_________________________________________________________________________ Leipziger Symposium Kardiovaskuläre Therapiestrategien 2015 Abstracts 29.-30.5.2015 Wissenschaftliche Leitung: Prof. Dr. med. Dietrich Pfeiffer Prof. Dr. med. Andreas Hagendorff Universitätsklinikum Leipzig Department für Innere Medizin, Neurologie und Dermatologie Abteilung für Kardiologie und Angiologie Liebigstraße 20 - 04103 Leipzig © Veranstalter MIFO Medizinische Information und Organisation 2015 Leipziger Symposium Kardiovaskuläre Therapiestrategien 2015 Hauptsitzung I Diagnostik der Herzinsuffizienz – Diagnostische Möglichkeiten aus der Sicht der Grundlagenforschung Prof. Dr. med. K.-D. Schlüter, Justus-Liebig-Universität Dresden In der Kardiologie hat sich in den letzten Jahren eingebürgert bei der Herzinsuffizienz eine systolische und eine diastolische Herzinsuffizienz zu unterscheiden. Alle klinischen Daten zeigen eine wesentliche Verbesserung der Prognose für Patienten mit systolischer Herzinsuffizienz seit den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts bezogen auf harte Endpunkte wie Mortalität. Dies konnte maßgeblich durch die Einführung effektiver Therapieoptionen, bspw. eine pharmakologische Hemmung des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems (RAAS) und des sympathischen Nervensystems (SNS), erreicht werden. Hingegen gibt es für Patienten mit diastolischer Herzinsuffizienz im gleichen Zeitraum keine effektive Prognoseverbesserung bezogen auf harte Endpunkte trotz gleicher therapeutischer Ansätze. Dies deutet bereits darauf hin, dass beide Erkrankungen eine unterschiedliche Genese haben. Bei der systolischen Herzinsuffizienz steht im Vordergrund die Schädigung der Herzmuskelzelle selbst. Diese umfasst alle für die Funktion der Herzmuskelzelle wesentlichen Aspekte. Zu nennen sind hier zu allererst Einschnitte in der elektromechanischen Kopplung. Dies betrifft einerseits die Regulation der Calcium-Homöostase, insbesondere des Verhältnisses der Aktivität des Natrium-Calcium-Austauscher (NCX) und der SR-Calcium-ATPase (SERCA2a). Aufgrund der unterschiedlichen Kinetik und zellulären Lokalisation beider Austauschmoleküle lässt sich eine Verschiebung der Aktivität von SERCA2a hin zum NCX direkt mit der nachlassenden Leistungsfähigkeit der Patienten korrelieren. Ferner ist die Dysregulation direkt durch Aktivitäts- und Expressionsregulation mit dem RAAS und dem SNS verknüpft. Moderne therapeutische Ansätze umfassen eine Gentherapie (Applikation von SERCA2a-haltigen Viren), mechanische Entlastung (left ventricular assist device) und kardiale kontraktile Modifikation (CCT-Advice). Interessanter Weise führen alle genannten Beispiele nicht nur zu einer Optimierung des Calcium-Haushaltes, sondern ferne auch zu einer Abnahme der kardialen Fibrose. Dies zeigt, dass eine Fibrose bei der systolischen Herzinsuffizienz sekundär zur kontraktilen Dysfunktion sich entwickelt. Anders ist die Situation bei der diastolischen Herzinsuffizienz. Hier bleibt die kontraktile Funktion der Herzmuskelzelle primär erhalten. Initial bildet sich hier eine Fibrose aus, die für eine erhöhte Steifigkeit des Ventrikels sorgt. Sekundär in späteren Stadien sollte es hier zu einer Funktionsschädigung auch der Herzmuskelzelle selbst kommen. Die Progression dieser funktionell im Wesentlichen unverstandenen Erkrankung lässt sich derzeit nur ungenügend untersuchen, da es an geeigneten Modellen mangelt. Hier handelt es sich zumeist um eine Kombination von verschiedenen als Risikofaktoren gut belegten aber funktionell-mechanistisch weitgehend unverstandenen Faktoren, wie metabolische Belastung (häufig durch körperliche Inaktivität begünstigt), langsam sich steigernder Blutdruck, inflammatorische Regulationen und besonders altersbedingte Adaptionen. © MIFO Medizinische Information und Organisation 2015, www.kardiowerkstatt.de Leipziger Symposium Kardiovaskuläre Therapiestrategien 2015 Diese Stressoren lösen auf der Ebene der Herzmuskelzelle verschiedenartige Veränderungen aus, von denen besonders der Verlust der metabolischen Flexibilität (präferentielle Verstoffwechselung von Kohlenhydraten), mitochondrialer Stress, Störung der elektrischen Repolarisation und ein ungünstiger Umbau des kontraktilen Apparates hervorstechen. Daneben scheint die Regeneration des Myokards, die aus der Balance zwischen apoptotischen Untergang und hypertrophen und eventuell auch regenerativen Zellersatz sich ergibt, an der Entstehung einer diastolischen Herzinsuffizienz beteiligt zu sein. Solche zellulären Ereignisse können heute zum Teil gut auf molekularer Ebene diagnostiziert werden, da sich häufig ähnliche transkriptionelle Veränderungen in zirkulierenden weißen Blutzellen wiederfinden. © MIFO Medizinische Information und Organisation 2015, www.kardiowerkstatt.de Leipziger Symposium Kardiovaskuläre Therapiestrategien 2015 Hauptsitzung I Neue medikamentöse Herzinsuffizienz? Möglichkeiten in der Behandlung der Prof. Dr. Andreas Luchner, Klinikum St. Marien, Amberg Die aktuelle medikamentöse Therapie der Herzinsuffizienz basiert neben der symptomatischen, diuretischen Therapie vor allem auf der Inhibition des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems (RAAS) und des beta-adrenergen Systems. Für ausgewählte Patienten konnte außerdem ein Nutzen für die Blockade des If-Kanals gezeigt werden. Für alle diese medikamentösen Therapien konnte eine symptomatische Verbesserung und vor allem eine Reduktion der Sterblichkeit bei chronischer Herzinsuffizienz gezeigt werden. Zusätzliche Versuche, durch Blockade vasokonstriktorischer neurohumoraler Systeme weitere Therapiefortschritte zu erzielen, verliefen leider frustran. So konnte beispielsweise kein zusätzlicher therapeutischer Nutzen durch eine Endothelin- oder Vasopressin-Blockade erzielt werden. Auch durch eine Applikation von rekombinantem BNP, welches vasodilatorische und natriuretische Effekte besitzt, konnte kein weiterer Mortalitätsvorteil erzielt werden. Erfreulicherweise zeichnen sich nach einer Phase der Stagnation nun wieder Therapiefortschritte ab und es sind neue Substanzen in Aussicht, für welche schon eine Mortalitätsreduktion bei Herzinsuffizienz dokumentiert ist. Der Angiotensin-Rezeptor-Neprilysin-Inhibitor (ARNI) LCZ 696 wurde in der PARADIGM-HF-Studie an über 8000 Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz und eingeschränkter linksventrikulärer Pumpfunktion gegen den ACE-Hemmer Enalapril getestet. Unter der Therapie mit LCZ 696 trat der primäre Endpunkt aus kardiovaskulärem Tod und Herzinsuffizienz-Hospitalisierung um 20% und signifikant seltener auf als unter Enalapril, so daß die Studie aufgrund der deutlich niedrigeren Rate des primären Endpunktes vorzeitig beendet wurde. Das rekombinante humane Relaxin-2 wurde bei über 1000 Patienten mit akut dekompensierter Herzinsuffizienz getestet und führte neben einer signifikanten symptomatischen Verbesserung im Vergleich zu Placebo während des ersten halben Jahres der Nachbeobachtungszeit auch zu einer signifikant verminderten Gesamtmortalität und kardiovaskulären Sterblichkeit. In Zukunft könnten diese neuen und vielversprechenden Substanzen zu einer weiteren Verbesserung der medikamentösen Therapie der Herzinsuffizienz beitragen und vor allem zu einer weiteren, bedeutsamen Reduktion der Sterblichkeit bei Herzinsuffizienz. © MIFO Medizinische Information und Organisation 2015, www.kardiowerkstatt.de Leipziger Symposium Kardiovaskuläre Therapiestrategien 2015 Hauptsitzung I Kausale kardiologische Therapie und Assistenzsysteme PD Dr. med. C. Butter, Immanuel Klinikum Bernau Herzzentrum Brandenburg, Bernau © MIFO Medizinische Information und Organisation 2015, www.kardiowerkstatt.de Leipziger Symposium Kardiovaskuläre Therapiestrategien 2015 Hauptsitzung I Gibt es eine Chirurgie der chronischen Herzinsuffizienz Prof. Dr. med. Th. Walther, Kerckhoff-Klinik, Bad Nauheim © MIFO Medizinische Information und Organisation 2015, www.kardiowerkstatt.de Leipziger Symposium Kardiovaskuläre Therapiestrategien 2015 Workshop II Das Diabetische Fußsyndrom (DFS) Was verstehen wir unter dem DiabetischenFußsyndrom? Sind es nur die offenen Läsionen oder fängt alles schon viel früher an? Warum ist das DFS bis heute die häufigste Ursache für Amputationen? Warum Claudicatio intermittens und Angina pectoris Fremdwörter für den Diabetiker sein können. Dr. med. T. Wiesner, MVZ Stoffwechselmedizin Leipzig Das diabetische Fußsyndrom ist eine Gruppe von Erkrankungen im Rahmen des Diabetes mellitus, die das Leben und die Mobilität des Patienten bedrohen und ist außerdem, volkswirtschaftlich betrachtet, eine der teuersten Komplikationen des Diabetes mellitus Daten zeigen, dass ca. 2-10% aller Patienten mit Diabetes mellitus an einem DFS = diabetischen Fußsyndrom leiden. Am Ende einer solchen Krankheitskarriere, die oft eine Odyssee für den Patienten bedeutet, steht leider immer noch zu häufig die Amputation. Um diese entsprechend der St. Vincent Deklaration nachhaltig zu reduzieren, ist ein strukturierte, multidisziplinäre Versorgung notwendig. Eine Erkrankung die nicht nur eine Ursache hat (siehe folgend) braucht demzufolge nicht nur eine Therapie, sondern eine sinnvolle Kombination unterschiedlicher Behandlungsansätze. Ursächlich sind beim diabetischen Fußsyndrom verschiedene Mechanismen beteiligt: Hier ist die Neuropathie zu nennen. Diese umfasst drei Komponenten: die autonome, die motorische und die sensible Neuropathie. Folge der autonomen Neuropathie ist eine trockene Haut, die zu Rhagadenbildung neigt. Durch die motorische Neuropathie kommt es zu Fußdeformitäten, Fußdruckverteilungsstörungen und folgend Gangstörungen. Die sensible Neuropathie führt zu einer fehlenden Schmerzwahrnehmung. Diese führt bei Verletzungen zu oberflächlichen Läsionen die in die Weichteile und Knochen voranschreiten können. Eine häufige und oft schwer zu behandelnde Komplikation stellt an dieser Stelle dann die Osteomyelitis dar. Ein weiterer Mechanismus in der Entwicklung des diabetischen Fußsyndroms ist die arterielle Verschlusskrankheit. Die Symptome, wie Belastungsschmerz oder Ruheschmerz, fehlen aufgrund der oben beschriebenen Neuropathie häufig. Ein häufiger Risikofaktor und somit Auslöser für das diabetische Fußsyndrom ist ungeeignetes Schuhwerk. Wenn es jedoch bereits zu einer diabetischen Fußläsion gekommen ist, bedarf es einer strukturierten Erstversorgung gefolgt von einem Konzept der Versorgung dieser komplexen Erkrankung Dies gestaltet sich durchaus schwierig, da es neben der klassischen neuropathischen Fußläsion auch Mischformen mit der pAVK geben kann. Darüber hinaus gibt es das chronisch venöse Ulcus bei Patienten mit Diabetes mellitus, welches zu einem diabetischen Fußsyndrom führen kann. © MIFO Medizinische Information und Organisation 2015, www.kardiowerkstatt.de Leipziger Symposium Kardiovaskuläre Therapiestrategien 2015 Zu einer Untersuchung gehören daher verschiedene Punkte: • Erhebung einer genauen Krankengeschichte, insbesondere Berücksichtigung der Schmerzsymptome: brennende oder stechende Schmerzen, Taubheitsgefühle • Genaue beidseitige(!) Fußinspektion: Haut- und Muskelstatus, Fehlstellungen, Hauttemperatur • Prüfen des Vibrationsempfinden (Stimmgabeluntersuchung), Prüfen der Berührungsempfindlichkeit • Tasten der Fußpulse sowie Messung der Verschlussdrücke der Arterien Aus diesen einfachen aber effektiven Untersuchungen werden dann die weiteren Weichen zur Diagnostik und Therapie gestellt. Liegen bei einem Patienten bereits Folgeschäden vor oder hat der Patient ein hohes Risiko an einem diabetischen Fußsyndrom zu erkranken, sollte geprüft werden, ob dem eine spezielle Einlagen- oder Schuhversorgung notwendig ist. Verschiedene Studien haben in der Vergangenheit gezeigt, dass bei einer Zusammenarbeit verschiedener Spezialisten in einem abgestimmten Vorgehen die Amputationsrate um 40-85% reduziert werden kann! Eckpfeiler der Therapie des diabetischen Fußsyndroms sind somit • die normnahe Stoffwechseleinstellung • die konsequente Druckentlastung • die gezielte Infektionsbehandlung mit Antibiotika • die strukturierte Wundtherapie • die Wiederherstellung einer Gefäßdurchblutung • eine dem Wundstadium entsprechende chirurgische Versorgung Diese Therapieund Diagnostikrichtlinien lassen sich nur durch fachübergreifende Zusammenarbeit realisieren. Nur die Zusammenarbeit von Diabetologen, Angiologen, Gefäßchirurgen, Orthopäden, Radiologen, Podologen, Wundtherapeuten und Orthopädieschuhtechnikern kann eine optimale Versorgung dieses schwierigen Krankheitsbildes garantieren. © MIFO Medizinische Information und Organisation 2015, www.kardiowerkstatt.de Leipziger Symposium Kardiovaskuläre Therapiestrategien 2015 Workshop II Die diabetische Makro- und Mikroangiopathie beim diabetischen Fußsyndrom Prof. Dr. med. D. Scheinert, Universitätsklinikum Leipzig © MIFO Medizinische Information und Organisation 2015, www.kardiowerkstatt.de Leipziger Symposium Kardiovaskuläre Therapiestrategien 2015 Workshop II Der Charcot-Fuß – eine interdisziplinäre Herausforderung Dr. med. R. Scholz, COLLM Klinik Oschatz, Oschatz © MIFO Medizinische Information und Organisation 2015, www.kardiowerkstatt.de Leipziger Symposium Kardiovaskuläre Therapiestrategien 2015 Workshop II Diabetisches Fußsyndrom ganz praktisch oder „Die 10 Gebote des DFS“ Dr. K. S. Mühlberg, Universitätsklinikum Leipzig Kaum eine andere Erkrankung erfordert ein so hohes Maß an Interdisziplinarität in Diagnostik und Therapie wie das diabetische Fußsyndrom (DFS). Jeder 4. Diabetiker leidet in seinem Leben unter einem DFS, und keineswegs tritt es erst als Spätfolge des Diabetes auf, sondern läßt sich oft bereits bei Erstdiagnose eines Typ-II-Diabetes nachweisen. Daß das DFS auch heute noch Hauptgrund von Amputationen ist, muß ganz besonders das Augenmerk auf Prävention, auf eine frühzeitige Diagnose und eine konsequente Therapie lenken. Dabei scheint alles ganz einfach: pathophysiologisch liegen dem DFS eine Neuropathie oder eine Angiopathie oder eine Kombination aus beidem zugrunde. Ein Blick auf das Gangbild, die Füße (und die Schuhe!) läßt bereits die wichtigsten Risikofaktoren erkennen. Nicht immer sind es offene Läsionen; das DFS fängt bereits früher an: umschriebene Hornhautverdickungen auf der Fußsohle sind stets Zeichen einer plantaren Fehlbelastung und oft Ausdruck einer komplexen Neuropathie: Druck zerstört Gewebe am unempfindlichen (neuropathischen) Fuß, und das auf vielfältige Weise: Wiederkehrend mäßiger Druck führt zur entzündlichen Gewebsautolyse. Konstanter Druck über mehrere Stunden löst eine lokale ischämische Nekrose aus (z.B. zu enger Schuh). Hoher Druck über kurze Zeit schädigt das Gewebe sofort (z.B. Nägel, spitze Steinchen im Schuh). Alle 3 Konstellationen sind typischer Ausgangspunkt offener Läsionen am diabetischen Fuß. Häufig fallen beim Diabetiker Krallen- oder Hammerzehen auf. Diese Fehlstellungen haben eine Atrophie kleiner Fußmuskeln zur Ursache, was wiederum Folge einer motorischen Neuropathie ist. Hier entstehen die Druckläsionen gehäuft an den Zehenkuppen oder dorsal am gebeugten prominenten Zehenrücken (Hühnerauge). Der trocken-warme Fuß des Diabetikers läßt oft den falschen (!) Schluß zu, eine arterielle Durchblutungsstörung sei ausgeschlossen. Hier täuscht die periphere autonome Neuropathie eine suffiziente Durchblutung durch Eröffnung arteriovenöser Shunts infolge Vasomotorenlähmung vor; nicht selten liegt zeitgleich eine diabetische Mediasklerose vor, die ihrerseits mit einem erhöhten Ulcus- und Amputationsrisiko korreliert. Daher ist ein Screening nach einer peripheren arteriellen Durchblutungsstörung (pAVK) essentiell. Unsere Füße sollen uns ein Leben lang tragen, deshalb kommt einer guten Fußbettung große Bedeutung zu – erst recht beim DFS. Ob Konfektionsschuhe ausreichen, ab wann diabetesadaptierte Einlagen, Diabetikerschutzschuhe oder orthopädische Maßschuhe indiziert sind, hängt vom Vorhandensein der Polyneuropathie, pAVK und Deformitäten ab. Liegt erst eine Wunde vor, bedarf es von Anfang an einer suffizienten Wundtherapie, einer Entlastung der Läsion und einer suffizienten arteriellen Perfusion. Nur in dieser Kombination – und die Compliance des Patienten vorausgesetzt - kann ein dauerhaftes Abheilen der Läsion gelingen. Hier bedarf es einer interdisziplinären Professionalität, die ausgewiesene Fußambulanzen auszeichnet. © MIFO Medizinische Information und Organisation 2015, www.kardiowerkstatt.de Leipziger Symposium Kardiovaskuläre Therapiestrategien 2015 In welchen Intervallen ein Diabetiker in einer Fußambulanz vorgestellt werden soll, hängt vom Ausmaß des DFS ab und ist genau definiert. Vergessen wir aber bitte als Ärzte nicht, daß die Füße nur ein Teil des Ganzen sind - der „Leibesinselschwund“, unter dem viele Diabetiker leiden, erinnert daran, daß die Therapie des DFS ein weites Feld bleibt. © MIFO Medizinische Information und Organisation 2015, www.kardiowerkstatt.de Leipziger Symposium Kardiovaskuläre Therapiestrategien 2015 Workshop III Kardiale Resynchronisation Prof. Dr. med. Ch. Stellbrink, Klinik für Kardiologie und Internistische Intensivmedizin, Klinikum Bielefeld Die kardiale Resynchronisationstherapie (CRT) hat sich in den letzten 10 Jahren als Ergänzung zur medikamentösen Therapie in den Leitlinien zur Behandlung der Herzinsuffizienz fest etabliert. Nachdem in den ersten großen Therapiestudien zur CRT Patienten mit fortgeschrittenen Stadien der Herzinsuffizienz untersucht wurden, hat sich auf Grund der Daten der MADITCRT-Studie, der REVERSE-Studie und der RAFT-Studie die CRT auch bei Patienten mit milder Herzinsuffizienz der NYHA-Klasse II durchgesetzt. Entscheidend für die Wirksamkeit der CRT ist jedoch das Vorliegen einer verspäteten Erregung der linken Herzkammer. Trotz vieler Bemühungen, echokardiographische Parameter der ventrikulären Dyssynchronie für die Identifikation geeigneter CRT-Kandidaten zu etablieren, bleibt das 12-Kanal-EKG der Goldstandard zur richtigen Patientenselektion. Besonders geeignet sind Patienten mit breitem Linksschenkelblock (>150 ms). Weniger ausgeprägte Effekte sind bei Patienten mit QRS-Komplex von 120150 ms oder Rechtsschenkelblock bzw. unspezifischer, intraventrikulärer Leitungsstörung zu erwarten. Der echokardiographische Nachweis einer Dyssynchronie bei schmalem QRS-Komplex stellt im Gegensatz dazu kein geeignetes Kriterium dar, um einen Therapieresponder zu identifizieren (EchoCRT-Studie). Wenngleich bei Vorhofflimmern (VHF) eine Optimierung der atrioventrikulären Überleitungszeit nicht möglich ist, belegen Registerdaten, dass Patienten mit VHF von der ventrikulären Resynchronisation allein profitieren, allerdings nur, wenn die spontane Überleitung konsequent unterdrückt wird, durch Medikamente oder eine His-Bündel-Ablation. Zuletzt wurde auch die Frage untersucht, ob Patienten mit einer antibradykarden Schrittmacher-Indikation von einer biventrikulären Stimulation profitieren. Während Patienten mit eingeschränkter linksventrikulärer Funktion vor Implantation von einer biventrikulären Stimulation profitieren (BLOCK-HF-Studie), so kann ein solches Vorgehen bei grundsätzlich jeder Implantation eines AV-sequentiellen Systems, d.h. auch bei guter LV-Funktion, nicht empfohlen werden, auch wenn ein hoher, ventrikuärer Stimulationsanteil und damit eine DeSynchronisation der linken Herzkammer, erwartet wird (BIOPACE-Studie). Während die Echokardiographie keine wesentliche Rolle in der Patientenauswahl zur CRT spielt, so ist sie doch ein sehr nützliches Instrument zur Optimierung eines implantierten Systems. Die Methoden zur echokardiographischen Optimierung eines CRT-Systems sind allerdings z.T. recht aufwändig und zudem nicht gut standardisiert. Generell gilt, dass eine Optimierung eines CRT-Schrittmachers immer dann sinnvoll ist, wenn die erwartete symptomatische Verbesserung des Patienten ausbleibt oder sich der Patient sogar verschlechtert. CRT-Systeme können mit oder ohne Defibrillatorfunktion als CRT-D oder CRTP implantiert werden. © MIFO Medizinische Information und Organisation 2015, www.kardiowerkstatt.de Leipziger Symposium Kardiovaskuläre Therapiestrategien 2015 Ein CRT-D-System bietet den zusätzlichen Nutzen eines Schutzes vor dem plötzlichen Herztod durch Kammerflimmern. Eine zusätzliche Mortalitätsreduktion des deutlich kostenintensiveren CRT-D-Systems gegenüber einem CRT-Schrittmacher ist jedoch in prospektiven Studien nicht gesichert. Daher sollte die Entscheidung, welches System implantiert wird, von Alter, Grunderkrankung und Ko-Morbiditäten des Patienten abhängig gemacht werden. © MIFO Medizinische Information und Organisation 2015, www.kardiowerkstatt.de Leipziger Symposium Kardiovaskuläre Therapiestrategien 2015 Workshop III Kardiales Kontraktilitätsmanagement (CCM) Prof. Dr. med. B. Schumacher, Westpfalz-Klinikum, Kaiserslautern © MIFO Medizinische Information und Organisation 2015, www.kardiowerkstatt.de Leipziger Symposium Kardiovaskuläre Therapiestrategien 2015 Workshop III Vagus-, Karotissinus- und Barostimulation Dr. med. Ch. Kühne, Universitätsklinikum Leipzig Welche neuen Möglichkeiten der nichtmedikamentösen Behandlung der Herzinsuffizienz stehen zur Verfügung? Welcher Patient ist dafür geeignet? Was sagen erste Daten und publizierte Studien? Die chronische Herzinsuffizienz ist eines der führenden Krankheitsbilder in der westlichen Welt mit einer hohen Morbidität und Mortalität. Im Rahmen neuroendokriner Aktivierungsprozesse bei Herzinsuffizienz kann initial die Herzleistung aufrechterhalten werden. Langfristig kommt es durch eine autonome Dysbalance zu einer Verschlechterung der Herzinsuffizienz. Eine autonome Dysregulation mit erhöhter Sympathikus- und reduzierter Parasympathikusaktivität ist charakteristischer Bestandteil der Herzinsuffizienz und ist assoziiert mit einer erhöhten Morbidität und Mortalität sowohl bei Patienten mit stattgehabtem Myokardinfarkt wie auch bei Herzinsuffizienz. Eine Beeinflussung der sympathischen Aktivität wie auch der parasympathischen Vagusaktivität durch Stimulation zur Durchbrechung des Circulus vitiosus erscheint patho- physiologisch sinnvoll. Präklinische Daten bestätigten bisher die Effektivität dieses Konzepts. Das Prinzip der Beeinflussung des autonomen Nervensystems durch Stimulation ist bereits etabliert in der Behandlung der Epilepsie. Wichtige Erkenntnisse über Stimulationsalgorithmen und zu erwartende Nebenwirkungen lassen sich aus diesen Erfahrungen herleiten. Seit kurzer Zeit liegen erste Ergebnisse von Studien (Nectar-HF 2014, ANTHEM-HF 2014, BAT for HFrEF 2015), zur Beeinflussung der autonomen Dysbalance vor. Diese zeigen eine insgesamt gute und weitgehend sichere Durchführbarkeit dieser neuen devicebasierten Therapien. Die Ergebnisse aller Studien bei Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz und systolischer Dysfunktion sind vielversprechend und resultierten in einer Erhöhung der Lebensqualität und gesteigerten Belastbarkeit. Weitere Studien mit höheren Patientenzahlen zur Etablierung dieser Therapien sind erforderlich und wurden begonnen. © MIFO Medizinische Information und Organisation 2015, www.kardiowerkstatt.de Leipziger Symposium Kardiovaskuläre Therapiestrategien 2015 Workshop III Ventrikuläre Assistenzsysteme Sind Assistenzsysteme nur "bridging to transplant" und "bridging to recovery" oder sind wir beim künstlichen Herzen angekommen? Wie muss der follow-up gut organisiert werden? Wo liegen die Grenzen der chronischen ventrikulären Assistenz? Prof. Dr. med. Torsten Doenst, Dr. med. Gloria Färber, Universitätsherzzentrum Thüringen, Klinik für Herz- und Thoraxchirurgie, Universitätsklinikum Jena Die allgemein als Kunstherzen bezeichneten mechanischen Pumpunterstützungssysteme des menschlichen Herzens haben eine fast 50jährige Geschichte und eine Vielzahl von Erscheinungsformen. In der heutigen Praxis werden bis auf wenige Ausnahmen primär linksventrikuläre Assistsysteme verwendet. Aktuell bestehen die Systeme aus miniaturisierten Zentrifugal- oder Axialpumpen und generieren einen nichtpulsatilen Fluss. Von der Herzspitze wird das Blut des linken Ventrikels durch die Pumpe über eine Ausflussprothese in der Regel in die Aorta ascendens gepumpt. Die modernen Systeme haben eine so gute Leistungsdauer und Qualität erreicht, dass die 2 Jahresergebnisse in Bezug auf das Überleben gleich gut oder sogar besser sind als bei der Herztransplantation. Allerdings ist die Patientenauswahl hierfür entscheidend. Mit der Normalisierung des Herzzeitvolumens bessert sich die Lebensqualität, doch das transkutane Stromkabel und die externen Komponenten (Steuereinheit / Batterien) schränken den Patienten in ihrem Alltag ein bzw. stellen potentielle Gefahrenquellen dar. Infektionen, Blutungen, thrombembolische Komplikationen oder technische Defekte stellen nach wie vor die Hauptprobleme in der Assistdevicetherapie dar. Die jeweilige Verwendung eines solchen Systems sollte daher individuell mit jedem Patienten abgesprochen werden. Aufgrund der Organknappheit in Deutschland ist die Transplantation aber häufig gar keine Alternative mehr. Die Nachsorge von Patienten mit Assistsystemen ist wie bei Transplantierten komplex und erfordert eine gut organisierte Infrastruktur. Schließlich sind die Ergebnisse aber nicht nur vom Pumpensystem, einer technisch einwandfreien Operation und einer gut organisierten Nachsorge abhängig, sondern ganz wesentlich auch von der Verfassung des terminal herzinsuffizienten Patienten zum Zeitpunkt der Implantation. Kommt man „zu spät“ kann auch das beste System nicht mehr helfen. In diesem Vortrag werden diese Themen illustriert und es soll mit Ihnen gemeinsam erarbeitet werden, wo sich das „Machbare“ von dem „Sinnvollen“ unterscheidet und wo sich die Grenzen dieser Technologie heute befinden. © MIFO Medizinische Information und Organisation 2015, www.kardiowerkstatt.de Leipziger Symposium Kardiovaskuläre Therapiestrategien 2015 Workshop IV Tripeltherapie – Relikt oder Notwendigkeit? Dr-. med. M. Metze, Universitätsklinikum Leipzig Patienten mit therapeutischer Antikoagulation aufgrund von Vorhofflimmern benöti-gen in ca. 5-7% der Fälle eine koronare Stentimplantation, die formal eine antithrom-botische Tripeltherapie bestehend aus dualer Thrombozytenaggregationshemmung und plasmatischer Gerinnungstherapie zur Folge hätte. [1] Die pathophysiologischen Überlegung dahinter ist die maximale Risikoreduktion kardioembolischer Ereignisse kombiniert mit dem Schutz vor einer koronaren Stentthrombose. Das Resultat ist ein stark erhöhtes Blutungsrisiko von ca. 10-15% pro Jahr. [2]. Die wissenschaftliche Evidenz für dieses Vorgehen ist jedoch ungenügend. Der Verzicht auf eine plasmati-sche Gerinnungshemmung bei Gabe von Aspirin und Clopidogrel ist mit einem er-höhten Hirninfarktrisiko assoziiert, so dass eine plasmatische Gerinnungshemmung nach aktuellem Kenntnisstand notwendig ist. [3] Im Gegensatz dazu scheint der Ver-zicht auf Aspirin und eine Therapie mit einem Vitamin-K-Antagonisten mit Clopidogrel einen guten Schutz gegen koronare Ereignisse [4] bei gleichzeitig verringertem Blutungsrisiko darzustellen. [5] Dies wird durch aktuelle Meta-Analysen und Registerda-ten retrospektiv bestätigt. [6] Weiterhin benötigen koronare Stents der dritten Generation eine kürzere Zeit für eine Endothelialisierung mit möglicher Reduktion der Zeitdauer der dualen Thrombozytenaggregationshemmung. Entsprechend haben sich die Empfehlungen der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie geändert, und es wird ein risikoadaptiertes antithrombotisches Management befürwortet. Unter der Berücksichtigung der direkten oralen Antikoagulantien wird in Abhängigkeit von CHA2DS2-VASc und HASBLED-Score eine initiale TripelTherapie gefolgt von einer dualen Therapie empfohlen, während die Monotherapie nach einem Jahr nur noch aus einem plasmatischen Gerinnungshemmer besteht. [2] 1.Faxon, D.P., et al., Consensus document: antithrombotic therapy in patients with atrial fibrillation undergoing coronary stenting. A North-American perspective. Thrombosis and haemostasis, 2011. 106(4): 572-84. 2. Lip, G.Y., et al., Management of antithrombotic therapy in atrial fibrillation patients presenting with acute coronary syndrome and/or undergoing percutaneous coronary or valve interventions: a joint consensus document of the European Society of Cardiology Working Group on Thrombosis, European Heart Rhythm Association (EHRA), European Association of Percutaneous Cardiovascular Interventions (EAPCI) and European Association of Acute Cardiac Care (ACCA) endorsed by the Heart Rhythm Society (HRS) and Asia-Pacific Heart Rhythm Society (APHRS). European heart journal, 2014. 35(45): 3155-79. 3.ACTIVE Investigators, Clopidogrel plus aspirin versus oral anticoagulation for atrial fibrillation in the Atrial fibrillation Clopidogrel Trial with Irbesartan for prevention of Vascular Events (ACTIVE W): a randomised controlled trial. Lancet, 2006. 367(9526): 1903-12. 4.Lip, G.Y. and D.A. Lane, Does warfarin for stroke thromboprophylaxis protect against MI in atrial fibrillation patients? The American journal of medicine, 2010. 123(9): 785-9. 5.Dewilde, W.J.M., et al., Use of clopidogrel with or without aspirin in patients taking oral anticoagulant therapy and undergoing percutaneous coronary intervention: an open-label, randomised, controlled trial. Lancet, 2013. 381(9872): 1107-1115. 6.Dewilde, W.J., et al., Triple therapy for atrial fibrillation and percutaneous coronary intervention: a contemporary review. Journal of the American College of Cardiology, 2014. 64(12): 1270-80. © MIFO Medizinische Information und Organisation 2015, www.kardiowerkstatt.de Leipziger Symposium Kardiovaskuläre Therapiestrategien 2015 Workshop IV Duale Thrombocytenaggregationshemmung – sind 12 Monate noch adäquat? Dr. med. D. Jurisch, Universitätsklinikum Leipzig Die duale Plättchenhemmung (DAPT) mit Acetylsalicylsäure und einem Adenosin-Diphasphat-P2Y12-Rezeptorantagonist ist für die Behandlung von Patienten nach einem akuten Koronarsyndrom (ACS) und nach einer koronaren Stentimplantation eine prognoseverbessernde Therapie. Sie trägt wesentlich zur Reduktion von ischämischen Ereignissen und lebensbedrohlichen Stentthrombosen bei. Die Dauer der DAPT richtet sich nach Akuität der koronaren Herzerkrankung sowie dem Einsatz von unbeschichteten (BMS) oder beschichteten (DES) Stents. Die aktuellen Leitlinien der europäischen Gesellschaft für Kardiologie empfehlen nach ACS unabhängig von der Therapieform eine 12-monatige DAPT, nach elektiver Implantation eines BMS eine 4-wöchige DAPT und nach elektiver Implantation eines DES eine DAPT über 6 Monate. Der Einsatz von DES hat die Notwendigkeit von erneuten Revaskularisationen im Vergleich zu BMS entscheidend reduziert. Allerdings führt die Verzögerung der Reendothelialisierung möglicherweise zu einem längerfristig erhöhten Risiko für Stentthrombosen, die wiederum mit einer sehr hohen Mortalität verbunden sind. In den letzten Jahren wurde in der interventionellen Kardiologie im Hinblick auf die DAPT insbesondere die Frage „wie lange ist lange genug“ diskutiert. Neuere Arbeiten suggerieren, dass nach Implantation von modernen DES eine kürzere DAPT im Vergleich zu einer einjährigen oder längeren Therapie zumindest nicht unterlegen ist. Andere Studien zeigen wiederum, dass eine prolongierte DAPT nach ACS sowie elektiver DES-Implantation nicht nur die Rate an Stentthrombosen, sondern auch die Anzahl an Myokardinfarkten, welche nicht mit einer Stentthrombose assoziiert waren, gesenkt werden können. Allerdings führt die prolongierte DAPT zu einer signifikanten Zunahme der Blutungskomplikationen. Die Ergebnisse legen nahe, dass der Dauer der DAPT ein größerer Spielraum zuzuordnen ist. Die optimale Dauer bleibt letztlich eine in Abhängigkeit vom Ischämie- und Blutungsrisiko des einzelnen Patienten individuell zu treffende Entscheidung. © MIFO Medizinische Information und Organisation 2015, www.kardiowerkstatt.de Leipziger Symposium Kardiovaskuläre Therapiestrategien 2015 Workshop IV Antithrombotika periprozedural – Stop/Weiter/Bridging Dr. med. U. Scholz, MVZ Dr. Reising-Ackermann und Kollegen, Leipzig © MIFO Medizinische Information und Organisation 2015, www.kardiowerkstatt.de Leipziger Symposium Kardiovaskuläre Therapiestrategien 2015 Hauptsitzung II Vorhofohrverschluß: welches Device für welche Anatomie? Prof. Dr. med. H. Omran, GFO Kliniken Bonn, Betriebsstätte St. Marien, Bonn Vorhofflimmern ist eine wichtige Ursache für Schlaganfälle. Eine effektive orale Antikoagulation reduziert die Häufigkeit von Schlaganfällen signifikant, ist aber auf der anderen Seite mit einer erhöhten Rate von Blutungen verbunden. Daher ist eine orale Antikoagulation bei Patienten mit erhöhter Blutungsgefahr oder auch stattgehabten Blutungen nur eingeschränkt sinnvoll. Als Alternative zur oralen Antikoagulation wurde 2001 der interventionelle Verschluss des Vorhofohres eingeführt. Erste Studien zeigten, dass diese Prozedur erfolgreich durchführbar, aber mit einer relevanten Rate von Komplikationen vergesellschaftet war. In der Zwischenzeit wurden die zur Verfügung stehenden Implantate erheblich weiter entwickelt und das Verfahren durch systematisches Training wesentlich sicherer gemacht, so dass die akuten Komplikationsraten zwischen 3 und 4% liegen. Eine randomisierte Studie konnte zeigen, dass eine erfolgreiche Implantation eines Vorhofohrverschlusssystems, die Rate von Schlaganfällen und Blutungen hochsignifikant senkt. Die langfristige Beobachtung der Studienpatienten zeigte sogar eine signifikante Reduktion der Sterblichkeit im Vergleich zu konventionell mit oraler Antikoagulation behandelter Patienten. Daher wurde dieses Verfahren als Alternative zur oralen Antikoagulation auch in den USA im März diesen Jahres zugelassen. Die moderne Bildgebung spielt bei der Auswahl des Okkluders und auch bei der Planung der Prozedur eine besondere Rolle. Mit Hilfe des CTs kann die Anatomie des Vorhofohres genau beurteilt werden. Die transösophageale Echokardiographie erleichtert die Durchführung der Prozedur und erlaubt eine exakte Größenbestimmung des Okkluders. Bei Patienten mit Kontraindikationen zu einer oralen Antikoagulation oder auch stattgehabten Blutungen sollte daher immer ein Vorhofohrverschlusssystem in Erwägung gezogen werden und der Patient über diese potentielle Alternative aufgeklärt werden. © MIFO Medizinische Information und Organisation 2015, www.kardiowerkstatt.de Leipziger Symposium Kardiovaskuläre Therapiestrategien 2015 Hauptsitzung II Moderne Ansätze der lipidsenkenden Therapie bei kardiovaskulären Risikopatienten Prof. Dr. med. J. Thiery, Universität Leipzig © MIFO Medizinische Information und Organisation 2015, www.kardiowerkstatt.de Leipziger Symposium Kardiovaskuläre Therapiestrategien 2015 Hauptsitzung II Neue Therapieansätze bei der koronaren Herzkrankheit Welchen Stellenwert hat die antianginöse Medikation? Werden wir zukünftig nur noch Scaffolds (bioresorbierbares Gefäßgerüst) implantieren? Prof. Dr. med. D. Pfeiffer, Universitätsklinikum Leipzig Die medikamentöse Therapie der chronischen koronaren Herzkrankheit mit stabiler Angina pectoris umfaßt die Gabe von Betarezeptorenblockern zur Reduktion des Sauerstoffverbrauchs des Myokards, von Aspirin zur Hemmung der Zyclooxygenase und von einem Statin zur Vermeidung einer Plaqueruptur. Im akuten anginösen Anfall sind Trinitrate in verschiedenen Applikationsformen bewährt. Die chronische Gabe von Langzeitnitraten (Mono, Di- und Tetranitrate) wird gerade in den letzten Jahren eher kritisch betrachtet. Einzug in die medikamentöse Langzeittherapie hat Ivabradin sowohl mit als auch ohne Betarezeptorenblocker gefunden. Als letzte Innovation findet Ranolazin zunehmende Akzeptanz. Vitamin-K-Antagonisten haben in der chronischen Therapie der Koronarerkrankung seit Jahren einen Platz, wenn es weitere Indikationen (Herzklappenprothesen, Vorhofflimmern, Venenthrombosen) gibt. Der Stellenwert der direkten Antikoagulantien (Faktor-Xa-Antagonisten oder Faktor-2-(Thrombin-)Antagonisten) ist bislang noch nicht abschließend geklärt. Auch der Stellenwert von Kalziumantagonisten wird immer wieder diskutiert, weil sie als Vasodilatatoren über einen Steal-Effekt eine Zunahme der Angina pectoris auslösen können. Ebenso besteht bislang kein Konsens zum Einsatz von ACE-Hemmern. Während ACE-Hemmer in der Postinfarktphase und in der Behandlung von arterieller Hypertonie und bei Herzinsuffizienz unumstritten sind, ist die Wirkung bei stabiler Koronarerkrankung zumindest umstritten. Bei der instabilen Angina pectoris haben zusätzlich unfraktioniertes Heparin und niedermolekulare Heparine sowie Adenosindiphosphat-Rezeptorenblocker (Clopidogrel, Prasugrel, Ticagrelor) Einzug in die Behandlung gefunden. Der Zeitpunkt der Gabe von ADP-Rezeptor-Blockern vor Stentimplantation war gerade in den letzten Jahren sehr umstritten. Bislang wird ihre Gabe erst in Kenntnis des Koronarbefundes empfohlen. Als neuer ADP-Rezeptorantagonist kommt Cangrelor, das als erstes Mittel seiner Gruppe eine intravenöse Gabe gestattet. Beim akuten Myokardinfarkt kommen zusätzlich die Fibrinolyse, heute mit fibrinspezifischen Thrombolytika (Alteplase, Reteplase, Tenecteplase) infrage, wenn eine rasche interventionelle Therapie nicht realisierbar erscheint. Intravenös applizierbare Glykoprotein-2b3a-Antagonisten (abciximab, Tirofiban, Integrilin) sind im Rahmen moderner Stents in ihrem Einsatz rückläufig, wenn auch bislang nicht völlig verzichtbar. Bivalirudin hat sich seit Jahren in Studien sehr bewährt, ist jedoch in Deutschland noch immer nicht etabliert. Für die interventionelle Behandlung von Patienten mit Koronarerkrankung werden seit Jahren medikamentenbeschichtete Stents (v.a. Sirolimus, Everolimus, Paclitaxel) mit und ohne Trägermatrix eingesetzt. Dabei haben neuere Stents extrem dünne Stent-Streben, was sich auf (sub)akute Stentthrombose wie auch auf Restenosen auswirkt. Medikamentenbeschichtete Ballons kommen sowohl bei Instentstenosen wie auch bei kleinen Gefäßen zunehmend zum Einsatz. © MIFO Medizinische Information und Organisation 2015, www.kardiowerkstatt.de Leipziger Symposium Kardiovaskuläre Therapiestrategien 2015 Neueste Entwicklungen betreffen resorbierbare Gefäßstützen (sog. Scaffolds). Nach ersten Versuchen mit Magnesium-Legierungen sind Produkte aus Polylaktid zugelassen. Sie können das mit Hochdruckballons dilatierte Koronargefäß in der ersten kritischen Phase nach der Intervention stabilisieren und werden innerhalb eines halben bis einen Jahres resorbiert. © MIFO Medizinische Information und Organisation 2015, www.kardiowerkstatt.de Leipziger Symposium Kardiovaskuläre Therapiestrategien 2015 Hauptsitzung II Interventionelle Therapie der Mitralinsuffizienz Dr. med. N. Klein, Universitätsklinikum Leipzig Die Mitralinsuffizienz (MI) ist eine häufige Begleiterscheinung bei Patienten mit zur Linksherzdilatation führenden kardialen Grunderkrankung (ischämische oder dilatative Kardiomyopathie). Durch Erweiterung der linken Herzhöhlen kommt es zur Dilatation des Mitralrings und damit zur sekundären Mitralinsuffizienz. Für Patienten, für die eine operative Rekonstruktion der Mitralklappe wegen hohem Risiko nicht in Frage kommt, stehen neben experimentellen Ansätzen heute 3 etablierte Verfahren zur Verfügung. 1.Die kardiale Resynchronisationstherapie (CRT) Hierbei wird bei vorbestehendem Linksschenkelblock durch biventrikuläre Stimulation eine Resynchronisation der Ventrikelkontraktion erreicht. Wenn der Patient auf CRT anspricht, verbessert sich die kardiale Funktion, durch reverse Remodelling kann sich auch der Mitralringdiameter wieder verkleinern, was zum Rückgang der MI führt. Zudem verringert sich durch Verkleinerung des linken Ventrikels der interpapilläre Winkel der Papillarmuskeln, diese können ihre Funktion dann wieder suffizient ausführen. Additiv kann durch Programmierung eines Delays zwischen rechter und linker Ventrikelsonde die Synchronität der Kontraktion der Papillarmuskel wiederhergestellt werden, was die MI ebenfalls positiv beeinflussen kann. 2.MitraClip® Für Patienten, die für CRT nicht in Frage kommt (schmaler Kammerkomplex) oder CRT-Nonresponder kommt die transvenöse Implantation eines MitraClips in Frage. Hierbei wird über einen venösen Leistenzugang nach transseptaler Punktion die Mitralklappe gefasst und, der Operation nach Alfierie nachempfunden, die beiden Segel der Klappe in der Regurgitationszone adaptiert (edge to edge repair). Dies erfolgt unter transösophagealer Echokardiographie. Die MitraClip-Implantation ist allerdings nur dann aussichtsreich, wenn die Klappenränder nicht zu stark verkalkt sind und einen nicht zu großen Segelabstand haben. Für die Prozedur ist meist Vollnarkose erforderlich, zudem eine Vollantikoagulation, da der Clip nach Transseptalpunktion vom linken Vorhof aus platziert wird. Die Ergebnisse sind gut, wenn die Patienten richtig ausgewählt werden. Dies konnte in mehreren Studien und Registern bestätigt werden. 3.Carillon-Mitralspange® Bei der Mitralannuloraphie mit einer unter Zug in den Koronarsinus implantierten Spange macht man sich die anatomische Lagebeziehung des Mitralklappenrings zum Mitralannulus zu nutze. Über einen jugularvenösen Zugang wird der Koronarsinus sondiert, ganz distal wird ein Anker freigesetzt und durch Zug am System der Mitralring gerafft und damit verkleinert. Dies geschieht ebenfalls unter echokardiographischer Sicht. Wenn ausreichend Zug am System ist, wird ein proximaler Anker freigesetzt, der das System nun unter Spannung hält und zur Verringerung des Mitralringdiameters führt. Erste Daten dazu sind gut, die Effekte stellen sich jedoch nicht immer sofort ein. Bis zu 30% der Patienten zeigen akut keine Verbesserung der MI, im Zeitraum über 3 Monate ist jedoch eine Verbesserung um bis zu 2 Schweregrade zu beobachten. © MIFO Medizinische Information und Organisation 2015, www.kardiowerkstatt.de Leipziger Symposium Kardiovaskuläre Therapiestrategien 2015 Problematisch ist die möglich Kompromittierung von Koronarästen, auch hier gibt es eine anatomisch enge Beziehung zum Posterolateralästen. Diese Probleme sind zwar lösbar, jedoch ist für diese Prozedur eine Kontrastmittelapplikation erforderlich, was bei eventuell zusätzlich bestehender Niereninsuffizienz problematisch sein kann. Mit diesen 3 interventionellen Methoden stehen Verfahren zur Verfügung, die eine symptomatische Behandlungsoption auch für Patienten mit hohem OPRisiko darstellen. Ob die Prognose der Herzinsuffizienz insgesamt damit jedoch verbessert werden kann ist offen. © MIFO Medizinische Information und Organisation 2015, www.kardiowerkstatt.de Leipziger Symposium Kardiovaskuläre Therapiestrategien 2015 Hauptsitzung II Differentialtherapie der Aortenstenose PD Dr. med. D. Bocksch, Universitätsklinikum Tübingen © MIFO Medizinische Information und Organisation 2015, www.kardiowerkstatt.de Leipziger Symposium Kardiovaskuläre Therapiestrategien 2015 Hauptsitzung III Die Diagnostik der akuten Lungenembolie nach aktuellen Leitlinien Welche klinischen Symptome charakterisieren die akute Lungenembolie? Welche Laborparameter sind wegweisend? Computertomographie und/oder Echokardiographie? Was sollte primär eingesetzt werden? Welche Methode bringt die entscheidenden Informationen? Was sind echokardiographische Zeichen einer akuten Lungenembolie? Wie erkennt man eine akute Lungenembolie bei vorbestehender chronischer Druckbelastung des rechten Herzens? Prof. Dr. med. A. Hagendorff, Universitätsklinikum Leipzig Die Diagnostik der akuten Lungenembolie nach aktuellen Leitlinien. Welche klinischen Symptome charakterisieren die akute Lungenembolie? Welche Laborparameter sind wegweisend? Computertomographie und/oder Echokardiographie? Was sollte primär eingesetzt werden ? Welche Methode bringt die entscheidenden Informationen? Was sind echokardiographische Zeichen einer akuten Lungenembolie? Wie erkennt man eine akute Lungenembolie bei vorbestehender chronischer Druckbelastung des rechten Herzens? Die neuen Leitlinien zu Diagnostik und Therapie der akuten Lungenembolie geben einen Überblick sowie eine Systematik des diagnostischen Vorgehens bei diesem Krankheitsbild. Nach Leitlinien wird zwischen stark prädisponierende Faktoren wie Knochenfrakturen, Hüftoder Kniegelenksersatz, größere allgemeinchirurgische Eingriffe, größeres Trauma und Rückenmarksverletzungen, moderat prädisponierende Faktoren wie Arthroskopien, ZVK, Chemotherapie, chronische Herzinsuffizienz, respiratorische Insuffizienz, Hormonersatztherapie, maligne Erkrankungen, orale Antikonzeptiva, Immobilisation nach Schlaganfall, Schwangerschaft peri partum, Stillzeit, frühere venöse Thromboembolie und Thrombophilie sowie schwach prädisponierende Faktoren wie Bettlägerigkeit > 3Tage, Immobilisation im Sitzen (Touristenklasse-Syndrom), hohes Alter, laparoskopische Chirurgie, Adipositas, Schwangerschaft ante partum, chronisch-venöse Insuffizienz und Varikosis unterschieden. In der Labordiagnostik spielt das D-Dimer (Spaltprodukte von Fibrin) eine zentrale Rolle. Bei normalen Werte < 500µg/l ist ein thrombembolisches Ereignis nahezu ausgeschlossen. Erhöhte Werte erfordern eine weitere Diagnostik. In der EKG Diagnostik sind folgende Stromkurvenveränderungen vereinbar mit einer akuten Lungenembolie: SI-QIII-Typ (McGuinn/White), Ppulmonale, Rechtstyp, (in)kompletter RSB und Erregungsrückbildungsstörungen rechts präkordial . In der modernen Akutdiagnostik spielt nach Leitlinien die Multidetektor-Computertomographie mit Nachweis von Thromben in der Lungenstrombahn wegweisend für die weitere Therapie. Ebenfalls und nach den Empfehlungen zur Notfall-Echokardiographie bei sofortiger Verfügbarkeit gleichrangig bzw. vorrangig zur Computertomographie ist die Diagnostik der akuten Lungenembolie durch die Echokardiographie. In der Echokardiographie kann der funktionelle Zustand des rechten Herzens in der Akutsituation sicherlich am schnellsten und auch am besten diagnostiziert werden. © MIFO Medizinische Information und Organisation 2015, www.kardiowerkstatt.de Leipziger Symposium Kardiovaskuläre Therapiestrategien 2015 Dies ist eine entscheidende Diagnostik, da die Akuttherapie maßgeblich nach den Grosser-Kriterien abhängt. Die akute Lungenembolie wird nach Grosser in den Schweregrad I: transiente Symptomatik, keine hämodynamische Folgen, den Schweregrad II: klinische Symptomatik, jedoch noch keine ausgeprägten hämodynamischen Folgen, den Schweregrad III: massive Lungenembolie ohne Schock, akute Dekompensation des rechten Ventrikels, klinisch schwerkranker Patient und den Schweregrad IV: fulminante Lungenembolie mit den Folgen eines Kreislaufstillstands oder kardiogenem Schock eingeteilt. Zusätzliche Kriterien zur Entscheidungsfindung sind Blutdruck, Herzfrequenz und Zyanose bzw. die Sauerstoffsättigung. Eine hämodynamische Relevanz der akuten Lungenembolie und damit akute Therapienotwendigkeit besteht bei Hypotonie, Tachykardie und Zyanose. Diese Symptome sind in der Regel mit einer signifikanten Rechtsherzbelastung verbunden. In der Echokardiographie sind unter diesen Umständen eine rechtsventrikuläre Hypertrophie, eine rechtsventrikuläre Dilatation, eine Reduktion der rechtsventrikulären Funktion und eine Abflachung bzw. Verlagerung des interventrikulären Septums zu detektieren. Zusätzlich ist neben einer ebenfalls nachweisbaren Überdehnung des interatrialen Septums nach links, das Mc Connell Zeichen und eine Einschänkung der radialen und longitudinalen rechtsventrikulären Kontraktionsexkursion nachzuweisen. Die indirekt über die Trikuspidalklappenregurgitation zu bestimmenden systolischen pulmonalarteriellen Druckwerte variieren mit der Einschränkung der rechtsventrikulären Funktion. Die Echokardiographie gehört damit zur zentralen Diagnostik und Therapiekontrolle bei Patienten mit akuter Lungenembolie und daraus resultierenden thrombembolischen Komplikationen. © MIFO Medizinische Information und Organisation 2015, www.kardiowerkstatt.de Leipziger Symposium Kardiovaskuläre Therapiestrategien 2015 Hauptsitzung III Stellenwert der Diagnostik der tiefen Beinvenenthrombose als sichernder Baustein in der Diagnose und Rezidivprophylaxe der Lungenembolie Dr. med. K. S. Mühlberg, Universitätsklinikum Leipzig Ist die Diagnose einer Lungenembolie erst mal gestellt, wird der Patient therapeutisch antikoaguliert. Warum sollte man da noch nach einer Beinvenenthrombose suchen? Die würde doch, wenn sie vorhanden wäre, sowieso durch die therapeutische Antikoagulation mit erfaßt. Wozu also der Aufwand? Der Aufwand lohnt sich. Nicht überall und zu jeder Zeit ist eine hochqualifizierte Echokardiographie verfügbar, manchmal ist das CT kontraindiziert (Niereninsuffizienz, Hyperthyreose, Schwangerschaft) oder die Lungenperfusions/Ventilationsszintigraphie nicht wegweisend. Dann stellt die qualifizierte Duplexsonographie der Beinvenen tatsächlich den sichernden Baustein in der Diagnostik der Lungenembolie dar. Mit Nachweis einer Beinvenenthrombose hat man dann die Quelle der zuvor vermuteten Lungenembolie gefunden und startet die Therapie. Einen allerdings weitaus größeren Respekt verdient die Suche nach der Quellthrombose in den Becken-Bein-Venen hinsichtlich längerfristiger therapeutischer Entscheidungen: Wie lange muß antikoaguliert werden? Muß zusätzlich zur therapeutischen Antikoagulation eine Kompressionstherapie erfolgen und wenn ja, wie lange? Und nicht zuletzt unsere Patienten möchten wissen: Wie hoch ist mein individuelles Rezidivrisiko? Die sogenannte Restthrombuslast oder verbliebene thrombotische Residuen stellen als Venenwand-Unregelmäßigkeiten einen der 3 Virchow´schen Risikofaktoren in der Genese thromboembolischer Ereignisse dar. Mittels farbkodierter Duplex- und Kompressionssonographie lassen sich im standardisierten Untersuchungsgang diese postthrombotischen Residuen nachweisen. Dabei ist ein Restthrombus, definiert als eine 40%ige Verlegung des Venenquerschnitts in den proximalen Venen, mit einer 1,5fachen Erhöhung des Rezidivrisikos verbunden. Prospektive Studien konnten belegen, daß nach Beendigung der Antikoagulation eine verbliebene Restthrombuslast nicht nur mit einer erhöhten Rezidivrate, sondern auch mit einer erhöhten Mortalität assoziiert war. Ein weiterer Grund, mittels Duplexsonographie nach Pathologien zu fahnden, sind die meist schon äußerlich gut erkennbaren oberflächlichen Venenentzündungen. Auch diese sind nicht selten mit thrombotischen Ereignissen assoziiert, oft weitgehend harmlos als umschriebene Thrombophlebitis, manchmal aber auch Ausgangspunkt einer tiefen Beinvenenthrombose, nämlich genau dann, wenn das proximale Ende der Thrombophlebitis nahe genug an den Mündungsbereich ins tiefe Venensystem reicht. Eine weitere Domäne der Duplexsonographie ist der Nachweis pathologischer Refluxe nach stattgehabten Thrombosen infolge Zerstörung des venösen Klappenapparates, was zur Entwicklung des postthrombotischen Syndroms (PTS) prädestiniert. Hier ist neben der verlängerten medikamentösen Sekundärprophylaxe die Kompressionstherapie von Anfang an von entscheidender Bedeutung, um schwergradige PTS, die mit therapierefraktären offenen Läsionen einhergehen können, zu vermeiden. © MIFO Medizinische Information und Organisation 2015, www.kardiowerkstatt.de Leipziger Symposium Kardiovaskuläre Therapiestrategien 2015 Hauptsitzung III Die Therapie der akuten Lungenembolie auf der Intensivstation PD Dr. med. S. Petros, Universitätsklinikum Leipzig Die Indikation zur Aufnahme eines Patienten mit akuter Lungenembolie (LE) auf eine Intensivstation ist meist eine hämodynamische Instabilität (massive LE) oder die Unsicherheit über den weiteren akuten Verlauf (submassive LE). Bei Patienten mit Schock oder hämodynamischer Instabilität ist die Reperfusion mittels Fibrinolyse die Standardmaßnahme, sofern keine Kontraindikationen vorliegen. Im Gegensatz zur alleinigen Antikoagulation führt die Fibrinolyse zur rascheren Wiederherstellung der pulmonalen Perfusion. Bei Patienten ohne Schock, jedoch mit moderatem bis hohem Risiko (Pulmonary Embolism Severity Index, PESI, Klasse III-IV oder Simplified PESI, sPESI, ≥1) und bildmorphologischen (TTE oder CT) und/oder laborchemischen (Troponin oder BNP) Zeichen der rechtsventrikulären Belastung, sollte eine Fibrinolyse in Betracht gezogen werden. Der größte Vorteil der Fibrinolyse wurde beobachtet, wenn diese Therapie innerhalb der ersten 48 Stunden nach Symptombeginn durchgeführt wurde. Für die Fibrinolyse bei LE sind rtPA, Urokinase und Streptokinase zugelassen, wobei das Letztere in Deutschland nahezu nicht mehr angewandt wird. Eine evidenzbasierte gewichtsadaptierte Dosierung dieser Fibrinolytika existiert noch nicht. Da jedoch das Blutungsrisiko auch von der Dosis des Fibrinolytikums direkt abhängt, sollte besonders bei Untergewicht eine Dosisanpassung erfolgen. Während einer systemischen Fibrinolyse mittels Streptokinase oder Urokinase sollte Heparin nicht gleichzeitig verabreicht werden. Dagegen ist die simultane Heparinisierung während einer rtPA-Gabe erforderlich. Da es mit Blutkomplikationen gerechnet werden muss und unter Umständen eine Antagonisierung erforderlich sein kann, ist während und einige Stunden nach der Fribrinolyse die Anwendung von unfraktioniertem Heparin (UFH) gegenüber anderen Antikoagulantien vorzuziehen. Eine systemische Fibrinolyse wird bei bis zum Zweidrittel der Patienten mit massivem LE aufgrund von Kontraindikationen nicht durchgeführt. In solchen Fällen können eine Embolusfragementierung und lokoregionäre Fibrinolyse mittels eines Katheters in der Arteria pulmonalis eine relativ einfache und schnell verfügbare Therapiemöglichkeit darstellen. In einigen Fällen stellt die chirurgische Embolektomie eine Therapiealternative dar. Nach sorgfältiger Auswahl können einige Patienten mit LE ambulant behandelt werden. Neben der Therapiecompliance spielen die Komorbidität und die Risikoeinschätzung eine große Rolle. Der PESI-Score, die echokardiographische Einschätzung und die Pro-BNP-Bestimmung können als Entscheidungsmerkmale angewandt werden. Außerdem könnte das Ausmaß der Thrombuslast im Quellgebiet ein relevantes Entscheidungskriterium sein. Es gibt aktuell eine breite Auswahl an Antikoagulantien zur Therapie der LE. Meist wird mit niedermolekularen Heparinen (NMH) oder Fondaparinux begonnen, jedoch kann die orale Antikoagulation gleich eingeleitet werden. Die Auswahl des oralen Antikoagulanz hängt an erster Stelle von Organfunktion (besonders Nieren- und Leberfunktion) ab. © MIFO Medizinische Information und Organisation 2015, www.kardiowerkstatt.de Leipziger Symposium Kardiovaskuläre Therapiestrategien 2015 Vitamin K Antagonisten (VKA) spielen immer noch eine große Rolle, während die neueren direkten oralen Antikoagulantien (NOAC oder DOAC) zunehmend an Bedeutung gewinnen. Die Raten an LE-Rezidiven liegen sowohl für VKA als auch für DOAC zwischen 2,1% und 2,7%. Das Blutungsrisiko für VKA und DOAC ist je nach Studiendesign unterschiedlich. Generell kommt intrazerebrale Blutung häufiger unter VKA als unter DOAC vor, während gastrointestinale Blutungen unter DOAC häufiger beobachtet werden. © MIFO Medizinische Information und Organisation 2015, www.kardiowerkstatt.de Leipziger Symposium Kardiovaskuläre Therapiestrategien 2015 Hauptsitzung III Antithrombotische Therapie der tiefen Beinvenenthrombose und Lungenembolie Dr. med. K. S. Halbritter, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus, TU Dresden © MIFO Medizinische Information und Organisation 2015, www.kardiowerkstatt.de Leipziger Symposium Kardiovaskuläre Therapiestrategien 2015 Workshop V Das Hexagramm Antihypertensiva der Deutschen Hochdruckliga und weitere Prof. Dr. med. A. Hartmann, Klinikum St. Georg, Leipzig Die arterielle Hypertonie ist in Deutschland ein relevantes epidemiologisch bedeutsames Krankheitsbild. In der Altersgruppe von 35-74 Jahren sind 55 % der Personen an einem Bluthochdruck erkrankt, davon sind 26 % behandelt und nur 7 % sind in einem effektiven Blutdruckbereich < 140/90 mmHg. Die Dringlichkeit der Behandlung der arteriellen Hypertonie richtet sich nach einer Risikostratifizierung auf dem Boden des Heart-Score der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie. Demnach gibt es Personen mit einem niedrigen, mittleren, hohen und sehr hohen Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse. Entsprechend werden Patienten mit arterieller Hypertonie in diese Risikogruppen eingeordnet und risikoadaptiert behandelt. Bei Hinzutreten weiterer kardiovaskulärer Risikofaktoren ergibt sich eine dringlichere Behandlungsindikation. Zielwert ist für alle Gruppen, einschließlich der Patienten mit sehr hohem kardiovaskulären Risiko und Niereninsuffizienz, < 140/90 mmHg. Initial sind Lebensstiländerungen erforderlich und dann wird die Pharmakotherapie in der Regel aus einer Kombination von Thiaziddiuretika, RAAS-Hemmern und Kalziumantagonisten bestehen. Reicht diese Therapie nicht aus, muss eskaliert werden. Ist bei Gabe von drei Antihypertensiva in ausreichender Dosierung, einschließlich eines Diuretikums der Blutdruck nicht kontrolliert, spricht man von therapierefraktärer oder resistenter arterielle Hypertonie. Hier ergibt sich nach Ausschluss kausaler Behandlungsmöglichkeiten die Notwendigkeit einer Eskalation mit Mineralocorticoid Rezeptorantagonisten, Amilorid oder Alpha-1-Blockern. In Ergänzung stehen „Reserveantihypertensiva“ auch älteren Datums zur Verfügung. Hierzu gehören die Kaliumkanalöffner Hydralazin, Minoxidil und Diazoxid. Hierzu kommen zentrale Alpha-2-Rezeptorantagonisten wie Clonidin, Moxonidin, Guanfacin und Methyldopa sowie vasodilatierende Betablocker wie Labetalol, Carvedilol oder Nebivolol. Neue therapeutische Ansätze ergeben sich aus dualen Angiotensinrezeptor-Neprilysininhibitoren, Aldosteronsynthaseinhibitoren, Endothelin-Antagonisten bzw. NO-Donatoren. Die Basis ist die in dem Hexagramm bevorzugte Kombination von RAASBlockern, Kalziumantagonisten und Diuretika. Bei therapieresistenter Hypertonie ist die Intensivierung durch zusätzliche pharmakotherapeutische Wirkprinzipien notwendig. © MIFO Medizinische Information und Organisation 2015, www.kardiowerkstatt.de Leipziger Symposium Kardiovaskuläre Therapiestrategien 2015 Workshop V Besondere Situationen bei arterieller Hypertonie Prof. Dr. med. T. H. Lindner, Universitätsklinikum Leipzig © MIFO Medizinische Information und Organisation 2015, www.kardiowerkstatt.de Leipziger Symposium Kardiovaskuläre Therapiestrategien 2015 Workshop V Renale Denervation nach den beiden Studien Symplicity III- und EnligHTN-IV? Dr. med. S. Reinhardt, Universitätsklinikum Leipzig Die essentielle arterielle Hypertonie betrifft geschätzt ca. 20-30% der Weltbevölkerung. Man geht man davon aus, dass von diesen Patienten wiederum ca. 10% an therapierefraktärer arterieller Hypertonie leiden – definiert als systolischer Blutdruckwert > 140 mmHg trotz Einnahme von mind. 3 Antihypertensiva in maximal tolerierbarer Dosis (davon mindestens 1 Diuretikum). Probleme der Behandlung sind die oft fehlende Medikamentenadhärenz sowie die aufgrund der epidemiologischen Entwicklung und der weltweit ansteigenden Zahl adipöser Menschen ansteigenden Patientenzahlen. Ein vielversprechender additiver Behandlungsansatz der therapierefraktären Hypertonie stellt die katheterbasierte sympathische renale Denervation dar. Viele präklinische und klinische Studien (v.a. Symplicity HTN-1/HTN-2, EnligHTN 1) belegten nicht nur die Sicherheit des Eingriffs, sondern auch einen blutdrucksenkenden Effekt, der auch bis zu 3 Jahren nach dem Eingriff noch nachweisbar ist. Entsprechend stieg die Zahl der renalen Denervationen stark an. Durch das Erscheinen der ersten placebokontrollierten und einfach verblindeten Studie Symplicity HTN-3 in 2014 änderte sich schlagartig die Lage: sowohl der primäre Endpunkt (Änderung des systolischen Praxisblutdrucks nach 6 Monaten) als auch der sekundäre Endpunkt (Änderung des systolischen Blutdrucks in der ambulanten 24 h-Messung) im Vergleich zur „sham-Gruppe“ konnten nicht erreicht werden. Infolgedessen kam es zu einem starken Rückgang der renalen Denervationen. Seitdem wurden vielfach Schwachstellen der Symplicity-HTN-3 diskutiert: z.B. Zusammensetzung der Studienpopulation, fehlende Überprüfung der Medikamentenadhärenz, kurze Screeningphase, hoher Anteil an Veränderungen der antihypertensiven Therapie im Beobachtungszeitraum. Die Veränderung des systolischen „office“-Blutdrucks als primärer Endpunkt steht ebenso in der Kritik wie die Auswahl der Zentren bzw. Untersucher (oftmals unerfahrene Untersucher). Bei lediglich 25 % der Patienten wurde zumindest einseitig eine 4-Quadrantenablation durchgeführt. Ein weitere wichtiger Kritikpunkt ist der fehlende Endpunkt der Prozedur (wann ist eine effektive sympathische Denervation erfolgt?). In einer post-hoc-Analyse der Symplicity-HTN-3-Studie konnten verschiedene Prädiktoren für eine effektive Blutdrucksenkung erarbeitet werden (z.B. Höhe des Ausgangsblutdrucks, Anzahl der Ablationen). Um diese Parameter bei der Auswahl von geeigneten Patienten heranziehen zu können, sind jedoch Ergebnisse von weiteren Studien notwendig. Ebenso gibt es noch unbeantwortete Fragen in Bezug auf die ideale Ablationsform (z.B. Elektrodentechnologie, Energieart) und den besten Ablationsort. Auch stellt sich die spannende Frage nach weiteren Anwendungsgebieten der renalen Denervation bei Erkrankungen, die ebenfalls mit einem erhöhten Sympathikotonus verbunden sind (z.B. Arrhythmieprotektion). © MIFO Medizinische Information und Organisation 2015, www.kardiowerkstatt.de Leipziger Symposium Kardiovaskuläre Therapiestrategien 2015 Workshop V Baroreflexstimulation Prof. Dr. med. J. Beige, Klinikum St. Georg, Leipzig Bei schwer behandelbarer Hypertonie kommt seit etwa 10 Jahren neben anderen Reservemethoden auch die chronisch-apparative Barorezeptorstimulation zum Einsatz. In der aktuellsten Geräteversion erfolgt mittels einer operativ angelegten unipolaren Punktelektrode am rechten carotidalen Glomus caroticum die elektrische Generation exzitatorischer Signale, die im Stammhirn zur Inhibition sympathischer Efferenzen und somit zu einer Vasodilatation, Frequenzreduktion und Verminderung der Herzarbeit führen. In drei Studiensequenzen wurden signifikante Reduktionen des systolischen Ruheblutdrucks von 20 bis 60 mmHg (durchschnittlich 30 mmHg) nachgewiesen. In der aktuellen Gerätekonfiguration konnte ein Sicherheitsprofil erreicht werden, dass dem von kardialen Schrittmachern entspricht. Mit vorherigen Geräten waren Tascheninfektionen und Schmerzen an der Implantationsstelle sowie (bei etwa 600 implantierten Patienten) ein unklarer Todesfall durch ein angioneurotisches Ödem aufgetreten. Neben der Blutdrucksenkung zeigten sich Reduktion der linksventrikulären (lv.) Hypertrophie um 60% (Minderung der lv. Masse), Verminderungen der sympathischen peripheren Innervation bis zu 100% und verminderte Epinephrin- und Norepinephrinserumspiegel. Im Tierversuch und in klinischen Einzelfällen können rechts- und linksventrikuläre Formen der Herzinsuffizienz gebessert werden und eine kontrollierte Studie zu diesem Thema wurde soeben erfolgreich abgeschlossen. Dabei wurden signifikante Verbesserungen der NYHA-Klasse, des 6-Minuten Gehtestes und der Lebensqualität gesehen. Erste Anwendungen des Systems bei Patienten mit chronischer Dialysepflichtigkeit werden momentan publiziert und eine kontrolliertverblindete Ausschalt-Studie untersucht die Effekte während mittelfristiger Deaktivierung schon länger implantierter Systeme. Ob mit diesen sonst nicht erreichbaren klinischen Besserungen der schweren Hypertonie und ihrer Endorganschäden bzw. Surrogate auch eine Reduktion sog. harter Endpunkte (Mortalität) und eine bessere Kosteneffektivität erreicht werden kann als mit konventioneller Therapie, muss noch gezeigt werden. © MIFO Medizinische Information und Organisation 2015, www.kardiowerkstatt.de Leipziger Symposium Kardiovaskuläre Therapiestrategien 2015 Workshop VI Der diagnostische Entscheidungsbaum bei Verdacht auf Endokarditis Welche Stellenwert haben Anamnese und klinische Untersuchung. Welche Laboruntersuchungen sind wann und wie häufig durchzuführen? Welchen Stellenwert hat die Echokardiographie für die Diagnostik der Endokarditis? Welche Befunde beweisen eine Endokarditis? Wann müssen Kontrolluntersuchungen durchgeführt werden? Sind die Befunde der Echokardiographie entscheidungsrelevant? Prof. Dr. med. A. Hagendorff, Universitätsklinikum Leipzig Die Leitlinien zur Prävention, zu Diagnostik und Therapie der infektiösen Endokarditis geben einen Überblick sowie eine Systematik des diagnostischen Vorgehens bei diesem uneinheitlichen Krankheitsbild. Die Endokarditis ist definiert als die Entzündung der Herzinnenhaut bzw. der Herzklappen. Die beiden Hauptgruppen der infektiösen bakteriellen Endokarditis sind die akute bakterielle Endokarditis - verursacht durch Staphylococcus aureus und bisweilen auch durch Streptokokken und Enterokokken - sowie die subakute bakterielle Endokarditis, die durch die Viridans-Streptokokken verursacht wird. Die bakterielle Endokarditis ist eine besondere Erkrankung, weil sich weder die Inzidenz noch die Mortalität der Endokarditis in den letzten 30 Jahren trotz der Errungenschaften der Medizin verändert hat, weil die Erkrankung in ihrer Ausprägung sehr variiert (klinische Manifestation, kardiale Grunderkrankung, verursachender Keim, mögliche Komplikationen) und weil Leitlinien aufgrund der geringen Inzidenz der Erkrankung, dem Fehlen randomisierter Studien und der begrenzten Zahl von Meta-Analysen meistens nur auf Expertenmeinungen beruhen. Die Endokarditis kann als ein Chamäleon der Kardiologie/ Inneren Medizin und - da sich selbst hinter unspezifischen Symptomen eine Endokarditis "verbergen" kann, sind zur Diagnosestellung dieser Erkrankung alle verfügbaren Mittel recht. Das Hauptsymptom sind subfebrile Temperaturen, meist remittierend, selten als Continuum. Schüttelfrost wird bei akuter Verlaufsform, z.B. bei Abszedierungen beobachtet. Weitere Symptome sind Kopf-, Gliederschmerzen, Inappetenz, Gewichtsverlust, Übelkeit, Muskel- und Gelenkschmerzen, schmutzige, subikterische Hautblässe, Petechien, subunguale Blutungen, Osler-Knötchen (Fingeroder Zehenenden), Janeway-Läsionen (Handinnenfläche, Fußsohle), Oberbauchschmerz, Leberund Milzvergrößerung, potentiell Infarzierungen von Milz- und Niere sowie Gehirn. Neben den klinischen Zeichen der Endokarditis sind positive Blutkulturen und Endokarditis-typische morphologische Befunde in der Echokardiographie wegweisend und bisweilen beweisend für das Vorliegen einer Endokarditis. Eine Endokarditis kann jedoch nicht sicher durch eine Echokardiographie bzw. durch eine transösophageale Echokardiographie ausgeschlossen werden, da man nur zum Zeitpunkt der Untersuchung einen Befund erheben kann, der aktuell keine Hinweise auf endokarditisch bedingte Läsionen zeigt. Echokardiographische Hinweise auf eine Endokarditis sind sessile oder flottierende Strukturen (Vegetationen) oder Abszessformationen. © MIFO Medizinische Information und Organisation 2015, www.kardiowerkstatt.de Leipziger Symposium Kardiovaskuläre Therapiestrategien 2015 Die sogenannten Duke-Kriterien spielen bei der Endokarditis immer noch eine Rolle, wobei die Major-Kriterien durch typische Erreger in positiven Blutkulturen, durch Endokarditis-Hinweise in der Echokardiographie oder durch neu aufgetretene Regurgitationen an den Herzklappen in der Echokardiographie gegeben sind. Die Echokardiographie - und insbesondere engmaschige echokardiographische Verlaufsuntersuchungen bei klinischem Verdacht auf Endokarditis - sind die Grundpfeiler einer Endokarditisdiagnostik. Auch im Falle von konservativen Therapieversuchen sind echokardiographische Kontrolluntersuchungen bei Absetzen der Antibiose wichtig. Die Lokalisation der Endokarditis, die Größe der Vegetationen und das Vorhandensein von Abszedierungen sowie zusätzliche Komorbiditäten und Komplikationen unter der Therapie geben Hinweise auf das Erkrankungsrisiko und auch auf das Re-Infektionsrisiko nach konservativer und chirurgischer Behandlung. An eine Endokarditis ist bei allen Erkrankungen mit Temperaturen in der Kardiologie zu denken. Bei Leistungsminderungen, Schwäche und Palpitationen unter Therapie mit Immunsupression (v.a. Cortison) kann auch bei Situationen ohne Temperaturen eine Endokarditis vorliegen. Lieber sollte man eine Kontroll-Untersuchung (auch mittels transösophagealer Echokardiographie) zu viel als eine zu wenig bei Verdacht auf Endokarditis durchführen. Der Erregernachweis in Blutkulturen ist wichtig für eine gezielte antibiotische Therapie nach Antibiogramm. Literatur: 1. Habib G, Hoen B, Tornos P, Thuny F, Prendergast B, Vilacosta I, Moreillon P, de Jesus Antunes M, Thilen U, Lekakis J, Lengyel M, Müller L, Naber C, Nihoyannopoulos P, Moritz A, Zamorano J; ESC Committee for Practice Guidelines. Guidelines on the prevention, diagnosis, and treatment of infective endocarditis (new version 2009): the Task Force on the Prevention, Diagnosis, and Treatment of Infective Endocarditis of the European Society of Cardiology (ESC). Endorsed by the European Society of Clinical Microbiology and Infectious Diseases (ESCMID) and the International Society of Chemotherapy (ISC) for Infection and Cancer. Fehler! Hyperlink-Referenz ungültig. 2009;30:2369-413. doi: 10.1093/eurheartj/ehp285. 2. Habib G, Badano L, Tribouilloy C, Vilacosta I, Zamorano J, Galderisi M, Voigt J, Sicari R, Cosyns B, Fox K, Aakhus S; European Association of Echocardiography. Recommendations for the practice of echocardiography in infective endocarditis. Fehler! Hyperlink-Referenz ungültig. 2010;11:202-19. doi: 10.1093/ejechocard/jeq004. 3. Thuny F, Grisoli D, Collart F, Habib G, Raoult D. Management of infective endocarditis: challenges and perspectives. Fehler! Hyperlink-Referenz ungültig. 2012;379:965-75. doi: 10.1016/S0140-6736(11)60755-1. 4. A. Hagendorff A, Tiemann K, Simonis G, Campo dell‘ Orto M, von Bardeleben S. Empfehlungen zur Notfallechokardiographie. Kardiologe 2014; 8:45–64. doi: 10.1007/s12181013-0531-2 © MIFO Medizinische Information und Organisation 2015, www.kardiowerkstatt.de Leipziger Symposium Kardiovaskuläre Therapiestrategien 2015 Workshop VI Die leitliniengerechte Behandlung der bakteriellen Endokarditis Gibt es Unterschiede in der Sicht von Kardiologen und Infektiologen? PD Dr. med. Ch. Lübbert, Universitätsklinikum Leipzig Die infektiöse Endokarditis (IE) wird als eine Infektion der endokardialen Oberfläche des Herzens definiert, die vor allem den Klappenapparat betrifft. Typische Komplikationen sind schwere Klappeninsuffizienz, systolische Herzinsuffizienz und Herzmuskelabszesse. Die Mortalitätsrate liegt auch bei adäquater Therapie mit ca. 14-15% hoch.1 Die in den Leitlinien der European Society for Cardiology (ESC) in der gültigen Fassung von 2009 niedergelegten Empfehlungen bilden die Grundlage der Therapie.2 Die Behandlung von Endokarditiden liegt in der Hand des Kardiologen, bei fallbezogener Einbeziehung eines Kardiochirurgen. Die Beteiligung eines Klinischen Infektiologen bzw. Klinischen Mikrobiologen bei der Therapieinitiierung ist sinnvoll und wichtig. Wichtigste Ziele der antibiotischen Therapie sind eine Erregereradikation aus dem Fibrin-PlättchenThrombus (Vegetation) und die Verhinderung einer Klappendestruktion mit nachfolgender OP-Pflichtigkeit. Die Therapie richtet sich nach dem nachgewiesenen Erreger und seiner spezifischen MHK (= minimale Hemmkonzentration), unter besonderer Berücksichtigung von Pharmakokinetik und Verträglichkeit der eingesetzten Substanzen. Für die Therapie der IE mit unbekanntem Erreger ist die aktuelle ESC-Leitlinie maßgeblich, jedoch sind adäquate Dosierung und verkürzte Gabe von Aminoglykosiden zu beachten. Wichtigstes Antibiotikum bei Protheseninfektionen mit Biofilmbildung ist Rifampicin. Die Resistenzlage gegenüber Erstlinienantibiotika ist in Mitteleuropa bei Staphylokokken beherrschbar (MRSA-Anteil 15-20%), wird bei Enterokokken (Anteil der Isolate mit High-Level-Gentamicin-Resistenz 2550%, Vancomycin-Resistenzrate 15-20%) jedoch zunehmend schwieriger. Rifampicin-Resistenzen spielen bislang kaum eine Rolle. Literatur: 1) Bor DH et al. Infective endocarditis in the U.S., 1998-2009: a nationwide study. PLoS One 2013; 8: e60033. 2) Habib G et al. Guidelines on the prevention, diagnosis, and treatment of infective endocarditis (new version 2009), Eur Heart J 2009; 30: 2369-413. © MIFO Medizinische Information und Organisation 2015, www.kardiowerkstatt.de Leipziger Symposium Kardiovaskuläre Therapiestrategien 2015 Workshop VI Die Entscheidung zur chirurgischen Behandlung einer bakteriellen Endokarditis: Warum ist es bei der Behandlung einer Endokarditis schwieriger, eine allgemeingültige SOP zu erstellen? Welche Gründe zwingen sofort zur chirurgischen Intervention? Welche Voruntersuchungen müssen vor einer chirurgischen Therapie erfolgen? Gibt es unterschiedliche Entscheidungsgrundlagen bei Patienten mit Endokarditis an Nativklappen, an Prothesen, bei malignen Grunderkrankungen, bei Dialysepflichtigkeit, bei Drogenkonsum oder bei anderen Ursachen einer Multimorbidität? Welche besonderen Aspekte bestehen bei Endokarditis und einer Indikation zur Antikoagulation? Prof. Dr. med. D. Pfeiffer, Universitätsklinikum Leipzig Weder der Kardiologe noch der Kardiochirurg allein können auch nur die Mehrzahl der Endokarditiden behandeln. Bei den meisten Patienten sind beide Fächer gefragt. Zeigt die initiale Untersuchung eines Patienten mit einer Endokarditis 1. flottierende Strukturen >8-15 mm, 2. Abszesse im paravalvulären Gewebe, 3. Fisteln, 4. eine hochgradig gestörte Klappenfunktion (meist valvuläre Insuffizienzen, aber auch Segelperforationen, Segeleeinrisse oder Sehnenfadenabrisse als behebbare Ursachen einer Klappeninsuffizienz), 5. den Nachweis von abgelaufenen arteriellen Embolien (zumeist zerebrale Embolien, häufig asymptomatische Milz-oder Nierenembolien) oder 6. eine antibiotisch unbeherrschbare Infektion (Zunahme von Entzündungszeichen, Wachstum von Vegetationen), so ist die frühzeitige Operation indiziert. Endokarditiden bei immunsupprimierten Patienten (nach Transplantationen, aber auch Diabetiker, Rheumatiker, chronische Hämodialyse, Drogenabhängigkeit, maligne Erkrankungen) lassen seltener einen rein antibiotischen Behandlungserfolg ohne Mithilfe des Kardiochirurgen erwarten. Schwer beherrschbare oder multiresistente Keime (z.B. MRSA, Pilze) senken die Schwelle zur operativen Behandlung. Kann der Kardiochirurg Fremdkörper entfernen, an denen eine Endokarditis erkennbar adhärend ist (z.B. Herzklappenprothesen, Herzschrittmacher- oder Defibrillatorelektroden), so ist ein Austausch oder eine Entfernung der Fremdkörper für die Ausheilung der Endokarditis hilfreich. Liegen andere Operationsindikationen vor, die absehbar im Verlauf der Endokarditis Probleme bereiten können, so sollte frühzeitig der herzchirurgische Eingriff erfolgen. Dazu kann eine koronare Herzerkrankung oder auch eine grenzwertige Herzinsuffizienz werden, wenn die zu erwartende Sepsis eine Zunahme des Herzzeitvolumens nicht mehr gestattet. Mykotische Aneurysmen und ihre Blutungsgefahr sind kaum beurteilbar. An diesem Konzept können im Einzelfall gut begründete Zweifel vorliegen: Die Ruptur eines paravalvulären Abszesses mit Ausbildung einer gespülten Abszeßhöhle oder einer hämodynamisch wenig wirksamen Fistel kann als Spontanheilung des Abszesses verstanden werden und bedarf dann (zunächst) keines kardiochirurgisch dringlichen Eingriffs mehr. Nach abgelaufener Embolie ohne Nachweis verbliebener emboliefähiger Strukturen kann der Herzchirurg kaum weitere Embolien verhüten. © MIFO Medizinische Information und Organisation 2015, www.kardiowerkstatt.de Leipziger Symposium Kardiovaskuläre Therapiestrategien 2015 Umgekehrt bleiben Zweifel an der Zuverlässigkeit der kardiologischen Diagnosen: Der Herzchirurg ist in der Detektion von kleineren Absessen im paravalvulären Gewebe oftmals zuverlässiger als die Echokardiographie. Umgekehrt können fortgeschrittenes Alter, inkurable maligne Erkrankungen, ausgedehnte zerebrale Embolien oder eine limitierte Gesamtprognose die Schwelle zur Operation anheben. Für die meisten der angeführten Situationen gibt es keine Studien, folglich keine Empfehlungen und schon gar keine „standard operating procedures“ (SOP). Daher kann nur die vertrauensvolle Diskussion zwischen Kardiologen und Herzchirurgen im Einzelfall empfohlen werden. © MIFO Medizinische Information und Organisation 2015, www.kardiowerkstatt.de Leipziger Symposium Kardiovaskuläre Therapiestrategien 2015 Workshop VI Chirurgische Probleme bei bakterieller Endokarditis Wann ist der optimale Zeitpunkt der Operation? Sollte eine bakterielle Endokarditis antibiotisch vorbehandelt werden? Welche chirurgischen Probleme entstehen durch flottierende Vegetationen, Abszesse, Fisteln und nach septischen Embolien? Gibt es operative Strategien bei charakteristischen Problemkonstellationen? Kann man infizierte Nativklappen erhalten? Wie muss bei zusätzlichen Fremdkörpern im Herzen (Prothesen, Schrittmacher) operiert werden? Prof. Dr. med. T. Doenst, Dr. med. M. Diab, Universitätsherzzentrum Thüringen, Klinik für Herz- und Thoraxchirurgie, Universitätsklinikum Jena Das Prinzip der chirurgischen Therapie einer Endokarditis besteht in der kompletten Resektion der endokarditischen Vegetation und des infizierten Gewebes. Je ausgeprägter die Endokarditis ist, desto komplexer wird die notwendige Operation. Rekonstruktionen sind möglich, aber eher die Ausnahme. In ausgeprägten Fällen mit Abszessen und Fisteln muss z.T. sogar die gesamte Herzbasis rekonstruiert werden. Wir führen in solchen Fällen eine sog. UFOOperation durch. Häufig sind die Co-Morbiditäten bei diesen Patienten entscheidend für den Behandlungserfolg. Wir haben kürzlich unsere Erkenntnisse zu Endokarditis in einer großen Single Center Erfahrung präsentiert. Wir konnten zeigen, dass ein septischer Schlaganfall mit schlechterem Überleben einhergeht, dass dieser aber kein unabhängiger Risikofaktor für das Langzeitüberleben dieser Patienten ist, sondern dass die Mischung der Nebenerkrankungen und präoperativen Komplikationen das Ergebnis am stärksten beeinflusst. Auf jeden Fall ist es sinnvoll, früh einen Infektiologen in den Entscheidungsprozess einzubinden, damit die optimale Antibiose bestimmt und früh begonnen werden kann. Dies kann z.B. bei Vorliegen von Staph. aureus Bakteriämien die Krankenhaussterblichkeit signifikant senken. Die Entscheidungsfindung für die beste Vorgehensweise beim Vorliegen einer Endokarditis sollte daher interdisziplinär erfolgen. Wir bauen derzeit ein Endokarditis-Netzwerk für Mitteldeutschland auf, welches neben Herzchirurgie und Kardiologie auch infektiologische und neurologische Kompetenz beinhaltet. In dem Vortrag wird der aktuelle Stand zu Indikation, operativer Therapiemöglichkeiten und dem interdisziplinären Management vorgestellt. Eine frühe, interdisziplinäre Beratung ist entscheidend für den Behandlungserfolg dieser hochgefährlichen Erkrankung. © MIFO Medizinische Information und Organisation 2015, www.kardiowerkstatt.de Leipziger Symposium Kardiovaskuläre Therapiestrategien 2015 Workshop VII Differentialdiagnostik peripherer Ödeme: arterielles Ödem, Phlebödem, Lymphödem, Lipödem, Myxödem, nephrotisches Ödem, angioneurotisches (Quincke-) Ödem, Arzneimittel-induziertes Ödem Dr. med. K. S. Mühlberg, Universitätsklinikum Leipzig Ödeme sind immer Symptom einer zugrundeliegenden Erkrankung. Daher kann nur die sichere Diagnostik der Grunderkrankung Basis einer effektiven Therapie sein. Aber wie und wo entstehen Ödeme? Im wesentlichen läßt sich die Ödementwicklung pathophysiologisch auf 4 Mechanismen reduzieren: 1. Durch einen erhöhten Kapillardruck wird vermehrt Flüssigkeit ins Interstitium gepresst. 2. Intravasaler Eiweißmangel verursacht einen reduzierten onkotischen Druck, der die Flüssigkeit nicht im Gefäß, sondern im Interstitium verbleiben läßt. 3. Eine erhöhte Kapillarpermeabilität gewährt Flüssigkeit und Eiweißen Durchlaß ins Interstitium. 4. Der Lymphabfluß ist behindert, so daß sich eiweißreiche Flüssigkeit im Interstitium staut. In Kenntnis dieser 4 Mechanismen erklärt sich, warum manche Ödeme proteinarm, andere proteinreich sind. Das wiederum hat Einfluß auf die richtige Therapieentscheidung: proteinarme Ödeme, die zur Generalisation neigen, werden vorzugsweise (mit der Grunderkrankung) medikamentös behandelt, u.a. kardiogene, renale, hepatogene Ödeme, medikamentös oder diätetisch bedingte Ödeme. Indikation zur physikalischen Therapie hingegen sind proteinarme, lokalisierte Ödeme, z.B. Lymph-, Phleb-, Lipödem, orthostatisches oder Inaktivitätsödem. Dabei bietet die physikalische Therapie weit mehr als nur „Kompression“. Die „Komplexe physikalische Entstauungstherapie“ KPE ist Kernstück einer effektiven Ödemtherapie. Auch der Wahl des richtigen Kompressionsstrumpfes kommt entscheidende Bedeutung zu: rund- oder flachgestrickt? Das ist hier die Frage. Immer Kompression und Diuretika? Nein! Nicht jedes Ödem bedarf einer Therapie (u.a. Hitzeödem, zyklisch-prämenstruelles Ödem), und manchmal ist das Diuretikum gar Ursache der Ödeme. Auch nicht alles, was „Ödem“ heißt, ist tatsächlich eins (z.B. Myxödem). Das alles Entscheidende jedoch in der Diagnostik von Ödemkrankheiten sind der klinische Blick (u.a. symmetrisches/asymmetrisches Ödem, Konstitution des Patienten, Hämatomneigung, Varikosis), die Anamnese (u.a. Erstauftreten der Ödeme, Entwicklung im Tagesverlauf und allgemein, Regredienz am Morgen, Begleiterkrankungen, Medikation, Berufsanamnese, familiäre Belastung) und die Palpation (Ödem dellbar oder nicht, Stemmer-Zeichen). Nach wie vor gilt der Leitsatz: 70% aller Diagnosen lassen sich allein durch eine gute Anamnese und klinische Untersuchung herausfinden. Nur wenige Patienten müssen sich einer apparativen oder Labor-Diagnostik unterziehen. Der Angiologe bleibt Hauptansprechpartner bei Ödemkrankheiten. © MIFO Medizinische Information und Organisation 2015, www.kardiowerkstatt.de Leipziger Symposium Kardiovaskuläre Therapiestrategien 2015 Workshop VII Angiologische Therapieoptionen bei verschiedenen Ödemen Dr. med. H. Uhlemann, Klinikum Altenburger Land, Altenburg © MIFO Medizinische Information und Organisation 2015, www.kardiowerkstatt.de Leipziger Symposium Kardiovaskuläre Therapiestrategien 2015 Workshop VII Gefäßchirurgie des postthrombotischen Syndroms Dr. med. H. Staab, Universitätsklinikum Leipzig Historisches Terminus Postthrombotisches Syndrom wird auf Hals und Bätzner zurückgeführt. 1954 Veröffentlichung einer Monografie von 354 Patienten nach erlittener Thrombose mit etwa 20% Chronischen Ulzerationen Definition Beim postthrombotische Syndrom handelt es sich um einen Symptomenkomplex an einem oder an beiden Beinen, ggf. mit Einbeziehung der Beckenregion, der sich im Lauf von Monaten oder Jahren nach einer tiefen Venenthrombose einstellt. Durch die chronischen venösen Durchblutungsstörungen werden praktisch alle Gewebe der Extremität beeinträchtigt. Bestimmte Krankheitszeichen sind durch konservative und chirurgische Maßnahmen besserbar, aber nicht heilbar. Das postthrombotische Syndrom geht ohne scharfen Übergang aus der akuten Thrombose hervor Es ergibt sich keine scharfe Abgrenzung zum Symptomenkomplex der chronisch venösen Insuffizienz. Inzidenz -Bonner Venenstudie 2003: -5% Gesamtbevölkerung leiden am posthrombotischem Syndrom -Gesamtprävalenz für ein florides Ulcus cruris 0,1% Klinischer Verlauf der TVT -Partielle Rekanalistion etwa 53 % -Komplette Rekanalistion etwa 35% -Komplette Okklusion etwa 11% Klinische Einteilung nach Hach und Hach-Wunderle (94) 3 Stadien : Postthrombotische Frühsyndrom Postthrombotische Syndrom Postthrombotische Spaätsyndrom Postthrombotische Frühsyndrom Klinisch persitierende Ödeme mit Zunahme unter Belastung Postthrombotisches Syndrom Klinisch persitierende Schwellneigung, zunehmende Varikosis, ggf. Claudicatio venosa Postthrombotische Spätsyndrom Sekundäre Perforans- und Stammvarikosis, venöse Hypertonie, Ulcus, Dermatolipofaszioskleroese © MIFO Medizinische Information und Organisation 2015, www.kardiowerkstatt.de Leipziger Symposium Kardiovaskuläre Therapiestrategien 2015 Basistherapie Kompressionstherapie: Klasse II-III Medikamentöse Therapie Physikalische Therapie: manuelle entstauende Therapie Kaltwasseranwendungen Bewegungssport Lagerungstherapie Chirurgische Therapie Ziel der chirurgischen Therapie: Verbesserung der venösen Makro und Mikrozirkulation Diagnostik: Duplex Sonografie Phlebodynamometrie mit Kompression Zusammenfassung • Operativ Chirurgische Verfahren haben beim postthrombotischen Syndrom ihren relevanten Stellenwert • Eine Stadiengerechte und Erkrankunksadjustierte Therapie ist nötig • Die exakte Klassifikation und Erfassung der Hämodynamik ist Basis jeder chirurgischen Therapieentscheidung • Interdisziplinäre Therapieentscheide wesentlich für Therapieerfolg • Regelmäßige ambulante Betreuung der Patienten nach operativer Therapie wichtig (Rezidivquote bei ulcus cruris Therapie etwa 65%) • Eine professionelle Wundversorgung ist zwingend nötig © MIFO Medizinische Information und Organisation 2015, www.kardiowerkstatt.de Leipziger Symposium Kardiovaskuläre Therapiestrategien 2015 Workshop VII Die dermatologische Sicht von Ödemen PD Dr. med. M. Ziemer, Universitätsklinikum Leipzig Unterschieden werden können „intermittierende Ödeme“ und „persistierende Ödeme“. Zu den „intermittierenden Ödemen“ zählen Angioödeme, die Mastzellmediatorvermittelt (Mediatoren sind v.a. Histamin und Leukotriene) oder Bradikininvermittelt sein können. Beispiele Mastzellmediator-vermittelter Angioödeme sind das allergisches Angioödem (Typ-I-Sensibilisierung), das pseudoallergisches Angioödem (NSAR/Analgetika, Histamin, Additiva wie EStoffe, Mononatriumglutamat, Sulfite etc.). „Persistierende Ödeme“ treten v.a. im Rahmen entzündlicher Dermatosen wie Erysipel / Furunkel, Zoster, Kontaktallergien und Cheilitis granulomatosa aber auch bei Autoimmunerkrankungen wie Dermatomyositis und autoimmunen Schilddrüsenerkrankungen (prätibiales Myxödem) auf. Wichtige Differentialdiagnosen “chronisch-persistierender Lidödeme“ umfassen die Trichinose, Hypothyreose, das nephrotische Syndrom und die Dermatomyositis. Klassischer Vertreter Bradikinin-vermittelter Angioödeme ist das Hereditäre Angioödem. Es handelt sich um eine Erbkrankheit (ad), bei der es zu immer wiederkehrenden Schwellungen der Haut, angrenzenden Weichteile, Schleimhäute und der inneren Organe kommt. Symptome treten häufig schon in der Kindheit bzw. ab der zweiten Lebensdekade auf. Ursache ist ein genetischer Defekt, der zu einem Mangel am C1-Esterasehemmer führt (in 85% quantitatives Typ-I-HAE und in 15% qualitatives Typ-II-HAE). Darüber hinaus ist in seltenen Fällen ein Typ-III-HAE mit und ohne Faktor XII-Mutation beschrieben. Infolge kommt es zur übermäßigen Bildung von Bradikinin. Dieses erhöht die Gefäßpermeabilität, führt zur Gefäßerweiterung und infolge zur Ödembildung. Zudem kommt es zur Kontraktionen der glatten Muskulatur und somit Krämpfen und Schmerzen. Im Vordergrund der klinischen Symptomatik stehen Darmwand- und Hautschwellungen (> 95% der Patienten). Lebensbedrohlich sind die Larynxschwellungen. Bis zur Diagnosestellung vergehen im Durchschnitt 5,3 Jahre, da die Erkrankung je nach individueller Symptomatik zunächst für eine Urtikaria, Allergie, akutes Abdomen, Epilepsie, Migräne, akutes Harnverhalten etc. gehalten wird. Diagnostisch wegweisend sind, neben der Anamnese und klinischen Symptomatik, Laborparameter. C4-Komplementfaktor kann als Screeninguntersuchung genutzt werden und zeigt einen C4-Mangel. Zu bestimmen sind darüber hinaus C1-Esterase-Konzentration und -Aktivität im Serum. © MIFO Medizinische Information und Organisation 2015, www.kardiowerkstatt.de Leipziger Symposium Kardiovaskuläre Therapiestrategien 2015 Differentialdiagnostische Kriterien hereditäres vs. allergisches Angioödem Hereditäres Angioödem Allergisches Angioödem blasse Schwellungen, vorwiegend auf die tiefen Schichten der Haut beschränkt, > 12-36 h rötliche Schwellungen, eher in oberen Schichten der Haut, schnelle Entwicklung innerhalb von Minuten schmerzhafte Schwellungen, kein Juckreiz wenn Schwellungen in Gelenknähe Schmerzen mgl., zumeist Juckreiz keine Urtikaria (ggf. Erythema marginatum) oft begleitende Urtikaria (fehlt in ca. 10% der Fälle) Nichtansprechen auf Antihistaminika oder Kortisonpräparate Ansprechen auf Antihistaminika oder Kortisonpräparate Ziel der Akuttherapie ist es, die Ödementwicklung so rasch wie möglich zu stoppen, was insbesondere bei den Attacken im Kehlkopfbereich lebensrettend sein kann. Zur Verfügung stehen C1-INH-Konzentrat (Berinert P®, Cinryze®, Ruconest®) intravenös sowie Icatibant (Firazyr®) als synthetischer Bradykinin-ß2-Rezeptor-Antagonist zur subkutanen Injektion. © MIFO Medizinische Information und Organisation 2015, www.kardiowerkstatt.de Leipziger Symposium Kardiovaskuläre Therapiestrategien 2015 Hauptsitzung IV Vorhofflimmern: Leitliniengerechte Therapie Welche Ergebnisse bringen die kausale Therapie und die Stabilisierung der Hämodynamik? Wieviele medikamentöse Behandlungsversuche sind sinnvoll? Ist die Pulmonalvenenisolation Therapie der 1. Wahl? Dr. med. Th. Gaspar, Herzzentrum Dresden © MIFO Medizinische Information und Organisation 2015, www.kardiowerkstatt.de Leipziger Symposium Kardiovaskuläre Therapiestrategien 2015 Hauptsitzung IV Ventrikuläre Tachykardien: Wann ICD, wann Ablation? Sind alle ventrikulären Tachykardien prognoserelevant und behandlungsbedürftig? Welche Tachykardien können/müssen abladiert werden? Welchen Stellenwert haben 2015 welche Antiarrhythmika? Prof. Dr. med. G. Hindricks, Herzzentrum Leipzig © MIFO Medizinische Information und Organisation 2015, www.kardiowerkstatt.de Leipziger Symposium Kardiovaskuläre Therapiestrategien 2015 Hauptsitzung IV Tachykardien nach Herz-Operation: ein häufiges Problem Was sind „incisionale“ Tachykardien? Wie kann man sie erkennen und wie? PD Dr. med. B. Zrenner, Krankenhaus Landshut-Achdorf © MIFO Medizinische Information und Organisation 2015, www.kardiowerkstatt.de Leipziger Symposium Kardiovaskuläre Therapiestrategien 2015 Workshop IV Telemonitoring von Arrhythmien und aktiven Implantaten Welcher Patient ist mit Telemonitoring besser versorgt? Werden künftig alle Patienten Implantate mit Telemonitoring- Option haben? Bei wem sollen die Informationen einlaufen (nachts, Wochende, feiertags, Urlaub ...)? Prof. Dr. med. Bernd Lemke, Märkische Kliniken, Klinikum Lüdenscheid Telemonitoring-Systeme stehen heute zur Überwachung von Patienten mit implantierten Herzschrittmachern, Defibrillatoren (ICD) und kardialen Resynchronisationssystemen (CRT) zur Verfügung (1). Dabei werden Daten aus den Implantaten automatisch oder durch Auflegen eines Abfragekopfs an einen Patientenmonitor übertragen und über Mobilfunk oder Festnetz an einen Datenserver gesandt. Nach Aufbereitung der Daten erfolgt die Weiterleitung an den betreuenden Arzt via Fax, E-mail oder SMS. Der Nutzen des Telemonitorings besteht im frühzeitigen Erkennen von Aggregat- und Elektrodenfehlfunktionen, Arrhythmieereignissen und Zeichen einer Herzinsuffizienz. Damit ermöglicht es frühzeitige Interventionen und ein individuelles Therapiemanagement bei der Medikamenteneinstellung und der Geräteprogrammierung. In den letzten Jahren wurden zahlreiche klinische Studien zum Telemonitoring durchgeführt (1). Sie belegen, dass aggregatbedingte und klinische Ereignisse frühzeitiger erkennbar sind und therapeutische Maßnahmen schneller eingeleitet werden können. Bei herstellerbedingten Aggregat- und Elektrodenproblemen kann das Telemonitoring zur Überwachung und Früherkennung genutzt werden. „Routinepatienten“ können mit dem Telemonitoring kostengünstig und ohne Verlust an Qualität überwacht werden. Patienten mit primärprophylaktischer Indikation zur ICD-Therapie profitieren durch eine Verlängerung der Nachsorgeintervalle. Die frühzeitige Erkennung von klinischen Ereignissen, insbesondere von paroxysmalem Vorhofflimmern oder ventrikulären Arrhythmien durch Telemonitoring kann zu einer Beschleunigung klinischer Therapieentscheidungen führen. In der TRUST-Studie (2) mit 1339 Patienten konnte die Reaktionszeit zwischen klinischen Ereignissen und ärztlicher Bewertung von 36 Tage auf weniger als 2 Tage verkürzt werden. Gleichzeitig konnten die Kliniknachsorgen um 43% reduziert werden. In der ECOST-Studie (3) mit 433 Patienten wurde die Abgabe inadäquater Schocks halbiert und das ICD-bedingte Hospitalisierungsrisikos um 72% reduziert. Die ALTITUDERegisterdaten (4) von 185.778 Patienten weisen darauf hin, dass Patienten mit ICD- und CRT-Systemen und Telemonitoring eine signifikant geringere Gesamtmortalität haben. In der prospektiv-randomisierten IN-TIME-Studie (5) mit 716 Patienten verschlechterte sich der Composite Clinical Score mit Telemonitoring seltener als ohne (18,9% vs. 27,2%; p=0,013). Auch die Gesamtmortalität war signifikant geringer. Die Autoren sehen dies als kombinierten Effekt einer frühzeitigen Diagnose und Behandlung von ventrikulären und atrialen Tachyarrhythmien, suboptimalen Device-Funktionen und einer kurzfristigen Patientenbefragung. Die Europäischen Leitlinien zur Schrittmacher- und Resynchronisationstherapie (6) empfehlen ein Telemonitoring zur Früherkennung von Arrhythmien und aggregatbedingten Komplikationen (Klasse IIa, Evidenzgrad A). © MIFO Medizinische Information und Organisation 2015, www.kardiowerkstatt.de Leipziger Symposium Kardiovaskuläre Therapiestrategien 2015 Ein Vorteil des Telemonitorings ist besonders bei komplexen Aggregaten (DDD-ICD und CRT-Systemen) und bei Patienten mit fortgeschrittener Grunderkrankung belegt. Einer umfassenden Anwendung telemedizinischer Systeme steht derzeit noch eine fehlende Infrastruktur entgegen. Dies umfasst die Schulung der beteiligten Kardiologen und ihrer Mitarbeiter und eine angemessene Vergütung im ambulanten Bereich. Bei der telemedizinischen Betreuung von Patienten mit implantierten Aggregaten handelt es sich nicht um eine permanente Überwachung der Vitalparameter von Patienten und dementsprechend nicht um das Erkennen bzw. Beherrschen von akuten Notfallsituationen (1). Damit ist die Auswertung der (z. B. täglich) bereit gestellten Monitoringdaten der Implantatträger nicht zeitkritisch. Die Durchsicht und Beurteilung der eingehenden Patientendaten können z. B. während der üblichen Sprechzeiten erfolgen. Der Patient muss vorab ausreichend über den Ablauf der telemedizinischen Betreuung und damit auch über die Erreichbarkeit der Einrichtung und die Bearbeitungszeit seiner Monitoringdaten aufgeklärt werden. Weiterhin sollte geklärt werden, wie die Kontaktaufnahme mit dem Patienten bzw. der Ambulanz erfolgt (7). (1) Müller M et al. Empfehlungen zum Telemonitoring bei Patienten mit implantierten Herzschrittmachern, Defibrillatoren und kardialen Resynchronisationssystemen. Kardiologe 2013; 7:181-193 (2) Varma N et al. Efficacy ans Safety of Automatic Remote Monitoring for Implantable Cardioverter-Defibrillator Folloe-Up. Circulation 2010; 122:325-332 (3) Guédon-Moreau et al. A randomized study of remote follow-up of implantable cardioverter defibrillators: safety and efficacy oft he ECOST trial. Eur Heart J 2013; 34:605-614 (4) Saxon et al. Long-Term Outcome After ICD and CRT Implantation an Infuence of Remote Device Follow-Up. The ALTITUDE Survival Study, Circulation 2010; 122:2359-2367 (5) Hindricks et al. Implant-based multiparameter telemonitoring of patients with heart failure (IN-TIME): a randomised controlled trial. Lancet 2014; 384:583-590 (6) 2013 ESC Guidelines on cardiac pacing and cardiac resynchronization therapy. Eur Heart J 2013; 34: 2281–2329 (7) Deutsche Stiftung für chronisch Kranke. Vision TeKardio 2.0. 2012. http://www.dsck.de © MIFO Medizinische Information und Organisation 2015, www.kardiowerkstatt.de