Tagungsauswertung 8. Europäischer Trendtag

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Tagungsauswertung 2
Trendmonitor 2 . 2012
Tagungsauswertung von Raffaele Taborelli
Der Kult des Sozialen – Warum Beziehungen die neue
Währung sind
8. Europäischer Trendtag in Zusammenarbeit mit dem 16. Deutschen Trendtag vom 14. März 2012 in Rüschlikon
Raffaele Taborelli
Rund 300 Interessierte aus verschiedenen
Branchen trafen sich im Gottlieb Duttweiler Institute (GDI) zum 8. Europäischen
Trendtag in Zusammenarbeit mit dem
16. Deutschen Trendtag zum Thema «Der
Kult des Sozialen – Warum Beziehungen die
neue Währung sind». Wer dabei nur an Social Media denkt, unterschätzt den Trend
des Sozialen erheblich, wie hochkarätige
­nationale und internationale Redner in ihren Vorträgen aufzeigten. In den einzelnen
Referaten widmeten sich die Vortragenden
einerseits dem Kult des Sozialen sowie dem
damit einhergehenden gesellschaftlichen
Wandel. Andererseits wurden konkrete
Community-Projekte vorgestellt. Parallel
zur Veranstaltung bestand für die Teilnehmer die Möglichkeit, sich über Twitter zu
den Vorträgen zu äussern.
Konsums. Der Besitz wird zunehmend
unwichtiger, vielmehr geht es um den
Zugang beziehungsweise um das Benutzen von Dingen. Dieser Wandel zieht
einschneidende Konsequenzen für die
Konsumgüterindustrie nach sich: Je
mehr geteilt wird, desto weniger wird
gekauft. Mit dem Zitat von Kevin Kelly,
«Anything that can be shared will be
shared», verdeutlichte Bosshart, dass in
Zukunft ein Grossteil geteilt werden
wird. Doch wieso wollen wir plötzlich
(fast) alles teilen (Abbildung 1)? Die
Gründe für die voranschreitende Bereitschaft der Menschen zu teilen, sieht
Bosshart im rationalen und emotionalen
Nutzen, der durch das Teilen empfunden
wird. Eine rosige Zukunft verspricht er
deshalb «Sharing-» und «SwappingMärkten» sowie «Social Commerce».
Social Software – Teilen wird Programm
Solche Märkte funktionieren jedoch nur
mit moderner Technik. Diese ist per se
weder positiv noch negativ zu bewerten,
sondern schlicht als ein Beschleuniger
anzusehen. Inwiefern sie genutzt wird,
hängt von den Firmen selber ab. Vornehmlich für grosse Unternehmen wird
der effiziente Einsatz von Technologie zu
einer Herausforderung, da träge Strukturen die Flexibilität stark einschränken.
Bis die angeküngigte «Sharepocalypse» in
der Schweiz zum Tragen kommt, dürfte
es noch dauern – es geht uns noch zu
Dr. David Bosshart, Gottlieb Duttweiler
Institute, gab eine Einführung zum Thema des gemeinschaftlichen Konsums.
Während das Wort «social» in den
1990er- und 2000er-Jahren noch einen
unattraktiven Begriff darstellte, erlangte
es in den 2010er-Jahren Kultstatus. Die
«Hyper Consumption» des vergangenen
Jahrhunderts ist vorbei, «Collaborative
Consumption» heisst die neue Form des
Wird geteilt
Wird mit Vorbehalt geteilt
Wird nicht geteilt
• Wissen, Ideen, Erfahrungen
• Bücher, Fotos, Musik
• Essen, Restaurantrechnung
• Kleider, Socken
• Werkzeug, Waschmaschine
• Geldbeträge bis CHF 50.–
• Freunde (Kontakte weitergeben)
• Dienst- / Arbeitsleistungen
• Wohnung, (Ferien-) Haus
• Handtaschen, Accessoires
• Schmuck, Uhr
• Sportausrüstung
• Mobiltelefon, Computer
• Kopfhörer, Bettdecke
• Badehose, Unterwäsche
• Schuhe
• Passwörter
• Bankkonto
• Zahnbürste
Abb. 1: Everything that can be shared will be shared (Quelle: 8. Europäischer Trendtag,
Präsentationsunterlagen Dr. David Bosshart)
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gut, der Leidensdruck sei noch nicht da
– so Bosshart. Dennoch ist er zuversichtlich, dass die Zukunft der Menschheit
im Teilen liegt, «Social Armies, are the
Armies of the 21st Century».
Prof. Dr. Peter Wippermann, Trendbüro
Hamburg, widmete sich in seinem Referat dem Aspekt der gesellschaftlichen
Veränderungen. Die Industrieökonomie
ist der Netzwerkökonomie gewichen.
Dies hat grosse Auswirkungen auf die
Werte in der Gesellschaft. Eine Studie
des Trendbüros Hamburg zeigt beispielsweise, dass sich der Wert «Gemeinschaft», der im Jahr 2009 noch an zehnter Stelle rangierte, auf den vierten Rang
vorgeschoben hat, «Erfolg» hingegen ist
vom zweiten auf den sechsten Platz gefallen. Im Marketing findet laut Wippermann ebenfalls ein Wandel – von emotional aufgeladenen Produktwelten hin
zu «Trust Design» (Abbildung 2) – statt.
Vertrauen wird zum wegweisenden Wert
in einer Welt, in der unsere Identitäten
aus Unmengen von digitalen Daten bestehen und wir Misstrauen hegen, wer,
wie und wofür unsere Daten nutzt. Der
bewusste Umgang mit Daten sowie die
bewusste Gestaltung von Vertrauensbeziehungen werden im Zeitalter der Sozialen Medien spielbestimmend. Das Zitat
von Richard Seymour bringt Wippermanns Postulat auf den Punkt, «If you
lie, you die». Denn wer in den Sozialen
Medien lügt, wird hart sanktioniert.
«Sociopleasure» – Die schiere
Lust an Kommunikation
Das Referat von Prof. Dr. Norbert Bolz,
Institut für Sprache und Kommunika­
tion der Technischen Universität Berlin,
basierte auf einem Werk des berühmten
Anthropologen Lionel Tiger, der den Begriff Sociopleasure begründete. Im heutigen Mediennutzungsverhalten geht es
nicht mehr um die Informationsverarbeitung, sondern um die schiere Lust an
Kommunikation. Die Logik von Sender
und Rezipient ist veraltet. Das Zeitalter
der Information wurde vom Zeitalter der
Kommunikation abgelöst. Wir befinden
uns auf dem Weg ins Zeitalter der Partizipation. Herbert Marshall McLuhan’s
Trust Design
Lebensqualität
Emotional Design
Erlebnisqualität
Produktdesign
Produktqualität
Werte
Wünsche
Ware
Marketing 1.0
Marketing 2.0
Marketing 3.0
Abb. 2: Entwicklung von Emotional Design zu Trust Deisgn (Quelle: Chris Anderson,
Chefredakteur von Wired, 2005; Grafik: Trendbüro, 2012)
«The Medium is the Message» wird gemäss Bolz zu «The Network is the Message». In diesem Netzwerk haben alle
Nutzer ihren eigenen sozialen Graphen,
der durch das Konsumverhalten definiert
wird. Das soziale Selbst wird zum Medium des Konsums, was sich in zwei Formen äussert: einerseits als sozialer Konsum im Sinne von Collaborative Consumption, andererseits als Konsum des
Sozialen, der sich in verstärkter Partizipation zeigt. Bolz sieht deshalb, analog
dem Öko-Optimismus der letzten Jahre,
dass sich ein Sozio-Optimismus in der
Gesellschaft entfaltet. Für diesen Kult
des Sozialen nannte er vier Ursachen:
•• Veränderte Ideologie der Menschen in
«We wanna make a difference»
•• Kommunikationsmedien werden zu
Sozialen Medien
•• Kapitalismusverständnis als Sozialkapitalismus und Unternehmensverständnis als verantwortungsvolle
Marktteilnehmer
•• Staatsdefinition als vorsorgender So­
zialstaat.
Damit sei auch im Marketing ein radikales Umdenken erforderlich, soziales
Kultmarketing ist die Zukunft. Laut Bolz
ist das insbesondere für kleine, agile Unternehmen eine Chance, die den Wandel
schneller und einfacher mitmachen können.
E-Commerce – alles «social»?
Dr. Björn Schäfers, smatch.com, betonte
zu Beginn seines Referats, dass Social
Commerce noch in den Kinderschuhen
steckt. Mit einer theoretischen Einführung bereitete er die Teilnehmer auf sein
Praxisbeispiel vor. So gut wie heute waren die Kunden noch nie informiert. Besonders guter oder schlechter Service
spricht sich schnell herum. Die hohe
Dichte von Smartphones in unseren
Breitengraden trägt wesentlich zu dieser
starken Vernetzung bei. Die Auswirkungen auf den Kaufprozess, aufgrund der
starken Vernetzung durch Social Media,
sind beachtlich. Der Anstoss zum Kauf
– online und onair – findet ständig statt
und ist immer weniger an klassische
Anstoss­prozesse gekoppelt. Im Vergleich
zu früher suchen Kunden zunächst nach
dem passenden Produkt und erst in einem zweiten Schritt nach einem geeigneten Anbieter. Die Reihenfolge dieser
Schritte wurde bei smatch.com, einem
Shopping-Portal des Otto Konzerns, berücksichtigt. Kunden verlinken ihre eigenen sozialen Netzwerkprofile mit der
Produktsuch­maschine. Die Verlinkung
von Profilen von Freunden, für die beispielsweise ein Geschenk gesucht wird,
ist ebenfalls möglich. Mit Hilfe eines Algorithmus schlägt die Suchmaschine passende Produkte vor. Nach anfänglichen
Problemen gelingt es dem System mittlerweile, die «In»-Marken dieser Communities zu treffen. Je mehr Daten die
digitale soziale Identität enthält, desto
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präziser sind die Vorschläge. Durch diesen Personalisierungsmechanismus profitiert der Handel von einer höheren
Kaufwahrscheinlichkeit und geringeren
Rücklaufquoten. Da die Nutzer bereits
mit ihrem Profil eingeloggt und verlinkt
sind, können sie ihre Vorschläge mit nur
einem Klick mit der Community teilen
– Gratiswerbung für smatch.com.
Laurens Bushoff, ShopWithYourFriends,
geht mit seiner Onlineplattform ShopWithYourFriends.com noch einen Schritt
weiter. Das Portal ermöglicht dem Nutzer in Echtzeit mit seinen Freunden virtuell zu shoppen. Der Zielgruppe der
weiblichen 16- bis 34-Jährigen stehen
circa zwei Millionen Produkte aus rund
dreihundert Shops zur Verfügung. Aus
diesem Katalog können sie verschiedene
Artikel auswählen und frei kombinieren.
Die erstellten Outfits können als «Lookbook», das aus durchschnittlich sieben
bis acht Produkten besteht, abgespeichert
werden. Während des gesamten Prozesses
können mehrere Freundinnen mittels
Chat oder Skype digital anwesend sein
und das Outfit diskutieren. Die erstellten
Lookbooks können zudem – wenn gewünscht – auf externen sozialen Netzwerken geteilt werden. Werden die ausgewählten Produkte gekauft, erhält
ShopWithYourFriends.com jeweils eine
Provision. Damit eine solche Community-Lösung funktionieren kann, gilt es für
das Unternehmen, sich auf einen Nischenmarkt – in casu Modeliebhaberinnen – zu konzentrieren. Nur so kann
Loyalität unter den Nutzern erreicht werden. Bietet die Plattform dem Kunden
zudem einen entsprechenden Mehrwert
und funktioniert der Monetisierungsmechanismus, kann das Modell wirtschaftlich erfolgreich sein.
Social Collaboration: Grundregeln
für eine Community-Plattform
Sean Moffitt, Mitautor des Bestsellers
«Wikibrands», präsentierte die Inhalte
des Buches bereits zum 137. Mal. Er gab
ausführliche Tipps, wie es gelingt einer
Marke zum Social-Media-Erfolg zu verhelfen. Dabei nannte er als die zwei
wichtigsten Aspekte:
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•• Content is king: Die Wichtigkeit, der
durch die Unternehmen zu produzierenden Inhalte, wird häufig unterschätzt. Die tägliche Produktion einer
spannenden Informationsgrafik oder
eines Kurzvideos hält das Engagement
der Fans aufrecht.
•• Listen: Unternehmen dürfen nicht
überstürzt und störend in die Sozialen Medien eintreten. Es gilt zunächst
zuzuhören und zu lernen wie die
Kunden ticken und was sie bewegt.
des Taxis ermittelt. Der Fahrer kann
wählen, ob er die Fahrt annehmen
möchte oder nicht. Sobald er annimmt,
sieht der Kunde, wer der Chauffeur ist,
wie er von früheren Fahrgästen bewertet
wurde, wo er sich gerade befindet und
wie lange es noch dauert, bis er eintrifft.
Die Applikation ist als Ergänzung zu
Fahrten gedacht, die von der Zentrale
vermittelt werden. Nur bei einer erfolgreich vermittelten Fahrt wird dem Taxifahrer dafür ein kleiner Betrag belastet.
Sein Postulat für die Zukunft: «You gotta be awesome in this world!»
NeighborGoods.net ist ein Onlineportal,
das das Ausleihen von Dingen in der
Nachbarschaft vereinfacht. Die beliebtesten Kategorien sind Eigenheimbedarf,
Freizeitausrüstung sowie Videospiele, Bücher und andere Medien. Die ursprüngliche Idee der Gründerin Micki Krimmel, NeighborGoods.net, war, dass Leute herumstehende Dinge vermieten oder
verkaufen können. Es stellte sich schnell
heraus, dass die Motivation der Nutzer
nicht funktionaler, sondern vielmehr
emotionaler Natur ist. Die Leute wissen,
dass sie jemandem aushelfen und ihre
herumstehenden Besitztümer effizienter
auslasten und damit zugleich die Umwelt
schonen, was ihnen ein gutes Gefühl vermittelt. Es ist sowohl die Registrierung
als Einzelperson möglich als auch die
Anmeldung als geschlossene Gruppe,
beispielsweise einer Wohneinheit. Der
nächste geplante Schritt sei es, zusätzlich
zum Bewertungstool als Gratifikationsmechanismus eine Art «Social Currency»
einzuführen.
Die Kollaborations-Plattform amazee.
com von Gregory Gerhardt, Amazee
Labs, ging offline, obwohl sie mit mehreren Preisen ausgezeichnet wurde. Trotz
Ausprobieren verschiedener Modelle gelang es nicht, die Plattform zu monetisieren. Amazee lebt dennoch weiter, in
Form einer Spezialagentur für «Community Solutions». Die entscheidenden Aspekte, auf die beim Aufbau einer Community zu achten sei, sind:
•• Der Fokus auf eine bestimmte Zielgruppe
•• Die Reduktion auf eine Funktionalität
•• Die Simplizität in der Bedienung
•• Die Emotionalität für die Nutzer.
Wer diese Prinzipien verletzt, verliert das
Ringen um die Aufmerksamkeit und die
beschränkte Zeit der Nutzer. Neben dem
Community-Giganten Facebook hat es
wenig Platz für eine Nummer zwei. Nur
mit einer klaren Positionierung und einem ersichtlichen Mehrwert für die Nutzer ist ein Erfolg möglich.
Maximilian Neuhaus, MyTaxi Swiss,
scheint diese Prinzipien erfolgreich umgesetzt zu haben. Seine Smartphone-Applikation «myTaxi» hat sich bereits in
vier Ländern etabliert. Seit Anfang Februar widmet er sich auch dem Schweizer
Taximarkt. Das Prinzip ist einfach: Anstatt eine Taxizentrale anzurufen, wird
das Taxi über die «myTaxi-App» bestellt.
Mit einem Klick wird eine Anfrage an
das nächstgelegene Taxi gesendet, das mit
myTaxi kooperiert. Mittels Geodaten
werden die Positionen des Kunden und
Azeem Azhar, PeerIndex, war kurzfristig
verhindert und deshalb nur via Skype
anwesend. PeerIndex hat es sich zum
Ziel gemacht, den Einfluss von Kunden
auf ihre Peers in sozialen Netzwerken zu
messen und in einer Zahl auszudrücken.
Kunden soll damit geholfen werden, von
ihren Weiterempfehlungen und ihrem
sozialen Einfluss zu profitieren. Auf Unternehmensseite lässt PeerIndex eine völlig neue Segmentierung zu. Soll ein Produkt lieber einem isolierten Individuum
verkauft werden oder einem «Advocat»,
der das Produkt im Web 2.0 anpreist
und exponiert? Wie die Unternehmen,
die über diesen Weg gewonnenen Daten
einsetzen, ist ihnen überlassen. Eine Va-
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Abb. 3: Fünf gute Freunde trotz Social
Networks (Quelle: 8. Europäischer Trendtag,
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und dem «Collaborative Brand». Common soll es nachhaltigen und sozialen
Start-ups ermöglichen, ihre Ideen zu verwirklichen und zugleich auf eine ­globale
Marke zurückgreifen zu können. Eine
Marke, die der Community gehört, die
von der Community gesteuert wird und
die weltweit für einen gemeinsamen
Zweck, gemeinsame Ziele und gemeinsame ­Werte steht. Common ist der erste
Collaborative Brand. Die Gründer hoffen jedoch, dass er nicht der einzige
bleibt.
Präsentationsunterlagen Stefana Broadbent)
riante stellt die optimierte Segmentierung dar, Preisreduktionen oder Serviceverbesserungen sind andere Möglichkeiten. Wichtig ist, dass bei der Implementierung darauf geachtet wird, dass die
Glaubwürdigkeit des Advocats durch die
eingeführten Leistungen nicht leidet. Für
Azhar ist klar: «There will be a change
from Customer Lifetime Value to Customer Network Value».
Der Amerikaner John Bielenberg, Common, und seine Gründerkollegen sind
der Auffassung, dass sich die Art, wie
heute Geschäfte gemacht werden, ändern
muss. Sie haben die Vision, den Kapitalismus neu zu definieren. In seinen Worten ausgedrückt: «We have the goal to
challenge the status quo». Deshalb haben
sie die «Open-Source-Marke» Common
gegründet. Die Idee dahinter ist es, «Social Entrepreneurs» zu unterstützen.
Common besteht aus drei Teilen: der
Community, dem «Business Incubator»
Du allein: Warum wir in Sozialen
Medien wenig Freunde haben
Stefana Broadbent, University College
London, beginnt ihren Vortrag mit den
vielversprechenden Worten: «Just to
warn you. I’m gonna tell you the opposite of everything we’ve heard so far».
Standard seien heute Grafiken mit gigantischen Netzwerken und hunderten von
Verbindungen zu «Freunden». Ihrer Ansicht nach ist dies nicht zutreffend. Die
So­zialen Medien hätten die sozialen Verbindungen nur bedingt verändert. Bei
Facebook beispielsweise stehen wir fast
nur mit unserem «sozialen Kern» regelmässig in zweiseitigem Kontakt, dafür
intensiver. Dieser besteht durchschnittlich aus vier bis fünf Personen (Abbildung 3). Der mittlere Ring besteht aus
zehn bis fünfzehn Personen, alle anderen
sind im äussersten Kreis zu finden. Mit
ihnen haben wir eigentlich keinen Kontakt, wir beobachten sie zwar, aber wir
interagieren nicht. Obwohl soziale Netz-
werke wie Facebook dazu da wären, das
gesamte Netzwerk zu pflegen, nutzen wir
sie oft nur als digitalen Kommunikationskanal zu unseren besten Freunden.
Nur weil in sozialen Netzwerken die Partizipation freiwillig ist, sind wir überhaupt in der Lage, so viele digitale
Freunde zu haben. Von E-Mails wird erwartet, dass sie gelesen und beantwortet
werden, beim Telefonieren wird gar die
unmittelbare Aufmerksamkeit gefordert.
Diese Pflicht zu (re)agieren gibt es in sozialen Netzwerken nicht. Dies sei der
Grund, wieso wir ungerne die Mailbox
abrufen, uns jedoch über jede Benachrichtigung auf Facebook freuen. Weiterhin stellt Broadbent fest, dass die Privatsphäre immer öffentlicher wird, dass Privatleben und Arbeitswelt zunehmend
verschmelzen und dass Kommunikation
in sozialen Netzwerken immer banaler
wird, da die Beiträge einem grossen Kreis
von «Freunden» gefallen sollen.
Fazit
Die Zukunft der Wirtschaft steht ganz
im Zeichen der Vernetzung, der Kollaboration, der Gemeinschaft und des Teilens. Die vermittelten Inhalte der Tagung
verliehen dieser Sharepocalypse ein Gesicht. Neben theoretischen Vorträgen, die
den gesellschaftlichen Wandel skizzierten,
wurden erste Projekte vorgestellt, wie ein
Geschäftsmodell in eben dieser sozialen
Zukunft aussehen könnte. Bis sich diese
Trends in der Schweiz manifestieren,
dürfte es allerdings noch ein wenig
­dauern.
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