Kapitel 3 Bandelektronen 3.1 3.1.1 Ein-Elektron Näherung Slater-Determinante Aus dem ursprünglichen Vielteilchenproblem wechselwirkender Atomkerne und Elektronen eliminieren wir die Kerne als freibewegliche Objekte durch Positionierung auf einem (idealen) Gitter. Dabei haben wir uns durch empirische Beobachtungen leiten lassen, nach denen Festkörper Kristalle bilden. Wir werden später die Anregungen des Gitters, d.h. Abweichungen von der idealen Kristall-Form (-Positionierung) behandeln (Gitterschwingungen, Phononen). Hamiltonian in erster Quantisierung Hier gehen wir von Elektronen vor dem Hintergrund eines Gitters aus positiven Atomkernen aus, das festgehalten wird. Der Hamilton-Operator, der die Dynamik beschreibt, besteht aus einem Ein-Elektron-Anteil H0 (kinetische Energie und Coulomb-Wechselwirkung mit Atomkernen) X X p Zk ~2i − e2 (3.1) H0 = ~ k| ri − R i 2m i,k |~ und einem Zwei-Elektron-Anteil (Coulomb-Wechselwirkung der Elektronen untereinander) X 1 H1 = e2 . (3.2) ri − ~rj | i<j |~ Der Hamiltonian H0 + H1 ist hier also in erster Quantisierung augeschrieben. In späteren Kapiteln werden wir noch intensiv die zweite Quantisierung verwenden, d.h. fermionischen Erzeuger und Vernichter. Molekularfeld-Näherung Wir werden uns erst später mit echten Vielteilchen-Effekten beschäftigen. Zunächst sollen elektronische Eigenschaften der Festkörper behandelt werden, die sich auf ein Einteilchenproblem reduzieren lassen. Dies geschieht durch Ersetzen der auf ein (herausgegriffenes) 23 24 KAPITEL 3. BANDELEKTRONEN Teilchen wirkenden Kräfte durch ein effektives (mittleres) Potential VM F (~r) H1 → 2 e XZ i X n(~r) dr VM F (~ri ), ≡ |~ri − ~r| i 3 2 VM F (~x) = e Z d3 y n(~y ) (3.3) |~x − ~y | beschreiben, wobei n(~r) die Dichte von Elektronen am Ort ~r ist. Slater-Determinante Die Gesamtwellenfunktion (des Grundzustandes) wird als Slater-Determinante aus Einteilchenwellenfunktionen ψαi (~r, s) (i = 1, . . . , N) geschrieben h Ψ(~r1 , . . . , ~rN ) = det {ψαi (~rj , sj )} i = h~r1 , . . . , ~rN |α1 , . . . , αN i (3.4) womit wir der Fermistatistik genüge tun. Mit Ψ(~r1 , . . . , ~rN ) ist die in Gl. (3.3) auftretende Teilchendichte n(~r) via n(~r) = gegeben. Z 2 d3 r2 . . . , d3 rN Ψ(~r, ~r2 , . . . , ~rN ) (3.5) Selbstkonsistenz-Problem Es ist also ein Selbstkonsistenz-Problem für die Einteilchen-Wellenfunktionen ψαi (~r) zu lösen (Hartree-Näherung): • Berechne die N-Eigenfunktionen ψαi (~r) (i = 1, . . . , N) mit der niedrigsten Energien E0 ≤ E1 ≤ . . . EN . Dabei hängt H = H0 + H1 funktional von der Teilchendichte n(~r) (eine Funktion) ab. • Berechne via Gl. (3.4) und (3.5) die Teilchendichte n(~r) und wiederhole den Vorgang. Es ist also eine nichtlineare, gekoppelte Integro-Differentialgleichung für die Funktionen ψαi (~r) zu lösen. Endliche Temperaturen Das eben beschriebene Verfahren gilt für Näherungen des Grundzustandes, man minimiert den Erwartungswert der Energie hΨ|H|Ψi/hΨ|Ψi. Bei endlichen Temperaturen T > 0 ist Q die freie Energie F [ρ] zu minimieren, wobei ρ = i ρi der selbst-konsistent zu berechnende Dichte-Operator ist. 3.1.2 Periodisches Gitterpotential Wir wollen die Bestimmung von effektiven Wechselwirkungen auf später verschieben und zunächst die Eigenschaften von einzelnen Elektronen in einem effektiven Gitterpotential verstehen. Unter Mitnahme der Spin-Bahn-Kopplung ist der Hamilton-Operator durch H = ~p 2 h̄ ~ (~r) · p~ + V (~r) + ~ σ × ∇V 2m 4m2 c2 (3.6) 25 3.1. EIN-ELEKTRON NÄHERUNG gegeben, wobei ~σ der Pauli-Spin-Vektor ist. Das Potential V (~r) = VM F (~r) − e2 ist gitterperiodisch, X k Zk ~ k| |~r − R ~ = V (~r) . V (~r + R) (3.7) (3.8) Die Spin-Bahn-Kopplung ist häufig vernachlässigbar, bei den allgemeinen Betrachtungen nehmen wir sie mit, da sie nichts verkompliziert. Translationen ~ Bezeichnen wir mit TR~ den Translationsoperator, der räumliche Verschiebungen um R beschreibt, so gilt [H, TR~ ] = 0 und [TR~ , TR~ ′ ] . (3.9) Daher haben H und alle TR~ ein gemeinsames System von Eigenfunktionen. Alle Eigenfunktionen von TR~ haben die Gestalt ~ (Bloch-Funktion) ψ~k (~r) = ei k·~r u~k (~r) (3.10) ~ charakterisiert durch einen Wellenvektor ~k und mit gitterperiodischem u~k (~r) = u~k (~r + R). Bemerkungen: ~ ~ • ~k ist durch die Eigenwerte eik·R der TR~ -Operatoren bestimmt. Wir können ohne weitere Einschränkung in der Substanz der Betrachtung annehmen, daß ~k in der 1. Brillouin-Zone liegt. • u~k (~r) ist gitterperiodisch und läßt sich daher nach Kap. 2.2 nach reziproken Gitter~ entwickeln: vektoren G X ~ u~k−G~ e−i G·~r . u~k (~r) = (3.11) ~ G Die Bloch-Funktion ψ~k (~r) lässt sich auch als ψ~k (~r) = X ~ ~ u~k−G~ ei (k−G)·~r (3.12) ~ G schreiben, wenn wir (3.10) und (3.11) zusammen benutzen. Reduzierte Schrödinger-Gleichung Mit obigem Ansatz gilt: ~ ~p ψk = ~p eik·~r u~k (~r) ~ = eik·~r ~p + h̄~k u~k (~r) , (3.13) wobei hier p~ der Impulsoperator und ~k der Wellenvektor (eine Zahl) ist. Damit geht die Schrödinger-Gleichung für ψ(~r) über in eine für u(~r) p + h̄~k ~ 2m 2 + V (~r) + h̄ ~ (~r) · ~p + h̄~k r) = E(~k) u~k (~r) . ~σ × ∇V u~k (~ 2 2 4m c (3.14) 26 KAPITEL 3. BANDELEKTRONEN Diese Gleichung ist nur in einer Elementarzelle des Gitters (Wigner-Seitz-Zelle) zu lösen, da u~k (r) gitterperiodisch ist. • Wir erhalten einen Satz u~k,n (~r) von Lösungen mit Energien En (~k) (n = 1, 2, 3, ...) und E1 (~k) ≤ E2 (~k) ≤ ... . • Man kann zeigen (und es entspricht der üblichen Situation der Quantenmechanik), daß für festes ~k das Spektrum En (~k) diskret ist und jeder Eigenwert höchstens endlich entartet ist. • Weiterhin ist das Spektrum stetig von ~k abhängig, der Eigenwert En (~k) ist sogar beliebig häufig nach ~k differenzierbar, sofern der Eigenwert bei ~k nicht entartet ist. Alle Energien En (~k) für festes n und beliebiges ~k aus der BZ ergeben ein Energieband. Es gibt unendlich viele Bänder. Schrödinger-Gleichung im reziproken Raum Wir verwenden nun V (~r) = X ~ r i G·~ VG~ e und δG, ~ G ~′ = ~ G 1 Z VEZ ~ EZ ~′ d3 r ei (G−G )·~r , (3.15) wobei VEZ das Volumen der Elementarzelle ist und vernachlässigen die Spin-Bahn-Wechselwirkung. Damit erhalten für Gl. (3.14) ~ + h̄~k p 2m 2 ~ + h̄~k p ~ − E(k) u~k (~r) + V (~r) u~k (~r) = 2m + X ~ ′ ·~ iG r VG~ ′ e ~′ G X 2 − E(~k) ~ ′′ ·~ −i G r u~k−G~ ′′ e X ~′ u~k−G~ ′ e−i G ·~r ~′ G = 0. (3.16) ~ ′′ G ~ ~ Wir multiplizieren mit ei G·~r und integrieren nun über ~r. Wir erhalten somit ∀ G ~ 2 X h̄2 (~k − G) − E(~k) u~k−G~ + VG~ ′′ −G~ u~k−G~ ′′ = 0 , 2m ~ ′′ (3.17) G ~ +G ~′ − G ~ ′′ = 0. da G Rückfaltung der Energie-Dispersion Zum gleichen Wellenvektor ~k gibt es in der ersten Brillouin-Zone unendliche viele Bänder ~ E(~k), indiziert durch die reziproken Gittervektoren G. In einer Dimension ist die Rückfaltung der Parabeln E(k) = h̄2 (k − G)2 /(2m) für die kinetische Energie freier Elektronen in die erste Brillouin-Zone besonders anschaulich: 27 3.1. EIN-ELEKTRON NÄHERUNG E First BZ 2π/a Bandaufspaltung an den Zonenrändern Ein periodisches Potential koppelt die verschiedenen reziproken Gittervektoren und erzeugt somit Lücken (“Gaps”) an den Zonen-Rändern. ~ Im Falle E(~k) = E(~k − G) ~ führt dies nach entarteter VG~ verknüpft u(~k) mit u(~k − G). Störungstheorie zu Aufspaltungen. E~0 (~k) + V~0 − E V−G~ |~ki h i VG~ h i EG~ (~k) + V~0 − E mit der Lösung u(~k) ~ u(~k − G) ! = 0 i 1q 1h ~ ~ ~ [E~0 (~k) − EG~ (~k)]2 + 4|VG~ |2 . E~0 (k) + EG~ (k) + V~0 ± E (k) = 2 2 ± (3.18) Beachte: V−G~ = VG~∗ . • Bei exakter Entartung E~0 (~k) = EG~ (~k) gilt E ± (~k) = E0 (~k) + V~0 ± |VG~ | . Eine Energielücke von 2|VG~ | entsteht am Zonenrand, welche in der Zustandsdichte D(E) (siehe Kap. 3.7) deutlich wird. • Die Störungsrechnung nach einer ebenen Welle bricht immer am Rand der BZ zusammen. E E Gap! k D(E) 28 KAPITEL 3. BANDELEKTRONEN 3.2 Geschwindigkeit und effektive Masse Gruppen-Geschwindigkeit Wir fragen nun für ein beliebiges (freies) Blochelektron nach dem Erwartungswert der Geschwindigkeit p~ ~ ψ~k (~r) = ei k·~r u~k (r) . (3.19) ~v := hψ~k | |ψ~k i, m für |u~k i schreiben wir kurz |~ki und erhalten ~v = hu~k | p~ + h̄~k ~ ~p + h̄~k |u~k i = h~k| |ki . m m (3.20) Diese Größe wollen wir durch E(~k) (ohne explizite Kenntnis von |~ki) ausdrücken. Mit E(~k) = h~k|H|~ki , H = (~p + h̄~k)2 +V 2m berechnen wir ∂E(~k) = ∂~k ! ∂ ~ ∂ ~ hk| H|~ki + h~k|H |ki ∂~k ∂~k ~p + h̄~k ~ |ki = h̄~v , = h̄ h~k| m ∂ ~~ denn aus h~k|~ki = 1 folgt hk|ki = 0 und ∂~k ! ∂ ~ ∂ ~ hk| H|~ki + h~k|H |ki ∂~k ∂~k ! ! ∂H ~ + h~k| |ki ∂~k ∂ ~~ = E(~k) hk|ki = 0 . ∂~k (3.21) Also folgt 1 ∂E(~k) ~v (~k) = h̄ ∂~k und es gilt: • ~v (~k) ist eine stetige Funktion von ~k. • ~v (~k) ist der Erwartungswert der Geschwindigkeit und entspricht der Gruppengeschwindigkeit des Bloch-Elektrons. Denn mit E(~k)/h̄ = ω(~k) ist die Zeit-Abhängig~ keit der Wellenfuktion durch e−iω(k)t gegeben. Massen-Tensor ~ 2 (h̄k) Für freie Elektronen mit E(~k) = 2m ist ja die inverse Elektronen-Masse durch die zweite Ableitung der Dispersionsrelation gegeben. Für Gitter-Elektronen definieren wir einen effektiven Massen-Tensor durch die zweiten Ableitungen von E(~k) 29 3.2. GESCHWINDIGKEIT UND EFFEKTIVE MASSE 1 m∗n ! ij (~k) ≡ ∂ ∂ En (~k) ∂ki ∂kj h̄2 Zur Berechnung der effektiven Masse bei ~k = 0 gehen wir von der reduzierten SchrödingerGleichung 3.14 aus: ~ + h̄~k p 2m 2 + V (~r) u~kn (~r) = En (~k) u~kn (~r) ~k 2 ~k · p~ h̄ h̄ p ~ ~ u~ (~ r) + V (~r) + u~kn (~ kn r ) = En (k) − 2m m 2m 2 (3.22) Die Störungstheorie 2. Ordnung nach ~k · ~p liefert En (~k) = En (0) + h̄~k 2 2m h̄~k · h0n|~p|0ni m h̄2 X h0n|~k · ~p|0n′ ih0n′|~k · p~|0ni , + m2 n′ (6=n) En (0) − En′ (0) + (3.23) da |~kni den Gitterimpuls erhalten und ~k in der 1.BZ liegt. Folglich gilt: 1 m∗n ! = ij δij 2 X h0n|pi|0n′ ih0n′ |pj |0ni + 2 m m n′ (6=n) En (0) − En′ (0) (3.24) Meistens genügen nur wenige n′ zur Berechnung von m∗n . Im Falle von Inversionssymmetrie gilt h~pi = 0, so daß in der Entwicklung En (~k) = En (0) + h̄2 2m∗n ! ki kj + O(k 4 ) (3.25) ij Terme ungerader Ordnung fehlen. Bemerkungen • m∗ kann auch negativ werden, dies ist sogar generell am Rand der Brillouin-Zone der Fall. Man spricht hier von Löchern. • Bei kubischer Symmetrie gilt (1/m∗ )ij = 1/m∗ δij . Also En (~k) = En (0)+(h̄k)2 /2m∗ + O(k 4 ). • Für Alkalimetalle hat Metall Li Na Band 2s 3s m∗ /m 1.33 0.96 man bcc-Gitter und K Rb Cs 4s 5s 6s 0.86 0.78 0.73 Im allgemeinen sind also die effektiven Massen m∗ von der Grössenordnung der freien Elektronenmassen m. 30 KAPITEL 3. BANDELEKTRONEN • In manchen 4f und 5f Verbindungen (Seltenen-Erden) wie z.B. CeRu2 Si2 , CeCu6 , UPt3 , CeAl3 und anderen ist m∗ /m anormal groß. Werte von m∗ /m ∼ 100 − 1000 können angenommen werden. Man spricht von sog. Schweren Fermionen. Der Grund für dieses anormale Verhalten liegt in einem Zusammenbruch der Hartree-Näherung, lokalisierte 4f oder 5f Momente wechselwirken stark mit den Leitungselektronen. 3.3 Symmetrien Im Festkörper spielen Symmetrien eine grosse Rolle. Die Kristalltypen werden nach den Eigenschaften ihre Punktsymmetrie klassifiziert. Zudem spielt die Inversion eine besondere Rolle wie auch die Zeitumkehr-Invarianz. 3.3.1 Zeitumkehr Wir behandeln die Bewegungs- oder Zeitumkehr-Invarianz T , die in einer Vorzeichenumkehr der dynamischen Variablen besteht und die Operation der komplexen Konjugation K, p~ → −~p T : ~σ → −~σ ~r → +~r (Impuls) (Spin) (Ort) K : ~p → −~p σx → +σx σy → −σy σz → +σz ~r → +~r (Impuls) (Spin) (3.26) (Ort) wobei die ~σ = (σx , σy , σz ) die Pauli-Matrizen sind 1 . Es gilt (siehe Quantenmechanik I) T = −iσy K = 0 −1 +1 0 K . (3.27) Also ∗ (T ψ)(r, s) = −sψ (r, −s) bzw. T ψ(r, +) T ψ(r, −) = −ψ ∗ (r, −) ψ ∗ (r, +) . (3.28) Der Zeitumkehroperator T hat die folgenden Eigenschaften: • T ist antilinear: T ( λ|ψi + µ|φi ) = λ∗ T |ψi + µ∗ T |φi. • T ist antiunitär: hT ψ|T φi = hψ|φi∗ • T 2 = −1 T −1 = −T . bzw. Zeitumkehr-Invarianz des Hamiltonians Mit 1 p~2 ~ ~ σ × ∇(r) · p~ + V (r) + H = 2m 4m2 c2 1 Die Pauli-Matrizen sind σx = 0 1 1 0 0 , σy = i −i 0 und σz = 1 0 (3.29) 0 −1 . 31 3.3. SYMMETRIEN folgt T H = HT (Zeitumkehrsymmetrie) (3.30) Nur bei Auftauchen von Termen mit Produkt von ungerader Anzahl dynamischer Variablen ist die T −Symmetrie gebrochen (Magnetfelder). Kramers-Entartung Wegen T H = HT sind (T ψk↑ ) und ψk↑ energetisch entartet. Ferner: (T ψk↑ ) ist Bloch-Funktion zum Wellenvektor −k, denn aus ~ ~ TR~ ψ~k↑ = e−i k·R ψ~k↑ mit ~ TR~ = e−i p~·R (3.31) folgt ~ ~ TR~ (T ψ~k↑ ) = ei k·R (T ψ~k↑ ) . (3.32) Somit gilt T ψ~k↑ = ψ−~k↓ E↑ (~k) = E↓ (−~k) . ⇒ (3.33) Aus der Zeitumkehrinvarianz folgt also, daß ~k ↑ mit −~k ↓ entartet ist (Kramers-Entartung). 3.3.2 Inversion Der Kristall habe ein Inversionszentrum V (~r) = V (−~r). Der Paritätsoperator P : p~ → −~p ~σ → +~σ ~r → −~r (Impuls) (Spin) (Ort) (3.34) vertauscht dann mit dem Hamilton-Operator, P H = HP und somit sind (P ψ~k↑ ) und ψ~k↑ entartet. P ψ~k↑ ist eine Bloch-Funktion zu −~k. Es gilt ~ P TR~ = P e−i p~·R/h̄ P −1 P = e−iP p~P −1 ·R/h̄ ~ ~ P = ei p~·R/h̄ P = T−R~ P . (3.35) ~ und ψ~k (~r) = ei k·~r u~k (~r) (Gl. (3.10). Wegen der Inversionssymmetrie ist u~k (−~r) = ±u~k (~r) Mit Gl. (3.35) folgt hiermit (P ψ~k,↑ )(~r) = ±ψ−~k,↑ (~r) ⇒ E↑ (~k) = E↑ (−~k) . (3.36) Hat man sowohl Inversionssymmetrie wie Zeitumkehr, dann sind alle Bänder vierfach entartet: • Spin-Entartung: E↑ (~k) = E↓ (~k) • Inversions-Symmetry: Eσ (k) = Eσ (−k) Bei vielen Kristallen hat man diese Situation und wir können in jedem Band jeden ~kZustand vierfach besetzen. 32 KAPITEL 3. BANDELEKTRONEN 3.3.3 Punktgruppen-Symmetrie Wir wollen nun untersuchen, wie sich die Kristallsymmetrien in den Bändern wiederspiegeln. Sei also B̂ : ~r → D~r + ~a ein Element der Raumgruppe des Kristalls; D ist eine Dreh(-Spiegelung) und ~a ein rationales Vielfaches eines Gittervektors. Das EinElektronen-Potential V (r) ist invariant bei unter B̂. Angewandt auf Wellenfunktionen hat B̂ die Form eines unitären Operators B̂ im HilbertRaum: (B̂ψ)(~r) = ψ(B̂ −1~r) = ψ(D −1 (~r − ~a)) Die Invarianz des Gitterpotentials läßt sich wiederrum als H B̂ = B̂ H (3.37) ausdrücken. Zudem gilt wegen (B̂TR~ ψ)(~r) (TDR~ B̂ψ)(~r) = = ~ (TR~ ψ)(D −1 (~r − ~a)) = ψ(D −1 (~r − ~a) − R) ~ = ψ(D −1(~r − D R ~ − ~a)) (B̂ψ)(~r − D R) (3.38) die Relation B̂TR~ = TDR~ B̂ . (3.39) Sei nun weiter ψ~k eine Bloch-Funktion, also Hψ~k TR~ ψ~k = = E(k)ψ~k ~~ e−ikR ψ~k , (3.40) dann gilt H(B̂ψ~k ) = B̂Hψ~k = E(k)(B̂ψ~k ) ~ ~ TDR~ (B̂ψ~k ) = B̂(TR~ ψ~k ) = e−i(Dk)(DR) (B̂ψ~k ). (3.41) Daher ist B̂ψ~k eine Bloch-Funktion zum Wellenvektor D~k und der Energie E(~k). Daraus folgt für jedes Band n En (D~k) = En (~k) . Die E(~k)-Funktion hat die Symmetrie des ursprünglichen Gitters. 3.4 3.4.1 Wannier-Funktionen Impulsdiskretisierung bei endlichem Volumen V Für spätere Zwecke wollen wir zunächst ein Gitter mit einer endlichen Anzahl N von Gitterpunkten betrachten. Wir wollen trotz des endlichen Volumens die Translationsinvarianz nicht verlieren. Wir betrachten daher ein Parallelepiped und identifizieren entsprechende Oberflächen. Sei dazu Ni die Anzahl der Gitterpunkte entlang der Achse i(= 1, 2, 3), Gesamtzahl 33 3.4. WANNIER-FUNKTIONEN N = N1 N2 N3 . Nun erfüllen die Translationsoperatoren (T~ai )Ni = TNi~ai = 1, d.h. es gibt Ni verschiedene Eigenwerte. Folglich können die Blochfunktionen durch N nichtäquivalente Wellenvektoren ~k = X i ni ~ bi , Ni wobei ni = 0, 1, 2, ..., Ni − 1 , (3.42) indiziert werden, mit ~ai · ~bj = 2πδij . Also bilden die ~b1 , ~b2 , ~b3 eine primitive Basis des reziproken Gitters wie in Kap. 2.2. Thermodynamischer Limes Zu jedem diskreten Impulsvektor ~k gehört im Impulsraum ein Volumen 1 (2π)3 (2π)3 1 Vol(b1 , b2 , b3 ) = = . N N Vol(a1 , a2 , a3 ) V (3.43) Häufig sind viele Summenausdrücke für endliche Gitter wohldefiniert und im thermodynamischen Limes bequem auf Integrale umschreibbar X ~k ∈ 1. f (~k) = BZ V (2π)3 Z BZ d3 kf (~k) (3.44) Wir haben bei dieser Behandlung periodische Randbedingungen vorausgesetzt, die uns eine einfache mathematische Behandlung ermöglichen. Die physikalischen Eigenschaften der physikalischen Systeme sind insbesondere im thermodynamischen Limes unabhängig von der konkreten Wahl der Randbedingungen (experimentell eher realisiert: offene Randbedingung). 3.4.2 Basis im Ortsraum Für einige Überlegungen ist es wichtig, einen vollständigen Satz von orthonormierten Wellenfunktionen zu haben, welche im Ortsraum eine Teilchens im Gitter lokalisiert sind. Gesucht sind also Verallgemeinerungen des Gauß’schen Wellenpaktes für den Fall von Elektronen in einem periodischen Gitter. Es kann sich hierbei jedoch, wegen des BandIndizes n nicht um eine direkte Verallgemeinerung handeln. Wannier-Zustand Wir gehen von den Bloch-Funktionen ψ~kn (~r) = h~r|~kni bzw. |~kni aus, welche h~k ′ n′ |~kni = Z d3 r ψ~k∗′ n′ (r)ψ~kn (r) = δ~k~k′ δnn′ (3.45) eine orthonormale Basis bilden. Wir führen nun eine Fourier-Transformation bzgl. der ~k ∈ (1. BZ) durch (beachte: endliches Volumen mit N := Anzahl Gitterpunkte): ~ |Rni = 1 X −i ~k·R~ ~ √ e |kni N ~k 34 KAPITEL 3. BANDELEKTRONEN |~kni = 1 X +i ~k·R~ ~ √ e |Rni . N R~ (3.46) ~ heißt Wannier-Zustand, w ~ (r) = h~r|Rni ~ die dazugehörige Wannier-Funktion, cha|Rni Rn ~ Natürlich sind die Rn ~ orthorakterisiert durch den Bandindex n und den Gitterplatz R. normiert 1 X i (~k′ ·R~ ′ −~k·R) ~ ~′ ′ ~ ~ ′ n′ |Rni ~ hR = (3.47) e hk n |kni = δnn′ δR~ R~ ′ . N ~~ ′ kk Wannier-Funktionen in 1D Wir betrachten den Fall V (r) = 0 (verschwindendes Gitterpotential). Es gilt L = Na, k ∈ [−π/a, π/a] und G = n2π/a, also 2π 1 ψ~kn = √ ei(k+n a )r = eikr un (r) , L 2π 1 un (r) = √ ein a r . L (3.48) Man beachte, das durch Kombination von k ∈ [−π/a, π/a] und (hier) n = 0, ±1, ±2, . . . alle Werte für kef f = k + n 2π überstrichen werden. a 2π k k−G 2π a π 0 a k+G Lx +π a +2π a kx G 1. Brillouin−Zone Die Wannier-Funktion haben nun die Gestalt X 2π 1 ei(k+n a )r e−ikR NL k∈BZ Z π 1 L a ik(r−R) in 2π dk e e ar = √ π 2π − a √NL π 1 a in 2π r 2π = e a ei(k+n a )r a π k=− a 2π i(r − R) √ π a in 2π r sin a (r − R) = e a . π r−R ψnR (r) = √ (3.49) • Die Wannier-Funktionen sind, im Gegensatz zu Bloch-Funktionen, lokalisiert und habe ihr Maximum bei r = R. • Die Bloch- und die Wannier-Zustände sind nur bis auf einen Phasenfaktor definiert. 2π Multiplizieren wir Gl. (3.49) mit einem Faktor e−in a R so wird ψnR (r) = ψnR (r − R) ein Funktion nur vom relativen Abstand r − R. • Im obigen Beispiel ist der Abfall algebraisch. Ein exponentiellen Abfall ist bei Bandfunktionen mit Energie-Lücken gegeben. 35 3.4. WANNIER-FUNKTIONEN 1 0.9 0.8 0.7 0.6 0.5 0.4 0.3 0.2 0.1 0 -3 -2 -1 0 1 2 3 Matrixelemente Die Wannier-Zustände sind keine Energie-Eigenzustände, 1 X −i~k·R~ ~ 1 X −i~k·R~ ~ H|Rni = √ e H |kni = √ e En (~k) |~kni N ~k N ~k 1 X −i~k·(R− ~ R ~ ′) ~ ′ ni e En (~k) |R = N ~′ ~ R ,k = X ~′ R ~ −R ~ ′ ) |R ~ ′ ni , H n (R (3.50) wobei die X ~ ~ ~ = 1 e−ik·R En (~k) , Hn (R) N ~ k ~ = h(R ~ ′ + R)n| ~ ~ ′ ni Hn (R) H |R (3.51) ~ = die Matrixelemente von H in der Wannier-Basis sind. Bei Inversionssymetrie gilt Hn (R) ~ Hn (−R). Tight-binding Hamiltonian ~ schnell ab. Wir können Überlappen die Wannier-Funktionen nur wenig, so fallen die Hn (R) ~ auch als verallgemeinerte atomare Orbitale betrachten, zendann die wRn r ) = h~r|Rni ~ (~ ~ Hn (0) entspricht dann den verallgemeinerten atomaren Enertriert um das Ion am Orte R. ~ 6= 0) zu gien (s,p,d, etc), welche durch durch die nicht-diagonalen Matrix-Elemente Hn (R ~ 6= 0)) ist dieses ‘tight-binding’ Bild ein Bändern verbreitert werden Für Hn (0) ≫ Hn (R guter Ansatz. 36 KAPITEL 3. BANDELEKTRONEN tight-binding bands atomic potential E Ek 2 111 E 111 2 A2 12 B 2 k k=0 E 1k E 1 a 111 A1 - π/a π/a k 12 B1 Für ein eindimensionales System seinen |Ri die um R zentrierten Wannier-Funktionen eines enzelnen Bandes. Typischerweise das relevante Band, welches die Fermi-Kante kreuzt. Dann hat der tight-binding Hamiltonian die Form Htb = −t X R |R + aihR| + |RihR + a| + H(0) X R |RihR| , (3.52) wobei konventionellerweise −t = H(a) ist und a die Gitterkonstante. Der tight-binding Hamiltonian lässt sich durch eine einfache Fouriertransformation lösen, mit dem Ergbnis Htb = X k EK |kihk|, Ek = −2t cos(k) + V (0), 1 X ikR |ki = √ e |Ri . N R Man beachte, dass die Disperisonsrelation Ek nach unten wie nach oben begrenzt ist, da es sich nur um eines der unendliche vielen Bänder in der ersten Brillouin-Zone handelt. 3.5 3.5.1 Dynamik von Bandelektronen Kopplung an äussere Felder Bei Anwesenheit eines elektromagnetischen Feldes, beschrieben durch ein Skalarpotential ~ r), haben wir Φ(~r) und ein Vektorpotential A(~ H = 2 1 e~ ~p − A 2m c + V (~r) + e Φ(~r) , (3.53) ~ der sog. eichinvariante Impuls ist. Im allgemeinsten Fall haben wir es wobei ~k = p~ − ec A ~ sind nicht gitterperiodisch. nun mit einem völlig neuartigen Problem zu tun, denn Φ und A Für kleine Felder E und B, ~ = −∇Φ ~ − 1A ~˙ , E c ~ = ∇ ~ ×A ~, B (3.54) sollte man jedoch annehmen, daß deren Einfluß zumindest in Störungsrechnung behandelt werden kann. Leider werden die Potentiale i.A. nicht global klein bleiben! 37 3.5. DYNAMIK VON BANDELEKTRONEN Matrixelemente Häufig betrachtet man die Matrixelemente von H (3.53) bezüglich der Basis der “gleichgeeichten” Wannier-Funktionen e ~ ~ r) . w̃Rn r ) := e+i h̄c ~r·A(R) wRn ~ (~ ~ (~ (3.55) Es gilt ~ 2 1 X −i ~k·R~ (~p − e/cA) √ H w̃Rn (~ r ) = e Φ(~ r ) w̃ (~ r ) + + V (~r) w̃~kn (~r) . e ~ ~ Rn 2m N ~k (3.56) Den letzten Term können wir als h i e ~ ~ ~ r ) − A( ~ R) ~ /c e+i h̄c ~r·A(R) X −i ~k·R~ p~ − e A(~ √ e 2m N ~k 2 + V (~r) w~kn (~r) (3.57) schreiben. Wir betrachten hier nur den Fall von lokalisierten Wannier-Funktionen, dann ~ r) ≈ A( ~ R) ~ in Gl. (3.57) und Gl. (3.57) wird zu ist A(~ e ~ ~ e+i h̄c ~r·A(R) X −i ~k·R~ √ e En (~k) w~kn (~r), ≈ N ~k ~p 2 +V 2m ! w~kn = En (~k)w~kn . (3.58) Und somit wir Gl. (3.56) approximativ zu e ~ ~ e+i h̄c ~r·A(R) X −i ~k·R~ √ r) + H w̃Rn r ) ≈ e Φ(~r) w̃Rn e En (~k) w~kn (~r), ~ (~ ~ (~ N ~k ~ R ~ ′ ) = hw̃ ~ ′ ′ | H |w̃ ~ i finden wir (vgl. Gl. (3.50) und Für die Matrixelemente H̃n,n′ (R, Rn Rn (3.51)) X e ~ ~ ~ e ~ ~ ~ ~′ ~ ~′ ~ ′ ′ ~ , ~ R ~ ′ ) = δn,n′ e−i [k− h̄c A(R)]·[R−R ] En (~k) + e+i h̄c A(R)·[R−R ] hR n | eΦ(~r) |Rni H̃n,n′ (R, N ~ k e ~ ~ ~ ~′ wobei sich die Phase e+i h̄c A(R)·[R−R ] direkt aus der Eichung der ‘gleichgeichten’ Wannier~ ~ ~′ Funktionen ergeben und die Phase e−ik·[R−R ] aus der Fourier-Transformation. Dieses Ergebnis hat einige wichtig Konsquenzen: • Zener-Tunneln Übergänge zwischen verschiedenen Bändern (n 6= n′ ) können nur durch elektrische Felder zustande kommen, man spricht man von Zener-Tunneln. Der Durchbruch erfolgt bei eE ≈Lücke/Gitterkonstante, typischerweise in der Größenordnung ∼ 108 Volt pro cm, also bei sehr starken elektrischen Feldern. • Peierls-Substitution ~ r) ≡ A verschiebt sich die Bandstruktur Bei räumlich konstantem Vektorpotential A(~ e ~ entsprechend ~k → ~k − A. h̄c 38 KAPITEL 3. BANDELEKTRONEN Für den tight-binding Hamiltonian Gl. (3.52) enspricht dieses einer Dispersionsrelation −2t cos(k − eAa/h̄c) + H(0), bzw. im Ortsraum der Peierls-Substitution Htb = −t X e+i eAa h̄c R |R + aihR| + e−i eAa h̄c |RihR + a| + H(0) X R |RihR| . • Aharonov-Bohm-Effekt Wie aus der Peierls-Substitution ersichtlich, kann auch ein reines Eichfeld physikalische Konsequenze haben, auch wenn am Ort des Elektrons kein Magnetfeld ist. Dieses ist immer dann der Fall, wenn sich der Effekt des Vektorfeldes aufgrund der Geometrie nicht durch eine orthogonale Transformation eliminieren lässt. Ein Beispiel hierfür ist der Aharonov-Bohm-Effekt, der Induktion eines Ringstroms ~ r) in einem meskopischem Ring. durch ein Vektorpotential A(~ 3.5.2 Bewegungsgleichungen Wir wollen den Einfluss eines homgenen elektrischen Feldes mit Hilfe der Heisenberg’schen Bewegungsgleichung d ih̄ Ô = [Ô, H] dt für die Opertoren Ô = ~r, ~k berechen. Dazu berechnen wir erstmals hilfsweise [r, p2 ] = [r, p]p + p[r, p] = 2ih̄p, [~r, ~p 2 ] = 2ih̄~p , sowie h̄ ~ ~ ~ = −∇Φ ~ . [~p, eΦ] = e ∇Φ = eih̄E, E i Wir bemerken, dass die letztere Gleichung in Abwesenheit eines Vektorpotentials zu p~˙ = ~ führt, was nach dem Korrespondenzprinzip zu erwarten gewesen wäre. eE Nach dem Korrespondenzprinzip muss ~r˙ = ~vn die Gruppengeschwindigkeit eines Elektrons im n-ten Band sein und die Heisenberg’sche Bewegungsgleichung für ~r damit e~ 2ih̄ ~p − A ~r˙ = (ih̄)(2m) c = ~vn , En (~k) = 2 ~ ~p − ec A 2m ~ ~ En (~k)/h̄. denn die Gruppengeschwindigkeit ist nach Kapitel 3.2 ~vn = ∇ k , (3.59) Lebensdauer ~ so erhalten wir nach dem KorrespondenzBeachten wir nun noch die Lorentzkraft ~vn × B prinzip für ~p die Bewegungsgleichung e ~ ˙ ~ + eE ~ − h̄~k /τ , p~˙ = h̄~k = ∇~k En (~k) × B (3.60) h̄c wobei wir eine phänomenologische Lebensdauer τ eingeführt haben. Die Dämpfung 1/τ wird durch Streuung an Phononen oder an Störstellen verursacht. In Abwesenheit externer Kräfte kommt das Elektron quasiklassisch zur Ruhe. Hier haben wir (3.60) mit Hilfe des Korrespondenzprinzips hergeleitet, man kann die Bewegungsgleichung für h̄~k =~ ˆ p natürlich auch direkt mittels aus dem Kommutator mit ~ 2 /2m + V (~r) + eΦ(~r) berechnen. H = (~p − eA/e) 39 3.5. DYNAMIK VON BANDELEKTRONEN 3.5.3 Homogenes elektrisches Feld ~ r) = 0, τ = ∞ und E(~ ~ r ) ≡ E. ~ Die BewegungsgleiWir betrachten zunächst den Fall A(~ chungen sind leicht gelöst: ~k(t) = ~k0 + e E ~ · t/h̄ (3.61) und ~r(t) = ~r0 + Z t 0 ~ ~k(t′ ))/h̄ . dt′ ∇E( (3.62) Bloch-Oszillationen ~ wandert das Elektron nach (3.61) durch das Band ohne in Unter der Wirkung von E ~ ~k) im reziproken Raum periodisch ist führt das ein anderes Band zu springen. Da ∇E( Elektron auch im Ortsraum eine periodische Bewegung durch (Bloch-Oszillationen). Je nach Bedarf kann die Bewegung im Impulsraum mit dem wiederholten oder dem reduzierten Schema betrachtet werden. Im letzteren Fall springt das Elektron am Zonenrand ~ mit einem Bragg-Reflex von ~k nach ~k − G. Drude-Formel Wenn die Lebensdauer τ endlich ist, dann stellt sich unter dem Einfluss eines äußeren ˙ elektrischen Felds ein Gleichgewicht ein, mit ~k = 0 und ~ . m∗~v = ~p = h̄~k = τ eE (3.63) Die Stromdichte j beträgt dann ~ ~j = ne~v ≡ σ E, σ = nτ e2 , m∗ (3.64) mit der Elektronendichte n und der Drude-Leitfähigkeit σ. Band-Isolatoren Bei einem vollen Band bewegen sich alle einzelnen ~k-Plätze gleichmäßig. Zu jeder Zeit haben wir ein volles Band und der Erwartungswert des Stromoperators ist (bei Inversionssymmetrie) ~jBand = X ~k∈BZ e ~v (~k) = X ~k∈BZ e ~v (−~k) = − X e~v (~k) = 0 . (3.65) ~k∈BZ Elektrischer Transport ist nicht möglich und Festkörper mit vollen Bändern sind Nichtleiter (Band-Isolatoren). Festkörper mit partiell gefüllten Bändern sind hingegen i.A. Metalle. Die wichtige Klasse von Mott-Hubbard Isolatoren bilden jedoch eine Ausnahme von dieser Regel. Bei diesen ist die Coulomb-Abstoßung zwischen den Elektronen dominant, sie führt zur Ausbildung lokaler magnetischer Momente und einer Energielücke für Ladungsanregungen. Periodische Ströme Ein teilweise gefülltes Band müßte bei Abwesenheit von Streuprozessen periodisch durch 40 KAPITEL 3. BANDELEKTRONEN das Band laufen → starke periodische Ströme. Dies wird natürlich nicht beobachtet, da eine Fermifäche (Grenzfläche zwischen besetzten und unbesetzten Einteilchen-Zuständen), die nicht entlang von E(~k) = konstant verläuft, instabil gegenüber Streuprozessen (Phononen, Elektron-Elektron-Streuung, Störstellen) ist. Stark-Leitern Zumindest theoretisch folgt aus der periodischen Bewegung der Elektronen im Ortsraum, und aus dem Korrespondenzprinzips, daß die Energie-Niveaus von Elektronen in einem elektrischen Feld diskret sind (Stark-Leitern). Die experimentelle Realisierung ist jedoch fraglich. 3.6 Homogenes Magnetfeld Wir diskutieren nur etwas ausführlicher die Eigenschaften von Bandelektronen in einem ~ r) = 0 und B(~ ~ r ) ≡ B. ~ Die Bewegungsgleichung homogenen Magnetfeld, das heißt E(~ lautet e ˙ ~ ~v = ∇~k E(~k)/h̄ = ~r˙ . (3.66) h̄~k = ~v × B, c Das Elektron läuft im k-Raum senkrecht zu ~v und damit in einer E(~k) = konstant-Fläche. ~ Die Bahn im k-Raum ist als Schnitt von E(~k) = E(~k0 ) mit der Ebene senkrecht zu B durch ~k0 eindeutig bestimmt. Aus der Bewegungsgleichung (3.66) folgt ~k(t) − ~k0 = e ~r(t) − ~r0 × B ~ . h̄c (3.67) ~ hat dieselbe Gestalt Die Bewegung im Ortsraum, projiziert auf eine Ebene senkrecht zu B, c h̄ o wie im k-Raum um 90 gedreht und um e B skaliert. Offene und geschlossene Bahnen Je nach Geometrie der Fermi-Fläche ist die Bahnkurve im Ortsraum ~r(t) (senkrecht zu ~ parallel zu B ist die Bewegung frei) (a) offen oder (b) geschlossen, was für TransporB, terscheinungen im Magnetfeld (Magnetotransport) von Bedeutung ist. 41 3.6. HOMOGENES MAGNETFELD Zyklotronfrequenz Wir betrachten zunächst den Fall das E(~k) = E(|~k|). Dann ist ~ ~ ~k)/h̄ = E ′ (k) k . ~v = ∇E( h̄|~k| (3.68) ~ = (0, 0, B) ist Mit B ~k = (k0 cos(ωc t), −k0 sin(ωc t), kz ) , ωc = eB E ′ (k) c h̄2 |~k| (3.69) Lösung der Bewegungsgleichung (3.66). Für freie Elektronen mit E(~k) = h̄~k wird die Zyklotronfrequenz ωc zu 2 /(2m) ωc = emB/c . Bemerkungen Im Allgemeinen wird die Zyklotronfrequenz durch Geometrie der Fermifläche bestimmt, genauer 2π c dS = , (3.70) ωc |e|B dE wobei S(E) der Flächeninhalt des Schnittes aus Niveaufläche zur Energie E im k-Raum ~ durch ~k0 ist. Für freie Elektronen lässt sich leicht zeigen dass mit Ebene senkrecht zu B (3.70) und (3.69) äquivalent sind: 2π 2πc k c dS = = , |e|B dE ωc |e|B E ′ (k) dS dS dE = = 2πk . dk dE dk (3.71) Und dieses stimmt da S(k) = πk 2 ist. De Haas van Alphen Effekt Die Bahnen der Elektronen im Magnetfeld sind, abgesehen von der freien Bewegung entlang der Feldlinien, geschlossen. Geschlossene Bahnen sind in der Quantenmechanik quantisiert: Da die Wellenfunktion eindeutig ist muss sich die Phase in einem Umflauf um ein Vielfaches von 2π ändern. 42 KAPITEL 3. BANDELEKTRONEN Diesen Sachverhalt kann man problemlos aus der Schrödinger-Gleichung herleiten, unter Berechung der Wellenfunktion und der Energieniveaus eines Elektrons in einem homogenen Magnetfeld. Hier benutzen wir das Korrespondenz-Prinzip. Nach Gl. (3.69) führt das Elektron eine Kreisbewegung aus, was einem harmonischen Oszillator entspricht. Die Energie ist daher in Vielfache von h̄ωc quantisiert und das gleiche gilt für die Energiedifferenz ∆E: ∆E = h̄ωc = 2π|e|B c∆S/∆E ⇒ ∆S = 2π|e|B c . Damit zerfällt die BZ in Landau-Zylinder. Wenn die Zylinder bei Änderung des Magnetfeldes durch die Fermifläche treten, kommt es zu sprunghaften Änderungen der Magnetisierung etc. (Oszillationen). Diese Oszillationen können verwendet werden um die Fermi-Fläche experimentell zu bestimmen (De Haas van Alphen Effekt). 3.7 Zustandsdichte Häufig steht man vor der Aufgabe, Summen über die elektronischen Zustände durchP zuführen Qn = ~k Qn (~k). Oft hängt die Größe von Interesse, Qn (~k), nur über En (~k) von ~k ab. Dann gilt Z Z 1 X d3 k ~ Q ( k) = dE Dn (E) Qn (E) , Qn (~k) = n V ~ (2π)3 (3.72) k wobei Dn (E) dE = Anzahl der Einteilchenzustände im Intervall [E, E + dE], pro Volumen. Aus (3.72) folgt Dn (E) = Z d3 k δ(E − En (~k)) . (2π)3 (3.73) 43 3.7. ZUSTANDSDICHTE Bezeichnen wir nun mit S den Flächeninhalt der Energie-Niveaufläche mit En (~k) = E, so gilt d3 k = dS dk⊥ dE = |∇~k En | dk⊥ 1 Dn (E) = (2π)3 d3 k = ⇒ Z E−Niveau−Fl. dS . |∇~k En | dS dE |∇~k En | (3.74) Bei Spin-Entartung können wir einen Faktor 2 anbringen. Dn (E) = 2 (2π)3 Z E(~k)=E dS . |∇~k En | (3.75) Dieser Ausdruck gilt auch für eine allgemeine Dimension D. Fall isotroper Energiedispersion Anstatt der etwas abstrakten Formel (3.75) läßt sich die Zustandsdichte auch direkt aus Dn (E) dE = Dn (~k) d3k , Dn (~k) = 1 (2π)3 berechnen, falls En (~k) = En (k) ist, mit k = |~k|. Für D = 3 und d3 k = 4πk 2 dk folgt damit Dn (E) = k 2 /(2π 2 )(dEn (k)/dk)−1 . Freies Teilchen ~ = Es ist E = /(h̄~k)2 /(2m), ∇E ~k , m |~k| = √ 2mE 1 m Z √ (2π)d 2mE Z 2, √ 2π 2mE, dS = √ 2 4π 2mE , Dn (E) = Dn (E) = q 1 m √1 π 2 E, m , 2π √ 1 2m3 E, 2π 2 dS d=1 d=2 d=3 d=1 d=2 d=3 (3.76) Halbleiter Wir nehmen an, daß Valenzband und Leitungsband Maximum und Minimum bei ~k = 0 haben (häufig erfüllt) Ec Ev ∆ h̄2 = + + 2 2 ∆ h̄2 = − + 2 2 k12 k22 k32 + + + O(k 4) ∗ ∗ ∗ 2m1c 2m2c 2m3c ! k12 k22 k32 + + + O(k 4 ) ∗ ∗ ∗ 2m1v 2m2v 2m3v ! (3.77) 44 KAPITEL 3. BANDELEKTRONEN Durch geeignetes Skalieren der Achsen im Integral folgt sofort q E−∆ 1 q 2 ∗ ∗ ∗ q 2|m m m | D(E) = 1 2 3 ∆ 2π 2 − −E (3.78) 2 Van-Hove Singularitäten Die Dispersionsrelation E(~k) hat in kristallinen Systemen i.A. Maxima/Minima oder Sattelpunkte, an welche der Gradient verschwindet, ∇E(~k) = 0 Diese ziehen in der Zustandsdichte nach Gl. (3.75) Singularitäten nach sich, die van-Hove Singularitäten genannt werden. • D=1 Van-Hove-Singularitäten führen in eine Dimension zu einer Wurzel Divergenz ∼ q 1/ |E| in der Zustandsdichte D(E). • D=2 Van-Hove-Singularitäten führen in zwei Raumdimensionen zu einer logarithmischen Divergenz ∼ 1/ log |E| in der Zustandsdichte D(E). • D=3 Van-Hove-Singularitäten führen in drei Raumdimensionen zu einem Knick in der Zustandsdichte D(E). 3.8 Fermiflächen Typische Energieskalen im Festkörper sind von der Größenordnung ∼ eV. Die thermische Besetzung der Energieniveaus wir mit dem Boltzmann-Faktor e−β E gewichtet, wobei β = 1/(kB T ). Modulo kB gilt 1 eV = 11 604.9 K. Für die Tieftemperaturphysik T ≪ Bandbreite, also i.A. auch schon bei Raumtemperatur, sind daher nur “niedrigenergische” Anregungen von Bedeutung, bei einem Metall also die in der Nähe der FermiFläche. Wir untersuchen nun mögliche Geometrien der Fermiflächen, d.h. Flächen mit E(~k) ≡ Ef im k-Raum. Freies Elektron im Quadratgitter In D = 2 Dimensionen ist die Fermifäche im ausgedehnten Bandschema ein Kreis, in D = 3 eine Kugeloberfläche. E=E f Arbeiten wir im reduzierten Bandschema statt im ausgedehnten Schema, so müssen wir die Fermifläche auf die 1. BZ reduzieren (zurückfalten) und wir erhalten je nach Grösse der Kugel (Teilchendichte) recht komplizierte Strukturen. 45 3.8. FERMIFLÄCHEN Reale Bänder In realen Bändern treten an den Rändern Energielücken auf → Tendenz zum Auffüllen einer Zone bzw. eines Bandes, bevor man zum nächsten geht. Teilchenläche Wechsel− Loch−Taschen + wirkung Bei freien Elektronen hätte man im letzten Fall noch Zustände in der 3. BZ bzw. im 3. Band besetzt. Offene Flächen Als Beispiel zeigen wir ein offenen Fermiflächen für ein Rechteckgitter. + geschlossene offene Fläche Fläche Metalle mit offenen/bzw. geschlossenen Fermi-Flächen zeigen unterschiedliches Verhalten in einigen Transportgrößen wie z.B. dem Magnetowiderstand, also dem elektrischen ~ mit Wiederstand für ein Sytem in einem zusätzlichen äusseren magnetischem Feld B, ~ ·E ~ = 0. Es wird nun der ~j in einer Ebene ⊥ B ~ gemessen. B Man findet dann, dass der Magnetowiderstand ρ(H) = E/j für offe Bahnen und B → ∞ über alle Schranken wächst, während er bei geschlossenen Bahnen für B → ∞ sättigt. Loch- und Elektron-artige Fermi-Flächen Für geschlossene Fermi-Flächen bezeichnet man Fermifläche als • “Teilchen-artig” falls ∇E nach “außen” zeigt, und als • “Loch-artige’, falls ∇E nach “innen” zeigt. ˙ ~ und ~v = ∇ ~ ~ En (~k) umlaufen Bandzustände die Fermifläche in den obiWegen ~k = ec ~v × B k gen Fällen gegenläufig. Daher kann man im 2. Fall auch von Löchern mit einer effektiven Ladung (−e) sprechen.