Philosophie: Konstrukte? was sind Bei einer privaten philosophischen Diskussion zeigte sich das Thema Konstrukte von seiner vertrackten Seite. Was ist ein Konstrukt aus der Sicht der materialistischen Philosophie? Ist es mit dem Bild von geralt, pixabay, umrissen als eine Aussendung vom Gehirn? Oder wie soll man sich Konstrukte vorstellen? In solchen Fällen wendet man sich an die Basics bei Bunge/Mahner, Über die Natur der Dinge. Dort sind die Begriffe so klar definiert wie sonst nirgends. Nach der materialistischen Ontologie von Bunge/Mahner besteht die Welt aus Dingen und Konstrukten. Jedes Objekt ist entweder konkret (gleichbedeutend: materiell) – dann ist es ein Ding – oder abstrakt (gleichbedeutend: immateriell), dann ist es ein Konstrukt. Nach Bunge/Mahner tun wir nur so, als ob es diese Konstrukte gäbe. Sie existieren nur fiktiv. Dazu ein paar Zitate aus dem verlinkten Buch: S.3: Immateriallen Objekten wie Ideen und Seelen kommt keine reale Existenz zu. S. 18: Ausschließlich konkreten oder materiellen Objekten kommt reale Existenz zu. S. 21: Abstrakte Objekte sind Fiktionen. Wir tun nur so als gäbe es solche Konstrukte. S. 111: Die Existenz begrifflicher Objekte besteht darin, von einem rationalen Lebewesen gedacht werden zu können. S. 115i: Begriffliche Objekte werden in dem Moment aufhören, zu existieren, in dem wir aufhören, sie zu denken, oder uns vorzustellen, dass sie denkbar sind – genauso, wie die Götter untergegangener Religionen aufgehört haben zu existieren. Sie müssen nicht zu jeder Zeit gedacht werden. Um zu existieren, ist es notwendig und hinreichend, denkbar zu sein. S. 115ii: Es ist unwahrscheinlich, dass die Zahl 4653712650806471583077231724333419010833 jemals zuvor gedacht wurde, aber sie existierte, indem sie denkbar war. Dasselbe gilt für alle anderen abstrakten Objekte. Die Existenz … besteht in der Möglichkeit, von lebenden Wesen gedacht zu werden. … Real ist nur der Gehirnprozess, der im Denken von Konstrukten besteht. S. 116: Jedes Konstrukt ist eine Äquivalenzklasse von Gedanken. S. 117: Konstrukte sind zeitlos, sie dürften schon vorher und auch hinterher denkbar sein. Dabei fällt auf, dass die Zitate von S. 115i und S. 117 nicht konsistent erscheinen. Konstrukte sind einmal vom tatsächlichen Gedachtwerden abhängig, wenn sie nicht mehr gedacht werden, hören sie auf zu existieren. Andererseits existieren sie zeitlos, weil sie ja immer noch denkbar sind. Wann also existiert ein Konstrukt? Daran entzündete sich die Diskussion. Existiert es nach S. 115ii schon vor dem ersten Gedachtwerden, weil es ja denkbar ist? Das wäre dann noch abhängig von der Existenz der denkenden Wesen. Die Crux liegt aber in der Unendlichkeit des Möglichkeitsraums vom Denkbaren. Alles, was irgendwie denkbar ist, soll existieren, sobald ein denkendes Wesen existiert? Und existiert es, bis es nicht mehr gedacht wird, oder existiert es, bis es nicht mehr denkbar ist, d.h. bis kein entsprechendes denkendes Wesen mehr da ist? An dieser Stelle dürfte es einen Präzisierungsbedarf geben. Die Vorstellung, dass irgendetwas nur denkbar sein muss, um zu existieren, erscheint doch sehr gewollt. Dann existiert ja alles und jedes fiktiv. Das legt nahe, dass solche Objekte erstmal gedacht werden müssen, um zu existieren. Bei der Zahl 4653712650806471583077231724333419010833 ist es anders. Die Zahlenreihe wird doch keine Lücken haben, weil jede einzelne Zahl erstmal gedacht sein muss, damit sie existiert? Solche Konstrukte scheinen eine andere Art fiktiver Existenz zu haben, nämlich eine zeitunabhängige. Das liefe auf einen Unterschied bei den beliebigen und den nicht beliebigen Konstrukten hinaus. Mathematik und Zahlen sind nicht beliebige Konstrukte, Objekte wie Zeus, Quetzalcoatl oder Donald Duck (Bunges Beispiele) sind beliebige Konstrukte. Für die beliebigen Konstrukte sollte S. 115i gelten, sie existieren ab dem ersten Gedachtwerden bis zum letzten Gedachtwerden (nur wann ist das letzte Mal?). Für die nicht beliebigen Konstrukte sollte S. 115II und S. 117 gelten, die zeitunabhängige Existenz. Das würde sich schön mit dem Ansatz vertragen, der in der Stellungnahme versucht wird, dass nämlich den nicht beliebigen Konstrukten mehr als bloß die vom Gedachtwerden abhängige fiktive Existenz zukommt. Mit der Argumentation, dass wohl jede denkende Zivilisation auf die natürlichen Zahlen stoßen muss, erhalten die eine zeitunabhängige und letztlich auch vom Gedachtwerden unabhängige Existenz. Die werden nicht erfunden, sondern sie werden gefunden. Wenn das akzepziert wird, sind die beiden Sorten von Konstrukten nicht bloß nebenbei zu unterscheiden, sondern grundsätzlich und inhaltlich. Die beliebigen Konstrukte werden erfunden, sie existieren ab der Erfindung, bis sie auf den Orkus kommen (sie können auch reanimiert werden wie der alte Zeus-Glaube). Die nicht beliebigen Konstrukte existieren immanent schon immer und über den Kältetod des Universums hinaus (es könnte ja weitere Multiversen geben, wo sie existieren), sie werden gefunden. Links dazu: Rezension Bunge/Mahner Über die Natur der Dinge I Rezension Bunge/Mahner Über die Natur der Dinge II Stellungnahme I Bunge/Mahner Über die Natur der Dinge Beweis für materielle Nichtexistenz Gottes