Klimawandel – Wenn Frauen in die Wechseljahre kommen

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Satz
Ziegler + Müller
Herst.
Baurenschmidt
Datum 14.05.2013
Aktuell diskutiert
Endokrinologie
Klimawandel –
Wenn Frauen in die Wechseljahre kommen
V. Seifert-Klauss
Noch immer suchen viele die Ursache von Wechseljahrsbeschwerden nur im Östrogenmangel. Hormonschwankungen in der 2. Zyklushälfte, die Auswirkungen auf die Gesundheit für Frauen haben, werden oft
nicht berücksichtigt.
Die 6-teilige Fernsehserie „Klimawechsel“, das Musical „Heiße Zeiten“, Ratgebersendungen in Funk und Fernsehen,
Artikel in Tageszeitungen und Magazinen
– sie alle greifen eine Lebenswirklichkeit
auf, die so viele Frauen wie nie zuvor betrifft: die Wechseljahre. Die mitteleuropäischen Frauen der geburtenstarken
Jahrgänge von 1960 bis 1965 sind im
Wechsel.
ren in den Wechsel. Anlass genug für intensive Forschung, die folgenreiche Auswirkungen auf die Interpretation von Themen zur Frauengesundheit hatte.
Babylonische Sprachverwirrung
!
Im Gegensatz zu Männern, deren Leben
nur eine von heftigen hormonellen
Schwankungen geprägte Lebensphase
mit sich bringt – die Pubertät – durchleben Frauen eine zweite derartige Lebensphase: die Perimenopause. Deren Beginn kann nach neueren Untersuchungsergebnissen der Menopause um bis zu 10
Jahre vorausgehen. Schon der Begriff Me-
Viele unserer alten Vorstellungen vom
„Klimakterium“ sind in den 90er-Jahren
durch zahlreiche wissenschaftliche Arbeiten aus den USA, Kanada und Australien
umgekrempelt worden. Die dortige Babyboomer-Generation kam in den 90er-Jah-
Menarche
Menopause
Stadium
–5
Terminologie
reproduktive Phase
früh
nopause wird unterschiedlich verwendet.
Streng genommen bezeichnet er die letzte
spontane Menstruation im Leben einer
Frau, als Gegenstück zur Menarche. Doch
oft wird mit Menopause der gesamte Lebensabschnitt nach den reproduktiven
Jahren bezeichnet. Um in dieser Sprachverwirrung eine Standardisierung zu erreichen, die eine internationale Vergleichbarkeit von Studien an Frauen im mittleren Lebensalter überhaupt ermöglicht,
wurde von der WHO 2001 ein „Stages of
Reproductive Aging“-Workshop (STRAW)
einberufen. Die daraus resultierenden
" Abb. 1 darSTRAW-Kriterien sind in l
gestellt. Danach wird von der frühen Perimenopause oder dem Beginn der meno-
–4
maximal
–3b
–3a
spät
–2
–1
+1a
+1b
menopausaler Übergang
Postmenopause
früh
früh
spät
+1c
+2
spät
Perimenopause
Dauer
variabel
variabel
1–3 Jahre
2 Jahre (1+1)
3–6 Jahre
bis zum Tod
primäres Kriterium
Menstruationszyklus
variabel bis
regelmäßig
regelmäßig
minimale
Veränderung
der Zykluslänge (Blutvolumen)
variable
Amenorrhö
Zykluslänge, Intervalle
persistierend ≥ 60 Tage
≥ 7 Tage
Differenz von
„normal“
während 10
Folgezyklen
Amenorrhö
variabel*
niedrig
niedrig
↑ variabel*
niedrig
niedrig
↑ variabel
sekundäres Kriterium
endokrin
FSH
AMH
Inhibin B
niedrig*
niedrig
AFC
niedrig
↑ > 25 IU/l
niedrig
niedrig
niedrig
niedrig
stabil
sehr niedrig
sehr niedrig
sehr niedrig
klinische Charakteristika
Symptome
oft VMS
sehr oft VMS
urogenitale
Atrophie
Abb. 1 Deutsche Übersetzung des STRAW-Schemas, aktualisiert 2011 (STRAW + 10); * = FSH i. S. 2.–5. ZT; AFC = antrale Follikelzahl; AMH = Anti-MüllerHormon; FSH = follikelstimulierendes Hormon; VMS = vasomotorische Symptome.
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1
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pausalen Transition gesprochen, wenn
(nach zuvor regelmäßigen Zyklen)
Schwankungen von mehr als 7 Tagen Zykluslänge auftreten. Kennzeichen der
mittleren und späten Perimenopause sind
anfangs ein, später 2 oder mehr „ausgefallene“ Menstruationen mit Zykluslängen
von 60 Tagen und länger. Auch das Jahr
nach der Menopause gehört definitionsgemäß noch zur Perimenopause. Erst
nach dieser 12-monatigen Amenorrhö beginnt die Postmenopause. Kanadische
Wissenschaftlerinnen haben die Terminologie „reproductive adulthood“ (reproduktives Erwachsenenalter) für die Prämenopause und „mature adulthood“ (reifes Erwachsenenalter) für die Postmenopause eingeführt. Eine für moderne
Frauenbiografien angemessenere Beschreibung als in manchen älteren Lehrbüchern, in denen Postmenopause mit
Senium gleichgesetzt wurde.
Wechseljahre:
phasentypische Beschwerden
und ihre Differenzialdiagnosen
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zyklusabhängige Hormonveränderungen in perimenopausalen
ovulatorischen und anovulatorischen (gestrichelte Linien) Zyklen
FSH
Estradiol
Progesteron
Zyklustage
1
3
5
Menstruation
7
9
11
Dabei können die letzten 4 Symptome
sehr oft auf Schlafstörungen zurückgeführt werden. Wichtig ist zu klären, ob
die Schlafstörungen unabhängig von oder
gerade wegen der nächtlichen Hitzewallungen und Schweißausbrüche auftreten.
Sowohl perimenopausal wie auch postmenopausal werden solche Beschwerden
geäußert, ebenso wie Schmerzen in Muskeln und Gelenken und Schwindelgefühle.
Früh perimenopausale Frauen klagen
häufig über phasenweises Brustspannen,
gefolgt von unregelmäßigen, oft verlängerten und überperiodenstarken Blutungen und erleben dabei auch u. U. wieder
Dysmenorrhö [2, 3]. Bei spät perimenopausalen und postmenopausalen Frauen
kommt es hingegen fast nur zu Schleimhauttrockenheit, die Augen, Mund, Vulva,
Vagina und auch Harnröhre und Blase anfälliger für Infektionen machen kann. Als
Differenzialdiagnosen kommen sowohl
Schilddrüsen-Funktionsstörungen
wie
auch eine Überfunktion der Nebenschild-
17
19
21
23
drüsen (primärer Hyperparathyreoidismus) infrage (jeweils in ca. 5% der Fälle)
[4]. Durch Bestimmung des Serumkalziums und des TSH-Wertes lässt sich beides
ausschließen.
27
wie Hitzewallungen und Schweißausbrüche auslösen. So starke Schwankungen
der Östrogenkonzentrationen können
auch Anfälle begünstigen wie perimenopausale Epilepsie bei prädisponierten Patientinnen und kardiovaskuläre Vasokonstriktionen (pektanginöse Beschwerden).
Die zugrunde liegende Physiologie
!
Anovulation
Östrogen-Dominanz
Gleichzeitig nimmt die Rate der Ovulationen jedoch ab – von 60 % etwa 7 Jahre vor
der Menopause bis auf 5 % in den letzten 6
Monaten vor dem Sistieren der Menstrua" Abb. 2). Auch danach werden noch
tion (l
Östrogene gebildet. Jedoch erreichen die
Serumspiegel nur noch selten über mehrere Wochen hinweg so hohe Konzentrationen, dass mit dem Nachlassen wiederum eine Blutung ausgelöst wird. Unter
Umständen genügen die perimenopausalen und früh postmenopausalen Wirkspiegel jedoch, um Atypien im Endometrium des Uterus zu begünstigen. Wegen
dieser körpereigenen, unopponierten
Östrogen-Dominanz wird die Perimenopause heute von manchen Autoren als
Risikofenster für östrogenabhängige Erkrankungen angesehen [6]. Derartige Erkrankungen sind nicht nur Karzinome
wie das Endometrium- und Mammakarzinom sowie deren Vorstufen, sondern
noch weitaus häufiger Myome, Polypen,
Endometriose, Adenomyosis uteri etc.,
die sich vor allem uterin manifestieren
und daher häufig die Hauptgründe für
Hysterektomien sind. Die Produktion des
körpereigenen Gestagens Progesteron,
der Gegenspieler von Östrogen, nimmt
bei Frauen in dieser Lebensphase ab: Progesteron wirkt im Endometrium antipro-
Die Erkenntnis, dass im älter werdenden
Ovar weniger hemmende Hormone gebildet werden, verdanken wir der intensiven
Beschäftigung der Reproduktionsmedizin
mit dem weiblichen Zyklus in den 90erJahren. Die hemmenden Hormone – genannt Inhibine – üben die Kontrolle über
FSH aus, das follikelstimulierende Hormon aus der Hypophyse. Das nun verstärkt produzierte FSH stimuliert im Ovar
mehr Follikel, wodurch es zum Beispiel zu
einer höheren Rate an spontanen zweieiigen Zwillingen kommt. Aber damit
nicht genug: Diese endogene Überstimulation führt durch die Östrogenproduktion in den follikelwandständigen Granulosazellen im Verlauf des Zyklus (meist
mit Maximum in der 2. Zyklushälfte) auch
zu
vermehrter
Östrogenproduktion.
Brustspannen, Wassereinlagerungen, ein
Spannungsgefühl im ganzen Körper – diese Zeichen von Hyperöstrogenämie korrelieren mit erhöhten endogenen EstradiolSpiegeln, die bis zu 1000 pg/ml erreichen
können (normal sind 150–400 pg um die
Ovulation herum) [5]. Inzwischen ist bekannt, dass es die plötzlichen starken Änderungen der Östrogenspiegel sind und
weniger ein kontinuierlicher Mangel, welche die vegetativen Hauptbeschwerden
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Abb. 2 Die Rate ovulatorischer Zyklen sinkt von 60% (7 Jahre vor Menopause) auf 5% (6 Monate vor
Menopause).
!
Die typischen vegetativen Symptome der
Wechseljahre sind
" Hitzewallungen,
" Schweißausbrüche,
" Schlafstörungen,
" Nervosität,
" Reizbarkeit,
" Abgeschlagenheit
" und Müdigkeit.
13
15
Ovulation
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liferativ und differenzierend. Es erhöht
die Körpertemperatur, verbraucht dadurch Kalorien und wirkt schlaffördernd
– in Studien sogar bei jungen Männern.
Der Mangel an Progesteron ist eine Ursache für Schlafstörungen.
Das Ausbleiben der Ovulation selbst, gepaart mit der verstärkten Follikelstimulation, bringt vermehrt die typische perimenopausale Zystenbildung hervor. Stark
abhängig von der Zugänglichkeit von Bildgebung wie vaginalem Ultraschall, CT und
MRT raten viele Mediziner, die mit der
Physiologie der Perimenopause nicht vertraut sind, Patientinnen oft zu einer operativen Abklärung. Auch bei endoskopisch
tätigen Operateuren mündet diese Unkenntnis häufig in einer Operationsindikation. Viele dieser Zysten wären auch
ohne Operation nach wenigen Wochen
nicht mehr nachweisbar. Manche sind bereits bei der Ultraschallkontrolle vor der
Operation nicht mehr darstellbar und der
Patientin kann ein Eingriff erspart werden.
Wechseljahre – Hormone
auf Achterbahnfahrt
!
Über Jahrzehnte hinweg hat das Bild der
nachlassenden und daher substitutionsnotwendigen Hormonproduktion im Ovar
das Denken über die adäquate Therapie
von Beschwerden in den Wechseljahren
bestimmt. Auch war die Physiologie stark
in der Gegenüberstellung gefangen, Androgene seien die männlichen, Östrogene
die weiblichen Hormone [7]. Für die Rolle
und Funktion des 2. weiblichen Hormons
Progesteron war kein Platz – auch aus methodischen Gründen. Wegen der für Studien erwünschten Vergleichbarkeit und
Standardisierung hat ebenfalls jahrzehntelang die Regel gegolten: Hormonbestimmungen bei Frauen sollten vorzugsweise zwischen Tag 2 und 7 des Zyklus stattfinden. Da in der gesamten 1. Zyklushälfte Progesteron kaum messbar
niedrig ist, wurde es so zur vernachlässigbaren Größe.
Dass sich in der 2. Zyklushälfte dramatische Hormonveränderungen und daraus
oft diagnostische Konstellationen erkennen lassen, ist eine noch junge Erkenntnis.
Sowohl die Vorstellung eines phasenweise
auftretenden „zuviel des Guten“ an Östrogen als auch die Unterscheidung in ovula-
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torische und anovulatorische Zyklen mit
charakteristischen Kurz- und Langzeitauswirkungen auf die Gesundheit von
Frauen ist noch nicht im ärztlichen Alltag
angekommen. Noch immer suchen viele
Kollegen die Ursache von Beschwerden
vor allem in einem Östrogenmangel, den
es auszugleichen gilt. Damit aber kann –
besonders in der Perimenopause – Frauen
unter manchen Umständen geschadet
werden.
Therapie von Beschwerden
in der Perimenopause
!
Nicht hormonelle Therapiemöglichkeiten
bei perimenopausalen Beschwerden, die
in Studien als hilfreich bezeichnet wurden, sind:
" Entspannungsverfahren
" Vermeidung
von Koffein, Alkohol,
scharfen Speisen
" regelmäßige Bewegung
" Cimicifuga racemosa
" Johanniskraut
" Tocopherol (Vitamin E) 800 IE/d
" Salbeiextrakte
" Phytoöstrogene
" SSRIs
" Gabapentin
Bei ca. einem Drittel aller Frauen wird die
Änderung des Lebensstils nicht ausreichen. Nichthormonelle Therapieversuche
bringen nicht den erhofften Erfolg und/
oder viele wollen zu Recht keine Psychopharmaka einnehmen. Wenn sich Frauen
dann durch die anhaltenden Beschwerden
in ihrer Leistungsfähigkeit stark beeinträchtigt fühlen, kann das Ängste auslösen, z. B. den Arbeitsplatz zu verlieren.
Eine Hormontherapie kann dabei helfen,
die Beschwerden zu lindern. Nach den
hochwertigen Cochrane-Datenanalysen
hat eine Hormontherapie den mit großen
Abstand stärksten Effekt von allen Methoden: Sie reduziert um 80 % die Frequenz
und Ausprägung von Hitzewallungen und
Schweißausbrüchen. Dagegen kommen
die nicht hormonellen Therapiemöglichkeiten selten über den Placeboeffekt hinaus (der bei Wechseljahresbeschwerden
relativ hoch ist und 30–50 % beträgt).
Ein Hauptgrund für Therapieabbrüche
von Hormontherapien sind unerwartete
Blutungen. Auch in den großen US-Frauengesundheitsstudien brachen 40 % der
Teilnehmerinnen aus diesem Grund die
Aktuell diskutiert
Einnahme ab [8, 9]. Je nach Situation ist
dies durch gute Beratung und Aufklärung
über Nebenwirkungen sowie geeignete
Wahl des Präparats vermeidbar.
Die Angst vor anderen Nebenwirkungen
ist jedoch gerade bei der Hormontherapie
so ausgeprägt wie bei kaum einer anderen
Substanzklasse von Medikamenten. Dabei
steht die Furcht vor einer Erhöhung des
Brustkrebsrisikos ganz oben im Bewusstsein vieler Frauen. Das absolute Risiko für
eine Brustkrebsdiagnose steigt bei Frauen,
die für mehrere Jahre eine Hormontherapie erhalten haben, um 1/1000 pro Jahr.
Das heißt eine von tausend Frauen, die
alle über mehrere Jahre eine Hormontherapie erhalten haben, bekommt jährlich
aufgrund der Therapie die Diagnose
Brustkrebs, die sie ohne die Hormontherapie nicht (oder noch nicht) bekommen
hätte. Dies entspricht einer relativen Risikoerhöhung um 26 %. Denn auch ohne jemals eine Hormontherapie erhalten zu
haben, erkranken Patientinnen an Brustkrebs. Kumulativ betrifft dies 50 von 1000
Frauen in der Bevölkerung bis zum Alter
von 65 Jahren. Nach 10 Jahren kombinierter Hormontherapie wären es in diesem
Alter hochgerechnet 13 Frauen mehr.
Zusätzliche Einflüsse auf das Brustkrebs" Abb. 3. Weitere Risirisiko verdeutlicht l
ken, die in den bislang größten Frauengesundheitsstudien unter Hormontherapie vermehrt gefunden wurden, sind
Thrombosen, Lungenembolien, Gallenblasenentzündungen und sehr selten Schlaganfälle [8]. Hierbei darf der Einfluss von
Hypertonus nicht unerwähnt bleiben,
denn ein nicht eingestellter (weil möglicherweise zuvor nicht bekannter) Hypertonus erhöht das relative Schlaganfallrisiko um 75%, viel mehr als Hormontherapie
(40%). Daher sollte die Blutdruckmessung
vor und die Kontrolle des Blutdrucks während der Hormontherapie Routine sein.
Etwa 5 % aller Frauen können unter Östradiol auch eine Blutdruckerhöhung entwickeln, die zuvor nicht bestand. Eine viel
seltener vorkommende Nebenwirkung als
vermutet ist die Gewichtszunahme. Die
Jahre um die Menopause selbst sind bei
vielen Frauen mit einer Gewichtszunahme verbunden. Hier spielen zum einen
wiederum die oben erwähnte Schlaflosigkeit und daraus resultierende Antriebslosigkeit sowie die nachlassende Stoffwechselaktivität ohne beide weiblichen
Hormone eine Rolle.
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altersabhängiges Brustkrebsrisiko
70
kumulatives Brustkrebsrisiko pro 1000 Frauen
4
Übergewicht
Östrogen + Gestagen
Basisrisiko ohne Hormoneinnahme
Aspirin 2 ×/Woche
Sport
60
50
40
30
20
10
0
45
50
55
60
65
70
Alter der Frauen
Abb. 3 Einflüsse auf das Brustkrebsrisiko: Die gelbe█ Linie repräsentiert das Basisrisiko ohne Hormontherapie. Die Abweichungskurven gelten, wenn 1000 Frauen über Jahre dem jeweiligen Einflussfaktor ausgesetzt sind. Quelle: V. Seifert-Klauss; adaptiert nach [10–14].
sonders in der endokrinen Therapie des
Mammakarzinoms ist die Therapie mit
Aromatasehemmern eigentlich streng der
Postmenopause vorbehalten. Weil Aromatasehemmer zu einer FSH-Erhöhung
führen und diese bei noch nicht postmenopausalen Frauen die ovarielle Östrogenproduktion noch steigern kann, wurden bei fälschlicherweise zu früh als postmenopausal eingestuften Patientinnen
durchaus Östradiol-Spiegel von bis zu
500 und 600 pg/ml gemessen. Trotz eines
Medikaments, das eigentlich die RestÖstrogenbildung im Fettgewebe unterbinden sollte. Sicherheitshalber kann in
Zweifelsfällen Tamoxifen gegeben werden, das auch prä- und perimenopausal
wirkt, da es den Östrogeneinfluss auf
eventuell im Körper schlummernde Tumorzellen unterbindet.
Wann kommt der Wechsel?
!
Welche Rolle spielt
die Perimenopause …
!
… bei der Hormontherapie?
Viele Studien zu postmenopausalen Frauen haben keine klaren Kriterien angewandt, mit denen eine klare Abgrenzung
zwischen Postmenopause und Perimenopause möglich war [15]. In vielen Studien,
allen voran der WHI-Studie, wurden Frauen ab dem Moment, in dem sie eine Hormontherapie erhielten, als postmenopausal gewertet, obwohl nicht eindeutig ausgeschlossen werden konnte, dass sie nicht
in der perimenopausalen Phase waren.
Nach Aussage der Autoren der WHI-Studie bezog sich ihre Arbeit auf postmenopausale Frauen über 50 Jahre. Sie
legten das Alter bei Auftreten von Beschwerden (menopausal symptoms) wie
auch das Alter von█bei? der ersten
Hormoneinnahme als Kriterien für die
„Menopause“ fest. Obwohl dies keine hinreichenden Kriterien sind, die postmenopausale von der perimenopausalen
Phase zu unterscheiden. Die WHI-Studie
wurde allerdings Anfang der 90er-Jahre
begonnen – eine Zeit, in der die korrekte
Definition von Postmenopause noch nicht
möglich war, da eine allgemeingültige
Klassifikation des reproduktiven Alterns
nach STRAW-Kriterien erst 2001 erfolgte.
Die zuvor beschriebenen methodischen
Ursachen hierfür und die neueren wissenschaftlichen Erkenntnisse zur relativen
Östrogendominanz in der Perimenopause
zeigen: Zahlreiche Frauen haben eine
Hormontherapie mit Östrogenen erhalten, zusätzlich zu ihren eigenen endogen
erhöhten Spiegeln (Experten schätzen im
2-stelligen Prozentbereich). Dadurch erhöhte sich das Risiko für manche Erkrankungen in dieser Lebensphase mehr als
erforderlich.
Hinweise darauf liefern erste differenzierte Publikationen, die die Prognose
einer Brustkrebserkrankung nach Hormontherapie für perimenopausale und
postmenopausale Frauen getrennt betrachteten [16]. Die Ergebnisse zeigen:
Perimenopausal erkrankte Frauen nach
Hormontherapie hatten eher einen Nachteil. Postmenopausal erkrankte Frauen
nach Hormontherapie hatten eher einen
Vorteil gegenüber den jeweils anders behandelten Altersgenossinnen.
In diese Richtung gehend wurden inzwischen auch die Daten der WHI-Studie reanalysiert. Dabei zeigten sich deutliche
Unterschiede zwischen Frauen, die innerhalb der ersten 5 Jahre nach ihrer „Menopause“ Hormontherapie einnahmen, gegenüber Frauen, die mehr als 5 Jahre nach
der WHI-„Menopause“ (die eben in vielen
Fällen erst die Perimenopause war) mit
Hormontherapie begannen. Das Brustkrebsrisiko war bei diesen Frauen niedriger als in der ersten Gruppe [17, 18].
Der Altersdurchschnitt für die Menopause
lag sowohl in den USA als auch in Mitteleuropa lange bei 52 Jahren. Kürzlich wurde publiziert, dass bei Frauen mit späten
Geburten das Menopausealter noch höher
liegt, und sich zu einem Altersdurchschnitt von 54 Jahren zu verschieben
scheint. Die Perimenopause kann vom
Auftreten erster Veränderungen an bis zu
10 Jahre dauern. Ob eine Frau früher oder
später in die Wechseljahre kommt, ist zu
einem gewissen Grad auch genetisch bedingt, das Alter der Mutter bei der Menopause korreliert mit dem Alter der Töchter
bei der letzten Menstruation. Allerdings
tritt bei Raucherinnen und Diabetikerinnen die Menopause um ca. 2 Jahre früher
ein und auch zytotoxische Medikamente,
Strahlenexposition und manche Operationen sind bekannte Faktoren, die hier
Einfluss haben. Ca. 1–5% aller Frauen erleben eine vorzeitige oder sogar frühzeitige
Menopause (premature ovarian insufficiency). Entsprechend früh können bei ihnen perimenopausale Beschwerden wie
Ovarialzysten und Hypermenorrhöen sogar schon mit Ende zwanzig oder Anfang
dreißig auftreten, in einem Lebensalter,
in dem an diese Möglichkeit selten gedacht wird.
Ausblick
!
… in der Onkologie?
Auch für onkologische Therapien kann es
von erheblicher Bedeutung sein, ob eine
Frau peri- oder postmenopausal ist. Be-
Es existieren zunehmend Studien zu geschlechts- und lebensphasenabhängigen
Unterschieden in Diagnostik und Therapie
diverser Erkrankungen. Ein breiteres Ver-
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ständnis der perimenopausalen Veränderungen und ihrer Auswirkungen kann zukünftig die Gesundheit von Frauen positiv
beeinflussen.
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Bone Changes. In: █, eds. Current Topics in
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Ziegler + Müller
Herst.
Baurenschmidt
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2003; 63: 15
Aktuell diskutiert
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Korrespondenz
PD Dr. Vanadin Seifert-Klauss
Frauenklinik und Poliklinik
der TU München
Vanadin.Seifert-Klauss@
lrz.tu-muenchen.de
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