Quantenmechanik Lehr- und Übungsbuch 2.Auflage *978-3

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Autor: David J. Griffiths Titel: Quantenmechanik — 2012/3/2 — page 1 — le-tex
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Quantenmechanik
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Autor: David J. Griffiths Titel: Quantenmechanik — 2012/3/2 — page 2 — le-tex
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Autor: David J. Griffiths Titel: Quantenmechanik — 2012/3/2 — page 3 — le-tex
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David J. Griffiths
Quantenmechanik
Higher Education
München • Harlow • Amsterdam • Madrid • Boston
San Francisco • Don Mills • Mexico City • Sydney
a part of Pearson plc worldwide
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Autor: David J. Griffiths Titel: Quantenmechanik — 2012/3/2 — page 121 — le-tex
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Formalismus
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3.2 Observable . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
126
3.3 Eigenfunktionen
eines hermiteschen Operators . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
130
3.4 Die verallgemeinerte
statistische Interpretation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
137
3.5 Die Unschärferelation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
141
3.6 Die Dirac-Notation
150
.....................................
3
ÜBERBLICK
3.1 Der Hilbert-Raum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Autor: David J. Griffiths Titel: Quantenmechanik — 2012/3/2 — page 122 — le-tex
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Formalismus
3.1
Der Hilbert-Raum
In den letzten beiden Kapiteln sind wir über eine Anzahl von interessanten Eigenschaften einfacher quantenmechanischer Probleme gestolpert. Einige davon sind
„zufällige“ Merkmale spezieller Potentiale (beispielsweise der gleichmäßige Abstand
zwischen den Energieniveaus beim harmonischen Oszillator), doch andere sind
grundlegender Natur; es wäre gut, wenn man sie ein für allemal beweisen könnte
(hierzu gehören beispielsweise die Unschärferelation und die Orthogonalität der stationären Zustände). Mit Blick darauf geht es in diesem Kapitel darum, die Theorie
in eine leistungsstärkere Form umzugestalten. Ich werde also kaum etwas vorstellen,
was wirklich neu wäre; es geht mir eher darum, die vielen Einzelaspekte, die wir aus
verschiedenen Spezialfällen gewonnen haben, in einer großen Linie zusammenzufassen.
Die Quantenmechanik basiert auf zwei Konstrukten: den Wellenfunktionen und den
Operatoren. Der Zustand eines Systems wird durch seine Wellenfunktion beschrieben, Observablen werden durch Operatoren dargestellt. Mathematisch gesehen erfüllen Wellenfunktionen die Anforderungen an abstrakte Vektoren, und Operatoren
wirken auf sie wie lineare Transformationen. Die natürliche Sprache der Quantenmechanik ist also die der linearen Algebra.1
Doch es handelt sich hier um eine Form der linearen Algebra, von der ich vermute,
dass Sie nicht unmittelbar damit vertraut sind. In einem N-dimensionalen Raum ist
es am einfachsten, einen Vektor |a durch das N-Tupel seiner Komponenten bezüglich einer bestimmten Orthonormalbasis in der Form {an } darzustellen:
⎛
⎞
a1
⎜ a2 ⎟
⎜ ⎟
|α → a = ⎜ . ⎟ .
⎝ .. ⎠
(3.1)
aN
Das innere Produkt α |β zweier Vektoren (mit dem man das Punktprodukt zweier
Vektoren in drei Dimensionen verallgemeinert), ist die komplexe Zahl
α |β = a∗1 b1 + a∗2 b2 + · · · + a∗N bN .
(3.2)
Lineare Transformationen T werden bezüglich einer bestimmten Orthonormalbasis
durch Matrizen dargestellt, die auf einen Vektor wirken (und dabei einen neuen
Vektor erzeugen); dabei gelten die gewöhnlichen Regeln der Matrizenmultiplikation:
⎛
t11
⎜ t21
⎜
|β = T|α → b = Ta = ⎜ .
⎝ ..
t12
t22
..
.
···
···
tN1
tN2
···
⎞⎛ ⎞
t1N
a1
⎜ ⎟
t2N ⎟
⎟ ⎜ a2 ⎟
.. ⎟ ⎜ .. ⎟ .
. ⎠⎝ . ⎠
tNN
(3.3)
aN
1 Wenn Sie bislang noch nichts über lineare Algebra gehört haben, sollten Sie den Anhang
durcharbeiten, bevor Sie weiterlesen.
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Autor: David J. Griffiths Titel: Quantenmechanik — 2012/3/2 — page 123 — le-tex
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3.1 Der Hilbert-Raum
Die „Vektoren“, denen wir in der Quantenmechanik begegnen, sind jedoch (zumindest zum größten Teil) Funktionen, die in unendlich-dimensionalen Vektorräumen
leben. Für sie wäre die Schreibweise mit N-Tupeln im besten Falle ungeschickt, und
Manipulationen, die sich im endlich-dimensionalen Fall „gutartig“ verhalten, können recht problematisch werden. (Der eigentliche Grund dafür ist, dass zwar die
endliche Summe in Gleichung 3.2 immer existiert, eine unendliche Summe – oder
ein Integral – aber muss nicht unbedingt konvergieren; in diesem Fall existiert das
innere Produkt nicht, und jeder Beweis, in dem innere Produkte vorkommen, wird
sofort unseriös.) Auch wenn Ihnen der größte Teil der Terminologie und Schreibweisen vertraut vorkommt, wird es sich also auszahlen, wenn Sie bei diesem Thema
äußerste Vorsicht walten lassen.
Die Gesamtheit aller Funktionen in x bildet einen Vektorraum, doch für unsere Zwecke ist der viel zu groß. Um einen möglichen physikalischen Zustand zu repräsentieren, muss die Wellenfunktion Ψ normiert werden:
|Ψ |2 dx = 1 .
Die Menge aller quadratintegrablen Funktion f (x ) über einem bestimmten Intervall,
für die gilt2
f (x ) mit
b
|f (x )|2 dx < ∞ ‚
(3.4)
a
bildet ebenfalls einen (viel kleineren) Vektorraum (vgl. Aufgabe 3.1a). Die Mathematiker nennen ihn L2 (a‚ b), die Physiker sprechen vom Hilbert-Raum3. In der Quantenmechanik gilt demnach
Wellenfunktionen leben im Hilbert-Raum.
(3.5)
Wir definieren das innere Produkt zweier Funktionen f (x ) und g (x ) folgendermaßen:
b
f |g ≡
f (x )∗ g (x ) dx .
(3.6)
a
2 Für uns werden die Grenzen fast immer ±∞ sein, aber wir können das Ganze hier auch
ohne Weiteres etwas allgemeiner behandeln.
3 Technisch gesehen ist ein Hilbert-Raum ein vollständiger Vektorraum mit einem inneren
Produkt, und die Menge der quadratintegrablen Funktionen ist nur ein Beispiel für einen
Hilbert-Raum – beispielsweise ist auch jeder endlich-dimensionale Vektorraum trivialerweise ein Hilbert-Raum. Doch da L2 die Manege für die Quantenmechanik bildet, ist bei
den Physikern immer dieser Vektorraum gemeint, wenn vom „Hilbert-Raum“ die Rede ist.
Der Begriff vollständig bedeutet hier, dass jede Cauchy-Folge von Funktionen im HilbertRaum gegen eine Funktion konvergiert, die ebenfalls zum Hilbert-Raum gehört; es gibt also
keine „Lücken“, so wie es auch in der Menge der reellen Zahlen keine Lücken gibt (dagegen hat der Vektorraum aller Polynome, genau wie auch die Menge der rationalen Zahlen,
durchaus einige Lücken.) Leider gibt es eine doppelte Verwendung des Begriffs „vollständig“: Die Vollständigkeit eines Vektorraums im oben beschriebenen Sinne hat nichts zu tun
mit der Vollständigkeit einer Menge von Funktionen, d. h. der Eigenschaft, dass sich eine
beliebige andere Funktion als Linearkombination aus ihnen darstellen lässt.
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Autor: David J. Griffiths Titel: Quantenmechanik — 2012/3/2 — page 124 — le-tex
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Formalismus
Wenn beide Funktionen f und g quadratintegrabel sind (d. h. wenn sie beide im
Hilbert-Raum leben), existiert ihr inneres Produkt auf jeden Fall (das Integral in Gleichung 3.6 konvergiert gegen eine endliche Zahl).4 Dies folgt aus der Schwarz’schen
Ungleichung:5
.
b
b
b
.
.
∗
(3.7)
f (x ) g (x ) dx ≤ / |f (x )|2 dx |g (x )|2 dx .
a
a
a
Sie können selbst überprüfen, dass Gleichung 3.6 alle Bedingungen erfüllt, die an
das innere Produkt gestellt werden (Aufgabe 3.1b). Achten Sie insbesondere auf die
Identität
g|f = f |g∗ .
(3.8)
Darüber hinaus ist das innere Produkt von f (x ) mit sich selbst
b
f |f =
|f (x )|2 dx
(3.9)
a
stets reell und nicht-negativ; null ist es nur6 für f (x ) = 0.
Eine Funktion heißt normiert, wenn ihr inneres Produkt mit sich selbst 1 ist; zwei
Funktionen heißen orthogonal, wenn ihr inneres Produkt 0 ist; und eine Menge {fn }
von Funktionen heißt orthonormal, wenn sie normiert und paarweise orthogonal
zueinander sind:
fm |fn = δmn .
(3.10)
4 In Kapitel 2 waren wir gelegentlich gezwungen, mit nicht-normierbaren Funktionen zu
arbeiten. Solche Funktionen liegen außerhalb des Hilbert-Raums, und wie Sie bald sehen
werden, müssen wir sie mit besonderer Sorgfalt behandeln. Fürs Erste werde ich annehmen,
dass alle Funktionen, denen wir begegnen, im Hilbert-Raum liegen.
5 Einen Beweis findet man beispielsweise bei F. Riesz und B. Sz.-Nagy, Functional Analysis
(Unger, New York, 1955), Abschnitt 21 (deutsch: Frigyes Riesz und Béla Szőkefalvi-Nagy,
Vorlesungen über Funktionalanalysis, Harri Deutsch, Thun und Frankfurt, 1982). In einem
endlich-dimensionalen Vektorraum lässt sich die Schwarz’sche Ungleichung |α |β |2 ≤
α |α β |β leicht beweisen (vgl. Aufgabe A.5). Aber dieser Beweis setzt die Existenz des
inneren Produkts voraus, das wir ja hier gerade einführen wollen.
6 Man könnte sich ja beispielsweise ein Funktion vorstellen, die überall – außer an ein paar
isolierten Punkten – null ist. Das Integral (Gleichung 3.9) würde dann auch verschwinden,
die Funktion selbst aber nicht. Wenn Sie so etwas stört, sollten Sie lieber Mathematik studieren. In der Physik kommen solche pathologischen Funktionen nicht vor. Auf jeden Fall
betrachtet man zwei Funktionen im Hilbert-Raum als äquivalent, wenn das Absolutquadrat
ihrer Differenz verschwindet. Technisch repräsentieren die Vektoren im Hilbert-Raum Äquivalenzklassen von Funktionen.
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Autor: David J. Griffiths Titel: Quantenmechanik — 2012/3/2 — page 125 — le-tex
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3.1 Der Hilbert-Raum
Schließlich heißt ein Satz von Funktionen vollständig, wenn eine beliebige andere
Funktion (im Hilbert-Raum) sich als eine Linearkombination von ihnen darstellen
lässt:
f (x ) =
∞
cn fn (x ) .
(3.11)
n=1
Wenn die Funktionen {fn (x )} orthonormal sind, sind die Koeffizienten durch den
Fourier-Trick gegeben:
cn = fn |f ‚
(3.12)
wie Sie leicht selbst überprüfen können. Ich habe diese Terminologie bereits in Kapitel 2 benutzt. (Die stationären Zustände für den unendlich tiefen rechteckigen Potentialtopf (Gleichung 2.28) bilden einen vollständigen orthonormalen Satz von Funktionen über dem Intervall (0‚ a); die stationären Zustände des harmonischen Oszillators (Gleichung 2.67 oder 2.85) bilden einen orthonormalen Satz über dem Intervall
(−∞‚ +∞).)
Aufgabe 3.1
a
Zeigen Sie, dass die Menge aller quadratintegrablen Funktionen ein Vektorraum ist (schlagen Sie die Definition im Anhang A.1 nach).
Hinweis: Das Hauptproblem besteht darin zu zeigen, dass die Summe zweier
quadratintegrablen Funktionen selbst auch quadratintegrabel ist. Wenden
Sie Gleichung 3.7 an. Ist auch die Menge aller normierten Funktionen ein
Vektorraum?
b
∗
Zeigen Sie, dass das Integral in Gleichung 3.6 die Bedingungen für ein inneres Produkt erfüllt (vgl. Anhang A.2).
Aufgabe 3.2
a
Für welchen Bereich von ν gehört die Funktion f (x ) = x ν über dem Intervall (0‚ 1) zum Hilbert-Raum? ν soll eine reelle, aber nicht unbedingt positive Zahl sein.
b
Liegt f (x ) für den Spezialfall ν = 1/2 im Hilbert-Raum? Wie sieht es mit
xf (x ) aus? Was können Sie zu ( d/ dx )f (x ) sagen?
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Autor: David J. Griffiths Titel: Quantenmechanik — 2012/3/2 — page 126 — le-tex
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Formalismus
3.2
Observable
3.2.1 Hermitesche Operatoren
Der Erwartungswert einer Observablen Q(x‚ p) lässt sich sehr geschickt in einer
Schreibweise ausdrücken, die das innere Produkt ausnützt:7
Ψ .
Ψ dx = Ψ |Q
Q = Ψ ∗ Q
(3.13)
Nun muss aber das Ergebnis einer Messung immer reell sein, und daher gilt für den
Mittelwert vieler Messungen erst recht:
Q = Q∗ .
(3.14)
Doch das Konjugiert-Komplexe eines inneren Produkts dreht die Reihenfolge um
(vgl. Gleichung 3.8), also gilt
Ψ = Q
Ψ |Ψ ‚
Ψ |Q
(3.15)
und zwar für beliebige Wellenfunktionen Ψ . Also haben Operatoren, die Observable
repräsentieren, die ganz spezielle Eigenschaft
f = Q
f |f für alle f (x ) .
f |Q
(3.16)
Wir nennen solche Operatoren hermitesch.
Die meisten Lehrbücher erfordern sogar Voraussetzungen, die noch stärker aussehen:
g = Q
f |g
f |Q
für alle f (x ) und alle g (x ) .
(3.17)
Es stellt sich aber heraus, dass diese Bedingungen dem Anschein zum Trotz genau
äquivalent sind zu der Definition, die ich in Gleichung 3.16 angegeben habe; Sie
werden das in Aufgabe 3.3 beweisen. Verwenden Sie also die Bedingungen, die Sie
mögen. Der wesentliche Punkt ist, dass ein hermitescher Operator mit demselben
Ergebnis entweder auf den ersten oder den zweiten Teil eines inneren Produkts angewendet werden kann, und dass hermitesche Operatoren ganz selbstverständlich in
der Quantenmechanik auftauchen, weil ihre Erwartungswerte reell sind:
Observable werden durch hermitesche Operatoren repräsentiert.
(3.18)
durch die Ersetzung p → p̂ ≡ (h̄/i) d/ dx kon7 Denken Sie daran, dass wir den Operator Q
struiert haben. Solche Operatoren heißen linear in dem Sinn, dass für beliebige Funktionen f
und g und beliebige komplexe Zahlen a und b gilt:
[af (x ) + bg (x )] = aQ
f ( x ) + bQ
g (x ) .
Q
Sie stellen lineare Transformationen (vgl. Anhang A.3) auf dem Raum aller Funktionen dar.
Allerdings überführen sie manchmal eine Funktion von innerhalb des Hilbert-Raums nach
außerhalb (vgl. Aufgabe 3.2b); in einem solchen Fall muss der Gültigkeitsbereich des Operators eventuell beschränkt werden.
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Autor: David J. Griffiths Titel: Quantenmechanik — 2012/3/2 — page 127 — le-tex
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3.2 Observable
Nun, das werden wir jetzt nachprüfen. Ist beispielsweise der Impulsoperator hermitesch?
∞
f |p̂g =
−∞
f∗
∞
∞ h̄ dg
h̄
h̄ df ∗
+
g dx = p̂f |g .
dx = f ∗ g i dx
i
i dx
−∞
(3.19)
−∞
Ich habe hier natürlich die partielle Integration angewendet und aus dem üblichem
Grund die Randbedingungen weggeworfen: Wenn nämlich f (x ) und g (x ) quadratintegrabel sind, dann müssen sie für ±∞ gegen null gehen.8 Machen Sie sich nur
klar, dass das Konjugiert-Komplexe von i gerade das Minuszeichen kompensiert, das
durch die partielle Integration hineingerät – der Operator d/ dx (ohne das i) ist jedenfalls nicht hermitesch und repräsentiert keine mögliche Variable.
∗
Aufgabe 3.3
h = Q
h|h für alle Funktionen h (im Hilbert-Raum)
Zeigen Sie: Wenn h|Q
gilt, dann gilt auch f |Q g = Q f |g für alle f und g. (Im Klartext heißt das: Die
beiden Definitionen für „hermitesch“ in den Gleichungen 3.16 und 3.17 sind
äquivalent.)
Hinweis: Setzen Sie zuerst h = f + g und dann h = f + ig.
Aufgabe 3.4
a
b
Zeigen Sie, dass die Summe zweier hermitescher Operatoren ebenfalls hermitesch ist.
ist ein hermitescher Operator, α ist eine komplexe Zahl. Welche BedinQ
hermitesch ist?
gungen muss man an α stellen, damit auch α Q
c
Wann ist das Produkt zweier hermitescher Operatoren ebenfalls Hermite’sch?
d
=
Zeigen Sie, dass der Ortsoperator (x̂ = x) und der Hamilton-Operator (H
2
2
2
−(h̄ /2m) d / dx + V (x )) hermitesch sind.
Aufgabe 3.5
ist der OpeDas hermitesch Konjugierte (oder Adjungierte) eines Operators Q
†
rator Q , für den gilt:
g = Q
† f |g
f |Q
(für alle f und g) .
(3.20)
8 Eigentlich ist das nicht ganz richtig. Wie in Kapitel 1 erwähnt, gibt es einige pathologische
Funktionen, die zwar quadratintegrabel sind, aber dennoch im Unendlichen nicht gegen
null gehen. Solche Funktionen kommen jedoch in der Physik nicht vor, und wenn Sie in
dieser Hinsicht etwas befürchten sollten, dann beschränken wir einfach den Gültigkeitsbereich unserer Operatoren, um sie auszuschließen. Auf endlichen Intervallen aber müssen
Sie wirklich vorsichtig sein mit den Randbedingungen, denn ein auf dem Intervall (−∞‚ ∞)
hermitescher Operator kann sehr wohl auf den Intervallen (0‚ ∞) oder (−π‚ π) nicht hermitesch sein. Wenn Sie sich über den unendlich tiefen rechteckigen Potentialtopf wundern,
stellen Sie sich diese Wellenfunktionen am besten so vor, also ob sie auf der unendlichen
Linie sitzen – außerhalb (0‚ a) sind sie halt null.
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Autor: David J. Griffiths Titel: Quantenmechanik — 2012/3/2 — page 128 — le-tex
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Formalismus
(Ein hermitescher Operator ist demnach gleich seinem hermitesch Konjugierten:
=Q
† .)
Q
a
Bestimmen Sie das hermitesch Konjugierte zu x, i und d/ dx.
b
Konstruieren Sie das hermitesch Konjugierte für den Aufsteigeoperator a+
des harmonischen Oszillators (vgl. Gleichung 2.47).
c
R̂)† = R̂† Q
.
Zeigen Sie: (Q
†
3.2.2 Determinierte Zustände
Wenn Sie eine Observable Q an einem Ensemble von identisch präparierten Systemen messen, die sich alle im selben Zustand Ψ befinden, erhalten sie normalerweise
nicht bei jeder Messung dasselbe Ergebnis – dies ist die Unbestimmheit (Unschärfe)
der Quantenmechanik.9
Frage: Kann man möglicherweise einen Zustand so präparieren, dass jede Messung
von Q mit Sicherheit denselben Wert (wir nennen ihn q) ergibt? Damit hätten wir,
wenn Sie so wollen, einen determinierten Zustand für die Observable Q. (Wir kennen sogar schon ein Beispiel: Stationäre Zustände sind determinierte Zustände des
Hamilton-Operators; eine Messung der Gesamtenergie an einem Teilchen im stationären Zustand Ψn ergibt mit Sicherheit die entsprechende „erlaubte“ Energie En .)
In einem determinierten Zustand müsste die Standardabweichung von Q null sein,
mit anderen Worten
− q)2 Ψ = (Q
− q)Ψ |(Q
− q)Ψ = 0 .
σ 2 = (Q − Q)2 = Ψ |(Q
(3.21)
(Wenn jede der Messungen q ergibt, dann ist natürlich auch ihr Mittelwert q: Q = q.
Um einen Faktor in den ersten Term des inneren Produkts zu schieben, habe ich
(und damit auch Q
− q) ein hermitescher Operator ist.)
außerdem benutzt, dass Q
Aber die einzige Funktion, deren inneres Produkt mit sich selbst verschwindet, ist 0,
also
Ψ = qΨ .
Q
(3.22)
,
. Ψ ist eine Eigenfunktion von Q
Dies ist die Eigenwertgleichung für den Operator Q
und q ist der zugehörige Eigenwert. Demnach gilt:
Determinierte Zustände sind Eigenfunktionen von Q̂ .
(3.23)
Die Messung von Q an einem solchen Zustand ergibt mit Sicherheit den Eigenwert q.
Machen Sie sich klar, dass der Eigenwert eine Zahl ist (kein Operator, keine Funktion). Man kann eine beliebige Eigenfunktion mit einer Konstante multiplizieren,
und sie bleibt immer noch eine Eigenfunktion mit demselben Eigenwert. Null gilt
9 Ich spreche natürlich von fachgerechten Messungen – man kann durch inkompetente Messung immer einen Messfehler machen und schlicht das falsche Ergebnis erhalten, aber das
ist dann kein Fehler der Quantenmechanik.
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Autor: David J. Griffiths Titel: Quantenmechanik — 2012/3/2 — page 129 — le-tex
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3.2 Observable
nicht als Eigenfunktion (sie ist per Definition ausgeschlossen, sonst wäre nämlich
0 = q 0 = 0 für einen beliebigen linearen
jede Zahl ein Eigenwert, denn es gilt Q
und für alle q). Allerdings kann null sehr wohl ein Eigenwert sein. Die
Operator Q
Menge aller Eigenwerte eines Operators wird dessen Spektrum genannt. Manchmal
haben zwei (oder mehr) linear unabhängige Eigenfunktionen denselben Eigenwert;
in diesem Fall nennt man das Spektrum entartet.
Beispielsweise sind die determinierten Zustände der Gesamtenergie Eigenfunktionen des Hamilton-Operators:
ψ = Eψ ‚
H
(3.24)
und das ist genau die zeitunabhängige Schrödinger-Gleichung. In diesem Zusammenhang verwenden wir den Buchstaben E für den Eigenwert und das kleine Psi
(ψ ) für die Eigenfunktion (wenn Sie mögen, können Sie den Faktor exp(iEt/h̄) dazu ).
fügen und erhalten Ψ ; doch es bleibt dann immer noch eine Eigenfunktion von H
Beispiel 3.1: Eigenfunktionen und Eigenwerte
eines Operators
Betrachten Sie den Operator
≡i d ‚
Q
dφ
(3.25)
wobei φ die übliche Polarkoordinate in zwei Dimensionen angibt. (Dieser Operator taucht im physikalischen Kontext beispielsweise bei der Untersuchung einer
hermitesch? BerechPerle auf einer Drahtschleife auf, vgl. Aufgabe 2.46.) Ist Q
nen Sie seine Eigenfunktionen und seine Eigenwerte.
Lösung:
Hier arbeiten wir mit Funktionen f (φ) auf dem endlichen Intervall 0 ≤ φ ≤ 2π
und fordern
f (φ + 2π) = f (φ) ‚
(3.26)
denn φ und φ + 2π beschreiben denselben Punkt. Durch partielle Integration
erhalten wir
g =
f |Q
2π 2π 2π df ∗ dg
∗
∗
f |g ‚
dφ = if g − i
g dφ = Q
f i
0
dφ
dφ
0
0
ist hermitesch (diesmal verschwindet der Randterm wegen Gleichung 3.26).
d. h. Q
Die Eigenwertgleichung
i
d
f (φ) = qf (φ)
dφ
(3.27)
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Autor: David J. Griffiths Titel: Quantenmechanik — 2012/3/2 — page 130 — le-tex
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Formalismus
Beispiel 3.1 (Fortsetzung)
hat die allgemeine Lösung
f (φ) = A e−iqφ .
(3.28)
Gleichung 3.26 beschränkt die möglichen Werte für q:
e−iq2π = 1
⇒
q = 0‚ ±1‚ ±2‚ . . .
(3.29)
Das Spektrum dieses Operators ist also die Menge der ganzen Zahlen, und es ist
nicht entartet.
Aufgabe 3.6
= d2 / dφ 2 ; wie in Beispiel 3.1 ist φ der AziBetrachten Sie den Operator Q
mutwinkel bei den Polarkoordinaten, und für die Funktionen gilt ebenfalls Glei hermitesch? Bestimmen Sie die Eigenfunktionen und die Eigenchung 3.26. Ist Q
werte. Was ist das Spektrum des Operators? Ist das Spektrum entartet?
3.3
Eigenfunktionen eines hermiteschen Operators
Nach dem letzten Abschnitt richtet sich unser Interesse auf die Eigenfunktionen hermitescher Operatoren (physikalisch: auf die determinierten Zustände von Observablen). Wir unterscheiden zwei Kategorien: Wenn das Spektrum diskret ist (d. h. die
Eigenwerte sind voneinander getrennt), dann liegen die Eigenfunktionen im HilbertRaum und bilden physikalisch realisierbare Zustände. Wenn das Spektrum dagegen
kontinuierlich ist (d. h. die Eigenwerte erstrecken sich über einen ganzen Bereich),
dann sind die Eigenfunktionen nicht normierbar, und sie repräsentieren keine mögliche Wellenfunktion (allerdings können ihre Linearkombinationen sehr wohl normierbar sein; dies ist aber notwendigerweise mit einer Verschmierung der Eigenwerte verbunden). Einige Operatoren haben ausschließlich ein diskretes Spektrum
(beispielsweise der Hamilton-Operator für den harmonischen Oszillator), bei anderen ist das Spektrum ausschließlich kontinuierlich (beispielsweise beim HamiltonOperator für das freie Teilchen), und einige Operatoren haben sowohl ein diskretes
als auch ein kontinuierliches Teilspektrum (beispielsweise der Hamilton-Operator
für den endlich tiefen rechteckigen Potentialtopf). Der diskrete Fall ist leichter zu
behandeln, weil die maßgeblichen inneren Produkte garantiert existieren – damit
haben wir ein ganz ähnliches Problem wie in der endlich-dimensionalen Theorie
(die Eigenvektoren einer hermiteschen Matrix). Ich stelle zunächst den diskreten
Fall vor, danach den kontinuierlichen.
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Autor: David J. Griffiths Titel: Quantenmechanik — 2012/3/2 — page 131 — le-tex
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3.3 Eigenfunktionen eines hermiteschen Operators
3.3.1 Diskrete Spektren
Mathematisch haben die normierbaren Eigenfunktionen eines hermiteschen Operators zwei wichtige Eigenschaften:
Satz 1
Ihre Eigenwerte sind reell:
Beweis Es sei
f = qf ‚
Q
mit dem Eigenwert q), und es gilt10
(d. h. f (x ) ist eine Eigenfunktion von Q
f = Q
f |f f |Q
ist hermitesch). Dann gilt
(d. h. Q
q f |f = q∗ f |f (q ist eine Zahl, die man vor das Integral ziehen kann, und weil die erste Funktion in dem inneren Produkt konjugiert-komplex ist (Gleichung 3.6), muss das
auch für das q auf der rechten Seite gelten). Aber f |f kann nicht null sein (denn
f (x ) = 0 ist keine zulässige Eigenfunktion), also gilt q = q∗ , und somit ist q
reell.
Das ist beruhigend: Wenn Sie eine Observable für ein Teilchen in einem determinierten Zustand messen, bekommen Sie wenigstens immer eine reelle Zahl.
Satz 2
Eigenfunktionen, die zu unterschiedlichen Eigenwerten gehören, sind orthogonal.
Beweis Es sei
f = qf ‚
Q
g = q g ‚
und Q
ist hermitesch. Dann gilt f |Q
g = Q
f |g und damit
und Q
q f |g = q∗ f |g
10 An dieser Stelle verlangen wir, dass die Eigenfunktionen im Hilbert-Raum liegen – andernfalls könnte das innere Produkt unter Umständen gar nicht existieren.
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Autor: David J. Griffiths Titel: Quantenmechanik — 2012/3/2 — page 132 — le-tex
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Formalismus
(wieder existieren die inneren Produkte, weil die Eigenfunktionen nach Voraussetzung im Hilbert-Raum liegen). Doch nach Satz 1 ist q reell, also muss für den
Fall q = q gelten: f |g = 0.
Das ist der Grund dafür, dass die stationären Zustände beispielsweise des unendlich tiefen rechteckigen Potentialtopfs oder des harmonischen Oszillators orthogonal
sind – sie sind Eigenfunktionen des Hamilton-Operators mit eindeutigen Eigenwerten. Aber diese Eigenschaft ist keine nur ihnen oder auch nur ausschließlich dem
Hamilton-Operator eigene Besonderheit, dasselbe gilt für determinierte Zustände
von beliebigen Observablen.
Leider verrät uns Satz 3.3.1 nichts über die entarteten Zustände (q = q ). Wenn
jedoch zwei (oder mehr) Eigenfunktionen denselben Eigenwert haben, dann ist auch
eine beliebige Linearkombination von ihnen eine Eigenfunktion mit demselben Eigenwert (vgl. Aufgabe 3.7a), und wir können mithilfe des Gram-Schmidt’schen Orthogonalisierungsverfahrens (vgl. Aufgabe A.4) orthogonale Eigenfunktionen innerhalb
jedes entarteten Unterraums konstruieren. Es ist – Gott sei dank! – praktisch nie
nötig, das auch explizit durchzuziehen, aber es ist immer zumindest im Prinzip möglich. Daher kann man selbst im Fall von Entartung die Eigenfunktionen als orthogonal ansetzen, und beim weiteren Aufbau der Quantenmechanik werden wir davon
ausgehen, das sei so geschehen. Damit können wir auch den Fourier-Trick anwenden, der auf der Orthonormalität der Basisfunktionen beruht.
In einem endlich-dimensionalen Vektorraum haben die Eigenvektoren einer hermiteschen Matrix noch eine dritte grundlegende Eigenschaft: Sie spannen den Raum
auf (d. h. jeder Vektor lässt sich als Linearkombination von ihnen ausdrücken). Leider lässt sich der Beweis nicht auf unendlich-dimensionale Vektorräume erweitern.
Diese Eigenschaft wäre aber wesentlich für die innere Widerspruchsfreiheit der Quantenmechanik, und daher übernehmen wir sie (einem Vorschlag von Dirac11 folgend)
als Axiom (genauer: als eine Beschränkung der Klasse von hermiteschen Operatoren,
die Observable repräsentieren können):
Axiom
Die Eigenfunktionen des Operators einer Observablen sind vollständig: Eine beliebige Funktion (im Hilbert-Raum) lässt sich als Linearkombination von ihnen ausdrücken.12
11 P.A.M. Dirac, The Principles of Quantum Mechanics, Oxford University Press, New York
(1958).
12 In einigen speziellen Fällen lässt sich die Vollständigkeit auch beweisen (wir wissen wegen
des Dirichlet’schen Satzes, dass beispielsweise die stationären Zustände des unendlich tiefen rechteckigen Potentialtopfs vollständig sind). Es mag ein wenig ungeschickt sein, eine
Aussage ein „Axiom“ zu nennen, wenn man sie in einigen Fällen beweisen kann, aber mir
fällt kein besserer Weg ein, damit umzugehen.
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3.3 Eigenfunktionen eines hermiteschen Operators
Aufgabe 3.7
a
mit demselben
f (x ) und g (x ) sind zwei Eigenfunktionen eines Operators Q
Eigenwert q. Zeigen Sie, dass jede Linearkombination von f und g ebenfalls
mit dem Eigenwert q ist.
eine Eigenfunktion von Q
b
Prüfen Sie, dass f (x ) = exp(x ) und g (x ) = exp(−x ) Eigenfunktionen des
Operators d2 / dx 2 mit demselben Eigenwert sind. Konstruieren Sie zwei
Linearkombinationen von f und g, die über dem Intervall (−1‚ 1) orthogonale Eigenfunktionen sind.
Aufgabe 3.8
a
Überprüfen Sie, dass die Eigenwerte des hermiteschen Operators in Beispiel 3.1 reell sind. Zeigen Sie, dass die Eigenfunktionen (zu verschiedenen
Eigenwerten) orthogonal sind.
b
Wiederholen Sie dies für den Operator aus Aufgabe 3.6.
3.3.2 Kontinuierliche Spektren
Wenn das Spektrum eines hermiteschen Operators kontinuierlich ist, sind die Eigenfunktionen nicht normierbar, und die Beweise von Satz 3.3.1 und 3.3.1 (vgl. Seite 131) scheitern, weil die inneren Produkte unter Umständen nicht existieren. In
gewissem Sinne gelten jedoch die drei wesentlichen Eigenschaften (die Eigenwerte
sind reell, die Eigenfunktionen sind orthogonal und vollständig) immer noch. Ich
halte es für das Beste, sich diesem raffinierten Fall durch einige spezielle Beispiel zu
nähern.
Beispiel 3.2: Eigenfunktionen und Eigenwerte
des Impulsoperators
Bestimmen Sie die Eigenfunktionen und Eigenwerte für den Impulsoperator.
Lösung:
Es sei fp (x ) die Eigenfunktion und p der Eigenwert:
h̄ d
fp (x ) = pfp (x ) .
i dx
(3.30)
Die allgemeine Lösung ist
fp (x ) = A eipx/h̄ .
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Autor: David J. Griffiths Titel: Quantenmechanik — 2012/3/2 — page 134 — le-tex
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Formalismus
Beispiel 3.2 (Fortsetzung)
Dies ist für beliebige (komplexe) Werte von p nicht quadratintegrabel – der Impulsoperator hat im Hilbert-Raum keine Eigenfunktionen. Doch wenn wir uns
auf reelle Eigenwerte beschränken, entdecken wir eine Art von „Ersatz-Orthonormalität“. Bezugnehmend auf die Aufgaben 2.24(a) und 2.26 gilt
∞
fp∗ (x )fp (x ) dx = |A|2
−∞
∞
ei(p−p )x/h̄ dx = |A|2 2πh̄δ(p − p ) .
(3.31)
−∞
√
Wenn wir A = 1/ 2π h̄ auswählen, sodass gilt
1
fp (x ) = √
eipx/h̄ ‚
2π h̄
(3.32)
fp |fp = δ(p − p ) ‚
(3.33)
dann ist
und dass erinnert verblüffend an die Bedingung für die richtige Orthonormalität
(Gleichung 3.10): Die Indizes sind nun stetige Variable, und aus dem KroneckerDelta ist eine Dirac’sche Deltafunktion geworden, aber sonst sieht es genauso
aus. Ich werde Gleichung 3.33 die Dirac’sche Orthonormalität nennen.
Am wichtigsten ist, dass die Eigenfunktionen vollständig sind, wenn man die
Summe (in Gleichung 3.11) durch ein Integral ersetzt: Eine beliebige (quadratintegrable) Funktion f (x ) lässt sich in der Form
f (x ) =
∞
c(p) fp (x ) dp = √
−∞
1
2πh̄
∞
c(p) eipx /h̄ dp
(3.34)
−∞
schreiben. Dabei erhält man den Entwicklungskoeffizienten (in diesem Fall die
Funktion c(p)) wie immer mithilfe des Fourier-Tricks:
∞
fp |f =
−∞
c(p)fp |fp dp =
∞
c(p)δ(p − p ) dp = c(p ) .
(3.35)
−∞
Alternativ kann man auch den Satz von Plancherel (Gleichung 2.102) anwenden,
denn die Entwicklung nach Gleichung 3.34 ist nichts anderes als eine FourierTransformation.
Die Eigenfunktionen für den Impuls (Gleichung 3.32) sind sinusförmig mit der Wellenlänge
λ=
2πh̄
.
p
(3.36)
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Autor: David J. Griffiths Titel: Quantenmechanik — 2012/3/2 — page 135 — le-tex
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3.3 Eigenfunktionen eines hermiteschen Operators
Das ist die alte De-Broglie-Formel (Gleichung 1.39), von der ich ja versprochen hatte,
sie zu passender Zeit zu beweisen. Es stellt sich heraus, dass die Beziehung noch ein
wenig raffinierter ist, als de Broglie sich das seinerzeit vorstellte, denn wir wissen
heute, dass es ein Teilchen mit einem eindeutig bestimmten Impuls gar nicht gibt.
Aber wir können uns ein normierbare Wellenpaket mit einem schmalen Impulsbereich vorstellen, und auf ein solches Objekt lässt sich die De-Broglie-Formel tatsächlich anwenden.
Und was lernen wir nun aus Beispiel 3.2? Obwohl keine der Eigenfunktionen von
p̂ im Hilbert-Raum lebt, hat eine bestimmte Familie von ihnen (nämlich die mit
den reellen Eigenwerten) ihren Sitz in den nahegelegenen „Vororten“ mit einer Art
von Quasi-Normierbarkeit. Sie repräsentieren zwar keine möglichen physikalischen
Zustände, aber sie sind dennoch ziemlich nützlich (wie wir schon bei unserer Untersuchung der eindimensionalen Streuung gesehen haben).13
Beispiel 3.3: Eigenfunktionen und Eigenwerte
des Ortsoperators
Bestimmen Sie die Eigenfunktionen und Eigenwerte des Ortsoperators.
Lösung:
Sei gy (x ) die Eigenfunktion und y der Eigenwert:
x gy (x ) = y gy (x ) .
(3.37)
Hier ist y eine feste Zahl (für eine beliebige gegebene Eigenfunktion), aber x
ist eine stetige Variable. Welche Funktion in x hat die Eigenschaft, dass eine
Multiplikation mit x zum selben Ergebnis führt wie eine Multiplikation mit der
Konstante y? Offenbar muss sie null sein, außer in dem einen Punkt x = y – und
das ist nichts anderes als die Dirac’sche Deltafunktion:
gy (x ) = Aδ(x − y ) .
13 Und was ist mit den Eigenfunktionen, die nicht-reelle Eigenwerte haben? Sie sind nicht
einfach nur nichtnormierbar, sie explodieren regelrecht für ±∞. Funktionen in den von mir
so genannten „Vororten“ des Hilbert-Raums (den ganzen Ballungsraum könnte man dann
„zusammengefrickelter Hilbert-Raum“ nennen; vgl. beispielsweise Leslie Ballentine, Quantum Mechanics: A Modern Development, World Scientific, 1998) haben die Eigenschaft, dass
es zwar kein (endliches) inneres Produkt mit ihnen selbst gibt, dass sie aber sehr wohl innere
Produkte mit allen Mitgliedern des Hilbert-Raums bilden. Das gilt nicht für Eigenfunktionen mit nicht-reellen Eigenwerten. Insbesondere habe ich gezeigt, dass der Impulsoperator
für Funktionen im Hilbert-Raum hermitesch ist, aber der Beweis beruht darauf, dass der
Randterm (in Gleichung 3.19) entfallen kann. Dieser Term ist auch null, wenn g eine Eigenfunktion von p̂ mit einem reellen Eigenwert ist (solange nur f im Hilbert-Raum lebt), das
gilt aber nicht, wenn der Eigenwert einen imaginären Anteil hat. In diesem Sinne ist eine
beliebige komplexe Zahl ein Eigenwert des Operators p̂, doch nur reelle Zahlen sind Eigenwerte des hermiteschen Operators p̂ – die anderen liegen außerhalb des Bereichs, über dem
p̂ hermitesch ist.
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Autor: David J. Griffiths Titel: Quantenmechanik — 2012/3/2 — page 136 — le-tex
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3
Formalismus
Beispiel 3.3 (Fortsetzung)
Diesmal muss der Eigenwert reell sein; die Eigenfunktionen sind nicht quadratintegrabel, aber sie erlauben die Dirac’sche Orthonormalität:
∞
gy∗ (x )gy (x ) dx = |A|2
−∞
∞
δ(x − y )δ(x − y ) dx = |A|2 δ(y − y ) .
(3.38)
−∞
Wenn wir A = 1 auswählen, sodass
gy (x ) = δ(x − y )
(3.39)
gy |gy = δ(y − y ) .
(3.40)
gilt, dann haben wir
Auch diese Eigenfunktionen sind vollständig:
f (x ) =
∞
−∞
c(y )gy (x ) dy =
∞
c(y )δ(x − y ) dy
(3.41)
−∞
mit
c(y ) = f (y )
(3.42)
(in diesem Fall ist das trivial, aber Sie können das Ergebnis auch mit dem FourierTrick erhalten, wenn Sie unbedingt wollen).
Wenn das Spektrum eines hermiteschen Operators kontinuierlich ist (d. h. die Eigenwerte werden durch eine stetige Variable gekennzeichnet – in den Beispielen waren
das p oder y, allgemein und im Folgenden wird das die Variable z sein), dann sind
die Eigenfunktionen nicht normierbar, sie liegen nicht im Hilbert-Raum, und sie
repräsentieren keine möglichen physikalischen Zustände. Dennoch sind die Eigenfunktionen mit reellen Eigenwerten Dirac-orthonormierbar und vollständig (nur dass
statt der Summe jetzt ein Integral verwendet wird). Glücklicherweise ist das alles,
was wir wirklich benötigen.
Aufgabe 3.9
a
Nennen Sie einen Hamilton-Operator aus Kapitel 2 (einen anderen als den
für den harmonischen Oszillator), der nur ein diskretes Spektrum hat.
b
Nennen Sie einen Hamilton-Operator aus Kapitel 2 (einen anderen als den
für das freie Teilchen), der nur ein kontinuierliches Spektrum hat.
c
Nennen Sie einen Hamilton-Operator aus Kapitel 2 (einen anderen als den
für den endlich tiefen rechteckigen Potentialtopf), der in seinem Spektrum
sowohl einen diskreten als auch einen kontinuierlichen Anteil hat.
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3.4 Die verallgemeinerte statistische Interpretation
Aufgabe 3.10
Ist der Grundzustand des unendlich tiefen rechteckigen Potentialtopfs eine Eigenfunktion des Impulsoperators? Wenn das so sein sollte, was ist dann der Impuls?
Wenn nicht, warum nicht?
3.4
Die verallgemeinerte statistische Interpretation
In Kapitel 1 habe ich Ihnen gezeigt, wie man die Wahrscheinlichkeit dafür berechnet,
ein Teilchen an einem bestimmten Ort zu finden, und wie man den Erwartungswert
für eine beliebige messbare Größe bestimmt. In Kapitel 2 haben Sie gelernt, wie man
die möglichen Ergebnisse einer Energiemessung und deren Wahrscheinlichkeiten
bestimmt. Nun sind wir genügend gerüstet, dass ich die verallgemeinerte statistische Interpretation darlegen kann, die all dies zusammenfasst und es Ihnen gestatten wird, die möglichen Ergebnisse einer beliebigen Messung und deren Wahrscheinlichkeiten zu berechnen. Zusammen mit der Schrödinger-Gleichung (die Ihnen verrät, wie sich die Wellenfunktion mit der Zeit entwickelt) ist das die Grundlage der
Quantenmechanik.
Verallgemeinerte statistische Interpreation: Wenn Sie eine Observable Q(x‚ p) an
einem Teilchen im Zustand Ψ (x‚ t) messen, erhalten Sie mit Bestimmtheit einen der
(x‚ −i h̄ d/ dx ). Wenn das Spektrum von Q
Eigenwerte des hermiteschen Operators Q
diskret ist, erhält man den bestimmten Eigenwert qn , der mit der orthonormierten
Eigenfunktion fn (x ) verbunden ist, mit der Wahrscheinlichkeit
|cn |2
mit cn = fn |Ψ .
(3.43)
Wenn das Spektrum kontinuierlich ist und man reelle Eigenwerte q(z) für die zugehörigen Dirac-orthonormierten Eigenfunktionen fz (x ) hat, beträgt die Wahrscheinlichkeit für ein Ergebnis im Bereich dz
|c(z)|2 dz
c(z) = fz |Ψ .
mit
(3.44)
Ganz gleich, ob das Spektrum diskret oder kontinuierlich ist: Bei einer Messung
„kollabiert“ die Wellenfunktion zum entsprechenden Eigenzustand.14
Die statistische Interpretation unterscheidet sich vollständig von allem, dem wir in
der klassischen Physik begegnet sind. Ein etwas anderer Blickwinkel macht dies vielleicht etwas einleuchtender: Die Eigenfunktionen des Operators einer Observablen
sind vollständig, also lässt sich die Wellenfunktion als Linearkombination von ihnen
schreiben:
Ψ (x‚ t) =
cn fn (x ) .
(3.45)
n
(Aus Gründen der Einfachheit werde ich annehmen, dass das Spektrum diskret ist;
man kann den Gedankengang aber leicht auf den kontinuierlichen Fall erweitern.)
Da die Eigenfunktionen orthonormal sind, erhält man die Koeffizienten mithilfe des
14 Im Fall kontinuierlicher Spektren vollzieht sich der Kollaps auf einen schmalen Bereich um
den Messwert, dessen Breite von der Genauigkeit der Messapparatur abhängt.
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3
Formalismus
Fourier-Tricks:15
cn = fn |Ψ =
fn (x )∗ Ψ (x‚ t) dx .
(3.46)
Qualitativ können Sie aus cn ablesen, „wie viel fn in Ψ enthalten ist“; angesichts des ergeben muss, scheint
sen, dass eine Messung immer einen der Eigenwerte von Q
es plausibel, dass die Wahrscheinlichkeit dafür, einen ganz bestimmten Eigenwert
qn zu erhalten, durch den „Gehalt an fn “ in Ψ festgelegt wird. Doch weil die Wahrscheinlichkeiten aus dem Betrag des Quadrats der Wellenfunktion berechnet werden, erhält man aus einer genauen Messung eigentlich |cn |2 . Das ist die wesentliche
Bürde der verallgemeinerten statistischen Interpretation.16
Natürlich muss die Gesamtwahrscheinlichkeit (summiert über alle möglichen Ergebnisse) gerade eins sein:
|cn |2 = 1 ‚
(3.47)
n
und wirklich folgt dies aus der Normierung der Wellenfunktion:
⎞
0⎛
1
∗ c f |f 1 = Ψ |Ψ = ⎝
cn fn ⎠ cn fn
cn
=
n n n
n
n
n n
∗ c δ =
∗c =
=
cn
cn
|cn |2 .
n nn
n
n
n
n
(3.48)
n
Entsprechend sollte der Erwartungswert von Q die Summe aller möglichen Ergebnisse von Eigenwerten mal der Wahrscheinlichkeit für jeden dieser Eigenwerte sein:
qn |cn |2 .
(3.49)
Q =
n
Und in der Tat haben wir
⎞ 0⎛
1
Ψ = ⎝
cn fn ⎠ Q
cn fn
‚
Q = Ψ |Q
n
(3.50)
n
fn = qn fn , und damit ist
aber es gilt ja Q
∗ c q f |f =
∗ c q δ =
cn
cn
qn |cn |2 .
Q =
n n n n
n n nn
n
n
n
n
(3.51)
n
So weit zumindest sieht doch alles ganz widerspruchsfrei aus.
Könnten wir in dieser Schreibweise auch die ursprüngliche statistische Interpretation wiedergeben? Aber ja, auch wenn das des Guten ein wenig zu viel ist; doch es
15 Beachten Sie, dass die Zeitabhängigkeit – die hier jedoch kein Thema ist – durch die Koeffizienten eingebracht wird; eigentlich müsste man also zur Verdeutlichung cn (t) schreiben.
16 Wieder einmal vermeide ich peinlich genau die allzu verbreitete Aussage „|cn |2 ist die
Wahrscheinlichkeit dafür, dass das Teilchen sich im Zustand fn befindet“. Das ist nämlich
Unsinn. Das Teilchen ist im Zustand Ψ , Punkt. Eher kann man sagen, dass |cn |2 die Wahrscheinlichkeit dafür angibt, dass eine Messung von Q den Wert qn ergibt. Es ist richtig, dass
eine solche Messung den Zustand zur Eigenfunktion fn kollabieren lässt; man müsste also
eigentlich korrekt sagen „|cn |2 ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein Teilchen, dass sich jetzt
im Zustand Ψ befindet, sich nach der Messung von Q im Zustand fn befinden wird“ – aber
das ist eine völlig andere Aussage.
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Autor: David J. Griffiths Titel: Quantenmechanik — 2012/3/2 — page 139 — le-tex
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3.4 Die verallgemeinerte statistische Interpretation
lohnt sich, das zu überprüfen. Eine Messung von x an einem Teilchen im Zustand
Ψ muss einen der Eigenwerte des Ortsoperators ergeben. Nun, in Beispiel 3.3 hatten
wir gesehen, dass jede (reelle) Zahl y ein Eigenwert von x ist, und die zugehörige
(Dirac-orthonormierte) Eigenfunktion ist gy (x ) = δ(x − y ). Offenbar ist
∞
c(y ) = gy |Ψ =
δ(x − y )Ψ (x‚ t) dx = Ψ (y‚ t) ;
(3.52)
−∞
also ist die Wahrscheinlichkeit, ein Ergebnis im Bereich dy zu erhalten, gerade
|Ψ (y‚ t)|2 dy, und das ist genau die ursprüngliche statistische Interpretation.
Und wie sieht es mit dem Impuls aus? In Beispiel 3.2 hatten
√ wir herausgefunden,
dass die Eigenfunktionen des Impulsoperators fp (x ) = (1/ 2πh̄) exp(ipx /h̄) sind,
also
∞
1
c(p) = fp |Ψ = √
2πh̄
e−ipx/h̄ Ψ (x‚ t) dx .
(3.53)
−∞
Das ist eine solche wichtige Größe, dass wir ihr einen eigenen Namen und ein Symbol geben: die Impulsraum-Wellenfunktion Φ(p‚ t). Es handelt sich dabei im Wesentlichen um die Fourier-Transformierte der (Ortsraum-)Wellenfunktion Ψ (x‚ t), die
nach dem Satz von Plancherel ja gerade deren Fourier-Umkehrtransformierte ist:
Φ(p‚ t) = √
Ψ (x‚ t) = √
1
2πh̄
1
2πh̄
∞
−∞
∞
e−ipx/h̄ Ψ (x‚ t) dx ;
(3.54)
eipx/h̄ Φ(p‚ t) dp .
(3.55)
−∞
Nach der verallgemeinerten statistischen Interpretation erhält man für die Wahrscheinlichkeit, dass eine Impulsmessung einen Wert im Bereich dp ergibt,
|Φ(p‚ t)|2 dp .
(3.56)
Beispiel 3.4: Ortsraum- und
Impulsraum-Wellenfunktion
Ein Teilchen der Masse m ist durch einen Deltafunktions-Potentialtopf mit V (x ) =
−αδ gebunden. Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass eine Impulsmessung
einen Wert größer als p0 = mα/h̄ ergibt?
Lösung:
Die (Ortsraum-)Wellenfunktion ist (vgl. Gleichung 2.129)
Ψ (x‚ t) =
√
mα −mα |x|/h̄2 −iEt/h̄
e
e
h̄
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Autor: David J. Griffiths Titel: Quantenmechanik — 2012/3/2 — page 140 — le-tex
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Formalismus
Beispiel 3.4 (Fortsetzung)
(mit E = −mα 2 /2h̄2 ). Die Impulsraum-Wellenfunktion ist demnach
Φ(p‚ t) = √
√
1
2πh̄
mα −iEt/h̄
e
h̄
∞
2
e−ipx/h̄ e−mα |x|/h̄ dx =
−∞
3/2
2 p0 e−iEt/h̄
π p2 + p20
(das Integral habe ich in einem Tabellenwerk nachgeschlagen). Die Wahrscheinlichkeit ist dann
2 3
p
π 0
∞
p0
1
1
dp =
π
(p2 + p20 )2
"
pp0
+ tan−1
p2 + p20
p
p0
#∞
p0
1
1
= −
= 0‚0908
4 2π
(auch hier habe ich das Integral wieder nachgeschlagen).
Aufgabe 3.11
Bestimmen Sie die Impulsraum-Wellenfunktion Φ(p‚ t) für ein Teilchen im
Grundzustand des harmonischen Oszillators. Geben Sie (auf zwei signifikante
Stellen) die Wahrscheinlichkeit dafür an, dass eine Messung von p an einem Teilchen in diesem Zustand einen Wert außerhalb des klassisch erlaubten Bereichs
(für dieselbe Energie) ergibt.
Hinweis: Schlagen Sie die benötigten Zahlenwerte in einem Tabellenwerk unter
den Stichworten „Normalverteilung“ bzw. „(Gauß’sche) Fehlerfunktion“ nach,
oder wenden Sie Mathematica an.
Aufgabe 3.12
Zeigen Sie
x =
Φ∗ −
h̄ ∂
Φ dp .
i ∂p
(3.57)
Hinweis: Beachten Sie, dass x exp(ipx /h̄) = −ih̄( d/ dp) exp(ipx /h̄).
Im Impulsraum ist dann der Ortsoperator durch ih̄∂/∂ p gegeben. Allgemeiner
gilt
⎧
⎨ Ψ ∗Q
x‚ h̄ ∂ Ψ dx
im Ortsraum ;
i
∂
x
Q(x‚ p) = (3.58)
∂
h̄
⎩ Φ ∗ Q̂ −
i ∂ p ‚ p Φ dp im Impulsraum .
Im Prinzip können Sie alle Rechnungen im Impulsraum genauso gut (wenn auch
vielleicht nicht so einfach) durchführen wie im Ortsraum.
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3.5 Die Unschärferelation
3.5
Die Unschärferelation
Ich habe die Unschärferelation (in der Form σx σp ≥ h̄/2) ganz am Anfang, in Abschnitt 1.6, eingeführt und sie in den Aufgaben mehrfach überprüft. Aber wir haben
sie bis jetzt nie bewiesen. In diesem Abschnitt will ich eine verallgemeinerte Form
der Unschärferelation beweisen und einige der Folgerungen daraus untersuchen. Der
Beweis ist schön, aber recht abstrakt, passen Sie also gut auf.
3.5.1 Beweis der verallgemeinerten Unschärferelation
Für eine beliebige Observable A haben wir (vgl. Gleichung 3.21)
− A)Ψ |(A
− A)Ψ = f |f σA2 = (A
− A)Ψ . Entsprechend gilt für eine beliebige andere Observable B,
mit f ≡ (A
− B)Ψ .
σB2 = g|g mit g ≡ (B
Daher gilt wegen der Schwarz’schen Ungleichung (Gleichung 3.7)
σA2 σB2 = f |f g|g ≥ |f |g|2 .
(3.59)
Nun gilt für eine beliebige Zahl z
|z|2 = [Re(z)]2 + [Im(z)]2 ≥ [Im(z)]2 =
2
1
∗
(z − z ) .
2i
(3.60)
Wenn wir nun z = f |g setzen, dann haben wir daher
σA2 σB2 ≥
2
1
.
[f |g − g|f ]
2i
(3.61)
Aber
− A)Ψ |(B
− B)Ψ = Ψ |(A
− A)(B
− B)Ψ f |g = (A
= Ψ |(A B − A B − B A + AB)Ψ B
Ψ − BΨ |A
Ψ − AΨ |B
Ψ + ABΨ |Ψ = Ψ |A
= A B − BA − AB + AB
B
− AB .
= A
Entsprechend gilt
A
− AB
g|f = B
und damit
2
3
B
− B
A
= A
‚ B
;
f |g − g|f = A
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3
Formalismus
dabei ist
‚ B
≡A
B
−B
A
A
der Kommutator der beiden Operatoren (vgl. Gleichung 2.48).
Schlussfolgerung:
σA2 σB2 ≥
1 2 3 2
.
A‚B
2i
(3.62)
Dies ist die (verallgemeinerte) Unschärferelation. Sie könnten meinen, das i würde
die Sache einigermaßen trivial machen – i2 ist ja schließlich −1, sollte da die rechte
Seite nicht negativ sein? Doch so einfach ist es nicht, denn der Kommutator von zwei
hermiteschen Operatoren enthält ebenfalls einen Faktor mit i, und dann kürzen sich
die beiden gegenseitig heraus.17
= x)
Als ein Beispiel wollen wir annehmen, dass die erste Observable der Ort ist (A
= (h̄/i) d/ dx). Den Kommutator dieser beiden Operaund die zweite der Impuls (B
toren haben wir bereits in Kapitel 2 erarbeitet (Gleichung 2.58):
x̂‚ p̂ = ih̄ .
Also ist
σx2 σp2 ≥
2 2
1
h̄
ih̄ =
2i
2
oder, da die Standardabweichung ihrer Definition nach immer positiv ist,
σx σp ≥
h̄
.
2
(3.63)
Das ist die Originalform der Heisenberg’schen Unschärferelation, aber wir wissen
jetzt, dass es sich nur um die Anwendung eines weit allgemeineren Zusammenhangs
handelt.
Eigentlich gibt es sogar eine Unschärferelation für jedes Paar von Observablen, deren
Operatoren nicht kommutieren – wir nennen sie inkompatible Observable. Inkompatible Observable haben keine gemeinsamen Eigenfunktionen – zumindest können
sie keinen vollständigen Satz von gemeinsamen Eigenfunktionen haben (vgl. Aufgabe 3.15). Dagegen erlauben kompatible (d. h. kommutierende) Observable einen
vollständigen Satz von gleichzeitigen Eigenfunktionen.18 Beispielsweise sind (wie
wir in Kapitel 4 sehen werden) im Wasserstoffatom die Hamilton-Funktion, der Drehimpulsbetrag und die z-Komponente des Drehimpulses miteinander kompatible Observable, und wir werden gemeinsame Eigenfunktionen für alle drei konstruieren,
17 Genauer gesagt ist der Kommutator von zwei hermiteschen Operatoren selbst anti † = −Q
), und sein Erwartungswert ist imaginär (vgl. Aufgabe 3.26).
hermitesch (Q
18 Dies entspricht dem Befund, dass nichtkommutierende Matrizen nicht gleichzeitig diagonalisiert werden können (d. h. sie können nicht beide mit derselben Ähnlichkeitstransformation auf Diagonalform gebracht werden), wogegen kommutierende hermitesche Matrizen
sich sehr wohl gleichzeitig diagonalisieren lassen. Vgl. Abschnitt A.5.
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3.5 Die Unschärferelation
die jeweils mit den entsprechenden Eigenwerten gekennzeichnet sind. Aber es gibt
keine Eigenfunktion des Ortes, die auch eine Eigenfunktion des Impulses ist, weil
diese Operatoren inkompatibel sind.
Beachten Sie, dass die Unschärferelation in der Quantenmechanik keine zusätzliche
Annahme ist, sondern eher eine Folgerung aus der statistischen Interpretation. Sie
könnten sich fragen, wie sich dies im Labor Geltung verschafft – warum sollte man
denn nicht (beispielsweise) sowohl Ort als auch Impuls eines Teilchen bestimmen
können? Sie können natürlich den Ort des Teilchens messen, aber durch den Akt der
Messung kollabiert die Wellenfunktion zu einer schmalen Spitze, die notwendigerweise einen breiten Bereich an Wellenlängen (und damit Impulsen) in ihrer FourierZerlegung enthält. Wenn Sie dann den Impuls messen, kollabiert der Zustand zu
einer langen sinusförmigen Welle mit einer (jetzt) wohldefinierten Wellenlänge –
aber das Teilchen befindet sich dann nicht mehr an dem Ort, den Sie in der ersten Messung bestimmt haben.19 Das Problem ist dabei einfach, dass die zweite Messung das Ergebnis der ersten hinfällig macht. Nur wenn die Wellenfunktion für beide
Observable gleichzeitig ein Eigenzustand ist, kann man eine zweite Messung ohne
Störung des Teilchenzustands durchführen (der zweite Kollaps der Wellenfunktion
ändert in diesem Fall nichts). Doch das ist nur möglich, wenn die beiden Observablen kompatibel sind.
∗
Aufgabe 3.13
a
Beweisen Sie die folgende Identität der Kommutatoren:
[AB‚ C] = A[B‚ C] + [A‚ C]B .
b
(3.64)
Zeigen Sie, dass gilt:
[x n ‚ p] = ih̄nx n−1 .
c
Zeigen Sie allgemeiner, dass für eine beliebige Funktion f (x ) gilt:
[f (x )‚ p] = ih̄
df
.
dx
(3.65)
19 Niels Bohr hat sich sehr darum bemüht, den Mechanismus ausfindig zu machen, durch den
die Messung beispielsweise von x den vorher existierenden Wert von p zerstört. Die Krux
bei der Sache ist, dass man, um den Ort eines Teilchens bestimmen zu können, irgendwie
nach dem Teilchen „stochern“ muss – beispielsweise mit einem Lichtstrahl. Doch diese
Photonen übertragen einen Impuls auf das Teilchen, dessen Größe Sie nicht beeinflussen
können. Sie kennen dann zwar den Ort des Teilchens, aber den Impuls eben nicht mehr.
Bohrs berühmte Debatten mit Einstein enthalten einige reizvolle Beispiele, die im Einzelnen zeigen, wie experimentelle Nebenbedingungen der Unschärferelation Geltung verschaffen. Einen begeisterten Bericht finden Sie in Bohrs Artikel in Albert Einstein: PhilosopherScientist, Hrsg. P.A. Schilpp, Tudor, New York (1949).
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Autor: David J. Griffiths Titel: Quantenmechanik — 2012/3/2 — page 144 — le-tex
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3
Formalismus
∗
Aufgabe 3.14
Beweisen Sie die berühmte „(Ihr Name)-Unschärferelation“, in der die Unschärfe
des Ortes (A = x) und die Unschärfe der Energie (B = p2 /2m + V) in Beziehung
gesetzt werden:
σx σH ≥
h̄
|p| .
2m
Für stationäre Zustände verrät Ihnen diese Relation nicht viel. Warum nicht?
Aufgabe 3.15
Zeigen Sie, dass zwei nichtkommutierende Operatoren keinen vollständigen Satz
an gemeinsamen Eigenfunktionen haben können.
]f = 0 für eine beliebige Funktion im Hilbert‚ Q
Hinweis: Zeigen Sie, dass [P
einen vollständigen Satz von gemeinsamen
Raum gelten muss, wenn P und Q
Eigenfunktionen haben.
3.5.2 Das Wellenpaket mit minimaler Unschärfe
Wir sind jetzt zweimal Wellenfunktionen begegnet, die die Unschärfegrenze genau
treffen (d. h. die Unschärfe wird bei ihnen minimal mit σx σp = h̄/2): der Grundzustand des harmonischen Oszillators (Aufgabe 2.11) und das Gauß’sche Wellenpaket
für das freie Teilchen (Aufgabe 2.22). Das wirft eine interessante Frage auf: Was ist
denn das allgemeinste Wellenpaket mit mimimaler Unschärfe? Wenn wir uns den
Beweis für die Unschärferelation noch einmal anschauen, bemerken wir, dass an
zwei Stellen Ungleichungen ins Spiel kommen: in Gleichung 3.59 und 3.60. Nehmen wir an, dass an diesen beiden Stellen jeweils eine Gleichung erforderlich wäre,
und schauen wir uns nun an, was wir damit über Ψ erfahren.
Die Schwarz’sche Ungleichung wird zu einer Gleichung, wenn eine Funktion ein
Vielfaches der anderen ist: g (x ) = cf (x ) für irgendeine komplexe Zahl c (vgl. Aufgabe A.5). Allerdings habe ich in Gleichung 3.60 den Realteil von z weggeworfen;
das Gleichheitszeichen gilt für Re(z) = 0, d. h. für Ref |g = Re(cf |f ) = 0. Nun
ist f |f mit Sicherheit reell, das bedeutet also, dass die Konstante c rein imaginär
sein muss – nennen wir sie ia. Die notwendige und hinreichende Bedingung für die
minimale Unschärfe ist dann also
g (x ) = iaf (x ) mit einem reellen a .
Für die Unschärfe von Ort und Impuls wird aus diesem Kriterium:
h̄ d
− p Ψ = ia(x − x)Ψ ‚
i dx
(3.66)
(3.67)
und das ist eine Differentialgleichung für Ψ als Funktion in x. Ihre allgemeine Lösung
(vgl. Aufgabe 3.16) ist
2
Ψ (x ) = A e−a(x−x) /2h̄ eipx/h̄ .
(3.68)
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3.5 Die Unschärferelation
Offenbar ist das Wellenpaket mit minimaler Unschärfe gaußförmig, und die beiden
Beispiele, die wir bislang kennengelernt haben, sind tatsächlich Gauß’sche Wellenpakete.20
Aufgabe 3.16
Beweisen Sie Gleichung 3.67 für Ψ (x ). Achten Sie darauf, dass x und p Konstanten sind.
3.5.3 Die Unschärferelation für Zeit und Energie
Die Unschärferelation für Ort und Impuls wird oft in der Form
x p ≥
h̄
2
(3.69)
angegeben. x (die „Unbestimmtheit“ in x) ist eine liederliche Schreib- und saloppe
Sprechweise für die Standardabweichung der Ergebnisse von wiederholten Messungen an identisch präparierten Systemen.21 Gleichung 3.69 wird oft gekoppelt mit der
Unschärferelation für Zeit und Energie:
t E ≥
h̄
.
2
(3.70)
Im Kontext der speziellen Relativitätstheorie kann man sicher die Zeit-Energie-Form
als eine Folge aus der Ort-Impuls-Form der Unschärferelation ansehen, weil x und t
(oder besser ct) zusammen in den Raumzeit-Vierervektor eingehen, während p und E
(bzw. E /c) zusammen in den Energie-Impuls-Vierervektor eingehen. In einer relativistischen Theorie wäre also Gleichung 3.70 eine unumgängliche Begleiterscheinung.
Aber wir betreiben hier keine relativistische Quantenmechanik. Die SchrödingerGleichung ist explizit nichtrelativistisch: Sie behandelt t und x höchst ungleich
(als eine Differentialgleichung erster Ordnung in t und zweiter Ordnung in x), und
Gleichung 3.70 folgt ausdrücklich nicht aus Gleichung 3.69. Ich will die Unschärferelation für Zeit und Energie nun herleiten und Sie dabei davon überzeugen, dass
sie ein völlig anderes Kaliber ist, auch wenn die vordergründige Ähnlichkeit mit der
Ort-Impuls-Form der Unschärferelation in dieser Hinsicht in die Irre führt.
Letzten Endes sind Ort, Impuls und Energie allesamt dynamische Variable – messbare Merkmale des Systems zu einem beliebigen Zeitpunkt. Doch die Zeit selbst ist
keine dynamische Variable (jedenfalls nicht in einer nichtrelativistischen Theorie):
Sie können nicht hingehen und die „Zeit“ eines Teilchens messen, so wie Sie dessen
20 Beachten Sie, dass es hier nur um die Abhängigkeit der Wellenfunktion Ψ von x geht – die
„Konstanten“ A, a, x und p können durchaus allesamt Funktionen in der Zeit sein, und
was das betrifft, kann sich Ψ dann vom Minimum fortentwickeln. Ich behaupte nur, dass –
sofern die Wellenfunktion zu einem bestimmten Zeitpunkt gaußförmig in x ist – dann (in
demselben Moment) das Unschärfeprodukt minimal wird.
21 Viele zwanglose Anwendungen der Unschärferelation beruhen (oft unbeabsichtigt) hingegen
auf einem völlig anderen – und manchmal ungerechtfertigten – Maß für die „Unbestimmheit“. Umgekehrt verwenden manchmal auch ganz strenge Beweise andere Definitionen der
„Unbestimmtheit". Vgl. dazu Jan Hilgevoord, Am. J. Phys. 70, 983 (2002).
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3
Formalismus
Ort oder dessen Energie bestimmen können. Die Zeit ist eine unabhängige Variable, und die dynamischen Größen sind Funktionen von ihr. Insbesondere ist das t
in der Zeit-Energie-Form der Unschärferelation eben nicht die Standardabweichung
einer Vielzahl von Zeitmessungen; ins Unreine gesprochen (ich werde das gleich
präzisieren) ist es die Zeit, die verstreichen muss, bis sich das System wesentlich
verändert.
Als ein Maß dafür, wie schnell sich ein System verändert, berechnen wir die Zeitableitung für den Erwartungswert irgendeines Operators Q(x‚ p‚ t):
0 1 ∂Ψ
∂Ψ
d
d
Q
Ψ + Ψ ∂ Q Ψ + Ψ Q
Ψ =
Q =
Ψ |Q
∂t .
∂t
dt
dt
∂t Nun besagt aber die Schrödinger-Gleichung, dass
ih̄
∂Ψ
Ψ
=H
∂t
gilt (darin ist H = p2 /2m + V die Hamilton-Funktion). Also ist
0
1
∂Q
1
1 d
Q = − H Ψ |Q Ψ + Ψ |Q H Ψ +
.
dt
ih̄
ih̄
∂t
Ψ und damit
Q
ist hermitesch, also gilt H
Ψ |Q̂Ψ = Ψ |H
Doch H
1
0
d
∂Q
i Q = [H
.
‚ Q ] +
dt
∂t
h̄
(3.71)
Das ist für sich ein interessantes und nützliches Ergebnis (vgl. Aufgabe 3.17 und
3.31). Im typischen Fall, wo der Operator nicht explizit von der Zeit abhängt,22 lesen
wir daraus ab, dass die Änderungsgeschwindigkeit des Erwartungswerts durch den
Kommutator mit dem Hamilton-Operator bestimmt ist. Insbesondere ist Q konstant,
mit H
kommutiert – und in diesem Sinn ist Q eine Erhaltungsgröße.
wenn Q
Wählen wir nun in der verallgemeinerten Unschärferelation (Gleichung 3.62) A = H
und B = Q und nehmen wir an, dass Q nicht explizit von t abhängt:
σH2 σQ2 ≥
2 dQ 2
1 2
1 h̄ dQ 2
h̄
=
.
[H ‚ Q ] =
2i
2i i dt
2
dt
Einfacher ausgedrückt:
σH σQ ≥
h̄ dQ .
2 dt (3.72)
/∂ t = 0
22 Operatoren, die explizit von t abhängen, sind recht selten, so dass fast immer ∂ Q
gilt. Als ein Beispiel für eine explizite Zeitabhängigkeit betrachten Sie die potentielle Energie eines harmonischen Oszillators, dessen Federkonstante sich ändert (es könnte z. B. die
Temperatur steigen und die Feder dadurch flexibler werden): Q = (1/2)m[ω(t)]2 x 2 .
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3.5 Die Unschärferelation
Definieren wir nun E ≡ σH und
t ≡
σQ
.
| dQ/ dt|
(3.73)
Dann haben wir
E t ≥
h̄
‚
2
(3.74)
und das ist genau die Unschärferelation für Energie und Zeit. Machen Sie sich aber
klar, was t hier bedeutet: Wegen
dQ t
σQ = dt gibt t hier die Zeitdauer an, in der sich der Erwartungswert von Q um eine Standardabweichung ändert.23 Insbesondere hängt t vollständig davon ab, welche Observable (also Q) Sie gern beobachten möchten – die Änderungsgeschwindigkeit
kann für die eine Observable hoch, für eine andere dagegen recht gering sein. Doch
wenn E klein ist, dann ist die Änderungsgeschwindigkeit für alle Oberservable
nur gering. Anders gesagt: Wenn sich auch nur eine Observable schnell ändert, dann
muss die „Unschärfe“ in der Energie groß sein.
Beispiel 3.5: Zeitliche Entwicklung
der Erwartungswerte
Im Extremfall eines stationären Zustands, in dem die Energie eindeutig bestimmt
ist, sind alle Erwartungswerte zeitlich konstant (E = 0 ⇒ t = ∞) – das
haben wir schon vor geraumer Zeit festgestellt (vgl. Gleichung 2.9). Damit überhaupt irgendetwas geschieht, brauchen Sie die Linearkombination von wenigstens zwei stationären Zuständen, beispielsweise
Ψ (x‚ t) = aψ1 (x ) e−iE1 t/h̄ + bψ2 (x ) e−iE2 t/h̄ .
Wenn a, b, ψ1 und ψ2 reell sind, gilt
|Ψ (x‚ t)|2 = a2 (ψ1 (x ))2 + b2 (ψ2 (x ))2 + 2abψ1 (x )ψ2 (x ) cos
E2 − E1
t .
h̄
Die Periode der Schwingung ist τ = 2π h̄/(E2 − E1 ). Man kann also sagen, dass
E = E2 − E1 und t = τ gilt (die exakte Rechnung können Sie in Aufgabe 3.18
durchführen), also ist
E t = 2πh̄ ‚
und das ist ≥ h̄/2.
23 Dies wird manchmal als die „Mandelstam-Tamm-Formulierung“ der Unschärferelation für
Energie und Zeit bezeichnet. Eine Übersicht über alternative Ansätze findet sich z. B. in Paul
Busch, Found. Phys. 20, 1 (1990).
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3
Formalismus
Beispiel 3.6: Unschärfe eines freien Teilchens
Wie lange braucht das zu einem freien Teilchen gehörende Wellenpaket, an einem
bestimmten Punkt vorbeizulaufen (vgl. Abbildung 3.1)? Qualitativ (die exakte
Rechnung folgt in Aufgabe 3.19) haben wir t = x /v = mx /p, aber E =
p2 /2m, also gilt E = pp/m. Damit ist
E t =
pp mx
= x p ‚
m
p
und das ist größer als h̄/2, dem Wert, der sich entsprechend der Orts-ImpulsUnschärfe ergibt.
x
v
A
x
Abbildung 3.1: Ein zu einem freien Teilchen gehörendes Wellenpaket nähert sich dem Punkt A (Beispiel 3.6).
Beispiel 3.7: Massenunschärfe eines -Teilchens
Ein -Teilchen hat eine Lebensdauer von rund 10−23 Sekunden, bevor es spontan zerfällt. Wenn Sie ein Histogramm für alle Messungen seiner Masse anlegen,
erhalten Sie ein Art Glockenkurve um den Wert 1232 MeV/c2 mit einer Breite
von etwa 120 MeV/c2 (Abbildung 3.2). Warum erhält man manchmal eine Ruheenergie von mehr und manchmal weniger als 1232 MeV/c2 ? Ist das ein Messfehler? Nein, denn wir haben
120
E t =
MeV (10−23 s) = 6 · 10−22 MeV s ‚
2
1100
1200
1300
Masse (MeV/c2)
1400
Abbildung 3.2: Histogramm für die Messungen der Masse des -Teilchens (Beispiel 3.7).
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Autor: David J. Griffiths Titel: Quantenmechanik — 2012/3/2 — page 149 — le-tex
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3.5 Die Unschärferelation
Beispiel 3.7 (Fortsetzung)
dagegen gilt h̄/2 = 3 · 10−22 MeV s. Die Unschärfe in m ist also gerade so gering,
wie die Unschärferelation erlaubt – ein Teilchen mit einer solch geringen Lebensdauer hat eben keine wohldefinierte Masse.24
Machen Sie sich die verschiedenen Bedeutungen klar, die in diesen Beispielen mit
dem Term t verbunden sind: In Beispiel 3.5 gibt er eine Schwingungsperiode an;
in Beispiel 3.6 die Zeit, in der ein Teilchen an einem bestimmten Punkt vorbeiläuft;
und in Beispiel 3.7 die Lebensdauer eines instabilen Teilchens. In jedem dieser Fälle
jedoch ist t die Zeit, in der sich das System „wesentlich“ ändert.
Es wird häufig gesagt, der Unschärferelation zufolge wäre die Energie in der Quantenmechanik nicht streng erhalten – man könne sich also einen Energiebetrag E „leihen“, wenn man ihn nur in der Zeit t ≈ h̄/(2E ) wieder „zurückzahlen“ würde;
und je größer der geliehene Energiebetrag, umso kürzer die Zeit, in der dies möglich
ist. Nun, es gibt viele seriöse Interpretationsmöglichkeiten der Unschärferelation in
Energie und Zeit, aber diese gehört nicht dazu. An keiner Stelle erlaubt die Quantenmechanik, den Energieerhaltungssatz zu verletzen, und eine solche Möglichkeit ist
auch nirgends in die Ableitung von Gleichung 3.74 eingegangen. Doch die Unschärferelation ist außerordentlich robust: Man kann sie missbrauchen, ohne dass sie zu
völlig falschen Ergebnissen führt, und infolgedessen haben sich die Physiker daran
gewöhnt, sie recht sorglos auszulegen.
∗
Aufgabe 3.17
Wenden Sie Gleichung 3.71 auf folgende Spezialfälle an: a) Q = 1; b) Q = H;
c) Q = x; d) Q = p. Kommentieren Sie in jedem dieser Fälle das Ergebnis, insbesondere in Bezug auf die Gleichungen 1.27, 1.33, 1.38 und die Energieerhaltung
(siehe die Ausführungen im Anschluss an Gleichung 2.40).
Aufgabe 3.18
Überprüfen Sie die Unschärelation in Energie und Zeit für die Wellenfunktion
aus Aufgabe 2.5 und die Observable x, indem Sie σH , σx und dx/ dt exakt
berechnen.
24 Streng genommen habe ich in Beispiel 3.7 etwas geschummelt. Man kann 10−23 Sekunden
nicht mit einer Stoppuhr messen; tatsächlich wird die Lebensdauer aus der Massenschärfe
abgeleitet und benutzt dabei die Unschärferelation als Vorgabe. Dennoch ist die Aussage
des Beispiels stichhaltig, auch wenn die Logik gerade andersherum läuft. Darüber hinaus
ist eine Zeit von 10−23 s – wenn Sie annehmen, dass das -Teilchen etwa dieselbe Größe
hat wie ein Proton (ca. 10−15 m) – ungefähr die Zeitdauer, die das Licht benötigt, um an
dem Teilchen vorbeizukommen; man kann sich schwerlich vorstellen, dass die Lebensdauer
eines Teilchens viel geringer sein könnte.
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Autor: David J. Griffiths Titel: Quantenmechanik — 2012/3/2 — page 150 — le-tex
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Formalismus
Aufgabe 3.19
Überprüfen Sie die Unschärelation für das Wellenpaket eines freien Teilchens
aus Aufgabe 2.43 und die Observable x, indem Sie σH , σx und dx/ dt exakt
berechnen.
Aufgabe 3.20
Zeigen Sie, dass sich die Unschärferelation in Energie und Zeit auf die „(Ihr
Name)-Unschärferelation“ (vgl. Aufgabe 3.14) reduziert, wenn die untersuchte
Observable x ist.
3.6
Die Dirac-Notation
Stellen Sie sich einen gewöhnlichen Vektor A in zwei Dimensionen vor (Abbildung 3.3a). Wir würden Sie jemandem diesen Vektor beschreiben? Der bequemste
Weg besteht darin, ein kartesisches Koordinatensystem mit den Achsen x und y zu
bestimmen und dann darin die Komponenten von A anzugeben: Ax = ı̂ ·A, Ay = jˆ ·A
(Abbildung 3.3b). Natürlich könnte Ihre Schwester ein anderes Koordinatensystem
mit anderen Achsen x und y gewählt haben, und sie würde dann andere Komponenten erhalten: Ax = ı̂ ·A, Ay = jˆ ·A (Abbildung 3.3c). Aber in allen Fällen handelt
es sich um denselben Vektor – wir drücken ihn nur in Bezug auf zwei verschiedene
Basen ({ı̂ ‚ jˆ} und {ı̂ ‚ jˆ }) aus. Der Vektor selbst „lebt draußen in seinem Vektorraum“,
unabhängig davon, welche (beliebigen) Koordinaten irgendjemand auswählen sollte.
Dasselbe gilt für
den
3 Zustand eines Systems in der Quantenmechanik. Es wird durch
einen Vektor S(t) dargestellt, der „draußen im Hilbert-Raum“ lebt, aber ausdrücken
können wir ihn mithilfe einer beliebigen Anzahl von unterschiedlichen Basen. Die
Wellenfunktion Ψ (x‚ t) ist der Koeffizient in der Entwicklung von | S in der Basis
der Ortseigenfunktionen:
Ψ (x‚ t) = x| S(t)
(3.75)
(wobei |x für die Eigenfunktion von x̂ mit dem Eigenwert x steht);25 die Wellenfunktion Φ(p‚ t) im Impulsraum dagegen ist der Koeffizient von | S in der Basis der
y
y'
A
Ay A
A
x'
Ay'
Ax
a
x
b
Ax'
c
Abbildung 3.3: (a) Vektor A. (b) Komponenten von A bezüglich der x - und der y -Achse. (c) Komponenten von A
bezüglich der x - und der y -Achse.
25 Ich will hier nicht die Bezeichnung gx verwenden, die in Gleichung 3.39 eingeführt wurde,
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3.6 Die Dirac-Notation
Impulseigenfunktionen:
Φ(p‚ t) = p| S (t)
(3.76)
(wobei |p für die Eigenfunktion von p̂ mit dem Eigenwert p steht).26 Wir können
| S auch in der Basis der Energieeigenfunktionen entwickeln (dabei nehmen wir der
Einfachheit halber an, dass das Spektrum diskret ist):
cn (t) = n| S (t)
(3.77)
), entsprechend Gleichung 3.46.
(dabei steht |n für die n-te Eigenfunktion von H
Aber es handelt sich immer um denselben Zustand, die Funktionen Ψ und Φ und
die Menge {cn } der Koeffizienten enthalten genau dieselbe Information – es sind
einfach nur drei verschiedene Möglichkeiten, denselben Vektor zu beschreiben:
1
Ψ (x‚ t) = Ψ (y‚ t)δ(x − y ) dy = Φ(p‚ t) √
eipx/h̄ dp
2π h̄
=
cn e−iEn t/h̄ ψn (x ) .
(3.78)
Operatoren (die Observable repräsentieren) sind lineare Transformationen, d. h. sie
„transformieren“ einen Vektor in einen anderen:
|α .
|β = Q
(3.79)
So wie man Vektoren in Bezug auf eine spezielle Basis {|en } darstellt,27 indem man
ihre Komponenten angibt:
|α =
an |en mit
an = en |α ;
|β =
n
bn |en mit
bn = en |β ‚
(3.80)
n
so werden Operatoren (in Bezug auf eine spezielle Basis) durch ihre Matrixelemente28 dargestellt:
|en ≡ Qmn .
em |Q
(3.81)
In dieser Schreibweise nimmt Gleichung 3.79 die Form
n
bn |en =
|en an Q
(3.82)
n
denn diese Form bezieht sich auf die Ortsbasis, und der springende Punkt an dieser Stelle
ist ja, dass wir uns von einer speziellen Basis befreien wollen. Gewiss, als ich den HilbertRaum zum ersten Mal als die Menge der quadratintegrablen Funktionen – in x – definiert
habe, war ich schon zu restriktiv, denn das legte uns auf eine spezielle Basis (die Ortsbasis)
fest. Sie sollten den Hilbert-Raum jetzt als einen abstrakten Vektorraum ansehen, dessen
Elemente sich in Bezug auf jede gewünschte Basis darstellen lassen.
26 Im Ortsraum wäre das fp (x ) (vgl. Gleichung 3.32).
27 Ich werde annehmen, dass die Basis diskret ist; im anderen Fall wird n zu einem kontinuierlichen Index, und die Summen werden durch Integrale ersetzt.
28 Diese Terminologie ist offensichtlich durch den endlich-dimensionalen Fall angeregt; typischerweise hat die „Matrix“ nun aber unendlich viele Elemente, ja ihre Anzahl kann eventuell sogar überabzählbar sein.
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3
Formalismus
an; wir können auch das innere Produkt mit |em bilden:
|en bn em |en =
an em |Q
n
(3.83)
n
und erhalten somit
bm =
Qmn an .
(3.84)
n
Die Matrixelemente verraten Ihnen also, wie sich die Komponenten transformieren.
Später werden uns Systeme begegnen, die nur eine endliche Anzahl N von linear
unabhängigen Zuständen zulassen. In diesem Fall lebt | S (t) in einem N-dimensionalen Vektorraum; man kann ihn als Spaltenvektor mit N Komponenten (bezüglich
einer gegebenen Basis) darstellen, die Operatoren nehmen dann die Form gewöhnlicher (N ×N )-Matrizen an. Dies sind die einfachsten Quantensysteme, in denen keine
der Feinheiten auftritt, die mit unendlich-dimensionalen Vektorräumen verbunden
sind. Das einfachste von ihnen ist das System mit nur zwei Zuständen, das wir im
folgenden Beispiel untersuchen wollen.
Beispiel 3.8: Einfaches System
aus zwei linear unabhängigen Zuständen
Wir betrachten ein System, in dem es nur zwei linear unabhängige Zustände
gibt:29
|1 =
1
0
und |2 =
0
.
1
Der allgemeinste Zustand ist eine normierte Linearkombination:
| S = a|1 + b|2 =
a
b
mit
|a|2 + |b|2 = 1 .
Der Hamilton-Operator lässt sich als (hermitesche) Matrix ausdrücken; wir nehmen an, dass sie die folgende spezielle Form hat:
H=
h
g
g
h
(dabei sind g und h reelle Konstanten). Das System soll sich zum Zeitpunkt t = 0
im Zustand |1 befinden. In welchem Zustand befindet es sich zur Zeit t?
29 Technisch gesehen bedeuten die Gleichheitszeichen hier die Aussage „wird dargestellt
durch“, aber ich glaube, es wird nicht zu Verwirrung führen, wenn wir bei der üblichen
informellen Schreibweise bleiben.
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3.6 Die Dirac-Notation
Beispiel 3.8: (Fortsetzung)
Lösung:
Nach der (zeitabhängigen) Schrödinger-Gleichung gilt
ih̄
d
| S = H| S .
dt
(3.85)
Wie immer beginnen wir mit der Lösung der zeitunabhängigen SchrödingerGleichung:
H|s = E|s ;
(3.86)
Wir suchen also die Eigenvektoren und Eigenwert von H. Die charakteristische
Gleichung (die sollten Sie aus den Anfangssemestern der Mathematik kennen)
bestimmt die Eigenwerte:
det
h−E
g
g
h−E
= (h − E )2 − g 2 = 0 ⇒ h − E = ∓g ⇒ E± = h ± g .
Offenbar sind die erlaubten Energien (h + g ) und (h − g ). Um die Eigenvektoren
zu bestimmen, schreiben wir
h g
α
α
= (h ± g )
⇒ hα + g β = (h ± g )α ⇒ β = ±α ‚
g h
β
β
also sind die normierten Eigenvektoren
1
1
.
|s± = √
2 ±1
Nun entwickeln wir den Anfangszustand in eine Linearkombination von Eigenvektoren des Hamilton-Operators:
| S (0) =
1
1
= √ (|s+ + |s− ) .
0
2
Zum Schluss fügen wir noch die Standard-Zeitabhängigkeit exp(−iEn t/h̄) hinzu:
&
1 %
| S (t) = √ e−i(h+g )t/h̄ |s+ + e−i(h−g )t/h̄ |s− 2
1 −iht/h̄ −igt/h̄ 1
1
+ eigt/h̄
= e
e
1
−1
2
1 −iht/h̄ e−igt/h̄ + eigt/h̄
cos(gt/h̄)
−iht /h̄
= e
.
=
e
−i sin(gt/h̄)
2
e−igt/h̄ − eigt/h̄
Wenn Sie dieses Ergebnis bezweifeln, sollten Sie es unter allen Umständen nachprüfen: Erfüllt dieser Ausdruck die zeitabhängige Schrödinger-Gleichung? Passt
er zum Anfangszustand mit t = 0?
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3
Formalismus
Beispiel 3.8 (Fortsetzung)
Dies ist ein recht grobes Modell für (unter anderem) die Neutrino-Oszillationen.
In diesem Fall repräsentiert |1 das Elektron-Neutrino und |2 das Myon-Neutrino.
Wenn der Hamilton-Operator einen nicht-verschwindenden Term g außerhalb
der Diagonalen hat, dann wandelt sich das Elektron-Neutrino im Lauf der Zeit
in ein Myon-Neutrino um (und wieder zurück).
Dirac schlug vor, die Klammer-Schreibweise α |β für das innere Produkt in zwei
Teile zu zerlegen. Nach dem englischen Wort „Bracket“ für Klammer sollten die beiden Teile als Bra (α |) und Ket (|β ) bezeichnet werden (was mit dem „c“ passiert,
ist nicht überliefert). Das Ket ist ein Vektor, doch was genau ist ein Bra? Hier handelt
es sich um eine lineare Funktion von Vektoren, und zwar in dem Sinne, dass das
Bra, sobald es auf einen Vektor (zu seiner Rechten) angewandt wird, eine (komplexe)
Zahl erzeugt – eben das innere Produkt. (Wenn ein Operator auf einen Vektor aufgewandt wird, entsteht ein anderer Vektor; Wenn ein Bra auf einen Vektor angewandt
wird, entsteht eine Zahl.) In einem Funktionenraum kann man sich das Bra als eine
Anweisung zum Integrieren vorstellen:
f | = f ∗ [· · · ] dx .
Darin stehen die Auslassungspunkte für eine beliebige Funktion, der das Bra in dem
Ket zu seiner Rechten begegnet. In einem endlich-dimensionalen Vektorraum, in
dem die Vektoren als Spalten
⎛
⎞
a1
⎜ a2 ⎟
⎜ ⎟
|α = ⎜ . ⎟
⎝ .. ⎠
(3.87)
an
dargestellt werden, ist das entsprechende Bra ein Zeilenvektor:
4
5
α | = a∗1 a∗2 . . . a∗n .
(3.88)
Die Menge aller Bras bildet einen weiteren Vektorraum – den sogenanten Dualraum.
Die Möglichkeit, die Bras als eigenständige Objekte behandeln zu können, gestattet
uns eine leistungsstarke und elegante Schreibweise (die ich in diesem Buch jedoch
nicht weiter ausnützen werde). Wenn beispielsweise |α ein normierter Vektor ist,
dann pickt der Operator
≡ |α α |
P
(3.89)
den Anteil eines beliebigen anderen Vektors heraus, der entlang von |α gerichtet ist:
|β = α |β |α .
P
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3.6 Die Dirac-Notation
den Projektionsoperator auf einen eindimensionalen Unterraum, der
Wir nennen P
durch |α aufgespannt wird. Ist {|en } eine diskrete Orthonormalbasis, d. h. gilt
em |en = δmn ‚
dann haben wir
|en en | = 1
(3.90)
(3.91)
n
(der Identitäts- oder Einheitsoperator). Er heißt so, weil wir die Entwicklung von |α in der {|en }-Basis wiedergewinnen, wenn wir diesen Operator auf einen beliebigen
Vektor |α wirken lassen:
|en en |α = |α .
(3.92)
n
Entsprechend gilt, wenn {|ez } eine Dirac-orthonormierte kontinuierliche Basis ist,
ez |ez = δ(z − z ) ‚
und dann haben wir
(3.93)
|ez ez | dz = 1 .
(3.94)
Die Gleichungen 3.91 und 3.94 bieten die aufgeräumteste Möglichkeit, die Vollständigkeit auszudrücken.
Aufgabe 3.21
2 = P
.
Zeigen Sie, dass Projektionsoperatoren idempotent sind, d. h. es gilt P
und charakterisieren Sie seine Eigenwerte.
Bestimmen Sie die Eigenwerte von P
Lösungshinweise
Aufgabe 3.22
Betrachten Sie einen dreidimensionalen Vektorraum, der durch die Orthonormalbasis |1, |2, |3 aufgespannt wird. Die Kets |α und |β sind gegeben durch
|α = i|1 − 2|2 − i|3 ‚
|β = i|1 + 2|3 .
a
Konstruieren Sie α | und β | (ausgedrückt mithilfe der dualen Basis 1|, 2|,
3|).
b
Bestimmen Sie α |β und β |α und bestätigen Sie, dass β |α = α |β ∗ gilt.
c
≡ |α β | in dieser
Bestimmen Sie alle neun Matrixelemente des Operators A
Basis, und konstruieren Sie die Matrix A. Ist sie hermitesch?
Aufgabe 3.23
Der Hamilton-Operator für ein bestimmtes Zwei-Niveau-System ist
= ε (|11| − |22| + |12| + |21|) .
H
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Formalismus
Darin ist |1, |2 eine Orthonormalbasis, und ε ist eine Zahl mit der Dimension
einer Energie. Bestimmen Sie die Eigenwerte und Eigenvektoren (als Linearkom bezüglich dieser
binationen von |1 und |2). Welche Matrix H repräsentiert H
Basis?
Aufgabe 3.24
ist ein Operator mit einem vollständigen Satz von Eigenvektoren:
Q
|en = qn |en (n = 1‚ 2‚ 3‚ . . . ).
Q
mithilfe seiner Spektralzerlegung schreiben kann:
Zeigen Sie, dass man Q
=
Q
qn |en en | .
n
Hinweis: Ein Operator wird durch seine Wirkung auf alle möglichen Vektoren
charakterisiert. Sie müssen also zeigen, dass
|α =
Q
$
qn |en en | |α n
für beliebige Vektoren |α gilt.
Weitere Aufgaben für Kapitel 3
Lösungshinweise
Aufgabe 3.25
Legendre-Polynome. Orthonormieren Sie mithilfe des Gram-Schmidt’schen Orthonormierungsverfahrens (vgl. Aufgabe A.4) die Funktionen 1, x, x 2 und x 3 über dem
Intervall −1 ≤ x ≤ 1. Die Ergebnisse sollten Sie bereits kennen – bis auf die Normierung30 handelt es sich um die Legendre-Polynome (Tabelle 4.1).
Aufgabe 3.26
Ein anti-hermitescher Operator (oder schief-hermitescher Operator) ist gleich dem
Negativen von dessen hermitesch Konjugierten:
† = −Q
.
Q
(3.95)
a
Zeigen Sie, dass der Erwartungswert eines anti-hermiteschen Operators imaginär ist.
b
Zeigen Sie, dass der Kommutator von zwei hermiteschen Operatoren anti-hermitesch ist. Was können Sie über den Kommutator von zwei anti-hermiteschen
Operatoren sagen?
30 Legendre konnte nicht wissen, welches die beste Konvention sein würde; er wählte seinerzeit den Gesamtfaktor so, dass alle seine Funktionen bei x = 1 gegen 1 gehen – und wir
müssen heute mit dieser ungeschickten Wahl leben.
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Aufgaben
Aufgabe 3.27
, der die Observable A repräsenAufeinanderfolgende Messungen. Ein Operator A
tiert, hat zwei normierte Eigenzustände ψ1 und ψ2 mit den Eigenwerten a1 bzw.
, der die Observable B repräsentiert, hat zwei normierte Eigena2 . Der Operator B
zustände ψ1 und ψ2 mit den Eigenwerten b1 bzw. b2 . Die Eigenzustände hängen
folgendermaßen zusammen:
ψ1 = (3φ1 + 4φ2 )/5 ‚
∗∗
ψ2 = (4φ1 − 3φ2 )/5 .
a
Die Observable A wird gemessen, dabei erhält man den Wert a1 . In welchem
Zustand befindet sich das System (unmittelbar) nach dieser Messung?
b
Nun wird B gemessen. Was sind die möglichen Ergebnisse, und welche Wahrscheinlichkeiten gehören dazu?
c
Direkt nach der Messung von B wird A noch einmal gemessen. Wie groß ist
die Wahrscheinlichkeit, a1 zu erhalten? (Beachten Sie, dass Ihre Antwort völlig anders aussehen würde, wenn ich Ihnen das Ergebnis der Messung von B
verraten hätte.)
Aufgabe 3.28
Bestimmen Sie die Impulsraum-Wellenfunktion Ψn (p‚ t) für den n-ten stationären
Zustand des unendlich tiefen rechteckigen Potentialtopfs. Zeichnen Sie |Φ1 (p‚ t)|2
und |Φ2 (p‚ t)|2 als Funktion von p auf (achten Sie dabei besonders auf die Punkte
p = ±nπ h̄/a). Berechnen Sie den Erwartungswert von p2 mithilfe von Φn (p‚ t). Vergleichen Sie Ihre Antwort mit dem Ergebnis von Aufgabe 2.4.
Aufgabe 3.29
Wir betrachten die Wellenfunktion
1
Ψ (x‚ 0) =
√
2nλ
ei2πx/λ
0
−nλ < x < nλ ‚
sonst
mit einer positiven ganzen Zahl n. Die Funktion ist über dem Intervall −nλ < x <
nλ rein sinusförmig (mit der Wellenlänge λ), doch sie beschreibt trotzdem einen
Bereich von Impulsen, weil die Oszillationen nicht bis ins Unendliche fortgeführt
werden. Bestimmen Sie die Impulsraum-Wellenfunktion Φ(p‚ 0). Skizzieren Sie die
Graphen von |Ψ (x‚ 0)|2 und |Φ(p‚ 0)|2 und bestimmen Sie die Breiten wx bzw. wp
(den Abstand zwischen den Nullen auf beiden Seiten des Hauptpeaks). Beachten Sie,
was für n → ∞ mit den Breiten geschieht. Nehmen Sie wx bzw. wp als Abschätzung
für x bzw. p und überprüfen Sie damit, ob die Unschärferelation erfüllt ist.
Warnung: Wenn Sie versuchen, σp zu berechnen, werden Sie eine unangenehme
Überraschung erleben. Können Sie sagen, warum?
Aufgabe 3.30
Betrachten Sie
Ψ (x‚ 0) =
A
‚
x 2 + a2
(−a < x < ∞)
mit zwei Konstanten A und a.
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Formalismus
∗
a
Bestimmen Sie A durch die Normierung von Ψ (x‚ 0).
b
Bestimmen Sie x, x 2 und σx (zum Zeitpunkt t = 0).
c
Bestimmen Sie die Impulsraum-Wellenfunktion Φ(p‚ 0) und überprüfen Sie, ob
sie normiert ist.
d
Verwenden Sie Φ(p‚ 0) und berechnen Sie damit p, p2 und σp (zum Zeitpunkt t = 0).
e
Überprüfen Sie die Heisenberg’sche Unschärferelation für diesen Zustand.
Aufgabe 3.31
Der Virialsatz. Zeigen Sie mithilfe von Gleichung 3.71, dass
d
dV
xp = 2T − x
dt
dx
(3.96)
gilt (dabei ist T die kinetische Energie mit H = T + V). In einem stationären Zustand
ist die linke Seite der Gleichung null (warum?), sodass gilt:
dV
.
(3.97)
2T = x
dx
Diese Aussage wird als Virialsatz bezeichnet. Beweisen Sie mit seiner Hilfe, dass für
die stationären Zustände des harmonischen Oszillators T = V gilt, und prüfen Sie
nach, dass dies vereinbar ist mit Ihren Ergebnissen aus den Aufgaben 2.11 und 2.12.
Aufgabe 3.32
In einer interessanten Fassung der Energie-Zeit-Unschärferelation31 gilt T = τ/π
(dabei ist τ die Zeit, in der Ψ (x‚ t) in einen Zustand orthogonal zu Ψ (x‚ t) übergeht).
Prüfen Sie diese Aussage mithilfe einer Wellenfunktion nach, die Sie als eine gleichmäßige Mischung von zwei (orthonormalen)
stationären Zustände eines (beliebigen)
√
Potentials ansetzen: Ψ (x‚ 0) = (1/ 2)[ψ1 (x ) + ψ2 (x )].
∗∗
Aufgabe 3.33
Bestimmen Sie die Matrixelemente n|x|n und n|p|n in der (orthonormalen) Basis
von stationären Zuständen des harmonischen Oszillators (|n ≡ ψn (x ), Gleichung
2.67). In Aufgabe 2.12 haben Sie bereits die „Diagonal“-Elemente (n = n ) berechnet; bedienen Sie sich nun desselben Verfahrens für den allgemeinen Fall. Konstruieren Sie die entsprechenden (unendlichen) Matrizen X und P. Zeigen Sie, dass
(1/2m)P2 + (mω2 /2)X2 = H in dieser Basis diagonal ist. Haben Sie diese Diagonalelemente erwartet?
Teillösung:
n|x|n =
√
h̄ √ n δn‚n −1 + nδn ‚n−1 .
2mω
(3.98)
Aufgabe 3.34
Ein harmonischer Oszillator befindet sich in einem solchen Zustand, dass eine Messung der Energie mit jeweils gleicher Wahrscheinlichkeit entweder (1/2)h̄ω oder
31 Einen Beweis findet man bei Lev Vaidman, Am. J. Phys. 60, 182 (1992).
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Aufgaben
(3/2)h̄ω ergibt. Was ist der größte mögliche Wert für p in einem solchen Zustand?
Wenn dieser Maximalwert zum Zeitpunkt t = 0 eingenommen wird, was ist dann
Ψ (x‚ t)?
∗∗∗
Aufgabe 3.35
Kohärente Zustände des harmonischen Oszillators. Unter den stationären Zuständen des harmonischen Oszillators (also |n = ψn (x ), vgl. Gleichung 2.67) erreicht nur
n = 0 den Grenzfall der Unschärferelation (σx σp = h̄/2). Im Allgemeinen gilt, wie
Sie in Aufgabe 2.12 ausgearbeitet haben, σx σp = (2n + 1)h̄/2. Doch auch bestimmte
Linearkombinationen (als kohärente Zustände bezeichnet) minimieren das Unschärfeprodukt. Wie sich herausstellen wird, sind diese Zustände Eigenfunktionen des
Absteigeoperators a− :32
a− |α = α |α (der Eigenwert α kann eine beliebige komplexe Zahl sein).
a
Berechnen Sie x, x 2 , p und p2 im Zustand |α .
Hinweis: Wenden Sie das Verfahren aus Aufgabe 2.5 an und denken Sie daran,
dass a+ das hermitesch Konjugierte zu a− ist. Nehmen Sie nicht an, dass α reell
ist.
b
Bestimmen Sie σx und σp ; zeigen Sie, dass σx σp = h̄/2 ist.
c
Wie jede andere Wellenfunktion lässt sich auch ein kohärenter Zustand in den
Energieeigenzuständen entwickeln:
|α =
∞
cn |n .
n=0
Zeigen Sie, dass die Entwicklungskoeffizienten folgendermaßen angegeben werden:
αn
cn = √
d
n!
c0 .
Bestimmen Sie c0 , indem Sie |α normieren.
Lösung: exp(−|α |2 /2).
e
Setzen Sie nun die Zeitabhängigkeit ein:
|n → e−iEn t/h̄ |n
und zeigen Sie, dass |α(t) ein Eigenzustand von α− bleibt, dass sich aber der
Eigenwert mit der Zeit ändert:
α(t) = e−iωt α .
Ein kohärenter Zustand bleibt also kohärent und minimiert weiterhin das Unschärfeprodukt.
32 Für den Aufsteigeoperator gibt es keine normierbaren Eigenfunktionen.
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Formalismus
f
Ist auch der Grundzustand (|n = 0) selbst ein kohärenter Zustand? Falls ja, was
ist der Eigenwert?
Aufgabe 3.36
Die erweiterte Unschärferelation.33
(Gleichung 3.62) gilt
Nach der verallgemeinerten Unschärferelation
σA2 σB2 ≥
1
C2
4
‚ B
].
mit Ĉ ≡ −i[A
a
Zeigen Sie, dass man dies in folgender Form verschärfen kann:
σA2 σB2 ≥
1
(C2 + D2 )
4
(3.99)
B
+B
A
− 2AB.
mit D̂ ≡ A
Hinweis: Behalten Sie den Term mit Re(z) in Gleichung 3.60 bei.
b
Überprüfen Sie Gleichung 3.99 für den Fall A = B (in diesem Fall ist wegen
Ĉ = 0 die „gewöhnliche“ Unschärferelation trivial; leider hilft die erweiterte
Unschärferelation auch nicht viel weiter).
Aufgabe 3.37
Der Hamilton-Operator für ein bestimmtes System mit drei Energieniveaus wird dargestellt durch die Matrix
⎛
a
H = ⎝0
b
0
c
0
⎞
b
0⎠
a
mit den reellen Zahlen a, b und c (nehmen Sie a − c = ±b an).
a
Das System befindet sich anfangs in dem Zustand
⎛ ⎞
0
| S (0) = ⎝1⎠ .
0
Was ist dann | S (t)?
b
Das System befindet sich anfangs in dem Zustand
⎛ ⎞
0
| S (0) = ⎝0⎠ .
1
Was ist dann | S (t)?
33 Interessante Kommentare und Literaturangaben findet man bei R.R. Puri, Phys. Rev. A 49,
2178 (1994).
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Aufgaben
Aufgabe 3.38
Der Hamilton-Operator für ein bestimmtes System mit drei Energieniveaus wird dargestellt durch die Matrix
⎛
1
H = h̄ω ⎝0
0
⎞
0
0⎠ .
2
0
2
0
Die beiden weiteren Observablen A und B werden durch die Matrizen
⎛
⎞
⎛
⎞
0 1 0
2 0 0
A = λ ⎝1 0 0⎠ und B = μ ⎝0 0 1⎠
0 0 2
0 1 0
mit den reellen Zahlen ω, λ und μ dargestellt.
a
Bestimmen Sie die Eigenwerte und die (normierten) Eigenvektoren von H, A
und B.
b
Das System befindet sich anfangs in dem Ursprungszustand
⎛
⎞
c1
| S (0) = ⎝c2 ⎠
c3
mit |c1 |2 + |c2 |2 + |c3 |2 = 1. Bestimmen Sie die Erwartungswerte (für t = 0) von
H, A und B.
c
∗∗
Was ist | S (t)? Welche Werte erhalten Sie, wenn Sie die Energie in diesem
Zustand messen (zum Zeitpunkt t), und wie groß ist die Wahrscheinlichkeit
für jeden dieser Werte? Beantworten Sie diese Frage auch für die Observablen A
und B.
Aufgabe 3.39
a
Eine Funktion f (x ) lässt sich in einer Taylor-Reihe entwickeln. Zeigen Sie, dass
dann für einen beliebigen konstanten Abstand x0 gilt:
f (x + x0 ) = eip̂x0 /h̄ f (x ) .
Aus diesem Grund nennt man p̂/h̄ die Erzeugende von räumlichen Translationen.
Hinweis: Die Exponentialfunktion eines Operators ist durch die Potenzreihen
+ (1/2)Q
2 + (1/3!)Q
3 + . . .
entwicklung definiert: eQ ≡ 1 + Q
b
Ψ (x‚ t) erfüllt die (zeitabhängige) Schrödinger-Gleichung. Zeigen Sie, dass gilt:
Ψ (x‚ t + t0 ) = e−iH t0 /h̄ Ψ (x‚ t)
/h̄ die Erzeugende
(t0 ist dabei eine beliebige konstante Zeit). – Man nennt H
von zeitlichen Translationen.
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Formalismus
c
Zeigen Sie, dass man den Erwartungswert einer dynamischen Variable Q(x‚ p‚ t)
zum Zeitpunkt t + t0 in folgender Form schreiben kann:34
(x̂‚ p̂‚ t + t0 ) e−iH t0 /h̄ |Ψ (x‚ t) .
Qt+t0 = Ψ (x‚ t)| eiH t0 /h̄ Q
Leiten Sie damit die Gleichung 3.71 noch einmal her.
Hinweis: Setzen Sie t0 = dt und entwickeln Sie in erster Ordnung in dt.
∗∗
Aufgabe 3.40
a
Schreiben Sie die zeitabhängige „Schrödinger-Gleichung“ im Impulsraum für
ein freies Teilchen nieder und lösen Sie sie.
Lösung: exp(−ip2 t/2mh̄)Φ(p‚ 0).
b
Bestimmen Sie Φ(p‚ 0) für das sich ausbreitende Gauß’sche Wellenpaket (Aufgabe 2.43) und konstruieren Sie Φ(p‚ t) für diesen Fall. Konstruieren Sie auch
|Φ(p‚ t)|2 und machen Sie sich klar, dass dieser Ausdruck nicht von der Zeit
abhängt.
c
Bestimmen Sie p und p2 , indem Sie die passenden Integrale berechnen, die
Φ enthalten. Vergleichen Sie Ihre Antworten mit den Ergebnissen von Aufgabe 2.43.
d
Zeigen Sie, dass H = p2 /2m + H0 gilt (der Index 0 bezeichnet hier die
stationäre Gauß-Form), und kommentieren Sie dieses Ergebnis.
34 Insbesondere gilt, wenn wir t = 0 setzen und den Index an t0 fortlassen:
Û|Ψ (x‚ 0)
|Ψ (x‚ t) = Ψ (x‚ 0)|Û −1 Q
Q(t) = Ψ (x‚ t)|Q
t/h̄). Demnach können Sie also den Erwartungswert von Q berechnen
mit Û ≡ exp(−iH
zwischen Ψ (x‚ t)∗ und Ψ (x‚ t) einschieben (so haben wir es bisentweder, indem Sie Q
lang immer gemacht; die Zeitabhängigkeit liegt dann in der Wellenfunktion), oder indem
Û zwischen Ψ (x‚ 0)∗ und Ψ (x‚ 0) einschieben (dann wird die Zeitabhängigkeit
Sie Û −1 Q
von dem Operator getragen). Die erste Möglichkeit wird als Schrödinger-Bild, die zweite
Möglichkeit als Heisenberg-Bild bezeichnet.
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