14 Stetige Verteilungen

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§14 Stetige Verteilungen
ô
In Kapitel 13 haben wir uns mit der Verteilungsdichte diskreter Verteilungen befasst. In diesem Kapitel werden
wir uns mit der Verteilungsdichte stetiger Verteilungen beschäftigen. Dabei werden wir von dem bereits in
Kapitel 12 erwähnten infinitesimalen Denken intensiv Gebrauch machen und damit schwierig darzustellende
Sachverhalte intuitiv besser erfassen.
14.1 Verteilungsdichten stetiger Verteilungen
Wir beginnen mit einer zentralen Eigenschaft stetiger Verteilungen (vgl dazu Beispiel 12.2.4):
14.1.1 Bemerkung: Ist eine stetige Verteilung, so gilt für alle Mengen B Œ @BD = ⁄ @@z, z + „ zDD = Ÿ @@z, z + „ zDD
B
zœB
Die stetige Verteilung ist somit durch die Angabe der Wahrscheinlichkeiten @@z, z + „ zDD der infinitesimalen Intervalle @z, z + „ zD vollständig bestimmt.
Wir nehmen diese Erkenntnis zum Anlass und definieren:
14.1.2 Definition: Unter der Verteilungsdichte (Probability Density Function oder kurz PDF) einer stetigen
Verteilung versteht man die Abbildung
: Ø mit @zD „ z = @@z, z + „ zDD
Wegen Bemerkung 14.1.1 ist die stetige Verteilung durch ihre Verteilungsdichte vollständig bestimmt.
Die folgende Zeichnung zeigt die Verteilungsdichte einer stetigen Verteilung . Dabei entspricht der rote
Balken beim Wert z der infinitesimalen Wahrscheinlichkeit @zD „ z = @@z, z + „ zDD und die rot eingezeichnete
Fläche unter der Funktion im Bereich @a, bD der Wahrscheinlichkeit @@a, bDD des Intervalls @a, bD.
@zD
0.4
0.3
@@a, bDD
0.2
@@z, z+zDD
0.1
a
b z
z
14.1.3 Bemerkung: Für die Verteilungsdichte einer stetigen Verteilung gilt
a) Für alle z œ ist @zD ¥ 0;
b) Das Integral über alle Werte @zD ergibt den Wert 1, es gilt also
Ÿ-¶ @zD „ z = 1
¶
14_Verteilungsdichten_stetiger_Verteilungen.nb
54
Diese beiden Eigenschaften sind charakteristisch in dem Sinn, dass jede Funktion : Ø mit diesen Eigenschaften als Verteilungsdichte einer stetigen Verteilung aufgefasst werden kann. Man nennt diese beiden Eigenschaften daher die charakteristischen Eigenschaften der Verteilungsdichte einer stetigen Verteilung.
Aus Bemerkung 14.1.1 folgt unmittelbar
14.1.4 Bemerkung: Ist die Verteilungsdichte der stetigen Verteilung , so gilt für alle B Œ @BD = Ÿ @zD „ z
B
Für Intervalle B = @a, bD Œ (bzw die Vereinigung von derartigen Intervallen) und stückweise stetige
Verteilungsdichten ist dieses Integral als gewöhnliches RIEMANN-Integral aufzufassen. In allen anderen
Fällen interpretiere man dieses Integral als LEBESGUE-Integral.
14.2 Verteilungsdichten in Mathematica
Mit dem folgenden Befehl lässt sich die Verteilungsdichte einer in Mathematica implementierten stetigen
Verteilungen (numerisch und formelmäßig) auswerten:
à PDF@distribution, zD
wertet die Verteilungsdichte der stetigen Verteilung distribution an der Stelle z (sowohl numerisch als auch
formelmäßig) aus. Die Verteilungsdichten stetiger Verteilungen sind Funktionen im Sinn von Mathematica
und lassen sich daher mit dem Befehl Plot zeichnen.
Manche dieser Verteilungsdichten verwenden die Gamma-Funktion bzw die Beta-Funktion (diese Funktionen
werden in Mathematica mit den Befehlen Gamma bzw Beta aufgerufen). Wir definieren diese beiden Funktionen
und fassen ihre wichtigsten Eigenschaften in einem Satz zusammen:
14.2.1 Definition:
a) Unter der Gamma-Funktion versteht man die Abbildung
G :D 0, ¶@ Ø mit G@aD = Ÿ
¶ a-1 -t
t
‰ „t
0
b) Unter der Beta-Funktion versteht man die Abbildung
B :D 0, ¶@ µ D 0, ¶@ Ø mit B@a, bD = Ÿ 1 ta-1 H1 - tL b-1 „ t
0
Man zeigt mühelos
14.2.2 Satz: Elementare Eigenschaften der Gamma-Funktion bzw der Beta-Funktion:
a) Es gilt G@1D = 1 und G@1 ê2D = p
b) Für alle a > 0 gilt G@a + 1D = a G@aD
c) Für alle n œ gilt wegen a) und b) damit offenbar G@n + 1D = n !
d) Für alle a, b > 0 gilt
G@aD G@ bD
B@a, bD =
G@a + bD
ô
14_Verteilungsdichten_stetiger_Verteilungen.nb
Wir wollen nun die Verteilungsdichten der wichtigsten in Mathematica implementierten stetigen Verteilungen
analysieren. Unser Ziel besteht dabei wieder darin, diese Verteilungsdichten formelmäßig explizit anzugeben und
mit Hilfe von ListPlot und Manipulate auf dynamische Weise graphisch darzustellen.
14.2.3 Beispiel: Man ermittle die Verteilungsdichte der Gleichverteilung @8a, b<D auf dem Intervall @a, bD
und zeichne diese Verteilungsdichte.
ô
14.2.4 Beispiel: Man ermittle die Verteilungsdichte der Dreiecksverteilung @8a, b<D auf dem Intervall @a, bD
und zeichne diese Verteilungsdichte.
ô
14.2.5 Beispiel: Man ermittle die Verteilungsdichte der Exponentialverteilung @lD mit dem Parameter l > 0
und zeichne diese Verteilungsdichte.
ô
14.2.6 Beispiel: Man ermittle die Verteilungsdichte der Gammaverteilung amma@a, lD mit den Parametern
a > 0 und l > 0 und zeichne diese Verteilungsdichte.
ô
14.2.7 Beispiel: Man ermittle die Verteilungsdichte der Laplaceverteilung @a, lD mit den Parametern a œ und l > 0 und zeichne diese Verteilungsdichte.
ô
14.2.8 Beispiel: Man ermittle die Verteilungsdichte der Betaverteilung eta@a, bD mit den Parametern a > 0
und b > 0 und zeichne diese Verteilungsdichte.
ô
14.2.9 Beispiel: Man ermittle die Verteilungsdichte der Normalverteilung @m, sD mit den Parametern m œ und s > 0 und zeichne diese Verteilungsdichte.
ô
14.2.10 Beispiel: Man ermittle die Verteilungsdichte der logarithmischen Normalverteilung @m, sD mit
den Parametern m œ und s > 0 und zeichne diese Verteilungsdichte.
ô
14.2.11 Beispiel: Man ermittle die Verteilungsdichte der Chi-Quadrat Verteilung hi@nD mit dem Parameter
n œ und zeichne diese Verteilungsdichte.
ô
14.2.12 Beispiel: Man ermittle die Verteilungsdichte der Student T Verteilung @nD mit dem Parameter n œ und zeichne diese Verteilungsdichte.
ô
55
14_Verteilungsdichten_stetiger_Verteilungen.nb
56
14.2.13 Beispiel: Man ermittle die Verteilungsdichte der Fisher F Verteilung @m, nD mit den Parametern
m, n œ und zeichne diese Verteilungsdichte.
ô
14.2.14 Beispiel: Man ermittle die Verteilungsdichte der Weibullverteilung @a, bD mit den Parametern
a > 0 und b > 0 und zeichne diese Verteilungsdichte.
ô
14.2.15 Beispiel: Man ermittle die Verteilungsdichte der Extremwertverteilung xtrem@m, bD mit den
Parametern m œ und b > 0 und zeichne diese Verteilungsdichte.
ô
14.2.16 Beispiel: Man ermittle die Verteilungsdichte der Rayleighverteilung @sD mit dem Parameter s > 0
und zeichne diese Verteilungsdichte.
ô
14.2.17 Bemerkung: Zwischen diesen stetigen Verteilungen bestehen die folgenden Beziehungen (in den
folgenden Abschnitten werden wir noch weitere Beziehungen zwischen diesen Verteilungen kennen lernen):
a) amma@1, 1 ê lD = @lD
b) amma@n ê 2, 2D = hi@nD
c) @1 ê 2D = hi@2D
d) eta@1, 1D = @0, 1D
e) @1, 1 ê bD = @ bD
f) A2,
2 sE = @sD
ô
14.3 Verteilungsdichten von stetigen Zufallsvariablen
Bisher haben wir uns mit den Verteilungsdichten von stetigen Verteilungen beschäftigt. In diesem Abschnitt
wollen wir uns nun mit den Verteilungsdichten Z von stetigen Zufallsvariablen Z befassen.
14.3.1 Definition: Unter der Verteilungsdichte Z einer stetigen Zufallsvariablen Z versteht man die
Verteilungsdichte der Verteilung Z von Z, also die Abbildung
Z : Ø mit
Z @zD „ z = @8Z œ @z, z + „ zD<D
Wegen Bemerkung 14.1.1 ist die Verteilung Z der stetigen Zufallsvariablen Z durch ihre Verteilungsdichte
Z bereits vollständig bestimmt.
An Hand von Beispielen werden wir zeigen, wie sich die Verteilungsdichte Z einer stetigen Zufallsvariablen Z
ermitteln lässt. Es werden sich dabei Verteilungsdichten ergeben, welche nicht in Mathematica implementiert sind.
14_Verteilungsdichten_stetiger_Verteilungen.nb
57
In vielen Fällen wird es sich bei den in diesen Beispielen ermittelten Verteilungsdichten um "gestückelte" Funktionen handeln. Wir werden zeigen, wie sich diese "gestückelten" Verteilungsdichten unter Verwendung der Funktion
Piecewise in geschlossener Form darstellen lassen und damit einer weiteren Behandlung (Integration, Differentiation, …) durch Mathematica zugänglich werden.
à Piecewise@88wert1 , intervall1 <, 8wert2 , intervall2 <, …<D
bezeichnet jene gestückelte Funktion, welche im Intervall intervall1 den Wert wert1 , im Intervall interall2 den
Werte wert2 , … annimmt. Intervalle, in denen diese Funktion den Wert 0 annimmt, müssen dabei nicht extra
angeführt werden.
14.3.2 Beispiel: Aus dem Intervall @0, 1D werden zufällig n Zahlen ausgewählt und ihr Minimum Z beobachtet.
Man ermittle die Verteilungsdichte Z der Zufallsvariablen Z.
ô
Lösung: a) Für unser Zufallsexperiment "zufälliges Ziehen von n Zahlen aus dem Intervall @0, 1D" ist die Menge
W = 88x1 , x2 , …, xn < ˝ x1 , x2 , …, xn œ @0, 1D< = @0, 1D µ@0, 1D µ…µ @0, 1D
offenbar ein passender Ereignisraum, wobei die Liste 8x1 , x2 , …, xn < œ W der Realisierung "beim i-ten Zug wird
die Zahl xi ausgewählt" entspricht. Interpretiert man dieses "zufällige Auswählen von n Zahlen aus dem Intervall
@0, 1D" in der Weise, dass diese Zahlen unabhängig voneinander und gleichverteilt aus dem Intervall @0, 1D ausgewählt werden, so gilt für beliebige Intervalle A1 , A2 , …, An Œ @0, 1D
@A1 µ A2 µ…µ An D =
Länge von A1
Länge von A2
Länge von An
ÿ
ÿ… ÿ
Länge von @0, 1D Länge von @0, 1D
Länge von @0, 1D
b) Die Beobachtung des Minimums der n ausgewählten Zahlen lässt sich durch die Zufallsvariable
Z :WØ
mit
Z@8x1 , x2 , …, xn <D = Min@x1 , x2 , …, xn D
beschreiben. Die Zufallsvariable Z kann alle Werte z aus dem Intervall Z = @0, 1D annehmen, wobei keiner dieser
Werte mit positiver Wahrscheinlichkeit auftritt. Die Zufallsvariable Z ist damit stetig.
c) Jener Zufallsmechanismus, mit dem diese n Zahlen ausgewählt werden, kann mit dem Befehl
AuswahlVonZahlenAusEinheitsintervall simuliert werden:
AuswahlVonZahlenAusEinheitsintervall@5D
0
1
Z
d) Vernachlässigt man Größen der Ordnung H„ zL2 , so gilt für alle z œ @0, 1D offenbar
n
@8Z œ @z, z + „ zD<D = @ ‹ @z + „ z, 1D µ… µ@z, z + „ zD µ… µD z + „ z, 1DD = n „ z H1 - zL n-1
i=1
i-te Stelle
und damit
Z @zD =
1
n H1 - zL n-1
@8Z œ @z, z + „ zD<D =
„z
0
für 0 § z § 1
sonst
e) Diese "gestückelte" Verteilungsdichte lässt sich mit Hilfe von Piecewise mühelos in Mathematica eingeben
fs1@z_, n_D := Piecewise@88n H1 - zLn-1 , 0 £ z £ 1<<D
14_Verteilungsdichten_stetiger_Verteilungen.nb
58
und für beliebige Werte von n auf dynamische Weise graphisch darstellen:
Manipulate@Plot@fs1@z, nD, 8z, -0.1, 1.1<,
PlotStyle Æ [email protected], AspectRatio Æ 0.4, AxesOrigin Æ 8-0.1, 0<, PlotRange Æ All,
AxesLabel Æ 8z, @zD<, ImageSize Æ 8200, 100<D,
8n, 1, 10, 1, Appearance Æ "Labeled"<D
n
6
@zD
6
5
4
3
2
1
z
0.0
0.2
0.4
0.6
0.8
1.0
f) Für die Wahrscheinlichkeit dafür, dass beim zufälligen Auswählen von n = 5 Zahlen aus dem Intervall @0, 1D die
kleinste dabei gezogene Zahl Z einen Wert zwischen a = 0.2 und b = 0.4 annimmt, also für die Wahrscheinlichkeit
(man vergleiche dazu Bemerkung 14.1.4)
@8Z œ @a, bD<D = Ÿ ab Z @zD „ z
gilt damit (Integrale lassen sich in Mathematica mit den Befehlen Integrate bzw NIntegrate berechnen)
n = 5; a = 0.2; b = 0.4;
NIntegrate@fs1@z, nD, 8z, a, b<D
Clear@n, a, bD
0.24992
14.3.3 Beispiel: Ein Punkt wird zufällig in den ersten Quadrant des Einheitskreises geworfen und seine xKoordinate Z bestimmt. Man ermittle die Verteilungsdichte Z von Z.
ô
Lösung: a) Für unser Zufallsexperiment "Werfen eines Punktes in den ersten Quadrant des Einheitskreises" ist die
Menge
W = 88x, y< ˝ x, y ¥ 0 und x2 + y2 § 1<
ein passender Ereignisraum, wobei die Liste 8x, y< œ W der Realisierung "der zufällige Punkt besitzt die Koordinaten 8x, y<" entspricht. Interpretiert man dieses "zufällige Werfen eines Punktes" in der Weise, dass dieser Punkt
gleichverteilt in den ersten Quadrant des Einheitskreises geworfen wird, so gilt für alle Teilmengen A Œ W
@AD =
Flächeninhalt von A
Flächeninhalt von W
b) Die Beobachtung der x-Koordinate des zufälligen Punktes lässt sich durch die Zufallsvariable
14_Verteilungsdichten_stetiger_Verteilungen.nb
Z :WØ
mit
59
Z@8x, y<D = x
beschreiben. Die Zufallsvariable Z kann alle Werte z aus dem Intervall Z = @0, 1D annehmen, wobei keiner dieser
Werte mit positiver Wahrscheinlichkeit auftritt und ist somit stetig.
c) Jener Zufallsmechanismus, mit dem dieser Punkt in den ersten Quadrant des Einheitskreises geworfen wird, lässt
sich mit dem Befehl WerfenEinesPunktesInEinheitskreis simulieren:
WerfenEinesPunktesInEinheitskreis
W
Z
d) In der folgenden Zeichnung ist das infinitesimale Ereignis 8Z œ @z, z + „ zD< (das ist der blau eingezeichnete
Balken mit der x-Koordinate z und der Dicke „ z) graphisch dargestellt.
W
1 - z2
z
„z
An Hand dieser Zeichnung erkennt man unmittelbar
Z @zD =
1
@8Z œ @z, z + „ zD<D =
„z
4
p
0
1 - z2
für 0 § z § 1
sonst
d) Wir geben diese "gestückelte" Verteilungsdichte wieder in geschlossener Form in Mathematica ein
fs2@z_D := Piecewise@884 Sqrt@1 - z2 D ê p, 0 £ z £ 1<<D
und zeichnen diese Verteilungsdichte
Plot@fs2@zD, 8z, -0.1, 1.2<, PlotStyle Æ [email protected], AspectRatio Æ 0.4, AxesOrigin Æ 8-0.1, 0<,
PlotRange Æ All, AxesLabel Æ 8z, Z @zD<D
Z HzL
1.2
1.0
0.8
0.6
0.4
0.2
z
0.0
0.2
0.4
0.6
0.8
1.0
1.2
e) Für die Wahrscheinlichkeit, dass die x-Koordinate Z dieses zufällig ausgewählten Punktes einen Wert zwischen
a = 0.2 und b = 0.5 annimmt, also für die Wahrscheinlichkeit (man vergleiche dazu Bemerkung 14.1.4)
@8Z œ @a, bD<D = Ÿ ab Z @zD „ z
14_Verteilungsdichten_stetiger_Verteilungen.nb
60
gilt damit
a = 0.2; b = 0.5;
NIntegrate@fs2@zD, 8z, a, b<D
Clear@a, bD
0.356058
14.3.4 Beispiel: Auf der unteren und der linken Seitenkante eines Quadrats der Seitenlänge 1 werden
willkürlich zwei Punkte P und Q ausgewählt. Man ermittle die Verteilungsdichte Z ihres Abstandes Z.
ô
Lösung: a) Für unser Zufallsexperiment "willkürliche Auswahl der beiden Punkte P und Q auf der unteren und der
linken Seitenkante eines Quadrats der Seitenlänge 1" ist die Menge
W = 88x, y< ˝ x, y œ @0, 1D<
ein passender Ereignisraum, wobei die Liste 8x, y< œ W der Realisierung "der Punkt P hat die Koordinaten 8x, 0<
und der Punkt Q hat die Koordinaten 80, y<" entspricht. Wir interpretieren dieses "willkürliche Auswählen" in der
Weise, dass die beiden Punkte P und Q auf den entsprechenden Seitenkanten unabhängig voneinander und gleichverteilt ausgewählt werden. Für alle Teilmengen A Œ W gilt damit
@AD =
Flächeninhalt von A
Flächeninhalt von W
b) Die Beobachtung des Abstandes der beiden Punkte lässt sich durch die Zufallsvariable
Z :WØ
mit
Z@8x, y<D =
x2 + y2
beschreiben. Die Zufallsvariable Z kann alle Werte z aus dem Intervall Z = @0, 2 D annehmen, wobei keiner
dieser Werte mit positiver Wahrscheinlichkeit auftritt. Z ist damit eine stetige Zufallsvariable.
c) Jener Zufallsmechanismus, mit dem diese beiden Punkte P und Q ausgewählt werden, lässt sich mit dem Befehl
PunkteAufSeitenkantenEinheitsquadrat simulieren. Im linken (grauen) Quadrat sind die beiden zufällig ausgewählten Punkte P und Q sowie ihr gegenseitiger Abstand Z dargestellt. Das rechte (gelbe) Quadrat stellt den
Ereignisraum W dar. Der rote Punkt mit den Koordinaten 8x, y< entspricht der in der linken Zeichnung dargestellten
Realisierung. Der Abstand Z der beiden Punkte P und Q entspricht nun dem Abstand dieses Punktes vom Ursprung:
PunkteAufSeitenkantenEinheitsquadrat
y
W
8x, y<
Q
Z
Z
x
P
d) In der folgenden Zeichnung sind die infinitesimalen Ereignisse 8Z œ @z, z + „ zD< (es handelt sich dabei um die
blau eingezeichneten Kreisbögen mit Radius z und Dicke „ z) für z § 1 bzw z > 1 graphisch dargestellt.
14_Verteilungsdichten_stetiger_Verteilungen.nb
61
W
z2 - 1
z§1
z>1
Eine einfache elementargeometrische Überlegungen liefert (man berechne dazu den Flächeninhalt der blau eingezeichneten Kreisbögen mit Radius z und Dicke „ z)
z p ê2
1
Z @zD =
@8Z œ @z, z + „ zD<D = z p ê2 - 2 z ArcTan @
„z
0
für 0 § z < 1
z2 - 1 D
für 1 § z §
sonst
2
e) Wir geben diese Verteilungsdichte wieder in der üblichen Weise in Mathematica ein
fs3@z_D := Piecewise@88z p ê 2, 0 £ z £ 1<, 8z p ê 2 - 2 z ArcTan@Sqrt@z2 - 1DD, 1 £ z £ Sqrt@2D<<D
und zeichnen diese Verteilungsdichte:
Plot@fs3@zD, 8z, -0.2, 1.7<, PlotStyle Æ [email protected], AspectRatio Æ 0.4, AxesOrigin Æ 8-0.2, 0<,
PlotRange Æ All, AxesLabel Æ 8z, Z @zD<D
Z HzL
1.5
1.0
0.5
0.0
0.5
1.0
1.5
z
f) Für die Wahrscheinlichkeit, dass der Abstand dieser beiden Punkte P und Q einen Wert zwischen a = 0.5 und
b = 1.1 annimmt, also für die Wahrscheinlichkeit (man vergleiche dazu wieder Bemerkung 14.1.4)
@8Z œ @a, bD<D = Ÿ ab Z @zD „ z
gilt damit
a = 0.5; b = 1.2;
NIntegrate@fs3@zD, 8z, a, b<D
Clear@a, bD
0.754562
14.3.5 Beispiel: n Punkte werden zufällig in den Einheitskreis geworfen und der Abstand Z vom Mittelpunkt
des Einheitskreises zum nächst gelegenen dieser n Punkte beobachtet. Man ermittle die Verteilungsdichte Z
von Z.
ô
14_Verteilungsdichten_stetiger_Verteilungen.nb
62
Lösung: a) Für unser Zufallsexperiment "zufälliges Werfen von n Punkten in den Einheitskreis" ist die Menge
W = 888x1 , y1 <, 8x2 , y2 <, …, 8xn , yn << ˝ xi , yi œ mit xi 2 + yi 2 § 1<
ein passender Ereignisraum, wobei die Liste 88x1 , y1 <, 8x2 , y2 <, …, 8xn , yn << œ W der Realisierung "der erste Punkt
besitzt die Koordinaten 8x1 , y1 <, der zweite Punkt besitzt die Koordinaten 8x2 , y2 <, …, der n-te Punkt besitzt die
Koordinaten 8xn , yn <" entspricht. Wir interpretieren dieses "zufällige Werfen von n Punkten in den Einheitskreis"
in der Weise, dass alle n Punkte unabhängig voneinander im Einheitskreis X gleichverteilt sind. Für alle Teilmengen A1 , A2 , …, An des Einheitskreises X gilt damit
@A1 µ A2 µ…µ An D =
Flächeninhalt von A1 Flächeninhalt von A2
Flächeninhalt von An
ÿ
ÿ…ÿ
Flächeninhalt von X Flächeninhalt von X
Flächeninhalt von X
b) Die Beobachtung des Abstandes des Mittelpunktes des Einheitskreises zum nächst gelegenen dieser n Punkte
lässt sich durch die Zufallsvariable
Z :WØ
mit
Z@8x, y<D = Min@
x1 2 + y1 2 ,
x2 2 + y2 2 , …,
xn 2 + yn 2 D
beschreiben. Diese Zufallsvariable Z kann alle Werte z aus dem Intervall Z = @0, 1D annehmen, wobei keiner dieser
Werte mit positiver Wahrscheinlichkeit auftritt und ist damit stetig.
c) Jener Zufallsmechanismus, mit dem diese n Punkte ausgewählt werden, lässt sich mit dem Befehl PunkteInEinheitskreis simulieren. Der rote Punkte kennzeichnet dabei jenen Punkt, welcher vom schwarz eingezeichneten
Mittelpunkt des Einheitskreises den kleinsten Abstand hat. Dieser kleinste Abstand Z ist grün markiert:
PunkteInEinheitskreis@6D
Z
d) Bezeichnet für alle z œ @0, 1D
Ai,z = 88xi , yi < ˝ xi , yi œ und z2 § x1 2 + yi 2 § Hz + „ zL2 <
das Ereignis, dass der i-te Punkte in einen Kreisring mit Radius z und Dicke „ z gelangt und
B j,z = 88x j , y j < ˝ x j , y j œ und z2 § x j 2 + y j 2 <
das Ereignis, dass der j-te Punkt nicht in den Kreis mit Radius z fällt, so gilt (Größen der Ordnung H„ zL2 werden
wieder vernachlässigt)
n
@8Z œ @z, z + „ zD<D = @ ‹ B1,z µ…µ Bi-1,z µ Ai,z µ Bi+1,z µ…Bn,z D = n
i=1
2
2 zp„z
H1 - z p Ln-1
p
p
und damit
Z @zD =
2 n-1
1
@8Z œ @z, z + „ zD<D = ; 2 n z H1 - z L
„z
0
für 0 § z § 1
sonst
e) Wir geben diese "gestückelte" Verteilungsdichte wieder in der üblichen Weise in Mathematica ein
fs4@z_, n_D := Piecewise@882 n z H1 - z2 Ln-1 , 0 £ z £ 1<<D
14_Verteilungsdichten_stetiger_Verteilungen.nb
63
und stellen diese Verteilungsdichte für beliebige Werte von n auf dynamische Weise graphisch dar:
Manipulate@Plot@fs4@z, nD, 8z, -0.1, 1.1<,
PlotStyle Æ [email protected], AspectRatio Æ 0.4, AxesOrigin Æ 8-0.1, 0<, PlotRange Æ All,
AxesLabel Æ 8z, @zD<, ImageSize Æ 8200, 100<D,
8n, 1, 20, 1, Appearance Æ "Labeled"<D
n
12
@zD
3.0
2.5
2.0
1.5
1.0
0.5
z
0.0
0.2
0.4
0.6
0.8
1.0
f) Für die Wahrscheinlichkeit, dass der kleinste Abstand von n = 6 zufällig in den Einheitskreis geworfenen Punkten vom Mittelpunkt des Einheitskreises einen Wert zwischen a = 0.2 und b = 0.6 annimmt, also für die Wahrscheinlichkeit (man vergleiche dazu wieder Bemerkung 14.1.4)
@8Z œ @a, bD<D = Ÿ ab Z @zD „ z
gilt damit
n = 6; a = 0.2; b = 0.6;
NIntegrate@fs4@z, nD, 8z, a, b<D
Clear@n, a, bD
0.714038
In diesen Fällen kann es sinnvoll sein, die Verteilungsdichte einer stetigen Zufallsvariablen durch Simulation
näherungsweise zu ermitteln. Man erzeugt dazu eine genügend große Anzahl (vergleiche unsere Faustregel) von
Realisierungen dieser Zufallsvariablen Z und ermittelt von diesem Datenmaterial daten unter Verwendung des
Befehls ContinouosEmpiricalPDF die stetige empirische Verteilungsdichte.
Dazu wird zuerst in geeigneter Weise in Intervalle @zi , zi+1 D der Länge „ z eingeteilt. Für z œ @zi , zi+1 D verwendet
man die relative Häufigkeit des Intervalls @zi , zi+1 D im Datenmaterial daten als Näherungswert für die unbekannte
Wahrscheinlichkeit Z @zD „ z = @8Z œ @zi , zi+1 D<D. Bei der stetigen empirischen Verteilungsdichte
`
1
Z @zD =
relative Häufigkeit des Intervalls @zi , zi+1 D mit z œ @zi , zi+1 D im Datenmaterial daten
„z
handelt es sich somit um eine gute Näherung für die gesuchte Verteilungsdichte der stetigen Zufallsvariablen Z,
welche sich natürlich von Simulationslauf zu Simulationslauf geringfügig ändern wird.
à ContinuousEmpiricalPDF@daten, „ z, zD
zerlegt in geeigneter Weise in Intervalle @zi , zi+1 D der Länge „ z und ordnet jedem z œ @zi , zi+1 D die mit dem
Faktor 1 ê „ z multiplizierte relative Häufigkeit des Intervalls @zi , zi+1 D im Datenmaterial daten zu.
14_Verteilungsdichten_stetiger_Verteilungen.nb
64
14.3.6 Beispiel: Aus dem Intervall @0, 1D werden zufällig drei Zahlen ausgewählt. Man ermittle die
Verteilungsdichte Z ihrer Summe Z (man vergleiche dazu Beispiel 19.3.5).
ô
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