natura - Klett

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NATURA
Biologie für Gymnasien
bearbeitet von
Ralf Burger
Gabi Heidenfelder
Stephan Oberkampf
Hede Rummey
Ulrich Sommermann
Gerhard Ströhla
Bayern 12
Lösungen
Ernst Klett Verlag
Stuttgart · Leipzig
Evolution
1 Evolutionsforschung
Schülerbuch Seite 17
 Stellen Sie Gemeinsamkeiten und Unterschiede in den Theorien von Lamarck und
Darwin tabellarisch am Beispiel der Entstehung des Giraffenhalses zusammen.
aa siehe Tabelle
2 „Die Grabbeine des Maulwurfs haben sich entwickelt, damit er besser graben kann“. Zeigen
Sie, dass in dieser Aussage lamarckistisches
Denken steckt.
aa Die Aussage klingt so, als ob die Entwicklung
der Grabbeine des Maulwurfs zielgerichtet
(„teleologisch“) bzw. zweckbestimmt sei:
„Damit er besser graben kann, haben sich
seine Grabbeine entwickelt.“ Um solches
lamarckistische Denken zu vemeiden, sollte
man die Aussage besser folgendermaßen
formulieren: „Zufällige Mutationen, die zu
immer kürzeren Beinen führten, ermöglichten
den Vorfahren der Maulwürfe langsam eine
grabende Lebensweise anzunehmen.“
3 Diskutieren Sie die Aussage der NS-Propaganda in der Randspalte und informieren Sie
sich im Internet darüber, was man unter „Sozialdarwinismus“ versteht. Zeigen Sie,
dass hier Darwins „struggle for life“ völlig
missverstanden wurde.
aa Der Sozialdarwinismus wendet die
Darwin'sche Selektionstheorie auf Menschen
und ihre sozialen Verhältnisse an. Seine Grundthesen waren bereits in der Zeit vor Darwin
im Umlauf. Sie beruhen auf der Annahme,
dass Menschen von Natur aus ungleich sind
und nur die Stärksten im gesellschaftlichen
Konkurrenzkampf bestehen können.
Theorie Lamarcks
Ein Vertreter diese Ansicht war der britische
Philosoph Herbert Spencer (18201903).
Er ging davon aus, dass menschliche Gesellschaften einem Entwicklungsprozess
unterliegen, in dem Erfolg und Überleben
der Stärksten ein Grundprinzip darstellen.
Spencer prägte den Begriff vom „Survival
of the fittest“, den Darwin später übernahm.
In Deutschland trug der Arzt und Zoologe
Ernst Haeckel (18341919) maßgeblich dazu
bei, Darwins Ideen zu popularisieren und
sozialdarwinistisch umzudeuten. Er war der
Meinung, dass der Kampf ums Dasein, der
die Mannigfaltigkeit des natürlichen Lebens
hervorgebracht hat, auch die Völkergeschichte
bestimmt.
Durch solche Umdeutungen von Darwins
Werk erhielten die sozialdarwinistischen Thesen eine scheinbar wissenschaftlich seriöse
Legitimation und konnten im 19. Jahrhundert
zur Rechtfertigung des Imperialismus der
Kolonialmächte herangezogen werden. Auf
ökonomischem Gebiet wurden sie eingesetzt,
um einen uneingeschränkten Kapitalismus zu
rechtfertigen, der die Klasseneinteilung der
Gesellschaften des beginnenden Industriezeitalters als notwendigen Bestandteil eines
natürlichen Entwicklungsvorganges ansah.
Spencer war der Ansicht, soziale Reformen
würden diesen Prozess der Selektion nur
hemmen und darauf hinauslaufen, die
schwächsten Mitglieder der Gesellschaft
künstlich zu stützen. Staatliche Maßnahmen
zur Elendsminderung wurden als Eingriff in
die „natürlichen“ Abläufe abgelehnt.
Theorie Darwins
Gemeinsamkeiten
Die Giraffe stammt von Vorfahren ab, die einen
kurzen Hals hatten.
ebenso
Die Entwicklung des langen Halses hat sehr lange
gedauert (viele Generationen).
ebenso
Unterschiede
Durch das Bemühen und den Willen, in der trockenen Steppe das immer höher hängende Laub
zu erreichen („andauernder Gebrauch“), wurde der
Hals der einzelnen Individuen etwas länger.
Die Vorfahren der Giraffe hatten viele Nachkommen
(„Überproduktion“). Einzelne dieser Nachkommen
hatten zufällig einen etwas längeren Hals („Variation“).
Diese Individuen hatten im Wettbewerb um die Nahrung („struggle for life“) einen Überlebensvorteil in
der trockenen Steppe („survival of the fittest“), weil
sie auch höher liegende Blätter erreichen konnten.
Sie zeugten mehr Nachkommen (reproduktive
Fitness).
Gemeinsamkeit
Diese individuell durch den dauernden Gebrauch
erworbenen Eigenschaften vererben sich auf die
Nachkommen.
2 Evolution Die zufälligen Variationen vererben sich auf die
Nachkommen.
Spencer schrieb: „Der Überlegene soll den
Vorteil seiner Überlegenheit, der Unterlegene den Nachteil seiner Untergeordnetheit
tragen.“
Spätestens von 1900 an wurde das Prinzip
des „Survival of the fittest“ in grausamer
Logik in der Vernichtung Kranker, Schwacher,
Behinderter oder „minderwertiger Rassen“
fortgesetzt  zunächst nur in der Theorie,
nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten in der Praxis. Darwins Ideen wurden
missbraucht und führten schließlich in
pervertierter Form zur nationalsozialistischen
Euthanasiepolitik und Judenvernichtung. Es
wurde zwischen „wertvollem“, „minderwertigem“ und „wertlosem“ menschlichen Leben
unterschieden. Millionen von Juden wurden
nach den Regeln der sog. „Rassenhygiene“
gesellschaftlich ausgegrenzt und schließlich
nach „Selektion“ durch die NS-Schergen in
die Gaskammern geschickt. Auch Schwache
und Kranke sollten nicht länger von staatlicher Wohlfahrt oder privater Barmherzigkeit
profitieren, sondern galten als „Ballast­
existenzen“, denen man durch „Euthanasie“
den „Gnadentod“ gewähren konnte.
Das in der Randspalte abgedruckte Plakat
aus der NS-Zeit und das Zitat der Nazipropaganda drücken deutlich dieses angeblich
„humane“ Denken aus, das in Wirklichkeit
gnadenlos und unmenschlich war. Die Gesichtszüge des auf dem Plakat abgebildeten
Mannes sind zudem im Stil der NS-Propaganda eindeutig rassistisch angelegt.
Im Sozialdarwinismus wurde das Schlagwort
vom „Survival of the fittest“ immer wieder als
Überleben des Stärkeren missgedeutet. Dabei verstand Darwin unter Fitness ausdrücklich die bessere Anpassung an die jeweiligen
Lebensbedingungen. Nicht jenes Tier, das
über körperliche Größe oder Stärke verfügt,
ist zwangsläufig „fit“, sondern jenes, das sich
trotz widriger Umstände am besten fortpflanzen und die Art erhalten kann. Der Selektionserfolg stellt sich nicht im physischen Sieg
über den Artgenossen ein, sondern in der
Anzahl der Nachkommen. Beim „Struggle for
life“ geht es also nicht darum, dass Lebewesen ihre eigenen Artgenossen vernichten,
um  wie in der NS-Propaganda behauptet
wird  „der Natur zu ihrem Recht zu verhelfen“. Es bringen vielmehr die Lebewesen
einer Art entsprechend ihrer Fitness eine
unterschiedliche Anzahl von Nachkommen
hervor. Die Evolutionslehre steht außerdem
auch im Gegensatz zu nationalsozialistischen
Konzepten, weil diese eine unverrückbare
Hierarchie der „Rassen“ unter der Vorherrschaft der „arischen Rasse“ postulieren und
daraus das Recht ableiten, „minderwertige
Rassen“ zu vernichten. Darwin hatte hingegen eine dynamische Theorie des Lebens
und seiner Entwicklung aufgestellt, in der sich
bei ändernden Umweltbedingungen auch die
Fitness der beteiligten Lebewesen  und
damit auch der „Rassen“  verändert.
Schülerbuch Seite 21
 Erläutern Sie die Entstehung der ähnlichen
Körpergestalt von Walhai und Finnwal aus
evolutionärer Sicht.
aa Es handelt sich hierbei um Analogie. Durch
konvergente Entwicklung haben sich unabhängig bei den Fischen (Walhai) und Säugetieren (Finnwal) durch zufällige Variationen
(Mutationen) Formen entwickelt, die optimal
an die Lebensweise im Weltmeer angepasst
sind. So ermöglicht die stromlinienförmige
Gestalt des Körpers eine energiesparende
Fortbewegung im Wasser. Der enorme
Nahrungsbedarf dieser „Meeresriesen“ wird
über die Plankton-Filterapparatur gedeckt.
Die Planktonorganismen stehen noch fast am
Anfang der Nahrungskette und damit in genügender Menge („Biomasse“) zur Verfügung.
2 Vergleichen Sie die Knochen in der Vorderextremität eines Wals (s. Randspalte S. 20) und
eines Menschen, benennen Sie die einzelnen
Knochen und wenden Sie die Homologiekriterien an.
aa Die vorderen Extremitäten eines Wales und
eines Menschen sind homolog. Es gilt das
Homologiekriterium der Lage im Gesamt‑
gefüge des Organismus.
Auch das Kriterium der spezifischen Qualität
ist erfüllt, da die beiden Extremitäten im
Blick auf den Grundbauplan ihres Skeletts
weitgehend identisch sind. So findet man in
beiden Extremitäten einen Oberarmknochen
(grün), zwei Unterarmknochen (gelb und
orange), mehrere Handwurzelknochen (rot),
fünf Mittelhandknochen (violett) und fünf,
teilweise mehrgliedrige Finger (blau). Die
Unterschiede in der Anzahl und der Form der
Knochen sind durch die unterschiedlichen
Funktionen bedingt. So kann ein Mensch mit
seiner Hand zugreifen, der Wal benutzt dagegen die Vorderextremität als Flosse.
Über das Kriterium der Kontinuität kann auf
Grundlage der Abbildung in der Randspalte
keine Aussage gemacht werden.
3 Informieren Sie sich im Internet, was man
unter „Bionik“ und dem „Fastskin- bzw.
Riblet-Effekt“ versteht.
aa Das Kunstwort Bionik kombiniert die Begriffe
Biologie und Technik. Im Laufe der Evolution
hat die Natur viele optimierte Lösungen für
bestimmte mechanische, strukturelle oder
organisatorische Probleme entwickelt. Die
Bionik analysiert diese natürlichen Lösungen
zunächst einmal. Anschließend können
die gefundenen Prinzipien aufbereitet und
in einer abstrahierten Form der Technik zugänglich gemacht werden. Die Bionik ist ein
interdisziplinärer Bereich, in dem Naturwissenschaftler und Ingenieure sowie bei
Bedarf auch Vertreter anderer Disziplinen
wie etwa Architekten, Philosophen und Designer zusammenarbeiten. Bekannte Beispiele
sind sich selbst reinigende Fassadenfarben
(„Lotuseffekt“), der den Klettfrüchten
nachempfundene Klettverschluss oder die
Winglets an den Spitzen von Flugzeugflügeln.
Evolution 3
Sie sind den Handschwingen bestimmter
Vogelarten (etwa Bussard oder Adler)
nachempfunden und verursachen statt eines
großen Wir-bels mehrere kleinere, was einen
deutlich geringeren Energieverbrauch beim
Fliegen zur Folge hat.
Der Begriff „Riblet“ (engl.: kleine Rippen) bezeichnet eine Oberflächenstruktur, die eine
Verminderung des Reibungswiderstands
auf turbulent überströmten Oberflächen
bewirkt. Bei schnell schwimmenden Haien
besteht die Hautoberfläche aus kleinen, dicht
aneinander liegenden Placoidschuppen, auf
denen sich scharfkantige feine Rillen befinden, die parallel zur Strömung ausgerichtet
sind. Diese mikroskopisch kleinen Vertiefungen bewirken eine Verminderung des
Reibungswiderstands um bis zu 10 %. Dieser
widerstandsvermindernde Effekt ist auch in
der Luft wirksam, funktioniert jedoch nur in
einem bestimmten Geschwindigkeitsbereich.
Um den Reibungswiderstand mithilfe einer
Ribletoberfläche wirksam zu vermindern,
muss außerdem der Anteil der Wandreibung
am Gesamtwiderstand recht groß sein. Dies
ist bei Schiffen, U-Booten oder Flugzeugen
der Fall, nicht jedoch bei Automobilen. Bei
Kraftfahrzeugen bestimmt hauptsächlich
der Formwiderstand den aerodynamischen
Gesamtwiderstand. Auch bei Schwimmern
ist der Anteil der Oberflächenreibung eher
klein, aber es reicht für neue Rekorde, wenn
sog. „Fastskin-Wettkampfanzüge“ mit Riblet­
oberfläche getragen werden.
4 Kakteen und Wolfsmilchgewächse (Euphor‑
bien) haben sich in den heißen Trockengebieten Amerikas und Afrikas konvergent in
Anpassung an die Lebensbedingungen zu sogenannten sukkulenten Pflanzen entwickelt.
Sie besitzen einen verdickten, grünen Spross
und die Blätter sind zu Stacheln umgewandelt
(s. Randspalte). Erklären Sie ihren Bau mit
Darwins Prinzip des „survival of the fittest“.
aa Der Selektionsdruck in Wüstengebieten
begünstigt alle Variationen, die in der Lage
sind, das knappe Wasser nach den seltenen
Regenfällen zu speichern und den Wasserverlust durch Verdunstung möglichst klein
zu halten. Bei den sukkulenten Pflanzen
hat der verdickte Spross die Funktion des
Wasserspeichers übernommen. Außerdem
erfüllt er durch den Besitz von Chlorophyll
auch die Aufgabe der Fotosynthese. Daher
sind keine grünen Blätter notwendig, die mit
ihrer großen Oberfläche einen zu großen
Wasserverlust durch Verdunstung zur Folge
hätten. Die in Stacheln umgewandelten
Blätter übernehmen die Aufgabe der Abwehr
von Fressfeinden, die es auf das Wasser im
Spross abgesehen haben. Diese Kombination zufälliger Variationen, die sich in einem
langen konvergenten Selektionsprozess
herausgebildet hat, ermöglicht den Kakteen
und Euphorbien das Überleben in wasser‑
armen Wüstengebieten („suvival of the
fittest“).
4 Evolution Schülerbuch Seite 24
1 Erläutern Sie die in Abb. 1 dargestellte Vorgehensweise, um die Serumproteinähnlichkeiten zwischen Mensch und verschiedenen
Wirbeltieren aufzuklären.
aa Menschliches Blutserum wird einem Versuchstier iniziiert, das stammgeschichtlich
möglichst wenig mit dem Menschen und den
zu untersuchenden Tieren verwandt sein
sollte (z. B. Kaninchen). Das Immunsystem
des Kaninchens bildet im Laufe einiger
Wochen Antikörper gegen die körperfremden
menschlichen Serumeiweiße. Diese Antikörper werden aus dem Blut des Kaninchens
isoliert. Vermischt man das so gewonnene
Anti-Human-Serum im Reagenzglas mit
menschlichem Blutserum, reagieren die Antikörper mit den Serumeiweißen und verklumpen sie. Die starke Ausfällung der Eiweiße,
das „Serumpräziptin“ wird als 100 % definiert.
Bei Zugabe des Anti-Human-Serums zu Blutseren anderer Lebenswesen bilden sich nun
Ausfällungen in geringerer Stärke. Je größer
der Anteil der Ausfällung ist, desto ähnlicher
müssen die Serumproteine des getesteten
Tieres den menschlichen Serumproteinen
sein.
Schülerbuch Seite 25
1 Hämoglobin ist der Blutfarbstoff aller Wirbeltiere. Er kommt auch bei einzelnen wirbellosen Tieren vor, die in sehr sauerstoffarmer
Umgebung leben (z. B. Schlammröhrenwurm). Entwickeln Sie eine Hypothese, nach
der das Auftreten von Hämoglobin in den
verschiedenen Gruppen des Tierreichs aus
evolutionsbiologischer Sicht erklärt werden
kann.
aa Hämoglobin besteht aus dem Protein Globin
(vier Ketten) und jeweils eingelagerten sauerstoffbindenden Häm-Komponenten. Dieser
eisenhaltige Komplex ist beispielsweise
auch Bestandteil des Cytochroms oder des
Myoglobins in den Muskeln. Der Schüler kann
grundsätzlich zwei unterschiedliche Hypothesen über die Entstehung der Proteinkomponente des Hämoglobinmoleküls bei den
verschiedenen Tiergruppen entwickeln.
Hypothese 1:
Es könnte sich um konvergente Entwicklung
aufgrund der Selektionsbedingungen handeln. Wegen des Selektionsvorteils setzten
sich in sauerstoffarmen Gewässern Organismen durch, die aufgrund einer zufälligen
Variation eine ähnlich effektive Möglichkeit
der Sauerstoffbindung durch Hämoglobin wie
die Wirbeltiere besaßen.
Diese Hypothese ist sehr unwahrscheinlich,
da eine mehrfache und unabhängige Entwicklung eines so komplex aufgebauten Moleküls
wie des Hämoglobins sehr unwahrscheinlich
wäre.
Hypothese 2:
Die Lebewesen, die heute Hämoglobin
besitzen, stammen alle von den gleichen
hä-moglobinbesitzenden Vorfahren ab und
es handelt sich um biochemische Homologie.
Bei vielen wirbellosen Tiergruppen, die keine
effektive Möglichkeit der Sauerstoffbindung
benötigten, ist die Fähigkeit, Hämoglobin
bilden zu können, im Verlauf der Evolution
verloren gegangen.
Diese Hypothese wird durch moderne molekulargenetische Untersuchungen bestätigt.
Sie legen nahe, dass die Gene der GlobinFamilie vermutlich schon vor 500 bis 600 Millionen Jahren entstanden sind. Globinmole‑
küle treten deshalb in allen fünf Organismenreichen, also auch bei Bakterien, Pilzen oder
Pflanzen auf. Die Theorie besagt, dass das
„Ur-Globingen“ durch Genduplikation mehrfach verdoppelt wurde. Diese Genduplikate
lieferten das „Rohmaterial“, das sich durch
Mutationen sehr stark verändern konnte. Aus
diesem Grund weisen die Globinmoleküle
bei wirbellosen Tieren eine außerordentliche
strukturelle und funktionelle Vielfalt auf.
Auch beim Menschen kommen verschiedene
Globintypen vor: das fetale Hämoglobin
beim ungeborenen Kind und beim Erwachsenen die a- und b-Ketten Hämoglobin.
Der Vergleich der Primärstrukturen aller
Hämoglobintypen zeigt, dass ausschließlich
die beiden Aminosäuren, die eine molekültypische Faltung verursachen, überall zu
finden sind. Trotz der großen Unterschiede
in der restlichen Aminosäuresequenz geht
man davon aus, dass die Globingene bei
den unterschiedlichen Lebewesen auf einen
gemeinsamen stammesgeschichtlichen
Ursprung zurückzuführen sind und es kann,
wie beim Cytochrom-c, ein hypothetischer
molekulargenetischer Hämoglobin-Stammbaum aufgestellt werden.
Evolution 5
2 Mechanismen der Evolution
Schülerbuch Seite 31
 Interpretieren Sie die Ergebnisse der Rückfangexperimente Kettlewells aufgrund von
Abb. 30. 2. und 31. 2
aa Es wurde jeweils eine gewisse Anzahl
heller und dunkler Falter in der Umgebung
Birminghams (Industriestadt) und Dorsets
ausgesetzt und markiert, um sie von „wilden“
Faltern zu unterscheiden. Markierte Tiere
wurden zurückgefangen. In Birmingham
waren das 27,5 % der dunklen, aber nur 13,1 %
der hellen Form. In Dorset wurde dagegen
die helle Form häufiger wieder eingefangen
(12,5 % gegen 6,3 %). Die Rückfangquote
hängt vom Zufall ab. Die Wahrscheinlichkeit
des Rückfangs ist daher umso größer, je
häufiger die Form überlebt hat. Die Überlebenschance war nach den Ergebnissen also
für die dunkle Form im Industriegebiet größer,
für die helle Form im ländlichen Raum.
2 Erklären Sie anhand Abb. 31.1, wie es zu
der Verteilung der Birkenspannerformen in
Dorset, Coventry und Dover (im Südosten
Englands) kommt.
aa Im ländlichen Bereich Dorsets herrscht praktisch keine Luftverschmutzung, die Flechten
auf der Birkenrinde leben und führen zu einer
hellen Farbe des Untergrunds für die Birkenspanner. Diese sind daher gut getarnt und
haben eine gute Überlebenschance. Dagegen
können sich hier nur wenige dunkle Formen
halten.
In Coventry (Industriegebiet) herrscht eine
hohe Luftverschmutzung und entsprechend
dunkler Untergrund für die Falter vor. Die
Überlebenschance für die hellen Falter ist
entsprechend schlecht, für die dunklen gut.
Im Südosten Englands dürfte die Luftverschmutzung trotz ländlicher Umgebung ziemlich hoch sein, wenn auch nicht so hoch wie
direkt im Industriegebiet. Abgase werden
durch die in Europa vorherrschenden Nordwest-Winde aus dem Ballungszentrum London dorthin importiert — mit entsprechenden
Folgen für das Überleben der Falter.
3 „Durch Selektion werden die schlechter Angepassten augenblicklich ausgerottet.“ Erläutern Sie, wieso diese „populär-darwinistische“
Aussage falsch ist.
aa Die Ergebnisse der Birkenspanner-Versuche
belegen, dass durchaus verschiedene Formen
der Falter nebeneinander existieren können,
ein Überleben also nicht dem Alles-oderNichts-Gesetz folgt. Die Fressfeinde erbeuten
durchaus nicht alle schlecht getarnten und
verfehlen auch nicht alle gut getarnten Formen. Auch schlecht getarnte Formen können
überleben und sich fortpflanzen. Allerdings ist
ihre Chance dafür schlechter, und im Lauf der
Zeit wird ihre Zahl daher gegenüber den gut
getarnten abnehmen.
6 Evolution 4 In den vergangenen Jahren erhielt der
Umweltschutz auch in Großbritannien einen
immer höheren Stellenwert. Diskutieren Sie
die Auswirkungen auf die Birkenspanner.
aa Die Verbesserung des Umweltschutzes
führte zur Reduktion des Schwefeldioxidgehaltes sowie der Staub- und Rußpartikel
in der Luft. Die hellen Flechten konnten sich
auf der Borke der Eichen und Birken wieder
entwickeln. Damit waren die hellen Birkenspannerformen wieder besser getarnt als die
melanistischen Formen. Sie wurden weniger
gefressen und konnten vermehrt Nachkommen zeugen. Die reproduktive Fitness der
hellen Falter stieg und damit auch ihr Anteil an
der Gesamtpopulation.
5 Begründen Sie schriftlich, wieso die geschlechtliche Fortpflanzung gegenüber der
ungeschlechtlichen Fortpflanzung bei sich
ändernden Umweltbedingungen Vorteile hat.
aa Bei ungeschlechtlicher Fortpflanzung entstehen die Nachkommen mitotisch. Eltern und
Nachkommen sind genetisch identisch. Auftretende Variabilität innerhalb von Populationen ist also lediglich modifikatorisch bedingt
und wird nicht vererbt. Bei geschlechtlicher
Fortpflanzung werden bei der Bildung der
Keimzellen (Meiose) die Allele (Rekombination der Chromosomen, Crossingover) neu
kombiniert. Dieser Prozess der Neukombination ist neben dem Zufall, welche Keimzellen
zu Zygoten verschmelzen, die wesentliche
Ursache für die genetische Variabilität. Unter
einer großen Anzahl von Nachkommen treten
dadurch häufig Phänotypen auf, die veränderten
Bedingungen besser angepasst sind als ihre
Eltern. Bei rasch wechselnden Bedingungen
ist eine Anpassung, die das Aussterben einer
Population verhindert, häufig nur aufgrund
der durch die geschlechtliche Fortpflanzung
hervorgerufenen Variabilität möglich.
Anmerkung: Beim obigen Vergleich sind
Mutationen nicht berücksichtigt worden, da
sie selten auftreten und zudem vom Fortpflanzungstyp unabhängig sind.
Schülerbuch Seite 35
1 Diskutieren Sie, wie nach Darwins Verständnis die Hunderassen aus der Stammart Wolf
entstanden sind.
aa Nach Darwin dürfte hier der Mensch als
Selektionsfaktor gewirkt haben. Er selektierte
Wölfe mit bestimmten für ihn interessanten
Merkmalen (z. B. kurze Beine) und kreuzte
sie untereinander. Nachkommen, die seinen
Erwartungen nicht entsprachen, wurden nicht
weiter vermehrt, Tiere mit den erwünschten
Merkmalen schon. Mutanten unter ihnen, die
den Erwartungen noch mehr entgegenkamen
(z. B. noch kürzere Beine), wurden wiederum
bevorzugt zur Vermehrung gebracht, sodass
sich ein bestimmter Typus (z. B. Dackel) immer
stärker herausentwickelte.
2 Stellen Sie die von Darwin in diesem Text
aufgeführten biotischen und abiotischen
Selektionsfaktoren zusammen.
aa Er stellt bei seinen Betrachtungen „Natur“ und
„Mensch“ als Evolutionsfaktoren gegenüber.
Die Natur bietet abiotische (Darwin nennt hier:
Futter, körperliche Belastung, Temperatur)
und biotische Selektionsfaktoren (Körperkraft
der Männchen und sexuelle Konkurrenz).
3 Diskutieren Sie die Überlebenschancen verschiedener Hunderassen in freier Wildbahn.
aa Im Gegensatz zum Wolf dürften Hunde durchweg schlechter an ein Leben in freier Wildbahn
angepasst sein. Bereits Felllänge (Kälte) und
Sinnesorgane (Jagd) sind bei vielen Rassen
dafür nicht geeignet. Wölfe sind relativ groß
und jagen im Rudel, nur so können sie die
benötigten, recht großen, Beutetiere erjagen.
Hunde hätten auf sich allein gestellt kaum eine
Chance. Jagdtaktik im Rudel kennen sie nicht
und müssten sie erst mühsam erlernen. Kleinen Hunderassen fehlen z. B. Sinnesorgane
und Jagdtaktiken für kleine Beutetiere.
4 Diskutieren Sie, wann die Mutationen stattgefunden haben dürften, die zur Resistenz
führten (s. Abb. 2).
aa Bereits in der Stammkultur existieren
Mutanten, die resistent sind. Das macht der
Stempelversuch deutlich: einige Bakterienkolonien der ersten Platte sind in der Lage,
auf dem penicillinhaltigen Agar zu wachsen
(Abb. 2, rote Kolonien). Ihre Nachkommen
sind ebenfalls resistent, die Nachkommen der
nicht resistenten nicht. Die Resistenz wird also
vererbt. Mutationen fanden aber außerhalb der
Stammkultur nicht mehr statt.
5 Mischt man der Stammkultur ein wenig
Penicilllin bei und lässt sie eine Zeitlang sich
vermehren, findet man praktisch nur noch
resistente Kolonien auf der Normalagarplatte.
Begründen Sie mithilfe der Selektionstheorie
das Versuchsergebnis.
aa In der Stammkultur können nach dem Beimischen von Penicillin nur die Bakterienmutanten überleben, die dagegen resistent sind.
Die anderen werden getötet und stellen keine
Konkurrenz mehr für die resistenten Formen
dar. Penicillin wirkt also als Selektionsfaktor.
Daher vermehren sich nur die resistenten
Formen weiter; nur noch ihre Nachkommen
sind in der Kultur zu finden.
6 Erläutern Sie, wieso man Antibiotika nach
Vorschrift, d. h. in relativ großen Mengen und
über einen bestimmten Mindestzeitraum
einnehmen sollte, um die Ausbildung von
Resistenzen zu vermeiden.
aa Geringe Wirkzeiten und niedrige Konzentrationen eines Antibiotikums führen nicht zum
Tod aller Bakterien im Körper des Patienten.
Mutanten mit einer (zunächst geringen) Resis­
tenz gegen das Antibiotikum überleben und
vermehren sich.
Da das Antibiotikum als Selektionsfaktor wirkt,
werden sie begünstigt, ebenfalls weitere
zufällig auftretende Mutanten, die gegen noch
höhere Antibiotikum-Konzentrationen resis­
tent sind. Auf diesem Wege hat der häufige
Einsatz von Antibiotika in der Tiermast, aber
auch in Krankenhäusern, bereits zur Entwicklung mehrfach resistenter Bakterienmutanten
(„Krankenhauskeime“) geführt.
Schülerbuch Seite 37
 Ein Ehepaar besitzt die Genotypen MM bzw.
MN. Bestimmen Sie die Wahrscheinlichkeit,
dass
a) ihr erstes Kind den Genotyp MM hat.
b) vier Kinder alle den Genotyp MM haben.
aa a) Die Wahrscheinlichkeit, dass das erste
Kind homozygot MM hat, beträgt 0,5.
b) Die Wahrscheinlichkeit für MM bei den
ersten vier Kindern beträgt:
0,5 • 0,5 • 0,5 • 0,5 = 0,0625, entspricht 6,25 %.
 Vergleichen Sie die in der Tabelle angegebenen Häufigkeiten der Allele des MN-Sys­
tems und deuten Sie das Ergebnis.
aa Bei den Dunkern liegt das Allel M mit 66 %
wesentlich häufiger vor als das Allel N. Bei
Rheinländern und Amerikanern ist das Allel
M mit 55 % bzw. 54 % nicht ganz so überwiegend vertreten im Vergleich zu N wie in der
Dunkerpopulation.
Die Daten stützen die Hypothese, dass Gen‑
drift vorliegt: Eine kleine, genetisch zufällig
zusammengesetzte Population, die Dunker,
hat sich von der Ursprungspopulation der
Rheinländer abgespalten und ist ausgewandert.
Die Genpools der beiden Populationen unterscheiden sich erheblich. Dies ist zufallsbedingt und mit dem Gründereffekt zu erklären.
Die Ähnlichkeit der Allelfrequenzen zwischen
Dunkern und Amerikanern ist vermutlich
zufällig (aber keine Gendrift). Sie trifft nur für
das MN-System zu. Beim AB0-System sind
die Unterschiede zwischen den Allelfrequenzen der Populationen erheblich. Andere
Untersuchungen belegen, dass aufgrund der
Umweltstabilität der Blutgruppenallele ein
ähnlicher Selektionsdruck nicht die Ursache
für die Ähnlichkeit sein kann.
 Bestimmen Sie die Allelhäufigkeiten der Ausgangs-, Gründer- und der 1. Folgegeneration.
aa Durchführung und Protokollierung der
Simulation
 Wiederholen Sie den 2. Spielabschnitt 7-mal
und bestimmen Sie die Allelhäufigkeiten aller
Folgegenerationen. Stellen Sie Ihr Ergebnis
grafisch dar.
aa Durchführung und Protokollierung der
Simulation
 Vergleichen Sie Ihr Ergebnis mit den Ergebnissen der anderen Gruppen. Deuten Sie die
Kurvenverläufe.
aa Die Kurvenverläufe sollten von Gruppe zu
Gruppe unterschiedlich sein und so den
Einfluss des Zufalls verdeutlichen.
 Vergleichen Sie Ihre Simulation mit den in der
Population der Dunker vermutlich abgelaufenen Prozesse.
aa siehe Tabelle
Evolution 7
Simulation
Dunker-Evolution
Zufall 1
Ziehen der 16
Spielmarken
Bildung der Gründerpopulation
Zufall 2
Ziehen von 2 x 4 Paarbildung innerSpielmarken
halb der Gründer‑
population
Zufall 3
Ermittlung der
Anzahl der
Kom­binationen
MM, MN und
NN
Allel- und Genotyphäufigkeiten in der
Folgegeneration
 Vergleichen Sie die drei Grafiken. Deuten
bzw. erklären Sie die Unterschiede und Gemeinsamkeiten.
aa In drei unterschiedlich großen Mehlkäfer‑
populationen wird die Häufigkeit des Allels B
in den ersten zwanzig Generationen verfolgt.
In den Ausgangspopulationen haben das
Allel B und damit auch das Allel A jeweils die
Häufigkeit 0,5. Je kleiner die Ausgangspopulation ist, desto mehr schwankt die Häufigkeit
des Allels B. Tendenziell nimmt sie in allen
drei Populationen zu. Die Schwankungen
können aber im Versuch mit der kleinsten
Populationsgröße so groß sein, dass das Allel
B ausstirbt bzw. nach wenigen Generationen
zu 100 % vorliegt. Da die Schwankungen um
so größer sind, je kleiner die Population ist,
sind sie auf den Zufall zurückzuführen. Es
liegt also Gendrift (Gründereffekt) vor. Die
tendenzielle Zunahme des Alles B in allen drei
Populationen ist auf Selektion zurückzuführen. Gendrift und Selektion überlagern sich in
diesem Beispiel.
Schülerbuch Seite 39
1 Endemische Arten kommen nur in einem kleinen scharf umgrenzten Gebiet vor. Auf den
Kanarischen Inseln sind ca. 40 % der Pflanzenarten Endemiten, auf Hawaii sind es ca. 80 %.
Erläutern Sie das Vorkommen der Endemiten
und ihre unterschiedliche Häufigkeit aufgrund
der geografischen Lage der Inseln.
aa Ein Blick auf Landkarte oder Globus zeigt:
die Entfernung der Kanarischen Inseln vom
Festland ist erheblich kleiner als die von Hawaii
zum nächstgelegenen Festland. Je größer
die Entfernung, desto seltener erfolgt eine
Einwanderung von Arten vom Festland und
desto weniger ökologische Nischen bleiben
unbesetzt. Desto wahrscheinlicher können
sich durch adaptive Radiation endemitische
Arten entwickeln. Durch eine wachsende Entfernung wird auch ein Genaustausch mit dem
Festland behindert.
2 Der Viktoria-See wies einen sehr artenreichen
Fischbestand auf. Unter anderem waren dort
über 500 Buntbarscharten heimisch, die meis­
ten endemisch. Inzwischen werden viele Endemiten vom importierten Nilhecht verdrängt.
Erklären Sie das Auftreten der Endemiten dort
und ihre große Artenvielfalt.
8 Evolution aa Der Viktoria-See ist ein Binnensee ohne Verbindung zu anderen größeren ähnlichen Gewässern. Landbrücken stellen für Wassertiere
geografische Barrieren dar wie Meeresgebiete
für Landtiere. Die Einwanderung von Fischen
war also unwahrscheinlich und erfolgte sehr
selten. Eine eingewanderte Buntbarschart
bildete den Ausgangspunkt für die späteren
Arten. Die ökologischen Nischen blieben
zunächst unbesetzt. Die eingewanderten
Fische konnten sich konkurrenzlos vermehren. Später erfolgte die ökologische Ein‑
nischung durch Mutation und Selektion und
führte zu einer breiten adaptiven Radiation.
(Der Nilhecht dürfte wohl die von den Buntbarschen besetzten ökologischen Nischen
ebenfalls nutzen. Er ist konkurrenzstärker und
hat daher diese Arten verdrängt  ein Beispiel
für das Konkurrenzausschlussprinzip der
Ökologie.)
3 Im Apoyo-Kratersee in Nicaragua findet
man zwei sehr nahe verwandte endemische
Fischarten. Erläutern Sie ihre Entstehung und
zeigen Sie an diesem Beispiel den Vorgang
der allopatrischen und der sympatrischen
Artbildung auf.
aa Als Kratersee hat der Apoyo-See keine Verbindung zu anderen Gewässern, ist also geografisch isoliert. Ein erstes Fischpärchen könnte
z. B. durch Verschleppen von Eiern durch
Wasservögel dorthin gelangt sein, ein überaus
seltener Vorgang. Gendrift und geografische Isolation führte zur Entwicklung einer
eigenen Art. Hier liegt allopatrische Artbildung
vor. Durch adaptive Radiation aufgrund der
Anpassung an unterschiedliche ökologische
Nischen bildeten sich aus dieser Urart wohl die
beiden heute existierenden Arten, ein Beispiel
für eine sympatrische Artbildung.
4 In der NS-Ideologie spielt die „Rassenlehre“ eine große Rolle. Vergleichen Sie
diese „Lehre“ mit dem wissenschaftlichen
Rassenbegriff. Informieren Sie sich außerdem
über genetische Unterschiede menschlicher
Modifikationen.
aa In der Biologie versteht man unter Rassen
phänotypisch unterschiedliche Teilpopulationen einer Art. Die Genpools weisen
Unterschiede auf, die sich vor allem auf das
Aussehen beziehen. Die Rassen sind gleich
gut an ihre Umgebung angepasst.
In der NS-Ideologie wurden Rassen zunächst
idealisiert („nordisch“: angeblich blond, hoch
gewachsen, muskulös, blauäugig). Diesem
Idealbild entsprach kaum ein Angehöriger der
entsprechenden „Rasse“ („blond wie Hitler,
groß wie Göbbels, schlank wie Göring“).
Weiterhin wurden „Rassen“ massiv sozial gewertet und unterschieden in „Herrenrassen“
und „Untermenschen“. Eine solche Wertung
ist biologisch in keiner Weise haltbar.
Durch genetische Untersuchungen hat sich
inzwischen herausgestellt, dass die genetischen Unterschiede innerhalb einer Bevölkerungsgruppe erheblich größer sein können
als die genetischen Unterschiede zwischen
Angehörigen verschiedener Bevölkerungsgruppen. Eine genetische Abgrenzung von
Rassen bei Menschen erscheint dadurch
wenig sinnvoll.
Schülerbuch Seite 43
 1000 km nordöstlich von den GalapagosInseln liegt die kleine Kokos-Insel. Sie bietet
ebenfalls verschiedenste Lebensräume, dennoch existiert dort nur eine Finkenart. Finden
Sie eine begründete Erklärung.
aa Adaptive Radiation ist an eine Unterbrechung
des Genflusses gebunden. Da diese Bedingung nur auf dem Galapagos-Archipel mit
den zahlreichen kleinen Inseln aber nicht auf
der mehrere hundert Kilometer entfernten,
allein im Ozean liegenden Kokos-Insel gegeben ist, konnten sich hier trotz der vielen verschiedenen Lebensräume unterschiedliche
Rassen, aber nicht unterschiedliche Arten
entwickeln.
2 Im Malawi-See in Ostafrika, der vor ca. 500 000
Jahren durch einen Grabenbruch entstand,
leben 196 nahe verwandte Buntbarscharten,
die an verschiedene ökologische Nischen
angepasst sind. Erläutern Sie die Evolutions‑
prozesse, die hier zur Artbildung der Buntbarsche geführt haben dürften.
aa Auch
hier liegt adaptive Radiation vor. Eine
Gründerart wanderte in den neu entstandenen
See ein und vermehrte sich, da keine Konkurrenz vorhanden war. Die aus der Vermehrung resultierende Konkurrenz führte durch
Mutation und Selektion zu einer adaptiven
Radiation durch unterschiedliche ökologische
Einnischung. Da wohl sehr viele unterschiedliche ökologische Nischen in dem großen See
existierten, bildete sich schließlich die große
Artenzahl heraus.
3 Erklären Sie das Zustandekommen der unterschiedlichen Schnabelhöhen der Darwin-Finken (Abb. 1 und 2) aus evolutionsbiologischer
Sicht.
aa Abb. 1 zeigt: Der große Grundfink besitzt
(durch Mutationen entstanden) einen sehr stabilen Schnabel, der ihn befähigt, auch große
und harte Samen zu knacken. Kleinere Samen
sind für ihn wohl uninteressant oder können
mit dem großen Schnabel zu schlecht aufgepickt werden, sodass sich seine ökologische
Nische nicht mit der des mittleren Grundfinken
überschneidet. Die anderen Finkenarten leben
entweder auf unterschiedlichen Inseln und
machen sich so keine Konkurrenz (Kaktusgrundfinken) und/oder sind an eine andere
Nahrungsnische angepasst.
Abb. 2 zeigt: Die Schnabelhöhen variieren
zwar innerhalb der Finkenarten, die Varianten sind aber auf jeder der Inseln eindeutig
abgegrenzt. Daher kann jede der Finkenarten
auf ihrer Insel eine andere ökologische Nische
besetzen.
Auf der Insel Hood kann die Schnabelhöhe
stärker innerhalb einer Art variieren, ohne
dass sich die Arten Konkurrenz machen. Auf
Albemarle sind die Variationsbreiten geringer,
da die ökologischen Nischen auf drei Arten
aufgeteilt sind.
Evolution 9
3 Die Evolution des Lebens auf der Erde
Schülerbuch Seite 45
 Stellen Sie die Schritte zur Entstehung erster
Zellen in einer Grafik zusammen und markieren Sie darin experimentell bestätigte und
fragliche Vorgänge.
aa Die (hypothetischen) Schritte zur Entstehung
erster Zellen:
— Chemische Evolution: Entstehung von
Biomolekülen (Aminosäuren, Zucker,
organische Basen, . . .), die sich zu einer
„Ursuppe“ lösen.
— Entstehung von Makromolekülen
(Proteino­ide, RNA- und DNA-Abschnitte)
— Bildung von Hyperzyklen: bestimmte
RNA-Arten katalysieren die Bildung von
bestimmten Proteinen, die wiederum die
Entstehung eben dieser RNAs. Daher
reproduzieren sich diese Arten mit ihrer
spezifischen Aminosäuren- bzw. Nukleotidsequenz.
— Abgrenzung dieser RNA- und Proteinarten
durch membranähnliche Umhüllungen aus
Proteinoiden; so entstehen Protobionten.
Sie können sich reproduzieren und Stoffe
aufnehmen und abgeben, weisen also erste
Merkmale von Lebewesen auf (Reproduktion, Stoffwechsel). Sie stehen in
Konkurrenz um die organischen Moleküle
der Ursuppe. Die stabileren setzen sich
darin durch.
— Abgrenzung der Protobionten durch
echte Membranen.
— Evolution von Stoffwechselvorgängen
zum Abbau von organischen Molekülen
aus der Ursuppe zur Energiegewinnung
für Aufbauprozesse: heterotrophe Ernährungsweisen.
— Evolution der Fotosynthese.
Schülerbuch Seite 46
 Diskutieren Sie, wieso man bei heutigen Zellen
nicht mehr von einer Endosymbiose sprechen
kann.
aa Unter einer Symbiose versteht man ein Zusammenleben klar voneinander abgegrenzter
Organismen zum gegenseitigen Nutzen. In
einer Zelle sind die einzelnen Bestandteile
funktionell so stark aufeinander angewiesen,
dass eine Abgrenzung nicht mehr vollzogen
werden kann. Einzelne Zellorganellen sind
keinesfalls lebensfähig. Der Zellkern dient
als Träger der genetischen Information auch
für die Zellorganellen, die sich durch Teilung
vermehren, wie Mitochondrien oder Chloroplasten. In ihrer eigenen DNA ist nur eine sehr
begrenzte Anzahl ihrer lebenswichtigen Proteine codiert, die meisten werden nur mithilfe
der genetischen Information des Zellkerns im
Cytoplasma hergestellt und importiert.
10 Evolution Schülerbuch Seite 47
 Die Grünalge Volvox gilt als besonders einfacher Mehrzeller (s. Abb. 1). Beschreiben Sie
Bau und Organisation dieser kugelförmigen
Alge.
aa Bis zu 20 000 Zellen sind durch Plasmabrücken verbunden und umkleiden gemeinsam
eine Hohlkugel. Es gibt Zellen, die auf Fort‑
bewegung, Ernährung oder sexuelle Fortpflanzung spezialisiert sind. Tochterkugeln
entstehen vegetativ durch Abschnürung von
Zellgruppen in das Kugelinnere und werden
erst durch das Absterben der Mutterkugel
freigegeben.
Schülerbuch Seite 49
1 Nennen Sie Eigenschaften der Fledertiere,
die die Artenvielfalt und die weite Verbreitung
fördern.
aa Fledertiere können aufgrund ihrer Flugfähig‑
keit viele verschiedene Lebensräume wie z. B.
auch Inseln besiedeln und dadurch in isolierte
Lebensräume gelangen. Durch ihre vergleichsweise kurze Generationsdauer und
hohe Individuenzahlen können sie sich
evolutiv schnell verändern. Die Orientierungsfähigkeit bei Nacht oder völliger Dunkelheit
erlaubt den Fledermäusen einen zu NichtFledertieren nahezu konkurrenzlosen
Nahrungserwerb.
2 Welche Bedeutung kann die Körpergröße
für die unterschiedlichen Einnischungen der
Fledertiere haben?
aa Große Fledertierarten können entsprechend
große Beutetiere überwältigen, die größten
Arten  die Flughunde  können sich auch
von energiereichen Pflanzenteilen ernähren.
Je nach relativem Wachstum der Körper- und
Flügelgrößen verändern sich auch ihre Flug­
eigenschaften.
3 Informieren Sie sich über die unterschiedlichen Merkmale von Fledermäusen und Flughunden und stellen Sie diese in einer Tabelle
dar.
aa Flughunde können keinen Ultraschall hören,
aber sehr gut bei Schwachlicht sehen, da sie
große Augen besitzen. Die meisten Flughundarten besitzen keine Schwanzwirbelsäule und keine Schwanzflügelhaut, aber im
Gegensatz zu Fledermäusen eine Kralle am
zweiten Finger. Flughunde fressen Früchte
und besitzen abgeflachte Backenzähne. Als
besonders große Arten können sie pflanzliche Nahrung nutzen.
4 Welche Bedeutung haben gemeinsame bzw.
ähnliche Parasiten?
aa Die Parasiten verwandter Tierarten sind normalerweise eng miteinander verwandt, da sie
von gemeinsamen Vorfahren abstammen und
da sich ihre Umwelt unter Umständen nicht so
stark verändert hat wie die ihres Wirtes, d. h.
gemeinsame, übereinstimmende Parasiten
sind ein Hinweis auf Verwandtschaft der Wirte.
5 Charakterisieren Sie die Flugeigenschaften
der rechts abgebildeten Fledermausarten.
aa Lange und breite Flügel (Großes Mausohr)
gehören zu langsamen Fledermäusen, die
in Baum- und Buschnähe Nahrung suchen.
Arten mit kleinen, schmalen Flügeln sind
schnelle Jäger des offenen Luftraumes
(Beispiel: Kleiner Abendsegler).
6 Erläutern Sie, wie es in der Evolution ausgehend von Insekten fressenden „Urfledermäusen“ zur Umstellung auf die entsprechend
anderen Ernährungsweisen kommen konnte.
aa Fledermäuse haben ihre Beuteinsekten überall dort gesucht, wo diese häufig zu finden
waren, d. h. an Blumen, Früchten, über Gewässern oder auch parasitische Insekten in
der Nähe großer Tierherden. Dadurch kamen
sie auch mit anderen möglichen Nahrungsquellen wie Nektar usw. in Kontakt. Einige
Arten haben sich entsprechend auf diese
anderen Nahrungsquellen umgestellt.
Schülerbuch Seite 53
1 Nennen Sie einige einheimische Blütenformen
und beschreiben Sie die Koevolution von
Blüten und deren Bestäubern.
aa Als Beispiele könnten angeführt werden:
— Evolution bestimmter Blütenformen und
Mundwerkzeuge bestimmter Insekten
(s. Zeitskala Abb. 52.1 im Schülerbuch):
die sehr offene Form der Fliegen- und
Käferblüten setzt keine bestimmten
Mundwerkzeuge der Insekten voraus und
führt daher zu keiner Spezialisierung bei
Blüten und Insekten. Viele ursprüngliche
Blüten und Insekten zeigen diese Merkmale. Im Quartär erfolgt bei bestimmten
Gruppen von Blütenpflanzen die Evolution
enger röhrenförmiger Blüten und führt
zur Evolution von Saugrüsseln verschiedener Länge bei Bienen, Hummeln und
Schmetterlingen. Im Gegenzug bilden
verschiedene Blüten „Landeplätze“ für
Bienen und Hummeln aus. Bestimmte
Hummelblüten, z. B. bei Bohnengewächsen wie der Erbse, öffnen sich nur unter
einem relativ großen Gewicht und können
nur von besonders schweren Hummel‑
arten bestäubt werden .
— Ein Extrembeispiel dürfte die aus der
Ökologie bekannte Entwicklung der
Mimikry der Ragwurz-Blüte sein, deren
Blütenform zu einer enormen Ähnlichkeit
mit den Weibchen einer bestimmten Fliegenart geführt hat, von deren Männchen
sie allein bestäubt wird.
Schülerbuch Seite 53 — Zettelkasten
1 Belegen Sie anhand der Diagramme, dass
Heliconius-Weibchen Blätter ohne Flecken
oder Eier bevorzugen.
aa Heliconius-Weibchen legen schon nach
kurzer Zeit Eier auf unbesetzten oder fleckenfreien Blättern ab, während sie lange zögern,
wenn sich auf den Blättern bereits Eier oder
eiartige Flecken befinden.
Schülerbuch Seite 55
1 Werten Sie die in Abbildung 1 und in der Randspalte dargestellten experimentellen Befunde
aus.
aa Abbildung 1 zeigt, dass der Parasitenbefall
besonders stark reduziert wird, wenn das
Nistmaterial wöchentlich ausgetauscht wird.
Entfernt man regelmäßig die frisch eingetragenen Blätter, steigt der Parasitenbefall
besonders stark an. Da der Parasitenbefall
bei Zugabe von frischen Kräutern geringer ist,
ist deren Wirksamkeit als Insektizid belegt.
Die Abbildung in der Randspalte belegt, dass
Vögel, die ihren Schnabel nicht richtig schließen können, ihre Federn nicht erfolgreich von
Parasiten säubern können.
Evolution 11
4 Evolution des Menschen
Schülerbuch Seite 57
1 Begründen Sie, warum anhand der Schmelztemperaturen (s. Abb. 1) ein Rückschluss auf
verwandtschaftliche Beziehungen möglich ist.
aa Die Schmelztemperatur des DNA-Doppelstranges korreliert mit der Anzahl ausgebildeter Wasserstoffbrückenbindungen
komplementärer Basenpaare im Inneren der
DNA. Hybrid-DNA ähnelt der originalen DNA,
allerdings nur in den Bereichen, in denen
komplementäre Basenpaare übereinstimmen. Nur hier bilden sich Wasserstoffbrückenbindungen aus. Je ähnlicher die Einzelstränge der Hybrid-DNA sind, desto mehr
komplementäre Basenpaare existieren und
umso enger sind die beiden untersuchten
Arten verwandt. Dies hat zur Folge: Je stärker
die Wasserstoffbrückenbindungen in der
Hybrid-DNA ausgebildet sind, desto enger ist
die zu vermutende Verwandtschaft. Die aufgelisteten Schmelztemperaturen (Zettelkas­
ten) ermöglichen daher einen Rückschluss
auf verwandtschaftliche Beziehungen der
untersuchten Arten. So sind z. B. Mensch und
Schimpanse näher miteinander verwandt als
etwa Mensch und Orang-Utan.
Schülerbuch Seite 59
 Vergleichen Sie Mensch und Schimpanse
hinsichtlich Lebensraum, Fortbewegung,
Nahrung sowie Verhalten und stellen Sie eine
Beziehung zur Anatomie her. Inwieweit lassen
solche Vergleiche auch Rückschlüsse auf das
Verhalten ausgestorbener Hominiden zu?
aa Lebensraum: Mensch besiedelt alle Lebens‑
räume, Schimpanse mittleres Afrika; Fortbewegung: Mensch hat aufrechten Gang,
Schimpanse geht am Boden überwiegend
auf vier Beinen (Knöchelgang); Nahrung:
Mensch ist Allesfresser; Schimpanse ebenso;
Verhalten: Mensch und Schimpanse haben
Sozialverhalten (Gruppenbildung, . . .), Kommunikation über Laut- und Körpersprache.
Aufgrund der Anatomie lassen sich zum
einen die unterschiedlichen Fortbewegungsarten von Mensch und Schimpanse
erklären. Aufgrund besonderer anatomischer
Anpassungen, z. B. doppel-S-förmige
Wirbelsäule, zentrales Hinterhauptsloch,
Standfuß, Schwerpunktsverlagerung, ist nur
der Mensch zum aufrechten Gang befähigt,
für Schimpansen ist dieser nur unter hohem
Kraftaufwand möglich. Auch die Ernährungsweise von Mensch und Affe lässt sich mithilfe
anatomischer Gegebenheiten erklären. So
besitzen beide ein heterodontes Gebiss, d. h.
ihr Gebiss enthält verschiedene Zahntypen
(Schneide-, Eck- bzw. Fang- und Mahlzähne),
die für alle Nahrungsarten geeignet sind.
Gerade derartige anatomische Rückschlüsse sind für die Hominidenforschung von
entscheidender Bedeutung, so können z. B.
12 Evolution Gebissfunde Ernährungsformen ausgestorbener Hominiden erklären oder Schädelfunde
aufgrund der Lage des Hinterhauptsloches
Vermutungen über den aufrechten Gang
zulassen.
Schülerbuch Seite 63
 Recherchieren Sie im Internet nach verschiedenen hypothetischen Stammbäumen des
Menschen und vergleichen Sie deren Ergebnisse.
aa Im Internet finden sich verschiedene
hypothetische Stammbäume des Menschen. Oftmals variieren Zeitangabe oder
verwandtschaftliche Beziehungen einzelner
Arten deutlich. Gerade neue Fossilienfunde
können stammesgeschichtliche Beziehungen einzelner Hominiden in Frage stellen
oder sogar revidieren. Stammbäume ändern
sich dadurch massiv. So galt z. B. lange Zeit
der Neandertaler als direkter Vorfahre des
heutigen Menschen. Neuere Fossilienfunde
zeigten aber, dass dies nicht so ist.
 „Artbenennung ist bei Fossilfunden besonders schwierig“. Erläutern Sie diese Aussage
unter Berücksichtigung der Inhalte aus den
Abbildungen 1 und 2.
aa Zur Artbenennung von Fossilienfunden können überwiegend nur anatomische Merkmale
herangezogen werden. Gerade das Gehirnvolumen erweist sich hierbei als hilfreich. So
weist z. B. der Anstieg des Schädelvolumens
auf einen höheren Entwicklungsstand der gefunden Art hin. Gehirnvolumina variieren aber,
sodass ein genauer Rückschluss auf die Art
alleine auf Grundlage derartiger Vergleiche
nicht erfolgen kann. Erst durch Zuhilfenahme
anderer Gegebenheiten, z. B. Fundort, Werkzeugfunde, Grabbeigaben, ist eine genauere
Einordnung möglich.
Schülerbuch Seite 65
1 Stellen Sie die wesentlichen Merkmale im
Schädel- und Skelettbau von Neandertaler
und modernem Menschen gegenüber.
aa siehe Tabelle
Neandertaler
Mensch
Körperbau
gedrungen,
muskulös, ca.
1,5 m
grazil, damals ca.
1,75 m
Schädelform
lang, niedrig
hoch, rund
Oberaugenwülste
vorhanden
fehlen
Kinn
fliehendes Kinn
Vorspringen des
Kinns
Gehirn—
volumen
1200 —1700 cm2
1200 —1450 cm2
2 Stellen Sie einen möglichen Zusammenhang
zwischen dem Körperbau des Neandertalers,
seiner Verbreitung und dem damaligen Klima her.
aa Der gedrungene Körperbau und die damit
verbundene relativ kleine Körperoberfläche
können ein Vorteil bei eiszeitlichen Lebensbedingungen sein, da dadurch die Wärmeabgabe reduziert ist. Allerdings konnte auch
der moderne Mensch diese klimatischen
Bedingungen vertragen, da Feuergebrauch
und Kleidung die Anpassungsunterschiede
verringerten.
3 Leiten Sie aus dem Bau der abgebildeten
Kehlköpfe ab, warum der Neandertaler
wahrscheinlich anders gesprochen hat als der
moderne Mensch.
aa Für die Stimmbildung und die Ausformung
verschiedener Tonhöhen ist die Lage des
Rachenraumes entscheidend. Je tiefer der
Kehlkopf nach unten verlagert wird, desto
länger ist der tonerzeugende Rachenraum
und desto tiefer sind die erzeugten Töne. Wie
man aus der Schädelbasis-Form erschließen
konnte, ist der Rachenraum der Neandertaler wesentlich kürzer als der des modernen
Menschen gewesen. Neandertaler konnten
wahrscheinlich keine tiefen Vokale produzieren.
4 Deuten Sie die Befunde.
aa Die mt-DNA-Analyse zeigt keinen Überlappungsbereich der Kurven von Neandertaler/
Mensch und Mensch/ Mensch. Demnach hat
es keine genetische Vermischung gegeben.
Eine fruchtbare Kreuzung findet nur unter
Individuen der gleichen Art und deren Unterarten statt. Stuft man den Neandertaler als
eigene Art ein, hält man also eine Vermischung mit anatomisch modernen Menschen
für nicht möglich. Der Neandertaler ist dann
eine Schwesterart, aber kein direkter Vorfahre des heutigen Menschen.
Schülerbuch Seite 66
 Erläutern Sie die Selektionsvorteile sozialer
Strukturen für den Verlauf der Human‑
evolution.
aa Soziale Strukturen lieferten unseren Vorfahren offenbar entscheidende Selektionsvorteile. So erwies sich beispielweise das Leben
in Kleingruppen als vorteilhaft gegenüber
verschiedenen Umwelteinflüssen. Zum einen
bietet die Gruppe Sicherheit durch Angreifer,
zum anderen hilft sie z. B. Nahrungsengpässe
(Arbeitsteilung) abzumildern, den Nachwuchs zu schützen oder bietet Fortpflanzungsmöglichkeiten zwischen den einzelnen
Gruppenmitgliedern.
Ohne Kommunikation wäre allerdings ein
Gruppenleben nicht möglich, es ist Grundvoraussetzung für Arbeitsteilung und ein
intaktes Sozialverhalten. Gerade in Extremsituationen (z. B. nach Umweltkatastrophen,
Klimawandel) helfen Sozialverbände, das
Überleben einer Gruppe zu sichern und auf
Veränderungen schnell und angemessen zu
reagieren.
Schülerbuch Seite 70/71
1 Erklären Sie anhand einiger Skelettmerkmale (Abb. 1), weshalb Archaeopteryx als
„Brückentier“ bzw. „Mosaiktyp“ bezeichnet
wird.
aa Es wird angenommen, dass sich die Gruppe
der Vögel im Erdmittelalter aus Sauriern,
also den Reptilien, entwickelt hat. Weil sich
im Skelett des Archaeopteryx „mosaikartig“
Merkmale beider Tiergruppen finden lassen,
wird er als Hinweis dafür herangezogen, dass
zwischen beiden Gruppen eine Verbindung
besteht („Brückentier“).
Reptilienmerkmale des Archaeopteryx:
knöcherner Kiefer mit Zähnen, lange
Schwanzwirbelsäule mit freien Wirbeln, freie
Rippen (keine Versteifungsfortsätze, flaches
Brustbein ohne Kiel, freie Finger mit Krallen,
Mittelfußknochen nicht verwachsen .
Vogelmerkmale des Archaeopteryx: Form
des Schädels (große Augenhöhlen), Flügel,
Federn, Schlüsselbeine zum Gabelbein
verbunden (in Abbildung nicht zu erkennen),
Handskelett mit nur drei Fingern, Bein- und
Fußform (nach hinten gerichtete erste Zehe),
Vogelbecken.
Moderne Untersuchungen über die Flugfähigkeit von Archaeopteryx erbrachten
kontroverse Ergebnisse. So zeigte es sich,
dass seine Knochen sehr dicht und parallelfaserig waren. Ihre Durchblutung war nur sehr
spärlich, fast wie bei einer Eidechse. Dies
deutet eher darauf hin, dass Archaeopteryx
ein gefiederter flugfähiger Saurier war, der
aufgrund seines Skelettbaus aber nicht so
lange fliegen konnte wie die Vögel.
Im Gegensatz zu dieser Meinung zeigen com‑
putertomografische Untersuchungen des
Gehirnschädels, dass die für das räumliche
Sehen und die Muskelkoordination verant‑
wortlichen Gehirnbereiche sowie für Balance
wichtige Teile des Innenohres auch bei Archaeo‑
pteryx vergrößert waren. Daraus kann geschlossen werden, dass er durchaus in der
Lage war, seine Flugmanöver auch effektiv zu
kontrollieren.
2 Erklären Sie, weshalb der Fund aus Solnhofen
kurz nach der Veröffentlichung von Darwins
„Origin of species“ solch ein Aufsehen erregte.
aa Nach Darwins Theorie der Abstammung der
Lebewesen von gemeinsamen Vorfahren,
sollte es Fossilien geben, die als Übergangsformen bzw. Bindeglieder zwischen
verschieden Gruppen von Lebewesen
gedeutet werden können. Als Darwin seine
Theorie 1859 veröffentlichte, waren solche
„missing links“ noch unbekannt. Die Funde in
Solnhofen (1860 erste Feder und 1861 erstes
Skelett) passten also sehr gut zur Theorie, mit
der Darwin erst kurz zuvor in seinen „Origin
of species“ Aufsehen erregt hatte und die
damals weltweit unter Wissenschaftlern noch
sehr kontrovers diskutiert wurde.
Evolution 13
3
aa
4
aa
14 Evolution Als der Zoologe Richard Owen das Archaeopteryxskelett für das Londoner Museum
für Naturgeschichte erwarb („Londoner
Exemplar“), geriet es sofort in den Fokus dieser Auseinandersetzung. Owen selbst, der
1863 die erste Beschreibung des Londoner
Exemplars verfasste, stand aufgrund seiner
religiösen Überzeugungen der Evolutions‑
theorie ablehnend gegenüber. Er vermied
es in seiner Publikation, den Archaeopteryx
als ein Bindeglied zwischen Reptilien und
Vögeln zu deuten. Erst der Biologe Thomas
Henry Huxley interpretierte das Fossil als
Beleg für die Evolutionstheorie und es kam
zum offenen Streit zwischen beiden Wissenschaftlern, bei dem sich Huxley in öffentlichen
Debatten durchsetzte. Huxley, der sich
selbst als „Darwins Bulldogge“ bezeichnete,
verstand es, seine Thesen sehr scharfsinnig
und populär zu formulieren. Dies machte den
Weg frei für die Evolutionstheorie und ihre
Anhänger in der Öffentlichkeit und auch in
den naturwissenschaftlichen Institutionen
der Welt. Darwin selbst hielt sich aus diesen
Debatten über seine Theorie und den Archaeopteryx weitgehend heraus.
Entwickeln Sie ausgehend von Skelett- und
Federmerkmalen eine Hypothese darüber, ob
Archaeopteryx ein ausdauernder Flieger war.
Die Schwungfedern mit den Bogen- und
Hakenstrahlen und der typisch asymmetrischen Form [vergl. Abb. 2 a) und 2 b)] wären
ein Argument, dass Archaeopteryx ein aktiver
und evtl. auch recht guter Flieger war. Auch
das Gabelbein als Ansatzstelle für Flugmuskeln würde diese Annahme stützen. Das
Fehlen eines knöchernen Kiels am Brustbein
als Ansatzstelle für eine kräftige Flugmuskulatur spricht allerdings deutlich gegen eine
ausdauernde Flugfähigkeit. So geht man
heute eher davon aus, dass Archaeopteryx
nur kurze Strecken im Gleitflug bzw. flatternd
überwinden konnte.
Es existieren zwei Theorien, wie sich die Flugfähigkeit entwickelt haben könnte:
1. Die spitzen Krallen an den Fingern dürften
Archaeopteryx befähigt haben, auf Bäume zu
klettern, um von dort im Gleitflug wieder nach
unten zu kommen.
2. Wegen der gut ausgeprägten Laufbeine
wird andererseits diskutiert, ob der Luftraum
nicht von flinken Bodenläufern erschlossen
wurde, die mit aufgespannten Vorderbeinen
Insektenbeute jagten und kurze Distanzen
springend und flatternd überwinden konnten.
Begründen Sie, ob es sich bei Vogelfedern
und Reptilschuppen um homologe Merkmale
handelt und wenden Sie die Homologiekriterien an.
Das Lagekriterium ist eindeutig gegeben.
Sowohl Hornschuppen als auch Federn sind
Bildungen der Haut.
Das Kriterium der spezifischen Qualität tritt
zumindest auf das Baumaterial zu. Beide
Strukturen bestehen aus dem Protein Keratin
(Horn). Im Feinbau dagegen treten deutliche
5
aa
6
aa
Unterschiede auf, denn der relativ einfach gebauten Hornschuppe steht der komplizierte
Aufbau der Feder mit ihren mikroskopischen
Feinstrukturen gegenüber.
Das Kriterium der Kontinuität ist im Blick auf
die Feder des Archaeopteryx nicht gegeben.
Sie stellt keine Übergangsform zu den Reptil‑
schuppen dar, sondern ist bereits eine
funktionell perfekt geformte Schwungfeder.
Andere Fossilien gefiederter Saurier haben
ebenfalls bereits sehr weit entwickelte Federtypen. Im Blick auf die Embryonalentwicklung
könnte man eine gewisse Kontinuität sehen,
da sich beide Strukturen aus nahezu gleichen
Anlagen entwickeln.
Die ursprüngliche Annahme, dass die Vogelfedern eine Weiterentwicklung der Reptilschuppen sind, ist inzwischen sehr umstritten. Heute gehen Wissenschaftler eher davon
aus, dass es sich bei der Feder wie auch bei
dem Haarkleid der Säugetiere um eigenständige Entwicklungen handelt, die mit den
Schuppen der Reptilien nicht homolog sind.
Entwickeln Sie eine Hypothese, welchen Selektionsvorteil die Entstehung von Federn aus
Reptilschuppen für die zunächst noch flug­
unfähigen Individuen gehabt haben könnte.
Federn haben neben der Aufgabe, das Fliegen zu ermöglichen, auch die Funktion der
Wärmeisolation. Diese Eigenschaft könnte
ein Selektionsvorteil für kleine Raubsaurier
gewesen sein, die im schnellen Lauf Insekten
jagten. Durch die Wärmeisolation mit Federn
kühlten ihre kleinen Körper nicht so schnell
aus. Die höhere Körpertemperatur ermög­
lichte einen beschleunigten Stoffwechsel und
damit eine größere Schnelligkeit beim Laufen.
So konnten sie mehr Insekten erbeuten,
eine proteinreiche Quelle, aus der sich der
Aufbau von Hornmaterial für weitere Federn
„finanzieren“ ließ.
Stellen Sie in Stichpunkten dar, wie die
Entstehung dieser flugunfähigen Insekten auf
dem Kerguelen-Archipel nach den Theorien
Lamarcks bzw. Darwins erklärt werden kann.
Entwicklung der flugunfähigen Insekten der
Kerguelen nach Lamarcks Theorie:
— Die Umweltbedingungen auf dem Kerguelen-Archipel sind aufgrund der vielen
Stürme nahe der Antarktis für flugfähige
Insekten sehr ungünstig, weil sie leicht
ins Meer weggeblasen werden.
— Die geflügelten Vorfahren verzichteten
aus diesem Grund bewusst darauf, ihre
Flügel zu gebrauchen und zu fliegen.
— Durch diesen „Nichtgebrauch“ wurden
die Flügel langsam kürzer und verkümmerten.
— Diese durch den Nichtgebrauch erworbene Eigenschaft vererbte sich auf die
Nachkommen.
aa Entwicklung der flugunfähigen Insekten der
Kerguelen nach Darwins Selektionstheorie:
— Die Insekten mit verkümmerten Flügeln
stammen von geflügelten Insekten ab.
— Unter den vielen Nachkommen dieser Insekten („Überproduktion“) traten zufällig
einzelne Individuen mit verkümmerten
Flügeln auf („Variationen“)
— Im Kampf ums Überleben („struggle for
life“) auf den stürmischen Inseln hatten
diese Individuen einen Selektionsvorteil,
denn die geflügelten Insekten wurden
leichter von den Inseln weggeblasen
(„survival of the fittest“).
— Insekten mit verkümmerten Flügeln konnten sich mit größerer Wahrscheinlichkeit
fortpflanzen („reproduktive Fitness“).
— Sie vererbten ihre Flügelform an ihre
Nachkommen.
Hinweis: Auch aus der Drosophilagenetik
sind solche stummelflügligen Mutanten gut
bekannt.
7 Erklären Sie, wie es zu genetischen Veränderungen in der mt-DNA kommen kann und
leiten Sie die Bedeutung für Stammbaum‑
analysen ab.
aa Da mt-DNA (mitochondriale DNA) überwiegend mütterlich vererbt wird, kommt es
zu keiner genetischen Rekombination mit
väterlichem Erbgut bei der Befruchtung.
Dies hat zur Folge, dass Veränderungen der
mt-DNA vor allem nur durch Mutationen, d. h.
durch spontane, selektionsneutrale Veränderungen der DNA, erklärt werden können.
Mutationen häufen sich daher mit der Zeit.
Gerade bei der Stammbaumanalyse spielen
derartige Veränderungen, die nicht durch
sexuelle Fortpflanzung erklärbar sind, eine
entscheidende Rolle. Je größer die mt-DNAUnterschiede sind, desto mehr Mutationen
müssen stattgefunden haben und desto weiter sind die untersuchten Arten entfernt. Die
Vererbung ist daher leichter rekonstruierbar
und Verwandtschaftsbeziehungen können so
aufgedeckt werden.
8 Interpretieren Sie die Ergebnisse der mt-DNA-
Analyse (s. Abb. 5) und vergleichen Sie diese
mit dem in Abb. 6 dargestellten Ausbreitungsweg.
aa Einer genetischen Distanz von 0,2 entsprechen ca. 100 000 evolutiv getrennte Jahre.
Da zwischen Afrikanern und den übrigen
Menschen eine derartige genetische Distanz
besteht, muss vor 100 000 Jahren eine Auswanderung aus Afrika stattgefunden haben.
Von dort gelangten sie vor etwa 60 000 Jahren
(genetische Distanz 0,12) nach Eurasien und
etwas später nach Australien. Vor ca. 35 000
Jahren begann schließlich die Ausbreitung
nach Amerika (0,07). Untersuchungen der
mt-DNA konnten somit die „Out of Africa“Hypothese bestätigen.
9 Erläutern Sie die Ursachen, die der Verkürzung der Zugwege — Südeuropa statt
Afrika — zugrunde liegen dürften.
aa Durch die Erwärmung des Weltklimas liegen
die Temperaturen im Winter auch in Südeuropa
hoch genug, sodass die Vögel überwintern
können. Ob die Weite des Zugs erlernt wird
oder genetisch vorgegeben ist wie der
Zugweg, ist dabei nicht wichtig. Sollte sie
genetisch bedingt sein, ist auch hier eine
Evolution zu beobachten: Genetische Varianten, die auf kürzere Zugwege „programmiert“
sind, sind dann im Vorteil und setzen sich
in der Population immer weiter durch. Die
weniger weit ziehenden Tiere sind jedoch
in ihren Sommerquartieren im Vorteil: Sie
können zuerst die besten Reviere besetzen
und haben auch mehr Nährstoffreserven, da
sie auf ihrem (kürzeren) Flug weniger Energie
verbraucht haben. Daher können sie ihre
Reviere auch besser verteidigen und mehr
Eier bilden. Sie haben also eine etwas höhere
Fortpflanzungsrate und damit eine etwas
größere Fitness im Vergleich zu den Vögeln,
die nach Afrika oder in den Nahen Osten
ziehen. Damit setzen sich diese Varianten in
der Population durch.
 Diskutieren Sie die Selektionsvorteile der
„Südeuropa-Zieher“ gegenüber den „AfrikaZiehern“.
aa Wie unter 9 ausgeführt, haben die Kurzstreckenzieher Vorteile bei den Nährstoffvorräten
und der Ankunftszeit, die sich positiv auf die
Fortpflanzungsrate und damit ihre Fitness
auswirken.
 Vergleichen Sie damit die Selektionsvorteile
der „Westzieher“ gegenüber den „Südwestziehern“.
aa Westzieher habe einen noch kürzeren Zugweg (s. Pfeil), um in ihre Überwinterungsquartiere zu gelangen, und damit in verstärktem
Maße die Vorteile einer früheren Rückkunft
und eines geringeren Nährstoffverbrauchs.
 Finden Sie Gründe dafür, dass sich „Westzieher“ bevorzugt mit anderen „Westziehern“
paaren.
aa Da die Westzieher früher aus den Winterquartieren zurückkommen, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass sie sich mit anderen Westziehern und nicht mit den später ankommenden
Vögeln verpaaren. Es ergibt sich also eine
Art zyklischer Isolation: die Paarungszeiten
unterscheiden sich (s. S. 40 im Schülerbuch).
Evolution 15
 Diskutieren Sie die Gründe, wieso Bastarde
von West- und Südwestziehern massive
Selektionsnachteile haben.
aa Zugzeit und -richtung werden intermediär
vererbt. Das heißt für mischerbige Vögel,
dass sie in eine „Zwischenrichtung“ ziehen
und weder in den durch das maritime Klima
Englands günstigen Gebieten noch in den
wärmeren Gebieten Spaniens überwintern,
sondern in der klimatisch rauen Bretagne und
Normandie. Es ist fraglich, ob sie den Winter
unter den harten Bedingungen dort überleben; wenn doch, dann ist durch den hohen
Nährstoffverbrauch ihre Fortpflanzungsrate
stark eingeschränkt.
 Stellen Sie eine begründete Hypothese dafür
auf, dass sich aus den Mönchsgrasmücken
zwei getrennte Populationen und eventuell
sogar zwei Arten entwickeln könnten.
aa Durch die unterschiedlichen Paarungszeiten
und die höhere Sterberate der mischerbigen
Tiere könnte eine immer weitergehende genetische Isolation einsetzen. Die Art zerfällt
in zwei Genpools; Voraussetzung für die
Bildung verschiedener Populationen, Rassen
und vielleicht sogar Arten.
16 Evolution  Stellen Sie an diesem Beispiel eine begründete Hypothese auf, welche Art von Mutationen besonders schnelle Evolution bewirken
dürfte.
aa Mutationen, die aufgrund zeitlicher Isolation
oder anderen Mechanismen genetischer Isolation die beliebige Paarungswahrscheinlichkeit aller Tiere in einem Genpool untereinander einschränken, dürften eine recht schnelle
Trennung in unterschiedliche Genpools und
damit eine „schnelle“ Evolution bewirken.
 Diskutieren Sie, welcher Selektionsfaktor sich
so schnell verändert hat, dass sich ein Evolutionsvorgang in so kurzer Zeit zeigen konnte.
aa Der Selektionsfaktor dürfte die vom Menschen verursachte Klimaveränderung sein.
Als Evolutionsfaktor wirkt sie sich sehr
schnell und sehr stark auf das Verhalten
und die Selektionsvor- und nachteile der
genetischen Varianten in einer Population
aus. Auch sonst kann der Mensch die Umwelt
recht schnell und massiv verändern und damit
schnelle Evolutionsprozesse auslösen. Ein
Beispiel dafür ist auch der Industriemelanismus (vgl. S. 30/31 im Schülerbuch).
Ökologie
1 Populationsdynamik
Schülerbuch Seite 75
 Berechnen Sie die Bevölkerungszahl der
Länder (Abb. 74.1) für das aktuelle Jahr und
vergleichen Sie Ihre Ergebnisse mit aktuellen
Angaben aus dem Internet. Nehmen Sie vereinfachend exponentielles Wachstum an.
aa Allgemein gilt: Nt= N0 •(1 + r)t
Als Ausgangswerte werden die Tabellenwerte für das Jahr 2005 genommen.
Bsp.: Äthiopien im Jahr 2011
N0 = 78,986 Mio.; t = 6
r = 0,025
N6 = 78,986 Mio. • (1 + 0,025)6 = 91,600 Mio.
2 Ein Bakterium verdoppelt sich alle 20 Minuten.
1012 Bakterien wiegen 1 g.
Berechnen Sie unter diesen Voraussetzungen, wie groß die Individuenzahl nach
48 Stunden ist und welche Masse sie auf die
Waage bringt.
Generationsdauer: 20 Minuten
Nach 48 Stunden: aus einem Bakterium werden 144 Generationen
N144 = 2144 = 2,2 • 1043 Bakterien
Masse: m = 2,2 • 1031g
3 Nennen Sie drei abiotische Faktoren (s. S. 173),
die einen Einfluss auf eine Population von Mikro‑
organismen in kleinen Laborkulturen ausüben
konnten und erläutern Sie ihre Wirkung.
aa z. B. Temperatur, pH-Wert, Sauerstoffgehalt.
Artspezifische Toleranzbereiche und Optima
beeinflussen das Wachstum.
Schülerbuch Seite 81
1 Benennen Sie in Abbildung 1 die Regionen,
in denen Menschen zu viel bzw. zu wenig
Nahrung aufnehmen.
aa optimale Kalorienzufuhr: fleischfarbene
Regionen(11 00013 000 kJ/Person).
Akute Hungerregionen sind besonders die
Regionen Afrikas südlich der Sahara, weitere
Gebiete Afrikas sind schlecht versorgt, z. B.
Madagaskar.
Schlecht versorgt sind in Amerika:
Kolumbien, Peru, Venezuela, Bolivien, Guatemala, Paraguay
In Asien: Indien, Kasachstan, Mongolei,
Usbekistan, einige Bereiche Südostasiens,
Jemen.
Überernährung gibt es vor allem in Nordamerika und Europa.
2 Pflanzliche Produkte können direkt als
Lebensmittel von Menschen verzehrt werden
(Primärkilojoule) oder zur „Veredelung“ an
Tiere verfüttert werden und dann gegessen
werden (Sekundärkilojoule). Um ein Kilojoule
tierische Nahrung zu erhalten müssen bis zu
sieben Kilojoule Getreide verfüttert werden.
Berechnen Sie mithilfe der Abbildung 2, wie
viele Primärkalorien ein Deutscher und ein
Inder durchschnittlich täglich verzehren.
aa Deutschland: 9450 + 7 • 5250 = 46 200
Indien: 8800 + 7 • 5630 = 13 210
3 Erläutern Sie anhand Abbildung 3, wie sich
Wohlstand auf die Ernährung auswirkt.
aa Reiche nehmen insgesamt mehr Nahrung zu
sich, dabei steigt vor allem der Konsum von
Zucker, pflanzlichen und tierischen Fetten
und Alkohol.
4 Für eine gesunde Ernährung ist nicht nur die
Menge, sondern auch ihre Qualität wichtig.
Vergleichen Sie die Zusammensetzung der
Kost in Abbildung 3 mit der empfohlenen
Nahrungszusammensetzung (> 50 % Kohlenhydrate, wenig Zucker, < 30 % Fett, davon gesättigte Fettsäuren
< 10 %, 9 — 11 % Eiweiß).
aa Reiche: wenig Kohlenhydrate, aber trotzdem
zu viel Zucker, zu viel Fett, Eiweiß in sinnvoller
Menge;
Arme: sehr viele Kohlenhydrate, wenig Fett,
Eiweiß in sinnvoller Menge.
Die Nahrungszusammensetzung bei der
armen Bevölkerung entspricht eher den
empfohlenen Werten als die der Reichen,
allerdings erhalten die Armen insgesamt zu
wenig Nahrung (weniger als 10 500 kJ).
5 Interpretieren Sie die Aussage „ In den Industrieländern herrscht zwar anders als in den
Entwicklungsländern Nahrungssicherheit,
aber keine Ernährungssicherheit.“
aa Es gibt in den Industrieländern zwar genug
Nahrung für die Menschen, sie wählen die
Zu-sammensetzung ihrer Ernährung aber
nicht angemessen aus.
Ökologie 17
2 Biodiversität
Schülerbuch Seite 84
Schülerbuch Seite 89
1 Informieren Sie sich über weitere Beispiele
für Tiertransfer und erläutern Sie die Auswirkungen, die diese Invasoren verursachen.
aa Im Bodensee werden seit 1965 ständig neue
„Bewohner“ entdeckt. Vor Kurzem wurde
dort z. B. der amerikanische Flohkrebs entdeckt, 1985 der Kaulbarsch und bereits vor
45 Jahren die Dreikantmuschel. Die „Einschleppung“ von Arten bedeutet immer eine
Gefahr für das ökologische Gleichgewicht
eines Ökosystems.
2 Diskutieren Sie, inwiefern die fortschreitende
Globalisierung des Menschen die biologische
Invasion von Tieren und Pflanzen beeinflusst.
aa Bei den nun eingeschleppten Arten handelt
es sich oft um Kleinstlebewesen. Globalisierte Wirtschaftssysteme sorgen heute für ihre
weltweite Verbreitung, z. B. durch den Flugund Schiffsverkehr.
1 Finden Sie zu jeder Kategorie der Roten Liste
ein konkretes Beispiel.
aa Zum Beispiel:
0 Alpen-Widderchen
1 Alpen-Smaragdlibelle
2 Alpenbock
3 Aasliebender Schmal- Augenhornhalb-
flügler
R Zyginidia pullula
G Zygiella montana
D Sharliphora amphibola
V Sericomyia lappona
Schülerbuch Seite 88
1 Informieren Sie sich über weitere Beispiele,
die deutlich machen, dass Biodiversität
sowohl ein ökologisches als auch ein ökonomisches Gut darstellt.
aa Mischwälder z. B. sind gegenüber Umwelteinflüssen widerstandsfähiger als Monokulturen.
Ein Sturm kann z. B. eine ganze Fichtenmonokultur zerstören. In einem Mischwald wäre
der Grad der Zerstörung viel geringer weil
viele Baumarten solchen Stürmen widerstehen. Ähnlich verhält es sich beim Befall durch
Schädlinge. Waldbauern, die Mischkulturen
anpflanzen, werden entsprechend geringere
Verluste nach Stürmen oder nach Schädlingsbefall beklagen müssen.
18 Ökologie Schülerbuch Seite 90
1 Erklären Sie, warum nur stenöke Arten als
Zeigerarten infrage kommen.
aa Stenöke Arten leben in einem schmalen Toleranzbereich eines Umweltfaktors.
2 Erörtern Sie, inwieweit sich unterschiedliche
Toleranzbereiche auch auf das gemeinsame
Vorkommen von Arten auswirken (Abbildung 2).
aa Arten mit unterschiedlichen Toleranzbereichen kommen nur in wenigen Lebensräumen nebeneinander vor, konkurrieren also
nicht.
 Informieren Sie sich über weitere Indikatorpflanzen und ihre Indikation.
Erstellen Sie zur besseren Übersicht eine
Tabelle.
aa Trockener Boden: Bluthirse, weiße Lichtnelke,
Reiherschnabel
Staunässe: Ackerminze, Huflattich, Schachtelhalm
Boden ohne Sonne: Adlerfarn, Giersch,
Gundermann
Sandiger Boden: Heidekraut, Kiefer, Königskerze, Wolfsmilchgewächse
Ethologie
1 Genetisch bedingte Verhaltensweisen
Schülerbuch Seite 98
1 Sammeln Sie weitere Beispiele für angeborene Verhaltensweisen beim Menschen und
stellen Sie ihre Bedeutung heraus.
aa z. B. Saugreflex: Fähigkeit Nahrung aufzunehmen
Schluckreflex: Ermöglicht Nahrungsaufnahme,
ohne dabei die Atemwege zu gefährden
Lidschlussreflex: Bewahrt Auge vor Verletzungen
Husten- und Niesreflex: Befreit Atemwege
vor Fremdkörpern
Schülerbuch Seite 101
 Lösen Sie den Kniesehnenreflex aus.
Achten Sie auf die Reihenfolge von Reaktion
und bewusster Wahrnehmung.
aa Hinweis: Ursachen für das Nichtgelingen
des Versuchs können das Nichttreffen der
Grube unter der Kniescheibe sein oder
die Tatsache, dass die Beinmuskeln nicht
entspannt sind. Bei richtiger Durchführung
kann die Versuchsperson wahrnehmen, dass
das Hochschnellen des Unterschenkels erst
wahrgenommen wird, nachdem die Reaktion
erfolgt ist.
 Ein barfüßiger Badegast tritt auf eine Muschelschale. Sofort zieht er den Fuß ruckartig hoch.
Fertigen Sie für diesen Reflex ein Schema
nach Abb. 1 an und benennen Sie die jeweiligen Organe.
aa Reiz = Muschelschale
Rezeptor = Hautsinneszellen der Fußsohle
Reflexzentrum = Rückenmark
Effektor = Oberschenkelmuskulatur
Reaktion = Wegziehen des Fußes
 Der Herzschlag wird beim Menschen durch
periodische Signale eines Muskelknotens (Sinusknoten) ausgelöst. Vergleichen Sie diesen Vorgang mit dem Ablauf eines Reflexes.
aa Die rhythmische Kontraktion beruht auch auf
einer einfachen Nervenschaltung, wird aber
nicht durch singulär auftretende Außenreize
ausgelöst.
Schülerbuch Seite 102
1 Stellen Sie die Unterschiede zwischen einer
Reflex- und einer Instinkthandlung heraus.
aa Für den Ablauf eines unbedingten Reflexes
ist neben dem auslösenden Reiz keine Handlungsbereitschaft (Motivation) nötig.
Ein Reflex läuft im Gegensatz zu einer Instinkthandlung formstarr ab.
Der Reflexreaktion geht kein Appetenzverhalten voraus.
Reflexhandlungen laufen in der Regel viel
schneller ab als Instinkthandlungen. Ein
Reflex ist beliebig oft wiederholbar, da
zwischen der erfolgten Reaktion und den
Auslösebedingungen keine Rückkopplung
besteht.
Der auslösende Reiz für einen Reflex setzt
sich meist nicht aus mehreren Komponenten
zusammen (Reizmuster) wie bei der Instinkthandlung.
Schülerbuch Seite 103
1 Während der Balz trägt das Zebrafinkenmännchen einen kurzen Balzgesang vor. Dessen
Häufigkeit ist ein gutes Maß für die Handlungsbereitschaft zur Balz. Einer Gruppe von
Tieren wurden operativ die Hoden entfernt.
Bei einer Kontrollgruppe führte man nur eine
Scheinoperation durch. Anschließend ver­
glich man die Balzaktivität beider Gruppen.
a) Beschreiben und deuten Sie den in Abb. 2a
dargestellten Befund.
b) Die kastrierten Tiere erhalten viermal in
kurzer Folge Testosteron.
Interpretieren Sie das Ergebnis aus Abb. 2b.
a) Bei der Kontrollgruppe, bei der eine
Scheinoperation durchgeführt worden ist,
zeigt sich in den ersten etwa 3 Wochen
eine stark verminderte sexuelle Aktivität bei etwa 10 % des Ausgangswertes
vor der Operation. Danach findet sich
eine exponentielle Steigerung auf 25 %
innerhalb etwa einer Woche, über 50 %
nach 5 Wochen, der Ausgangswert wird
nach etwa 7 Wochen nach der Operation
wieder erreicht. Anscheinend hatte die
Scheinoperation nur während der direkten
Operationsfolgen einen Einfluss, der
nach etwa 7 Wochen allerdings nicht mehr
feststellbar ist.
Bei der Kastratengruppe findet sich in den
ersten 3 Wochen eine geringe sexuelle
Aktivität bei etwa 10 % des Ausgangswertes, vergleichbar mit den Vögeln der
Kontroll-gruppe. In der 4. Woche findet
sich der Gipfel der sexuellen Aktivität
der Kastratengruppe, bei etwa 25 % der
sexuellen Aktivität des Ausgangswertes.
Anschließend fällt der Wert rasch wieder
ab, nach 6 Wochen sind es etwa noch 5 %
des Ausgangswertes ,nach 12 Wochen
ist praktisch keine sexuelle Aktivität mehr
festzustellen. Der Gipfel nach der 4. Woche
lässt sich möglicherweise so erklären, dass
nach der Genesungszeit nach der Operation das zuvor von den Hoden noch gebildete Testosteron wirkte, in der Folgezeit
aber abgebaut wird, sodass die sexuelle
Aktivität dann rasch zum Erliegen kommt.
Ethologie 19
20 Ethologie b) Nach 4 Einzelgaben von Testosteron bei
Kastraten steigt innerhalb von 3 Tagen die
sexuelle Aktivität bis auf etwa 50 % des
Ausgangswerts an. Anschließend fällt sie
rasch bis zum 7. Tag wieder auf etwa 10 %
ab. Erstes augenscheinliches Ergebnis
dieses Versuches ist, dass Testosteron
die Wahrscheinlichkeit des Auftretens von
sexueller Aktivität entscheidend erhöhen
kann. Der langsame Anstieg lässt darauf
schließen, dass es sich anscheinend um
einen komplexen Prozess handelt, der
nicht ausschließlich vom Testosteron
gesteuert wird. (Anmerkung: Eine andere
Möglichkeit könnte auch das langsame
Erreichen des notwendigen Testosteronspiegels im Blut nach Resorption des
Testosterons nach Injektion in das Fettoder Muskelgewebe sein). Wie im ersten
Versuch sinkt die sexuelle Aktivität dann
rasch wieder, was darauf schließen lässt,
dass das Testosteron abgebaut wird.
Schülerbuch Seite 104
1 Eine rote Schnabelattrappe, die am Ende weiß
geringelt ist, weist mehr Pickreaktionen auf
als eine naturgetreue Attrappe. Erklären Sie
dies aus ethologischer und evolutionsbiologischer Sicht.
aa Der Stab stellt einen Schlüsselreiz dar, der
stärker wirkt als der natürliche Reiz (übernormale Attrappe). Da der natürliche Schnabel
neben der Auslösewirkung für die Pick‑
reaktionen der Vogeljungen noch anderen
Anforderungen gerecht werden muss (Gefiederpflege; Nahrungsaufnahme u. a.) und auch
für Fressfeinde nicht besonders auffällig sein
soll, stellt er aus evolutionsbiologischer Sicht
eine Kompromisslösung dar, um auch diese
Aufgaben erfüllen zu können.
2 Lernen macht flexibel
Schülerbuch Seite 107
1 Interpretieren Sie die nebenstehende Grafik,
in der ausgehend von der Entwicklungsnorm
13 Monate alter Kinder die Entwicklungsprofile eines Heim- und eines Familienkindes
gezeigt werden.
aa Die Grafik verdeutlicht in anschaulicher Weise,
dass die Entwicklung eines Heimkindes in
Bezug auf verschiedene Entwicklungsalter
im Vergleich zu der eines Familienkindes
deutlich und zum Teil sogar beträchtlich
zurückbleibt.
Schülerbuch Seite 108
 Beschreiben Sie, wie sich die Reaktion herangewachsener Spitzmäuse bei Aufforderungen
zur Karawanenbildung entwickelt.
aa Jungspitzmäuse zeigen das Festbeißen im
Fell des Muttertieres oder der Nestgeschwis­
ter ab dem 6. Lebenstag. Diese Handlung
ist genetisch bedingt, denn sie erfolgt auch
bei isolierter Aufzucht durch eine artfremde
Amme. Die Reaktion ist unspezifisch und
noch nicht auf ein bestimmtes Objekt
gerichtet, weil sie nach vorheriger Aufforderung auch durch verschiedene Attrappen
ausgelöst werden kann. Bei 8 bis 14 Tage
alten Spitzmäusen ist der artgemäße Geruch
für das Auslösen des Zubeißens erforderlich.
Artfremde Tiere und Attrappen werden als
Zubeißobjekt nur mit diesem Duft akzeptiert.
Nach dem 15. Tag reagieren die Jungtiere
offenbar auf den Individualgeruch der Zubeißobjekte, da nur noch Nestgeschwister
oder die Mutter (bei artfremder Aufzucht
die Amme) ein Verbeißen auslösen und
unbekannte Attrappen angedroht werden.
Die zunächst auf kein bestimmtes Objekt
gerichtete genetisch fixierte Handlung ist ab
diesem Zeitpunkt also auf Familienmitglieder,
die wohl über den Geruch erkannt werden,
als Zubeißobjekte festgelegt.
 Leiten Sie aus den Versuchen ab, inwieweit
man bei der Karawanenbildung der Spitzmäuse
von Lernen durch Prägung sprechen kann.
aa Das Prägungslernen ist als obligatorisches
Lernen charakterisiert durch die sensible
Phase, in der die Erfahrung gemacht werden
muss, die dann meist zeitlebens irreversibel
behalten wird. Für die Jungtiere wurde gezeigt, dass sie lernen, ihre Verwandten über
den lndividualgeruch zu erkennen. Die sensible Phase hierfür liegt zwischen dem 10. und
15. Tag, wobei zuerst der Artgeruch und danach der lndividualgeruch der Nestinsassen
erlernt wird. Dass eine Prägung auf andersartige Nestinsassen möglich ist, kann als Beleg
für das Erlernen der Verwandtenerkennung
als Teil des Verhaltens der Karawanenbildung
seitens der Jungtiere gelten. Dass das Verhalten während der Beobachtungszeit nicht
geändert werden kann, auch wenn die jungen
Hausspitzmäuse von der Hausmaus­amme zur
Mutter zurückgesetzt werden, kann als Hinweis für die lrreversibilität der Prägung gelten.
Inwieweit das Verhalten der Karawanenbildung damit auf Dauer irreversibel geprägt ist,
lässt sich anhand der Versuchsergebnisse
nicht angeben, da das Verhalten mit dem
21. Tag erlischt.
 Erläutern Sie die biologische Bedeutung der
dargestellten Verhaltensweise.
aa Das Verhalten gewährleistet in der Zeit, in der
die Jungtiere noch von der Mutter betreut
werden, dass der Wurf bei Gefahr komplett
umziehen kann. Durch die Karawanenbildung
weiß jedes Jungtier, wo es hin muss und geht
nicht verloren. Die Mutter könnte auch, wie
z. B. beim Eichhörnchen, die Jungen einzeln
von Nest zu Nest geleiten oder transportieren, hätte dann aber einen viel höheren
Energieaufwand.
Schülerbuch Seite 110
1 Bienen zeigen Blütentreue, d. h. sie fliegen zu
einer bestimmten Zeit nur Blüten einer Art an,
bis dieser Nektarvorrat erschöpft ist. Interpretieren Sie dieses Verhalten aus ethologischer
Sicht.
aa Bei einem Blütenbesuch kommt eine Antenne mit Nektar (unbedingter Reiz) in Berührung und das darauf folgende Ausrollen des
Rüssels ermöglicht eine Futteraufnahme.
Durch die damit verbundene Information über
das Vorhandensein von Nektar lernt die Biene
den Duft (neutraler Reiz) einer Blüte und wird
weitere jener Sorte besuchen (Blütentreue).
Mit exakt diesem Vorgang auf der Blüte
konditioniert sich die Biene selbst auf einen
Blütenduft (nun bedingter Reiz). Sie hat nun
das Ziel, den gespeicherten Duft aufzuspüren, welcher eine Belohnung in Form von
Futter verspricht (Bedingte Appetenz).
Schülerbuch Seite 111
1 Nach einem schmerzhaften Arztbesuch beginnt
ein dreijähriges Kind zu schreien, als es einige
Tage später im Supermarkt einem Verkäufer
im weißen Kittel begegnet. Interpretieren Sie
dieses Verhalten aus ethologischer Sicht.
aa Die schmerzhafte Behandlung beim Arzt
stellt eine negative Erfahrung für das Kind
dar. Es trat ein Lernvorgang in Form einer
klassischen Konditionierung ein. Der ursprünglich neutrale Reiz „weißer Kittel“ wird
durch die schlechte Erfahrung zum bedingten
Reiz für Schmerz. Das Kind reagiert mit einem
Meideverhalten, indem es zu schreien be­
ginnt. Man bezeichnet diesen Lernvorgang
als bedingte Aversion.
2 Erstellen Sie eine Dressuranleitung, um einer
Ratte beizubringen, dass sie nur auf einen
runden Hebel, nicht aber auf einen eckigen
Hebel drückt.
Ethologie 21
aa Die Ratte befindet sich in einer Skinner-Box,
die zuerst nur einen runden Hebel enthält.
Bei zufälligem Betätigen des runden Hebels
bekommt sie eine Belohnung (Futter). Dies
wird so lange eingeübt, bis sich die Ratte in
der Kannphase befindet.
Nun wird zusätzlich ein eckiger Hebel eingesetzt bei dessen Betätigung die Ratte eine
Bestrafung (Stromschlag) erhält. Sie wird
fortan nur noch den runden Hebel drücken.
3 Überlegen Sie sich zu den vier Konditionierungsarten der nebenstehenden Tabelle
anschauliche Beispiele.
aa Bedingte Appetenz: z. B. Katze, die immer
zum Nachbarhaus läuft, um Futter zu erhalten.
Bedingte Aversion: Pferd, das an einer Stelle
scheut, da es sich dort verletzt hat.
Bedingte Aktion: Seehund, der ein Kunststück vorführt, um dann einen Fisch zu
erhalten.
Bedingte Hemmung: Hund, der nicht mehr
wildert, da er sonst bestraft wird.
Schülerbuch Seite 114
1 So groß die Formenvielfalt der Buntbarsche
ist, so groß ist auch die Vielfalt ihrer Verhaltensweisen. Erstellen Sie ein einfaches
Ethogramm über die von Ihnen beobachteten
Verhaltensweisen (Revierverhalten, Fressverhalten, Paarungsverhalten, ...) über einen
bestimmten Zeitraum
aa Individuelle Lösung
2 Gibt es Unterschiede in der Häufigkeit territorialer Verhaltensweisen in der Gruppe?
aa Individuelle Lösung
3 Ermitteln Sie die Häufigkeit von Verhaltensweisen zur Territoriumspflege. Treten dabei
Unterschiede zwischen den einzelnen Tieren
der Gruppe auf?
aa Individuelle Lösung
4 Planen Sie innerhalb einer Vierergruppe wie
der Versuch ablaufen soll. Legen Sie auch die
Art der Protokollierung fest.
aa Möglicher Ablauf: alle 30 Sekunden wird der
Aufenthalt der Tiere protokolliert, es zählt der
Kopf.
5 Vergleichen Sie Ihre Daten mit der folgenden
Abbildung. Erläutern Sie die sich daraus ergebenden Schlussfolgerungen.
aa Im gezeigten Versuch sind zwei Paare vorhanden, die die Sektoren 1 und 2 bzw. 9 und
10 besetzen.
6 Überlegen Sie sich eine theoretische Versuchsanordnung, in der sich überprüfen lässt,
ob diese Verhaltensweise angeboren oder
erlernt ist.
aa Kaspar-Hauser-Buntbarsche verschiedener
Entwicklungsstufen (um auszuschließen,
dass es sich um Reifung handelt) werden
zueinandergebracht. Es wird beobachtet, ob
sie paarweise schwimmen.
22 Ethologie 7 Variieren Sie den Versuchsaufbau, um weitere
Aussagen zur Erklärung des beobachteten
Verhaltens zu erhalten.
aa In den entgegengesetzten Bereichen
könnten Tonscherben als Höhlen angeboten
werden; evtl. kann der Versuch auch wiederholt werden, wenn Jungfische vorhanden
sind.
8 Geben Sie nun wiederholt laichbereite Weibchen in das Aquarium und beobachten Sie, in
welches der beiden Nester sie ablaichen.
aa Mit hoher Wahrscheinlichkeit laichen die
meis­ten Weibchen in dem Nest vor dem
größeren Männchen.
9 Erläutern Sie das Ergebnis aus ethologischer
Sicht.
aa Die Weibchen suchen sich die größten Männchen aus, da ein größeres Männchen die Brut
besser vor Räubern verteidigen kann.
Schülerbuch Seite 115
 Ermitteln Sie die Anzahl der Fälle, in denen
sich die Maus in Quadraten mit bzw. ohne
Wandkontakt aufhält (Messwert fM).
aa Meistens erbringen die Versuche für den
Wandbereich höhere Werte als für die Mitte.
Zur Berechnung wird die Anzahl der Aufenthalte in einem Bereich durch die Gesamtzahl
der Messwerte dividiert und das Ergebnis mit
100 multipliziert.
 Der Erwartungswert fE (siehe statistische
Auswertung) ergibt sich aus der Anzahl der
Rasterquadrate für die beiden Bereiche (zu
beachten: 5 • 20 Messwerte).
aa Bei 100 Messwerten ergeben sich z. B. folgende Erwartungswerte:
28 Wandfelder: 28/64 x 100 = 44
36 Mittefelder: 36/64 x 100 = 56
 Werten Sie die Versuche mit dem χ2-Test aus
(siehe Kasten).
aa In der Regel sind die im Versuch beobachteten Aufenthalte im Wandbereich deutlich
häufiger als statistisch zu erwarten. Sie
stützen also die Hypothese. Die Beweiskraft
der Werte kann ohne statistisches Verfahren
nicht abgeschätzt werden.
Zur Erläuterung der statistischen Auswertung
Rechenbeispiel für folgende Messwerte:
59 Aufenthalte im Wandbereich, 41 Aufenthalte in der Mitte:
fE
fM
(fM — fE)2
fE
Wand
44
59
(59 — 44)2
= 5,11
44
Mitte
56
41
(41 — 56)2
= 4,02
56
chi2-Wert:
= 0,913
4 Überprüfen Sie mit dem χ2-Test, ob die
Abweichung von der Erwartung in diesem
Versuch signifikant ist.
aa Ein Vorgehen entsprechend Aufgabe 3 ergibt
folgende Werte: χ2-Wert: 14, 29, 4 Freiheitsgrade, Irrtumswahrscheinlichkeit: 0,01.
5 Erläutern Sie die biologische Bedeutung im
Verhalten der Mäuse bei beiden Versuchs­
anordnungen. Beschreiben Sie jeweils proximate und ultimate Ursachen.
aa Mit diesem Versuch kann untersucht werden,
ob wirklich das Kriterium „Wand“ von ausschlaggebender Bedeutung ist oder die
äußere Begrenzung des Areals in beliebiger
Form zu einem bevorzugten Aufenthalt führt
(Erkennen der Wand und Reaktion darauf als
proximate Faktoren). In der Regel ergeben
alle Versuche eine deutliche Bevorzugung
der Wandbereiche. Der Vorteil für die Tiere
liegt in einem besseren Schutz vor Fressfeinden (ultimate Ursachen).
Ethologie 23
3 Individuen und soziale Gruppen
Schülerbuch Seite 117
Schülerbuch Seite 120
1 Finden Sie Nachteile des Zusammenlebens,
welche die Gruppengröße beschränken.
aa Mit zunehmender Gruppengröße steigt
der Konkurrenzdruck um die vorhandenen
Ressourcen, wie z. B. Nahrung. Dies führt
dazu, dass größere Gebiete durchstreift
werden müssen, um genügend Nahrung zu
finden. Somit ist der Energieaufwand für den
Nahrungserwerb für das einzelne Tier höher.
Auch kann es bei der Partnerwahl zur Konkurrenz und damit zu aggressivem Verhalten z. B.
durch die Ungleichverteilung des Aggressionserfolges unter den Tieren kommen. In
größeren Gruppen ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass Parasiten sich verbreiten
können. (s. Schülerbuch S. 119). Nicht zuletzt
sind größere Gruppen von Feinden leichter
zu entdecken.
2 Ordnen Sie den verschiedenen Formen sozialer Verbände (Abb. 3) einige analoge
Beispiele aus dem Bereich des menschlichen
Verhaltens zu.
aa Aggregation: Wartezimmer, anonymer,
offener Verband: Kreuzfahrtschiff, Zug,
anonymer, geschlossener Verband: Veranstaltungen, an denen nur bestimmte Leute
zugelassen sind, individualisiert: Familie,
Arbeitsgruppe, Verein
1 „Würde ich mein Leben opfern, um meinen
Bruder zu retten? Nein. Aber für zwei Brüder
oder acht Cousins würde ich es tun“. Begründen Sie, warum der britische Genetiker J. B.
S. Haldane diese Antwort gegeben hat.
aa Diese Aussage basiert auf der Idee der
„kin-Selection“. Jede Person hat mit ihren
Geschwistern 50 % der Gene gemeinsam.
Der Verwandtschaftsgrad beträgt r =0,5.
Somit würde das Retten zweier Brüder eine
direkte Fitness von 2 x 0,5 =1 ergeben.
Mit einem Cousin hat man 12,5 % der Gene
gemein. Hier müsste man nach 8 x 0,125 = 1
acht Verwandte retten, um den Verlust der
eigenen Gene zu kompensieren.
Schülerbuch Seite 119
1 Formulieren Sie eine begründete Aussage
über die Veränderung der Gruppengröße bei
Vögeln, wenn einer Gruppe künstlich Versteckmöglichkeiten angeboten werden.
aa Bei zusätzlichen Verstecken nimmt das
Risiko, einem Raubfeind zum Opfer zu fallen,
ab. Es muss weniger Zeit zum Sichern aufgewandt werden. Somit sollte die Schwarmgröße abnehmen. Dies wurde anhand von
Versuchen nachgewiesen.
2 Bachstelzen, Krähen, Häher und Elstern
verlassen ihre Territorien und bilden Schwärme, wenn die Nahrungsbedingungen in ihren
Territorien schlechter werden. Finden Sie eine
Erklärung für dieses Verhalten.
aa Schwarmverhalten beruht auf einer KostenNutzen-Rechnung. Bei reichlich vorhandener
Nahrung und überschaubaren Revieren
ist der Nutzen einer Schwarmbildung eher
gering. Größere Reviere, die zwangsläufig bei
Nahrungsmangel verteidigt werden müssen,
stellen einen großen Kostenfaktor dar, während gleichzeitig der Nutzen der Schwarmbildung steigt: gemeinsame Nahrungssuche
erhöht den Erfolg und außerdem ist das
einzelne Tier besser vor einem Raubfeind
geschützt.
24 Ethologie Schülerbuch Seite 123
1 Die Leipziger Wissenschaftler wollten untersuchen, ob altruistisches Verhalten angeboren ist. Interpretieren Sie die Ergebnisse
dahingehend.
aa Die Untersuchungen von Schimpansen als
Mensch-Tier-Vergleich (siehe Schülerbuch
Seite 100) geben Hinweise darauf, ob eine
Verhaltensweise angeboren ist, wenn beide
sie zeigen. Da bei den Schimpansen altruistisches Verhalten beobachtet wurde, kann
man vermuten, dass eine angeborene Komponente vorliegt. Bei Kleinkindern müsste man
allerdings zuvor ausschließen, dass keine
Beobachtung dahingehend stattgefunden
hat.
Schülerbuch Seite 125
1 „Ich weiß nicht, was ich gesagt habe, bevor
ich die Antwort meines Gegenübers gehört
habe.“ Diskutieren Sie die Aussage dieses
Zitats.
aa Grundsätzlich bringt dieses Zitat die Fähigkeit zur Reflexion zum Ausdruck.
Schülerbuch Seite 127
1 Beschreiben Sie, auf welche Weise Kosmetik,
Mode und Schönheitschirurgie im Dienste der
Signalfälschung stehen.
aa Im Rahmen der Partnerwahl werden von
Männern zum Teil Signale ausgewertet, die
indirekt auf Jugendlichkeit, Fruchtbarkeit und
Gesundheit schließen lassen. Hierzu gehört
weiche, glatte Haut, lange Beine (junge Frauen
besitzen im Vergleich zum Körper die längsten
Beine) und naturfarbene (nicht graue) Haare.
Darüber hinaus werden Sexualauslöser
bewertet, die ein Interesse am männlichen
Partner verraten. Dazu gehören errötete
Wangen und Lippen, auffallende Augen und
viel freie Haut.
All diese Merkmale werden seit Jahrtausenden durch Kosmetik und seit Jahrzehnten
durch plastische Chirurgie gefälscht. Durch
Rouge und Lippenstift werden Signale verstärkt und permanent ausgesendet. Haare
werden gefärbt, Fältchen gestrafft. Ein derart
zurechtgemachter Mensch ist im ethologischen Sinne eine Attrappe. Merkmale
der Männer, die durch Frauen ausgewertet
werden, wie Zuverlässigkeit, Einfluss und
Vermögen, sind im Gegensatz dazu schwerer
zu fälschen.
3
aa
Schülerbuch Seite 131
1 Begründen Sie auf der Grundlage einer Risikoabwägung, warum die Männchen häufiger
Rangordnungen ausbilden als die Weibchen.
aa Kämpfe zwischen Tieren einer Art bergen
immer ein großes Verletzungsrisiko (Kosten),
das durch Vorteile (Nutzen) bei einem Sieg
ausgewogen werden muss. Da der Nutzen
für Männchen  durch Zugang zu Weibchen
mehr Nachkommen zeugen zu können  meist wesentlich größer ist als für Weibchen,
die um Futter kämpfen, sind Kämpfe um
Rangordnungen bei Männchen häufiger.
4
aa
Schülerbuch Seite 133
1 In der Geschichte der Menschheit gab es
auch große Migrationen. Informieren Sie sich
darüber und vergleichen Sie die Gründe mit
denen der Tierwanderungen.
aa Beispiele unter vielen sind die Völkerwanderungen in Europa oder die große Auswanderungswelle nach Nordamerika. Besonders
aus Irland sind hier große Teile der Bevölkerung aufgrund von Hunger („The Great
Famine“) geflüchtet. Generell gelten für alle
größeren Migrationen gleiche Ursachen wie
bei Tierwanderungen: knappe Ressourcen
oder Überbevölkerung und somit das Ziel
neue Nahrungsquellen bzw. bessere Lebensbedingungen vorzufinden.
5
aa
Schülerbuch Seite 134/135
1 Begründen Sie die in der Abbildung oben
angegebenen optimalen Gruppengrößen.
aa Mit steigender Gruppengröße nimmt der
Räuberdruck ab. Dies liegt einerseits daran,
dass die größere Gruppe den herannahenden
Feind früher entdeckt und andererseits
daran, dass der Räuber nur ein Individuum
erbeuten kann, sodass das Risiko selbst zur
Beute zu werden in einer größeren Gruppe
geringer ist.
2 Stellen Sie einen Zusammenhang zu den
Untersuchungsergebnissen in der Abbildung
links unten dar.
aa Die Abbildung zeigt, dass die Nahrungskonkurrenz mit zunehmender Gruppengröße zunächst stark zunimmt. Ist die Gruppe bereits
groß, erhöht ein weiteres Gruppenmitglied
die Nahrungskonkurrenz nicht mehr wesentlich. Nahrungskonkurrenz sollte dazu führen,
dass die Gruppenmitglieder sich voneinander
6
aa
7
aa
8
aa
trennen. Die Nachteile der Konkurrenz können aber durch die Vorteile der Sicherheit vor
Feinden  vgl. Aufgabe 1  ausgeglichen
werden. Je nachdem wie gefährlich Raubfeinde sind, liegt die optimale Gruppengröße
bei verschiedenen Werten.
Erläutern Sie, warum die Lemminge auf Wanderschaft gehen.
Durch die Massenvermehrungen und die
daraus resultierende hohe Individuendichte
kommt es zur Nahrungsknappheit. Dies führt
zu Spannungen und Aggressionen zwischen
den Tieren. Die Massenwanderung der Lem‑
minge hat somit das Ziel, neue Nahrungsgründe zu finden. Auf ihrem Zug kommt es
immer wieder zu Kämpfen zwischen den
Tieren.
Informieren Sie sich über andere Tierwanderungen und ihre Gründe.
Grundsätzlich gehören alle Vogelzüge zu
den Tierwanderungen. Meist werden neue
Nahrungsgründe aufgesucht oder die Tiere
sind an bestimmte klimatische Bedingungen
bezüglich ihrer Brutplätze gebunden. Auch
in Afrika kommt es zu riesigen Wanderungen
von Gnus, Zebras, Antilopen, . . . Um ausreichend Nahrung zu finden, ziehen diese Tiere
den Regengebieten hinterher.
Nennen Sie mögliche Gründe für die Zusammenschlüsse, aber auch Ursachen dafür, dass
die Gemeinschaft wieder in kleinere Gruppen
zerfällt.
Ein Vorteil des Zusammenschlusses besteht
in der Möglichkeit, kooperativ zu jagen, womit
die Wahrscheinlichkeit zunimmt, Beutetiere,
wie kleinere Affen, Buschschweine oder
junge Antilopen zu fangen. Die Jagd wird
weitestgehend von den Männchen durchgeführt, die ihre Beute mit den Weibchen teilen.
Männchen verteidigen das Gruppenterritorium gemeinsam. Einzeln können sie ihr Ziel,
Zugang zu möglichst vielen Weibchen zu
haben, nicht schaffen. Die Männchengruppe
sichert damit gemeinsam ihre wichtigste Ressource (paarungsbereite Weibchen).
Erläutern Sie aus der Sicht der Soziobiologie,
welche Ursache das Verhalten der Schimpansenweibchen haben könnte.
Da alle Schimpansenmänner der Vater sein
können, verhält sich keiner aggressiv gegenüber den Neugeborenen.
Nennen Sie weitere Beispiele für Revierverhalten beim Menschen.
Revierverhalten beim Menschen äußert sich
auch bei der Bildung von Ländergrenzen.
Das eigene Zimmer, der Stammplatz auf dem
Sessel im Wohnzimmer oder das Markieren
des Liegestuhles mit einem Handtuch sind
weitere Beispiele für das menschliche Territorialverhalten.
Diskutieren Sie, wie ein Boxkampf aus ethologischer Sicht bewertet werden müsste.
Ein Boxkampf stellt einen ritualisierten, nach
festen Regeln ablaufenden Kampf dar. Somit
handelt es sich um einen Kommentkampf.
Ethologie 25
9 Bei Besuchen ist es oft üblich, Geschenke
mitzubringen. Informieren Sie sich über den
Hintergrund dieses Verhaltens.
aa Auch hier handelt es sich um eine ritualisierte
Verhaltensweise. Der Besucher dringt quasi
in das Revier eines Artgenossen ein und
„beschwichtigt“ durch das Mitbringen eines
Geschenkes.
 Interpretieren Sie die Versuchsergebnisse auf
Basis einer Kosten-Nutzen-Analyse für die
Revierbildung.
aa Obwohl die Größe der Reviere sehr unterschiedlich ist, enthalten sie eine nahezu
vergleichbare Anzahl an Blüten. Bei Vergleichen des Energiebedarfes eines Vogels mit
dem Energiegehalt der Blüten in einem Revier
zeigte sich, dass der Nektarertrag der Blüten
gerade ausreicht, um den täglichen Energiebedarf des Vogels zu decken. Wie hier
bestimmt oft eine Kosten-Nutzen-Rechnung
die Größe der Reviere. Ist die Nahrungsdichte hoch oder die Nahrung nährstoffreicher,
werden die Reviere kleiner.
 Erläutern Sie, warum die Kämpfe in den Arenen
sehr viel heftiger ausgeführt werden als in der
Natur.
aa In der Natur flüchtet das unterlegene Tier. Da
in den Arenen dies nicht geschehen kann,
wird der „Sieger“ den Kontrahenten weiter
als Eindringling betrachten und den Kampf
fortsetzen, da seine Aggression durch die
Anwesenheit des Gegners weiter besteht.
Fluchtverhalten würde aggressionshemmend
wirken.
 Diskutieren Sie die Bedeutung des Begriffes
„Hahnenkampf“ beim Menschen.
aa Individuelle Lösung
 Erläutern Sie, warum das Männchen der Gartenkreuzspinne diese aufwändige Form des
Balzverhaltens zeigt.
aa Das Verhalten soll die Aggression des
Weibchens hemmen, da es ansonsten das
Männchen evtl. mit einem Beutetier „verwechselt“ und dieses dann getötet wird. Das
Balzverhalten ist also ein artspezifisches, um
den Partner zu erkennen.
Schülerbuch Seite 138
1 Hooligans sind in allen Stadien Europas eine
Begleiterscheinung des Fußballs. Allerdings
belegen Studien, dass in den verschiedenen
Ländern Persönlichkeitsmerkmale und soziale
Herkunft sehr unterschiedlich sind. Finden
Sie Informationen aus diesen Studien und
bewerten Sie die Ergebnisse.
aa Bei Hooligans handelt es sich vorwiegend
um junge Männer. Studien belegen, dass
britische Hooligans vor allem aus sozial
schwachen Schichten kommen, sie sind
häufig arbeitslos und alkoholabhängig. In
Deutschland dagegen stammen sie oft auch
aus gut ausgebildeten und sozial abgesicherten Schichten. In anderen Ländern sind wieder andere Ergebnisse ermittelt worden. Da
das Phänomen aber über Europa verbreitet
26 Ethologie ist, kann dies als Argument gesehen werden,
dass die Neigung zur Aggression zumindest
teilweise von Generation zu Generation weitergegeben wird, allerdings bleibt letztendlich
offen, ob durch Vorbild bzw. Erziehung oder
Vererbung.
Auch bei diesem Gewaltphänomen wird
letztlich eine Kombination von Faktoren,
die aus der Situation erwachsen, eine Rolle
spielen. Eine von vornherein erhöhte Gewaltbereitschaft muss aber vorliegen und da es
gerade Männer betrifft, könnte man auch eine
genetische Komponente vermuten.
2 Die Statistik (s. S. 136, Abb. 1) belegt, dass
Männer aggressiver Auto fahren. Auch sonst
sind sie gewaltbereiter. Überlegen Sie mögliche Ursachen.
aa Auch hier findet man sehr unterschiedliche
Auffassungen und Studien. Einige Argumente
seien hier aufgeführt.
Sexualhormone beeinflussen die Entwicklung
von Gehirnteilen, die zu Unterschieden bei
weiblichen und männlichen Gehirnen führen.
Zum Beispiel ist bei Frauen die Brücke zwischen den beiden Hirnhälften stärker ausgeprägt. Forscher gehen davon aus, dass somit
bei Männern Logik (Sitz des analytischen
Denkens in der linken Hirnhälfte) und Gefühl
(Sitz in der linken Hemisphäre)weniger intensiv verknüpft sind als bei Frauen. Dies könnte
die Kontrolle der Aggression unterschiedlich
beeinflussen.
In der Geschichte der Menschheit gab es in
allen Kulturen unterschiedliche Vorstellungen
über die Rolle der Geschlechter. Durch diese
Rollenbilder wird natürlich auch ein unterschiedliches Verhalten verknüpft.
Eine andere Studie führt an, dass Frauen eher
und festere soziale Beziehungen aufbauen,
die Aggressionen auffangen können.
Andere Forscher gehen davon aus, dass
Frauen genauso aggressiv sind wie Männer.
Sie würden aber anders mit ihren Aggressionen umgehen und eher Schuldgefühle
aufbauen als Männer, die sich nach Wutausbrüchen sogar eher in ihrer Rolle bestätigt
fühlen.
Schülerbuch Seite 139
1 Interpretieren Sie mithilfe von Abb. 1, wie sich
eine Veränderung der Sieg- und Niederlagenpunkte auf die Strategien auswirkt.
aa Der Vergleich verschiedener Simulationen
zeigt Folgendes: Eine Erhöhung der Siegpunkte oder eine Verminderung der Verletzungspunkte begünstigen den Beschädigungskämpfer, also die Falken-Strategie.
Dies zeigt eine relative Gewichtung der
beiden Faktoren: Je größer der potenzielle
Gewinn ist (Siegpunkte), desto eher lohnt
sich ein hohes Risiko (Verletzungpunkte).
Schülerbuch Seite 141
1 Finden Sie konkrete Beispiele für ritualisierte
Verhaltensweisen zur Partnerfindung beim
Menschen.
aa Auch der Mensch benutzt Reizverstärker bei
der Partnerfindung. Diese können in auffälliger Kleidung, auffälligem Schmuck, Kosmetik oder in der „Korrektur“ der Haarfarbe
und -beschaffenheit bestehen. Dementsprechend gibt es hierzu die entsprechenden
Verhaltensweisen, die diese Reize weiter
verstärken sollen und als Imponiergehabe
(es sollen die Vorteile des „Männchens“
aufgezeigt werden) dienen, z. B. ein bestimmter Gang oder das Streichen durch
die Haare (abgeleitet von der Körperpflege).
Das Hinterherpfeifen (Bereich der Kommunikation) soll Aufmerksamkeit erregen. Auch
bestimmte Autos zu fahren, dient eben nicht
mehr nur der Fortbewegung, sondern soll
Eindruck machen.
Auch beim Menschen kommt es ja  genauso wie bei vielen Tierarten  häufig zu
einer Art rituellem Tanz bei der Partnerfindung: Dazu gehören Gesten wie Geschenke
überreichen (abgeleitet von der Nahrungsübergabe), lebhaftes Kopfnicken zum Zeichen der
Zustimmung, häufiges Anfeuchten der Lippen
während des Gespräches.
Das Lächeln zur Begrüßung bzw. zum Flirten
geht evolutionsbiologisch auf die Drohgebärde
des Zähnefletschens zurück.
Offensichtlich wird die biologische Grundlage
des menschlichen „Balzverhaltens“ darin,
dass die Verhaltensweisen, die während der
Partnerfindung sehr häufig auftreten, sich
sehr bald legen, wenn der Fortpflanzungserfolg erreicht ist und die „Brutpflege“ einsetzt.
Schülerbuch Seite 147
 Begründen Sie die Entscheidungen der Blaumeisenweibchen aus der Sicht der Soziobiologie.
aa Blaumeisenweibchen streben  wie alle
anderen Lebewesen  möglichst viele überlebende Jungtiere an. Da sie als „Alleinerziehende“ nur 5,4 Junge groß bekommen, mit
einem Partner aber 7,5, ist die Entscheidung,
notfalls auch einen weniger „attraktiven“ Partner zu akzeptieren, soziobiologisch sinnvoll.
Ihre Entscheidung, bei einem weniger attraktiven Partner Seitensprünge zu begehen, ist
dann sinnvoll, wenn der Seitensprungpartner
belegt, dass er besonders gute Gene besitzt,
die sein Überleben förderten. Da die Gesangslänge nur mit dem Lebensalter steigt,
ist sie anscheinend nicht zu fälschen und
somit ein eindeutiges Erfolgssignal.
Schülerbuch Seite 149
 Diskutieren Sie, welche Hypothese durch die
Ergebnisse der Versuche an den Entennestern gestützt wird (siehe Randspalte).
aa Da von den Kontrollnestern keines verlassen
wurde, können Veränderungen am Nest keine
entscheidende Bedeutung für das Nestverhalten haben. Dagegen nimmt die Wahrscheinlichkeit zu, dass das Nest verlassen
wird, je mehr Eier verloren gehen, sodass die
zweite Hypothese gestützt wird.
 Beschreiben Sie mithilfe des Fitnessbegriffs
den Konflikt zwischen Langurenmännchen
und ihren Weibchen.
aa Den Lebensfortpflanzungserfolg (Fitness)
erreicht ein Haremshalter in den wenigen
Jahren, die er eine Weibchengruppe halten
kann. Die Gesamtzahl seiner Jungen wiederum hängt davon ab, wie viele Weibchen zur
Fortpflanzung zur Verfügung stehen. Durch
das Töten der Jungtiere erhöht er seine eigene
Fitness, während das Weibchen durch die
getöteten Jungtiere Nachwuchs und Zeit zur
Jungenproduktion verliert.
 Begründen Sie aus der Sicht der Soziobiologie, warum die Weibchen sich mit den neuen
Männchen paaren.
aa Wenn Weibchen „vor der Entscheidung stehen“, sich mit dem Männchen fortzupflanzen,
das ihre Jungen getötet hat oder nicht, so ist
die Entscheidung für die Fortpflanzung die
einzig richtige, da sie den Fitnessverlust gering hält. Abzuwarten, bis ein neuer Haremshalter den alten ablöst, wäre für die Weibchen
ein entsprechend höherer Fitnessverlust im
Vergleich zu den Weibchen, die sich für den
neuen Haremshalter entscheiden.
Schülerbuch Seite 150/151
 Fassen Sie anhand der Informationen aus Text
und Grafiken (Abbildung 2 und 3) zusammen,
unter welchen Bedingungen die verschiedenen Paarungssysteme entstehen.
aa Paarungssysteme entstehen durch die
Überlappung von Revieren der Männchen
und Weibchen. Die Größe des Weibchen‑
reviers hängt von dem Nahrungsangebot des
Raumes ab. Die Größe der Männchenreviere
hängt nicht von der Nahrungsversorgung ab,
sondern von den Möglichkeiten, den Raum
zu verteidigen. Aus den Überlappungen
unterschiedlich großer Reviere ergeben sich
die verschiedenen Paarungssysteme. Je
größer das Revier eines Weibchens ist, desto
eher kommen zwei oder sogar drei Männchen
darin vor (Abb. 3).
 Beschreiben Sie anhand der Informationen,
wie die Häufigkeit der Paarungssysteme von
Jahr zu Jahr wechseln kann.
aa zu Abb. 4: Während die relative Häufigkeit
von Heckenbraunellen-Männchen in kalten
Wintern nicht signifikant zurückgeht, haben
Weibchen in schneereichen Wintern größere
Verluste. Dies ist auf das Rangordnungsverhalten zurückzuführen. An den verbleibenden
schneefreien Futterstellen bildet sich unter
den anwesenden Tieren eine Rangordnung
aus, in der die Männchen die ranghöchsten
Plätze einnehmen. Die rangniederen WeibEthologie 27
chen scheinen vom Futterplatz vertrieben zu
werden. In einem beobachteten Fall, in dem
zwei Männchen von einer Katze gefressen
wurden, hielten sich die verbleibenden Weibchen anschließend signifikant häufiger an
der Futterstelle auf. Wegen der schlechteren
Nahrungsversorgung fliehen anscheinend die
Weibchen bei Greifvogelangriffen als letzte
und kehren als erste zurück, was dazu führt,
dass sie häufiger als die Männchen gefressen
werden.
zu Abb. 5: Als Folge der unterschiedlichen
Wintersterblichkeit von Männchen und Weibchen erreichen mehr Männchen das nächste
Frühjahr, sodass sich als Folge gehäuft polyandre Paarungssysteme ausbilden, da die
Weibchen größere Reviere ausbilden können.
 Arbeiten Sie aus den geschilderten Sachverhalten die verschiedenen Mechanismen
heraus, die
a) vor der Kopulation
b) nach der Kopulation bzw.
c) nach der Eiablage
wirken und dadurch dem einzelnen Männchen
Fortpflanzungsvorteile sichern.
a) Taktiken der Verhinderung von Fremdkopulation: Männchen erkämpfen ein
Revier. Können sie alle anderen Männchen
vertreiben, haben sie alleinigen Zugang zu
einem oder mehreren Weibchen. Ist dies
nicht möglich, versuchen Männchen nach
Rangordnungen Paarungen konkurrierender Männchen zu verhindern.
b) Nach der Kopulation eines Weibchens
mit mehreren Männchen konkurrieren die
Samenzellen mehrerer Männchen um die
Eizellen des Weibchens. Dabei befruchten am wahrscheinlichsten Samenzellen
desjenigen Männchens die Eizellen, das
die meisten Spermien abgibt und sich
am häufigsten mit dem Weibchen paart.
Heckenbraunellen verhalten sich  wie
die Paarungshäufigkeiten in den verschiedenen Systemen belegen  so, als ob
sie diesen Zusammenhang kennen. Eine
weitere Taktik, die eigene Fortpflanzung
zu sichern, ist das „Kloakenpicken“. Vogel‑
weibchen besitzen Spermienbehälter, die
bei häufigen Kopulationen mit einem
Männchen voll sein können. Wenn diese
Behälter aufgefüllt sein sollten, kann ein
Männchen nur dann erfolgreich Spermien
im Weibchen unterbringen, wenn dieses
die Spermienbehälter vorher geleert hat
Aus der „Sicht“ des Männchens können
die schon vorhandenen Spermien von
einem fremden Männchen sein. Die von
ihm abgegebenen Spermien sind dagegen
sicher von ihm selbst. Da das Verhalten
die Vaterschaftssicherheit steigert, könnte
es auch die Bereitschaft zur Mithilfe bei der
Brutpflege steigern. (Durch das Picken
an der Kloake gibt das Weibchen die von
einer vorherigen Paarung noch vorhande‑
nen Spermien ab.) Aufgrund der Konkurrenz entwickelten sie die großen Hoden.
28 Ethologie 
aa

aa
c) Eine Fortpflanzungstaktik, die nach der
Eiablage wirkt, ist Infantizid durch die bMännchen. Durch Beseitigung der Gelege
bzw. der Jungtiere legt das Weibchen bald
neue Eier, die befruchtet werden können.
Dabei hat das b-Männchen erneut die
Chance, mit dem Weibchen zu kopulieren
und muss nicht warten, bis eine Brut großgezogen wurde, d. h. es hat Zeit gewonnen.
Stellen Sie einen Sachzusammenhang zwischen den Aussagen der Abb. 2 und 3 her.
Abbildung 2 zeigt, wie viele Jungtiere einer
Brut vom b-Männchen gezeugt wurden in
Abhängigkeit von der Häufigkeit, mit der das
b-Männchen sich mit den Weibchen paaren
konnte. Es zeigt sich klar, dass von der Paarungshäufigkeit auch die Nachkommenhäufigkeit abhängt. Die Paarungshäufigkeit mit
den b-Männchen hängt von der Fähigkeit des
Weibchens ab, sich der Bewachung durch
das a-Männchen zu entziehen.
Abbildung 3 zeigt den Anteil der Mithilfe bei
der Brutpflege durch das b-Männchen in
Prozent der Fütterungen durch die Männchen in Abhängigkeit von der Fähigkeit des
Weibchens, sich der Bewachung durch das
a-Männchen zu entziehen. Je erfolgreicher
die Bewachung zum Zeitpunkt der Kopulation war, desto weniger hilft das b-Männchen
mit. Anders ausgedrückt: Je häufiger das
b-Männchen mit dem Weibchen kopulieren konnte, desto bereiter ist es, bei der
Brutpflege mitzuhelfen. Die b-Männchen
verhalten sich so, als verstünden sie, dass
mit den häufigeren Kopulationen auch die
Vaterschaftssicherheit erhöht wird. Sie sind
aber nicht „bereit“, in fremde Nachkommen
zu investieren.
Erläutern Sie, wodurch es zwischen verschiedenen Partnern zu Konflikten kommen muss,
indem Sie aufzeigen, wie Fitnessgewinn beim
einen zu Fitnessverlust beim anderen führt.
Werten Sie in diesem Zusammenhang die
Daten der Tabelle mit aus.
Nach soziobiologischer Theorie ist zu
erwarten, dass Individuen das Sozialsystem
anstreben bzw. das Verhalten zeigen, das für
sie am meisten Nachwuchs erbringt. Wie die
Untersuchungsergebnisse aus Abbildung 4
zeigen, sind diese Zahlen für Weibchen und
Männchen unterschiedlich, sodass Konflikte
vorprogrammiert sind. Für Weibchen ist ein
polyandrisches System am besten, in dem
beide Männchen füttern. Hier sind die Verluste unter den heranwachsenden Jungen am
geringsten. Den nahezu gleichen Fortpflanzungserfolg kann ein Männchen erreichen,
wenn es in einem polygynen System mit zwei
Weibchen brütet. Während Männchen also
ein polygynes System anstreben „sollten“,
sind die Weibchen an polyandrischen Systemen „interessiert“ und kopulieren möglichst
mit beiden Männchen, wodurch sie sich die
Mithilfe des b-Männchens sichern.
4 Angewandte Verhaltensbiologie
Schülerbuch Seite 152
1 Bei den meisten Staatsbesuchen wird dem
ausländischen Staatsgast von einem Kind ein
Blumenstrauß überreicht. Erläutern Sie die
Absicht der Gastgeber mit dieser Geste.
aa Erwachsene verhalten sich gegenüber kindchenschemagerechten Merkmalen stärker
schützend, fürsorglicher und weniger aggressiv, als sie sich gegenüber Merkmalen älterer
Individuen verhalten.
Schülerbuch Seite 153
1 Suchen Sie nach Beispielen für die Verwendung des Kindchenschemas in Comics und
Spielzeugen.
aa Individuelle Lösung
2 Die EU will sexistische Werbung verbieten,
ähnlich wie es schon ein Verbot für Zigarettenwerbung gibt. Nehmen Sie zu diesem Plan
begründet Stellung.
aa Individuelle Lösung
3 Stellen Sie aus mehreren Zeitschriften Annoncen zusammen, die mit verhaltensbiologischen Elementen werben.
aa Individuelle Lösung
4 Betrachten Sie Abbildung 2 und untersuchen
Sie sie nach werbewirksamen Blickfängern.
Beschreiben Sie die Wirkung dieser Reklame
auf Sie.
aa Individuelle Lösung
Schülerbuch Seite 154 — Zettelkasten
1 Erörtern Sie, ob angeborene Dispositionen
für das Gehorsamverhalten des Menschen
vorliegen.
aa Die Versuchsergebnisse legen nahe, dass
es beim Menschen ebenfalls ein Unterordnungsverhalten gegenüber Ranghöheren
gibt, wie dies aus dem Rangordnungsverhalten von Primaten bekannt ist. Welche
fürchterlichen Folgen dies haben kann, hat
die Tötung der Juden während der Schreckenszeit des Nationalsozialismus gezeigt.
2 Erläutern Sie die Konsequenzen, die aus
den Milgram-Versuchen für die Erziehung zu
fordern sind.
aa Die Erziehung sollte versuchen, das Selbstbewusstsein des Einzelnen zu stärken, dass
er unverantwortlichen Anweisungen von
Ranghöheren zu widerstehen vermag und
deren Ausführung verweigert. Zusätzlich
müssen Schüler für andere Kulturen und
anders denkende Menschen sensibilisiert
werden, um eine größere Toleranz gegenüber
abweichendem Verhalten zur eigenen Norm
aufbringen zu können. So kann mit dazu
beigetragen werden, dass eine Ausgrenzung
von Gruppen oder Einzelnen nicht so leicht
erfolgen kann. Dies könnte ein Beitrag sein,
Ausländerhass zu verhindern.
3 Diskutieren Sie, ob derartige Versuche
ethisch zu vertreten sind.
aa Solche Versuche nehmen auf die Menschenwürde und die Unversehrtheit des Menschen
keine Rücksicht und sind daher ethisch nicht
zu vertreten.
Schülerbuch Seite 155
1 Deuten Sie die oben angegebenen Ergebnisse der Gruppen 1— 4 hinsichtlich der
erkennbaren Lernformen und einer anwendbaren Aggressionstheorie.
aa Die Ergebnisse, besonders bei den Jungen,
lassen sich im Sinne der Lerntheorie der Aggression oder als Lernen nach einem Vorbild
interpretieren.
2 Versuchen Sie, Kriterien für aggressive Handlungen aufzustellen. Untersuchen Sie mit
diesem Kriterienkatalog Fernsehsendungen
mit besonders aggressivem Charakter.
Berücksichtigen Sie bei Ihrer Auswahl auch
sogenannte Trickfilme für Kinder. Diskutieren
Sie Ihre Ergebnisse.
aa Aggressive Handlungen zielen darauf, einen
anderen Menschen, sich selbst oder Gegenstände direkt oder indirekt zu schädigen.
Neben offen gezeigten Aggressionen kann
es auch zu verdeckt-hinterhältigen Aggressionen kommen, z. B. „Angriff aufsdem Hinterhalt“ oder „Gerüchte in die Welt setzen“. Man
kann körperliche Aggressionen (wie schlagen
und boxen) von verbalen Aggressionen
(schimpfen, ärgern usw.) unterscheiden.
Aggressionen können aktiv ausgeübt, aber
auch passiv erfahren werden. Man kann
Personen durch direkte Schläge schädigen
(direkte Aggressionen) oder indirekt, indem
man Gegenstände aus deren Besitz zerstört
oder Personen schädigt, die sie lieben (indirekte Aggressionen). Es können Aggressionen auch auf die eigene Person gerichtet
sein.
Anmerkung: Diese Zusammenstellung ist
nicht vollständig, genau so wie die der Schülerinnen und Schüler nicht vollständig sein
muss. Sie sollten durch eine eigene Zusammenstellung dafür sensibilisiert werden, wie
Aggressionen in Medien dargestellt werden.
3 Deuten Sie das Verhalten.
aa Das Ergebnis zeigt, dass die Zeit bis zum
nächsten Kampf nach einem erfolgreich
abgeschlossenen immer kürzer wird. Mäuse
lernen also, immer aggressiver zu werden.
4 Deuten Sie die Versuchsergebnisse im Sinne
einer Aggressionstheorie.
aa Aus dem Vergleich der ungefähr konstanten
Anzahl der Balzhandlungen im Vergleich zur
deutlich gestiegenen Rate der aggressiven
Handlungen nach 14 Tagen Isolation hat man
auf eine gestiegene Handlungsbereitschaft
für aggressives Verhalten geschlossen. Es
scheint also ein Beleg für die Triebtheorie der
Aggression vorzuliegen.
Ethologie 29
5 Beurteilen Sie kritisch den Aussagewert des
Versuches.
aa Die Grafik lässt nicht erkennen, ob die Angriffe der Buntbarsche nur auf die Isolation
zurückzuführen sind. So kämpfen Männchen
prinzipiell, wenn sie ein Revier besetzt halten
und ein anderes Männchen eindringt. Weibchen lösen auch Angriffe bei Buntbarschmännchen aus, wenn nicht durch längere
Balz beide Partner aneinander gewöhnt sind.
Also können, wie bei den anderen Beispielen,
weitere Faktoren die Stärke der aggressiven
Handlungen beeinflusst haben.
6 Werten Sie den Artikel hinsichtlich angesprochener Aggressionstheorien aus.
aa Die These, dass man im Fußballstadion im
Laufe der Woche aufgestaute Aggressionen ablassen könne, was gleichsam eine
reinigende Wirkung habe, bezieht sich auf
die Triebtheorie der Aggression im Sinne von
Lorenz. Der Bezug auf die Jugendarbeitslosigkeit in Liverpool zeigt gesellschaftliche
Ursachen für Aggressionen auf. Eine Perspektivlosigkeit und ein geringes Selbstwertgefühl der Jugendlichen können Ursachen für
Aggressionen sein.
„Wer unter Fans etwas gelten möchte, bedient
sich bedenkenlos der Gewalt.“ Diese These
stimmt mit der Lerntheorie der Aggression
überein. Jugendliche können durch aggres‑
sives Verhalten soziale Anerkennung erlangen.
„Was das für die Zehn- bis Zwölfjährigen
bedeutet, die neu zu Fangruppen stoßen, ist
nicht schwer vorzustellen . . .“ Darin kann man
Indizien für Vorbildlernen bei aggressivem
Verhalten sehen.
7 Bewerten Sie in der Zusammenschau aller
Materialien kritisch den jeweils alleinigen
Erklärungsversuch der im Text aufgeführten Aggressionstheorien für die verschiedenen
Aggressionsformen.
aa Aus der Zusammenschau aller Materialien
sollte von den Schülerinnen und Schülern
klar artikuliert werden, dass eine Theorie
alle Aggressionsformen nicht erklären kann.
Aggressionen treten in unterschiedlichen
Formen gerade bei Menschen auf, sodass
man unterschiedliche Motive und Theorien
bei Erklärungsversuchen heranziehen muss.
8 Erläutern Sie mögliche Konfliktkontrollen und
Konfliktvermeidungen beim Menschen.
aa Zur Konfliktvermeidung sollte die Gesell‑
schaft dafür sorgen, dass Menschen, besonders Kinder, die Chance haben, stabile
Beziehungen zu anderen Menschen und eine
positive eigene Identität aufzubauen. Für
Menschen ist es eine zentrale Voraussetzung, von anderen Menschen verstanden und
anerkannt zu werden, Liebe und Lebensfreude zu erfahren. Bei Problemen müssen
Menschen verfügbar sein, die als Gesprächspartner und als Hilfe bereitstehen. Die
Lebensgestaltung von Menschen muss einen
Sinn erhalten. Wenn Menschen ein zufriedenes Leben führen, werden sie von sich aus
30 Ethologie viele Konflikte bereits in der Entstehung vermeiden. Konflikte zwischen Menschen sind
normal. Sie lassen sich aufgrund unterschiedlicher Bedürfnisse, Gefühle, Wünsche oder
Interessen nicht immer vermeiden, Kinder
und Jugendliche müssen deshalb lernen, mit
anderen Menschen zu streiten. Wenn jemand
eine andere Meinung hat, so muss man zu
ihm nicht alle Beziehungen abbrechen und
ihn als Feind ansehen. Man muss lernen, die
Interessen des anderen bei einer möglichen
Lösung mit einzubeziehen.
Schülerbuch Seite 158/159
 Beschreiben Sie für jedes Nest, welche Phasen erkennbar sind.
aa Aus der Abbildung und dem Text ergeben
sich: Nest A: nur 3. Phase, Nest B: 2. und 3.
Phase, Nest C : alle drei Phasen, Nest D: nur
1. Phase, Nest E: alle drei Phasen.
 Beschreiben Sie den Zustand der Nester am
Abend des 9. August.
aa Die letzte Aktivität vor dem genannten Termin
zeigt: in Nest A und B: Kokon vorhanden, in
Nest C: Larve mit einer weiteren Raupe, in
Nest E: Ei mit einer Raupe und Nest D ist leer.
 Nennen Sie Gründe für die Annahme, dass
das Brutpflegeverhalten genetisch festgelegt
ist.
aa Das Verhalten tritt bei allen Sandwespen dieser Art mit ähnlichem stereotypen Ablauf auf.
Es wird nicht gelernt, z. B. durch Probieren.
Es kann auch nicht von dem Elterntier vorgemacht und dann imitiert werden, weil jede
Generation am Ende des Sommers stirbt.
 Erläutern sie anhand der Störversuche die
Bedeutung des Inspektionsbesuches.
aa Bei den Inspektionsbesuchen liegt offenbar
eine enge Verschränkung einer genetisch bedingten Verhaltensweise mit Lernvorgängen
vor. Liegt die Veränderung des Nestinhaltes
vor dem Inspektionsbesuch, so wird das
Nest entsprechend dem aktuellen Inhalt 
und nicht gemäß der eigentlich anstehenden
Phase  weiterversorgt. Nur wenn der Nestinhalt nach dem Inspektionsbesuch ausgetauscht wird, kann die Sandwespe bei ihrer
späteren Rückkehr den veränderten Zustand
nicht sinnvoll beantworten. Die Experimente
zeigen, dass die Phasenabfolge für jedes
Nest nicht genetisch festgelegt ist, sondern
dass während des Inspektionsbesuchs der
jeweilige Nestzustand gelernt wird. Er wird
allerdings für die Dauer eines Tages so fest
im Gedächtnis fixiert, dass dann kein flexibles
Reagieren mehr möglich ist. Es ist denkbar,
dass die Sandwespe erst durch die Existenz
der Inspektionsbesuche in die Lage versetzt
wird, mehrere Nester mit unterschiedlichem
Inhalt gleichzeitig zu versorgen.
5 Nennen Sie die Art der Konditionierung und
begründen Sie Ihre Entscheidung.
aa Da der vorher neutrale Reiz „Duft“ den
Reflex (Herausstrecken des Rüssels ist die
unbedingte Reaktion) nach dem Lernvorgang
6
aa
7
aa

aa
auslöst, handelt es sich um eine klassische
Konditionierung. Der zuvor neutrale Duftreiz
wird auf diesem Weg zum bedingten Reiz
und die durch ihn ausgelöste Reaktion ist die
bedingte Reaktion.
Beschreiben Sie Ihre Erwartungen für Gruppe
A beziehungsweise Gruppe B.
Die auf Nelkenduft konditionierte Gruppe A
wird sich zu einem hohen Prozentsatz jeweils
für die Seite mit Nelkenduft entscheiden,
während die auf Rosenduft konditionierten
Tiere den entsprechenden anderen Schenkel
wählen werden. Da jedes einzelne Tier in der
zweiten Versuchsreihe mehrfach getestet
wird, ohne Zuckerwasser zu bekommen,
müsste die Reaktions- und Wahlbereitschaft
sinken und der Prozentsatz der jeweils richtigen Wahlen abnehmen.
Erläutern Sie, warum der Nelkenduft nicht
in allen Versuchen z. B. auf der linken Seite
eingesetzt wurde.
Durch den zufälligen Wechsel der „bedufteten“ Seiten wird verhindert, dass ein
weiterer Parameter (Orientierung nach
links oder rechts mit oder ohne Belohnung)
das Wahlverhalten entsprechend dem Duft
überlagert.
Fassen Sie die Aussagen der Abbildung
zusammen und stellen Sie einen Zusammenhang zu den jeweiligen Räuberstrategien dar.
In Gewässer A, in dem besonders die großen
ausgewachsenen Guppys erbeutet werden,
bleiben die Weibchen und Männchen klein,
stecken den größten Teil der Biomasse in die
Reproduktion. Sie reproduzieren in kurzen
Abständen.
In Gewässer B stecken die Fische zunächst
einen größeren Anteil der Biomasse in das
Wachstum, wachsen so aus der „gefährdeten“ Größe heraus und reproduzieren sich
dann.
 Fassen Sie die Ergebnisse der Abbildungen
zusammen und stellen Sie Zusammenhänge
zwischen den Einzelergebnissen her.
aa Mit der Zunahme der Jungenzahl im Nest
erreichen die Jungtiere ein geringeres Durchschnittsgewicht. Von den ausgeflogenen
Jungtieren fand man umso mehr wieder,
je kräftiger sie beim Verlassen des Nestes
waren. Jungtiere aus sehr kleinen und sehr
großen Gelegen wurden später seltener
wieder eingefangen. Dies liegt im unteren Bereich an der geringen Zahl der Nachkommen
und im oberen Bereich an der schlechten
Überlebensfähigkeit, die aus a und b hervorgeht. Das Überleben der Eltern hängt von
der Anzahl der zuvor aufgezogenen Jungen
ab. Je mehr Jungtiere großgezogen werden,
desto häufiger müssen die Eltern Futter bringen. Dies erfordert viel Zeit und Energie und
erschöpft die Eltern bei hoher Jungenzahl so,
dass sie den nächsten Winter zum Teil nicht
überleben. Da die einzelnen Jungtiere weniger Futter bekommen, bleiben sie kleiner.
 Erläutern Sie, welche Faktoren die optimale
Gelegegröße bestimmen.
aa Die Eltern sollten so viele Junge großziehen
wie möglich, die jedoch noch genug Futter
bekommen, um gute Überlebenschancen
zu haben. Außerdem sollten sie nur so viele
Junge großziehen, dass sie nicht vorzeitig
sterben, da sonst die Fitness gesenkt wird.
k Erörtern Sie, welchen Einfluss ein gutes Futterangebot auf die Fortpflanzungsrate haben
könnte.
aa Gutes Futterangebot kann die Futterversorgung erleichtern, ein höheres Jungengewicht
und eine bessere Überlebensrate der Jungen
und der Eltern bewirken.
 Werten Sie den Text und die Abbildung aus.
Deuten Sie das Ergebnis im Sinne einer Lebenslaufstrategie.
aa Die Einsiedlerkrebse können bei Gehäusemangel nicht wachsen, da sie kein neues größeres Gehäuse finden würden, also setzen
sie die aufgenommene Nahrung in die Produktion von Eiern ein. Stehen genug Gehäuse
zur Verfügung, beginnen sie nicht nur später
mit der Eierproduktion, sondern investieren
weniger in die Gelege und wachsen weiter.
Ethologie 31
Basiskonzepte
Schülerbuch Seite 162
1 Nennen Sie je zwei Beispiele für homologe
und analoge Organe.
aa z. B. homolog: Grabbein eines Maulwurfs und
Fuß eines Pferdes, Grabbein einer Maulwurfsgrille und Sprungbein einer Heuschrecke
z. B. analog: Grabbein eines Maulwurfs und
einer Maulwurfsgrille, Flügel eines Käfers und
Flügel eines Vogels
2 Koevolution findet man auch bei Parasiten
und deren Wirten. Beschreiben Sie mögliche
Anpassungen der Parasiten und darauf folgende Gegenanpassungen der Wirte anhand
geeigneter Beispiele.
aa z. B. Bakterien, die eine höhere Infektionsrate
entwickeln und Wirte (z. B. Wasserflöhe), die
immer stärker resistent werden
z.B. Bandwürmer, die im Darm leben und ihre
Nahrung über die Hautoberfläche aufnehmen
sind mit einem Hakenkranz und Saugnäpfen
im Gewebe verankert, ohne den Wirt dabei
gefährlich zu verletzen. Dadurch wird das
hochspezialisierte Immunsystem des Wirts
überlistet.
3 Vergleichen Sie Mensch und Schimpanse
hinsichtlich der Anatomie und der Funktionsweise des Kehlkopfes.
aa Unterschiedliche Lage im Hals (siehe S. 64,
Abb. 1).
Beim Schimpansen liegt der Kehlkopf höher
als beim Menschen, sodass sein Resonanzraum kleiner und die Stimme weniger kräftig
ist. Die Zungenbeweglichkeit ist bei den
Schimpansen deutlich geringer.
Schülerbuch Seite 163
1 Die sogenannte Big-Bang-Strategie wird z. B.
von einigen Bambusgewächsen verfolgt: Die
Organismen durchlaufen viele Jahre nur vegetative Wachstumsphasen, investieren dann
ihre gesamte Energie in eine einzige sexuelle
Reproduktionsphase und sterben danach ab.
Nennen Sie Vor- und Nachteile dieser Strategie.
aa Erfolgt die Blüten- und Fruchtbildung z. B.
in außergewöhnlich niederschlagsreichen
Jahren, werden Samenbildung und Keimung
sowie das Wachstum aller Jungpflanzen
gefördert. Nachteil ist, dass keine kontinuierliche Verjüngung der Bestände erfolgt. Vorteile sind, dass den Pflanzenfressern derart
viele Samen und Jungpflanzen zur gleichen
Zeit zur Verfügung stehen, dass nicht alle
Bambusgewächse verzehrt werden können.
2 Buschblauhäher haben sogenannte „Helfer
am Nest“, die sich selbst nicht fortpflanzen.
Unter welchen Bedingungen kann dieses auf
den ersten Blick altruistische Verhalten einen
reproduktiven Fitnessgewinn darstellen?
aa Sind die Helfer mit den Jungtieren nahe
verwandt, sorgen sie durch dieses altruistische Verhalten dafür, dass ein Teil ihrer
eigenen Gene in die nächste Generation
32 Basiskonzepte gebracht werden, obwohl sie sich selbst nicht
fortpflanzen (weil dies z. B. aufgrund der ökologischen Bedingungen nicht möglich ist).
3 Stellen Sie die Vor- und Nachteile der geschlechtlichen und der ungeschlechtlichen
Fortpflanzung dar.
aa Durch ungeschlechtliche Fortpflanzung
können schnell zahlreiche Nachkommen
mit der gleichen genetischen Ausstattung
entstehen, sodass Ressourcen optimal
genutzt werden. Auf Dauer kann aber durch
mangelnde Rekombination eine genetische
Verarmung eintreten. Bei Prokaryoten wird
dies z. B. durch Konjugation verhindert.
Geschlechtliche Fortpflanzung gewährleistet
stets eine genetische Rekombination, durch
die eine bessere Angepasstheit an die Umwelt möglich wird; sie erfordert aber höhere
Investitionen durch die Partnersuche.
Schülerbuch Seite 164
1 Die Reaktionsgeschwindigkeit-TemperaturRegel (RGT-Regel) besagt, dass durch eine
Temperaturerhöhung um 10 °C die Reaktionsgeschwindigkeit um das 2- bis 4-fache steigt.
Zeigen Sie die Gültigkeit dieser Regel an
Beispielen aus der Biologie.
aa Die Reaktionsgeschwindigkeit-TemperaturRegel stimmt nur bedingt für einen engen
Temperaturbereich um 20 °C. Homoiotherme
Tierarten verfügen über Regelmechanismen,
die den Zellstoffwechsel auf die jeweilige
Körpertemperatur einstellen. Poikilotherme
Tiere passen sich auch im Zellstoffwechsel
den jeweiligen Außentemperaturen an. Tiefe
Temperaturen bedingen dabei auch einen
geringeren Stoffwechsel. Sogar eine gänzliche Einstellung des Zellstoffwechsels ist
möglich (Kältestarre).
2 Die Zellatmung hat für die Energiegewinnung
aerober Organismen eine zentrale Bedeutung.
Informieren Sie sich, welche Stoffwechselwege in die Glykolyse, den Tricarbonsäurezyklus und die Atmungskette münden. Vergleichen Sie diese Vernetzungen mit einem
geeigneten, technischen Beispiel.
aa Die Glykolyse ist sowohl unter aeroben wie
auch unter anaeroben Bedingungen für alle
Organismen ein essenzieller Stoffwechselweg. In Gegenwart von Sauerstoff können
die meisten tierischen Organismen Lipide,
Aminosäuren und Kohlenhydrate durch
oxidative Prozesse vollständig abbauen.
Findet Gärung statt, kann nur Glucose zur
ATP-Bildung herangezogen werden. Ähnlich
der Automobilfertigung ist die Glykolyse
demnach die zentrale „Bandstraße“, um die
baukastenähnlich weitere Stoffwechselwege
angeordnet sind, die wiederum untereinander
vernetzt sein können.
Schülerbuch Seite 165
1 Definieren Sie die Begriffe Biotop, Biozönose,
Ökosystem und Biosphäre und geben Sie je
ein passendes Beispiel an.
aa Biotop: räumlich abgrenzbarer Lebensbereich mit charakteristischen abiotischen
Umweltbedingungen (Lebensraum), z. B.
Lebensraum See.
Biozönose: Alle pflanzlichen und tierischen
Organismen, die in einem Biotop leben und
miteinander in Wechselbeziehung stehen
(Lebensgemeinschaft), z. B. Bewohner des
Sees.
Ökosystem: Biotop und Biozönose inklusive
ihrer Wechselbeziehungen (selbsterhaltendes System), z. B. Ökosystem See
Biosphäre: gesamter von Organismen
bewohnter Teil der Erde (Gesamtheit der
Ökosysteme).
2 Überlegen Sie sich zu jedem Teilgebiet der
Verhaltensbiologie eine passende Fragestellung, die von Verhaltensforschern untersucht
werden könnte.
aa Neurophysiologie: Wie finden Fledermäuse
im Dunkeln ihre Beute?
Klassische Ethologie: Warum laufen Enten‑
küken ihrer Mutter hinterher?
Soziobiologie: Warum bilden Bienen
Staaten?
Verhaltensökologie: Warum besitzt ein männlicher Pfau solch auffällige Federn?
Schülerbuch Seite 166
1 Bücher, Filme, eine CD oder DVD sind
Beispiele für technische Speichermedien.
Vergleichen Sie diese Datenträger mit verschiedenen biologischen Informationsträgern
hinsichtlich der Art der Information, ihrer Speicherung und Weitergabe.
aa Technisch werden z. B. magnetische (Video­
bänder für Filme) und optische Systeme
(Buch, DVD, CD) genutzt. Sie nutzen ebenso
wie andere Informationsträger (wie z. B. Chipkarten, Halbleiter oder Blindenschrift, mechanische Speicher) überwiegend physikalische
Prinzipien. Biologische Informationsträger
sind z. B. die DNA, die Gedächtniszellen des
Immunsystems, das Gehirn, die Hormone, die
Reflexbahnen oder der Genpool. Es handelt
sich dabei um „chemische Speichersysteme“
und neuronale Verschaltungen, die untereinander in Kontakt treten können. Technische
Speichermedien benötigen zur Weitergabe
der auf ihnen festgelegten Information spezifische Lesegeräte (Ausnahme Buch).
2 Stellen Sie für je ein Beispiel aus der Verhaltensbiologie, Neurophysiologie, Genetik
und Evolutionsbiologie dar, wie Sender und
Empfänger aufeinander abgestimmt sind.
aa Verhaltensbiologie: Hier gibt es zahlreiche
Beispiele für Verhaltensweisen, die dann entstehen, wenn zwei Individuen wechselseitig
Signale aussenden.
3
aa
4
aa
5
aa
6
aa
Neurophysiologie: Hier sind z. B. die Rezepto‑
ren auf die jeweiligen Reizqualitäten (optisch,
akustisch, mechanisch, chemisch) abgestimmt. In der Stoffwechselbiologie können
Substrate als „Sender“ einer Information und
Enzyme als „Empfänger“ betrachtet werden.
Gleiches gilt für Hormone und ihre Zielzellen.
Genetik: Die DNA kann als informationsabgebende Substanz über die Proteine zahlreiche
Empfänger im Bau- und Betriebsstoffwechsel
erreichen.
Diskutieren Sie die Bedeutung der Signalfarben in den Balztrachten vieler Tiere. Vergleichen Sie diese mit der Funktion von Warnfarben.
Die auffälligen Signalfarben können dem
Anlocken des Sexualpartners dienen oder
Konkurrenten warnen, aber auch Feinde
aufmerksam machen. Sie unterliegen der
sexuellen Selektion. Warnfarben haben
ähnlich wie Tarnfarben eine Bedeutung im
Räuber-Beute-System.
Informieren Sie sich über Fälle des „betrügerischen“ Signalisierens im Tierreich und
beschreiben Sie Beispiele dazu.
z. B. harmlose Schwebfliege, die durch Mimikry eine wehrhafte Wespe imitiert.
Wehrhafter Bandschwanzbussard, der harmlose Truthahngeier durch Mimikry imitiert.
Diskutieren Sie, ob man die Lautäußerungen
„sprechender“ Papageien als Sprache bezeichnen kann.
„Sprechende“ Papageien wiederholen Laute,
die durch Dressur gelernt wurden. Es wird
damit keine kontextbezogene Information
weitergegeben oder kommuniziert.
Fertigen Sie eine Mindmap zum Thema „Körpersprache“ an.
Mögliche Hierarchien
Gestik (z. B. Faustschlag, Grußzeichen,
Abwiegeln, Daumen nach oben zeigen)
Mimik (Stirnrunzeln, Augenzwinkern, Lächeln,
Augengruß, Zähne zeigen, Nase rümpfen)
Körperhaltung (aufrechte Haltung, zusammengekauert, breitbeinig, Kopf aufrecht)
Schülerbuch Seite 167
1 Informieren Sie sich über die Veränderung der
Kontinente im Laufe der Erdgeschichte.
aa Die Theorie der Kontinentalverschiebung
geht davon aus, dass es vor rund 200 Millionen Jahren nur eine einzige riesige Landmasse gab, den gigantischen Urkontinent
Pangäa. Vor etwa 135 Millionen Jahren brach
die Kontinentalmasse auseinander. Das
Tethysmeer trennte einen Südkontinent ab,
der als Gondwana bezeichnet wird. Der Nordkontinent zerfiel in die beiden Teile Nordamerika und Eurasien.
Bis vor ca. 100 Millionen Jahren hat sich der
Zerfallsprozess der Kontinente weiter fortgesetzt. Vor allem der große Südkontinent hat
sich in Südamerika, Afrika, Indien, Antarktis
und Australien aufgespalten.
Basiskonzepte 33
2 Analysieren Sie die besonderen Einflüsse,
denen Inselpopulationen ausgesetzt sind, unter genetischen und evolutionsbiologischen
Aspekten.
aa Zwischen isolierten Teilpopulationen einer
Art findet kein genetischer Austausch mehr
statt.
Die Genpools der getrennten Populationen
verändern sich unabhängig voneinander und
werden sich nach einiger Zeit unterscheiden.
Zunächst ist eine räumliche Isolation entscheidend, anschließend wird die genetische
Isolation z. B. durch ökologische, ethologische und morphologische Mechanismen
aufrechterhalten.
3 Untersuchen Sie die Sukzession in einem
selbst hergestellten Heuaufguss. Stellt dieses
Beispiel eine autotrophe oder heterotrophe
Sukzession dar? Begründen Sie Ihre Meinung.
aa In einem Heuaufguss lässt sich eine Abfolge
von Organismen beobachten. Ihre Abfolge
ist durch den Fortschritt beim Abbau toter
organischer Substanz bedingt. Die Sukzession ist beendet, wenn die organische Substanz aufgebraucht und remineralisiert ist.
Die Entwicklung im Heuaufguss ist deshalb
eine heterotrophe Sukzession.
4 Der Bestand an Rebhühnern ist in den letzten
Jahrzehnten deutlich zurückgegangen.
Entwerfen Sie eine Versuchsanordnung,
um in einem Feldversuch nachzuweisen, ob
die Dichte der Rebhühner von Nahrung und
Lebensraum oder von der Zahl ihrer Räuber
abhängt.
aa Den Begriffen „Bottom up“ und „Top down“
liegt die ökologische Pyramide zugrunde, die
Dichteregulation im Nahrungsnetz kann von
niedrigeren Trophiestufen („Bottom up“) aus
erfolgen oder durch höhere Konsumenten­
ebenen.
Die Position des BJV lautet: Stärkere Bejagung
der Konsumenten (Fuchs, Rabenkrähe,
Elster) des Rebhuhns („Top-down“).
NABU fordert den Schutz der Nahrungsgrundlage und des Lebensraumes des Rebhuhns, also eine Stärkung der potenziellen
Beute („Bottom up“).
34 Basiskonzepte Schülerbuch Seite 168
1 Viele Krankheitserreger lassen sich durch Antibiotika nicht mehr bekämpfen. Beschreiben
Sie den Prozess der Resistenzbildung und
ermitteln Sie den Bezug zu Variabilität und
Angepasstheit.
aa Die Entstehungsweise resistenter Bakterien
zeigt, dass einige Organismen innerhalb einer
Population durch eine Prädisposition einen
Selektionsvorteil haben.
2 Vergleichen Sie die Umfärbung der Scholle,
eines Hermelins und die Tarnfarbe eines Feldhasen unter dem Aspekt von Anpassung und
Angepasstheit.
aa Die Umfärbung der Scholle ist eine spontane,
individuelle Anpassung an den Untergrund
(Tarnung, physiologischer Farbwechsel). Der
morphologische Farbwechsel des Hermelins
(Sommer-/Winterkleid) dient ebenfalls der
optischen Tarnung durch Anpassung an die
sich farblich verändernde Umgebung, ist aber
lang anhaltend, vollzieht sich im Zusammenhang mit dem Haarwechsel und betrifft alle
Tiere einer Art. Die Tarnfarbe des Feldhasen
ist im Jahresverlauf stets gleich und stellt eine
Angepasstheit dar.
3 Erkundigen Sie sich über die Ursachen des
Farbwechsels bei Chamäleons.
aa Die meisten Chamäleons drücken mit ihrer
Färbung vor allem Gefühlsregungen aus.
Durch unterschiedliche Färbungen können sich Chamäleons ihren Artgenossen
mitteilen. Sie signalisieren damit zum Beispiel
Paarungsbereitschaft oder drohen auf diese
Art ihren Rivalen.
4 Wenden Sie die Kosten-Nutzen-Analyse beim
Balzverhalten des Pfaus an.
aa Nutzen: Fortpflanzungserfolg, Imponieren
Kosten: Energie, Zeit, Gefahr des Auffallens
für Feinde, Einschränkung der Fähigkeit zu
rascher Flucht
Schülerbuch Seite 169
1 Verdeutlichen Sie die Unterschiede zwischen
Steuerung und Regelung an einem ElektroSpielzeugboot mit Fernbedienung.
aa Steuerung bedeutet eine Beeinflussung der
Richtung oder Intensität von Vorgängen (z. B.
durch Fernbedienung wird ein neuer Kurs
festgelegt). Regelung stellt einen Kreisprozess dar, in dem Abweichungen durch
negative Rückkopplung kompensiert werden
(z. B. bei Kursabweichungen des Bootes wird
eine entgegengesetzte Richtung eingeschlagen). Ein Boot ohne Fernbedienung kann
weder gesteuert noch bei Kursabweichung
korrigiert werden.
2 Das Prinzip der negativen Rückkopplung
beruht darauf, Abweichungen von einem
Sollwert durch Gegenwirkungen zu verringern
oder vollständig zu kompensieren. Andere
Modelle sind mechanische Gleichgewichte,
Überlaufsysteme, chemische Pufferung oder
„feed-forward-Systeme.“ Informieren Sie sich
darüber und erläutern Sie die Unterschiede.
aa Mechanische Gleichgewichte:
Beispiel Kuckucksuhr oder Balkenwaage;
Überlaufsystem: Regentonne mit Ablauf
in einer bestimmten Höhe. Biologisches
Beispiel: Wenn der Blutzuckerspiegel nicht
mehr reguliert werden kann, ist Zucker im
Urin nachweisbar. Beispiel Feed-forwardSystem (Vorwärtsregelung im Gegensatz zu
Feedback): Unsere Erwartung beeinflusst die
Wahrnehmung. Für einen nervösen Rucksacktouristen, der nachts durch den Wald
läuft, könnte beispielsweise jeder gebogene
Stock auf dem Boden wie eine Schlange
aussehen.
3 Beschreiben Sie das Funktionsschaltbild zur
Nahrungsaufnahme und wenden Sie es auf
das Beutefangverhalten der Erdkröte an.
aa Dieses Modell soll ebenso wie das psychohydraulische Modell von Konrad Lorenz die
verschieden Faktoren des Instinktverhaltens
zueinander in Beziehung setzen. Bei der
Erdkröte wären dies: Hunger erhöht die
Fressbereitschaft infolge des verminderten
Versorgungszustands. Bewegt sich in der
Umgebung eine mögliche Beute (Reizmus­
ter), wird dies durch eine sinnes- und nervenphysiologische Komponente analysiert,
über Koinzidenzglieder mit dem inneren
Zustand verknüpft und zur Koordination der
Bewegungen für die Taxis- bzw. Endhandlung
benutzt. Durch die gefangene Beute wird der
Versorgungszustand verbessert und damit
die Fressbereitschaft gesenkt.
Basiskonzepte 35
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