1 Mathematische Begriffe und Hilfsmittel Formelzeichen Begriff a Skalar r a Vektor a1 r a = a2 a 3 Darstellung des Vektors in Komponenten r r r r a = a1 ⋅ e1 + a 2 ⋅ e2 + a3 ⋅ e3 Basisvektoren Erklärung Zahl, z.B. für die Masse eines Körpers, die Zeit. Vektoren werden benützt, wenn eine einzige Zahl zur Beschreibung einer Situation nicht ausreicht. In einem Vektor sind mehrere Zahlen zusammengefasst. Die Bedeutung der „Komponenten“ oder „Koordinaten des Vektors“ genannten Zahlen wird durch die Wahl des „Koordinatensystems“ festgelegt. Z. B. zeigt der Vektor der Geschwindigkeit bei einer geradlinigen Bewegungen auf einer Bahn den Betrag der Geschwindigkeit und die Richtung der Bewegung. r a r e3 a3 r e2 r e1 a2 a1 Die Komponenten a1 , a 2 und a3 des Vektors zeigen die Achsenabschnitte eines Koordinatensystems. r r r e1 , e2 und e3 sind die Basisvektoren des Koordinatensystems Meistens sind die Komponenten in einem rechtwinkligen, orthonormierten „kartesischen“ Koordinatensystem angegeben. Orthonormiertes Koordinatensystem a = a12 + a 22 + a32 Betrag Die Basisvektoren stehen senkrecht aufeinander, sind von der r r r Länge 1 und bilden ein Rechtssystem, d.h. e1 , e2 und e3 stehen zueinander wie Daumen, Zeige- und Mittelfinger der rechten Hand. Zeigt die Länge des Vektors 2 r Manchmal ist es sinnvoll, einen Vektor durch Betrag a und Richtung ea anzugeben r r a = a ⋅ ea Darstellung des Vektors durch Betrag und Richtung a1 + b1 r r a + b = a 2 + b2 a +b 3 3 Summe zweier Vektoren a1 r 1 ea = ⋅ a 2 a a3 Einheitsvektor, d.h. Vektor vom Betrag 1, der die Richtung von r a angibt. Beispiel: Geschwindigkeit Kraft, Beschleunigung in einer vorgegeben Richtung, Vektoren werden komponentenweise addiert. Dem entspricht die folgende geometrische Konstruktion: r r a +b r b r a Beispiel: Kräfteparallelogramm r b r r b = k ⋅a Multiplikation mit einem Skalar r a r r Beispiel: F = m ⋅ a (Kraft=Masse*Beschleunigung) r Entspricht dem Produkt zwischen a und der Projektion von b r auf a : r r b ⋅ cos ∠ a ,b r r r r r a a ⋅ b = a ⋅ b ⋅ cos ∠ a , b ( ) ( ) Skalarprodukt r b Beispiel: Die Arbeit ist das Skalarprodukt aus dem Kraft- und dem Wegvektor 3 Speziell im dreidimensionalen Raum ist das Vektorprodukt definiert: r r Ergebnis: Vektor a × b r r Richtung: Senkrecht auf a und b r r a×b ( ) r b r a r r a×b Vektorprodukt Betrag: r r r r a × b = a ⋅ b ⋅ sin ∠ a , b ( ) r Dieser entspricht der grau eingezeichneten Fläche des von a und r b aufgespannten Parallelogramms r r r Beispiel: L = r × p Der Drehimpulsvektor steht senkrecht auf Radius- und Impulsvektor Funktionen, Ableitungen, Integrale Bei vorgegebenem x hat y den Wert f ( x ) y = f (x ) f ( x ) kann durch eine Wertetabelle gegeben sein, z.B. bei einer y ist eine Abzählung: Ist x die Nummer der Beobachtung, dann gibt f ( x ) die Funktion der beobachtete Zahl. Variablen x f ( x ) kann eine analytische Funktion sein, z.B. y = sin x Anwendung der Ableitung zur Linearisierung einer beliebigen Funktion: ∆y df (x) dx df ( x0 ) ⋅ ∆x Differentiatio ∆y = dx n, Ableitung f ( x0 ) ∆x x0 Mit Hilfe der Ableitung kann die Änderung ∆y des Funktionswerts an der Stelle x0 bei Änderung ∆x des Arguments abgeschätzt werden. Beliebig komplizierte Funktionen werden damit - in einer genügend kleinen Umgebung von x0 - durch eine in ∆x lineare Funktion angenähert. 4 Anwendung der in Physik und Meßtechnik: Oft genügt eine lineare Funktion, wenn nur eine Umgebung ∆x eines bevorzugten Punktes x0 von Interesse ist. Die lineare Funktion ist df ∆y = ( x 0 ) ⋅ ∆x dx Die Abweichung ∆x vom Argument x0 bewirkt - in Näherung- die Abweichung ∆y vom Funktionswert f ( x0 ) . (Beispiele: Standardabweichung ∆y als Funktion der Standardabweichung ∆x (Fehlerfortpflanzung), Änderung der Schwerkraft als Funktion der Höhe nahe der Erdoberfläche) Ist f ( x ) als Wertetabelle gegeben, dann wird die Ableitung numerisch als „Differenzenquotient“ berechnet: f ( x 0 + ∆x ) − f ( x 0 ) ∆f ( x0 ) = ∆x ∆x Ist die Funktion f ( x ) analytisch bekannt, dann liefert die Mathematik für deren Ableitung die Funktion y ′ = f ′( x ) . Die Ableitungen wichtiger Funktionen sind: ( x r )′ = r ⋅ x r −1 (e )′ = e x ′ (sin x ) c′ = 0 (c = const.) (ln x )′ = 1 x x (cos x )′ = − sin x = cos x In der Physik sind die Ableitungen nach der Zeit t für folgende Größen besonders wichtig: Mechanik Elektrizitätslehre f (t ) f& (t ) &f&(t ) Weg Geschwindigkeit Beschleunigung s (t ) v(t ) = s&(t ) a (t ) = v&(t ) = &s&(t ) Ladung Strom Stromänderung Q(t ) I (t ) = Q& (t ) &&(t ) I&(t ) = Q 5 r df (x) dx Ableitung eines Vektors nach einer Variablen df r r (x ) dx Ableitung einer Funktion nach einem Vektor Vektoren werden komponentenweise abgeleitet Beispiel für eine Anwendung in der Physik: Die Komponenten des Vektors der Geschwindigkeit sind die zeitlichen Ableitungen der Komponenten des Vektors der Bahn. Wird eine Funktion nach einem Vektor abgeleitet, dann entsteht ein Vektor, dessen Komponenten die Ableitungen der Funktion nach den Komponenten des Vektors sind. Beispiel für eine wichtige Anwendung in Physik und Meßtechnik: Die Fehlerfortpflanzung auf eine Funktion von mehreren Variablen. Der Wert y sei eine Funktion von vier Beobachtungen xi , i = 1,2,3,4 , es gelte also y = f ( x1 , x 2 , x3 , x 4 ) . Zur Berechnung der Abweichung ∆y bei Abweichungen ∆xi , i = 1,2,3,4 der Variablen von den Werten xi0 , i = 1,2,3,4 , r die im Vektor x0 zusammengefasst sind, konstruiert man den Vektor df r r (x ) dx Ableitung einer Funktion nach einem Vektor df r ( x0 ) ⋅ ∆x1 dx1 df r ( x0 ) ⋅ ∆x2 r dx ∆y = 2 df ( xr ) ⋅ ∆x 3 dx3 0 df r ( x0 ) ⋅ ∆x4 dx 4 Die gesuchte Abweichung in ∆y ist dessen Betrag: df 0 ∆y = ∑ xi ⋅ ∆xi i =1 dx i 4 ( ) 2 6 Beispiel: Standardabweichung der Geschwindigkeit bei gleichförmiger Bewegung entlang einer geradlinigen Bahn. Der Weg s und die Zeit t seien mit den Standardabweichungen ∆s, ∆t gemessen: s v= t dv 1 ⋅ ∆s ( s , t ) s ⋅ ∆ 0 0 t r = 0 ∆v = ds s0 dv ( s , t ) ⋅ ∆t − 2 ⋅ ∆t 0 0 dt t0 2 2 s 1 ∆v = ⋅ ∆s 2 + 02 ⋅ ∆t 2 t t0 0 Übersichtlicher wird die Formel, wenn man die Funktion v an der Stelle s 0 , t 0 , wieder einsetzt: v0 = v( s 0 , t 0 ) 2 ∆s ∆t ∆v = v0 ⋅ + s0 t 0 2 Ein Tensor verknüpft zwei vektorielle physikalische Eigenschaften, so daß Betrag und Richtung der einen in Abhängigkeit von Betrag und Richtung der anderen gegeben ist. Beispiel: Der Tensor J des Trägheitsmoments verknüpft die Vektoren von r r Drehimpuls L und Winkelgeschwindigkeit ϖ , beide unterscheiden sich im allgemeinen nicht nur im Betrag, sondern auch in der Richtung: Tensor r r L = J ⋅ϖ L1 J 11 L2 = J 21 L J 3 31 J 12 J 22 J 32 J 13 ϖ 1 J 23 ⋅ ϖ 2 J 33 ϖ 3 3 Li = ∑ J ik ⋅ ϖ k k =1 Komponenten des Drehimpulses 7 Lineare Differentialgleichung 2. Ordnung mit konstanten Koeffizienten Eine Gleichung dieses Typs erhält man immer dann, wenn die 2. Ableitung einer Funktion nach der Zeit umgekehrt proportional zur Funktion selbst ist. Beispiele: In der Mechanik: Wenn auf einen Körper eine zum Weg x(t ) proportionale Kraft beschleunigend wirkt, dann ist die Trägheitskraft immer proportional zu &x&(t ) und der beschleunigenden Kraft entgegengerichtet. (Mechanische Schwingung) m ⋅ &x& = − k ⋅ x Die Elektrodynamik: Man erhält die analoge Gleichung, wenn eine zur Ladung Q(t ) proportionale Spannung eine Gegenspannung induziert, weil &&(t ) und der erzeugenden entgegengerichtet ist. letztere proportional zu Q (Elektrischer Schwingkreis aus Kondensator und Spule) Auch die Regeltechnik führt auf eine Gleichung dieses Typs, wenn die Regelgröße x(t ) im Takt ihrer zweiten Ableitung &x&(t ) verändert wird. (Es gibt z. B. Duschen, die man nur abwechselnd zu heiß oder zu kalt einstellen kann. Die mathematische Eigenschaft dieses Systems kann man mit T&&(t ) ~ −T (t ) beschreiben.) x(t ) = x0 ⋅ sin ϖt Lösung der Gleichung, man bezeichnet sie als „harmonische Schwingung“ und das System als „harmonischen Oszillator“ 2 &x&(t ) = − x0 ⋅ ϖ Zweite Ableitung der Funktion m ⋅ϖ 2 = k ϖ= k m ϖ= 2π T Folgt nach Einsetzen von x(t ) und &x&(t ) Die Winkelgeschwindigkeit (Kreisfrequenz) der Schwingung ist unabhängig von der Amplitude x0 T ist die Periode der Schwingung 8 Auslenkung einer Schwingung, als komplexe Zahl formuliert: Komplexe Zahl mit Betrag r und Phase ϕ ξ = r ⋅ e i⋅ϕ e iϕ = cos ϕ + i ⋅ sin ϕ 1 cos ϕ = (e iϕ + e −iϕ ) 2 1 iϕ sin ϕ = ( e − e −iϕ ) 2⋅i ξ = r ⋅e i ⋅ϕ Eulersche Beziehung Winkelfunktionen in komplexer Schreibweise Aufteilung in Real- und Imaginärteil: Realteil Imaginärteil r ⋅ cos ϕ r ⋅ sin ϕ = r ⋅ cos ϕ + i ⋅ r ⋅ sin ϕ ξ r ⋅ sin (ϖt + ϕ 0 ) ϖt 1 ,0 r 0 ,5 x, y ϕ0 0 ,0 -0 ,5 -1 ,0 x, y 0 1 1,0 0,5 0,0 -0,5 -1,0 0 1 2 r ⋅ cos(ϖt + ϕ 0 ) 2 3 t 4 5 6 3 t Darstellung einer komplexen Zahl als Vektor mit Betrag und Phase. Die beiden kartesischen Komponenten beschreiben eine harmonische Schwingung, wenn der Zeiger mit konstanter Winkelgeschwindigk eit rotiert. 4 5 6 Tabelle 1 Auslenkungen der harmonischen Schwingung als Komponenten eines Zeigers in der komplexen Zahlenebene: Horizontal reelle, vertikal: imaginäre Achse 9 Verteilungen, Erwartungswerte Verteilungen beschreiben die Eigenschaften der Gesamtheit der Ergebnisse aus sehr vielen Beobachtungen. Als Beispiel diene die Gaußverteilung auf dem 10 DM Schein. Man denke an wiederholte Messungen einer Größe x , die um den Wert µ = 3 schwankt. Trägt man die Ergebnisse in einem Histogramm auf, dann wird dieses Histogramm durch die Gaußverteilung angenähert. Die Breite der Verteilung σ = 1 ist ein Maß für die Schwankung der Meßwerte. p( x) 0,4 σ =1 Y Axis Title 0,3 0,2 Verteilung f ( x) 0,1 0,0 0 1 2 3 4 5 6 Das Beispiel zeigt die auf dem 10 DM Schein abgebildete Gaußverteilung x µ =3 f (x ) = 1 σ 2π ( x − µ )2 e 2σ 2 p( x) 0,4 Y Axis Title 0,3 0,2 0,1 0,0 0 1 2 3 4 x x0 + ∆x x0 x0 + ∆ x F ( x + ∆x) − F ( x) = 5 ∫ f (x )dx x0 6 Das Integral (orange gefärbte Fläche) über die Verteilung f ( x) gibt an, mit welcher Wahrscheinlichkeit bei einem einzigen Versuch ein Wert zwischen x0 und x0 + ∆x zu erwarten ist. 10 ∞ E ( x) = ∫ x ⋅ f (x )dx Erwartungswert der Größe x . Er ist ihr Mittelwert bei sehr vielen Beobachtungen und entspricht- für beliebige Verteilungendem physikalischen Schwerpunkt einer Massenverteilung von gleicher Form. Die bei der Schwerpunktbestimmung im Nenner stehende Gesamtmasse ist „1“. −∞ Anwendung in der Vorlesung: Berechnung der mittleren freien Weglänge aus der Verteilung der freien Flugwege der Teilchen in einem Gas. ∞ E ( H ( x)) = ∫ H ( x) ⋅ f (x )dx −∞ Erwartungswert einer Funktion H (x) , wenn x nach der Funktion f (x) verteilt ist. Es ist der Mittelwert der Funktion H (x) bei sehr vielen Beobachtungen. Anwendung: Berechnung der mittleren freien Weglänge aus der Verteilung der freien Flugwege der Teilchen in einem Gas. 11 Die Integration ist die Umkehrung der Differentiation. Die Integration glättet, wie am folgenden Beispiel zu erkennen ist: &s& Beschleunigung t Diffe rentia tion s& ∫ f ( x)dx Integ ratio n Geschwindigkeit t s Weg t Tabelle 2