Einführung in die Theoretische Informatik Woche 2 Harald Zankl Institut für Informatik @ UIBK Wintersemester 2014/2015 Zusammenfassung Zusammenfassung der letzten LVA Beispiel Wenn das Kind schreit, dann hat es Hunger. Das Kind schreit. Also, hat das Kind Hunger. Fakt Die Korrektheit dieser Schlussfigur ist unabhängig von den konkreten Aussagen. Definition (Modus Ponens) Wenn A, dann B. A gilt. Also, gilt B. HZ (IFI) ETI - Woche 2 19/210 Zusammenfassung Inhalte der Lehrveranstaltung Einführung in die Logik Syntax & Semantik der Aussagenlogik, Formales Beweisen, Konjunktive und Disjunktive Normalformen Einführung in die Algebra Boolesche Algebra, Universelle Algebra, Logische Schaltkreise Einführung in die Theorie der Formalen Sprachen Grammatiken und Formale Sprachen, Reguläre Sprachen, Kontextfreie Sprachen Einführung in die Berechenbarkeitstheorie Algorithmisch unlösbare Probleme, Turing Maschinen, Registermaschinen Einführung in die Programmverifikation Prinzipien der Analyse von Programmen, Verifikation nach Hoare HZ (IFI) ETI - Woche 2 20/210 Syntax und Semantik der Aussagenlogik Syntax der Aussagenlogik Definition Sei AT eine Menge von atomaren Formeln (oder Atomen), deren Elemente mit p, q, r , . . . bezeichnet werden Definition Wahrheitswertsymbole: True False Junktoren: ¬ HZ (IFI) ∧ ∨ ETI - Woche 2 → 21/210 Syntax und Semantik der Aussagenlogik Syntax der Aussagenlogik (2) Definition Die Formeln der Aussagenlogik sind induktiv definiert: 1 Eine atomare Formel p ist eine Formel, 2 ein Wahrheitswertsymbol (True, False) ist eine Formel, und 3 wenn A und B Formeln sind, dann sind ¬A (A ∧ B) (A ∨ B) auch Formeln (A → B) Beispiel Der Ausdruck ((p → ¬q) → (¬q → ¬p)) ist eine Formel Konvention Wir verwenden die folgende Präzedenz: ¬ > ∨, ∧ > → HZ (IFI) → ist rechts-assoziativ: A → (B → C ) ETI - Woche 2 22/210 Syntax und Semantik der Aussagenlogik Semantik der Aussagenlogik Definition 1 T und F bezeichnen die beiden betrachteten Wahrheitswerte 2 Belegung v : AT → {T, F} assoziiert Atome mit Wahrheitswerten Beispiel Betrachte die Atome p, q und r, sowie T v(a) := F F die folgende Belegung: a=p a=q a=r Wir schreiben auch v(p) = T, v(q) = F, v(r) = F. HZ (IFI) ETI - Woche 2 23/210 Syntax und Semantik der Aussagenlogik Semantik der Aussagenlogik (2) Definition 1 Atome sind Platzhalter für konkrete atomare Aussagen (Formeln) 2 Junktoren sind formale Zeichen, die Aussagen verbinden ¬ ∧ ∨ → |{z} |{z} |{z} |{z} Negation Konjunktion Disjunktion Implikation 3 Die Bedeutung wird durch Wahrheitstafeln definiert ¬ T F F T ∧ T F T T F F F F ∨ T F T T T F T F → T F T T F F T T Beispiel Die allgemeine Aussage Wenn p, dann q“ schreiben wir: ” p→q HZ (IFI) ETI - Woche 2 24/210 Syntax und Semantik der Aussagenlogik Semantik der Aussagenlogik (3) Definition Erweiterung der Belegung v zu einem Wahrheitswert für Formeln: ( T v̄(A) = F v̄(p) = v(p) v̄(¬A) = F v̄(A) = T ( T v̄(A) = v̄(B) = T v̄(True) = T v̄(A ∧ B) = F sonst ( F v̄(A) = v̄(B) = F v̄(False) = F v̄(A ∨ B) = T sonst ( T v̄(A) = F oder v̄(B) = T v̄(A → B) = F sonst Beispiel Sei v(p) = T, v(q) = F, dann ist v̄((p → ¬q) → (¬q → ¬p)) = F. HZ (IFI) ETI - Woche 2 25/210 Syntax und Semantik der Aussagenlogik Wahrheitstabelle Definition Sei A eine Formel; die Wahrheitstabelle von A listet alle relevanten Belegungen v zusammen mit dem Wahrheitswert v̄(A) auf. Beispiel Betrachte die Formel: (p → ¬q) → (¬q → ¬p) Wir stellen die folgende Wahrheitstabelle auf: p T T F F HZ (IFI) q T F T F (p → ¬q) F T T T (¬q → ¬p) T F T T ETI - Woche 2 (p → ¬q) → (¬q → ¬p) T F T T 26/210 Syntax und Semantik der Aussagenlogik Eigenschaften Definition Eine Formel A heißt 1 erfüllbar, wenn Belegung v existiert, sodass v̄(A) = T, 2 unerfüllbar, wenn keine solche Belegung existiert, und 3 gültig bzw. Tautologie, wenn für alle Belegungen v, v̄(A) = T. Beispiel • erfüllbar: p, q, p ∧ q • unerfüllbar: p ∧ ¬p • Tautologie: p ∨ ¬p, ¬(p ∧ ¬p) Satz Wenn eine Formel A gültig ist, dann ist A auch erfüllbar. HZ (IFI) ETI - Woche 2 27/210 Syntax und Semantik der Aussagenlogik Satz Eine Formel A ist eine Tautologie gdw. ¬A unerfüllbar. Beweis. 1 Wir zeigen die Richtung von links nach rechts: • angenommen v̄(A) = T, für alle Belegungen v • also v̄(¬A) = F, für alle Belegungen v • somit ist ¬A unerfüllbar 2 Wir zeigen die Richtung von rechts nach links: • angenommen ¬A ist unerfüllbar • v̄(¬A) = F, für alle Belegungen v • also v̄(A) = T, für alle Belegungen v und somit gültig HZ (IFI) ETI - Woche 2 28/210 Konsequenz und Äquivalenz Konsequenz und Äquivalenz von Formeln Definition (Konsequenz) Die Konsequenzrelation A1 , . . . , An |= B gilt, gdw. für alle Belegungen v: Wenn v̄(A1 ) = T, . . . , v̄(An ) = T, dann v̄(B) = T Beispiel p 6|= q p, q |= q p ∧ q |= q p 6|= p ∧ q p → q |= ¬p ∨ q |= p ∨ ¬p Definition (Äquivalenz) A ≡ B, wenn A |= B und B |= A gilt Beispiel p 6≡ q HZ (IFI) p ∧ q 6≡ q p 6≡ p ∧ q ETI - Woche 2 p → q ≡ ¬p ∨ q 29/210 Konsequenz und Äquivalenz Assoziativität und Kommutativität von Junktoren Fakt • Konjunktion und Disjunktion sind assoziativ und kommutativ • Wir unterscheiden nicht zwischen: (A ∧ B) ∧ C A ∧ (B ∧ C ) A∧B B ∧A A∧B ∧C Definition 1 2 3 4 HZ (IFI) Vn Ai = A1 ∧ · · · ∧ An Wi=1 n Ai = True Vi=1 0 Wi=1 0 Ai = A1 ∨ · · · ∨ An i=1 Ai = False ETI - Woche 2 30/210 Konsequenz und Äquivalenz Äquivalenzen I Lemma (Elementare Äquivalenzen) ¬¬A ≡ A A ∨ True ≡ True A ∧ True ≡ A A → True ≡ True A ∨ False ≡ A A ∧ False ≡ False A → False ≡ ¬A A∧A≡A True → A ≡ A A∨A≡A A ∨ ¬A ≡ True A ∧ ¬A ≡ False False → A ≡ True A → A ≡ True Lemma (Distributivgesetze und Andere) A ∧ (B ∨ C ) ≡ (A ∧ B) ∨ (A ∧ C ) A → B ≡ ¬A ∨ B HZ (IFI) A ∨ (B ∧ C ) ≡ (A ∨ B) ∧ (A ∨ C ) ¬(A → B) ≡ A ∧ ¬B ETI - Woche 2 31/210 Konsequenz und Äquivalenz Äquivalenzen II Lemma (Kommutativ- und Assoziativgesetze) A∧B ≡B ∧A A∨B ≡B ∨A A ∧ (B ∧ C ) ≡ (A ∧ B) ∧ C A ∨ (B ∨ C ) ≡ (A ∨ B) ∨ C Lemma (Absorptionsgesetze) A ∧ (A ∨ B) ≡ A A ∨ (A ∧ B) ≡ A A ∧ (¬A ∨ B) ≡ A ∧ B A ∨ (¬A ∧ B) ≡ A ∨ B Lemma (Gesetze von de Morgan) ¬(A ∧ B) ≡ ¬A ∨ ¬B HZ (IFI) ¬(A ∨ B) ≡ ¬A ∧ ¬B ETI - Woche 2 32/210 Konsequenz und Äquivalenz Gleiches durch Gleiches Ersetzen Definition Eine Teilformel A einer Formel B ist ein Teilausdruck von B, der wiederum eine Formel ist. Satz 1 Seien A, B Formeln und E , F Teilformeln von A, B 2 Gelte E ≡ F 3 B ist das Resultat der Ersetzung von E durch F in A Dann gilt A ≡ B Beispiel Seien A = (p → q) ∧ r und B = (¬p ∨ q) ∧ r . Da p → q ≡ ¬p ∨ q gilt (p → q) ∧ r ≡ (¬p ∨ q) ∧ r . HZ (IFI) ETI - Woche 2 33/210