Aktuelles Neue Marketing-Konzepte logistischer Dienstleister Die acht Ps im Marketingkonzept logistischer Dienstleister – Einführung 2 2.7 2.7.11 2.7.11 Die acht Ps im Marketingkonzept logistischer Dienstleister – Einführung von Torsten Czenskowsky und Samir Saleh 2.7.11.1 Einleitung Weshalb der vorliegende Aufsatz? Der Markt der Logistik ist gekennzeichnet durch zunehmende Herausforderungen und erfordert somit immer mehr Flexibilität und Reaktionsschnelligkeit. Ein im Unternehmen verankertes institutionelles Marketing bietet Instrumente, um diesen Herausforderungen zu begegnen, indem Ergebnisse von Markterhebungen permanent analysiert und ausgewertet sowie eine marktorientierte strategische Ausrichtung vorgenommen werden. Die Anwendung der Marketinginstrumente, des sogenannte Marketing-Mix, ermöglicht die Umsetzung der entwickelten Strategien, um die vorab gesetzten Ziele zu erreichen. Marketing ist ein Instrument, um effektiv auf Märkte zu reagieren Märkte mit starkem Wettbewerbsdruck sind oft dadurch gekennzeichnet, dass der Kostenanstieg, wie in der Logistikbranche gegeben, nicht komplett auf die Kunden übertragen werden kann. Dies muss nicht immer auf den einzelnen Dienstleister beziehungsweise Anbieter zutreffen, insbesondere dann nicht, wenn dieser in der Lage ist, Kunden zu binden. Solche Abnehmer sind gegenüber Preiserhöhungen unempfindlicher als nicht gebundene Kunden. Darüber hinaus ermöglicht es die Kundenbindung, Wettbewerbsvorteile zu generieren und den Bestand des Unternehmens zu sichern. Beim Vergleich der Kosten für die Kundenakquisition und die Kundenbindungsmaßnahmen lässt sich feststellen, dass die Gewinnung doppelt so teuer ist wie die Bindung (vgl. [Wallenburg, 2004, S. 24 f.], sowie [Meffert/Bruhn, 2009, S. 101 f.]). Kunden zu gewinnen kostet mehr, als sie zu binden Um das Ziel der Kundenbindung wie auch andere Marketingziele erreichen zu können, ist ein strukturiertes Vorgehen auf dem Markt erforderlich. Dazu muss dieser ständig beobachtet und analysiert werden. Die Marktforschung führt zu Schlussfolgerungen für das langfristige Verhalten (Strategien). Dieses wird mit Hilfe der Marketinginstrumente umgesetzt. Die Zielerreichung muss schlussendlich kontrolliert und bewertet werden, um eventuell mit neuen Maßnahmen bei einer Abweichung vom ursprünglich gesetzten Ziel gegensteuern zu können. Dieses strukturierte Vorgehen ermöglicht eine schriftliche Marketingkonzeption. Der folgende Artikel setzt sich mit dem Marketing logistischer Dienstleister auseinander. Er zeigt die Bestandteile einer Marketingkonzeption für diese Branche. Sie kann als Leitlinie für die Erstellung eines eigenen unternehmensspezifischen Konzeptes dienen. Marktforschung führt zu Strategie, Marketinginstrumente setzen sie um T. Czenskowsky/S. Saleh Praxishandbuch Logistik Dezember 2011 1 2 2.7 2.7.11 Aktuelles Neue Marketing-Konzepte logistischer Dienstleister Die acht Ps im Marketingkonzept logistischer Dienstleister – Einführung Die Besonderheiten des Marketings in der Logistik Logistik fällt in Bereich des Dienstleistungsmarketings – Besonderheiten Logistische Leistungsangebote sind in der Regel Dienstleistungen. Sie werden von »anfassbaren« Produkten abgegrenzt. Insofern kommen hier die Besonderheiten des Dienstleistungsmarketings zum Tragen. Dienstleistungen sind im Gegensatz zum Produkt immateriell, also vor dem Kauf nicht greif- oder sichtbar. Sie können nicht auf Lager produziert und nicht transportiert werden. Zum Zeitpunkt ihrer Erstellung werden sie konsumiert. Reparaturen und Nachbesserungen wie bei materiellen Produkten sind nicht möglich. Die Erstellung und Vermarktung von Dienstleistungen erfolgt in drei Phasen: N Ein Ressourcenpotenzial wird als Basis der Leistungserstellung benötigt (z.B. Mitarbeiter, Fuhrpark und Lager), N Prozesse dienen der Leistungserbringung (Abwicklung der logistischen Dienstleistung, Transporte, Lagervorgänge) und N das Ergebnis wird den Kunden kommuniziert (persönliche und/oder unpersönliche Betreuung und Nachbetreuung des Kunden) (vgl. Bieberstein, 2001, S. 25 ff.). Logistische Dienstleistungen entstehen durch Beteiligung der Kunden Ein weiterer Aspekt der Leistungserstellung besteht in der Problematik, dass Erstellung und Konsumtion der Leistung simultan entstehen. Produktion beziehungsweise Leistungserstellung und Nutzung beziehungsweise Konsumtion finden synchron statt. Bieberstein spricht hier vom sogenannten Pro/sumenten (Verlader), da dieser die Leistung mitproduziert, aber auch konsumiert (vgl. [Bieberstein, 2001, S. 222]). Logistikdienstleistungen entstehen in der Regel durch aktive Beteiligung des und in enger Kooperation mit dem Kunden. Hieraus ergibt sich die Notwendigkeit der Kundenintegration. Verlader suchen handgreifliche Kriterien für Dienstleisterqualität Die Immaterialität von Dienstleistungen bringt besondere Herausforderungen bei deren Vermarktung mit sich, die Unterschiede zum klassischen Konsum- und Investitionsgütermarketing aufweisen. Die Entscheidungen, die bei Dienstleistungen getroffen werden müssen, sind komplexer und risikoreicher, da das materielle Produkt, welches mit den Sinnen erfassbar wäre, fehlt. Der Kunde sucht aber nach Anhaltspunkten, die auf die Qualität der Dienstleistung schließen lassen, da er die Risiken des Kaufs minimieren möchte. Insbesondere logistische Dienstleistungen, die in der Regel ein Glied innerhalb der Kette der Wertschöpfung sind, können diese behindern oder aufwerten. Dies motiviert, dass logistische Dienstleistungen »materialisiert« werden müssen (z.B. durch Ausstattungsmerkmale und den Kontakt zum persönlichen Betreuer/Verkäufer), um dem Verlader Anhaltspunkte für eine versprochene Qualität zu geben. All diese Sachverhalte muss eine schriftliche Marketingkonzeption für den logistischen Dienstleister berücksichtigen. 2 Praxishandbuch Logistik Dezember 2011 T. Czenskowsky/S. Saleh Aktuelles Neue Marketing-Konzepte logistischer Dienstleister Die acht Ps im Marketingkonzept logistischer Dienstleister – Einführung Logistik und Marketing werden oft gleichermaßen als Führungskonzeption beschrieben. So definiert Göpfert Logistik als »… eine moderne Führungskonzeption zur Entwicklung, Gestaltung, Lenkung und Realisation effektiver und effizienter Flüsse von (Güter-, Informations- und Finanzflüssen) in unternehmensweiten und unternehmensübergreifenden Wertschöpfungssystemen« [Göpfert, 2005, S. 23]. Logistik erfordert somit die Erfüllung von strategischen Managementaufgaben. Damit werden zugleich Marketingherausforderungen, wie die Strategie- und Leistungsentwicklung, angesprochen. Das Marketing in der Logistik hat somit ebenfalls umfassende Konzepte zu entwickeln. Die strategische Ausrichtung von Unternehmen der Logistikbranche sowie die Entwicklung eines marktkonformen Marketing-Mix für die einzelnen Anbieter logistischer Dienstleistungen gehören zu den Kernaufgaben des Marketings in der Logistik. Die Anwendung des strategischen und operativen Marketinginstrumentariums dient der Entwicklung und Vermarktung eines kundenorientierten Logistikangebots mit der Zielsetzung der langfristigen Kundenbindung. 2 2.7 2.7.11 Marketinginstrumentarium und Logistikangebot spielen Hand in Hand »State of the Art« des Marketings logistischer Dienstleister Da sich die logistische Nachfrage aus der Gesamtnachfrage nach Gütern ableiten lässt, blickt die Logistikbranche aufgrund des Konjunkturaufschwungs in Deutschland optimistisch in die Zukunft [Logistikbarometer, 2011, S. 1]. Trotzdem lässt sich in Märkten mit starkem Wettbewerbsdruck feststellen, dass sich oft nicht die gesamten Kosten der Leistungserstellung auf die Kunden übertragen lassen, da diese Ausweichmöglichkeiten auf andere Wettbewerber haben. Diese Problematik kann der Einsatz des Marketinginstrumentariums bis zu einem gewissen Grad lösen. Mit seiner Hilfe kann die elastische Nachfrage nach logistischen Dienstleistungen in eine unelastische und damit in eine unempfindlichere gegenüber Preiserhöhungen umgewandelt werden. Marketinginstrumente können Preispolitik robust gestalten Wie sieht es nun aus mit der Umsetzung des Marketings in der Logistikbranche? Dazu sei auf eine empirische Untersuchung verwiesen, die im Jahre 2010 an der Deutschen Außenhandels- und Verkehrsakademie (DAV) in Bremen im Rahmen einer Projektarbeit stattgefunden hat. Diese Untersuchung trug den Titel »Qualitäts- und Entwicklungsbarometer des Marketings in Unternehmen der Logistik- und Außenhandelsbranche«. Die Autoren König und Surges bezogen sich auf vorangegangene Untersuchungen aus den Jahren 2001, 2003 und 2005, die eine Analyse des Zustands des Marketings bei logistischen Dienstleistern zum Ziel hatten. Die Ergebnisse aus dem Jahre 2010 wurden mit den Erkenntnissen der vorangegangenen Untersuchungen verglichen, um eine Beurteilung über die erfolgte Entwicklung des Marketings bei logistischen Dienstleistern vornehmen zu können [König/Surges, 2010]. Der Zustand des Marketings in logistischen Unternehmen lässt sich wie folgt zusammenfassen: Wirklichkeit des Marketings und Logistikbranche N Marketing als eigenständige Abteilung in Unternehmen der Logistik wird immer bedeutender. T. Czenskowsky/S. Saleh Praxishandbuch Logistik Dezember 2011 3 2 2.7 2.7.11 Aktuelles Neue Marketing-Konzepte logistischer Dienstleister Die acht Ps im Marketingkonzept logistischer Dienstleister – Einführung N Marketing wird immer mehr als ein Konzept der Unternehmensführung begriffen und dient der Positionierung im Wettbewerb. N Gegenüber neuen Marketingideen ist die Logistikbranche relativ wenig aufgeschlossen. Es wird eher auf klassische und konventionelle Methoden der Kundengewinnung gesetzt (vgl. [König/Surges, 2010, S. 19, S. 31, S. 44 f.)]. Marketing wird oft auf Verkauf und Werbung reduziert Trotz des zunehmenden Bewusstseins über die hohe Bedeutung des Marketings in der Logistikbranche wird Marketing oft auf die Instrumente Verkauf und Werbung reduziert. Bewusstes Marketing ist aber mehr als nur Verkauf und Werbung. Es umschreibt einen auf die angebotenen Leistungen abgestimmten Prozess mit Zielen, Strategien und Maßnahmen, die sich in einem schriftlich und planerisch ausgefeilten Marketingkonzept manifestieren. Das Marketing logistischer Dienstleister wird beschrieben bei [Czenskowsky, 2003], [ders., 2004], [ders., 2005], [Päbst/ Wipki, 2003]. 2.7.11.2 Das Marketingkonzept des logistischen Dienstleisters Struktur eines Marketingkonzepts Die Struktur eines Marketingkonzepts besteht aus den in der Abbildung 1 dargestellten Punkten, wobei die Umwelt- und Unternehmensanalyse Erkenntnisse für die zu findenden Strategien liefern. So enthält die Umweltanalyse nach dem PESTEL-Prinzip (Political, Economical, Social, Technological, Ecological und Legal Environment) Informationen über Bedrohungen, wie etwa explodierende Energiepreise, aber auch über Chancen, wie zum Beispiel die wachsende Bedeutung des polnischen Logistikmarktes (vgl. [Logistikbarometer, 2011, S. 3]). Die Unternehmensanalyse dagegen zeigt Stärken und Schwächen der eigenen Unternehmung auf. Diese Analysen liefern nicht nur Informationen über neu zu setzende Ziele, wie zum Beispiel Erschließung neuer Märkte, sondern ermöglichen auch die Ableitung von Strategien. Die Bestandteile und Aufgaben für die Entwicklung einer Marketingkonzeption verdeutlicht Abbildung 1. Bestandteile und Aufgaben einer Marketingkonzeption Entscheidungen werden im Marketing in ständig ablaufenden Prozessen vorbereitet, gefällt und durchgesetzt. Wie sehen diese marktorientierten Managementprozesse aus? Sie verlaufen in vier Phasen beziehungsweise beinhalten die folgenden Elemente, die sich in der folgenden Darstellung wiederfinden lassen: N N N N N 4 Marktforschung Festlegung der Marketingziele Auswahl der passenden Marketingstrategie Umsetzung mit Hilfe des Marketing-Mix Marketingcontrolling Praxishandbuch Logistik Dezember 2011 T. Czenskowsky/S. Saleh Aktuelles Neue Marketing-Konzepte logistischer Dienstleister Die acht Ps im Marketingkonzept logistischer Dienstleister – Einführung 2 2.7 2.7.11 Abb. 1: Die Bestandteile einer Marketingkonzeption Marktforschung Die Marktforschung liefert notwendige Informationen und Daten, um Strategien zu bestimmen und geeignete Marketinginstrumente zu entwickeln. Sie hat in der heutigen wettbewerbsintensiven Zeit eine besondere Bedeutung für die logistischen Dienstleister. Wenn es früher durchaus noch ausreichend gewesen sein mag, von Zeit zu Zeit Marktanalysen durchzuführen, müssen jetzt auf dem deregulierten Markt die Konkurrenz und die Nachfrage laufend beobachtet werden. Absicht dieser Aktivitäten ist es, eine zunehmende Markttransparenz herzustellen und Nachfragepotenziale zu erkennen, auf die sich das Logistikunternehmen ausrichten kann. Dabei kann auf die ganze Breite der Marktforschungsinstrumente zur Datenerhebung, -analyse und -prognose zurückgegriffen werden. Unterteilt in Primär- und Sekundärmarktforschung, beschäftigt sie sich mit der Beschaffung und Analyse entscheidungsrelevanter Informationen. Mit der Primärmarktforschung werden neue Daten, hauptsächlich über Befragungen per Interviews oder Fragebögen, erhoben. Die Sekundärmarktforschung hingegen greift auf Informationen aus existierenden Statistiken oder anderen Berichten zurück. Auf beiden Wegen werden zweckdienliche Daten gewonnen, die für das Treffen sinnvoller Entscheidungen eine Rolle spielen. Prinzipiell empfiehlt es sich, mit Sekundärerhebungen zu beginnen, da diese kostengünstiger sind. Führen die gewonnenen Daten nicht zu einem zufriedenstellenden Ergebnis, wird zur Primärerhebung übergegangen. Deregulierter Markt will laufend beobachtet werden Der logistische Dienstleister grenzt zunächst die Teilmärkte ab, auf denen er tätig ist und sein will. So ist für eine Sammelladungsspedition jede bediente Relation ein Teilmarkt. Ein Kühlspediteur kann sich zum Beispiel Abgrenzung der Teilmärkte der Tätigkeit T. Czenskowsky/S. Saleh Praxishandbuch Logistik Dezember 2011 Unterteilung von primärer und sekundärer Marktforschung 5 2 2.7 2.7.11 Aktuelles Neue Marketing-Konzepte logistischer Dienstleister Die acht Ps im Marketingkonzept logistischer Dienstleister – Einführung auf tiefgefrorenes Fleisch oder tiefgefrorene Fertigwaren spezialisieren. Diese Teilmärkte sind zunächst genau zu definieren. Die wichtigsten dort zu untersuchenden Aspekte sind die: Zu untersuchende Aspekte N Relation (Versand- und Empfangsort, mögliche Routen und Verkehrsarten) N Güterstruktur (Güterarten nach Wert, Menge und Beschaffenheit; Sendungsstruktur nach Größe, Gewicht und Häufigkeit) N Nachfragestruktur (Zahl der Verlader, eigene Kundenzahl, Kundenfluktuation) N Angebotsstruktur (Zahl, Marktanteile und Verhalten der Wettbewerber) N Preisbildung (Rechtsgrundlagen, Preise für Vor-, Haupt- und Nachlauf) N zusammenfassende Charakterisierung des Teilmarktes (Marktposition, Rentabilität, Integrationsgrad der Transportkette) und N abschließende Prognose (Entwicklungstendenzen) Anforderungen an ein Segment Zu berücksichtigen gilt, dass es bestimmte Anforderungen an ein Segment gibt. Es soll in sich homogen, nach außen aber abgrenzbar, heterogen sein. Weiterhin soll ein Segment sich nach den Entscheidern richten, zeitlich stabil und wirtschaftlich sein. All diese Anforderungen haben zum Ziel, das Segment zielorientiert zu bearbeiten, das heißt, die Marketinginstrumente so einzusetzen, dass Streuverluste vermieden werden und jeder Euro so wirksam wie möglich eingesetzt wird. Beispiele für eine solche Segmentbildung in der Logistik können sein: N N N N N Massengut-Markt Schwertransporte und Krandienste Tank- und Silotransporte Stückgutmarkt Kurier, Express, Paket-Dienste (KEP-Dienste) (vgl. Czenskowsky, 2004, S.37 f.). Zu berücksichtigen gilt weiterhin, dass Segmente sich im Laufe der Zeit verändern können und dann neu definiert werden müssen. Verlader beurteilen Qualität eines Logistikers oft anhand dessen Image 6 Die Immaterialität des Angebots logistischer Dienstleister stellt weitere Anforderungen an die Marktforschung. Aufgrund dessen sucht der Verlader nach Indikatoren, um die Qualität des Angebots einschätzen zu können. Dabei spielt das Image eines Unternehmens eine große Rolle. Es wird oft als erster Qualitätsindikator herangezogen. Primär wird der Logistikdienstleister nicht die einzelne Leistung vermarkten. In diesem Zusammenhang spielt die Erwartungshaltung der Verlader eine große Praxishandbuch Logistik Dezember 2011 T. Czenskowsky/S. Saleh Aktuelles Neue Marketing-Konzepte logistischer Dienstleister Die acht Ps im Marketingkonzept logistischer Dienstleister – Einführung 2 2.7 2.7.11 Rolle. Was zeugt von Qualität? Gibt es Indikatoren, die für ein qualitativ hochwertiges Unternehmen sprechen? Aufgrund der hohen Bedeutung der Erwartung der Verlader bei der Inanspruchnahme der logistischen Dienstleistung ist die Qualitäts- und Imageforschung wichtig. Beide sind in der Marktforschung angesiedelt und werden mit speziellen Instrumenten umgesetzt1. Die von den Verladern wahrgenommene Qualität und das Image sind regelmäßig zu untersuchen, um daraus Rückschlüsse auf notwendige Änderungen und Qualitätsverbesserungen zu ziehen. Marketingziele Die Marketingziele müssen wie die Unternehmensziele mit der »Corporate Identity« (CI) und der Unternehmensphilosophie übereinstimmen. Beim Engagement auf Märkten, die von tiefgreifenden Veränderungen der Rahmenbedingungen betroffen sind, ist es für den künftigen Unternehmenserfolg entscheidend, dass die Führungskräfte Visionen entwickeln und umsetzen können. Dies erfordert im Kern eine Innovationsorientierung und oftmals die kontrollierte »Zerstörung« des »Althergebrachten«. Marketingziele logistischer Dienstleister sollten auf einer solchen zukunftsweisenden Vision basieren. Visionäre Kraft von Führungskräften entscheidet Unternehmenserfolg Die Marketingziele werden aus einer bestimmten Situation heraus verfolgt. Sie sind es, worauf die Instrumente des Marketing-Mix fokussiert werden. Erst die marktorientierte Zielplanung ermöglicht das Ergreifen von Gegensteuerungsmaßnahmen bei Abweichungen. Die Definition von Marketingzielen erfolgt nach den Kriterien des SMART- (sachlich, messbar, attraktiv, realistisch und terminierbar) beziehungsweise des »6 Z«-Ansatzes: Kriterien zur Definition von Marketingzielen N N N N N N Zielinhalt (z.B. Umsatz) Zielausmaß (150 Mio. `) Zielzeitpunkt oder -zeitraum (im Jahr 2012) Zielgruppe (bei Verladern mit zu kühlender Ladung) Zielobjekt (durch das Leistungsangebot »Frosttransport«) und Zielgebiet (in Norddeutschland) Wesentliche Zielinhalte des Marketings im Logistikbereich können zum Beispiel die den ökonomischen Erfolg »vorsteuernden« Größen Image und Bekanntheitsgrad und die wirtschaftlichen Kennzahlen Umsatz, Deckungsbeitrag sowie das Sendungs- beziehungsweise Ladungsaufkommen sein. In einem marktorientierten Zielsystem müssen diese Steuerungsgrößen etwa auf Zielgruppen, Verkehrsmittel, Relationen und Leistungsarten bezogen werden. Das Image und die Qualitätserwartung der Verlader spielen im Marketing der logistischen Dienstleister eine besondere Rolle. Ein gutes 1 Gutes Image kann Freiräume für Preispolitik verschaffen So werden die Qualität und das Image einer Unternehmung neben dem klassischen semantischen Differential beziehungsweise dem Polaritätenprofil auch mit der »critical incident method« (vgl. Kotler/Keller/Bliemel, 2007, S 568 f.) oder dem GAP-Modell (vgl. Zeithaml/Berry/Parasuraman, 1988, S. 35 ff.; auch Meffert/Bruhn, 2009, S. 191 ff.) erfasst. T. Czenskowsky/S. Saleh Praxishandbuch Logistik Dezember 2011 7 2 2.7 2.7.11 Aktuelles Neue Marketing-Konzepte logistischer Dienstleister Die acht Ps im Marketingkonzept logistischer Dienstleister – Einführung Image kann zu Präferenzen bei den Verladern für bestimmte Leistungsanbieter führen. Dies wiederum verschafft die so wichtigen »Freiräume« in der Preispolitik. Die Image- und Qualitätsforschung ermöglicht es beispielsweise, die schwer quantifizierbaren Ziele wie subjektive Qualität und Image zu erfassen und daraus entsprechende Ziele abzuleiten. 8 Praxishandbuch Logistik Dezember 2011 T. Czenskowsky/S. Saleh Aktuelles Neue Marketing-Konzepte logistischer Dienstleister Die acht Ps im Marketingkonzept logistischer Dienstleister – Strategien 2 2.7 2.7.12 2.7.12 Die acht Ps im Marketingkonzept logistischer Dienstleister – Strategien von Torsten Czenskowsky und Samir Saleh 2.7.12.1 Marketingstrategien Strategische Ansätze Je größer die Dynamik in den unternehmensrelevanten Umwelten und auf den Märkten wird, desto höheres Gewicht gewinnt die längerfristige Vorschau auf neue Erfolgspotenziale und auf Chancen und Risiken. Dies gilt besonders für logistische Dienstleistungsunternehmen. Strategisches Marketing (vgl. [Becker, 2006]) ist der Versuch, attraktive Chancen für das Unternehmen zu finden und Risiken zu vermeiden. Erfolgspotenziale werden aufgebaut, erschlossen und gesichert. Das soll zu Wettbewerbsvorteilen führen, mit denen sich ein Unternehmen im Markt von der Konkurrenz abheben kann. Dazu ist die Analyse von Bedarfs- und Wettbewerbsveränderungen, die Auswahl und genaue Definition von Marktfeldern, auf denen der logistische Dienstleister künftig Problemlösungen anbieten will, die systematische Darstellung aller Produkt-Markt-Beziehungen unter längerfristigen Zielgesichtspunkten und die Entwicklung einer grundsätzlichen Generallinie für den Einsatz des Marketing-Mix (differenziert nach Produkt-Markt-Bereichen) erforderlich. Strategisches Marketing soll Chancen für Unternehmen finden, Risiken vermeiden Je nach Zielsetzung, Wachstum oder Verhalten gegenüber dem Wettbewerb wird zwischen Wachstums- und Wettbewerbsstrategien unterschieden. Exemplarisch sei hier die Produkt-Markt-Matrix von Ansoff genannt, welche vier Wachstumsstrategien aufzeigt (vgl. [Ansoff, 1957, S. 113 ff.]). Die möglichen Strategien ergeben sich aus der Gegenüberstellung von neuen und vorhandenen Produkten beziehungsweise Leistungsangeboten und Märkten. Sie werden bezeichnet als: Vier Wachstumsstrategien N Marktdurchdringungsstrategie: Das bisherige Angebot wird beibehalten, jedoch wird versucht den Markt durch den Einsatz von Marketinginstrumentarien zu durchdringen. N Angebotsentwicklungsstrategie: Neue Angebote werden für den bestehenden Markt entwickelt. N Marktentwicklungsstrategie: Neue Märkte werden als Absatzmöglichkeiten für das bestehende Angebot gesehen. N Diversifikationsstrategie: Der Logistikdienstleister entfernt sich vom bisherigen Angebot, wobei je nach Art der Diversifikation Beziehungen zum ursprünglichen Angebot zu erkennen sind. Diese Strategien können, bezogen auf die Logistikbranche, wie folgender Abbildung 1 zu entnehmen, umgesetzt werden (vgl. [Czenskowsky, 2004, S. 90 ff.]): T. Czenskowsky/S. Saleh Praxishandbuch Logistik Dezember 2011 1 2 2.7 2.7.12 Aktuelles Neue Marketing-Konzepte logistischer Dienstleister Die acht Ps im Marketingkonzept logistischer Dienstleister – Strategien Angebot Alt Neu Markt Alt Neu Marktdurchdringung Angebotsentwicklung N Vergrößerung der Komplettlösungen N Bezug neuer Lkws mit speziellen Abmessungen N Erhöhung der Abholungssequenzen durch Kooperationen mit Partnern N Nextday Service Marktentwicklung Diversifikation: N Eintritt in den indischen Markt N Benachbarte Angebote wie z.B. klassischer KULT-Dienstleister bietet Kurierdienste an N neue Zielgruppe wie z.B. parallel Personen- (Privatkunden) und Dokumentenbeförderung (Geschäftskunden) im ICE N auf den Verlader zugeschnittene Expressdienstleistungen N Es besteht keinerlei Beziehung zu den bisherigen Angeboten: z.B. die Tochtergesellschaft der VEBA, Stinnes, besaß Baumärkte, Reifendienste und das Speditionsunternehmen Schenker Abb. 1: Wachstumsstrategien für den logistischen Dienstleister am Beispiel der Produkt-Markt-Matrix von Ansoff Wie zu erkennen ist, lässt sich das bekannte Modell von Ansoff ohne Probleme auf die Logistikdienstleister übertragen. Marketing-Mix System der Marketinginstrumente 2 Im Marketing-Mix beziehungsweise dem absatzpolitischen Instrumentarium wird das »Handwerkszeug« des Marketing-Managements zusammengefasst. Es klärt die Frage: Womit kann der Markt beeinflusst werden? Für Zwecke der Konsumgüterindustrie wurde eine Systematisierung der Marketinginstrumente in vier gut merkbare Mixbereiche (die sogenannten vier Ps: Product, Place, Price und Promotion, zu Deutsch zumeist: Produkt- und Sortiments-, Distributions-, Preis- und Kommunikationspolitik) vorgenommen. Für das Dienstleistungsmarketing wird eine Erweiterung um die Bereiche Personnel (Personal, Mitarbeiter), Physical Facilities (Ausstattung, Anlagen) und Process (kundenorientierte Prozesse) vorgeschlagen. Es ergeben sich die sogenannten sieben Ps (vgl. Magrath, 1986, S. 44 ff.). Der Begriff Marketing-Mix bezeichnet die Kombination dieser Instrumente für eine bestimmte Zeit auf einem definierten Markt. Praxishandbuch Logistik Dezember 2011 T. Czenskowsky/S. Saleh Aktuelles Neue Marketing-Konzepte logistischer Dienstleister Die acht Ps im Marketingkonzept logistischer Dienstleister – Strategien 2 2.7 2.7.12 2.7.12.2 Die »acht Ps« – erweitertes Marketing-Mix für den logistischen Dienstleister Vor dem Hintergrund der spezifischen Bedürfnisse des Marketings von Logistikdienstleistern kann eine Veränderung und Erweiterung des Marketing-Mix geschehen. Deshalb werden hier in der folgenden Abbildung 2 die »acht Ps« vorgestellt. Die ersten vier Ps stellen Basisentscheidungen dar, die in der Regel nicht das Marketing, sondern die Gesamtunternehmensleitung oder die Bereiche Personal beziehungsweise der Betrieb der Leistungserstellung (die Produktion) zu verantworten haben. Deshalb werden hier die Mixbereiche Personnel, Place, Physical Facilities und Process angeordnet. Sie bilden den äußeren Kreis und die Voraussetzungen für die Vermarktung von Logistikleistungen. Basisentscheidungen anderer Bereiche als das Marketing Abb. 2: Die acht Ps des Marketings von Logistikdienstleistern Die letzten vier Ps sind die klassischen Felder des Marketings. Hier sind Mixbereiche zu finden, die primär das Verhalten der potenziellen Kunden beeinflussen sollen. Es geht also um eine aktive und gezielte Kundenbeeinflussung. (Die Logistikdienstleistung soll bei uns gekauft werden und nicht bei einem Konkurrenten!) Die Themen Product, Price, Personal Selling und Promotion sind hier angesiedelt. Sie bilden den inneren Kreis und den engeren Gestaltungsbereich des Marketings ab. Die Begründung für die vorgeschlagene Struktur und deren einzelne Elemente werden im Folgenden erläutert. T. Czenskowsky/S. Saleh Praxishandbuch Logistik Dezember 2011 Klassische Felder des Marketings 3 2 2.7 2.7.12 Aktuelles Neue Marketing-Konzepte logistischer Dienstleister Die acht Ps im Marketingkonzept logistischer Dienstleister – Strategien Personnel (Personal, Mitarbeiter) Mitarbeiter bestimmen in hohem Maße das Image ihres Unternehmens Erfolg wird immer von Menschen gemacht, und da letztlich jeder Unternehmenserfolg am Absatzmarkt erzielt wird, ist es wichtig, alle Mitarbeiter mit der notwendigen Kundenorientierung einzustellen oder zu versehen (vgl. hierzu [Saleh, 2009, 397 f.]). Deshalb ist das erste P, »Personnel«, die richtige Personalauswahl und -entwicklung, die Basis des Marketings. Verantwortlich hierfür ist in der Regel der Bereich Personalwirtschaft eines Unternehmens. Von besonderer Bedeutung sind die Mitarbeiter, die im direkten Kontakt mit dem Kunden stehen, wie zum Beispiel Fahrer, Akquisiteure, Disponenten. Deren Verhalten wird vom Verlader als Qualitätsindikator gesehen. Die Art und Weise, wie sie mit ihm umgehen, den Logistikprozess abwickeln und ihn informieren, sind entscheidend für die Kundengewinnung und -bindung. Der Mitarbeiter kann darüber hinaus entscheidend für den Aufbau einer vertrauensvollen Beziehung zwischen Logistiker und Verlader sein. Er bestimmt im hohen Maße das Image der Unternehmung. Die besondere Bedeutung der richtigen Personalauswahl für den persönlichen Verkauf liegt auf der Hand. Als Konsequenz des Mixbereiches »Personnel« ist die Mitarbeiterentwicklung von besonders hoher Bedeutung. Das Personal, welches am Kunden arbeitet, soll in diesem Zusammenhang nicht nur Verkaufstechniken erlernen, sondern vor allem auch ein Bewusstsein für die unterschiedlichen Anforderungen bei der Vermarktung logistischer Dienstleistungen entwickeln. Place (Distribution, Absatzkanal) Das Wo der Niederlassungen beinhaltet Marketingaspekte Die Mitarbeiter von Logistikdienstleistern im Straßengüterverkehr sind zumeist in Niederlassungen eingesetzt. Hier findet die eigentliche Leistungserstellung (Fahrzeugbe- und -entladung, Ein- und Auslagerungen) statt, und der Verkauf wird von ihnen aus organisiert. Damit beinhaltet die Verteilung der eigenen Standorte auch Marketingaspekte. Diese werden im zweiten P, dem »Place«, der Distributionspolitik, thematisiert. In der Konsumgüterindustrie geht es hierbei um die Festlegung der Absatzkanäle und die Gestaltung der physischen Distribution. Die Wahlentscheidungen hinsichtlich der Einbindung des Groß- und Einzelhandels bei der Warenverteilung, wie bei der klassischen indirekten Absatzpolitik, stellen sich für den Logistikdienstleister nicht. Aus seiner Sicht ist der Handel eine mögliche Zielgruppe für Logistikleistungen. Aus Sicht des Handels ist der Dienstleister ein Absatzhelfer. Kundennähe ist als Marketingaspekt auch wörtlich zu nehmen Der Logistikdienstleister vertreibt seine Leistungsangebote in der Regel immer auf dem direkten Absatzweg. Dazu bedient er sich zum Beispiel als Netzwerkspediteur eigener Niederlassungen, die es aus Marketingsicht – neben anderen allgemeinen Standortkriterien (z.B. Verkehrsanbindung, Fachkräftesituation vor Ort, Grundstückspreise) – möglichst kundennah aufzustellen gilt. Außerdem kann er bei der Gestaltung des eigenen Streckennetzes mit anderen Logistikdienstleistern kooperieren. Die Kooperation erweitert das eigene Bedienungsgebiet oder kann das eigene Leistungsspektrum abrunden. Dadurch wird das kooperierende Unternehmen auch für (potenzielle) Kunden interessanter. 4 Praxishandbuch Logistik Dezember 2011 T. Czenskowsky/S. Saleh Aktuelles Neue Marketing-Konzepte logistischer Dienstleister Die acht Ps im Marketingkonzept logistischer Dienstleister – Strategien 2 2.7 2.7.12 Physical Facilities (Ausstattung, Anlagen) In den Niederlassungen finden die Mitarbeiter ihren Arbeitsplatz und sind sonstige Ressourcen gebunden. Unter »Physical Facilities« wird die Ausstattungspolitik des logistischen Dienstleisters subsumiert. Dazu gehören unter anderem Gebäude, Lager, Büro, Fuhrpark, Architektur etc. Diese werden zum Teil sogar kundenindividuell bereitgestellt. Es gibt Fälle, in denen der Logistikdienstleiter extra für einen Kunden beispielsweise aus der Chemieindustrie ein Silolager plant, finanziert, erstellt und bewirtschaftet. Hier werden die physisch-materiellen Voraussetzungen für das Geschäft mit dem Kunden geschaffen. Alle Ausstattungsmerkmale vermitteln den Kunden wiederum einen Eindruck von Qualität. Sie können beim Erstkontakt den ersten »Augenblick der Wahrheit« ausmachen. Da Kunden bei einer Dienstleistung nach Vertrauensqualität suchen, stellen die Ausstattungsmerkmale einen ersten Indikator für die Qualität des Logistikdienstleisters dar. Ausstattungsmerkmale einer Niederlassung sind Gesicht des Dienstleisters Die Physical Facilities dienen somit der Kommunikation und Beeinflussung. Wie sie gestaltet werden sollen, ergibt sich vor allem durch Befragung der Kunden mit Hilfe der Methode der kritischen Ereignisse (vgl. [Kotler/Keller/Bliemel, 2007, S. 568 f.]). Hierbei werden Merkmale der Leistungserstellung ermittelt, wobei sowohl positive wie auch negative Erfahrungen des Kunden zu erfragen sind. Diese geben Anhaltspunkte für die Optimierung der Gestaltung der Ausstattungsmerkmale. Von besonderer Bedeutung sind hier die Kundenkontaktpunkte, insbesondere vor dem Hintergrund der notwendigen Integration des Kunden in den Prozess der Leistungserstellung. In der praktischen Organisation wird die Gestaltung der Ausstattung oft als Projekt definiert, um damit die unterschiedlichen, für die Ressourcen verantwortlichen Unternehmensbereiche einzubinden. Da sich die Erwartungshaltung der Verlader im Laufe der Zeit zum Beispiel durch neue technischen Entwicklungen verändert, muss die Gestaltung der Physical Facilities im Laufe der Zeit angepasst werden. Gestaltung der Physical Facilities sollte mit der Zeit mitgehen Process Management (Prozesse, Abläufe) Die Ausstattung wird von den Mitarbeitern in den Niederlassungen bedient. Dies geschieht innerhalb von organisatorischen Abläufen beziehungsweise Prozessen. Solche können beispielsweise die Kundengewinnung, die Auftragsabwicklung oder der Transport im Liniennetz sein. Schrittweise werden im »Process Management« die hierzu nötigen Aktivitäten mit Hilfe passender Verfahren (z.B. Flow-Chart, ereignisgesteuerte Prozesskette oder Wertstromdesign) erfasst, dokumentiert und analysiert. Dann lassen sie sich vereinheitlichen, um den Kunden gegenüber eine standardisierte und »industrialisierte« Dienstleistungsproduktion zu vermarkten und zu verargumentieren. Verlader aus der Industrie wissen es zu schätzen, wenn der Logistikdienstleister ihre »Sprache« spricht! Im Rahmen des »Process Managements« für das Marketing gilt es, die Prozesse aus Kundensicht zu gestalten. Ziel ist es wiederum, eine möglichst hohe Kundenzufriedenheit zu erreichen und Qualitätserwartungen zu erfüllen. T. Czenskowsky/S. Saleh Praxishandbuch Logistik Dezember 2011 Ein Marketingaspekt ist Prozessgestaltung aus Kundensicht 5 2 2.7 2.7.12 Verlader muss in Dienstleistunsprozess integriert werden Aktuelles Neue Marketing-Konzepte logistischer Dienstleister Die acht Ps im Marketingkonzept logistischer Dienstleister – Strategien Die Prozesse sollen daher systematisch erfasst, beschrieben und transparent gestaltet werden sowie den Aspekt der Kundenintegration berücksichtigen. Der Verlader stellt seine Anforderungen an zum Beispiel die Lagerung, das heißt, er gibt Zeiten, Gewicht, Masse und Lagerungswünsche an. Während eines Transportvorganges verfolgt er eventuell die Sendung per »Tracking and Tracing« und nimmt sie in Empfang. Bei jedem Schritt des Prozesses spielt der Verlader eine wichtige Rolle. Insofern muss dieser in den Dienstleistungsprozess integriert werden. Die kundenorientierten Prozesse sind regelmäßig hinsichtlich der Optimierungspotenziale (Zeit, Kapazität und Kosten) zu überarbeiten. Product (Leistungsangebote) Das logistische Leistungsangebot: Herz des Marketings Das Produkt nimmt im »klassischen« Marketing-Mix der Konsumgüterindustrie eine zentrale Stelle ein. Es wird auch als das »Herz« des Marketings bezeichnet, da mit ihm die Bedürfnisse des Kunden befriedigt werden. Wegen der Immaterialität der Dienstleistung wird hier vom Leistungsangebot und nicht mehr vom Produkt gesprochen (vgl. hierzu [Czenskowsky, 2006]). Entscheidend bleibt bei diesem Mixbereich die Ausrichtung aller Leistungskomponenten auf den Kundennutzen. Bezogen auf die Angebotspolitik logistischer Anbieter können drei Richtungen eingeschlagen werden: N das »Allround«-Unternehmen N die Spezialisierung auf Teilmärkte und N die Spezialisierung auf Teilleistungen AllroundUnternehmen … Von einem Allround-Unternehmen wird die volle Palette speditioneller Dienstleistungen angeboten, verbunden mit allen Serviceleistungen im Ablauf von Haus zu Haus. Diese Leistungsangebotspolitik setzt eine gewisse Unternehmensgröße und in den angebotenen Fachsparten auch eine entsprechende Kompetenz voraus. Die Systemanbieter forcieren logistische Gesamtproblemlösungen. Die nötigen Dienstleistungen erbringen sie entweder ausschließlich oder zum Teil selbst; im letzten Fall werden ergänzende Komponentenanbieter eingeschaltet. … und spezialisierte Anbieter Gleichzeitig existieren in der Verkehrswirtschaft kleine und mittlere Unternehmen, die sich auf einen Teilmarkt oder eine begrenzte Anzahl von Teilmärkten spezialisiert haben. Dort bieten sie ebenfalls einen »FullService« von Haus zu Haus an. Die Spezialisierung erfolgt in der Regel auf bestimmte Verkehrs- oder Güterarten, wie zum Beispiel Sammel- und Verteilungsverkehr in einer bestimmten Region oder auf Kühlgüter in bestimmten Relationen. Dabei kann man sich auch zum Branchenspezialisten entwickeln. Es handelt sich um Partner von Verladern aus ausgewählten Sektoren, denen sie spezifische Problemlösungen anbieten. Des Weiteren kann sich ein Transportunternehmen auf Teilleistungen im logistischen Prozess spezialisieren. Es bietet dann Leistungen an, die ein Glied der Transportkette darstellen, zum Beispiel Sammel- und Ver- 6 Praxishandbuch Logistik Dezember 2011 T. Czenskowsky/S. Saleh Aktuelles Neue Marketing-Konzepte logistischer Dienstleister Die acht Ps im Marketingkonzept logistischer Dienstleister – Strategien 2 2.7 2.7.12 teilungstransporte im Nahverkehr. Diese Unternehmen werden auch als Komponentenanbieter bezeichnet. Eine Erweiterung des eigenen Angebots lässt sich insbesondere durch individuelle Systemangebote mit Hilfe einer Palette von Logistik-Bausteinen erreichen. Dabei kann die ganzheitliche Betrachtung der Supply Chain Anhaltspunkte für neue Leistungsangebote bieten. Mit dem Supply Chain Management (vgl. [Piontek, 2007, S. 3 ff.], [Werner, 2008]) werden alle an einer Wertschöpfungskette Beteiligten, beispielsweise die Rohstoff- und Verpackungslieferanten, die Hersteller, die Händler und die Logistikdienstleister, auf die Kundennachfrage ausgerichtet. Ausgangspunkt ist die Betrachtung der gesamten Prozesskette und nicht nur des Teilstücks des eigenen Unternehmens. Nur durch eine tatkräftige Zusammenarbeit zwischen diesen Akteuren können die Prozesse zwischen den Beteiligten systematisch miteinander verzahnt werden. Dadurch lässt sich diese Kette optimieren. Hierbei spielen der Austausch bisher interner Informationen und die Erarbeitung eines gemeinsamen Vorgehens eine große Rolle (vgl. [Kuhn/Kloth, 1999, S. 160], [Ritter, 1999, S. 204]). Erweiterung des Angebots mit Hilfe von LogistikBausteinen Price (Preise, Konditionen) Klare Preisentscheidungen kann es nur auf Basis einer Kostenrechnung geben. Mit ihrer Hilfe wird die Kalkulation durchgeführt. Auf diese Art und Weise muss neben die durch das Marketing beziehungsweise die Marktforschung zu erzeugende externe Markttransparenz eine interne Kostentransparenz treten. Der logistische Dienstleister kann seine Preise auf Basis seiner eigenen Kalkulation selbstständig festlegen. Dieses Vorgehen wird vor allem von größeren Unternehmen mit Erfahrungen im internationalen Verkehr, entsprechender Marktkenntnis und Controlling-Knowhow angewendet. Unter Berücksichtigung der individuellen Kosten-, aber auch der Nachfrage- und Konkurrenzsituation (das sogenannte magische Dreieck der Preispolitik) wird der Preis am Markt gebildet. Wichtig hierbei ist, dass jede Herangehensweise ihren Stellenwert hat, da zum Beispiel bei einer nachfrageorientierten Preisbildung auf die Kenntnis der eigenen Kosten nicht verzichtet werden kann. Im Transportgewerbe ergeben sich die drei Preisformen Pauschal-, Standard- und Sonderpreise. Preisfestlegung folgt Marktbeobachtung Pauschalpreise werden individuell kalkuliert und enthalten über den Transport hinaus weitere, mit der logistischen Aufgabe verbundene Entgelte. Die Preise ergeben sich aus mehreren einkalkulierten Kosten entsprechend der jeweiligen logistischen Aufgabe. Sie werden zumeist für einen festgelegten Zeitraum einem Verlader auf Basis eines Mengengerüstes angeboten. Pauschalpreise Standardpreise werden für regelmäßig dem Markt angebotene gleichartige Leistungen in einer Preisliste veröffentlicht. Standardleistungen können beispielsweise sein: Transport von A nach B, das Sammeln und Verteilen von Gütern in einer Nahverkehrszone, das Umpacken usw. Hier können Preise pro Packstück, je Tonne, pro Kilogramm etc. angeboten werden. Diese Standardpreise werden in der Regel durch Rabattstaffeln für große Mengen ergänzt. Standardpreise T. Czenskowsky/S. Saleh Praxishandbuch Logistik Dezember 2011 7 2 2.7 2.7.12 Sonderpreise Aktuelles Neue Marketing-Konzepte logistischer Dienstleister Die acht Ps im Marketingkonzept logistischer Dienstleister – Strategien Sonderpreise werden zeitlich begrenzt aus einem bestimmten Anlass heraus gewährt. Anlässe können beispielsweise sein: Einführung einer neuen Leistungsart am Markt oder bei einer Verteidigung beziehungsweise Ausweitung des eigenen Marktes gegen die Wettbewerber. Ein Preiskampf wird zumeist gezielt gegen bestimmte Konkurrenten geführt. Personal Selling (Verkauf) Der persönliche Verkauf ist bedeutendes Element der Kundenbindung Einen besonderen Stellenwert im Marketing-Mix von Logistikdienstleistern hat der persönliche Verkauf. Sollen die aktuellen Kunden eines logistischen Dienstleisters gebunden und neue Verlader hinzugewonnen werden, müssen auf Zielgruppenpotenziale zugeschnittene, attraktive Angebote geschaffen und argumentativ positioniert werden. Dem Kunden kann dadurch eine Präferenzbildung ermöglicht werden. Die eigene Leistungsfähigkeit lässt sich bei einem persönlichen Zusammentreffen am besten darlegen. Mit ihm gelingt es, wichtige persönliche Präferenzen aufzubauen. Nicht umsonst ist der Verlust guter Verkaufsmitarbeiter gefürchtet. Mit ihnen verliert man oft auch Kunden! FAB-Formel zur Gestaltung von Verkaufs- und Werbebotschaften Für die Nutzenargumentation bei der Vermarktung logistischer Dienstleistungen hat sich die FAB-Formel (FAB: Feature, Advantage, Benefit) als bewährtes Instrument für die Gestaltung der Verkaufs- und Werbebotschaft herauskristallisiert. Sie bezieht sich auf Ausstattungsmerkmale, die dem Logistikunternehmen einen Vorteil bieten, welcher wiederum einen Kundenutzen stiftet. Anbei in Abbildung 3 Beispiele für die Anwendung der FAB-Formel: Feature (Merkmal) des Logistikunternehmens Advantage (Vorteil) für das Logistikunternehmen Benefit (Kundennutzen) des Verladers A. Infrastrukturelle Merkmale N viele Niederlassungen N hohe Netzdichte N Kooperationsorganisation N Streuung von Niederlassungen in Deutschland N schnelle Abholung und Transport N kurze Abholtransportwege N sinkende Transportkosten B. Transportmerkmale N Sammelguttransport N Leistungsbündelung N schnelle Fehleranalyse N 24-Stunden-Service N Kapazitätsauslastung N Preisvorteile N Schnelligkeit N sinkende Kapitalbindungskosten C: Lagerhaltungs-,Umschlags- und Kommissionierungsmerkmale N tägliche Abholung N kürzere Lagerhaltung N geringere Lagerkosten N JIT N keine Lagerhaltung N sinkende Lagerkosten Abb. 3: Kundennutzenargumente mit der FAB-Formel (Quelle: eigene Darstellung) 8 Praxishandbuch Logistik Dezember 2011 T. Czenskowsky/S. Saleh Aktuelles Neue Marketing-Konzepte logistischer Dienstleister Die acht Ps im Marketingkonzept logistischer Dienstleister – Strategien 2 2.7 2.7.12 Diese Formel kann speziell auf den professionellen Kunden aus der Verladerschaft abgestimmt werden, bei dem sich mehrere an der Einkaufsentscheidung Beteiligte in einem sogenannten Buying Center (z.B. Einkäufer, Logistikleiter, Controller) zusammenfinden. Promotion (Kommunikation) Aufgabe der Kommunikationspolitik des logistischen Dienstleisters ist es, auf der unpersönlichen Ebene Präferenzen für das Unternehmen oder seine Leistungsangebote zu erzeugen. Sie schlagen sich in einer positiven Imageeinschätzung nieder und sind vom Wettbewerb schwer kopierbar. Allerdings erfordert ihr Aufbau erhebliche Anstrengungen und entsprechende Budgets. Die Kommunikationspolitik erfüllt zahlreiche Zwecke. Sie dient der Information des Kunden, aber auch zu seiner Beeinflussung. Die Instrumente der Kommunikationspolitik reichen von der klassischen Werbung bis hin zur Corporate-Identity-Politik. Kommunikation dient Kundeninformation und -beeinflussung Mit Hilfe des Corporate-Identity-Konzeptes wird die Unverwechselbarkeit des logistischen Dienstleisters und seines Angebotes angestrebt. Solche Konzepte zur Unternehmensidentität enthalten in der Regel Aussagen über die Corporate Vision beziehungsweise Mission, dem die Grundsatzorientierung des Unternehmens zu entnehmen ist, das Corporate Design, welches durch das Logo, die Schriftart und -größe etc. zum Ausdruck gebracht wird, das Corporate Behaviour, das heißt den Auftritt der Mitarbeiter in der Öffentlichkeit und bei Kunden, und die Corporate Communication, das heißt die Art und Weise, wie ein Unternehmen über sich selbst spricht. Da der Dienstleister in der Regel nicht mit einzelnen Angeboten wirbt, wie bei einem Konsum- oder Investitionsgut, steht hier das Unternehmen als Objekt der Werbung im Mittelpunkt. Es soll eine Unternehmenspersönlichkeit entstehen, die sich unter anderem in einer attraktiven Marke, einer schlüssigen, interessant wirkenden Geschäftsausstattung, entsprechenden Räumlichkeiten und einer einheitlichen Fuhrparkgestaltung widerspiegelt. Entscheidend bei der Realisierung der Corporate Identity sind die Mitarbeiter. Sie müssen in die Konzeption mit einbezogen werden, da sie das Unternehmen nach außen und beim Kunden vertreten. Das Logistikunternehmen steht als Objekt der Werbung im Mittelpunkt 2.7.12.3 Fazit und Ausblick Die Umsetzung einer individuellen Marketingkonzeption für den logistischen Dienstleister ermöglicht nicht nur, ein kundenorientiertes Angebot zu offerieren, sondern dient auch der konsequenten Ausrichtung aller relevanten Unternehmensaktivitäten auf den logistischen Dienstleistungsmarkt. Diese strategische wie auch operative Aufgabenstellung ermöglicht es, bei einer erfolgreichen Umsetzung Wertschöpfungspotenziale zu generieren. Darüber hinaus führt das Marketing als ein Konzept der Unternehmensführung zu einer eindeutigen Positionierung im Markt. Es bietet zahlreiche Instrumente, um Kunden nicht nur zu überzeugen, sondern auch zu binden und damit den langfristigen Unternehmensbestand und -erfolg zu sichern. T. Czenskowsky/S. Saleh Praxishandbuch Logistik Dezember 2011 9 2 2.7 2.7.12 Aktuelles Neue Marketing-Konzepte logistischer Dienstleister Die acht Ps im Marketingkonzept logistischer Dienstleister – Strategien Quellenverzeichnis Ansoff, H. I.: Strategies for Diversification, in: Harvard Business Review, September/October 1957, S. 113–124 Becker, J.: Marketing-Konzeption, 8. Aufl., München 2006 Bieberstein, I.: Dienstleistungsmarketing, 3. Aufl., Ludwigshafen 2001 Czenskowsky, T.: Das Marketing logistischer Dienstleistungsunternehmen – Ein Überblick, in: Päbst, L.; Wipki, B. (Hrsg.): Marketing in der Logistik, Hamburg 2003, S. 151–169 Czenskowsky, T. (unter Mitarbeit von Goede, M.): Marketing für Spedition und logistische Dienstleister, Gernsbach 2004 Czenskowsky, T.: Neue Marketingkonzepte logistischer Dienstleister, in: Pradel, U.; Süssenguth, W.; Piontek, J. (Hrsg.): Praxishandbuch Logistik, Köln, Ergänzungslieferung März 2005 Czenskowsky, T.: Leistungsangebote als Element des Marketing-Mix (Arbeitsuntertitel: von Speditionen und Logistikdienstleistern), in: Der Betriebswirt 1/2006, S. 8–12 Göpfert, I.: Logistik Führungskonzeption, München 2005 König, C.; Surges, S.: Qualitäts- und Entwicklungsbarometer des Marketing in Unternehmen der Logistik- und Außenhandelsbranche, Projektbericht an der DAV Bremen, 2010 Kotler, P.; Keller, K.; Bliemel, F.: Marketing-Management, 12. Aufl., München 2007 Kuhn, A.; Kloth, M.: Zukunftsstrategien und Veränderungstreiber der Logistik, in: Jahrbuch der Logistik 1999, S. 160–165 Logistikbarometer 2011, PDF-Dokument auf www.Sci.de, aufgerufen März 2011 Magrath, T.: When Marketing Services, 4Ps Are Not Enough, in: Business Horizons May/June 1986, S. 44–50 Meffert, H.; Bruhn, M.: Dienstleistungsmarketing, 6. Aufl., Wiesbaden 2009 Päbst, L.; Wipki, B. (Hrsg.): Marketing in der Logistik, Hamburg 2003 Piontek, J.: Bausteine des Logistikmanagements, 2. Aufl., Herne 2007 Ritter, S.: ECR – Umdenken im Miteinander!, in: Jahrbuch der Logistik 1999, S. 204–208 10 Praxishandbuch Logistik Dezember 2011 T. Czenskowsky/S. Saleh Aktuelles Neue Marketing-Konzepte logistischer Dienstleister Die acht Ps im Marketingkonzept logistischer Dienstleister – Strategien 2 2.7 2.7.12 Saleh, S.: Gesundheits-Dienstleistungen, in: Pepels, W. (Hrsg.): Dienstleistungen für wirtschaftsberatende Berufe, 2. Aufl., Herne 2009, S. 377–399 Stabenau, H.: Verkehrsbetriebslehre, 3. Aufl., Düsseldorf 1994 Wallenburg, C.: Kundenbindung in der Logistik, in: Schriftenreihen der Kühne Stiftung, Band 7, Bern 2004 Werner, H.: Supply Chain Management, 3. Aufl., Wiesbaden 2008 Zeithaml, V.; Berry, L.; Parasuraman, A.: Communication and Control Processes in the Delivery of Service Quality, in: in Journal of Marketing, 4/1988, S. 35–48 T. Czenskowsky/S. Saleh Praxishandbuch Logistik Dezember 2011 11 2 2.7 2.7.12 12 Aktuelles Neue Marketing-Konzepte logistischer Dienstleister Die acht Ps im Marketingkonzept logistischer Dienstleister – Strategien Praxishandbuch Logistik Dezember 2011 T. Czenskowsky/S. Saleh