Karl Popper Preis für Badawi,Der Metamurphysche

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Karl Popper Preis für Badawi
Dieser Artikel stammt von
freidenker.at (in blau) und
wurde von atheisten-info.at in
gelb übersetzt. Nun kommt er in
weiß bei wissenbloggt an. Es
geht jedesmal um den Fall Raif
Badawi – man wünschte sich,
auch die anderen Opfer der
Terrorsysteme fänden so reges
Medieninteresse
(Bild:
teetasse, pixabay).
Karl Popper Preis für Badawi!
Laudatio anlässlich der Verleihung des
Sir Karl Popper-Preises an Raif Badawi
Raif Badawi
Der
saudische
Blogger
Raif
Badawi
sitzt
seit
2012
im
Gefängnis. Er wurde 2014 zu zehn Jahren Gefängnis, einer hohen
Geldstrafe und zu 1000 Peitschenhieben verurteilt, wobei
bereits 50 Schläge exekutiert worden sind. Die Anklage lautete
Apostasie, Beleidigung des Islam und Gefährdung der
Staatssicherheit. Zusätzlich wurde auch sein Anwalt Walid
Abulkhair später ebenfalls verurteilt, und zwar zu 15 Jahren
Gefängnis.
Was ist das Verbrechen von Raif Badawi? Er nannte seinen Blog
"Saudi Free Liberals" und widmete ihn kompromisslos dem
Säkularismus, als "die praktische Lösung, um Länder von der
Dritten in die Erste Welt zu befördern". In dem enorm
erfolgreichen Onlineforum gab es Diskussionen über den
Missbrauch von Religion durch hohe Regimekleriker sowie über
das bizarre Agieren der islamischen Sittenpolizei in seiner
Heimat. In einem anderen Eintrag bezeichnete er die Islamische
Universität in Riyadh als eine Brutstätte für Terroristen,
trat für die Gleichheit von Muslimen und Nichtmuslimen ein und
plädierte für eine Trennung von Staat und Religion.
Staatlicher Säkularismus sei der wichtigste Schutz für die
Bürger eines Landes, schrieb er zur Begründung. Sein letzter
Eintrag im Mai 2012 ist vermutlich der ergreifendste: Dort
philosophiert er über das Wesen der Freiheit und zitiert den
französischen Existenzialisten Albert Camus: "Die einzige
Möglichkeit, mit einer unfreien Welt umzugehen, ist so absolut
frei zu werden, dass die eigene bloße Existenz ein Akt der
Rebellion ist."
Saudi Arabien ist eine klerofaschistische Diktatur, in der
Atheismus mit Terrorismus gleichgesetzt wird. Jede
Infragestellung des Islam wird demzufolge als staatsfeindliche
Handlung angesehen und kann mit der Todesstrafe geahndet
werden.
Saudi Arabien rühmt sich, dass der dort gelebte Wahabismus die
reinste Form des Islam darstelle. Aus Gründen der Political
Correctness muss ich daher sofort hinzufügen, dass dies alles
mit dem Islam überhaupt nichts zu tun hat. Allerdings ist es
auffallend, dass die der Großteil der Islamischen Welt im
Falle von Raif Badawi noch zurückhaltender agiert als bei den
ohnehin schon sehr verhaltenen Protesten zum „Je suis Charlie“
– Attentat.
Apropos Protest und unislamischer Islam:
In einem Brief an das Europäische Parlament wehrt sich SaudiArabien gegen die Kritik an der Bestrafung Badawis. Das
schariakonforme Urteil und die Auspeitschung Badawis
verstoßen, nach Ansicht von Saudi Arabien, nicht gegen die
Menschenrechte, allerdings die islamischen. Es existiert
nämlich die Kairoer Erklärung der Menschenrechte, die 1990 von
45 Außenministern der der Islamischen Konferenz angenommen
wurde. In dieser wird die Scharia als die Grundlage der
Menschenrechte postuliert. Genau das passiert, wenn Religionen
Ethik betreiben und göttliches Recht über menschliches Recht
gestellt wird.
Karl Popper Preis
Der
Sir
Karl
Popper
Preis
möchte
der
Nobel-Preis
für
rationales Denken sein und ehrt die Menschen, die sich für
rationales und vernünftiges Denken einsetzen und hierfür auch
– bedingt durch Strukturen der jeweiligen Umwelt – erhebliche
und existenzbedrohende Konsequenzen in Kauf nehmen.
Der Preis ist dieses Jahr mit einem symbolischen Betrag von
1000 € aus Spenden verbunden. Letztes Jahr durfte diesen Preis
Prof. Hubertus Mynarek entgegennehmen, der bekannteste Apostat
deutscher Zunge. Er war bis 1972 Dekan der KatholischTheologischen Fakultät, trat aber aus Gewissensgründen aus der
katholischen Kirche aus und verlor daher aufgrund der
diesbezüglichen Konkordatsbestimmungen seinen Posten. Der Sir
Karl Popper Preis ist daher eine weltweit geltende
Auszeichnung für Menschen, die sich gegen mittelalterliche
Denkformen und Strukturen zur Wehr setzen, für die
Preisvergabe spielt es daher keine Rolle, ob diese vormodernen
Verhältnisse in Saudi Arabien existieren oder an der
Universität Wien. Im Fall von Raif Badawi erscheint dieser
Preis noch aus einem anderen Grund als angemessen. Sir Karl
Popper hätte sehr geringe Chancen Saudi Arabien zu besuchen.
Für Juden besteht dort nämlich ein restriktives
Einreiseverbot.
Diese Preisverleihung soll daher in mehrfacher Hinsicht ein
Zeichen setzen:
Der Preis soll Raif Badawi und seine Familie ideell und
materiell in ihrem Kampf für die Freiheit unterstützen. Er
soll Saudi Arabien und dem Rest der Welt zeigen, dass Raif
Badawi nicht vergessen ist und eine Symbolfigur für
Säkularität, Vernunft und Menschenrechte darstellt. Last but
not least ist dieser Preis auch Ausdruck einer humanistischen
Willkommenskultur. Einer humanistischen Willkommenskultur,
welche die Ideale der Aufklärung ohne die Anwendung physischer
Gewalt einfordert. Daher richtet sich mein letzter Satz an die
Verantwortlichen in Saudi Arabien sowie ihre Unterstützer im
In-und Ausland: Freunde, herzlich willkommen im 21.
Jahrhundert!
Laudatio von Dr. Ronald Bilik, anlässlich
der Verleihung des Sir Karl Popper
Preises bei der langen Nacht der
Humanisten, am 15. 10. 2015
(Quelle www.freidenker.at – diese Site wird zurzeit leider nur
sehr sporadisch betreut und fordert daher nicht zur täglichen
Nachschau heraus…)
Link zum Artikel bei atheisten-info.at und passenden wbArtikeln:
Freiheit für Raif Badawi und Mariam Ishag!
„Beleidigung des Islam“
Islambeleidigung in Saudi Arabien
Der Metamurphysche Prozess in
Theorie und Praxis
Der Physiker und Autor Dr. Günter Dedié regte
bei wissenbloggt die Begriffsbildung
metamurphysch an, um zu beschreiben, wie die
heutige große Politik funktioniert. In seinen
Notizen beim Emergenz-Netzwerk findet sich
jetzt auch ein Artikel zum politischen
Machbarkeitswahn, der in Wirklichkeit eine
Machtergreifung ist (8.9.). Es geht nämlich
nicht ums Problemlösen, sondern ums Tun als
ob. Das ist das Wesen des Metamurphyschen: Es
geht schief, aber es soll schiefgehen, um
davon zu profitieren. In diesem Text spürt
Dedié den evolutionären Aspekten in dem
Geschehen nach (Bild: ClkerFreeVectorImages,
pixabay):
Der Metamurphysche
Theorie und Praxis
Prozess
in
In der Internetseite http://www.wissenbloggt.de/ ist von Dr.
Wilfried Müller endlich das Geheimnis der aktuellen, sehr
erfolgreichen politischen Strategie in der EU und in
Deutschland aufgedeckt worden: Das metamurphysche Prinzip,
http://www.wissenbloggt.de/?p=29341.
Diese perfide Strategie ist ein emergenter Prozess. Er
arbeitet autokatalytisch, dissipativ und fern vom
Gleichgewicht. Seine praktische Anwendung kann wie folgt
beschrieben werden: Die Politiker beschließen im Fall von
gesellschaftlichen oder ökonomischen Problemen Maßnahmen, die
zu weiteren Problemen führen, weil sie zu wenig realistisch
sind, um das ursprüngliche Problem zu lösen. Dabei lassen sie
sich auch gern von den Verursachern der Probleme beraten, den
sog. Lobbys, weil die ja am besten wissen, wie man die
Probleme fortschreibt. Dieses Verfahren kann beliebig
fortgesetzt werden. Es bewirkt, dass die Probleme nicht
aufhören oder sogar immer mehr anwachsen und die
damit
befassten Politiker dadurch immer im Rampenlicht bleiben. Das
ist entscheidend für ihre Wiederwahl, denn bekanntlich ist es
dem Wähler egal, warum jemand in den Medien erscheint, wenn er
nur zusammen mit Sensationen oder möglichst dramatischen
Gefühlen gezeigt wird. So funktioniert bekanntlich das Gehirn
von Menschen, die über lange Zeit unsere Qualitätsmedien
konsumiert haben.
Damit ist der Aspekt der autokatalytischen, sich selbst
verstärkenden Rückkopplung beim metamurphyschen Prozess schon
aufgezeigt: Wenn die Politiker mit dem Erzeugen von Problemen
Erfolg haben, erzeugen sie weitere Probleme. Die
Vergleichbarkeit geht aber noch weiter: So wie ein emergenter
Prozess erst bei einer bestimmten Mindestgröße des gebildeten
emergenten Systems ablaufen kann, muss auch das politische
Problem und sein Schaden eine Mindestgröße haben, damit es die
Medien aufgreifen und die Rückkopplung funktioniert. Allgemein
gilt: Je größer das Problem, um so größer ist das Aufsehen und
um so mehr Rampenlicht ist gewährleistet. Demzufolge versucht
der erfahrene Politiker möglichst viel Einfluss zu bekommen,
um größere Probleme erzeugen zu können. Daraus ergibt sich
eine weitere metamurphysche Rückkopplung.
Der Keim eines solchen Prozesses muss übrigens nicht das
zufällig oder absichtlich erzeugte Problem einzelner Politiker
sein, sehr viel wirksamer ist es, wenn eine Ideologie für die
Probleme sorgt.
Der dissipative Aspekt besteht darin, dass der Prozess mit
Steuermitteln betrieben wird, die dabei verschwinden, weil sie
letzten Endes in private Einkünfte umgewandelt werden und
damit für öffentliche Aufgaben nicht mehr zur Verfügung
stehen. Der Zustand fern vom Gleichgewicht – verbunden mit dem
Verbrauch von Steuergeldern – ist bei diesen Prozessen durch
die ständige Erzeugung neuer Probleme leicht und beliebig
lange aufrecht zu erhalten. Wenn die Steuermittel verbraucht
sein sollten, können die Prozesse problemlos auf
Kredite
umgestellt und mit Fiat-Geld betrieben werden.
Link zu der Notiz im Emergenz-Netzwerk
Links zu Dediés wb-Artikeln
Links zu Dediés Buch
Die Kraft der Naturgesetze, Günter
Dedié, Verlag tredition, zweite Auflage 2015.
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