige- oder Erzeugungsoperator ↠, auch tatsächlich
Eigenzustände bestizen kann.
Kohärente Zustände lassen sich folglich, bezogen auf den Grundzustand |0i bzw. die Eigenzustände |ni des Hamilton-Operators folgendemaßen schreiben:
1 2 ∞ αn
(3.1.16)
|αi = exp − |α| ∑ √ |ni
2
n=0 n!
Die Zeitentwicklung eines Zustandes |αi wird bestimmt durch die Anwendung des Zeitentwickungsoperator Û(t) auf den Zustand |αi:
Û(t) |αi = e−iωt/2 |αe−iωt i
(3.1.17)
Die Betrachtung erfolgte bis hier in der abstrakten Dirac-Schreibweise. Da wir bisher immer
in Ortsdarstellung gearbeitet haben, seien hier nochmal die kohärenten Zustände in Ortsdarstellung gezeigt:
∞
∞
(αa† )n
αn
ψ0
ϕα (x) = C ∑ √ ψn = C ∑
n!
n=0 n!
n=0
−|α|2 /2
ϕα (x,t) = e
mit
2 /2
C = e−|α|
(αe−iωt )n
√
ψn e−iωt/2
n!
n=0
(3.1.18)
∞
∑
= ϕα(t) (x)e−iωt/2
mit
α(t) = αe−iωt
(3.1.19)
(3.1.20)
Eigenschaften kohärenter Zustände:
• Kohärente Zustände sind normiert hα, αi = 1.
• Kohärente Zustände sind nicht orthogonal.
• Kohärente Zustände besitzen die minimale Unschärfe ∆x∆p = 2h̄ .
• Kohärente Zustände sind Eigenzustände zum Absteige- oder Vernichtungsoperator â mit
Eigenwert α.
• Ein kohärenter Zustand ist ein Gaußsches Wellenpaket, das sich nicht verbreitert.
• Die kohärenten Zustände sind Lösungen der zeitabhängigen Schrödinger-Gleichung, jedoch keine Eigenzustände zum Hamiltonian des harmonischen Oszillators.
• Für kohärente Zustände gilt hxi 6= 0
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