1 Herz 1 Im Gegensatz zu den Zellen des Reizleitungssystems, deren Membranpotenzial sich aufgrund der spontanen diastolischen Depolarisation kontinuierlich verändert, haben die Ventrikelmyokardzellen ein konstantes (stabiles) Ruhepotenzial von ca. –85 mV. Werden die Herzmuskelzellen durch einen Reiz aus dem Erregungsleitungssystem erregt, steigt ihr ­ Membranpotenzial bis zu dem Schwellenpotenzial von ca. –65 mV. Dadurch werden – wie beim Aktionspotenzial der Nervenzellen – schnelle, spannungsgesteuerte Natrium-Kanäle geöffnet, sodass es zu einem starken Natrium-Einstrom – dem schnellen Aufstrich – in die Herzmuskelzellen kommt. Gleichzeitig fällt die Kalium-Leitfähigkeit ab. Sobald alle Natrium-Kanäle inaktiviert sind (der Einstrom dauert nur etwa 1–2 ms), beginnt die Plateauphase. Durch die schnelle Depolarisation wurden nämlich spannungsgesteuerte L-Typ-Calcium-Kanäle geöffnet, sodass der Einstrom von Calcium-Ionen die Depolarisation der Zellen noch einige Zeit unterhält (ca. 200 ms). Fällt das Membranpotenzial unter 0 mV, beginnt die Repolarisationsphase, in der die stark ansteigende Kalium-Leitfähigkeit das Membranpotenzial bis zum Ruhepotenzial abfällt. Leitfähigkeit Membran­ potenzial Aufstrich Natrium von –80 auf 40 mV 1–2 ms Plateau Calcium ca. 10 mV 200–250 ms Repolarisation Kalium von 0 auf –80 mV gesamtes Aktionspotenzial Ruhemembranpotenzial 50 ms 300 ms Kalium-Gleichgewichtspotenzial –80 mV Tab. 2: Aktionspotential bei HF=60/min 8 Dauer 700 ms Eine erhöhte Natrium- und Calcium-Leit­ fähigkeit führt zur Depolarisation, da diese Ionen extrazellulär höher konzentriert sind als intrazellulär, sie also in die Zellen hineinströmen. Im Gegensatz dazu steht die KaliumKonzentration, die intrazellulär hoch und extrazellulär niedrig ist. Kalium strömt deshalb nach extrazellulär und verursacht so die Repolarisation der Zellen. Hier folgt eine kurze Zusammenfassung wichtiger Fakten: Die Besonderheiten des Aktionspotenzials der Ventrikelmyokardzellen sind seine lange Dauer (ca. 300 ms) sowie die Plateauphase. Daneben hängt die Dauer des Aktionspotenzials von der Herzfrequenz ab: Mit zunehmender Herzfrequenz wird das Aktionspotenzial kürzer, mit abnehmender Herzfrequenz länger. Dies beruht auf der Kalium-Leitfähigkeit, die zum Ende eines Aktionspotenzials hoch ist und noch einige Zeit über die Dauer des Aktionspotenzials hinaus erhöht bleibt. Bei einer hohen Herzfrequenz fällt das nächste Aktionspotenzial noch in eine Zeit erhöhter KaliumLeitfähigkeit hinein; die Repolarisation geht daher schneller vonstatten und das Aktionspotenzial wird entsprechend verkürzt. Auch Störungen im Elektrolythaushalt, wie z. B. eine Zunahme der extrazellulären Kalium-Konzentration oder eine Hyperkalzämie können zur Verkürzung des Aktionspotenzials führen. Eine Hypokalzämie dagegen verlängert das Aktionspotenzial. Während der Plateauphase sind die schnellen Natrium-Kanäle vollständig inaktiviert. Trifft während dieser Zeit ein Reiz auf die Myokardzellen, kann kein weiteres Aktionspotenzial ausgelöst werden; das Herz ist dadurch vor Herzrhythmusstörungen geschützt. Diese Phase nennt sich absolute Refraktärzeit. Erst wenn das Aktionspotenzial in der Repolarisationsphase unter –40 mV fällt, kann durch stärkere Reize ein neues Aktionspotenzial ausgelöst werden. Diese Phase nennt sich relative Refraktärzeit.