Position der ÖGGH zur aktuellen Verschreibungspraxis neuer

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Position der ÖGGH zur aktuellen Verschreibungspraxis neuer antiviraler
Therapien bei chronischer Hepatitis C
In den vergangenen 2 Jahren hat sich die Entwicklung neuer Medikamente für die
chronische
Hepatitis
C
explosionsartig
beschleunigt.
Die
2011
eingeführte
Tripeltherapie mit Telaprevir und Boceprevir ist aktuell bereits ein Auslaufmodell.
Neuartige, direkte, hochwirksame, antivirale Medikamente (direct acting antivirals
(DAA)) wurden erfolgreich in Phase 3 Studien getestet.
Aktuell unterscheiden wir 3 verschiedene Kategorien von DAA’s, die die Replikation
des Hepatitis C Virus an unterschiedlichen Orten hemmen.
1. NS3/4 Protease Hemmer:
Neben den 2 verfügbaren Proteasehemmern der ersten Generation - Telaprevir
(Incivo®) und Boceprevir (Victrelis®) - sind besser verträgliche Medikamente der
“zweiten Welle” wie Simeprevir (Olysio®) zugelassen. Simeprevir wirkt nicht nur beim
Genotyp 1 sondern auch beim Genotyp 4. Proteasehemmer der ersten Generation
müssen mit Peginterferon/Ribavirin kombiniert werden.
2. NS5A-Hemmer:
NS5A Hemmer zerstören das Replikations-Kompartment, das Voraussetzung für den
Zusammenbau des Virus ist und vom Virus selbst induziert wird. NS5A Hemmer sind
in Kombination mit anderen DAA hoch effektiv. Am weitesten fortgeschritten sind
Daclatasvir (Daklinza®, Ledipasvir und Ombitasvir). Diese Substanzen sind in
Österreich zugelassen bzw. stehen knapp vor der Zulassung.
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3. Polymerase Hemmer:
Es gibt direkte (nukleosidische [nuc]) und indirekte (nicht-nukleosidisch [nonnuc])
Polymerasehemmer. NucPolymerasehemmer blockieren die Synthese der HCV-RNA
(“chainterminators”), nonnucPolymerase Hemmer modifizieren allosterisch die HCV
Polymerase. Derzeit ist nur ein nucPolymerase Hemmer zugelassen: Sofosbuvir
(Sovaldi®). Sofosbuvir muss mit einem DAA (Daklinza®, Ledipasvir, oder Olysio®
kombiniert werden. Die Therapie ist nebenwirkungsarm und hoch effektiv.
Bei HCV Genotypen 1,4-6 ist es auch in Kombination mit Peginterferon/Ribavirin
zugelassen.
Paritaprevir-r + Ombitasvir+ Dasabuvir (Viekirax®)
Diese Kombination eines Proteasehemmers mit einem NS5 und einem nonnucPolymerasehemmers steht knapp vor der Zulassung. Da in Österreich 1b der
häufigste HCV Genotyp ist, ist es interessant ist, dass eine 12 wöchige Therapie mit
dieser Kombination bei Patienten mit dem Genotyp1b in den Phase III Studien bei bis
zu 100% zur Heilung der chronischen Hepatitis C führte.
Die neuen Therapien erlauben eine hoch effektive, nebenwirkungsarme und kurze
Therapie bei Patienten mit chronischer Hepatitis C. Es wird damit auch möglich,
Patienten mit fortgeschrittener Leberzirrhose, die den höchsten Bedarf nach einer
effektiven antiviralen Therapie haben, zu behandeln. In Österreich wird Sovaldi®
derzeit in bei Patienten mit Leberfibrose (F3-F4) in Kombination mit Olysio®,
Daklinza®, oder Ribavirin bewilligt. Seit kurzem ist in Europa die Kombination von
Ledipasvir mit Sofosbuvir in einer Tablette (Harvoni®) zugelassen und wird in Kürze
auch über die Krankenkassen in Österreich verfügbar sein. Viekirax® wird
voraussichtlich ab Mitte 2015 verfügbar sein.
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Die Hepatitis C Infektion kann damit heute als beinahe immer heilbare Erkrankung
betrachtet werden, stellt aber aufgrund der hohen Therapiekosten eine hohe
pharmakoökonomische Herausforderung für das österreichische Gesundheitssystem
dar, die es im Sinne unserer PatientInnen zu bewältigen gilt. So liegen die
Therapiekosten für eine zB. 12 wöchige Therapie mit Sovaldi® mit Olysio® oder
Daklinza®aktuell bei mehr als € 70.000.-. Es ist zu hoffen, dass es 2015 gelingen
wird, diese Kosten zu senken. Derzeit werden diese hocheffektiven Therapieformen
nur bei Patienten mit weit fortgeschrittenen Lebererkrankungen (F3 oder F4) von den
Krankenkassen bewilligt. Das ist aus Kostengründen nachvollziehbar, widerspricht
aber der medizinischen Ethik. Es gibt kein nachvollziehbares medizinisches
Argument Patienten eine hocheffektive, nebenwirkungsarme Therapie für eine
Hepatitis C Infektion erst bei weit fortgeschrittenem Erkrankungsstadium zur
Verfügung zu stellen. Alle Guidelines (EASL, AASLD) in der „vor DAA-Ära“ (also bis
2011) haben empfohlen, dass alle Patienten ab einem Fibrosegrad 2 behandelt
werden SOLLEN! Das hat sich durch die Verfügbarkeit neuer Therapien nicht
geändert!
Nachwievor gelten F2 und <F2 mit Diabetes, Fettleber, Hepatitis B oder HIV KoInfektion
als
„Hohe
Nierenerkrankung
Behandlungspriorität“
unabhängig
von
der
F≥3
und
Leberfibrose
HCV
assoziierte
als
„Höchste
Behandlungspriorität“.
Die Problematik der Limitation der Therapie auf PatientInnen mit schlechter
Prognose ( >F3) wird durch Chronic Hepatitis Cohort Study unterstrichen: Bereits
im Stadium F2 kann es zur schnellen Progression kommen, Mortalität und Morbidität
erhöhen sich rasant bei F3 und F4. Eine aktuelle Meta-Analyse von 129 Studien mit
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23.000 PatientInnen zeigt, dass eine Heilung der Hepatitis C die Gesamtmortalität
über einen 5-Jahreszeitraum um 50% reduziert. Am eindrucksvollsten wirkt sich die
Heilung der Hepatitis C bei den HIV-Ko-Infizierten aus: hier sinkt die GesamtMortalität um über 80%.
Zahlreiche Analysen haben gezeigt, dass eine frühe Therapie der chronischen
Hepatitis C pharmakoökonomisch den größten Benefit bringt. Neben diesen
patientenindividuellen
Überlegungen
kann
durch
eine
möglichst
frühe
und
wirkungsvolle Therapie die Infektion gefährdeter Personen verhindert werden und
eine weitere Ausbreitung der Hepatitis C eingedämmt werden und würde in der Folge
auch zu einer maßgeblichen Verringerung von Neuerkrankungen führen. Eine hohe
Therapierate bei gleichzeitiger hoher Therapieeffektivität würde uns dem Ziel einer
Ausrottung der Hepatitis C in absehbarer Zeit nahe bringen. Es ist nicht die Aufgabe
von uns Ärzten die Preisgestaltung zu diskutieren, sondern dafür zu sorgen, dass alle
Betroffenen
eine
Therapie
erhalten.
Die
derzeitige
Limitation
der
neuen
Therapieoptionen auf PatientInnen mit fortgeschrittener Lebererkrankung bzw. auf
wenige Zentren kann und soll keine dauerhafte Lösung darstellen.
Basierend
auf
diesen
medizinisch-ethischen
und
letztendlich
auch
gesundheitsökonomisch sinnvollen Argumenten fordert die Österreichische
Gesellschaft für Gastroenterologie und Hepatologie, im Einklang mit vielen
bedeutenden
nationalen
wissenschaftlichen
Gesellschaften
und
Patientenorganisationen weltweit, die Therapie mit den hochwirksamen DAA allen
PatientInnen mit chronischer Hepatitis C zu ermöglichen.
Peter Ferenci, Peter Fickert, Michael Trauner, Wolfgang Vogel im Namen der ÖGGH
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