Leibniz Universität Hannover 31. Januar 2011 Fakultät für

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Leibniz Universität Hannover
Fakultät für Mathematik und Physik
Prof. Dr. M. Erné, Dr. Marcos Soriano Solá
31. Januar 2011
Übungen zur Algebra I
Wintersemester 2010/2011
Lösungsvorschläge zu Blatt 12
Diese Lösungshinweise sind sinnvollerweise zusammen mit denen zur Klausur vom 29. Januar zu lesen.
Aufgabe 1.
P∞
1
1
(a) In einem beliebigen Ring R macht der analytische Ausdruck 1+n
= 1−(−n)
= i=0 (−n)i (geometrische Reihe) keinen Sinn, da i.A. kein Grenzwertbegriff vorhanden ist und auch keine Brüche” zu
”
existieren brauchen. Aber für nilpotente Elemente n mit nk = 0 (k ∈ N) kann die Reihe als schlichte
endliche Summe aufgefasst werden, und man erhält einen Ausdruck für das multiplikative Inverse von
Pk−1
1 + n ∈ E(R): (1 + n)− = i=0 (−n)i . Dies kann sofort durch Ausmultiplizieren überprüft werden:
Pk−1
Pk−1
Pk
(1 + n) i=0 (−n)i = i=0 (−n)i − i=1 (−n)i = (−n)0 − (−n)k = 1 .
(b) Es genügt, den Fall A = {0} zu betrachten (das sogenannte Nilradikal von R), denn für den kanonischen Ringepimorphismus F : R → R/A, r 7→ r + A ist P (A) = F − (P ({0R/A })) als Urbild eines Ideals
unter einem Ringhomomorphismus wieder ein Ideal.
Seien r und s nilpotente Elemente mit rk = 0 bzw. sm = 0 (k, m ∈ N) und t ∈ R. Dann ist auch tr
nilpotent, denn (tr)k = tk rk = tk 0 = 0. Jeder Term ri sj mit i + j = k + m ist Null, denn entweder ist
i ≥ k und somit ri = 0 oder j ≥ m und folglich sj = 0. Damit kann man zeigen, dass P ({0}) additiv
abgeschlossen, insgesamt also ein Ideal ist:
i k+m−i Pk+m k+m
Pk+m
(r + s)k+m = i=0 k+m
rs
= i=0
0 = 0.
i
i
(c) Es gilt: z̄ ∈ P ({0}) ⇔ ∃k ∈ N : z̄ k = 0 ⇔ ∃k ∈ N : 900 | z k . Insbesondere wird z k von den Primzahlen
2, 3 und 5 geteilt. Dies ist nur dann möglich, wenn z selbst schon durch 2, 3 und 5 teilbar ist. Damit ist
z 2 durch 302 = 900 teilbar und z̄ ∈ P ({0}). Also gilt: P ({0}) = 30Z900 = 2Z900 ∩ 3Z900 ∩ 5Z900 . Dies ist
allgemein gültig: das Nilradikal ist immer der Durchschnitt aller Primideale (s. Skript, Anhang zu 4.2).
Aufgabe 2.
(a) Alle fünf Ringe Ri (i ∈ 5) haben 900 = 302 = 12 · 75 = 4 · 9 · 25 = 6 · 10 · 15 Elemente, sind
also endlich. In jedem endlichen Ring R ist R \ E(R) die Menge der Nullteiler, so dass wir alternativ
Einheiten zählen können. Die Einheitengruppe eines Produktes ist das Produkt der Einheitengruppen:
E(R ×S) = E(R)×E(S). Daher kommen wir mit ϕ(n) = ]E(Zn ) aus: ]E(R1 ) = ϕ(900) = 240, ]E(R2 ) =
ϕ(30)2 = 64, ]E(R3 ) = ϕ(12)ϕ(75) = 4 · 40 = 160, ]E(R4 ) = ϕ(4)ϕ(9)ϕ(25) = 2 · 6 · 20 = 240, ]E(R5 ) =
ϕ(6)ϕ(10)ϕ(15) = 2 · 4 · 8 = 64. Nach dem Chinesischen Restsatz gilt R1 ' R4 und R2 ' R5 :
Z30 × Z30 ∼
= (Z2 × Z3 × Z5 ) × (Z2 × Z3 × Z5 ) ∼
= (Z2 × Z3 ) × (Z5 × Z2 ) × (Z3 × Z5 ) ∼
= Z6 × Z10 × Z15 ,
so dass die Übereinstimmungen bei der Einheitenanzahl nicht überraschend sind. Die Anzahl der Nullteiler
ist 900 − 240 = 660 für R1 und R4 , hingegen 900 − 64 = 836 für R2 und R5 , und 900 − 160 = 740 für R3 .
(b) Es gilt: u ∈ E(R4 ) ⇔ 1 ∈ E(Z4 ) und 8 ∈ E(Z9 ) und 22 ∈ E(Z25 ). Wegen ggT(1, 4) = ggT(8, 9) =
ggT(22, 25) = 1 ist jede Komponenten von u jeweils eine Einheit und somit u selbst ebenfalls.
(c) Die Abbildung F ist ein Ringepimorphismus mit Kern 900Z. Nach dem Homomorphiesatz ist jede
Faser” F − (x) von F von der Form k+900Z für ein k ∈ Z und somit nur dann ein Ideal, falls 0 ∈ k+900Z.
”
Durch Verschiebung um z = −k kann dies immer erreicht werden: z + F − (x) = −k + (k + 900Z) = 900Z.
(d) Wegen 197 ≡4 1, 197 ≡9 8 sowie 197 ≡25 22 gilt 197 ∈ F − (u) (die Zahl 197 kann wie üblich mit Hilfe
einer dreifachen Anwendung des erweiterten euklidischen Algorithmus errechnet werden). Demzufolge ist
F − (u) = 197 + 900Z und F − (u) ∩ [1, 2000] = {197, 1097, 1997}.
Aufgabe 3.
Wir fangen mit einigen allgemeinen Bemerkungen an.
Ein Element k ∈ Zn erzeugt das Ideal kZn = ggT(k, n)Zn . Für einen Teiler d von n ist dZn wegen
Zn /dZn ∼
= Zd genau dann ein Primideal, wenn d ∈ P gilt.
Ein Ringelement x ∈ R, welches x2 = 1 erfüllt, ist immer eine selbstinverse Einheit: x = x− ∈ E(R).
Idempotente e 6= 1 sind echte Nullteiler, e(1 − e) = e2 − e = 0, und können somit keine Einheiten sein.
Qk
Ist n = i=1 pei i die Primfaktorzerlegung von n ∈ N (mit paarweise verschiedenen pi ∈ P), so besitzt
Zn genau 2k Idempotente, da die Ringe Zpe für p ∈ P nur die trivialen Idempotente 0 und 1 besitzen:
Ch.R. Qk
k
3
2
2
2
e
]B(Zn ) =
i=1 ]B(Zp i ) = 2 . Also hat Z900 genau 2 = 8 Idempotente (900 = 2 · 3 · 5 ).
i
Es ist vorteilhaft für die Rechnungen, den Isomorphismus F aus Aufgabe 2 zu benutzen: Die Idempotenz
x2 = x bzw. die Gleichung x2 = 1 können wesentlich schneller in R4 geprüft werden. Hierzu beachte man,
dass der Rest einer Zahl z ∈ N (in Dezimaldarstellung) modulo 4 bzw. 25 nur von den letzten zwei Ziffern
abhängt, und dass der Rest modulo 9 die Quersumme aller Ziffern ist. Mit Hilfe dieser Bemerkungen
können anhand der folgenden Tabelle
k
111
≡4
−1
≡9
3
≡25
11
PFZ 3 · 37
kZ900 3Z900
225
270
323
1
0
0
32 · 52
225Z900
2
0
−5
2 · 33 · 5
90Z900
335
451
−1
−1
−1
2
−2
10
17 · 19 5 · 67
Z900 5Z900
576
649
−1
0
1
0
1
1
11 · 41 26 · 32
Z900 36Z900
1
1
−1
11 · 59
Z900
sofort alle Fragen beantwortet werden:
k
Einheit?
Idempotent?
k 2 = 1?
kZ900 Primideal?
111 225
−
−
−
+
−
+
−
−
270
−
−
−
−
323 335
+
−
−
−
−
−
−
+
451
+
−
+
−
576 649
−
+
−
−
+
−
+
−
Die Berechnung der Bézout-Koeffizienten für das Paar (900, 323) liefert −103 · 900 + 287 · 323 = 1, so dass
323− = 287. Zusätzlich bemerken wir noch, dass 270 das einzige nilpotente Element ist.
Aufgabe 4.
√
Die Ringe Z[ ı ] und Z[ 3] sind euklidisch und somit faktoriell. Auch der Polynomring Z[x] ist faktoriell.
In faktoriellen Ringen stimmen prime und irreduzible Elemente überein.
(a) Eine Primzahl p ∈ P bleibt prim in dem Ring der ganzen Gaußschen Zahlen Z[ ı ], sofern p ≡4 3. Dies
trifft auf 7 ∈ P zu.
√
√
√
(b) Ein echter Teiler a + b 3 von 7 in Z[ 3] hätte Norm a2 − 3b2 = ±7. Der Ring Z[ 3] enthält aber
keine Zahlen mit euklidischer Norm 7. Dies kann am leichtesten eingesehen werden, wenn man modulo 7
rechnet. Im Körper Z7 hat die Gleichung a2 = 3b2 die einzige Lösung a = b = 0. Denn wäre b 6= 0, so
erhielten wir den Widerspruch (ab− )2 = a2 b−2 = 3 (die Zahl 3 ist kein Quadrat in Z7 ). Falls allerdings 7
ein Teiler der Koeffizienten a und b ist, so wird die Norm a2 − 3b2 von 72 geteilt und kann niemals ±7
sein. Also ist 7 irreduzibel.
√
(c) Trivialerweise gibt es keine Zahlen der Norm 7 in Z[ −10], da a2 + 10b2 = 7 keine Lösung in ganzen
√
Zahlen a, b ∈ Z zulässt. Demzufolge ist 7 ein irreduzibles Element von Z[ −10]. Die Zahl 7 ist nicht prim,
√
√
da sie das Produkt (2 + −10)(2 − −10) = 14 teilt, aber offensichtlich keinen der beiden Faktoren.
√
√
2
(d) Die Zahl
√ 7 = 6 − 29 besitzt die Zerlegung (6 + 29)(6 − 29) und ist somit weder irreduzibel noch
prim in Z[ 29].
(e) Da die Kreiszahl π transzendent über Q ist, sind die Ringe Z[π] und Z[x] isomorph, und mit Z[x] ist
auch Z[π] faktoriell. Nach dem Satz von Gauß bleibt die Primzahl 7 ∈ P prim in Z[π] ∼
= Z[x].
√
√
√
in Z[ ı ] in Z[ 3] in Z[ −10] in Z[ 29] in Z[ π ]
7 prim
7 irreduzibel
ja
ja
ja
ja
nein
ja
nein
nein
ja
ja
Aufgabe 5.
(a) Um die Notation zu vereinfachen, setzen wir z := ζ10 . Als Nullstelle von x10 −1 ist die komplexe Zahl z
algebraisch über Q, und das Minimalpolynom mz,Q ein Teiler von x10 −1 = (x5 +1)(x5 −1). Wegen z 5 = −1
ist z Nullstelle von x5 + 1 = (x + 1)(x4 − x3 + x2 − x + 1). Das Polynom f (x) := x4 − x3 + x2 − x + 1 ist das
gesuchte Minimalpolynom: Es hat z als Nullstelle und ist sowohl normiert als auch irreduzibel. Letzteres
kann mit der umkehrbaren Substitution x 7→ x+1 eingesehen werden: f (x+1) = x4 +5x3 +10x2 +10x+5
ist irreduzibel nach dem Kriterium von Eisenstein (für p = 5).
(b) Der Ring Q[z] ∼
= Q[x]/f ist ein Körper, da z algebraisch über Q ist, bzw. weil das vom irreduziblen
Polynom f erzeugte Ideal in Q[x] maximal ist.
(c) Wegen z 10 = 1 gilt z n = z m , falls n ≡10 m, und somit trivialerweise Q[z n ] = Q[z m ]. Wird der
Exponent von 5 geteilt, so erhält man den Körper Q[z 0 ] = Q[1] = Q[−1] = Q[z 5 ] = Q ⊂ Q[z].
Die Menge {z k | k ∈ 10} ist eine zehnelementige zyklische Untergruppe von C∗ . Die vier Erzeuger sind
z, z 3 , z 7 und z 9 (man beachte, dass E(Z10 ) = {1, 3, 7, 9} gilt). Stimmen die multiplikativ erzeugten Gruppen überein, so erst recht die Körper, die man durch Adjunktion zu Q einer dieser vier primitiven zehnten
Einheitswurzeln erhält. Diese sind wegen z 5 = −1 die Negativen der primitiven fünften Einheitswurzeln:
z 2 = −z 7 , z 4 = −z 9 , z 6 = −z sowie z 8 = −z 3 , so dass (−1 ∈ Q!) auch in diesem Falle die Körper
übereinstimmen. Also gilt Q[z n ] = Q[z] genau dann, wenn n nicht durch 5 teilbar ist.
(d) Ein echter Zwischenkörper von Q[z] : Q ist sicher Q[z]∩R, da z nicht in R und 2 Re(z) = z+z̄ = z+z −1
in Q[z] ∩ R, aber nicht in Q liegt. Dieser Zwischenkörper muss nach der Gradformel den Grad 2 haben
und stimmt folglich mit Q[z + z̄] überein. Um das Minimalpolynom von z + z̄ zu bekommen, dividieren
wir die Gleichung z 4 − z 3 + z 2 − z + 1 durch z 2 6= 0 und bekommen wegen z̄ = z −1 :
(z + z̄)2 − z − z̄ − 1 = z 2 − z 1 + 1 − z −1 + z −2 = 0,
√
d.h. x2 −x−1 ist das Minimalpolynom von z + z̄ mit den Nullstellen 21 ± 12 5. Das liefert uns nachträglich
√
die reelle Darstellung 2 Re(z) = 5+1
2 , also den goldenen Schnitt, der bekanntlich bei der Konstruktion
des regelmäßigen Fünf- und Zehnecks eine zentrale Rolle spielt. Ein wahrhaft goldener Schluss!
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