Metastasierendes malignes Melanom mit Festliegen ante partum

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Kasuistik
Metastasierendes malignes Melanom
mit Festliegen ante partum infolge
Rückenmarkskompression bei einer Stute*
Ein Fallbericht
L. Hildebrandt1; K. Jäger2; A. Snyder3; A. Sobiraj1
1Ambulatorische
und Geburtshilfliche Tierklinik, Veterinärmedizinische Fakultät, Universität Leipzig; 2Institut für Veterinär-Pathologie,
Veterinärmedizinische Fakultät, Universität Leipzig; 3Medizinische Tierklinik, Veterinärmedizinische Fakultät, Universität Leipzig
Schlüsselwörter
Key words
Pferd, Cauda-equina-Syndrom, Tumor
Brood mare, cauda equina syndrome, tumour
Zusammenfassung
Summary
Der Fallbericht beschreibt die Einengung des Rückenmarkskanals
durch ein malignes Melanom mit resultierendem akutem Festliegen
bei einer hochtragenden, 17 Jahre alten Welsh-B-Ponystute. Als ursächlich für das akute Festliegen war der Einbruch von Metastasen
des malignen Melanoms in den Wirbelkanal im Bereich der letzten
Lendenwirbel und des Kreuzbeins anzusehen, wo der Tumor die Dura
mater infiltriert und das Lenden- sowie Sakralmark auf einer Länge
von 10 cm mittelgradig komprimiert hatte. Dargestellt werden neben
dem klinischen Bild labordiagnostische, pathologisch-anatomische
und histopathologische Befunde.
The case report describes a narrowing of the spinal canal in the lumbar and sacroiliac regions with entailing acute recumbency in a nearterm 17-year-old Welsh B Pony mare. The reason for recumbency was
metastases of a malignant melanoma in the spinal canal of the
lumbo-sacral region, where the tumour had invaded the dura mater
and applied severe pression on the spinal cord over a length of 10 cm.
Clinical findings, laboratory diagnostics, pathological-anatomical and
histopathological findings are presented.
Korrespondenzadresse
Dr. Lydia Hildebrandt
Ambulatorische und Geburtshilfliche Tierklinik
Veterinärmedizinische Fakultät der Universität Leipzig
An den Tierkliniken 29
04103 Leipzig
E-Mail: [email protected]
Metastatic malignant melanoma with spinal cord compression and resulting
recumbency ante partum in a mare. A case report
Tierärztl Prax 2013; 41 (G): 190–194
Eingegangen: 22. Januar 2013
Akzeptiert nach Revision: 8. April 2013
Einleitung
Melanome sind gut- oder bösartige Pigmentgeschwulste, die durch
Wucherungen von Melanozyten entstehen. Die melanozytären Tumoren bei den Haussäugetieren werden gemäß WHO-Klassifikation (4) in Naevi, Melanozytome (benigne Melanome), Melanoakanthome und maligne Melanome eingeteilt. Darüber hinaus
gibt es beim Pferd die dermale Melanomatose der Schimmel sowie
dermale anaplastische Melanome nichtschimmelfarbener Individuen (7, 15, 17, 21, 23).
Melanozytäre Naevi zeichnen sich durch ihre Benignität und
oberflächliches Wachstum aus. Sie kommen bei jüngeren Pferden
aller Farbvarianten vor. Anaplastische, maligne Melanome treten
* Herrn Prof. Dr. Dr. h. c. mult. H. Bostedt zum 75. Geburtstag gewidmet.
bei älteren, nicht schimmelfarbenen Tieren mit hoher Metastasierungsrate auf. Equine dermale Melanome stellen kleine erhabene
Knötchen mit niedriger Metastasierungsneigung dar, während es
sich bei der equinen dermalen Melanomatose um eine flächige
Ansammlung dermaler Melanome mit hoher Metastasierungstendenz handelt. Beide Formen treten vornehmlich in der Perinealregion, an den äußeren Genitalien und unter dem Schweif bei
Schimmeln über 15 Jahren auf. Mittel der Wahl zur Einschätzung
der Dignität einer solchen melanozytären Neoplasie ist deren histopathologische Untersuchung, beispielsweise über Entnahme eines Bioptats (20, 21). Benigne Melanome können sich im Lauf der
Zeit zu malignen entwickeln (19).
Beim Pferd gibt es mehrere Berichte über metastasierende melanozytäre Tumoren als Ursache für neurologische Ausfallserscheinungen im Sinne eines Cauda-equina-Syndroms (6, 11, 12, 16, 18,
22). Die neurologischen Ausfälle beruhen in den meisten Fällen
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L. Hildebrandt et al.: Metastasierendes malignes Melanom bei einer Stute
auf einer Einengung des Rückenmarkskanals durch die infiltrativ
wachsende Neoplasie. Aber auch Metastasen anderer nichtneuronaler Neoplasien, wie z. B. Lymphosarkome, multiple Myelome,
extramedulläre Plasmozytome, Fibrosarkome und Hämangiosarkome, können zu einer extraduralen Kompression führen (11, 16,
18). Im Folgenden wird eine Einengung des Rückenmarkskanals
im Bereich der letzten Lendenwirbel und des Iliosakralgelenks mit
resultierendem akutem Festliegen bei einer hochtragenden Ponystute beschrieben.
klar abgegrenzt. Fruchtteile mit Spontanbewegungen konnten in
der nicht tonisierten Gebärmutter bereits in der Beckenhöhle ertastet werden. Die transrektale sonographische Untersuchung des
Uterus ergab klar erscheinende Fruchtwässer und einen unauffälligen Plazentabefund. Bei der manuellen Untersuchung der Vagina
wurden eine geringe Menge eines schleimigen, klaren, nicht geruchsabweichenden Sekrets festgestellt. Die Zervix war geschlossen, lag am Vaginalboden und trug zentral einen zähpappigen
Schleimpfropf.
Labordiagnostische Untersuchung
Kasuistik
Patient und Anamnese
Die 17 Jahre alte, schimmelfarbene Welsh-B-Ponystute befand sich,
gerechnet vom letzten Deckdatum, am 346. Trächtigkeitstag. Die
vorhergehenden drei Trächtigkeiten und Geburten waren ohne
Komplikationen verlaufen. Etwa 3 Wochen vor Einlieferung in die
Klinik wies das Pferd erstmalig einen schwankenden Gang auf und
setzte dunklen Urin ab. Wegen des näher rückenden Geburtstermins wurde die Stute ab ca. 14 Tagen vor ihrer Einweisung regelmäßig durch die Besitzer kontrolliert. Bis eine Woche vor der Klinikeinweisung legte sie sich hauptsächlich nachts nieder, stand dann
aber spontan und ohne Probleme auf. Am Morgen der Klinikeinweisung wurde sie festliegend vorgefunden. Der zunächst konsultierte Haustierarzt stellte Lebenszeichen der Frucht bei noch geschlossener Zervix fest. Die Stute erhielt eine intravenöse Infusion
von isotoner Kochsalz- und Glukoselösung sowie eine Dexamethason-Injektion (0,1 mg/kg i. v.). Da sich der Zustand des Festliegens
nicht änderte, wurde das Tier am selben Tag überwiesen.
Der Katheterharn war kaffeebraun, trüb und hatte einen aromatischen Geruch. pH-Wert (8,3; Referenzbereich [RB] 6,8-8,4) und
Dichte (1035 kg/l; RB 1020-1060 kg/l) lagen im Referenzbereich. Die
Glukosekonzentration im Urin betrug 13,81 mmol/l (RB negativ),
der Gesamtproteingehalt 0,8 g/l (RB < 0,01 g/l). Mit der Quickfärbung konnten geringgradig irregulär geformte Tubulusepithelzellen
mit Melaningranula im Zytoplasma dargestellt werden (▶Abb. 2).
Im Nativsediment traten vereinzelt Plattenepithelzellen auf, einige
Harnsäure- sowie zahlreiche Ammoniumuratkristalle.
Die Blutuntersuchung ergab eine geringgradige Aktivitätssteigerung der CK (2511 U/l) und γ-GT (723 U/l) sowie eine erhöhte
Glukose- (8,9 mmol/l) und Bilirubinkonzentration (80 µmol/l).
Weiterer Verlauf
Über einen venösen Zugang in der rechten V. jugularis externa
erhielt die Stute einmalig ein nichtsteroidales Antiphlogistikum
(Flunixin-Meglumin, 1,1 mg/kg i. v., Flunidol®-RP, CP-Pharma)
Klinische Untersuchung
Beim Eintreffen lag die Stute in Seitenlage fest und zeigte ein ungestörtes Sensorium. Die Herzfrequenz betrug 60 Schläge/min, die
Atemfrequenz 16 Züge/min und die rektal gemessene Körperinnentemperatur 36,7 °C. Die Maulschleimhäute waren blassrosa,
die kapilläre Rückfüllungszeit lag unter 2 Sekunden und das venöse Blutangebot war prompt. Die Labien erschienen gefältet und
(noch) nicht ödematisiert. Perianal und perilabial sowie an der
Schweifunterseite fielen multiple, verschieden große, derb-knotige,
schwarze Zubildungen in bzw. unter der Haut auf, die im Bereich
des Schweifansatzes teilweise ulzerierten (▶ Abb. 1). Das mäßig
angebildete Euter wies schlaffe, nicht milchgefüllte Zitzen auf. Die
Sensibilität im Bereich von Vorder- und Hintergliedmaßen, Körperstamm und Kopf war vorhanden, der Analreflex geringgradig
vermindert.
Bei der rektalen Untersuchung befand sich viel eingetrockneter,
fester Kot in der Ampulla recti, den die Stute auch unter aktivem
Pressen nicht spontan absetzen konnte. Im Bereich des Beckenrings ließ sich auf 11 bis 1 Uhr eine den Geburtsweg geringgradig
einengende, etwa faustgroße, derb-knotige Umfangsvermehrung
palpieren. Diese war nicht verschieblich und zur Wirbelsäule nicht
Abb. 1
Multiple, verschieden
große, derb-knotige,
teilweise ulzerierende,
schwarze Zubildungen
unter der Haut in der
Perianal- und Perilabialgegend sowie an
der Schweifunterseite
Fig. 1
Multiple, differentsized, rough-nodular,
in parts ulcerating,
black proliferations
under the skin in the
perianal and perilabial
regions as well as at
the tail base.
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Abb. 2 Sediment des Katheterharns: geringgradig irregulär geformte Tubulusepithelzellen mit zytoplasmatischen Melaningranula (T), Ammoniumuratkristalle (A)
Fig. 2 Sediment of the urine: mild irregularly shaped tubular epithelial cells
with cytoplasmic melanin granules (T), ammonium urate crystals (A).
Am Tag nach der abendlichen stationären Aufnahme hatte sich
der Gesamtzustand nicht verändert. Es erfolgte erneut eine vollständige klinische Befundung. Aufgrund des Verdachts auf irreversible Rückenmarkschädigung durch Metastasen eines malignen
Melanoms und der daraus resultierenden schlechten Prognose für
die Stute wurde nach Rücksprache mit den Besitzern der Entschluss gefasst zu versuchen, das ungeborene Fohlen zu retten. Die
auch für die Lungenentwicklung des Fohlens notwendige Dexamethasongabe durch den Haustierarzt lag ungefähr 36 Stunden
zurück. Für die Geburtseinleitung wurden der Stute 40 IE Oxytocin (10 IE/100 kg i. v., Oxytocin 10 IE/ml®, CP-Pharma) in 500 ml
Glukose 5% (Glucose "Braun" 5%-Injektionslösung, Albrecht) als
Dauertropfinfusion über 30 Minuten verabreicht. Eine geburtsinduzierende Wirkung blieb jedoch aus. Die Stute zeigte keinerlei
erkennbare Presswehen, die Zervix blieb fest verschlossen und der
rektal palpierte Uterus wies nur einen mäßigen Tonusanstieg auf.
Auf eine Wiederholung des Versuchs der Partusinduktion wurde
verzichtet. Statt dessen wurde das Pferd in Allgemeinanästhesie
verbracht (Romifidin, 0,05 mg/kg i. v., Sedivet®, Boehringer Ingelheim; Butorphanol, 25 μg/kg i. v., Alvegesic®, CP-Pharma; Ketamin, 2,5 mg/kg i. v., Ursotamin®, Serumwerk Bernburg) und nach
Laparotomie in der Medianen und Hysterotomie ein geringgradig
prämatures, lebendes Stutfohlen entwickelt. Unmittelbar danach
wurde die Stute euthanasiert. Das Neugeborene konnte nach anfänglicher Intensivbetreuung und 3 Wochen mutterloser Aufzucht
gesund und gut entwickelt an die Stutenhalter übergeben werden.
Pathologisch-anatomische und
histopathologische Befunde
Abb. 3 Wirbelsäule im Lumbosakralbereich: Einbruch des malignen Melanoms (*) in den Wirbelkanal (Pfeile), insbesondere im Bereich des 4. und 5.
Kreuzbeinwirbels (S4–5) mit Kompression des Rückenmarks und Infiltration
der Dura mater (Pfeilspitzen) auf Höhe des 6. Lendenwirbels (L6)
Fig. 3 Lumbosacral region: invasion of the malignant melanoma (*) into
the spinal canal (arrows), particularly in the region of the 4th and 5th sacral
vertebrae (S4–5) with spinal cord compression and infiltration of the dura
mater (arrowheads) at the 6th lumbar vertebra (L6).
sowie eine Dauertropfinfusion von isotoner Kochsalzlösung (NaCl
0,9%, 1,3 l/h, Fresenius Isotone Kochsalzlösung 0,9%®, Fresenius
Kabi). Auch mit aktiver Unterstützung konnte sich das Tier nicht
in Brust-Bauch-Lage halten. Die Gliedmaßen und der Kopf-HalsBereich wurden über Nacht abgepolstert und an der Stute so wenig
Manipulationen wie möglich durchgeführt, da sie darauf jedes Mal
mit Ruderbewegungen reagierte. Sie zeigte ein leicht gedämpftes
Allgemeinbefinden, reagierte aber auf ihre Umgebung und nahm
trotz Seitenlage angebotenes Raufutter auf.
Die knotigen Umfangsvermehrungen im Bereich des äußeren Genitales und der Schweifunterseite zeigten im Anschnitt ein homogen schwarzes Erscheinungsbild. Im nahe gelegenen Bindegewebe
und in der Kruppenmuskulatur, vor allem im Bereich des M. glutaeus medius, fiel eine hochgradige Infiltration mit einer schwarzen Masse auf. Weitere derartige Umfangsvermehrungen wurden
in den Mm. psoas major und minor, in der Muskulatur der Bauchdecke, transmural in der Magenwand, in Mandibular-, Retropharyngeal- und Sternallymphknoten sowie dem Drüsengewebe der
Glandula parotis, in beiden Luftsäcken und der Kaumuskulatur
nachgewiesen. Nach der Präparation der Wirbelsäule wurde ersichtlich, dass die Neoplasie aus der angrenzenden Kruppenmuskulatur auf Höhe der letzten Lendenwirbel und des Kreuzbeins in den Wirbelkanal eingebrochen war. Dort hatte der Tumor
auf einer Länge von 10 cm die Dura mater hochgradig infiltriert
und das Lenden- sowie Sakralmark mittelgradig komprimiert
(▶ Abb. 3).
Mittels histopathologischer Untersuchung wurde die Neoplasie
als epitheloidzelliges, melanotisches, hochgradig infiltrativ wachsendes und sehr pleomorphes malignes Melanom charakterisiert,
das in den untersuchten Lokalisationen zahlreiche Blut- und
Lymphgefäßeinbrüche aufwies. In den Nieren lag, neben einer
multifokalen Nekrose der Tubulusepithelzellen, in zahlreichen
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L. Hildebrandt et al.: Metastasierendes malignes Melanom bei einer Stute
Glomerula, Tubulusepithelzellen, Tubuluslumina und in den Sammelrohren ein feingranuläres, braunschwarzes, mit Wasserstoffperoxid bleichbares und in der Masson-Fontana-Färbung tiefschwarz anfärbbares Pigment vor (▶ Abb. 4).
Diskussion
Bei etwa 15% der Hauttumoren des Pferdes handelt es sich um
melanozytäre Tumoren und diese sind zu 90% benigne. Melanozyten können aufgrund bisher ungeklärter Ursachen maligne entarten und zeigen dann eine ausgeprägte hämatogene und lymphogene Metastasierungstendenz (7, 13, 17). Melanome kommen
zwar bei allen Farbvarianten und Rassen vor, doch erkranken
Schimmel am häufigsten daran (13, 15, 21). Die Tumoren treten
beim Pferd ab einem Alter von 5–9 Jahren auf, wobei das Risiko an
einem Melanom zu erkranken mit höherem Alter steigt. Bei
Schimmeln im Alter von mehr als 15 Jahren wird von einer Inzidenz von über 80% berichtet (7, 17, 21). Ursache hierfür sind die
Pigmentveränderungen in der Haut der mit dunklem Fell geborenen Schimmel. Durch Degradierung der Melanozyten ergraut das
Haarkleid, und am häufigsten treten Melanome dort auf, wo dieser
Prozess beginnt (19). Dies sind die Perinealregion, die äußeren
Genitalien, der Schweifansatz, das Areal um die Augen und der
obere Halsbereich (1, 7, 11, 13, 16–19, 21, 22).
Anhand der Lokalisation der Tumoren am Tierkörper lässt sich
keine Aussage über eine eventuelle maligne Entartung der Melanozyten treffen. Mittels histologischer Untersuchung ist es möglich, die Dignität einer melanozytären Neoplasie einzuschätzen,
woraus die Prognose für diesen Einzeltumor resultiert (4). Diese
Ergebnisse erlauben jedoch keinen Rückschluss in Bezug auf das
biologische Verhalten anderer Melanome in der Haut des Tieres.
Der deutlichste und sicherste klinische Hinweis auf eine maligne
Entartung ist eine beschleunigte Wachstumsrate (7). Je nach Ort
und Ausmaß der Metastasierung können die Pferde noch Jahre
damit leben (1). Die Metastasierung erfolgt über Lymph- und
Blutgefäße, wobei in der Regel, wie auch bei dem hier vorgestellten
Pferd, die regionalen Lymphknoten zuerst Metastasen aufweisen
(7, 16, 21, 22). Weitere Zielorgane sind, abhängig von der Lokalisation des Primärtumors, Lunge, Milz, Niere, Leber, Herz, Gehirn
und Rückenmark (7, 21, 22).
Die Lymphdrainage der Perinealregion des Pferdes erfolgt über
die kaudalen Anorektallymphknoten mit anschließendem Abfluss
über die Lnn. ischiadici, sacrales und Lnn. iliaci mediales (22). Die
Lymphbahnen verlaufen ventral des Kreuzbeins, im Bereich des
Iliosakralgelenks und ventral der letzten Lendenwirbel, was die
beim vorliegenden Fall festgestellten Metastasen in der Glutealund Beckengürtelmuskulatur erklärt. Bei älteren Schimmeln ist eine ausgedehnte Metastasierung maligner Melanome bekannt (12),
die auch hier eindrucksvoll anhand von Metastasen in Magen,
Bauchdecke, Mandibular-, Retropharyngeal- und Sternallymphknoten, Glandula parotis, den Luftsäcken und der Kaumuskulatur
nachgewiesen werden konnte. Der Einbruch der Neoplasie aus der
Abb. 4 Niere (Hämalaun-Eosin-Färbung): Nachweis von feingranulärem
Melaninpigment (Pfeile) in den Epithelien der Nierentubuli (T) mit Nekrose
der Tubulusepithelzellen; G = Glomerulum
Fig. 4 Kidney (haemalaun-eosin stain): detection of melanin pigment (arrows) in the epithelium of the renal tubules (T) with necrosis of tubular
epithelial cells; G = glomerulus.
Glutealmuskulatur in den Wirbelkanal mit konsekutiver Kompression des Rückenmarks ist als Ursache für die klinische Symptomatik eines Cauda-equina-Kompressionssyndroms im vorgestellten
Fall zu sehen. Das Absetzen von kaffeebraunem Urin lässt sich am
ehesten auf die Ausscheidung von Melaningranula aus den Tumorzellen zurückführen, da dieses Pigment histologisch in den
Epithelien und den Lumina der Nierentubuli sowie zytologisch in
Tubulusepithelien im Harnsediment nachgewiesen wurde. Darüber hinaus zeigten die Tubulusepithelzellen ausgedehnte Nekrosen, obwohl Melanin allein nicht als nephrotoxisch gilt (9). Möglicherweise bestand bei dieser Stute eine polyfaktoriell bedingte
Läsion der Nieren, da durch die gleichzeitige Schädigung der Skelettmuskulatur zusätzlich Myoglobin freigesetzt wurde, das nephrotoxisch wirken kann (9).
Der klinisch interessante Aspekt dieses Falls ergibt sich aus der
anfänglichen Ataxie bzw. aus dem Festliegen mit Absetzen von
kaffeebraunem Harn bei einer hochtragenden Stute, was zunächst
den Verdacht auf eine trächtigkeitsbedingte oder von einer Schädigung der Muskulatur ausgehende Ätiologie nahelegte. Die blutchemische Untersuchung wies auch eine geringgradig erhöhte Aktivität der CK und γ-GT sowie einen erhöhten Glukose- und Bilirubinspiegel auf. Aufgrund der nur in geringem Ausmaß erhöhten
Werte ist jedoch davon auszugehen, dass diese aus dem Festliegen,
der vorberichtlich bereits über die letzten Wochen bestehenden
schlechteren Beweglichkeit und einer vermutlich daraus folgenden
reduzierten Futteraufnahme resultierten und nicht die Ursache für
das Festliegen waren. Der Nachweis der pleomorphen, pigmenthaltigen Zellen im Urin und letztlich die Obduktion konnten bestätigen, dass die Hauptursache für die klinischen Symptome die
Kompression des Kreuz- und Lendenmarks sowie multifokal der
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L. Hildebrandt et al.: Metastasierendes malignes Melanom bei einer Stute
Fazit für die Praxis
Melanozytäre Neoplasien in der Haut des Pferdes sind zu 10% maligne und zeigen eine hohe hämatogene und lymphogene Metastasierungstendenz. Der deutlichste und sicherste klinische Hinweis auf
eine maligne Entartung ist eine beschleunigte Wachstumsrate. Am
häufigsten treten Melanome bei älteren Schimmeln in der Perinealregion, an den äußeren Genitalien, dem Schweifansatz, um die Augen und im oberen Halsbereich auf. Im Perineum vorkommende maligne Melanome können in die Hintergliedmaßenmuskulatur und in
den Wirbelkanal metastasieren, woraus klinisch ein Cauda-equinaKompressionssyndrom resultiert. Folglich sollte bei Pferden mit einer
diesem Fall ähnlichen Symptomatik neben orthopädischen oder muskulären Ursachen auch ein metastasierendes Melanom differenzialdiagnostisch bedacht werden.
Skelettmuskulatur durch eine metastasierende melanozytäre Neoplasie war.
Im Fall einer nachgewiesenen Metastasierung ist die Therapie
von Melanomen schwierig und hätte im vorliegenden Fall aufgrund der Schädigung mehrerer Organe nicht durchgeführt werden können. Ziel sollte somit sein, die Dignität melanozytärer Tumoren zu bestimmen und maligne Neoplasien frühzeitig chirurgisch zu entfernen (18), soweit dies Lokalisation und Größe der
Tumoren gestatten. Neben einer chirurgischen Therapie besteht
die Option, das Wachstum und die Streuung der Melanome durch
orale Gabe von Cimetidin, einem Antihistaminikum, zu verzögern. Cimetidin wirkt immunmodulierend, indem es die Immunsuppression umkehrt, die durch die bei Tumorpatienten vermehrt
vorkommenden T-Suppressor-Zellen induziert wird (2, 3, 5, 21).
Die Wirkung von Cimetidin erfolgt nur träge. So tritt eine antitumoröse Wirkung meist nicht vor 3–4 Monaten nach Therapiebeginn ein. Die Dosis wird mit 2,5 mg/kg TID p. o. angegeben (2,
3, 5, 21).
Interessenkonflikt
Die Autoren bestätigen, dass kein Interessenkonflikt besteht.
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