Marken-Kult. - Haslinger, Keck

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H a s l i n g e r, K e c k .
Marken-Kult.
Nirvana. Obi-Wan Kenobi. Wickie, Slime und Paiper. Die Hall of Fame der
Kultobjekte ließe sich beliebig fortsetzen. Kult ist chic. Kult ist allgegenwärtig.
Wenn sonst nichts zu vermelden ist, erklären selbst ernannte Trendapostel
jede zweite neue Band kurzerhand zum Kult. “Per Anhalter durch die Galaxis”
war der Kultfilm des vergangenen Jahres, passend zum Kultbuch. Kein
Wunder, wenn bei einer derart inflationären Begriffsverwendung der Wald vor
lauter Bäumen nicht mehr zu sehen ist. Die Verehrung, die einige Produkte
genießen, grenzt heute unter eingefleischten Jüngern schon fast ans Religiöse.
Und an diesem Kuchen wollen natürlich auch andere mitnaschen, selbst
wenn das eigene Produkt nicht wirklich zum Kult taugt. Der Erfolg und die
unglaubliche Bindung an das Objekt der Verehrung sind eben starke Verführer,
es den bewunderten Vorbildern gleichzutun.
Die Götter kehren zurück
Nähe zum Markt ist im Prinzip ganz einfach: Sie ergibt sich aus dem Dialog
zwischen einem Unternehmen und seinen Kunden. Das Problem dabei: Die
Kunden entscheiden nicht rational. Wie in allen anderen Beziehungen geht
es um Gefühl und gegenseitiges Vertrauen. Zahlen, Fakten und die Methoden
des herkömmlichen Marketing werden folgerichtig zunehmend untauglich,
wenn es darum geht, das Begehren der Konsumenten zu wecken. Norbert
Bolz und David Bosshart beschreiben dies in ihrem schon etwas älteren,
deshalb aber nicht minder aktuellen Buch “Kult-Marketing. Die neuen Götter
des Marktes” so: “Das Marketing muss die Kräfte der Religion und der
Popkultur aktivieren – also Heiligkeit und Vulgarität.” In einer Welt, die von der
Wissenschaft entzaubert ist, verzaubern uns die Marken mit ihrer Ästhetik
und ihren Mythen. Die Götter des Himmels sind verschwunden und tauchen
als Idole des Marktes wieder auf.
Der Kult mit der Werbung
Genau wie ihre Vorbilder im Bereich der Religion und des Pop haben auch
Konsummarken einen enormen Einfluss auf unser tägliches Leben. Sie geben
uns Orientierung in einer immer komplexer werdenden Wirklichkeit. Gezielte
Markenarbeit kann das ihre dazu beitragen, Kult und Mythos zu unterstützen
und weiter zu entwickeln, aber sie kann sie nicht erschaffen. Die Kunst
erfolgreicher Werbung besteht darin, das Wesen der Marke in der kürzesten
möglichen Form auszudrücken und dies mit einzigartigen Bildern, Slogans
und Melodien zu dramatisieren. Wenn sie dabei den Nerv der Zeit trifft und
eine eigene Sprache entwickelt, die zum Kult taugt, umso besser. Unser
Finanzminister fordert “Weg mit dem Speck”, DJ Ötzi macht “Servus die
Wadln” zum Hit und schließt damit den Kreis aus Marketing und Popkultur
in einer sich selbst reproduzierenden Vermarktungsschleife.
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Das Starprinzip
Die Gunst der Verbraucher lässt sich wie schon gesagt nicht nach einer
Faustformel berechnen und die Strategie dementsprechend ausrichten. Eine
immer wichtiger Rolle spielt das Starprinzip. So wurden beispielsweise Asics‘
Onitsuka Tiger durch “Kill Bill” mit der Braut Uma Thurman über Nacht zum
absoluten Sneakers-Must-Have, während die Marke Asics zuvor über Jahre
ein von der Jugend unbeachtetes Dasein im Schatten von Nike, Puma und
Co. gefristet hatte. Film- und Fernsehzitate sind längst zu geflügelten Worten
unserer Umgangssprache geworden. Immer mehr Unternehmen unterlegen
Ihre Spots mit der Musik junger Bands, deren Platten schließlich auch im
Geschäft gekauft werden können. Das eröffnet ein wechselseitiges PingPong-Spiel, das im besten Fall damit endet, dass die Band einen Hit landet
und die Verbraucher jedesmal, wenn sie den Song hören, auch an die damit
verknüpfte Marke denken.
Produktvorteile sind nicht genug
Die Strahlkraft von Kult und Mythos ist heute so groß, dass Kunden sogar
bewusst Produktnachteile in Kauf nehmen, um Teil einer Gemeinschaft zu
werden. Es genügt im gesättigten Konsumgütermarkt eben nicht, das bessere
Angebot zu haben. Um erfolgreich zu sein, müssen Unternehmen die besseren
Bilder produzieren und die spannenderen Mythen glaubwürdig kommunizieren.
Inszenierung, Warenpräsentation und emotionales Design als Schlagwörter
der schönen neuen Welt des Kult-Marketing. Oder, wie es Bolz und Bosshart
formulieren: “Das moderne Marketing ersetzt religiöse Werte durch WarenIkonen und Lifestyle-Konsum.” Dem ist eigentlich nichts mehr hinzuzufügen.
Weiterführende Gespräche:
In einem Marken-Workshop analysieren wir gerne gemeinsam mit Ihnen das
Wesen und das (vielleicht noch schlummernde) Kult-Potential Ihrer Marke.
Sollten Sie Interesse an aufschlussreichen neuen Perspektiven haben, melden
Sie sich bitte hier an.
Weiterführende Literatur:
“Der Kultfaktor” von Klaus Schmeh, Redline Wirtschaft 2004
“Kult-Marketing” von Norbert Bolz und David Bosshart, ECON 1995
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