Leitfaden Solar- und Photovoltaikanlagen planen und gestalten Im Sonnenland Tirol bietet neue Solaranlagentechnik eine lohnende Nutzung von Sonnenenergie für Wärme und Strom. Bei der Auswahl der Anlage soll neben dem Augenmerk auf optimale Effizienz und höchste Qualität auch der ästhetische Aspekt nicht zu kurz kommen. Für Architekten und Planer gibt es bei der Installation von Solarkollektoren bereits ein großes Potenzial an Gestaltungsmöglichkeiten, um Ästhetik und Funktionalität zu vereinen. An ihnen liegt es, diese Möglichkeiten auch zu nutzen. DI Bruno Oberhuber, GF Energie Tirol 3 Vorwort Die Sonne ist eine unerschöpfliche Energiequelle, die uns zuverlässig, kostenlos und umweltschonend das ganze Jahr über zur Verfügung steht. Völlig unabhängig von teuren Importen liefert die Sonne innerhalb weniger Stunden mehr Energie, als die gesamte Weltbevölkerung verbraucht. Mit rund 1900 Sonnenstunden pro Jahr verfügt das Land Tirol auch im Winter über ein enormes Energiepotenzial, das es sinnvoll zu nützen gilt. Bis 2050 ließe sich der gesamte Warmwasserbedarf Tirols mittels Sonnenenergie erzeugen. Die verstärkte Nutzung von Solarenergie ist demnach eine wichtige Maßnahme, um bis 2050 Tirols Energieunabhängigkeit zu realisieren. Erfreulicher Weise setzt sich der Trend zu Solar- und PV-Anlagen auf Tirols Dächern fort. Die Vorteile liegen für jeden Einzelnen auf der Hand. Mit Solaranlagen spart man mehr als die Hälfte an Kosten für Heizung und Warmwasser. Zusätzlich bleiben Mensch und Natur von jeder Menge Schadstoffbelastung verschont. Die vorliegende Broschüre dient der sachlichen Information für all jene, die die Energiezukunft des Landes mitgestalten wollen und die Nutzung von Sonnenenergie zur Erzeugung von Wärme und/oder Strom in Erwägung ziehen. Neben Grundlagen zur optimalen Planung von bedarfsgerechten Solarlösungen ist auch die ästhetische Gestaltung und harmonischen Einbettung der Anlagen in Dach oder Fassade des Gebäudes ein Schwerpunktthema des Leitfadens. Modernste Solartechnologie und Ästhetik lassen sich dank Innovationsgeist und Kreativität heimischer Anbieter von Sonnenergielösungen hervorragend vereinen. Um die Akzeptanz von Solarenergielösungen zu erhöhen, ist die Verbreitung von seriösem, praktischem Fachwissen nötig. Diese Broschüre ist ein Beitrag dazu. LHStv. Josef Geisler, Energielandesrat LR Mag. Johannes Tratter, Wohnbaulandesrat 4 Die Kraft der Sonne Sonnenland Tirol Zu den reichhaltig vorhandenen erneuerbaren Energieressourcen Tirols zählt neben der Wasserkraft vor allem auch die Kraft der Sonne. Die Sonne schenkt uns in Tirol mehr als 1.900 Sonnenstunden jährlich – wir müssen ihre Kraft nur nutzen! Sonnenenergie eignet sich gleichermaßen zur Erzeugung von Wärme und Strom. Die Vorteile liegen klar auf der Hand: Sonnenenergie macht uns unabhängig, weil sie unbegrenzt und kostenlos zur Verfügung steht. Sie ist klimafreundlich und trägt zur Verbesserung unserer Luft bei! Solarpotenzial in Tirol Aufgrund der hohen Anzahl an Sonnenstunden ist in Tirol ein enormes SolarenergiePotenzial vorhanden. Auf einen Quadratmeter strahlen pro Jahr rund 1.000 kWh ein. Um den gesamten Wärmebedarf für Heizung und Warmwasser unseres Landes zu decken, würden 0,5 % der besiedelbaren Fläche genügen. Tirol hat eine der weltweit höchsten Solaranlagendichte Bis Ende 2012 waren rund 490.000 m² thermische Sonnenkollektoren installiert. Mit einer Solaranlagenfläche von ca. 0,7 m² pro Einwohner hat Tirol innerhalb Österreichs eine gute Position und liegt damit weltweit im Spitzenfeld. Starker Zuwachs von PV-Anlagen in Tirol In den letzten Jahre ist ein starker Anstieg von PV-Anlagen in Tiro zu verzeichnen. Alleine von 2010 auf 2012 hat sich die Anzahl der installierten Leistung mehr als verdreifacht. Inzwischen sind in Tirol rund 230.000 m² (das entsprich 23 Megawatt) Photovoltaikanlagen installiert. Das entspricht einer Fläche von 0,3 m² pro Einwohner. 5 Die Sonne macht Wärme und Strom Thermische Solaranlage 1 m² Kollektorfläche gewinnt rund 350 bis 400 kWh Wärme pro Jahr – das entspricht 35 bis 40 Liter Heizöl. Beispiel: Bei einem Haushalt mit vier Personen kann mit rund 8 m² Kollektorfläche 70 % des jährlichen Warmwasserbedarfes solar erzeugt werden. Das spart rund 280 bis 320 Liter Heizöl pro Jahr. Ist das Gebäude energieeffizient gebaut, dann kann mit 15 bis 20 m² Kollektorfläche zusätzlich noch ein solarer Heizungsbeitrag von 25 % erreicht werden. Ist es im Passivhaus-Standard gebaut, dann ist ein solarer Heizungsbeitrag von rund 35 % realistisch. Photovoltaikanlage 1 m² Photovoltaik gewinnt rund 100 bis 140 kWh Strom pro Jahr. Beispiel: Ein Haushalt mit vier Personen hat einen durchschnittlichen Stromverbrauch (für Elektrogeräte und Beleuchtung) von 4.000 kWh pro Jahr. Eine Photovoltaikanlage mit rund 40 m² Photovoltaikfläche (rund 4 kWpeak) kann in einem Jahr in etwa gleich viel Strom aus der Sonne gewinnen. 6 Solaranlage: Aus Sonne wird Wärme Eine gut ausgelegte Solaranlage liefert thermische Energie, die sowohl zur Warmwasserbereitung als auch zur Heizungsunterstützung verwendet werden kann. Speicher, Hydraulikkomponenten (Wärmetauscher, Pumpen, …) und intelligente Regelungen bilden ein perfekt aufeinander abgestimmtes System. Auf eine hygienische Trinkwassererwärmung und effiziente Einbindung in ein Niedertemperaturheizsystem (nur bei sehr gut gedämmten Gebäuden der Energieausweiskategorie A++, A+, A und B) ist besonders zu achten. Dank neuer Technologien gibt es bereits viele Möglichkeiten, wie Solaranlagen mit anderen erneuerbaren Energien kombiniert werden können, um eine effiziente Versorgung zu gewährleisten. Ausrichtung und Größe Generell ist eine Kollektorausrichtung nach Süden anzustreben, wobei Abweichungen nur mit minimalen Ertragsverlusten verbunden sind. Da sich der Sonnenstand im Jahresverlauf ändert, richtet sich der optimale Kollektorneigungswinkel nach dem Verwendungszweck: Schwimmbad 0° bis 30°, Warmwasser 25° bis 60°, Raumheizung 45° bis 90°. Für die Warmwasserbereitung sind pro Person etwa 1,5 m² bis 2 m² Flachkollektorfläche notwendig (bei Vakuumkollektoren 1 m² bis 1,2 m²). Die Speichergröße kann mit 50 bis 70 l pro m² Kollektorfläche angenommen werden. Ein Deckungsgrad für die Warmwasserbereitung von etwa 70 % ist realistisch. Bei Solaranlagen für Raumheizungsunterstützung und Warmwasserbereitung ist neben einer größeren Kollektorfläche auch ein Pufferspeicher notwendig. Die Auslegung richtet sich nach dem Heizwärmebedarf. Für ein gut gedämmtes Einfamilienhaus sind 15 – 20 m² Kollektorfläche und ein Pufferspeicher von ca. 1.000 l sinnvoll, um etwa 25 % der Heizkosten einzusparen. 45° N O NW W 20° SO SW S ± 50° 7 Photovoltaikanlage: Aus Sonne wird Strom Eine richtig geplante Photovoltaikanlage liefert elektrischen Strom, der sowohl im eigenen Gebäude verwendet, als auch als „Überschussstrom“ in das örtliche Stromnetz eingespeist werden kann. Wichtig ist dabei, dass so viel wie möglich dieses erzeugten Stroms im eigenen Gebäude verwendet wird. Dies wird durch richtige Dimensionierung und ein intelligentes „Strommanagement“ garantiert. Ausrichtung und Größe Den größtmöglichen Ertrag erzielt man bei einer Ausrichtung nach Süden und einer Neigung von ca. 30 Grad, wobei Abweichungen den Ertrag nur unwesentlich reduzieren. Viel wichtiger ist, dass keine Abschattungen den Einfluss der Sonne stören. Bei guter Ausrichtung und professioneller Anlagenplanung kann ein jährlicher Stromertrag pro installierter Kilowatt (kWp) von ca. 900 – 1.100 kWh erwartet werden. Pro kWp Leistung benötigt man eine Fläche von ca. 7 – 10 m². Ein durchschnittlicher Haushalt in Tirol benötigt ca. 4.000 kWh Strom pro Jahr. Ungefähr 30 % dieses Strombedarfs können unmittelbar durch eine Photovoltaikanlage abgedeckt werden, der Rest wird ins Netz eingespeist. Die optimale Größe einer Photovoltaikanlage für ein Einfamilienhaus liegt also bei ca. 2 – 4 kWp. Dachneigung 80° 70° 60° 50° 40° 30° 20° 10° 0° 10° 20° 30° 40° 50° 60° 70° 80° West Ost 80° 80° 100 % 70° 70° 60° 60° 50° Südwest 50° 40° 40° 30° Südost 30° 20° 10° 0° 10° 20° Ertragserwartung gegenüber optimaler Ausrichtung 95 – 99 % 90 – 94 % 85 – 89 % 80 – 84 % 75 – 79 % 70 – 74 % 65 – 69 % 60 – 64 % 8 Grundlagen für die Planung von Solaranlagen in Tirol Bei der Wahl der richtigen Ausrichtung sind oft lokale Gegebenheiten von großer Bedeutung. Informationen dazu findet man kostenlos auf der Homepage des Landes Tirol auf www.tirol.gv.at/tiris unter dem Menüpunkt Sonnenstunden. Für die Bezirke Lienz und Landeck lässt sich über den Tiris Kartendienst zudem das Solarpotenzial vorhandener Dächer abrufen. Die Auskunft über Sonnengang und Sonnenstunden liefert viele Rückschlüsse zur Verschattung durch Berge an einem bestimmten Standort und damit zur Eignung dieses Standortes zur solaren Nutzung. Sonnengang am Beispiel eines Standortes in Innsbruck O Höhe SO S SW W 60° 50° 40° 30° 20° 10° Sommersonnwende 6h 7h 8h 9h 12. März 10h 7h 11h 8h 12h 9h 10h Wintersonnenwende 9h 13h 11h 10h 14h 12h 11h 13h 12h Tagessummen Besonnung 13h 15h 14h 14h 16h 15h 15h 16h 17h 17h 18h 19h 20h 21h 18h 16h Tagesgang der Besonnung 16 22 14 20 12 18 10 16 8 14 6 12 4 8 2 6 0 JA FE MÄ AP MA JU JU AU SE OK NO DE JA FE MÄ AP MA JU JU AU SE OK NO DE 9 Tipps für eine optimale Solaranlage • Speicherdämmung verbessern Eine um rund 10 cm dickere Dämmung des Solarspeichers reduziert die Wärmeverluste in der Größenordnung von 5 bis 7 % des jährlichen Solarertrags. • Kollektorflächen integrieren In die Dachhaut oder in die Fassade bündig integrierte Kollektoren haben geringere Wärmeverluste durch die Rückwand. Die Anschlussleitungen sind meist kürzer und in die schützende Dachhülle integriert. Derartige Anlagen liefern einen rund 3 bis 6 % höheren jährlichen Solarertrag. • Schnee auf den Kollektoren ist meistens kein Thema Der Minderertrag durch schnee-bedeckte Kollektoren beträgt in Mittellagen rund 1 bis 4%, in Höhenlagen (über 1.000 m) rund 5 bis 8 %. • Sonderkonstruktionen vermeiden Die Mehrkosten für konstruktive Maßnahmen (wie z.B. Aufständerungen, Montage in die Balkonbrüstung oder im Garten) stehen fast immer in einem schlechteren Verhältnis zum erziehlbaren solaren Mehrertrag. Sie rechnen sich fast nie. • Solarertrag berechnen lassen Mit einem Simulationsprogramm kann ihr Installateur schnell Variantenvergleiche rechnen und die Unterschiede der Solarerträge ermitteln. Fragen Sie ihn nach Kosten der produzierten Kilowattstunde Solarenergie. Dach- oder Fassadenintegration, sowie dachparallele Montage hat bei Satteldächern deutliche Vorteile bezüglich Solarertrag, Lebensdauer und Optik. Sie ist meist auch die gesamtwirtschaftlich bessere Variante. 10 11 Gestaltung von Solaranlagen Gestaltungsgrundsätze Ob Photovoltaikmodul oder thermischer Kollektor: Entscheidend ist, ob sich die Solaranlage harmonisch in das Gebäude integriert oder wie zufällig abgestellt und störend wirkt. Eine Rücksichtnahme auf gestalterische Ansprüche führ in aller Regel zu keinen nennenswerten Einbußen im Ertrag. In den meisten Fällen unterstützt eine schöne Einbindung sogar die Gesamtwirtschaftlichkeit. Die wichtigsten Gestaltungsgrundsätze werden in den folgenden Kapiteln vorgestellt. 1 Kollektoren bündig einbauen 2 Kollektorfelder zusammenfassen 3 Richtig proportionieren 4 Parallele Flächen und parallele Linien beachten 5 Aufgeständerte Anlagen auf Flachdächern 6 Untergeordnete Bauteile nutzen 7 Bestehende Flächen und Neigungen nutzen 8 Freiaufstellung vermeiden 9 Solaranlagen im Bestand 10 Denkmalgeschützte Häuser 12 Empfehlung 1 Kollektoren bündig einbauen Der bündige Einbau in die Hülle des Daches oder der Fassade ist sowohl bei thermischen Kollektoren, als auch für die Photovoltaik-Module der wichtigste Grundsatz. Aufgesetzte Anlagen wirken immer „nachträglich“ angebracht und sind bei Neubauten oder Generalsanierungen zu vermeiden. Werden die Anlagen mit der Dacheindeckung oder der Fassadensanierung geplant und durchgeführt, sparen sie Material und lassen sich gestalterisch in das jeweilige Bauteil integrieren. Bei thermischen Anlagen verringern sich die Verluste durch Auskühlung, da Anschlussleitungen direkt in der Dachhaut oder der Fassade verschwinden. Flachkollektoren lassen sich komplett in der Dachhaut versenken und sind vor Witterungseinflüssen geschützt. Derartige Anlagen liefern einen rund 3 bis 6 % höheren jährlichen Solarertrag. Ist ein dachbündiger Einbau nicht möglich, sollte auf eine möglichst geringe Aufbauhöhe geachtet werden. Die Temperatur der Photovoltaik-Module beeinflusst deren Wirkungsgrad. Bei gebäudeintegrierten Photovoltaik-Modulen, die entweder in die Dachhaut integriert werden oder als Fassadenbauteile genutzt werden, ist konstruktiv bedingt häufig nur eine eingeschränkte Hinterlüftung möglich. Damit sinkt der Wirkungsgrad. Messungen jedoch haben gezeigt, dass sich die Ertragsunterschiede zwischen Dachintegration, Aufdachmontage und völlig freie Aufstellung (z.B. auf dem Flachdach) im Bereich von maximal 5% bewegen. Der aufgesetzte Kollektor ist ungeschützt und hat höhere Wärmeverluste. Kollektorflächen wirken optisch wie zufällig abgestellt. Der bündige Kollektor bildet ein Element mit Dachhaut und Dachfenstern. Thermische Kollektoren und Photovoltaik-Module in die Dachhaut integriert. Optisch ansprechend, dabei mit geringeren Wärmeverlusten. 13 Empfehlung 2 Kollektorfelder zusammenfassen Solarkollektoren und Photovoltaik-Module sind am besten als zusammenhängende, rechteckige Fläche in die Dach­fläche oder Fassade zu integrieren. Verschiedene Kollektoren werden dabei in einem Feld zusammengefasst. Eine Aufteilung auf mehrere Teilstücke und die Mischung von verschiedenen Systemen und Fabrikaten auf einer Fläche sollte vermieden werden. Die Rastermaße der verschiedenen Module müssen während der Planung aufeinander abgestimmt werden. Unterschiedliche Kollektorfelder in einer Fläche sind unruhig und stören den Gesamteindruck. Ein zusammenhängendes Kollektorfeld fügt sich in den Gesamteindruck des Bauteils ein. Besonders störend wirken Abtreppungen. Solaranlagen sind nicht aufeinander abgestimmt. Zusammenhängende, rechteckige Fläche. Symmetrisch zur bestehenden Dachfläche. 14 Empfehlung 3 Richtig proportionieren Größe und Position der Solaranlage sind passend zu einem ausgewogenen Verhältnis der Dachfläche oder Fassade zu wählen. Die Konturen der Flächen des Firstes, der seitlichen Dachränder und der Traufe sollen dabei erkennbar bleiben. Entweder bedeckt eine Solaranlage mit einer maßgeschneiderten Lösung die gesamte Fläche oder es ist auf ein harmonisches Verhältnis von Solaranlage zu Dachfläche zu achten. Auf keinen Fall sollen die Solaranlagen die Konturen des Gebäudes überragen. Die Solaranlagen sollen auf keinen Fall die Konturen des Gebäudes überragen. Photovoltaik-Modulfläche ungeplant. Die Solaranlage bedeckt einen klar definierten Anteil des Bauteils. Sowohl bei der fassadenintegrierten als auch der dachintegrierten Anlage sind die Proportionen zum Gebäude harmonisch. 15 Empfehlung 4 Parallele Flächen und parallele Linien beachten Wichtig ist es auch darauf zu achten, dass Kollektoren die gleiche Orientierung und Neigung aufweisen, wie Dachkanten und Dachflächen, Hauskanten und Fassaden. Parallele Linien ordnen sich dem Gesamtbild unter und erzeugen ein harmonisches Gesamtbild. Solaranlagen werden deswegen am besten rechteckig in die Dach- oder Fassadenflächen gesetzt. Abtreppungen und „ausgebissene“ Formen um Dachflächenfenster oder Kamine sind zu vermeiden. Sind parallele Linienführungen, z.B. wegen einem Walmdach, nicht möglich, sollte möglichst viel Abstand zu den schrägen Linienführungen gelassen werden. Die Konturen des Gebäudes, wie Horizontlinie und seitliche Begrenzungen, sind besondere visuelle Merkmale und sollten nicht durch Solaranlagen beeinträchtigt werden. Aufständerungen und Auskragungen auf Schrägdächern sollten deswegen vermieden werden. Wenn Solaranlagen in Balkongeländer integriert werden, sind sie parallel zu den senk­rechten Absturzsicherungen zu installieren. Falls parallele Linienführung nicht möglich ist, sollte mehr Abstand zwischen dem Kollektor und der schrägen Form geschaffen werden. Getreppte Kollektoren beeinträchtigen die Dachform. Solaranlagen können auch maßgeschneidert in schräge Bauteile eingefügt werden. Unauffällige, dachintegrierte Lösung. Keine Investitionen in konstruktive Aufständerung. 16 Empfehlung 5 Aufgeständerte Anlagen auf Flachdächern Aufgeständerte Anlagen sind grundsätzlich nur auf Flachdächern zu empfehlen. Und auch hier sind einige Gestaltungsregeln zu beachten. Um die Kontur des Daches nicht zu stören sollten: • Die Kollektoren parallel zur Dachkante errichtet sein, • der Dachüberstand der Kollektoren maximal 1 m betragen (gemessen von der Dachfläche bzw. von der Oberkante der Attika zum höchsten Punkt der Anlage), • der Abstand zum Dachrand sollte zumindest der Höhe des Dachüberstandes (gemessen von der Dachfläche bzw. von der Oberkante der Attika zum höchsten Punkt der Anlage) entsprechen. Photovoltaik-Module werden für einen optimalen Jahresertrag rund 15 bis 25 Grad geneigt und lassen sich hinter einer Attika gut verbergen. Die Ausrichtung der Solaranlage orientiert sich nicht am Gebäude. Die Orientierung der Kollektorfläche auf dem Pultdach gegen Süd bringt zwar rund 15 % Mehrertrag, beeinträchtigt jedoch das gestalterische Erscheinungsbild. Gebäudelinien und ausreichend Abstände zum Dachrand sind berücksichtigt. Kollektorfelder bleiben unterhalb der Attika und sind vom Straßen- und Freiraum nicht einsehbar. 17 Empfehlung 6 Untergeordnete Bauteile nutzen Gibt es auf dem Hausdach oder der Fassade keine zusammenhängenden, geeigneten Flächen, können oft untergeordnete Bauteile, wie Garagen, Schuppen oder Anbauten für eine Solaranlage genutzt werden. Auch bei alter, wertvoller Bausubstanz bietet sich das Ausweichen auf ein Nebengebäude an, um die vorhandene Bausubstanz nicht zu verfremden. Bei neuen Gebäuden können dagegen Vordächer, Balkonüberdachungen oder Sonnenschutzelemente gestalterisch einbezogen und flächig als Kollektoren benutzt werden. In wertvoller Bausubstanz wirken Solaranlagen störend. Die Kollektoren beeinträchtigen den Gesamteindruck. Besser ist eine Integration in einem untergeordneten Bauteil oder Nebengebäude. Gelungene Wandintegration im Nebengebäude. 18 Empfehlung 7 Bestehende Flächen und Neigungen nutzen Kollektoren sollten die gleiche Orientierung und Neigung wie Dachkanten und Dachflächen aufweisen. Abzuraten ist von Kollektor-Positionierungen, bei welchen zusätzliche konstruktive Maßnahmen (wie z.B. Aufständerungen, Ausdrehungen Richtung Süden, Montage in die Balkonbrüstung) notwendig sind, um mehr Solarertrag zu erzielen. Aufständerungen und Ausdrehungen bringen meist nur wenige Prozente mehr an Solarertrag. Durch die in der Regel zusätzlichen Investitionskosten und die im Betrieb höheren Wärmeverluste wird unter dem Strich meist eine schlechtere Gesamtwirtschaftlichkeit erreicht als in der vermeintlich ungünstigeren Kollektorposition. Aufständerungen und Balkonmontagen wirken sich immer störend auf das Erscheinungsbild aus. Der Mehrertrag ist oftmals nur gering. Der Kollektor dominiert – nicht das Haus. Die Solaranlage nimmt die bestehenden Dach- und Fassadenflächen des Hauses auf. Thermische Kollektoren können in jeder Form und Größe gefertigt werden. 19 Empfehlung 8 Freiaufstellung vermeiden Solaranlagen auf Grünflächen und Hängen stören das Landschaftsbild und verschwenden in der Ortschaft wertvollen Freiraum. Die benötigte Fläche für eine solarthermische Anlage findet man an beinahe jedem Haus an Fassade, Dach oder Nebengebäude. Die Anbringung auf dem Gebäude verkürzt die Leitungswege und ist auch bei nicht optimaler Südausrichtung einer Freiaufstellung vorzuziehen. Anstelle der Errichtung einer privaten Photovoltaikanlage in der Landschaft ist es sinnvoller und ertragreicher in eine Gemeinschaftsanlage zu investieren, die große Dächer von öffentlichen Gebäuden oder Gewerbeanlagen nutzt. Die Inves­tition in eine größere Anlage ist außerdem kostengünstiger und leistet den gleichen Beitrag zur Erzeugung von erneuerbarer Energie, wie die eigene Anlage auf eigenem Grundstück. Wird die Anlage zusammen mit dem Haus oder einer Sanierung geplant, finden sich auch am Gebäude oder auf Nebengebäuden meist eine gut nutzbare Fläche. Nur selten ist eine Freiaufstellung die beste Lösung. Investitionen in Unterkonstruktion und Solarleitungen und die höheren Wärmeverluste wirken sich nachteilig auf die Wirtschaftlichkeit aus. Es gibt genügend Flächen auf Gebäuden, die für Solaranlagen zur Verfügung stehen. Unauffällige Kollektoren auf dem Nebengebäude 20 Empfehlung 9 Solaranlagen im Bestand Im Falle von wertvoller Bausubstanz sollte der Erhalt eines baukulturell hochwertigen Gebäudes im Vordergrund stehen. Es gibt gerade im Falle der Photovoltaik fast immer die Möglichkeit stattdessen in eine Gemeinschaftsanlage an einem anderen Standort zu investieren. Ansonsten gelten im Bestand die gleichen gestalterischen Grundsätze, wie bei einem Neubau. Nach Möglichkeit sollte die Solaranlage bei der Sanierung einer Hüllfläche in das Gebäude integriert werden. Eine Dämmmaßnahme im Dach eines durchschnittlichen Einfamilien­hauses spart übrigens mehr Energie, als eine Warmwassersolaranlage gleichzeitig erwirtschaften kann. Also lieber 2 bis 3 Jahre abwarten und dann eine Gesamtlösung planen, als eine Solaranlage aufsetzen, die dann vielleicht die Sanierung verzögert. Auch im Bestand sollen die Solarkollektoren wie selbstverständlich in Fassaden oder Dachflächen eingepasste Bauteile wirken. Handelt es sich um ein denkmalwürdiges oder ein denkmalgeschütztes Gebäude muss gleich vor Beginn einer Planung der Rat der Denkmalbehörde eingeholt werden. 21 Empfehlung 10 Denkmalgeschützte Häuser An Baudenkmalen sind Sonnenkollektoren nur mit sehr großen Einschränkungen vertretbar und dürfen jedenfalls nicht einsehbar sein. Grundsätzlich kann über Solarmodule nicht als Einzelmaßnahme entschieden werden. Sie müssen Bestandteil eines Gebäudetechnikkonzeptes sein. Nebengebäude, Stützmauern, Gartenböschungen etc. können sich im Umfeld von Baudenkmalen im Einzelfall für die Anbringung von Solaranlagen eignen, sofern diese Strukturen nicht einen Bestandteil der historischen Denkmalanlage bilden. Es müssen folgende Voraussetzungen im Sinne des Umgebungsschutzes gegeben sein: • Es stehen schwer einsehbare Flächen an Nebengebäuden etc. zur Verfügung und die Wirkung des Baudenkmals wird nicht nachteilig beeinflusst. • Die Flächenanteile der Sonnenkollektoren stehen in einem untergeordneten Verhältnis zum Objekt und zur Umgebung. • Die Module sind architektonisch und in der Materialwahl möglichst unauffällig Am Denkmal selbst ist die Installation von Sonnenkollektoren nur im begründeten Einzelfall möglich. Auf Flächen am Baudenkmal, die vom öffentlichen wie halböffent­ lichen Raum sowie von wesentlich zur historischen Struktur des Baudenkmals gehörenden Räumen und Standorten einsehbar sind, ist eine Installation von Sonnenkollektoren grundsätzlich nicht möglich. Textauszug aus der Richtlinie „Energieeffizienz am Baudenkmal“, bda, www.bda.at/documents/462396673 22 Rechtliche Bestimmungen zur Errichtung von Solar- und Photovoltaikanlagen Folgend eine vereinfachte Übersicht für eine grundsätzliche Orientierung von rechtlichen Bestimmungen im Zuge der Errichtung von Solar- und Photovoltaikanlagen. Die Prüfung obliegt der jeweils zuständigen Behörde. Tiroler Bauordnung (TBO) In der Tiroler Bauordnung sind die baurechtlichen Bestimmungen für die Errichtungen von Anlagen an Gebäuden geregelt. Weder eine Bauanzeige noch eine Baubewilligung ist für das Anbringen von Sonnenkollektoren und Photovoltaikanlagen bis zu einer Fläche von 20 m² nötig, sofern sie in die Dachfläche oder Wandfläche integriert sind oder der Parallelabstand des Sonnenkollektors bzw. der Photovoltaikanlage zur Dach- bzw. Wandhaut an keinem Punkt der Außenfläche der Anlage 30 cm übersteigt. Ortsbildschutz und Denkmalschutz Für Solaranlagen an einem Gebäude in einer Schutzzone gemäß Ortsbildschutzgesetz oder unter Denkmalschutz gelten besondere Vorschriften. Ob und in welcher Form eine Solaranlage möglich ist, muss in jedem Fall einzeln geprüft und von der zuständigen Behörde (Stadtmagistrat, Gemeinde, Bundesdenkmalamt) entschieden werden. Tiroler Raumordnungsgesetz (TROG) Werden Sonnenkollektoren und Photovoltaikanlagen im Freiland aufgestellt, braucht es bei Anlagen mit einer Fläche größer als 20 m² eine Umwidmung als Sonderfläche für Sonnenkollektoren oder Photovoltaikanlagen. Tiroler Elektrizitätsgesetz (TEG) Photovoltaikanlagen größer 25 kWp und höchstens 250 kWp benötigen neben einer Bewilligungspflicht nach TBO eine Anzeige nach dem TEG. Anlagen größer als 250 kWp sind von der TBO ausgenommen, benötigen aber eine Bewilligung nach TEG. In einzelnen Fällen kann auch eine Bewilligung nach dem Tiroler Naturschutzgesetz und / oder dem Forstgesetz erforderlich sein. 23 Adressen und weiterführende Informationen Spezielle Fragen zur Förderung thermische Solaranlagen und Photovoltaik Amt der Tiroler Landesregierung Solaranlagen im Wohnbau: Abteilung Wohnbauförderung, Tel: +43 /(0)512 / 508 2732 Solaranlagen im Gewerbe: Sachgebiet Wirtschaftsförderung, Tel: +43 /(0)512 / 508 3217 Weitere Beratungs- und Informationsstellen Energieberatungsangebote von Energie Tirol www.energie-tirol.at Tel: +43 /(0)512 / 589913 Nützliche Webseiten für vertiefende und weiterführende Informationen www.solarwaerme.at Umfassende und firmenunabhängige Infos rund um Solaranlagen www.klimaaktiv.at/tools/erneuerbare/pv_rechner.html PV-Tool der Österreichischen Energieagentur zur raschen Abschätzung der Wirtschaftlichkeit von Photovoltaikanlagen www.polysunonline.com Solarertrag (Solarthermie und Photovoltaik) selbst berechnen www.pvaustria.at Interessensvertretung der Photovoltaik-Industrie in Österreich www.bda.at/documents/462396673.pdf Textauszug aus der Richtlinie „Energieeffizienz am Baudenkmal“ Die Broschüre wurde inhaltlich in weiten Teilen aus der gleichnamigen Broschüre des Energieinstituts Vorarlberg übernommen. Wir bedanken uns beim Energieinstitut Vorarlberg für die kostenlose Überlassung der Inhalte. Impressum Eigentümer, Herausgeber und Medieninhaber: Energie Tirol, Südtiroler Platz 4, 6020 Innsbruck Für den Inhalt verantwortlich: DI Bruno Oberhuber, Energie Tirol Konzept und Redaktion: Wilhelm Schlader, Energieinstitut Vorarlberg Redaktion Energie Tirol: DI Robert Traunmüller Gestaltung: studio motta altenried, www.almo.de · Cover: Christian Waha + Elke Puchleitner, Innsbruck · Druckerei: Pircher GmbH · Stand: Mai 2014 Fotos: Energie Tirol (Cover, Seite 2, 4, 7 und 9), Fa. MGT-Feldkirch (Seite 10), Fa. Solator-Wolfurt (Seite 12), Barbara Keiler (Seite 21), restliche Fotos Energieinstitut Vorarlberg Energie Tirol · Südtiroler Platz 4, 6020 Innsbruck Tel: +43 /(0)512 / 589913 · Fax DW 30 [email protected] · www.energie-tirol.at